INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
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Innovations-Magazin Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, wie sich die Zeiten ändern können! Noch vor ein paar Monaten stand über- haupt nicht infrage, dass die Nachfrage nach Ökoprodukten fortlaufend steigen und damit auch die Umstellungsbereitschaft landwirtschaftlicher Betriebe beflügeln würde. Heute sehen wir zurückhaltende Zahlungsbereit- schaften bei den Konsumenten: Wer weiß, wie teuer Benzin und Gas noch werden? Und angesichts des Allzeit-Preishochs vieler Agrarprodukte purzelt der ökonomische Vorteil des Ökolandbaues in sich zusammen: Warum sollen Landwirtinnen und Landwirte da umstellen? Vergessen wir dabei aber nicht die langen Linien! Preisverhältnisse können sich ändern. Bleiben werden die Klima- und Umweltanforderungen sowie die viel zu selten diskutierten regionalen Vorzüglichkeiten. Deshalb bringen DLG-Mitteilungen und top agrar auch in diesem Jahr – zu den Ökofeldtagen im Juni – ein gemeinsames Sonderheft. Und wünschen viel Freude und Nutzen beim Lesen. Inhalt 4 Öko-Feldtage: Der Betrieb Produktivität plus Umweltleistung 6 Öko-Feldtage: Das Programm Drei Tage lang mit vollem Betrieb 4 Öko-Feldtage: Der Betrieb 8 Entdeckungsreise Richtung „Öko“ 8 Erfahrungen eines Umstellers Entdeckergeist und technisches Verständnis 12 Regionen Ökolandbau ist eine Frage des Standortes 18 Kleegras Zurück in die Fruchtfolge? 22 Kleegras als Dünger 18 Kleegras – auch für „Konvis“ Kleegras intensiver nutzen: Gut für 12 Eine Frage des Standortes Erträge und Klima 26 Farmdroid Impressum Biozuckerrüben: Wenn der Farmdroid Verlagsbeilage Innovations-Magazin zu sät und hackt DLG-Mitteilungen 7/2022 und top agrar 7/2022 Redaktion 28 Krumenvertiefung Thomas Preuße, Katrin Rutt (DLG-Mitteilungen), Kohlenstoff mit dem Pflug anreichern Matthias Bröker, Daniel Dabbelt, Gesa Harms, Guido Höner (top agrar) 30 Regenerative Landwirtschaft Anzeigen/Vertriebsmarketing Dr. Peter Wiggers/Sylvia Jäger Viel Wind, wenig dahinter? Geschäftsführung Dr. Ludger Schulze Pals, Malte Schwerdtfeger, 32 Humusaufbau Wolfgang Gamigliano, Walter Hoffmann 26 Der Farmdroid sät und hackt Chancen und Grenzen Innovations-Magazin 3
Innovations-Magazin Öko-Feldtage: Der Betrieb Produktivität plus Umweltleistungen Den Folgen des Klimawandels ist der Ökolandbau besonders stark ausgesetzt. Deshalb drehen sich auf dem Gladbacherhof, dem „Gastgeber“ der diesjährigen Öko-Feldtage, einige Projekte um diese Frage. Wenn dann noch die Biodiversität positiv beeinflusst wird und die Produktivität nicht leidet, umso besser! U nabhängig davon, ob schon Tiere than? Der Öko-Landbau muss sich der Effi- drinstehen oder noch nicht: Im Rah- zienzfrage ja zunehmend stellen. Über die men der Ökofeldtage 2022 wird der automatische Fütterung und die beiden neue Forschungsstall des Gladbacherhofes Melkroboter lassen sich die die wesentlichen für Besucher geöffnet. Unübersehbar thront Produktionsdaten fortlaufend dokumentie- er über dem langgezogenen Betriebsgelän- ren. Bei jedem Melkvorgang werden Methan de. Der neue Stall für 128 Kühe soll nicht nur und CO2-Emissionen mit erfasst. Die Gülle den bisherigen, in die Jahre gekommenen wird für jede Herde separat in zwei getrenn- Foto: Weber Kuhstall ersetzen. Er ist die Voraussetzung ten Behältern gelagert und untersucht. Ob für einen Systemvergleich, den es so bisher HF für die extensive Fütterung die richtige noch nicht gab. Zwei Herden von je 64 HF- Rasse ist, wird sich zeigen. Fast bereit für den Zwei Stall- bereiche, zwei Güllebehälter, vier Kühen werden in den kommenden Jahren fahrsilos. Links im Hintergrund der quasi gegeneinander antreten. Die eine wird, Das Ganze ist Teil eines großen For- „alte“ Betriebsstandoert, rechts die wie in Ökobetrieben oft üblich, extensiv auf schungsprojektes. Für „Green Dairy“ konn- Demoflächen der Öko-Feldtage. der Basis von Grünfutter ernährt. Die ande- ten 14 Mitarbeiter(innen) neu eingestellt re Herde bekommt eine stärker auf Getreide werden! Ziel sei es, so erläutert eine von ih- und Mais basierende Ration. Die Kernfrage nen, Dr. Deise Knob, Tier-und Pflanzenpro- Gute Wissenschaft gibt es nicht zum ist: Bei welchem Verfahren entsteht (bezo- duktion wieder stärker zu verzahnen. „Öko- Nulltarif. Mehr als 3 Mio. € wird der Stall gen auf das Kilogramm Milch) weniger Me- funktionale Intensivierung“ nennt das ihr kosten, das gesamte Green Dairy-Projekt Chef Prof. Dr. Andreas Gattinger, Ökoland- kommt auf 4,8 Mio. €, vor allem für Perso- bau-Professor an der Universität Gießen und nal. Der rund 190 ha große Gladbacherhof Foto: Preuße damit verantwortlich für den Gladbacherhof. (110 ha Acker-, 75 ha Grünland) gehört der „Damit wollen wir Ertrags- und Ernährungs- Hessischen Landgesellschaft. Sie hat ihn seit lücken gegenüber der spezialisierten indus- 1990 an die Gießener Universität verpach- triellen Landwirtschaft verringern und tet, die ihn als Lehr- und Forschungseinrich- gleichzeitig die Ökosystemdienstleistungen tung für den ökologischen Landbau nutzt. verbessern.“ Es würde zu weit führen, alle Teilprojekte im Zusammenhang mit „Green Agroforst in mehreren Varianten. Na- Dairy“ aufzuzählen. So sollen auch der Pflan- türlich müssen ökologisch gehaltene Kühe zenbau im Hinblick auf Fruchtarten, Frucht- auch auf die Weide dürfen. Auf dem Gladba- folge oder Düngung optimiert werden. Und cherhof versucht man, auch da noch etwas ein Bereich „Umwelt“ befasst sich mit den mehr Effizienz hineinzubringen, Stichwort Auswirkungen der beiden Fütterungssysteme „Agroforst“. Ganz neu ist seit Ende Novem- auf die „Flüsse“ von Ammoniak und Nitrat ber 2021 die Kombination von Grünland mit sowie Kohlenstoffbindung, Treibhausgase Bäumen („silvopastoral“ sagen die Wissen- und Bodenmikroorganismen. schaftler dazu). Auf einem neu angelegten 8 ha großen Grünlandschlag stehen seitdem 400 Bäume, meist Apfelbäume, aber in den- selben Reihen auch Kirsche, Walnuss, Esskas- tanie oder Pappeln. Sie sollen den Tieren Intensiv oder extensiv? Auch diese Frage wollen Andreas Gattinger und Deise Knob im neuen Schatten spenden, das Grünland vor Aus- Kuhstall auf dem Gladbacherhof klären. trocknung schützen und zusätzlichen Lebens- 4 Innovations-Magazin
raum schaffen. Womöglich lassen sich die Weitere Projekte. Mit Streifen hat auch ein Bestäuberinsekten, weniger Schädlingsdruck, Äpfel auch noch regional vermarkten… drittes Projekt auf dem Gladbacherhof zu tun: weniger Pflanzenschutz. Ein zweites Agroforstsystem kombiniert auf BeeContour. Die Frage ist hier: Funktioniert Ein viertes Projekt läuft ebenfalls unter Be- 3,5 ha seit 2020 unterschiedliche Baumarten es (wieder im Hinblick auf Produktivität und teiligung von Praxisbetrieben: Mulchgemü- mit Ackerland („silvoarable“). Ziel ist der Umweltleistung), eine fünf- bis achtgliedrige se. Dabei werden junge Gemüsepflanzen ma- Schutz vor durch Starkregen hervorgerufener Fruchtfolge auf praxisüblichen Schlägen in schinell in eine Mulchschicht von zum Beispiel Erosion. 3 m breite Baumstreifen wechseln Streifen aufzubauen? Bei bisherigen Versu- Wickroggen gesetzt. Diese soll Hitze und Tro- mit 18 m breiten Ackerstreifen ab. Auch et- chen wechselten ja allenfalls Raps und Ge- ckenheit abpuffern und Schädlingen vorbeu- was völlig Neues soll ausprobiert werden, treide über eine Spritzbreite ab. Ein solcher gen. Im Zuge eines „Klimarundganges“ wird nämlich ein „sukzessionales Agroforstsys- Versuch läuft auch auf dem konventionellen auf den Öko-Feldtagen eine Demonstrations- tem“. Die Idee stammt aus Brasilien und spie- Versuchsgut der Uni Gießen sowie auf jeweils parzelle zu sehen sein. gelt die Wachstumsdynamik in natürlichen fünf konventionellen, ökologischen und Bio- Ökosystemen wider. Dort bereiten schnell gasbetrieben in der Praxis. Wie bei den Ag- Es gibt noch mehr Projekte auf dem wachsende Pflanzen buchstäblich den Boden roforstprojekte ist auch dieses noch zu jung, Gladbacherhof. Sie sind sehr schön auf der für langsamer wachsende, indem sie dort die um über Ergebnisse zu reden. Klar ist nur die Website der Professur für Ökologischen Land- Bedingungen verbessern. Erwartung: mehr Nutzpflanzenvielfalt, mehr bau der Universität Gießen beschrieben. Al- len gemeinsam ist ein Verständnis des öko- logischen Landbaues als Kreislaufwirtschaft Foto: Preuße und der Agrarwissenschaften generell als Systemwissenschaft. Auch „konventionelle“ (spezialisierte, er- tragsorientierte, regenerative…) Landwirte werden hier Anregungen finden. Und mag etwas zum Widerspruch herausfordern: Nur der fachlich begründete Austausch bringt die Landwirtschaft angesichts der wachsenden Erosionsschutz und und immer „gleichzeitigeren“ Anforderungen mehr: 3 m breite weiter. Baumstreifen im Wechsel mit 18 m breiten Ackerstreifen. Thomas Preuße, DLG-Mitteilungen Innovations-Magazin 5
Innovations-Magazin Öko-Feldtage: Das Programm Vorführungen neuer Maschinen „laufen“ immer. Foto: FiBL Drei Tage lang Maschinenvorführungen. 25 Maschinen sind im praktischen Einsatz, darunter Hack- technik mit kamera- und satellitengesteuer- mit vollem Betrieb ten Geräten sowie Mähwerke und Schwader zur Futterbergung. Die Maschinenvorführun- gen finden an allen drei Tagen jeweils von 10 bis 12.30 Uhr statt. Das Programm der Öko-Feldtage ist 2022 noch einmal gewachsen. Es gibt sechs Fachforen sowie zahlreiche Führungen zu Sorten, Weidemanagement Demoparzellen. Auf 1 500 Demoparzellen stellen Firmen und die Beratung Kulturen von und Klimaauswirkungen von Pflanzenbau und Tierhaltung. der Ackerbohne bis zur Zuckerrübe sowie Be- triebsmittel für die ökologische Landwirt- schaft vor. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Neuer Forschungsstall. Vorträge und an- der Agroforstsysteme. Am 29. und 30.6. be- Hessen veranstaltet täglich Führungen von schließende Führungen erklären, wie mittels ginnen Führungen jeweils um 11, 13 und Landessortenversuchen zu Winterweizen und digitaler Tiererfassung, Beweidungssteue- 14 Uhr gegenüber vom neuen Stall (V4). Au- Soja sowie zu Sortendemonstrationen von rung sowie Fütterungs- und Melkrobotik eine ßerdem drehen sich viele Beiträge in den Fo- Kartoffeln. High-Input- und einer Low-Input-Milchvieh- ren um das neue Trendthema. Hinzu kommen Versuche des Gladbacher herde verglichen werden. Poster zeigen die hofes, so ein bereits 24 Jahre laufender Umweltwirkungen. Innovationen. Firmen und Landwirte zei- Dauerfeldversuch zu unterschiedlichen Be- gen 20 Prototypen und Neuentwicklungen. triebssystemen/Fruchtfolgen mit und ohne Agroforst. Führungen und Poster auf den So die Hackmaschine Photoheyler, einen Viehhaltung (Luzernegras versus Hafer) so- Flächen thematisieren die Kohlenstoffspei- Solartraktor mit Elektroantrieb und ein G erät wie vier verschiedenen Systemen der Grund- cherung, mikroklimatische Effekte, Boden- zum maschinellen Absammeln von Kartoffel- bodenbearbeitung mit unterschiedlichen erosion und weitere klimarelevante Aspekte käfern und dessen Larven. Intensitätsstufen. 6 Innovations-Magazin
Klimakrise. Eine Klimarundgang demons- Auf einen Blick landwirtschaftlicher Betrieb im Jahr 2050 triert in acht Bereichen und auf 20 Stationen aus? Welches Potenzial liegt in der Fütterung die Herausforderungen der Klimakrise für die 28. bis 30. Juni 2022, 9 – 18 Uhr mit Insekten? Welche Ernährungssysteme Landwirtschaft und mögliche Lösungsansät- Hessische Staatsdomäne Gladbacherhof, brauchen wir in der Zukunft? ze. Im Themenbereich Boden und Pflanze Vilmar-Aumenau. Regionalbahn Aume- messen Mitarbeitende der Universität Gießen nau, Shuttle morgens und nachmittags Kompost. Im Kompostforum können Besu- beispielsweise Treibhausgase auf dem Acker, vom und zum ICE-Bahnhof Limburg Süd. cherinnen und Besucher sich über Praxis und etwa, um die Klimarelevanz des Mulchgemü- Tageskarte 19 €, ermäßigt 10 €, Kombi neue Entwicklungen bei der Kompostierung seanbaus zu bewerten. Ein Team des Landes- mit den DLG-Feldtagen 28 €, Kinder und Kompostanwendung informieren. Dabei betriebs Landwirtschaft Hessen informiert unter 12 Jahren frei. Online erhältlich geht es zum einen um die verlustminimierte mithilfe eines Planspiels zur Klimaberatung unter www.messe-ticket.de/FIBL/ Kompostierung von Kleegras und Festmist. von landwirtschaftlichen Betrieben. Auch die OekoFeldtage2022. „Kulturprogramm“ Zum anderen wird die Qualitätssicherung Agroforstflächen und der neue Milchviehstall an den ersten beiden Tagen an 18 Uhr. und Anwendung betriebsexterner Biogut- sind Stationen im Rundgang. Daneben steht Info: www.oeko-feldtage.de und Grüngutkomposte diskutiert. Einen wei- das Klima auch im Forum im Mittelpunkt. teren Schwerpunkt bildet der Nutzen der Komposte vor allem für Klimaresilienz, Hu- Fachforen. Die fünf Foren drehen sich um musaufbau und Torfersatz. Auf dem Pro- Pflanzen, Markt- und Politik, Zukunftsthe- roforst sowie 100 % Biofütterung im gramm stehen jeden Vormittag Führungen men (organisiert von der Uni Gießen) sowie ittelpunkt. Der Mittwoch steht im Zeichen M durch die Schauanlage mit kompostgedüng- Tierhaltung (organisiert vom Landesbetrieb politischer Podiumsdiskussionen: Zukunfts- ten Parzellen und Poster-Demonstrationen Landwirtschaft Hessen) und Biogut- und kommission Landwirtschaft, Wasserschutz sowie ein „Workshop Kompostqualität“ und Grüngutkompost (Universität Kassel/Ingeni- durch Ökolandbau sowie Carbon Farming. an allen Nachmittagen Vorträge. eurbüro für Sekundärrohstoffe, Abfall- und Hinzu kommen Themen wie Landwirtschaft Kreislaufwirtschaft). am Limit oder Nutztierhaltung der Zukunft, Zum Schluss. Das Kulturprogramm lädt ab Am Dienstag, dem 28. Juni stehen Themen Stichwort Brudertiere. Am dritten Tag disku- 18 Uhr alle ein, den Tag bei Musik, Gesprä- rund um nachhaltige Landwirtschaft und Ag- tieren junge Leute Fragen wie: Wie sieht ein chen und Tanz ausklingen zu lassen. STEKETEE KAMERASTEUERUNG IC-LIGHT EIN HIGHLIGHT AN PRÄZISION. Die intelligente Steketee Kamerasteuerung IC-Light ermöglicht es, ermüdungsfrei und exakt zu arbeiten – egal ob bei Tag oder Nacht. Das System übernimmt die Lenkung der Hackmaschine EC-Weeder zwischen den Reihen, minimiert so Kulturschäden und gibt Ihren Pflanzen dadurch viel Raum zum Wachsen. Die Integration der Marke Steketee in die LEMKEN Gruppe ermöglicht perfekt aufeinander abgestimmte Techniken für die Pflanzenpflege. UNSER ANTRIEB: IHR ERFOLG! Erfahren Sie mehr unter steketee.com
Innovations-Magazin Erfahrungen eines Umstellers A ls wir Manfred Fockenbrock und sei- Entdeckergeist und nen Sohn Henning das erste Mal tref- fen, steht der erste Striegeleinsatz im Frühjahr 2021 an. Der Winter war ungewöhn- technisches Verständnis lich lang und streckenweise auch feucht. Die Bestände sind mindestens zwei Wochen zurück. Die beiden Praktiker tasten sich mit dem Eine Familie aus dem Münsterland hat vor drei Jahren auf Striegel nach und nach an die optimale Ein- ökologischen Landbau umgestellt. Wir haben die Fockenbrocks stellung heran. „Am besten ist die Wirkung, wenn wir haarscharf an Kulturschäden vor- mehrmals beim Einsatz von Striegel und Hacke begleitet. beistriegeln“, hat Henning festgestellt. Teils macht 0,5 km/h schon den Unterschied. Wichtig finden beide, dass man Freude am Experimentieren mitbringt und das Arbeits- ergebnis regelmäßig kontrolliert. Wir sind seitdem im regelmäßigen Kontakt mit der Direktvermarkterfamilie aus Telgte bei Münster. Sie haben erst zum Jahreswech- sel 2019/20 auf Bio umgestellt. Diese Produktionsweise ist für sie ein wichtiges Verkaufsargument beim Absatz von Milch und Milchprodukten in und um Münster. Im Jahr 2021 begleiteten wir sie über die Sai- son mit der Videokamera. Und auch im ak- tuellen Jahr stehen einige Treffen an. Für die- sen Beitrag fassen wir einige Erfahrungen der Praktiker zusammen. Ebenes Saatbett ist entscheidend Zurück zur Beikrautkontrolle im zeitigen Frühjahr. Der Striegel hat 12 m Arbeitsbrei- te und ist mit klassischen Federzinken aus- gestattet. Das System reagiert recht empfind- lich auf Bodenunebenheiten. Denn dann arbeiten die Zinken unterschiedlich intensiv. Ein möglichst ebener Boden ohne größere Kluten ist daher Pflicht. Im Frühjahr 2021 waren die Fockenbrocks noch nicht restlos mit ihrer Bodenvorberei- tung zufrieden. Deshalb rüsteten sie auf und bestellten in der folgenden Saison das Getreide mit einem Frontpacker, was einen guten Effekt brachte. Beim ersten Striegelgang arbeiten die Fo- ckenbrocks grundsätzlich in Bestellrichtung. Wenn das Wetter passt und die Bestände sich gut etabliert haben, folgt der nächste Gang Foto: Höner 90° zu den Saatreihen. „Damit versuchen wir, auch das Unkraut zwischen dem Getreide zu Henning Fockenbrock setzt sich intensiv mit den unterschiedlichen Maschinen- einstellungen auseinander. 8 Innovations-Magazin
Foto: Höner erwischen.“ Ganz wichtig ist es, die Beikräu- ter so früh wie möglich, also im empfindli- chen Keimstadium zu packen. Gerade bei wüchsiger Witterung müssen sie dazu stän- dig unterwegs sein. „Wenn man sieht, dass man Striegeln müsste, ist man meist schon zu spät dran“, ist eine der Erfahrungen der letzten Jahre. Zunächst waren die Umsteller im Jahr 2021 mit dem Effekt von zwei bis drei Striegelein- sätzen im Getreide zufrieden. Das sollte sich Manfred (li) und Henning aber im weiteren Verlauf ändern. Durch die Fockenbrock haben auf feuchte Witterung war 2021 im Münsterland Bioanbau umgestellt. ein echtes Grasjahr. Windhalm wuchs durch und setzte der Gerste zu. Übrigens hatten auch konventionelle Betriebe massive Pro Gespräch Mitte Mai ist Henning von dem bis- Bei unserem Gespräch im Mai hatte sich der bleme mit Gräsern. herigen Resultat angetan: Die Kultur wurde Bestand beeindruckend gut entwickelt und Manfred und Henning Fockenbrock planten im Oktober mit 12,5 cm Reihenabstand ge- schnell dichtgemacht. Die blühende Fläche unter dem Eindruck zunächst, das Getreide drillt. Das Saatgut kam als fertige Mischung. gab zudem ein tolles Bild ab, fand der junge künftig in 25 cm-Reihen anzubauen und ei- Triticale hat darin einen Anteil von 100 kg/ Landwirt. Geplant ist, die Fläche zu dreschen. nen zweiten Hackrahmen dafür anzuschaf- ha, Erbsen kommen mit 25 kg/ha dazu. Die Der Betrieb lagert das Erntegut dann entwe- fen. Von der Idee verabschiedeten sie sich Erbsensorte ist speziell für den Drusch ge- der angesäuert ein oder vermarktet es direkt aus Kostengründen wieder: „Unsere Getrei- eignet. Die Kultur ist ohne Striegeleinsatz in an einen Bio-Schweinebetrieb. Das stand defläche gibt das nicht her, bei uns steht den Winter gegangen. Durch den frühen noch nicht endgültig fest. Mit einer anderen Feldfutterbau mehr im Fokus.“ Ein separater Wachstumsstart und günstiger Witterung Sorte wäre auch eine frühere Ernte als GPS Hackrahmen mit der passenden Ausstattung konnten die Landwirte Anfang März 2022 mit möglich. hätte immerhin rund 15 000 € gekostet. der Drillrichtung striegeln. Der zweite Durch- Ein Schwerpunkt unserer Berichterstattung gang folgte im 90°-Winkel etwa zehn bis im letzten Jahr war die Unkrautkontrolle im zwölf Tage später. Mais. Hier setzt der Betrieb neben dem Strie- Boden schneller beschatten Erst nach Abschluss brachte der Betrieb Gül- gel auf eine 6 m breite Hacke mit Kamera- le aus. Denn natürlich hinterlässt das Fass lenkung. Das System funktioniert gut und die Die Fockenbrocks entschieden sich anstatt Spuren und die kann man beim Striegeln Fockenbrocks sehen wenig Anlass zum Stra- dessen, Getreide künftig im Gemenge mit nicht gebrauchen. Henning Fockenbrock hat tegiewechsel. Erbsen anzubauen. Das Ziel: möglichst außerdem beobachtet, dass sich die Erbse im Allerdings ist den Praktikern auch im Mais schnelle Beschattung des Bodens, um die Un- Frühjahr recht schnell verrankt, was einen die Bodenoberfläche noch nicht eben genug. gräser besser zu unterdrücken. Bei unserem späteren Striegelgang ausschließt. Der Anbau läuft wie üblich im Münsterland:
Innovations-Magazin Erfahrungen eines Umstellers Foto: Höner Der Betrieb setzt vor allem auf Striegel und Hacke. Dazu muss das Anbausystem passen. stand dadurch wahrscheinlich noch etwas sauberer bekommen.“ Durch die tiefe Abla- Trockene und windige Wetterlagen waren ge ist die Ackerbohne robust. Fahrgeschwin- perfekt für den Striegeleffekt. digkeiten mit 5 bis 6 km/h waren in diesem Anschließend kam die Hacke zum Einsatz. Die Jahr kein Problem. Bei 12 m Arbeitsbreite Biolandwirte haben sie von der Maiseinstel- sorgt das für eine hohe Flächenleistung. lung relativ einfach auf die 25 cm-Reihe um- Der Biobetrieb hat sich außerdem relativ gebaut. Normalerweise sind die Parallelo- kurzfristig im Frühjahr für den Anbau von gramme mit fünf je 180 mm breiten Sonnenblumen entschieden. Bei unserem Ge- Gänsefußscharen bestückt (außen jeweils spräch sind auch die Sonnenblumen bereits Foto: Höner halbe Breite). Für die 25 cm-Reihe bauten gesät und aufgelaufen. Die Saat hat die 6 m- die Fockenbrocks jeweils zwei der Schare aus. Maisdrille des Lohnunternehmers im 75 cm Das war mit etwas Schraubarbeit relativ Reihenabstand erledigt. schnell erledigt. Das ist nicht das Idealmaß, weiß Henning Fo- Den Abschluss macht die achtreihige Drille Jetzt bearbeitet jedes Parallelogramm drei ckenbrock. Die Empfehlungen liegen eher im Soloeinsatz. Die Drille hinterlässt kleine Reihen. Es bleiben 7 cm Platz für die Kultur- zwischen 37,5 und 60 cm. Bei größeren Rei- Dämme und auch die Schlepperspuren blei- reihe, also 3,5 cm zu jeder Seite. Bisher hat henabständen könnte der Bestandsschluss zu ben sichtbar. Ideal wäre eine Bestellkombi das gut funktioniert. Dass sich jedes Paralle- spät dicht machen, um Beikräuter noch in aus Frontpacker, Kreiselegge und Einzelkorn- logramm einzeln hydraulisch ausheben lässt, Schach zu halten. Der Betrieb hat sich aber drille. Allerdings muss die Arbeitsbreite zur hat sich auch bei diesem Einsatz wieder als trotzdem für den Standard-Maisabstand ent- Hacke passen und 6 m breite Kombis in der absolut sinnvoll herausgestellt. Damit lassen schieden, um die vorhandene Hacke direkt oben beschriebenen Ausführung sind eher sich vor allem an schrägen Vorgewenden einsetzen zu können. Übrigens: Auch durch selten. Deshalb planen die Fockenbrocks in oder an Keilen die Verluste deutlich reduzie- Herausnehmen der entsprechenden Schare diesem Jahr einen Walzenstrich nach der ren. Der Fahrer steuert das Ausheben per wären 37,5 cm nicht möglich gewesen, weil Maissaat vor dem ersten Striegeln, um den Kippschalter von der Kabine aus, fast wie bei sonst das Tastrad des Hackparallelogramms Boden zusätzlich einzuebnen. einer Teilbreitenschaltung an einer Pflanzen- über die Reihe rollen würde. schutzspritze. Wichtig ist die zeitliche Abfolge. Der Hacken- Leguminosen und einsatz muss rechtzeitig vor dem Maiseinsatz Mit Untersaaten arbeiten Sonnenblumen abgeschlossen sein. Denn dann kommen die ausgebauten Gänsefußschare wieder zurück Die Fockenbrocks wollen eine andere Strate- Einige weitere Kulturen bereichern die an ihren Platz. gie testen. Nach dem Striegeln folgt die Ha- Fruchtfolge: Ackerbohnen, Lupinen und Son- Die Ackerbohne wächst unter anderem auf cke, je nach Bedarf auch mehrfach. Beim nenblumen. Die beiden Leguminosen hat der einer neuen Pachtfläche, die vorher schon letzten Hackeneinsatz wollen sie dann eine Betrieb mit 25 cm Reihenabstand gesät. Die länger biologisch bewirtschaftet wurde. Hier Untersaat ausbringen, um Beikräuter zu Bohnen wurden Mitte/Ende März gesät, die ist der Unkrautdruck erhöht. bremsen. Die Saat soll ein Pneumatikstreuer Lupinen Mitte April. Rund drei Wochen nach Versuchsweise haben die Landwirte die Vor- übernehmen, der vom Nachbarn geliehen der Aussaat konnten beide Kulturen jeweils gewende nach dem Hacken noch einmal ge- wird. Die Biolandwirte möchten erst Erfah- gut gestriegelt werden. Vor allem die Acker- striegelt, was einen besseren Effekt brachte. rungen damit sammeln, bevor sie sich für ein bohne hat das durch die tiefe Saat (4 bis Im Nachhinein wäre es gut gewesen, auch die eigenes Gerät entscheiden. 5 cm) gut vertragen. Auch die Lupine kam langen Bahnen noch mal zu striegeln, findet Im letzten Jahr waren die Bedingungen spe- mit dem Striegel dank tiefer Wurzeln gut klar. Henning Fockenbrock: „Wir hätten den Be- ziell: ein langer Winter mit spätem Start im 10 Innovations-Magazin
Foto: Höner Alert“) anzuschaffen. Die Anlagen versorgen sich über Solarzellen selbst mit Strom. Hen- ning Fockenbrock kann das System per Han- dy-App steuern. Die Geräte besitzen Mikro- fone, mit denen sie die eingegebene Zielvogelart erkennen. Sie vertreiben die Vö- gel dann durch arttypische Geräusche, z. B. Warnlaute. Aktuell sind die Geräte z. B. auf Die Hacke ist mit einer Saatkrähen eingestellt und senden dement- Kameralenkung ausge- sprechend Krähengeräusche aus. Darüber stattet. Neben Mais sind die Systeme so programmiert, dass sie soll sie in diesem Jahr erstmals auch Acker- zweimal pro Stunde weitere Geräusche abge- bohne und Lupinen be- ben, die ständig wechseln. Dadurch setzt kein arbeiten. Gewöhnungseffekt ein. Der Wirkbereich be- trägt etwa 250 m. Derzeit sind die Anlagen von 8 bis 20 Uhr aktiv. Der Zeitraum hat sich Frühjahr. Dann folgte ein Wachstumsschub kontrolle nie ein Verfahren nach Schema F als passend herausgestellt. Zur anderen Zeit durch Regen und Wärme. Die Einsätze bei geben. Die Betriebe müssen bereit sein, sich sind die Tiere nicht auf dem Acker. der mechanischen Unkrautkontrolle folgten schnell an die jeweiligen Rahmenbedingun- Die Geräte kosten rund 2800 € pro Stück. viel schneller aufeinander als eigentlich ge- gen anzupassen. Nach Erfahrungen von Henning Fockenbrock plant. erzielen sie einen sehr guten Effekt. Seitdem In diesem Jahr ist es genau umgekehrt. Der die elektronischen Vogelscheuchen im Ein- März war ungewöhnlich warm und trocken. Schäden durch Vogelfraß satz sind, haben die Landwirte jedenfalls kei- Das bedeutete einen zeitigen Start und grö- ne Vogelschäden mehr entdeckt. ßere Zeitfenster für die einzelnen Durchgän- Ein großes Problem droht aktuell aus der Sie hatten übrigens vorher verschiedene bio- ge. Weil auch dem Unkraut das Wasser fehlt, Luft: Die Schäden durch Vogelfraß stiegen in logische Beizen ausprobiert – und waren von ist der Druck insgesamt geringer, man muss den letzten Jahren deutlich. deren Effekt durchgängig enttäuscht. Nach nicht ständig fürchten, den richtigen Zeit- Aktuell haben Tauben bei Fockenbrocks auf Ansicht von Henning Fockenbrock sind die punkt zu verpassen. einer Fläche viele Triebe der Sonnenblumen Scheuchen aktuell das einzige zuverlässige Der Boden ist trockener und teils härter. Das abgebissen. Der Schaden geht in die Tausen- Mittel gegen die Vögel. Wenn auf dem Acker erschwert das Herausreißen und Verschütten de. Auf einer Haferfläche zogen Dolen die keine Gefahr mehr besteht, sollen die Anla- der Unkräuter. Und natürlich kostet die Tro- jungen Pflänzchen aus dem Boden – schein- gen übrigens auf den Hof umziehen und die ckenheit Ertrag. bar aus Langeweile, denn die gekeimten Kör- Silos schützen. Das verbessert die Auslastung Ein wichtiges Fazit ziehen die Fockenbrocks ner hingen noch an den Pflänzchen. über das Jahr. aus den letzten, sehr unterschiedlichen Jah- Der Betrieb hat sich deshalb dazu entschie- ren: Es kann bei der mechanischen Unkraut- den drei elektronische Vogelscheuchen („Bird Guido Höner, top agrar
Innovations-Magazin Regionen Ökolandbau ist eine Kreisebene variieren von 0,8 % in Cloppen- burg, Weser-Ems, bis 36 % in Miesbach, Oberbayern. Diese Extreme sind schnell er- Frage des Standortes klärt, bieten jedoch auch Überraschungen. Was hinter den Prozentzahlen steht. Miesbach bietet optimale Bedingungen für Mehr als ein Drittel Ökoflächenanteil im Alpenvorland, weniger als 1 % Biomilchkühe: sehr wüchsiges Grünland bei in Weser Ems: Auch der Ökolandbau hat seine regionalen Schwerpunkte. über 1 000 mm Niederschlag pro Jahr und mehrere etablierte Molkereien, die Biomilch Pauschale Ausbauziele wie 30 % passen deshalb nicht überall. Gustav in der Region erfassen und gut bezahlen. Alvermann und Conrad Thimm erläutern, warum das so ist. Milch und Milchprodukte sind die umsatzbe- zogen mit Abstand größte Kategorie von Bio- lebensmitteln. Ü ber den Ökolandbau wird in Öffent- Eine Grundvoraussetzung ist zwar ganz Cloppenburg gehört zur Region der inten- lichkeit und Politik (fast) immer einfach: Der einzelne Landwirt muss wollen. sivsten konventionellen Tierhaltung. Hier schwarz-weiß gesprochen. Das wird Da gibt es eine große Bandbreite: von den werden Flächen zur Gülleversorgung ge- der Wirklichkeit jedoch nicht gerecht und hat „Biohelden“, die sich selbst von widrigsten braucht; die Pachtpreise für Acker liegen bei Folgen: die Gefahr von Fehlern in der Um- Umständen nicht abschrecken lassen, bis zu über 1 000 €/ha. Das lässt sich mit einer flä- setzung von Regelungen und Fördermaßnah- denen, die Bio nur machen wollen, wenn sie chengebundenen Produktion wie im Öko- men nach dem Muster „gut gemeint, aber damit den Betrieb wirtschaftlich sicherer für landbau nicht erwirtschaften. Auf den klei- leider voll daneben“. Das gilt besonders auf die nächste Generation erhalten können. Un- nen Bioflächen, die es dort gibt, werden dem Weg zu ambitionierten pauschalen Zie- ter den ersten Biopionieren waren viele Biolegehennen und sonstiges Biogeflügel ge- len wie 30 % Ökolandbau bis 2030 (Ziel der »Überzeugungstäter«, die oft leuchtende Bei- halten. Das Futter kommt überwiegend aus Bundesregierung) oder 25 % (Ziel der EU- spiele abgeben dafür, was mit Bio erreicht den Ackerbauregionen Ostniedersachsens, Kommission). werden kann. Schleswig-Holsteins und Sachsen-Anhalts. Pauschale Ansagen sind nur sehr begrenzt Je größer die Bioanteile an allen landwirt- Dorthin geht Hühnertrockenkot (HTK) zurück. geeignet, diese Ziele zu erreichen, denn sie schaftlichen Betrieben, desto „normaler“ HTK ist aufgrund seiner Nährstoffdichte auch sind für die eigentlichen Entscheider, die werden jedoch die Erwartungen der Umstel- über größere Entfernungen transportwürdig. Landwirte, sehr abstrakt und weit weg von lungsinteressenten. Mehr als die Leuchttür- Das ist zwar nicht die reine Lehre vom Kreis- ihrer konkreten praktischen Situation. Viel me der Biohelden interessieren dann die na- lauf auf dem Biohof, aber als überregionale wirksamer wäre eine nüchterne Betrachtung: türlichen und wirtschaftlichen Bedingungen Kreislaufwirtschaft ist es ökologisch und öko- Wo, wie und ob überhaupt ist eine Umstel- für Anbau und Märkte. Die sind regional sehr nomisch für beide Seiten eine Win-win-Situ- lung auf Ökolandbau machbar und sinnvoll? unterschiedlich. Die Bioflächenanteile auf ation. Ausgeprägte Grünlandregionen bieten bessere Voraussetzungen für Öko als gute Ackerbau- oder intensive Veredlungsstandorte. Foto: landpixel
Weser-Ems: »Bei uns geht Bio nur mit Geflügel«. Bernd Wiese, Wildeshauser Geest (Niedersachsen). EU-Bio, 20 000 Legehennen, 70 ha (Sand, 35 BP), HTK-Verkauf, mehr als 1 000 € Pacht, Körnermais, Ackerbohnen, Getreide, neuerdings Winterraps. Ökoflächenanteile Schleswig- in den Bundesländern Holstein 7,0% Mecklenburg- Vorpommern 13,2% Niedersachsen 5,2% Brandenburg Sachsen- 14,4% Anhalt Nordrhein- Westfalen 9,3 % 6,5 % Sachsen Thüringen 8,1 % Hessen 7,0% Rheinland- 15,9% Pfalz Uckermark: »Unter 11,7% 50 Bodenpunkten ist Bio Saarland bei uns zumeist im Vorteil«. 19,4 % Stefan Palme, Gut Wilmersdorf (Brandenburg). 1 125 ha Acker (20 – 69 BP), 350 €/ha Pacht in der Bayern Region, Futter-Mist- und Futter-Gärrest-Kooperati- on mit zwei Milchviehbetrieben. Luzernekleegras, Baden- Württemberg 12,4 % Getreide. 13,7% Alpenvorland: »Wenn die Nachfrage weiter so wächst, können bei uns noch viele umstellen«. Mehr dazu: dlg-mitteilungen.de/ Marlene Hupfauer, Warngau (Bayern). Kreisbäuerin Miesbach. mediathek/podcasts 55 Kühe, 42 ha Grünland, 1 300 mm/Jahr. Innovations-Magazin 13
Innovations-Magazin Regionen Foto: landpixel In Südniedersachsen entsteht erst mit der Ver- arbeitung von Biorüben ein gewisses Interes- se am Ökolandbau. Einige Betriebe (wie im Bild Hohe Pachtpreise: Das Beispiel Niedersachsen das Klostergut Wiebrechtshausen der KWS) sind allerdings schon lange damit „unterwegs“. Niedersachsen hat mit 5,2 % den niedrigsten Bioflächenanteil aller Bundes- länder. Aber westniedersächsische Bioeier sind deutsche Marktführer ebenso wie ostniedersächsische Biokartoffeln und Bioäpfel von der Niederelbe. Auch vielseitige Biobetriebe mit Milchvieh mit und ohne Kooperation mit Acker- „Bio traditionell“ und die Realität. bauern und Gemüse, handwerkliche Käseverarbeitung für regionale Märkte Wenn man „ökologischer Landbau“ googelt etc. finden wir in diesem Bundesland. Dort bewirtschaftet der durchschnittli- und auf „Bilder“ klickt, so erscheint die Gra- che Biobetrieb mit 60 ha etwas weniger als sein konventionelles Pendant fik eines landwirtschaftlichen Erzeugungs- (75 ha). 54 % der niedersächsischen Bioflächen sind Grünland (nur 27 % systems, das an die Bauernhof-Romantik in Grünland insgesamt). Ziel der Landesregierung sind 15 % Bioflächenanteil Kinderbüchern der 1960er Jahre erinnert. Es bis 2030. Das Ziel ist ambitioniert. Soweit die Statistik. bestehen vielfältige innerbetriebliche Nähr- stoffkreisläufe, es kommen mindestens Kuh, Wie sieht es in den einzelnen Regionen aus? Das 30 %-Ziel scheint in Schwein und Huhn vor, und neben Dauer- Niedersachsen – wenn überhaupt – nur im östlichsten Landkreis Lüchow- grünland wird Ackerland in einer überaus Dannenberg möglich. Ackerbaubetriebe mit Beregnung können dort in Ko- bunten Fruchtfolge bewirtschaftet. Im kras- operation mit Tierhaltung einfach umstellen, wenn (und weil) das Land nicht sen Gegensatz dazu stehen die nackten Zah- zu teuer ist. Wenn dagegen die anderen Kreise 10 – 15 % Bioflächenanteil len der modernen Lieferketten des ökologi- bis 2030 erreichen, wäre schon das eine Überraschung. schen Landbaues. Den Grünlandbetrieben im Norden fehlen die Wüchsigkeit des Grases Rund die Hälfte der deutschen Biomilch (wie etwa im Alpenvorland) und nahe Kooperations-Ackerbaubetriebe. stammt aus Bayern mit starkem regionalem Im Süden gäbe es Chancen in Kooperation mit der Tierhaltung, doch ist das Schwerpunkt im Alpenvorland – Miesbach Land dort meist zu teuer. lässt grüßen. Knapp die Hälfte der deutschen Der Westen steht mit seiner intensiven Tierhaltung am Beginn eines großen Bioeier und über ein Viertel der Biokartof- Transformationsprozesses. Wenn die Tierzahlen hier drastisch gesenkt und feln und Bioäpfel stammen dagegen aus Nie- dafür höherwertige tierische Produkte (Haltungsklassen 3 und 4) erzeugt dersachsen. Dort wiederum mit starker regi- würden, HTK und vielleicht separierte Gülle dorthin zurückgehen würden, wo onaler Arbeitsteilung: Eier aus Weser-Ems, das Futter erzeugt wird, und schließlich auch noch Biogemüse erzeugt und Kartoffeln aus Ostniedersachsen und Äpfel vermarktet werden, dann könnten auch hier die Flächenanteile gesteigert von der Niederelbe. Dabei machen diese Bio- werden. erzeugnisse jeweils nur ca. 3 % der jeweili- gen konventionellen Kategorie in Nieder- 14 Innovations-Magazin
Farm Power Fusion Farming by Einböck sachsen aus. Schließlich ist das Land mit noch nicht zum Allgemeinwissen. Früh- 5,2 % das Schlusslicht bezüglich des Bioflä- jahrstrockenheit, wie sie in ganz Nord- und PREMIUMHACKSTRIEGEL chenanteils. überwiegend Ostdeutschland regelmäßig AEROSTAR-FUSION auftritt, ist für den Biogetreidebau eine rie- Spitzenreiter Nordosten. Die nordöstli- sige Herausforderung, weil im Mai, wenn chen Bundesländer dagegen gehören mit das Getreide seinen höchsten N-Bedarf hat, Bioflächenanteilen von 14,3 % (Branden- durch die Trockenheit keine natürliche burg) bzw. 13,1 % (Mecklenburg-Vorpom- Mineralisierung stattfindet. Wasser bekom- mern) zu den Spitzenreitern. Sie liegen bei- men die Pflanzen noch aus tieferen Schich- de noch vor Bayern (12,3 %). Extensive ten, aber keinen Stickstoff mehr. Körner- Rinderbetriebe auf relativ preisgünstigem maisanbau kann eine Strategie sein, denn Land spielen eine große Rolle. Aber auch hier der hat seinen N-Bedarf deutlich später, lohnt das genaue Hinschauen. In Branden- wenn der Sommerregen auch in Nord- burg entwickelt sich nach und nach eine re- deutschland im Allgemeinen wieder für ge- gionale Bioversorgung der Hauptstadtregion. nügend Feuchte in der Krume sorgt. Hohe In Mecklenburg-Vorpommern haben sich nie- Niederschläge im Herbst und Winter, wie dersächsische Geflügelspezialisten niederge- sie vor allem im maritimen Klima in Nord- lassen und Erzeugergemeinschaften gegrün- deutschland häufig sind, erfordern wiede- Infos, Fotos, Grafiken & Videos det, weil sie hier das Land bezahlen und den rum Vorkehrungen zur Vermeidung von N- www.einboeck.at/fusion Kreislauf Futter-Legehennen-HTK-Düngung Auswaschungen. auf dem eigenen Betrieb realisieren können. Insgesamt aber ist die Tierhaltung in Ost- Regionale Betriebsstrukturen. Regio- SPEZIALHACKGERÄT deutschland in Bio genauso wie konventio- nal gewachsene Betriebsstrukturen erge- CHOPSTAR-VERSO nell gering vertreten. ben unterschiedliche Ausprägungen auch des Biolandbaus. Realteilung hat zu klei- nen Betrieben geführt. Sollen diese wirt- Die „externen“ schaftlich überleben, werden intensivere Einflussfaktoren Betriebszweige wie Obst- und Gemüsebau oder Direktvermarktung ausgebaut. Das Klima, Boden. Die verschiedenen Faktoren passt gut in Thünen‘sche Kreise um die Me- für die Ausprägung des Biolandbaus spielen tropolen und ins relativ dicht besiedelte, regional ganz unterschiedliche Rollen. Bei wohlhabende Baden-Württemberg. den natürlichen Standortfaktoren ist die Be- In intensiven Viehhaltungsgebieten ist der deutung der Bodenart für Landwirte selbst- Ökolandbau jedoch in der Klemme. Öko verständlich. Im Biolandbau ist sie tenden- lässt keine intensive Viehhaltung auf klei- ziell noch höher als konventionell, weil der ner Fläche zu, und die Pachten sind dafür Aufwand, mit organischen Düngern einen zu hoch. Das Gleiche gilt für Hochertrags- schwachen Standort aufzubessern, größer ackerstandorte wie Ostholstein oder die und damit teurer ist als mit mineralischem Lößbörden. Ökolandbau bietet sich eher für Stickstoff. Dafür sind die Pachtpreise für ar- die flächenstarken Betriebe in Ostdeutsch- me Sandböden oft geringer und die Förde- land an, zumal dort die Bedeutung der rung wichtiger. Ökoprämien umgekehrt proportional zu REIHENSÄGERÄT + FRONTTANK Die Bedeutung der Klimaunterschiede für den Produkterlösen je ha stehen. CHOPSTAR-SEEDER + JUMBO-SEED den Biolandbau in Deutschland und hier be- sonders die Niederschlagsverteilung gehört Marktstrukturen. Die Strukturen der auf- nehmenden Hand prägen ebenso oft das regionale Bild des Biolandbaus. Über Jahr- Auf den Öko-Feldtagen präsent zehnte gab es zum Beispiel in Niedersach- sen keine Molkerei für Biomilch. Das war Zusammen mit den DLG-Mitteilungen ein großes Hindernis für die Ausweitung werden unsere Autoren auf den Öko- des Ökolandbaus in dieser so bedeutenden Feldtagen den Stand C 13 „bespielen“. Kategorie. Andererseits bestimmt die Dich- Mit ihnen können Sie das Ökoumfeld in te und die Anliefermenge je Betrieb die den einzelnen Bundesländern diskutie- Größe des Erfassungsgebietes einer Molke- ren. Es geht dabei nicht um Beratung, rei. sondern um ein gegenseitiges „Geben Die Packstellen und die Vermarktungsor- und Nehmen“. ganisationen für Hühnereier, der zweit- stärksten Biokategorie, sind konventionell WWW.EINBOECK.AT
Innovations-Magazin Regionen Flächenanteile und Vermarktung: Wo sich bestimmte Muster zeigen Was konventionell zu auffallend rentabler Bewirtschaftung führen kann, ist üblicherweise im ökologischen Landbau unter repräsentiert: Winterkulturen, Milch, Schweine. Kulturen oder Tierhaltun- gen, die öko weniger Leistungsabfall zeigen oder einen besonderen Markt finden, sind dagegen überproportional vertreten: Sommerblattfrüchte, Foto: Frank Peters/stock.adobe.com Mutterkühe, Legehennen (Übersicht 1). Auch im Vergleich der Flächenanteile von Dauergrünland und Ackerland zeigt sich dieser Zusammenhang. Ein weiterer Faktor ist die Möglichkeit der Direktvermarktung. Welches Potential sich dahinter verbirgt, zeigt der Vergleich zweier Bundes- länder in Übersicht 2. Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern haben beim Bioflächenanteil vergleichbar hohe Zahlen. Die Gesamtbiofläche Berlin bringt zwar Ökonachfrage. Sie kann aber aus dem Umland mangels Verarbeitungs- verteilt sich allerdings im Nordosten auf gut 1 000 Biobetriebe und im Süd- kapazität kaum gedeckt werden. westen auf 10 000. Ein Biobetrieb in Mecklenburg-Vorpommern ist knapp zehnmal so groß wie in Baden-Württemberg und hat sechsmal weniger Ein- wohner pro ha als mögliche Kunden. Es gibt dort zwar beachtliche Beispiele für die Direktvermarktung, vorzugsweise am Rand der größeren Städte. Das wie „bio“ in Weser-Ems konzentriert. Auch Gros der Betriebe verzichtet allerdings darauf. Typisch ist eher die Bildung die Futtermühlen. Bei den biozertifizierten straff organisierter Erzeugerorganisationen und Lieferketten. Schlacht- und Zerlegestätten mit mehr als lokaler Bedeutung gibt es große Lücken vor allem im Osten und der Mitte Deutschlands. Übersicht 1: Kulturen und Tierhaltungen Auch das prägt das Bild von der regionalen Erscheinung des Ökolandbaus. im ökologischen Landbau (Deutschland)* Anteile < 10 % Anteile > 10 % Preisrelationen. Aktuell erleben wir hohe Energie- und Düngerpreise, hohe Produkt- LF Ackerland 6,5 % Dauergrünland 19 % preise sowie eine Rückbesinnung auf die ur- Getreide W-Gerste 1,8 % Dinkel (geschätzt) 30 % eigene Aufgabe von Landwirtschaft – die W-Weizen 3,3 % Hafer 34 % produktive Erzeugung von Nahrungsmitteln. Für viele ist damit der Ökolandbau „vom Öl und W-Raps 0,4 % Sonnenblume 27 % Tisch“. Die Umstellungszahlen scheinen das Eiweiß Soja 30 % zu belegen. Doch hat es immer wieder re- Lupine 54 % gelrechte Umstellungswellen gegeben. Hackfrüchte Zuckerrübe 1,5 % Gemüse 13 % 2016 hatten niedrige Preise reihenweise und Obst Kartoffel 4,1 % Obst 20 % Milchviehhalter in die Umstellung getrie- ben und das Ökoflächenwachstum deutsch- Kühe Milchkühe 6,3 % Mutterkühe 27 % landweit auf 15 %, dem mit Abstand höchs- Veredelung Mastschweine 1,0 % Legehennen 13 % ten Wert des Jahrzehnts. 2018 war der Quelle: AMI * % öko von gesamt – bundesweit 2020 Ackerbau „dran“. Übersicht 2: Potential für Direktvermarktung Ausblick. Der Vermutung, dass sich bei allgemein höheren Lebensmittelpreisen Mecklenburg- Baden- nur noch wenige Verbraucher die teuren Vorpommern Württemberg Ökoprodukte leisten werden, kann man Bioanteil an LF % 13,2 13,7 drei Argumente entgegenhalten. Sie wer- den die Zurückhaltung bei den Umstel- Biofläche in ha 177 000 193 000 lungsentscheidungen der Landwirte nicht Anzahl Biobetriebe 1 071 10 624 aufheben, sind aber beachtenswert. „Intensive“ Landwirtschaftsmodelle sind ha pro Biobetrieb 165 18 erstens von den immensen Kostensteige- rungen besonders betroffen. Sie benötigen Einwohner ca. in Mio. 1, 7 10,7 die hohen Produktpreise – der Preisab- Einwohner/ha Ökofläche 9,6 55,4 stand zum ökologisch erzeugten Produkt Quellen: AMI, BÖLW Ende 2020 wird geringer. Hohe konventionelle Pro- duktpreise ermöglichen es Umstellern 16 Innovations-Magazin
Fehlende regionale Verarbeitung: Das Beispiel Brandenburg Brandenburg hat die ärmsten Böden und die geringsten Niederschläge in Deutschland. Außerdem geringe Pachtpreise und mittendrin den kaufkräfti- gen Markt Berlin. Neben den üblichen Discountern, Verbraucher- und Drogeriemärkten, die alle mehr oder weniger umfangreiche Biosortimente führen, und vielen kleineren Bioläden gibt es dort über 130 große Bio- märkte, davon 55 Bio-Company Filialen und 49 denn’s Biomärkte – und a lle wollen regionale Produkte. Da sollte Öko doch besonders gute Perspektiven haben!? Ein Dilemma ist aber: Die Brandenburger Betriebe wollen ihre großen Bioflächen möglichst extensiv, das heißt am liebsten mit Mähdruschfrüch- ten bewirtschaften. Die Berliner Märkte wollen dagegen regionale Bio produkte haben, außer ausgerechnet große Mengen an Mähdruschfrüchten. zweitens, die beiden Umstellungsjahre oh- Auch bundesweit wird nur knapp ein Drittel der Biomähdruschfrüchte von ne Biovermarktung einfacher zu überbrü- Menschen konsumiert, während zwei Drittel verfüttert werden. Und das cken. Und drittens haben bestimmte Acker- bei relativ viel geringeren Acker- und Mähdruschfrüchteanteilen als in bauregionen in Deutschland die Chance, Brandenburg. den bisher hohen Anteil importierter Bio- Futtermittel ein Stück weit zu ersetzen. Das Ein zweites Dilemma: Es fehlen sowohl geeignete Erzeugungs- als auch gilt für Standorte mit der Option auf Soja, Verarbeitungsstrukturen. Zwar gibt es Molkereien und Eierpackstellen für Sonnenblume und Körnermais. Bio, aber schon für Getreide gibt es seit der Insolvenz der Bioland Markt vor Ort keinen überregionalen Händler mehr. Eine Schlachtung und Zerlegung Fazit. Regionale Standortfaktoren und von Biorindern gibt es in größerem Maßstab nur in Mecklenburg und die jeweiligen Rahmenbedingungen für die Sachsen. Bei Bioschweinen findet sie zwar im äußersten Nordwesten Landwirtschaft bestimmen das Wie, Wo Brandenburgs statt, aber für den Süden des Bundeslandes liegt der nächste und Wieviel des ökologischen Landbaues. Schlachthof wiederum in Sachsen. Hier und heute stagnieren die Umstel- Die Herausforderung liegt also darin, erfolgreiche Prozesse mit allen lungszahlen, in nur kurz vergangener Zeit Akteuren der Wertschöpfungsketten zu gestalten: den landwirtschaftlichen gab es Umstellungswellen. So „gemischt“ Erzeugern, die unter Umständen erst neue Kulturen lernen müssen, den dürfte es auch weitergehen. Bündlern, die in der jeweiligen Kategorie Erfahrungen und Vernetzungen mitbringen, den Packbetrieben und Verarbeitern sowie den eigentlichen Gustav Alvermann und Conrad Thimm, Vermarktern, die für die Listung und Platzierung im Einzelhandel sorgen. bio2030 VARIOFIELD DER INDIVIDUELLE Der Variofield bietet eine universelle Lösung für alle Arten und Reihen- weiten des Hackeinsatzes. • Zweibalkiges Rahmensystem • Versetzter Klappstoß • Auswahl verschiedener Module • Jede Reihenweite realisierbar • Eigene Scharform Testen Sie unseren DicksonKerner GmbH Produkt- Gewerbestraße 3 konfigurator! D-89344 Aislingen ↓ di om ks Tel. +49 (0) 9075 9521-0 c on .c kerner dicksonkerner.com
Innovations-Magazin Kleegras Wieder zurück in die Fruchtfolge? Für spezialisierte Ackerbauern ist Kleegras eher ein Fremdwort. Eine Kultur ohne eigenen Deckungsbeitrag, die gänzlich gegen die betriebswirtschaftliche Optimierung steht? Gustav Alvermann erklärt, warum sie auch im konventionellen Betrieb interessant sein könnte und welche Voraussetzungen dafür nötig sind. K ulturen, die die Fruchtfolge erweitern ment: „Ich muss Geld verdienen“. Nur bei und stabilisieren, aber im Einzelran- ganz versiertem Vorgehen gelingt ihnen das Foto: Alvermann king eher hinten stehen (wie die mittelfristig auch, z. B. in Weser-Ems auf sehr Ackerbohne) können sich viele Landwirte teurem Land, bei guter Versorgung mit Hüh- mittlerweile vorstellen. Aber eine Kultur ganz nertrockenkot und hohem Maisanteil, der die ohne eigenen Beitrag? technische Beikrautbereinigung begünstigt. Im Biolandbau wiegen die Fruchtfolge- Ansonsten zwingen magere Kulturen (zu we- 1 vorteile des Kleegrases (für trockene, tief- nig Stickstoff) und Disteln (die hackt man Bezahlbares Land. Eine Änderung in gründige Standorte ist immer die Luzerne nicht weg) zu einer Kurskorrektur zu einem der ackerbaulichen Vorgehensweise ist mitgemeint) deutlich schwerer als im kon- nennenswerten Kleegrasanteil in produktiver meistens erst zu erwarten, wenn die ventionellen. Berät man Biobetriebe 20 Jah- Ausführung. Weniges lässt sich im Ökoland- spezialisierten Betriebe die hohen Pachten re nach der Umstellung, so geht es vornehm- bau pauschal sagen. Aber wer einen qualifi- eben nicht mehr zahlen können. Regional las- lich um Stickstoff und Unkraut. Und für zierten Kleegrasanbau auf die Beine stellt, sen sich Fuchsschwanz oder Rapserdfloh beide Herausforderungen hat ein Kleegras- biegt damit mit hoher Wahrscheinlichkeit auf durch chemische Mittel kaum noch beeindru- Fruchtfolgeelement überzeugende Antwor- die Erfolgsspur ein. cken. Haben sich Herbizid- oder Insektizid- ten. Folgerichtig liegt der durchschnittliche resistenzen auf einer Fläche bzw. in einer Re- Fruchtfolgeanteil der auf der Internetseite Für konventionelle Berufskollegen ist das gion erst festgesetzt, so ist die Ausbildung www.bio2030.de aufgeführten Praxisbetrie- Anfreunden mit dieser Kultur noch schwie- eines zweiten Pachtmarktes für Flächen zu be zwischen 20 und 25 %. Manche Biobe- riger. Für sie war das Ausblenden solider erwarten, die die sehr hohe Entlohnung nicht triebe starten ohne Kleegras mit dem Argu- Fruchtfolgegesetze zum Überlebensprinzip mehr zulassen. Und erst dann ist der Weg frei geworden. Bereits in den 1960er Jahren for- für ein Umsteuern. Denn es gibt so manchen mulierten nachdenkliche Landwirte: „Gesun- Weg, den Ackerbau vielseitiger und ökologi- de Fruchtfolge = kranker Betrieb“. Wollte scher zu gestalten – aber kaum einen zu man ökonomisch mithalten, so musste man grenzwertigen Pachtpreisen. sich dem Zeitgeist fügen und den Einsatz von 2 Düngerstreuer, Spritze und Technik ganz Rentable Nutzung des Kleegrases. nach vorn stellen. Diese Situation hat sich bis Die Universität Kiel setzt gerade ein heute im Grunde nicht geändert. Die regio- Forschungsprojekt aufs Gleis, in des- nalen Pachtpreise als Maßstab für die mög- sen Zentrum eine Verbundwirtschaft zwi- liche Wertschöpfung werden durch hoch spe- schen Rinderhaltern und Ackerbauern steht zialisierte Betriebe geprägt: „Wir zahlen so und die Reintegration von Kleegras in die hohe Pachten, weil wir es können“, heißt es. Fruchtfolgen. „50 % weniger Pflanzenschutz, Für vorauseilenden Gehorsam in Sachen Bio- weniger Mineraldünger, mehr Biodiversität diversität oder dem Absenken der chemi- und fast gleiche Erträge“, avisiert Prof. Tau- schen Intensität bleibt dem einzelnen Unter- be durch die Fruchtfolge Kleegras – Kleegras nehmer kaum Spielraum. Von daher gleicht – Hafer (nach Ökostandard), gefolgt von das Nachsinnen über Kleegras in der acker- Raps-Weizen-Gerste intensiv. Er spielt damit Foto: Alvermann baulichen Fruchtfolge einem Quantensprung auf die Erfüllung von „Farm-to-fork“ an. Das in der Betrachtungsweise. In der Regel ge- Kleegras wäre – wenn alles richtig läuft – schieht der nicht freiwillig. Zur Umsetzung ähnlich preiswert zu erzeugen wie Welsches Insbesondere die Folgeaufwüchse ab Mitte des dieses revolutionären Weges müssen einige Weidelgras. Ökohafer nach Kleegras bringt Jahres sorgen für ein großes Blütenangebot. Voraussetzungen zusammenkommen. (fast) so viel wie konventioneller. Dann wäre 18 Innovations-Magazin
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