INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen

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INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
INNOVATIONS-­
MAGAZIN                               Öko-Trends 2022

 Boden | Technik | Klimalandwirtschaft
                        EINE AKTION
                               VON
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
ES IST IHR BODEN

Lassen Sie uns alle mal auf den Boden zurückkommen.
Denn seine Bewahrung ist die Grundlage Ihres betrieblichen Erfolgs. Wir züchten dafür gesunde,
nährstoffeffiziente Sorten und sind Experte in nachhaltigen Fruchtfolgesystemen. So gelingen mit
DSV Saatgut hochwertige Erträge und die Sicherung der Bodenfruchtbarkeit.
Erfahren Sie mehr auf den Öko-Feldtagen.

                                                                                                  www.dsv-saaten.de
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
Innovations-Magazin                                   Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,
wie sich die Zeiten ändern können! Noch vor ein paar Monaten stand über-
haupt nicht infrage, dass die Nachfrage nach Ökoprodukten fortlaufend
steigen und damit auch die Umstellungsbereitschaft landwirtschaftlicher
Betriebe beflügeln würde. Heute sehen wir zurückhaltende Zahlungsbereit-
schaften bei den Konsumenten: Wer weiß, wie teuer Benzin und Gas noch
werden? Und angesichts des Allzeit-Preishochs vieler Agrarprodukte purzelt
der ökonomische Vorteil des Ökolandbaues in sich zusammen: Warum
­sollen Landwirtinnen und Landwirte da umstellen?
  Vergessen wir dabei aber nicht die langen Linien! Preisverhältnisse können
sich ändern. Bleiben werden die Klima- und Umweltanforderungen sowie
die viel zu selten diskutierten regionalen Vorzüglichkeiten. Deshalb
 ­bringen DLG-Mitteilungen und top agrar auch in diesem Jahr – zu den
Ökofeldtagen im Juni – ein gemeinsames Sonderheft. Und wünschen viel
  Freude und Nutzen beim Lesen.

                                                                                   Inhalt
                                                                                   4 Öko-Feldtage: Der Betrieb
                                                                                   Produktivität plus Umweltleistung

                                                                                   6 Öko-Feldtage: Das Programm
                                                                                   Drei Tage lang mit vollem Betrieb

4 Öko-Feldtage: Der Betrieb                 8 Entdeckungsreise Richtung „Öko“      8 Erfahrungen eines Umstellers
                                                                                   Entdeckergeist und technisches Verständnis

                                                                                   12 Regionen
                                                                                   Ökolandbau ist eine Frage des Standortes

                                                                                   18 Kleegras
                                                                                   Zurück in die Fruchtfolge?

                                                                                   22 Kleegras als Dünger
                                                 18 Kleegras – auch für „Konvis“
                                                                                   Kleegras intensiver nutzen: Gut für
12 Eine Frage des Standortes                                                       Erträge und Klima

                                                                                   26 Farmdroid
Impressum                                                                          Biozuckerrüben: Wenn der Farmdroid
Verlagsbeilage Innovations-Magazin zu                                              sät und hackt
DLG-Mitteilungen 7/2022 und top agrar 7/2022
Redaktion                                                                          28 Krumenvertiefung
Thomas Preuße, Katrin Rutt (DLG-Mitteilungen),                                     Kohlenstoff mit dem Pflug anreichern
Matthias Bröker, Daniel Dabbelt, Gesa Harms,
Guido Höner (top agrar)
                                                                                   30 Regenerative Landwirtschaft
Anzeigen/Vertriebsmarketing
Dr. Peter Wiggers/Sylvia Jäger                                                     Viel Wind, wenig dahinter?
Geschäftsführung
Dr. Ludger Schulze Pals, Malte Schwerdtfeger,                                      32 Humusaufbau
Wolfgang Gamigliano, Walter Hoffmann             26 Der Farmdroid sät und hackt    Chancen und Grenzen

                                                                                                         Innovations-Magazin    3
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
Innovations-Magazin                                 Öko-Feldtage: Der Betrieb

               Produktivität
               plus Umweltleistungen
               Den Folgen des Klimawandels ist der Ökolandbau besonders
               stark ausgesetzt. Deshalb drehen sich auf dem Gladbacherhof,
               dem „Gastgeber“ der diesjährigen Öko-Feldtage, einige Projekte
               um diese Frage. Wenn dann noch die Biodiversität positiv
               beeinflusst wird und die Produktivität nicht leidet, umso besser!

               U
                        nabhängig davon, ob schon Tiere            than? Der Öko-Landbau muss sich der Effi-
                        drinstehen oder noch nicht: Im Rah-        zienzfrage ja zunehmend stellen. Über die
                        men der Ökofeldtage 2022 wird der          automatische Fütterung und die beiden
               neue Forschungsstall des Gladbacherhofes            Melkroboter lassen sich die die wesentlichen
               für Besucher geöffnet. Unübersehbar thront          Produktionsdaten fortlaufend dokumentie-
               er über dem langgezogenen Betriebsgelän-            ren. Bei jedem Melkvorgang werden Methan
               de. Der neue Stall für 128 Kühe soll nicht nur      und CO2-Emissionen mit erfasst. Die Gülle
               den bisherigen, in die Jahre gekommenen             wird für jede Herde separat in zwei getrenn-

                                                                                                                             Foto: Weber
               Kuhstall ersetzen. Er ist die Voraussetzung         ten Behältern gelagert und untersucht. Ob
               für einen Systemvergleich, den es so bisher         HF für die extensive Fütterung die richtige
               noch nicht gab. Zwei Herden von je 64 HF-           Rasse ist, wird sich zeigen.                                       Fast bereit für den Zwei Stall-
                                                                                                                                      bereiche, zwei Güllebehälter, vier
               Kühen werden in den kommenden Jahren                                                                                    fahr­silos. Links im Hintergrund der
               quasi gegeneinander antreten. Die eine wird,        Das Ganze ist Teil eines großen For-                               ­„alte“ Betriebsstandoert, rechts die
               wie in Ökobetrieben oft üblich, extensiv auf        schungsprojektes. Für „Green Dairy“ konn-                           Demoflächen der Öko-Feldtage.
               der Basis von Grünfutter ernährt. Die ande-         ten 14 Mitarbeiter(innen) neu eingestellt
               re Herde bekommt eine stärker auf Getreide          werden! Ziel sei es, so erläutert eine von ih-
               und Mais basierende Ration. Die Kernfrage           nen, Dr. Deise Knob, Tier-und Pflanzenpro-       Gute Wissenschaft gibt es nicht zum
               ist: Bei welchem Verfahren entsteht (bezo-          duktion wieder stärker zu verzahnen. „Öko-       Nulltarif. Mehr als 3 Mio. € wird der Stall
               gen auf das Kilogramm Milch) weniger Me-            funktionale Intensivierung“ nennt das ihr        kosten, das gesamte Green Dairy-Projekt
                                                                   Chef Prof. Dr. Andreas Gattinger, Ökoland-       kommt auf 4,8 Mio. €, vor allem für Perso-
                                                                   bau-Professor an der Universität Gießen und      nal. Der rund 190 ha große Gladbacherhof
Foto: Preuße

                                                                   damit verantwortlich für den Gladbacherhof.      (110 ha Acker-, 75 ha Grünland) gehört der
                                                                   „Damit wollen wir Ertrags- und Ernährungs-       Hessischen Landgesellschaft. Sie hat ihn seit
                                                                   lücken gegenüber der spezialisierten indus-      1990 an die Gießener Universität verpach-
                                                                   triellen Landwirtschaft verringern und           tet, die ihn als Lehr- und Forschungseinrich-
                                                                   gleichzeitig die Ökosystemdienstleistungen       tung für den ökologischen Landbau nutzt.
                                                                   verbessern.“ Es würde zu weit führen, alle
                                                                   Teilprojekte im Zusammenhang mit „Green          Agroforst in mehreren Varianten. Na-
                                                                   Dairy“ aufzuzählen. So sollen auch der Pflan-    türlich müssen ökologisch gehaltene Kühe
                                                                   zenbau im Hinblick auf Fruchtarten, Frucht-      auch auf die Weide dürfen. Auf dem Gladba-
                                                                   folge oder Düngung optimiert werden. Und         cherhof versucht man, auch da noch etwas
                                                                   ein Bereich „Umwelt“ befasst sich mit den        mehr Effizienz hineinzubringen, Stichwort
                                                                   Auswirkungen der beiden Fütterungssysteme        „Agroforst“. Ganz neu ist seit Ende Novem-
                                                                   auf die „Flüsse“ von Ammoniak und Nitrat         ber 2021 die Kombination von Grünland mit
                                                                   sowie Kohlenstoffbindung, Treibhausgase          Bäumen („silvopastoral“ sagen die Wissen-
                                                                   und Bodenmikroorganismen.                        schaftler dazu). Auf einem neu angelegten 8
                                                                                                                    ha großen Grünlandschlag stehen seitdem
                                                                                                                    400 Bäume, meist Apfelbäume, aber in den-
                                                                                                                    selben Reihen auch Kirsche, Walnuss, Esskas-
                                                                                                                    tanie oder Pappeln. Sie sollen den Tieren
                                                                Intensiv oder extensiv? Auch diese Frage wollen
                                                                Andreas Gattinger und Deise Knob im neuen           Schatten spenden, das Grünland vor Aus-
                                                                Kuhstall auf dem Gladbacherhof klären.              trocknung schützen und zusätzlichen Lebens-

               4     Innovations-Magazin
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raum schaffen. Womöglich lassen sich die        Weitere Projekte. Mit Streifen hat auch ein     Bestäuberinsekten, weniger Schädlingsdruck,
Äpfel auch noch regional vermarkten…            drittes Projekt auf dem Gladbacherhof zu tun:   weniger Pflanzenschutz.
Ein zweites Agroforstsystem kombiniert auf      BeeContour. Die Frage ist hier: Funktioniert    Ein viertes Projekt läuft ebenfalls unter Be-
3,5 ha seit 2020 unterschiedliche Baumarten     es (wieder im Hinblick auf Produktivität und    teiligung von Praxisbetrieben: Mulchgemü-
mit Ackerland („silvoarable“). Ziel ist der     Umweltleistung), eine fünf- bis achtgliedrige   se. Dabei werden junge Gemüsepflanzen ma-
Schutz vor durch Starkregen hervorgerufener     Fruchtfolge auf praxisüblichen Schlägen in      schinell in eine Mulchschicht von zum Beispiel
Erosion. 3 m breite Baumstreifen wechseln       Streifen aufzubauen? Bei bisherigen Versu-      Wickroggen gesetzt. Diese soll Hitze und Tro-
mit 18 m breiten Ackerstreifen ab. Auch et-     chen wechselten ja allenfalls Raps und Ge-      ckenheit abpuffern und Schädlingen vorbeu-
was völlig Neues soll ausprobiert werden,       treide über eine Spritzbreite ab. Ein solcher   gen. Im Zuge eines „Klimarundganges“ wird
nämlich ein „sukzessionales Agroforstsys-       Versuch läuft auch auf dem konventionellen      auf den Öko-Feldtagen eine Demonstrations-
tem“. Die Idee stammt aus Brasilien und spie-   Versuchsgut der Uni Gießen sowie auf jeweils    parzelle zu sehen sein.
gelt die Wachstumsdynamik in natürlichen        fünf konventionellen, ökologischen und Bio-
Ökosystemen wider. Dort bereiten schnell        gasbetrieben in der Praxis. Wie bei den Ag-     Es gibt noch mehr Projekte auf dem
wachsende Pflanzen buchstäblich den Boden       roforstprojekte ist auch dieses noch zu jung,   Gladbacherhof. Sie sind sehr schön auf der
für langsamer wachsende, indem sie dort die     um über Ergebnisse zu reden. Klar ist nur die   Website der Professur für Ökologischen Land-
Bedingungen verbessern.                         Erwartung: mehr Nutzpflanzenvielfalt, mehr      bau der Universität Gießen beschrieben. Al-
                                                                                                len gemeinsam ist ein Verständnis des öko-
                                                                                                logischen Landbaues als Kreislaufwirtschaft
                       Foto: Preuße

                                                                                                und der Agrarwissenschaften generell als
                                                                                                Systemwissenschaft.
                                                                                                Auch „konventionelle“ (spezialisierte, er-
                                                                                                tragsorientierte, regenerative…) Landwirte
                                                                                                werden hier Anregungen finden. Und mag
                                                                                                etwas zum Widerspruch herausfordern: Nur
                                                                                                der fachlich begründete Austausch bringt die
                                                                                                Landwirtschaft angesichts der wachsenden
     Erosionsschutz und                                                                         und immer „gleichzeitigeren“ Anforderungen
        mehr: 3 m breite                                                                        weiter.
        Baumstreifen im
      ­Wechsel mit 18 m
  ­breiten Ackerstreifen.                                                                                Thomas Preuße, DLG-Mitteilungen

                                                                                                                  Innovations-Magazin       5
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
Innovations-Magazin                           Öko-Feldtage: Das Programm

                                                                                                                          Vorführungen
                                                                                                                          neuer Maschinen
                                                                                                                          „laufen“ immer.

                                                                                                                     Foto: FiBL

Drei Tage lang                                                                                  Maschinenvorführungen. 25 Maschinen
                                                                                                sind im praktischen Einsatz, darunter Hack-
                                                                                                technik mit kamera- und satellitengesteuer-

mit vollem Betrieb                                                                              ten Geräten sowie Mähwerke und Schwader
                                                                                                zur Futterbergung. Die Maschinenvorführun-
                                                                                                gen finden an allen drei Tagen jeweils von
                                                                                                10 bis 12.30 Uhr statt.
Das Programm der Öko-Feldtage ist 2022 noch einmal gewachsen. Es gibt
sechs Fachforen sowie zahlreiche Führungen zu Sorten, Weidemanagement                            Demoparzellen. Auf 1 500 Demoparzellen
                                                                                                 stellen Firmen und die Beratung Kulturen von
und Klimaauswirkungen von Pflanzenbau und Tierhaltung.                                           der Ackerbohne bis zur Zuckerrübe sowie Be-
                                                                                                 triebsmittel für die ökologische Landwirt-
                                                                                                 schaft vor. Der Landesbetrieb Landwirtschaft
Neuer Forschungsstall. Vorträge und an-       der Agroforstsysteme. Am 29. und 30.6. be-         Hessen veranstaltet täglich Führungen von
schließende Führungen erklären, wie mittels   ginnen Führungen jeweils um 11, 13 und             Landessortenversuchen zu Winterweizen und
digitaler Tiererfassung, Beweidungssteue-     14 Uhr gegenüber vom neuen Stall (V4). Au-         Soja sowie zu Sortendemonstrationen von
rung sowie Fütterungs- und Melkrobotik eine   ßerdem drehen sich viele Beiträge in den Fo-       Kartoffeln.
High-Input- und einer Low-Input-Milchvieh-    ren um das neue Trendthema.                        Hinzu kommen Versuche des Gladbacher­
herde verglichen werden. Poster zeigen die                                                       hofes, so ein bereits 24 Jahre laufender
Umweltwirkungen.                              Innovationen. Firmen und Landwirte zei-            ­Dauerfeldversuch zu unterschiedlichen Be-
                                              gen 20 Prototypen und Neuentwicklungen.             triebssystemen/Fruchtfolgen mit und ohne
Agroforst. Führungen und Poster auf den       So die Hackmaschine Photoheyler, einen              Viehhaltung (Luzernegras versus Hafer) so-
Flächen thematisieren die Kohlenstoffspei-    ­Solartraktor mit Elektroantrieb und ein G
                                                                                       ­ erät     wie vier verschiedenen Systemen der Grund-
cherung, mikroklimatische Effekte, Boden-      zum maschinellen Absammeln von Kartoffel-          bodenbearbeitung mit unterschiedlichen
erosion und weitere klimarelevante Aspekte     käfern und dessen Larven.                        ­Intensitätsstufen.

6    Innovations-Magazin
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
Klimakrise. Eine Klimarundgang demons-          Auf einen Blick                                landwirtschaftlicher Betrieb im Jahr 2050
triert in acht Bereichen und auf 20 Stationen                                                  aus? Welches Potenzial liegt in der Fütterung
die Herausforderungen der Klimakrise für die     28. bis 30. Juni 2022, 9 – 18 Uhr             mit Insekten? Welche Ernährungssysteme
Landwirtschaft und mögliche Lösungsansät-        Hessische Staatsdomäne Gladbacherhof,         brauchen wir in der Zukunft?
ze. Im Themenbereich Boden und Pflanze           Vilmar-Aumenau. Regionalbahn Aume-
messen Mitarbeitende der Universität Gießen      nau, Shuttle morgens und nachmittags          Kompost. Im Kompostforum können Besu-
beispielsweise Treibhausgase auf dem Acker,      vom und zum ICE-Bahnhof Limburg Süd.          cherinnen und Besucher sich über Praxis und
etwa, um die Klimarelevanz des Mulchgemü-        Tageskarte 19 €, ermäßigt 10 €, Kombi         neue Entwicklungen bei der Kompostierung
seanbaus zu bewerten. Ein Team des Landes-       mit den DLG-Feldtagen 28 €, Kinder            und Kompostanwendung informieren. Dabei
betriebs Landwirtschaft Hessen informiert        ­unter 12 Jahren frei. Online erhältlich      geht es zum einen um die verlustminimierte
mithilfe eines Planspiels zur Klimaberatung       unter www.messe-ticket.de/FIBL/              Kompostierung von Kleegras und Festmist.
von landwirtschaftlichen Betrieben. Auch die     OekoFeldtage2022. „Kulturprogramm“            Zum anderen wird die Qualitätssicherung
Agroforstflächen und der neue Milchviehstall     an den ersten beiden Tagen an 18 Uhr.         und Anwendung betriebsexterner Biogut-
sind Stationen im Rundgang. Daneben steht        Info: www.oeko-feldtage.de                    und Grüngutkomposte diskutiert. Einen wei-
das Klima auch im Forum im Mittelpunkt.                                                        teren Schwerpunkt bildet der Nutzen der
                                                                                               Komposte vor allem für Klimaresilienz, Hu-
Fachforen. Die fünf Foren drehen sich um                                                       musaufbau und Torfersatz. Auf dem Pro-
Pflanzen, Markt- und Politik, Zukunftsthe-      roforst sowie 100 % Biofütterung im            gramm stehen jeden Vormittag Führungen
men (organisiert von der Uni Gießen) sowie      ­ ittelpunkt. Der Mittwoch steht im Zeichen
                                                M                                              durch die Schauanlage mit kompostgedüng-
Tierhaltung (organisiert vom Landesbetrieb      politischer Podiumsdiskussionen: Zukunfts-     ten Parzellen und Poster-Demonstrationen
Landwirtschaft Hessen) und Biogut- und          kommission Landwirtschaft, Wasserschutz        sowie ein „Workshop Kompostqualität“ und
Grüngutkompost (Universität Kassel/Ingeni-      durch Ökolandbau sowie Carbon Farming.         an allen Nachmittagen Vorträge.
eurbüro für Sekundärrohstoffe, Abfall- und      Hinzu kommen Themen wie Landwirtschaft
Kreislaufwirtschaft).                           am Limit oder Nutztierhaltung der Zukunft,     Zum Schluss. Das Kulturprogramm lädt ab
Am Dienstag, dem 28. Juni stehen Themen         Stichwort Brudertiere. Am dritten Tag disku-   18 Uhr alle ein, den Tag bei Musik, Gesprä-
rund um nachhaltige Landwirtschaft und Ag-      tieren junge Leute Fragen wie: Wie sieht ein   chen und Tanz ausklingen zu lassen.

    STEKETEE KAMERASTEUERUNG IC-LIGHT

   EIN HIGHLIGHT AN PRÄZISION.
    Die intelligente Steketee Kamerasteuerung IC-Light ermöglicht es, ermüdungsfrei und exakt zu
    arbeiten – egal ob bei Tag oder Nacht. Das System übernimmt die Lenkung der Hackmaschine
    EC-Weeder zwischen den Reihen, minimiert so Kulturschäden und gibt Ihren Pflanzen dadurch
    viel Raum zum Wachsen.

    Die Integration der Marke Steketee in die LEMKEN Gruppe ermöglicht perfekt aufeinander
    abgestimmte Techniken für die Pflanzenpflege.

    UNSER ANTRIEB: IHR ERFOLG!

                Erfahren Sie mehr unter
                steketee.com
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
Innovations-Magazin                   Erfahrungen eines Umstellers

                                                                                   A
                                                                                            ls wir Manfred Fockenbrock und sei-

Entdeckergeist und                                                                          nen Sohn Henning das erste Mal tref-
                                                                                            fen, steht der erste Striegeleinsatz im
                                                                                   Frühjahr 2021 an. Der Winter war ungewöhn-

technisches Verständnis                                                            lich lang und streckenweise auch feucht.
                                                                                   Die Bestände sind mindestens zwei Wochen
                                                                                   zurück.
                                                                                   Die beiden Praktiker tasten sich mit dem
Eine Familie aus dem Münsterland hat vor drei Jahren auf                           Striegel nach und nach an die optimale Ein-
ökologischen Landbau umgestellt. Wir haben die Fockenbrocks                        stellung heran. „Am besten ist die Wirkung,
                                                                                   wenn wir haarscharf an Kulturschäden vor-
mehrmals beim Einsatz von Striegel und Hacke begleitet.                            beistriegeln“, hat Henning festgestellt. Teils
                                                                                   macht 0,5 km/h schon den Unterschied.
                                                                                   Wichtig finden beide, dass man Freude am
                                                                                   Experimentieren mitbringt und das Arbeits-
                                                                                   ergebnis regelmäßig kontrolliert.
                                                                                   Wir sind seitdem im regelmäßigen Kontakt
                                                                                   mit der Direktvermarkterfamilie aus Telgte
                                                                                   bei Münster. Sie haben erst zum Jahreswech-
                                                                                   sel 2019/20 auf Bio umgestellt. Diese
                                                                                   ­Produktionsweise ist für sie ein wichtiges
                                                                                    ­Verkaufsargument beim Absatz von Milch
                                                                                     und Milchprodukten in und um Münster.
                                                                                     Im Jahr 2021 begleiteten wir sie über die Sai-
                                                                                     son mit der Videokamera. Und auch im ak-
                                                                                     tuellen Jahr stehen einige Treffen an. Für die-
                                                                                     sen Beitrag fassen wir einige Erfahrungen
                                                                                     der Praktiker zusammen.

                                                                                   Ebenes Saatbett
                                                                                   ist entscheidend
                                                                                   Zurück zur Beikrautkontrolle im zeitigen
                                                                                   Frühjahr. Der Striegel hat 12 m Arbeitsbrei-
                                                                                   te und ist mit klassischen Federzinken aus-
                                                                                   gestattet. Das System reagiert recht empfind-
                                                                                   lich auf Bodenunebenheiten. Denn dann
                                                                                   arbeiten die Zinken unterschiedlich intensiv.
                                                                                   Ein möglichst ebener Boden ohne größere
                                                                                   Kluten ist daher Pflicht.
                                                                                   Im Frühjahr 2021 waren die Fockenbrocks
                                                                                   noch nicht restlos mit ihrer Bodenvorberei-
                                                                                   tung zufrieden. Deshalb rüsteten sie auf und
                                                                                   bestellten in der folgenden Saison das
                                                                                   ­Getreide mit einem Frontpacker, was einen
                                                                                    guten Effekt brachte.
                                                                                    Beim ersten Striegelgang arbeiten die Fo-
                                                                                    ckenbrocks grundsätzlich in Bestellrichtung.
                                                                                    Wenn das Wetter passt und die Bestände sich
                                                                                    gut etabliert haben, folgt der nächste Gang
                                                                     Foto: Höner

                                                                                    90° zu den Saatreihen. „Damit versuchen wir,
                                                                                    auch das Unkraut zwischen dem Getreide zu

                                                                           Henning Fockenbrock setzt sich intensiv
                                                                           mit den unter­schiedlichen Maschinen-
                                                                           einstellungen auseinander.

8   Innovations-Magazin
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2022 - DLG-Mitteilungen
Foto: Höner
erwischen.“ Ganz wichtig ist es, die Beikräu-
ter so früh wie möglich, also im empfindli-
chen Keimstadium zu packen. Gerade bei
wüchsiger Witterung müssen sie dazu stän-
dig unterwegs sein. „Wenn man sieht, dass
man Striegeln müsste, ist man meist schon
zu spät dran“, ist eine der Erfahrungen der
letzten Jahre.
Zunächst waren die Umsteller im Jahr 2021
mit dem Effekt von zwei bis drei Striegelein-
sätzen im Getreide zufrieden. Das sollte sich   Manfred (li) und Henning
aber im weiteren Verlauf ändern. Durch die       Fockenbrock haben auf
feuchte Witterung war 2021 im Münsterland          Bioanbau umgestellt.
ein echtes Grasjahr. Windhalm wuchs durch
und setzte der Gerste zu. Übrigens hatten
auch konventionelle Betriebe massive Pro­       Gespräch Mitte Mai ist Henning von dem bis-      Bei unserem Gespräch im Mai hatte sich der
bleme mit Gräsern.                              herigen Resultat angetan: Die Kultur wurde       Bestand beeindruckend gut entwickelt und
Manfred und Henning Fockenbrock planten         im Oktober mit 12,5 cm Reihenabstand ge-         schnell dichtgemacht. Die blühende Fläche
unter dem Eindruck zunächst, das Getreide       drillt. Das Saatgut kam als fertige Mischung.    gab zudem ein tolles Bild ab, fand der junge
künftig in 25 cm-Reihen anzubauen und ei-       Triticale hat darin einen Anteil von 100 kg/     Landwirt. Geplant ist, die Fläche zu dreschen.
nen zweiten Hackrahmen dafür anzuschaf-         ha, Erbsen kommen mit 25 kg/ha dazu. Die         Der Betrieb lagert das Erntegut dann entwe-
fen. Von der Idee verabschiedeten sie sich      Erbsensorte ist speziell für den Drusch ge-      der angesäuert ein oder vermarktet es direkt
aus Kostengründen wieder: „Unsere Getrei-       eignet. Die Kultur ist ohne Striegeleinsatz in   an einen Bio-Schweinebetrieb. Das stand
defläche gibt das nicht her, bei uns steht      den Winter gegangen. Durch den frühen            noch nicht endgültig fest. Mit einer anderen
Feldfutterbau mehr im Fokus.“ Ein separater     Wachstumsstart und günstiger Witterung           Sorte wäre auch eine frühere Ernte als GPS
Hackrahmen mit der passenden Ausstattung        konnten die Landwirte Anfang März 2022 mit       möglich.
hätte immerhin rund 15 000 € gekostet.          der Drillrichtung striegeln. Der zweite Durch-   Ein Schwerpunkt unserer Berichterstattung
                                                gang folgte im 90°-Winkel etwa zehn bis          im letzten Jahr war die Unkrautkontrolle im
                                                zwölf Tage später.                               Mais. Hier setzt der Betrieb neben dem Strie-
Boden schneller beschatten                      Erst nach Abschluss brachte der Betrieb Gül-     gel auf eine 6 m breite Hacke mit Kamera-
                                                le aus. Denn natürlich hinterlässt das Fass      lenkung. Das System funktioniert gut und die
Die Fockenbrocks entschieden sich anstatt       Spuren und die kann man beim Striegeln           Fockenbrocks sehen wenig Anlass zum Stra-
dessen, Getreide künftig im Gemenge mit         nicht gebrauchen. Henning Fockenbrock hat        tegiewechsel.
Erbsen anzubauen. Das Ziel: möglichst           außerdem beobachtet, dass sich die Erbse im      Allerdings ist den Praktikern auch im Mais
schnelle Beschattung des Bodens, um die Un-     Frühjahr recht schnell verrankt, was einen       die Bodenoberfläche noch nicht eben genug.
gräser besser zu unterdrücken. Bei unserem      späteren Striegelgang ausschließt.               Der Anbau läuft wie üblich im Münsterland:
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Innovations-Magazin                                        Erfahrungen eines Umstellers

                                                                                                         Foto: Höner
                                                   Der Betrieb setzt vor allem auf Striegel und Hacke.
                                                   Dazu muss das Anbausystem passen.
                                                                                                                       stand dadurch wahrscheinlich noch etwas
                                                                                                                       sauberer bekommen.“ Durch die tiefe Abla-
                                                           Trockene und windige Wetterlagen waren                      ge ist die Ackerbohne robust. Fahrgeschwin-
                                                           perfekt für den Striegeleffekt.                             digkeiten mit 5 bis 6 km/h waren in diesem
                                                           Anschließend kam die Hacke zum Einsatz. Die                 Jahr kein Problem. Bei 12 m Arbeitsbreite
                                                           Biolandwirte haben sie von der Maiseinstel-                 sorgt das für eine hohe Flächenleistung.
                                                           lung relativ einfach auf die 25 cm-Reihe um-                Der Biobetrieb hat sich außerdem relativ
                                                           gebaut. Normalerweise sind die Parallelo-                   kurzfristig im Frühjahr für den Anbau von
                                                           gramme mit fünf je 180 mm breiten                           Sonnenblumen entschieden. Bei unserem Ge-
                                                           Gänsefußscharen bestückt (außen jeweils                     spräch sind auch die Sonnenblumen bereits
                                             Foto: Höner

                                                           halbe Breite). Für die 25 cm-Reihe bauten                   gesät und aufgelaufen. Die Saat hat die 6 m-
                                                           die Fockenbrocks jeweils zwei der Schare aus.               Maisdrille des Lohnunternehmers im 75 cm
                                                           Das war mit etwas Schraubarbeit relativ                     Reihenabstand erledigt.
                                                           schnell erledigt.                                           Das ist nicht das Idealmaß, weiß Henning Fo-
Den Abschluss macht die achtreihige Drille                 Jetzt bearbeitet jedes Parallelogramm drei                  ckenbrock. Die Empfehlungen liegen eher
im Soloeinsatz. Die Drille hinterlässt kleine              Reihen. Es bleiben 7 cm Platz für die Kultur-               zwischen 37,5 und 60 cm. Bei größeren Rei-
Dämme und auch die Schlepperspuren blei-                   reihe, also 3,5 cm zu jeder Seite. Bisher hat               henabständen könnte der Bestandsschluss zu
ben sichtbar. Ideal wäre eine Bestellkombi                 das gut funktioniert. Dass sich jedes Paralle-              spät dicht machen, um Beikräuter noch in
aus Frontpacker, Kreiselegge und Einzelkorn-               logramm einzeln hydraulisch ausheben lässt,                 Schach zu halten. Der Betrieb hat sich aber
drille. Allerdings muss die Arbeitsbreite zur              hat sich auch bei diesem Einsatz wieder als                 trotzdem für den Standard-Maisabstand ent-
Hacke passen und 6 m breite Kombis in der                  absolut sinnvoll herausgestellt. Damit lassen               schieden, um die vorhandene Hacke direkt
oben beschriebenen Ausführung sind eher                    sich vor allem an schrägen Vorgewenden                      einsetzen zu können. Übrigens: Auch durch
selten. Deshalb planen die Fockenbrocks in                 oder an Keilen die Verluste deutlich reduzie-               Herausnehmen der entsprechenden Schare
diesem Jahr einen Walzenstrich nach der                    ren. Der Fahrer steuert das Ausheben per                    wären 37,5 cm nicht möglich gewesen, weil
Maissaat vor dem ersten Striegeln, um den                  Kippschalter von der Kabine aus, fast wie bei               sonst das Tastrad des Hackparallelogramms
Boden zusätzlich einzuebnen.                               einer Teilbreitenschaltung an einer Pflanzen-               über die Reihe rollen würde.
                                                           schutzspritze.
                                                           Wichtig ist die zeitliche Abfolge. Der Hacken-
Leguminosen und                                            einsatz muss rechtzeitig vor dem Maiseinsatz                Mit Untersaaten arbeiten
Sonnenblumen                                               abgeschlossen sein. Denn dann kommen die
                                                           ausgebauten Gänsefußschare wieder zurück                    Die Fockenbrocks wollen eine andere Strate-
Einige weitere Kulturen bereichern die                     an ihren Platz.                                             gie testen. Nach dem Striegeln folgt die Ha-
Fruchtfolge: Ackerbohnen, Lupinen und Son-                 Die Ackerbohne wächst unter anderem auf                     cke, je nach Bedarf auch mehrfach. Beim
nenblumen. Die beiden Leguminosen hat der                  einer neuen Pachtfläche, die vorher schon                   letzten Hackeneinsatz wollen sie dann eine
Betrieb mit 25 cm Reihenabstand gesät. Die                 länger biologisch bewirtschaftet wurde. Hier                Untersaat ausbringen, um Beikräuter zu
Bohnen wurden Mitte/Ende März gesät, die                   ist der Unkrautdruck erhöht.                                bremsen. Die Saat soll ein Pneumatikstreuer
Lupinen Mitte April. Rund drei Wochen nach                 Versuchsweise haben die Landwirte die Vor-                  übernehmen, der vom Nachbarn geliehen
der Aussaat konnten beide Kulturen jeweils                 gewende nach dem Hacken noch einmal ge-                     wird. Die Biolandwirte möchten erst Erfah-
gut gestriegelt werden. Vor allem die Acker-               striegelt, was einen besseren Effekt brachte.               rungen damit sammeln, bevor sie sich für ein
bohne hat das durch die tiefe Saat (4 bis                  Im Nachhinein wäre es gut gewesen, auch die                 eigenes Gerät entscheiden.
5 cm) gut vertragen. Auch die Lupine kam                   langen Bahnen noch mal zu striegeln, findet                 Im letzten Jahr waren die Bedingungen spe-
mit dem Striegel dank tiefer Wurzeln gut klar.             Henning Fockenbrock: „Wir hätten den Be-                    ziell: ein langer Winter mit spätem Start im

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Foto: Höner
                                                                                                     Alert“) anzuschaffen. Die Anlagen versorgen
                                                                                                     sich über Solarzellen selbst mit Strom. Hen-
                                                                                                     ning Fockenbrock kann das System per Han-
                                                                                                     dy-App steuern. Die Geräte besitzen Mikro-
                                                                                                     fone, mit denen sie die eingegebene
                                                                                                     Zielvogelart erkennen. Sie vertreiben die Vö-
                                                                                                     gel dann durch arttypische Geräusche, z. B.
                                                                                                     Warnlaute. Aktuell sind die Geräte z. B. auf
                                                                           Die Hacke ist mit einer   Saatkrähen eingestellt und senden dement-
                                                                           Kameralenkung ausge-      sprechend Krähengeräusche aus. Darüber
                                                                           stattet. Neben Mais       sind die Systeme so programmiert, dass sie
                                                                           soll sie in diesem Jahr
                                                                           erstmals auch Acker-      zweimal pro Stunde weitere Geräusche abge-
                                                                           bohne und Lupinen be-     ben, die ständig wechseln. Dadurch setzt kein
                                                                           arbeiten.                 Gewöhnungseffekt ein. Der Wirkbereich be-
                                                                                                     trägt etwa 250 m. Derzeit sind die Anlagen
                                                                                                     von 8 bis 20 Uhr aktiv. Der Zeitraum hat sich
Frühjahr. Dann folgte ein Wachstumsschub        kontrolle nie ein Verfahren nach Schema F            als passend herausgestellt. Zur anderen Zeit
durch Regen und Wärme. Die Einsätze bei         geben. Die Betriebe müssen bereit sein, sich         sind die Tiere nicht auf dem Acker.
der mechanischen Unkrautkontrolle folgten       schnell an die jeweiligen Rahmenbedingun-            Die Geräte kosten rund 2800 € pro Stück.
viel schneller aufeinander als eigentlich ge-   gen anzupassen.                                      Nach Erfahrungen von Henning Fockenbrock
plant.                                                                                               erzielen sie einen sehr guten Effekt. Seitdem
In diesem Jahr ist es genau umgekehrt. Der                                                           die elektronischen Vogelscheuchen im Ein-
März war ungewöhnlich warm und trocken.         Schäden durch Vogelfraß                              satz sind, haben die Landwirte jedenfalls kei-
Das bedeutete einen zeitigen Start und grö-                                                          ne Vogelschäden mehr entdeckt.
ßere Zeitfenster für die einzelnen Durchgän-    Ein großes Problem droht aktuell aus der             Sie hatten übrigens vorher verschiedene bio-
ge. Weil auch dem Unkraut das Wasser fehlt,     Luft: Die Schäden durch Vogelfraß stiegen in         logische Beizen ausprobiert – und waren von
ist der Druck insgesamt geringer, man muss      den letzten Jahren deutlich.                         deren Effekt durchgängig enttäuscht. Nach
nicht ständig fürchten, den richtigen Zeit-     Aktuell haben Tauben bei Fockenbrocks auf            Ansicht von Henning Fockenbrock sind die
punkt zu verpassen.                             einer Fläche viele Triebe der Sonnenblumen           Scheuchen aktuell das einzige zuverlässige
Der Boden ist trockener und teils härter. Das   abgebissen. Der Schaden geht in die Tausen-          Mittel gegen die Vögel. Wenn auf dem Acker
erschwert das Herausreißen und Verschütten      de. Auf einer Haferfläche zogen Dolen die            keine Gefahr mehr besteht, sollen die Anla-
der Unkräuter. Und natürlich kostet die Tro-    jungen Pflänzchen aus dem Boden – schein-            gen übrigens auf den Hof umziehen und die
ckenheit Ertrag.                                bar aus Langeweile, denn die gekeimten Kör-          Silos schützen. Das verbessert die Auslastung
Ein wichtiges Fazit ziehen die Fockenbrocks     ner hingen noch an den Pflänzchen.                   über das Jahr.
aus den letzten, sehr unterschiedlichen Jah-    Der Betrieb hat sich deshalb dazu entschie-
ren: Es kann bei der mechanischen Unkraut-      den drei elektronische Vogelscheuchen („Bird                              Guido Höner, top agrar
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Ökolandbau ist eine                                                                               Kreisebene variieren von 0,8 % in Cloppen-
                                                                                                  burg, Weser-Ems, bis 36 % in Miesbach,
                                                                                                  Oberbayern. Diese Extreme sind schnell er-

Frage des Standortes                                                                              klärt, bieten jedoch auch Überraschungen.

                                                                                                  Was hinter den Prozentzahlen steht.
                                                                                                  Miesbach bietet optimale Bedingungen für
Mehr als ein Drittel Ökoflächenanteil im Alpenvorland, weniger als 1 %                            Biomilchkühe: sehr wüchsiges Grünland bei
in Weser Ems: Auch der Ökolandbau hat seine regionalen Schwerpunkte.                              über 1 000 mm Niederschlag pro Jahr und
                                                                                                  mehrere etablierte Molkereien, die Biomilch
Pauschale Ausbauziele wie 30 % passen deshalb nicht überall. Gustav                               in der Region erfassen und gut bezahlen.
Alvermann und Conrad Thimm erläutern, warum das so ist.                                           Milch und Milchprodukte sind die umsatzbe-
                                                                                                  zogen mit Abstand größte Kategorie von Bio-
                                                                                                  lebensmitteln.

Ü
        ber den Ökolandbau wird in Öffent-      Eine Grundvoraussetzung ist zwar ganz             Cloppenburg gehört zur Region der inten-
        lichkeit und Politik (fast) immer       einfach: Der einzelne Landwirt muss wollen.       sivsten konventionellen Tierhaltung. Hier
        schwarz-weiß gesprochen. Das wird       Da gibt es eine große Bandbreite: von den         werden Flächen zur Gülleversorgung ge-
der Wirklichkeit jedoch nicht gerecht und hat   „Biohelden“, die sich selbst von widrigsten       braucht; die Pachtpreise für Acker liegen bei
Folgen: die Gefahr von Fehlern in der Um-       Umständen nicht abschrecken lassen, bis zu        über 1 000 €/ha. Das lässt sich mit einer flä-
setzung von Regelungen und Fördermaßnah-        denen, die Bio nur machen wollen, wenn sie        chengebundenen Produktion wie im Öko-
men nach dem Muster „gut gemeint, aber          damit den Betrieb wirtschaftlich sicherer für     landbau nicht erwirtschaften. Auf den klei-
leider voll daneben“. Das gilt besonders auf    die nächste Generation erhalten können. Un-       nen Bioflächen, die es dort gibt, werden
dem Weg zu ambitionierten pauschalen Zie-       ter den ersten Biopionieren waren viele           Biolegehennen und sonstiges Biogeflügel ge-
len wie 30 % Ökolandbau bis 2030 (Ziel der      »Überzeugungstäter«, die oft leuchtende Bei-      halten. Das Futter kommt überwiegend aus
Bundesregierung) oder 25 % (Ziel der EU-        spiele abgeben dafür, was mit Bio erreicht        den Ackerbauregionen Ostniedersachsens,
Kommission).                                    werden kann.                                      Schleswig-Holsteins und Sachsen-Anhalts.
Pauschale Ansagen sind nur sehr begrenzt        Je größer die Bioanteile an allen landwirt-       Dorthin geht Hühnertrockenkot (HTK) zurück.
geeignet, diese Ziele zu erreichen, denn sie    schaftlichen Betrieben, desto „normaler“          HTK ist aufgrund seiner Nährstoffdichte auch
sind für die eigentlichen Entscheider, die      werden jedoch die Erwartungen der Umstel-         über größere Entfernungen transportwürdig.
Landwirte, sehr abstrakt und weit weg von       lungsinteressenten. Mehr als die Leuchttür-       Das ist zwar nicht die reine Lehre vom Kreis-
ihrer konkreten praktischen Situation. Viel     me der Biohelden interessieren dann die na-       lauf auf dem Biohof, aber als überregionale
wirksamer wäre eine nüchterne Betrachtung:      türlichen und wirtschaftlichen Bedingungen        Kreislaufwirtschaft ist es ökologisch und öko-
Wo, wie und ob überhaupt ist eine Umstel-       für Anbau und Märkte. Die sind regional sehr      nomisch für beide Seiten eine Win-win-Situ-
lung auf Ökolandbau machbar und sinnvoll?       unterschiedlich. Die Bioflächenanteile auf        ation.

                                                                   Ausgeprägte Grünlandregionen bieten bessere Voraussetzungen
                                                                   für Öko als gute Ackerbau- oder intensive Veredlungsstandorte.
                                                                                                                                    Foto: landpixel
Weser-Ems: »Bei uns geht Bio
                                          nur mit Geflügel«.
                                          Bernd Wiese, Wildeshauser Geest (Niedersachsen).
                                          EU-Bio, 20 000 Legehennen, 70 ha (Sand, 35 BP),
                                          HTK-Verkauf, mehr als 1 000 € Pacht, Körnermais,
                                          Ackerbohnen, Getreide, neuerdings Winterraps.

                                                                                      Ökoflächenanteile
                                 Schleswig-                                           in den Bundesländern
                                  Holstein

                                  7,0%                       Mecklenburg-
                                                             Vorpommern

                                                              13,2%

                              Niedersachsen

                                 5,2%                                     Brandenburg

                                                      Sachsen-
                                                                          14,4%
                                                       Anhalt
           Nordrhein-
           Westfalen                                 9,3 %
           6,5 %                                                          Sachsen

                                               Thüringen                 8,1 %
                           Hessen               7,0%
   Rheinland-
                         15,9%
     Pfalz                                                                                   Uckermark: »Unter
  11,7%                                                                                      50 Bodenpunkten ist Bio
Saarland
                                                                                             bei uns zumeist im Vorteil«.
19,4 %                                                                                       Stefan Palme, Gut Wilmersdorf (Brandenburg).
                                                                                             1 125 ha Acker (20 – 69 BP), 350 €/ha Pacht in der
                                                          Bayern                             Region, Futter-Mist- und Futter-Gärrest-Kooperati-
                                                                                             on mit zwei Milchviehbetrieben. Luzernekleegras,
                          Baden-
                        Württemberg                    12,4 %                                Getreide.

                        13,7%

                         Alpenvorland: »Wenn die Nachfrage
                         weiter so wächst, können bei uns
                         noch viele umstellen«.                                                               Mehr dazu:
                                                                                                     dlg-mitteilungen.de/
                         Marlene Hupfauer, Warngau (Bayern). Kreisbäuerin Miesbach.                  mediathek/podcasts
                         55 Kühe, 42 ha Grünland, 1 300 mm/Jahr.

                                                                                                                 Innovations-Magazin        13
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                                                                                                                                  Foto: landpixel
                                                                                 In Südniedersachsen entsteht erst mit der Ver-
                                                                                 arbeitung von Biorüben ein gewisses Interes-
                                                                                 se am Ökolandbau. Einige Betriebe (wie im Bild
Hohe Pachtpreise: Das Beispiel Niedersachsen                                     das Klostergut Wiebrechtshausen der KWS) sind
                                                                                 allerdings schon lange damit „unterwegs“.
 Niedersachsen hat mit 5,2 % den niedrigsten Bioflächenanteil aller Bundes-
 länder. Aber westniedersächsische Bioeier sind deutsche Marktführer ebenso
 wie ostniedersächsische Biokartoffeln und Bioäpfel von der Niederelbe. Auch
 vielseitige Biobetriebe mit Milchvieh mit und ohne Kooperation mit Acker-       „Bio traditionell“ und die Realität.
 bauern und Gemüse, handwerkliche Käseverarbeitung für regionale Märkte          Wenn man „ökologischer Landbau“ googelt
 etc. finden wir in diesem Bundesland. Dort bewirtschaftet der durchschnittli-   und auf „Bilder“ klickt, so erscheint die Gra-
 che Biobetrieb mit 60 ha etwas weniger als sein konventionelles Pendant         fik eines landwirtschaftlichen Erzeugungs-
 (75 ha). 54  % der niedersächsischen Bioflächen sind Grünland (nur 27 %         systems, das an die Bauernhof-Romantik in
 Grünland insgesamt). Ziel der Landesregierung sind 15  % Bioflächenanteil       Kinderbüchern der 1960er Jahre erinnert. Es
 bis 2030. Das Ziel ist ambitioniert. Soweit die Statistik.                      bestehen vielfältige innerbetriebliche Nähr-
                                                                                 stoffkreisläufe, es kommen mindestens Kuh,
 Wie sieht es in den einzelnen Regionen aus? Das 30 %-Ziel scheint in            Schwein und Huhn vor, und neben Dauer-
 Niedersachsen – wenn überhaupt – nur im östlichsten Landkreis Lüchow-           grünland wird Ackerland in einer überaus
 Dannenberg möglich. Ackerbaubetriebe mit Beregnung können dort in Ko-           bunten Fruchtfolge bewirtschaftet. Im kras-
 operation mit Tierhaltung einfach umstellen, wenn (und weil) das Land nicht     sen Gegensatz dazu stehen die nackten Zah-
 zu teuer ist. Wenn dagegen die anderen Kreise 10 – 15 % Bioflächenanteil        len der modernen Lieferketten des ökologi-
 bis 2030 erreichen, wäre schon das eine Überraschung.                           schen Landbaues.
 Den Grünlandbetrieben im Norden fehlen die Wüchsigkeit des Grases               Rund die Hälfte der deutschen Biomilch
 (wie etwa im Alpenvorland) und nahe Kooperations-Ackerbaubetriebe.              stammt aus Bayern mit starkem regionalem
 Im Süden gäbe es Chancen in Kooperation mit der Tierhaltung, doch ist das       Schwerpunkt im Alpenvorland – Miesbach
 Land dort meist zu teuer.                                                       lässt grüßen. Knapp die Hälfte der deutschen
 Der Westen steht mit seiner intensiven Tierhaltung am Beginn eines großen       Bioeier und über ein Viertel der Biokartof-
 Transformationsprozesses. Wenn die Tierzahlen hier drastisch gesenkt und        feln und Bioäpfel stammen dagegen aus Nie-
 dafür höherwertige tierische Produkte (Haltungsklassen 3 und 4) erzeugt         dersachsen. Dort wiederum mit starker regi-
 würden, HTK und vielleicht separierte Gülle dorthin zurückgehen würden, wo      onaler Arbeitsteilung: Eier aus Weser-Ems,
 das Futter erzeugt wird, und schließlich auch noch Biogemüse erzeugt und        Kartoffeln aus Ostniedersachsen und Äpfel
 vermarktet werden, dann könnten auch hier die Flächenanteile gesteigert         von der Niederelbe. Dabei machen diese Bio-
 werden.                                                                         erzeugnisse jeweils nur ca. 3 % der jeweili-
                                                                                 gen konventionellen Kategorie in Nieder-

14    Innovations-Magazin
Farm Power                       Fusion Farming
                                                                                                                                     by Einböck
sachsen aus. Schließlich ist das Land mit        noch nicht zum Allge­meinwissen. Früh-
5,2 % das Schlusslicht bezüglich des Bioflä-     jahrstrockenheit, wie sie in ganz Nord- und           PREMIUMHACKSTRIEGEL
chenanteils.                                     überwiegend Ostdeutschland regelmäßig
                                                                                                                    AEROSTAR-FUSION
                                                 auftritt, ist für den Biogetreidebau eine rie-
Spitzenreiter Nordosten. Die nordöstli-          sige Heraus­forderung, weil im Mai, wenn
chen Bundesländer dagegen gehören mit            das Getreide seinen höchsten N-­Bedarf hat,
Bioflächenanteilen von 14,3 % (Branden-          durch die Trockenheit keine natürliche
burg) bzw. 13,1 % (Mecklenburg-Vorpom-           ­Mineralisierung stattfindet. Wasser bekom-
mern) zu den Spitzenreitern. Sie liegen bei-      men die Pflanzen noch aus tieferen Schich-
de noch vor Bayern (12,3 %). Extensive            ten, aber keinen Stickstoff mehr. Körner-
Rinderbetriebe auf relativ preisgünstigem         maisanbau kann eine Strategie sein, denn
Land spielen eine große Rolle. Aber auch hier     der hat seinen N-Bedarf deutlich später,
lohnt das genaue Hinschauen. In Branden-          wenn der Sommerregen auch in Nord-
burg entwickelt sich nach und nach eine re-       deutschland im Allgemeinen wieder für ge-
gionale Bioversorgung der Hauptstadtregion.       nügend Feuchte in der Krume sorgt. Hohe
In Mecklenburg-Vorpommern ­haben sich nie-        Niederschläge im Herbst und Winter, wie
dersächsische Geflügelspezialisten niederge-      sie vor allem im maritimen Klima in Nord-
lassen und Erzeugergemeinschaften gegrün-         deutschland häufig sind, erfordern wiede-        Infos, Fotos, Grafiken & Videos
det, weil sie hier das Land bezahlen und den      rum Vorkehrungen zur Vermeidung von N-               www.einboeck.at/fusion

Kreislauf Futter-Legehennen-HTK-Düngung           Auswaschungen.
auf dem eigenen Betrieb realisieren können.
Insgesamt aber ist die Tierhaltung in Ost-       Regionale Betriebsstrukturen. Regio-                       SPEZIALHACKGERÄT
deutschland in Bio genauso wie konventio-        nal gewachsene Betriebsstrukturen erge-                             CHOPSTAR-VERSO
nell gering vertreten.                           ben unterschiedliche Ausprägungen auch
                                                 des Biolandbaus. Realteilung hat zu klei-
                                                 nen Betrieben geführt. Sollen diese wirt-
Die „externen“                                   schaftlich überleben, werden intensivere
Einflussfaktoren                                 Betriebszweige wie Obst- und Gemüsebau
                                                 oder Direktvermarktung ausgebaut. Das
Klima, Boden. Die verschiedenen Faktoren         passt gut in Thünen‘sche Kreise um die Me-
für die Ausprägung des Biolandbaus spielen       tropolen und ins relativ dicht besiedelte,
regional ganz unterschiedliche Rollen. Bei       wohlhabende Baden-Württemberg.
den natürlichen Standortfaktoren ist die Be-     In intensiven Viehhaltungsgebieten ist der
deutung der Bodenart für Landwirte selbst-       Ökolandbau jedoch in der Klemme. Öko
verständlich. Im Biolandbau ist sie tenden-      lässt keine intensive Viehhaltung auf klei-
ziell noch höher als konventionell, weil der     ner Fläche zu, und die Pachten sind dafür
Aufwand, mit organischen Düngern einen           zu hoch. Das Gleiche gilt für Hochertrags-
schwachen Standort aufzubessern, größer          ackerstandorte wie Ostholstein oder die
und damit teurer ist als mit mineralischem       Lößbörden. Ökolandbau bietet sich eher für
Stickstoff. Dafür sind die Pachtpreise für ar-   die flächenstarken Betriebe in Ostdeutsch-
me Sandböden oft geringer und die Förde-         land an, zumal dort die Bedeutung der
rung wichtiger.                                  Ökoprämien umgekehrt proportional zu
                                                                                                  REIHENSÄGERÄT + FRONTTANK
Die Bedeutung der Klimaunterschiede für          den Produkterlösen je ha stehen.                  CHOPSTAR-SEEDER + JUMBO-SEED
den Biolandbau in Deutschland und hier be-
sonders die Niederschlagsver­teilung gehört      Marktstrukturen. Die Strukturen der auf-
                                                 nehmenden Hand prägen ebenso oft das
                                                 regionale Bild des Biolandbaus. Über Jahr-
Auf den Öko-Feldtagen präsent                    zehnte gab es zum Beispiel in Niedersach-
                                                 sen keine Molkerei für Biomilch. Das war
 Zusammen mit den DLG-Mitteilungen               ein großes Hindernis für die Ausweitung
 werden unsere Autoren auf den Öko-              des Ökolandbaus in dieser so bedeutenden
 Feldtagen den Stand C 13 „bespielen“.           Kategorie. Andererseits bestimmt die Dich-
 Mit ihnen können Sie das Ökoumfeld in           te und die Anliefermenge je Betrieb die
 den einzelnen Bundesländern diskutie-           Größe des Erfassungsgebietes einer Molke-
 ren. Es geht dabei nicht um Beratung,           rei.
 sondern um ein gegenseitiges „Geben             Die Packstellen und die Vermarktungsor-
 und Nehmen“.                                    ganisationen für Hühnereier, der zweit-
                                                 stärksten Biokategorie, sind konventionell

                                                                                                                 WWW.EINBOECK.AT
Innovations-Magazin                              Regionen

Flächenanteile und Vermarktung:
Wo sich bestimmte Muster zeigen
 Was konventionell zu auffallend rentabler Bewirtschaftung
 führen kann, ist üblicherweise im ökologischen Landbau unter­
 repräsentiert: Winterkulturen, Milch, Schweine. Kulturen oder Tierhaltun-
gen, die öko weniger Leistungsabfall zeigen oder einen besonderen Markt
finden, sind ­dagegen überproportional vertreten: Sommerblattfrüchte,

                                                                                  Foto: Frank Peters/stock.adobe.com
­Mutterkühe, ­Legehennen (Übersicht 1). Auch im Vergleich der Flächenanteile
von Dauergrünland und Ackerland zeigt sich dieser Zusammenhang.

Ein weiterer Faktor ist die Möglichkeit der Direktvermarktung.
­Welches Potential sich dahinter verbirgt, zeigt der Vergleich zweier Bundes-
 länder in Übersicht 2. Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern
 haben beim Bioflächenanteil vergleichbar hohe Zahlen. Die Gesamtbio­fläche                                            Berlin bringt zwar Ökonachfrage. Sie kann
                                                                                                                       aber aus dem Umland mangels Verarbeitungs-
verteilt sich allerdings im Nordosten auf gut 1 000 Biobetriebe und im Süd-                                            kapazität kaum gedeckt werden.
 westen auf 10 000. Ein Biobetrieb in Mecklenburg-Vorpommern ist knapp
 zehnmal so groß wie in Baden-Württemberg und hat sechsmal weniger Ein-
 wohner pro ha als mögliche Kunden. Es gibt dort zwar beachtliche Beispiele
 für die Direktvermarktung, vorzugsweise am Rand der größeren Städte. Das                                              wie „bio“ in Weser-Ems konzentriert. Auch
 Gros der Betriebe verzichtet allerdings darauf. Typisch ist eher die Bildung                                          die Futtermühlen. Bei den biozertifizierten
 straff organisierter Erzeugerorganisationen und Lieferketten.                                                         Schlacht- und Zerlegestätten mit mehr als
                                                                                                                       lokaler Bedeutung gibt es große Lücken vor
                                                                                                                       allem im Osten und der Mitte Deutschlands.
 Übersicht 1: Kulturen und Tierhaltungen                                                                               Auch das prägt das Bild von der regionalen
                                                                                                                       Erscheinung des Ökolandbaus.
 im ökologischen Landbau (Deutschland)*
                       Anteile < 10 %               Anteile > 10 %                                                     Preisrelationen. Aktuell erleben wir hohe
                                                                                                                       Energie- und Düngerpreise, hohe Produkt-
 LF                Ackerland      6,5 %     Dauergrünland                19 %                                          preise sowie eine Rückbesinnung auf die ur-
 Getreide          W-Gerste       1,8 %     Dinkel (geschätzt)           30 %                                          eigene Aufgabe von Landwirtschaft – die
                   W-Weizen       3,3 %     Hafer                        34 %                                          produktive Erzeugung von Nahrungsmitteln.
                                                                                                                       Für viele ist damit der Ökolandbau „vom
 Öl und            W-Raps         0,4 %     Sonnenblume                  27 %                                          Tisch“. Die Umstellungszahlen scheinen das
 Eiweiß                                     Soja                         30 %
                                                                                                                       zu belegen. Doch hat es immer wieder re-
                                            Lupine                       54 %
                                                                                                                       gelrechte Umstellungswellen gegeben.
 Hackfrüchte       Zuckerrübe     1,5 %     Gemüse                       13 %                                          2016 hatten niedrige Preise reihenweise
 und Obst          Kartoffel      4,1 %     Obst                         20 %                                          Milchviehhalter in die Umstellung getrie-
                                                                                                                       ben und das Ökoflächenwachstum deutsch-
 Kühe              Milchkühe      6,3 %     Mutterkühe                   27 %
                                                                                                                       landweit auf 15 %, dem mit Abstand höchs-
 Veredelung        Mastschweine   1,0 %     Legehennen                   13 %                                          ten Wert des Jahrzehnts. 2018 war der
 Quelle: AMI                              * % öko von gesamt – bundesweit 2020                                        Ackerbau „dran“.

 Übersicht 2: Potential für Direktvermarktung                                                                             Ausblick. Der Vermutung, dass sich bei
                                                                                                                       allgemein höheren Lebensmittelpreisen
                                    Mecklenburg-­            Baden-­                                                   nur noch wenige Verbraucher die teuren
                                    Vorpommern             Württemberg                                                 Ökoprodukte leisten werden, kann man
 Bioanteil an LF %                        13,2                    13,7                                                 drei Argumente entgegenhalten. Sie wer-
                                                                                                                       den die Zurückhaltung bei den Umstel-
 Biofläche in ha                        177 000                193 000                                                 lungsentscheidungen der Landwirte nicht
 Anzahl Biobetriebe                       1 071                  10 624                                                aufheben, sind aber beachtenswert.
                                                                                                                          „Intensive“ Landwirtschaftsmodelle sind
 ha pro Biobetrieb                        165                     18                                                   erstens von den immensen Kostensteige-
                                                                                                                       rungen besonders betroffen. Sie benötigen
 Einwohner ca. in Mio.                    1, 7                    10,7
                                                                                                                       die hohen Produktpreise – der Preisab-
 Einwohner/ha Ökofläche                    9,6                    55,4                                                 stand zum ökologisch erzeugten Produkt
 Quellen: AMI, BÖLW Ende 2020                                                                                          wird geringer. Hohe konventionelle Pro-
                                                                                                                       duktpreise ermöglichen es Umstellern

16      Innovations-Magazin
Fehlende regionale Verarbeitung:
                                                Das Beispiel Brandenburg
                                                 Brandenburg hat die ärmsten Böden und die geringsten Niederschläge in
                                                 Deutschland. Außerdem geringe Pachtpreise und mittendrin den kaufkräfti-
                                                 gen Markt Berlin. Neben den üblichen Discountern, Verbraucher- und
                                                 ­Drogeriemärkten, die alle mehr oder weniger umfangreiche Biosortimente
                                                 führen, und vielen kleineren Bioläden gibt es dort über 130 große Bio-
                                                 märkte, davon 55 Bio-Company Filialen und 49 denn’s Biomärkte – und a­ lle
                                                  wollen regionale Produkte. Da sollte Öko doch besonders gute ­Perspektiven
                                                  haben!?

                                                 Ein Dilemma ist aber: Die Brandenburger Betriebe wollen ihre großen
                                                 Bioflächen möglichst extensiv, das heißt am liebsten mit Mähdruschfrüch-
                                                 ten bewirtschaften. Die Berliner Märkte wollen dagegen regionale Bio­
                                                 produkte haben, außer ausgerechnet große Mengen an Mähdruschfrüchten.
 zweitens, die beiden Umstellungsjahre oh-       Auch bundesweit wird nur knapp ein Drittel der Biomähdruschfrüchte von
 ne Biovermarktung einfacher zu überbrü-         Menschen konsumiert, während zwei Drittel verfüttert werden. Und das
 cken. Und drittens haben bestimmte Acker-       bei relativ viel geringeren Acker- und Mähdruschfrüchteanteilen als in
 bauregionen in Deutschland die Chance,          Brandenburg.
 den bisher hohen Anteil importierter Bio-
 Futtermittel ein Stück weit zu ersetzen. Das    Ein zweites Dilemma: Es fehlen sowohl geeignete Erzeugungs- als auch
 gilt für Standorte mit der Option auf Soja,     Verarbeitungsstrukturen. Zwar gibt es Molkereien und Eierpackstellen für
 Sonnenblume und Körnermais.                     Bio, aber schon für Getreide gibt es seit der Insolvenz der Bioland Markt vor
                                                 Ort keinen überregionalen Händler mehr. Eine Schlachtung und Zerlegung
   Fazit. Regionale Standortfaktoren und         von Biorindern gibt es in größerem Maßstab nur in Mecklenburg und
 die jeweiligen Rahmenbedingungen für die        ­Sachsen. Bei Bioschweinen findet sie zwar im äußersten Nordwesten
 Landwirtschaft bestimmen das Wie, Wo             ­Brandenburgs statt, aber für den Süden des Bundeslandes liegt der nächste
 und Wieviel des ökologischen Landbaues.         Schlachthof wiederum in Sachsen.
 Hier und heute stagnieren die Umstel-           Die Herausforderung liegt also darin, erfolgreiche Prozesse mit allen
 lungszahlen, in nur kurz vergangener Zeit         ­Akteuren der Wertschöpfungsketten zu gestalten: den landwirtschaftlichen
 gab es Umstellungswellen. So „gemischt“             Erzeugern, die unter Umständen erst neue Kulturen lernen müssen, den
 dürfte es auch weitergehen.                     Bündlern, die in der jeweiligen Kategorie Erfahrungen und Vernetzungen
                                                    mitbringen, den Packbetrieben und Verarbeitern sowie den eigentlichen
        Gustav Alvermann und Conrad Thimm,          ­Vermarktern, die für die Listung und Platzierung im Einzelhandel sorgen.
                                   bio2030

VARIOFIELD DER INDIVIDUELLE

                                                                                    Der Variofield bietet eine universelle
                                                                                    Lösung für alle Arten und Reihen-
                                                                                    weiten des Hackeinsatzes.

                                                                                    •   Zweibalkiges Rahmensystem
                                                                                    •   Versetzter Klappstoß
                                                                                    •   Auswahl verschiedener Module
                                                                                    •   Jede Reihenweite realisierbar
                                                                                    •   Eigene Scharform

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Innovations-Magazin                                              Kleegras

Wieder zurück in
die Fruchtfolge?
Für spezialisierte Ackerbauern ist Kleegras eher ein Fremdwort.
Eine Kultur ohne eigenen Deckungsbeitrag, die gänzlich gegen
die betriebswirtschaftliche Optimierung steht? Gustav Alvermann
erklärt, warum sie auch im konventionellen Betrieb interessant
sein könnte und welche Voraussetzungen dafür nötig sind.

K
       ulturen, die die Fruchtfolge erweitern                    ment: „Ich muss Geld verdienen“. Nur bei
       und stabilisieren, aber im Einzelran-                     ganz versiertem Vorgehen gelingt ihnen das

                                                                                                                                        Foto: Alvermann
       king eher hinten stehen (wie die                          mittelfristig auch, z. B. in Weser-Ems auf sehr
Ackerbohne) können sich viele Landwirte                          teurem Land, bei guter Versorgung mit Hüh-
mittlerweile vorstellen. Aber eine Kultur ganz                   nertrockenkot und hohem Maisanteil, der die
ohne eigenen Beitrag?                                            technische Beikrautbereinigung begünstigt.
Im Biolandbau wiegen die Fruchtfolge-                            Ansonsten zwingen magere Kulturen (zu we-

                                                                                                                   1
vorteile des Kleegrases (für trockene, tief-                     nig Stickstoff) und Disteln (die hackt man               Bezahlbares Land. Eine Änderung in
gründige Standorte ist immer die Luzerne                         nicht weg) zu einer Kurskorrektur zu einem               der ackerbaulichen Vorgehensweise ist
mitgemeint) deutlich schwerer als im kon-                        nennenswerten Kleegrasanteil in produktiver              meistens erst zu erwarten, wenn die
ventionellen. Berät man Biobetriebe 20 Jah-                      Ausführung. Weniges lässt sich im Ökoland-        spezialisierten Betriebe die hohen Pachten
re nach der Umstellung, so geht es vornehm-                      bau pauschal sagen. Aber wer einen qualifi-       eben nicht mehr zahlen können. Regional las-
lich um Stickstoff und Unkraut. Und für                          zierten Kleegrasanbau auf die Beine stellt,       sen sich Fuchsschwanz oder Rapserdfloh
beide Herausforderungen hat ein Kleegras-                        biegt damit mit hoher Wahrscheinlichkeit auf      durch chemische Mittel kaum noch beeindru-
Fruchtfolgeelement überzeugende Antwor-                          die Erfolgsspur ein.                              cken. Haben sich Herbizid- oder Insektizid-
ten. Folgerichtig liegt der durchschnittliche                                                                      resistenzen auf einer Fläche bzw. in einer Re-
Fruchtfolgeanteil der auf der Internetseite                      Für konventionelle Berufskollegen ist das         gion erst festgesetzt, so ist die Ausbildung
www.bio2030.de aufgeführten Praxisbetrie-                        Anfreunden mit dieser Kultur noch schwie-         eines zweiten Pachtmarktes für Flächen zu
be zwischen 20 und 25 %. Manche Biobe-                           riger. Für sie war das Ausblenden solider         erwarten, die die sehr hohe Entlohnung nicht
triebe starten ohne Kleegras mit dem Argu-                       Fruchtfolgegesetze zum Überlebensprinzip          mehr zulassen. Und erst dann ist der Weg frei
                                                                 geworden. Bereits in den 1960er Jahren for-       für ein Umsteuern. Denn es gibt so manchen
                                                                 mulierten nachdenkliche Landwirte: „Gesun-        Weg, den Ackerbau vielseitiger und ökologi-
                                                                 de Fruchtfolge = kranker Betrieb“. Wollte         scher zu gestalten – aber kaum einen zu
                                                                 man ökonomisch mithalten, so musste man           grenzwertigen Pachtpreisen.
                                                                 sich dem Zeitgeist fügen und den Einsatz von

                                                                                                                   2
                                                                 Düngerstreuer, Spritze und Technik ganz                  Rentable Nutzung des Kleegrases.
                                                                 nach vorn stellen. Diese Situation hat sich bis          Die Universität Kiel setzt gerade ein
                                                                 heute im Grunde nicht geändert. Die regio-               ­Forschungsprojekt aufs Gleis, in des-
                                                                 nalen Pachtpreise als Maßstab für die mög-        sen Zentrum eine Verbundwirtschaft zwi-
                                                                 liche Wertschöpfung werden durch hoch spe-        schen Rinderhaltern und Ackerbauern steht
                                                                 zialisierte Betriebe geprägt: „Wir zahlen so      und die Reintegration von Kleegras in die
                                                                 hohe Pachten, weil wir es können“, heißt es.      Fruchtfolgen. „50 % weniger Pflanzenschutz,
                                                                 Für vorauseilenden Gehorsam in Sachen Bio-        weniger Mineraldünger, mehr Biodiversität
                                                                 diversität oder dem Absenken der chemi-           und fast gleiche Erträge“, avisiert Prof. Tau-
                                                                 schen Intensität bleibt dem einzelnen Unter-      be durch die Fruchtfolge Kleegras – Kleegras
                                                                 nehmer kaum Spielraum. Von daher gleicht          – Hafer (nach Ökostandard), gefolgt von
                                                                 das Nachsinnen über Kleegras in der acker-        Raps-Weizen-Gerste intensiv. Er spielt damit
                                               Foto: Alvermann

                                                                 baulichen Fruchtfolge einem Quantensprung         auf die Erfüllung von „Farm-to-fork“ an. Das
                                                                 in der Betrachtungsweise. In der Regel ge-        Kleegras wäre – wenn alles richtig läuft –
                                                                 schieht der nicht freiwillig. Zur Umsetzung       ähnlich preiswert zu erzeugen wie Welsches
Insbesondere die Folgeaufwüchse ab Mitte des                     dieses revolutionären Weges müssen einige         Weidelgras. Ökohafer nach Kleegras bringt
Jahres sorgen für ein großes Blütenangebot.                      Voraussetzungen zusammenkommen.                   (fast) so viel wie konventioneller. Dann wäre

18     Innovations-Magazin
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