Der Wirtschaftskammer Österreich - BAUEN UND WOHNEN 2020+ - WKO

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Der Wirtschaftskammer Österreich - BAUEN UND WOHNEN 2020+ - WKO
BAUEN UND WOHNEN 2020+
          Sekundärstudie

                WIFI Unternehmerservice
        der Wirtschaftskammer Österreich
Der Wirtschaftskammer Österreich - BAUEN UND WOHNEN 2020+ - WKO
WIFI Unternehmerservice der WKÖ                                                   Bauen und Wohnen 2020+

IMPRESSUM

Medieninhaber und Herausgeber:
WIFI Unternehmerservice der Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien
Projektleitung:
Mag. Claudia Scarimbolo, WIFI Unternehmerservice der Wirtschaftskammer Österreich
Text: Prof. (FH) Mag. Dr. Fiona Schweitzer, AHG Architekt DI Herbert Gsottbauer, Mag. Iris Gabriel
Gendering: Soweit in diesem Text personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, bezie-
hen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise.
Stand: Mai 2012
Bestellservice und Download: T 05 90 900-4522E unternehmerservice@wko.atW www.unternehmerservice.at

Das WIFI Unternehmerservice
ist ein Team des WIFI der Wirtschaftskammer Österreich. Es bereitet neue Themen auf, die für Unternehmen in Zu-
kunft wichtig werden. Zu aktuellen Themen werden Veranstaltungen und Publikationen angeboten. Im Mittelpunkt
steht das Entwickeln und Koordinieren von geförderten Beratungsprogrammen mit Kofinanzierungspartnern auf
österreichischer und europäischer Ebene. www.unternehmerservice.at

Die Studie ist Teil des Projektes „INNOVAL“ im Rahmen des Programms zur grenzüberschreitenden Kooperation
Österreich- Ungarn 2007-2013.

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Der Wirtschaftskammer Österreich - BAUEN UND WOHNEN 2020+ - WKO
WIFI Unternehmerservice der WKÖ                                                                                                         Bauen und Wohnen 2020+

Inhalt

VORWORT ................................................................................................................................................................................... 8

1        EINLEITUNG ...................................................................................................................................................................... 9

1.1          Hintergrund .................................................................................................................................................9

1.2          Zielsetzung und Methodik..........................................................................................................................10

2        ERGEBNISSE ................................................................................................................................................................... 11

2.1          Trend-Systematisierung .............................................................................................................................11

2.2     Smart Homes & Ambient Assisted Living ....................................................................................................13
   2.2.1 Gesundheit, Medizin und Ambient Assisted Living (AAL) ............................................................................. 14
   2.2.2 Komfort & Lifestyle....................................................................................................................................... 21
   2.2.3 Sicherheit...................................................................................................................................................... 26
   2.2.4 Zukunftsentwicklung Smart Homes Insgesamt ............................................................................................ 27

2.3     Nachhaltiges Bauen und Wohnen ..............................................................................................................33
   2.3.1 Energieeffizienz ............................................................................................................................................ 37
   2.3.2 Erneuerbare Energien und Mikro-Energie.................................................................................................... 41
   2.3.3 Nachhaltiger Lebensstil & Stadtkonzepte .................................................................................................... 46
   2.3.4 Lebenszyklusorientiertes Bauen ................................................................................................................... 48

2.4     Neue Bauprozesse .....................................................................................................................................54
   2.4.1 Modulares Bauen ......................................................................................................................................... 54
   2.4.2 Partizipation und neue Wohnformen........................................................................................................... 55
   2.4.3 Tendenzen in der Gebäudeplanung ............................................................................................................. 60
   2.4.4 Baurobotik .................................................................................................................................................... 61

2.5     Zukunft Altbau ...........................................................................................................................................64
   2.5.1 Altbau und Alterung ..................................................................................................................................... 67
   2.5.2 Urban Mining – Altbau als Rohstoffquelle ................................................................................................... 68

2.6     Innovative Baumaterialien und -technologien ...........................................................................................71
   2.6.1 Ökozement/-beton ....................................................................................................................................... 71
   2.6.2 Thermische Bauteilaktivierung (TBA) ........................................................................................................... 71
   2.6.3 Ton- und Lehmbasierende Trockenbauplatten und Innenputze .................................................................. 72
   2.6.4 Wärmedämmmaterialien ............................................................................................................................. 73
   2.6.5 Außenverglasung und Beleuchtungssysteme ............................................................................................... 74
   2.6.6 Weitere zukunftsfähige Baumaterialien und -produkte ............................................................................... 77

3        ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK .................................................................................................................... 80

4        LITERATURVERZEICHNIS .......................................................................................................................................... 82

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kondratieffzyklen – Wohlstand in langen Wellen (modifiziert übernommen von Allianz
Global Investors, 2010) ........................................................................................................................... 9
Abbildung 2: Systematisierung der Trends im Bereich Bauen und Wohnen (selbsterstellt) ................ 11
Abbildung 3: Smart Home Dimensionen (selbsterstellt) ....................................................................... 13
Abbildung 4: Bevölkerung nach Alter und Geschlecht, in den Jahren 2000 und 2050, in % der
Gesamtzahl aller Männer bzw. Frauen (modifiziert übernommen aus OECD, 2012) ........................... 14
Abbildung 5: Nutzen neuer Technologien aus Kundenperspektive (modifiziert übernommen aus
Pragnell et al., 2000).............................................................................................................................. 15
Abbildung 6: AAL Klassifikation (in Anlehnung an Ostermeier, 2009) .................................................. 15
Abbildung 7: Roboter Paro für emotionalen Austausch (Edwin, 2008; Senioren-Blogger, 2009) ........ 17
Abbildung 8: Roboter EI-E als Hilfe für bewegungseingeschränkte Personen (Technovelgy, 2008) .... 18
Abbildung 9: Pflegeroboter RI-MAN (Creutz, 2006) .............................................................................. 19
Abbildung 10: Bedeutung technischer Assistenzsysteme in der Altenpflege (BMBF, 2011) ................ 20
Abbildung 11: Zukunftsfelder technischer Assistenzsysteme im Pflegebereich (BMBF, 2011) ............ 20
Abbildung 12: Rosey, die mechanische Haushälterin der US Serie „The Jetsons“ in den 60er Jahren . 21
Abbildung 13: PR2 in der Modellküche der TU München (Kaufmann, 2011) ....................................... 21
Abbildung 14: Weltweites Marktpotential von Servicerobotern in Privathaushalten (modifiziert
übernommen aus IFR, 2011) ................................................................................................................. 22
Abbildung 15: Unsichtbare Technik ...................................................................................................... 23
Abbildung 16: Beobachtet uns der Fernseher eines Tages? Attention Tool® von iMotions (Neef et al.,
2011)...................................................................................................................................................... 24
Abbildung 17: Softwarebedienung durch Körperbewegung mit Kinect ............................................... 25
Abbildung 18: AR Brille von Google (Donath, 2012) ............................................................................. 25
Abbildung 19: Herausforderungen für Cloud Computing laut Expertenbefragung bei IT-Dienstleistern
(PriceWaterhouseCoopers, 2010) ......................................................................................................... 28
Abbildung 20: Galileo-Logo (EU, 2012) ................................................................................................. 29
Abbildung 21: Entwicklung der Realisierungsebenen des Internets der Dinge (selbsterstellt in
Anlehnung an Abicht et al., 2010) ......................................................................................................... 30
Abbildung 22: Spreizung der Lebenszyklen im Haus (Strese et al., 2010)............................................. 31
Abbildung 23: Bedarf an Gesamtlösungen (modifiziert übernommen aus Capgemini Consulting,
2011)...................................................................................................................................................... 32
Abbildung 24: Treibhausgasemissionen der EU 2009 im Vergleich zum Basisjahr (Eurostat, 2012) .... 33
Abbildung 25: Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoenergieverbrauch der EU im Jahr 2009
(Eurostat, 2012) ..................................................................................................................................... 34
Abbildung 26: Energieabhängigkeit der EU in % (modifiziert übernommen von Eurostat, 2012)........ 34
Abbildung 27: Weltweiter Energieverbrauch 2000-2050 (Shell, 2009) ................................................ 35
Abbildung 28: Zukünftige Herausforderungen beim Bauen (Wirth, 2012) ........................................... 36
Abbildung 29: Wichtige Themen im Bereich ökologisch Bauen (Wirth, 2012) ..................................... 37
Abbildung 30: Entwicklung der Heizintensität der Haushalte (Statistik Austria, 2012b) ...................... 37

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Abbildung 31: Verteilung des Jahresstromverbrauchs der Haushalte (Statistik Austria, 2009b) ......... 38
Abbildung 32: Durchführungsstatus von Energiesparmaßnahmen (Schweitzer, 2011a) ..................... 39
Abbildung 33: Beheizung in österreichischen Haushalten (Lang und Rohrer, 2011: auf Basis von
Daten von Statistik Austria) ................................................................................................................... 41
Abbildung 34: LEAF Smart Home (Nissan, 2011)................................................................................... 44
Abbildung 35: Toyota Smart Mobility Park – Plan & Realisierung (Viehmann, 2012; Insideline, 2012) 45
Abbildung 36: Energiezelle zur hauseigenen Energiespeicherung (Fronius, 2011) .............................. 46
Abbildung 37: The Windowfarms Project (Windowfarm, 2012) ........................................................... 47
Abbildung 38: Ökostadt Masdar (MasdarCity, 2012) ............................................................................ 48
Abbildung 39: Lebenszykluskosten (Girmscheid und Lunze, 2008) ...................................................... 49
Abbildung 40: Internationale Zertifizierungssysteme in Abhängigkeit voneinander (Ebert et al., 2010)
............................................................................................................................................................... 50
Abbildung 41: Die Europäische Investmentbank als Praxisbeispiel für BREEAM .................................. 51
Abbildung 42: Kriterien und Indikatoren verschiedener Zertifizierungssysteme im Vergleich (Ebert et
al., 2010) ................................................................................................................................................ 52
Abbildung 43: Zertifizierungskosten für Neubau (Büro & Verwaltung) (Ebert et al., 2010) ................. 53
Abbildung 44: Katharinum in Leipzig – ein Praxisbeispiel für Mischnutzung (Ebert et al, 2010) .......... 56
Abbildung 45: Neuwirths Konzept zu generationenübergreifendem Wohnen (Nextroom, 2012)....... 58
Abbildung 46: Czechs Wohnraumkonzept mit individuellem Anpassungspotential (Nextroom, 2012)58
Abbildung 47: Mehrgenerationenhäuser .............................................................................................. 59
Abbildung 48: Neues individuelles Wohnen? Photomontage von Filip Dujardin ................................. 60
Abbildung 49: Mittels eines parametrisches Programmierungstools (Bild links) wird z.B. ein Voronoi-
Diagramm in eine räumliche virtuelle Struktur verwandelt (Bild Mitte) und mit einem 3D Drucker ein
reales Modell erstellt (Bild rechts) ........................................................................................................ 60
Abbildung 50: Beispiele ressourcenschonender Konstruktionen ......................................................... 60
Abbildung 51: Rückbau mittels AMURAD-System (Bock, 2010) ........................................................... 61
Abbildung 52: Helixturm HT1 (Nerdinger, 2010)................................................................................... 62
Abbildung 53: Allegorie des Bauens einst und jetzt (selbsterstellt) ...................................................... 64
Abbildung 54: Personen in Privatwohnungen nach Bauperiode in Prozent in Ö (Statistik Austria, 2011)
............................................................................................................................................................... 65
Abbildung 55: Bevölkerungsprognose der EU bis 2030 (Berlin-Institut, 2008) ..................................... 66
Abbildung 56: Dachausbau 'monocoque' mit ausfahrbarem Balkon, Eichinger oder Knechtl, 1996 ... 68
Abbildung 57: Klassifikation kritischer Rohstoffe (European Commission, 2010) ................................ 69
Abbildung 58: Lichtlenksystem Lightcatcher ......................................................................................... 75
Abbildung 59: Simulation des Mikrospiegelfensters (Hildebrand, 2009) ............................................. 76
Abbildung 60: Zukunftsvisionen aus der Vergangenheit ...................................................................... 81

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Durchschnittliche Wachstumsrate der Primärenergie-Versorgung pro Jahr in Prozent, nach
Energieträgern, weltweit 1990 bis 2008 (BP, 2008) .............................................................................. 42

Abkürzungsverzeichnis
AAL                         Ambient Assisted Living
AR                          Augmented Reality
BIM-Software                Building Integrated Modelling Software
BREEAM                      BRE Environmental Assessment Method
DEC                         Desiccant Cooling System
DGNB                        Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen
EAVG                        Energieausweis-Vorlage-Gesetz
EIB                         Europäische Investmentbank
EPBD                        Energy Performance of Building Directive
EPD                         Environmental Product Declaration
ESA                         European Space Agency
ICE                         Institution of Civil Engineers
LBS                         Location Based Services
LED                         Licht emittierende Dioden
LEED                        Leadership in Energy and Environmental Design
LOHAS                       Lifestyle of Health and Sustainability
M2M                         Maschine zu Maschine
ÖGNI                        Österreichische Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft
OLEDS                       organische Leuchtdioden
R.O.D.                      Robotic Oriented Design
RFID                        Radio Frequency Identification
SAR                         Search and Rescue
TBA                         Thermische Bauteilaktivierung
TQB                         Total Quality Building
VOC                         Volatile organic compounds
WDV                         Wärmedämmverbund
WLED                        White Light Emitting Diodes

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Verwendetes Bildmaterial
Abb. 12: © robotamin.com
Abb. 15: © suedkurier.de/ratgeber/bauen_wohnen (Bild links), © artanova.de (Bild rechts)
Abb. 17: © xbox.com/de-DE/Kinect?xr=shellnav
Abb. 41: © Ingenhoven
Abb. 47: © mehrgenerationenhaeuser.de
Abb. 48: © Filip Dujardin
Abb. 49: © livecomponents-ny.com
Abb. 50: © Grimshaw ( Eden Project , Bild links & Waterloo Terminal, Bild Mitte ), © GMP ( Von
Gerkan, Marg und Partner, Hofüberdachung des Museums für hamburgische Geschichte)
Abb 53: © Plaisanter/ Flickr (Hampelmann), © Bandai (Roboterbausatz)
Abb. 56: © M.Spiluttini (Dachausbau 'monocoque')
Abb 60: © Jack E. Boucher (Bradbury Building) © Warner Bros Pictures (Bladerunner film still)

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Heute um die Trends von morgen kümmern

Die Zukunft beginnt jetzt - dementsprechend müssen wir uns schon heute um die Trends von
morgen kümmern. Das betrifft praktisch alle Bereiche des Lebens. Vorausschauen und langfris-
tig planen sind die Schlagworte für ein erfolgreiches Unternehmertum. Anders als die Politik, die
leider oft nur von Wahl zu Wahl denkt, müssen Unternehmen weiter nach vorne blicken - gerade
in einer sich so rasch verändernden globalen Wirtschaftswelt. Das gilt auch ganz Besonders für
die (Wohn)Baubranche, denn gerade hier gibt es regelmäßige Anpassungen und neue Richtli-
nien. Komfort, Lifestyle, Design, Sicherheit, Energieeffizienz oder Nachhaltigkeit sind nur einige
der Bereiche, die einem permanenten Veränderungsprozess unterworfen sind. Die hier vorlie-
gende Studie gibt einen umfassenden praxisnahen Überblick in den aktuellen Ist-Stand sowie
einen Einblick in die Trends der Zukunft, soweit sie heute schon absehbar sind.

Dr. Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ)

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1 Einleitung

1.1 Hintergrund

Fortschreitende Globalisierung, wachsende Komplexität und Dynamik von Märkten und Techno-
logien, kürzer werdende Produktlebenszyklen und steigender Kostendruck stellen Unterneh-
men in vielen Branchen vor wachsende Herausforderungen.

Manche Experten sprechen angesichts dieser Entwicklungen und der Einbrüche am Finanz-
markt, die auch zu wirtschaftlichen Einbrüchen in vielen anderen Branchen geführt haben, von
einem tiefgreifenden weltwirtschaftlichen Strukturwandel (Nefiodow, 2007).

Wirtschaftliche Krisen in bisher dominierenden Branchen, kombiniert mit technischen Innovati-
onen, führen laut Nikolai Kondratieff in Zyklen von rund 50 Jahren zu grundlegenden langfristi-
gen Veränderungen in den Wirtschaftsaktivitäten, die zur Verdrängung alter und zum Aufkei-
men neuer Branchen führen (vgl. Abb. 1). Am Beginn eines solchen neuen Zyklus, der von The-
men der Umwelt, Gesundheit und Biotechnik geprägt sein könnte, befinden wir uns vielleicht
schon heute (Allianz Global Investors, 2010).

                                                                                              ?

                  Abbildung 1: Kondratieffzyklen – Wohlstand in langen Wellen
                  (modifiziert übernommen von Allianz Global Investors, 2010)

Innovativer Wettbewerb und die Erschließung von Wachstumschancen auf neuen und sich ver-
änderten Märkten durch innovative Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle ermögli-
chen es Unternehmen, sich langfristig erfolgreich am Markt zu positionieren und auf strukturelle

                                                                                              9
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Umbrüche zeitgerecht zu reagieren. Ausgangspunkt für die Entwicklung durchsetzungsfähiger
Innovationen ist dabei die Identifikation und Analyse von technischen, gesellschaftlichen, ökolo-
gischen, ökonomischen und politisch-rechtlichen Trends und Veränderungen in der Unterneh-
mensumwelt (Vahs und Burmester, 2005).

Angesichts dieser Herausforderungen hat die WKÖ einen Prozess in Gang gesetzt, der mittel-
ständische Unternehmen und Großunternehmen bei der längerfristigen strategischen Innovati-
onsausrichtung begleiten soll. Davon sollen sowohl Innovationspioniere als auch Technologie-
folger profitieren.

Einen zentralen innovationsrelevanten Themenbereich stellen Visionen und Konzepte für das
Bauen und Wohnen in der Zukunft dar.

1.2 Zielsetzung und Methodik

Ziel dieses Berichts ist die Aufbereitung sekundäranalytischen Materials zum zukünftigen Bauen
und Wohnen mit Fokus auf Europa, insbesondere auf Österreich.

Dazu wurde eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt. Foresight-Studien, Zukunftsana-
lysen, Berichten und anderes Sekundärdatenmaterial zum Thema Bauen und Wohnen wurden
gesammelt, geordnet, zusammengefasst und analysiert.

Der vorliegende Bericht beinhaltet die wesentlichsten Ergebnisse und Erkenntnisse aus den vier
Themenblöcken Smart Homes, nachhaltiges Bauen, innovative Prozesse sowie innovative Mate-
rialien und Technologien.

Diese Sekundärstudie wurde von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in Auftrag gegeben
und im SPRINT Systematic Product Innovation Transfercenter der Fachhochschule (FH) Wels
unter fachlicher Unterstützung durch Architekt Herbert Gsottbauer (AHG) durchgeführt.

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2 Ergebnisse

2.1 Trend-Systematisierung

Zukunftsforscher der RAND Corporation haben in den sechziger Jahren großflächige Rohstoff-
gewinnung am Meeresboden, Roboter als allzeitbereite Haushaltsdienstboten, und eine perma-
nente Basis am Mars prophezeit (Eberl, 2011).

Die Zukunftsforschung kann Trends aufzeigen und dazu anregen, zu reflektieren, wie wir in Zu-
kunft leben wollen und welche Handlungen heute gesetzt werden oder vermieden werden müs-
sen, um zukünftige Entwicklungen in eine positive Richtung mitzugestalten. Neben technischer
Machbarkeit wird die Verbreitung von Innovationen und damit die Veränderung zukünftiger
Lebenswelten von den Bedürfnissen, Wünschen und Ängsten der Menschen ebenso wie von po-
litisch-rechtlichen, ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen beeinflusst (Vahs und
Burmester, 2005).

In diesem Bericht werden daher aktuelle Entwicklungen von Forschungsstätten und Unterneh-
men skizziert, aber auch die derzeitige Akzeptanz unterschiedlicher Technologien in der Bevöl-
kerung und Veränderungen in den Rahmenbedingungen. Diese Trends und Tendenzen werden
in den folgenden Kapiteln für die Bereiche 'Smart Homes', zukunftsfähiges Bauen, innovative
Bauprozesse und Materialien bzw. Produkte gegliedert dargestellt (vgl. Abb. 2). Dabei gibt es
Themen, wie Energieeffizienz, die in allen diesen Bereichen eine dominierende Rolle spielen.

     Abbildung 2: Systematisierung der Trends im Bereich Bauen und Wohnen (selbsterstellt)

                                                                                             11
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2.2 Smart Homes & Ambient Assisted Living

Smart Homes werden als private Wohneinheiten verstanden, in denen Geräte der Gebäudeau-
tomation (z.B. Heizung, Beleuchtung), Elektrohaushaltsgeräte (z.B. Weißware) und Multi-Media-
Geräte (z.B. Fernseher, Handy) „intelligent“, d.h. mit IT ausgestattet, sind. Diese Geräte unter-
scheiden sich von herkömmlichen Produkten durch drei Eigenschaften (Rijsdijk und Hultink,
2003):

       1) die Möglichkeit, mit anderen Geräten Informationen auszutauschen, also zu kommu-
       nizieren (z.B. Fotoübertragung von Kamera zu Computer)

       2) die Fähigkeit, flexibel auf äußere Impulse zu reagieren (z.B. eine Heizung, die sich je
       nach Außentemperatur selbständig ein- und ausschaltet)

       3) das Potential, autonome Entscheidungen zu treffen (z.B. aufgrund eines Nutzerprofils
       und des tatsächlichen Radioverhaltens des Nutzers, wählt ein Radio automatisch einen
       Sender und verändert diesen, wenn beispielsweise eine Werbeeinschaltung kommt und
       der Nutzer üblicherweise bei Werbung weiterschaltet).

                     Abbildung 3: Smart Home Dimensionen (selbsterstellt)

Ziel dieser sog. intelligenten Geräte ist es, die Bedürfnisse des Bewohners optimal zu befriedi-
gen, indem sie zur Sicherheit beitragen, den persönlichen Komfort steigern, der Unterhaltung
dienen oder Leistungen zur Verbesserung der medizinischen Betreuung und gesundheitlichen
Situation der Bewohner bereitstellen. In letzterem Zusammenhang können Smart House-
Komponenten einen besonderen Beitrag für ältere Menschen leisten und ihnen ermöglichen,
länger in ihrer eigenen Wohnung zu bleiben. Diese Aspekte werden in den folgenden Kapiteln
näher beleuchtet. Dabei wird sowohl der Status Quo umrissen als auch mögliche Zukunftsszena-
rien beschrieben. Auf das Thema Energieeffizienz, das im Zusammenhang mit Smart Homes
ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, wird im Abschnitt 2.3. „Nachhaltig Bauen und Wohnen“ ein-
gegangen (vgl. Abb. 3).

                                                                                              13
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2.2.1   Gesundheit, Medizin und Ambient Assisted Living (AAL)

Statistiken zur demographischen Entwicklung in Österreich, Europa und weltweit zeigen, dass
der Anteil älterer Personen an der Gesamtbevölkerung deutlich ansteigen wird. In Europa (EU
25) werden 2050 die Hälfte der Menschen älter als fünfzig Jahre und 30% über fünfundsechzig
sein (vgl. Abb. 4). Für Österreich ist die Prognose für 2050 mit einem erwarteten Anteil von
46,8% über fünfzigjähriger Männer und 51,3% Frauen über 50 den EU-Mittelwerten sehr nahe
(OECD, 2012).

 Abbildung 4: Bevölkerung nach Alter und Geschlecht, in den Jahren 2000 und 2050, in % der Ge-
        samtzahl aller Männer bzw. Frauen (modifiziert übernommen aus OECD, 2012)

Gleichzeitig ist in der „silbernen Generation“ der Wunsch nach einem individuellen, selb-
ständigen und selbstbestimmten Leben hoch. So wünschen sich 90% der Senioren in ihren
eigenen vier Wänden alt werden zu können (Joint Center for Housing Studies, 2000). Sogenannte
Ambient Assisted Living (AAL) Systeme, also intelligente Informations- und Assistenzsysteme,
die ein gesundes und unabhängiges Leben im Alter ermöglichen, könnten zukünftig dafür einen
Beitrag leisten.

Diesen optimistischen Erwartungen ist aber die Skepsis gegenüber Technik als mögliches
Hindernis entgegenzusetzen, die bei älteren Menschen deutlich kritischer ist als bei Jungen. So
ergibt eine Studie von Pragnell et al. (2000), dass an neuen Technologien für Haus und Wohnung
vor allem deren Potential zur Zeit- und Aufwandsreduktion bei der Hausarbeit geschätzt wird
(58% der Befragen sehen dies als wertvollen Beitrag), die Zustimmung mit steigendem Alter
allerdings abnimmt (vgl. Abb. 5). Aus diesem Grund vermuten manche Forscher, dass viele AAL-
Applikationen erst für die technikerfahrenere nächste Seniorengeneration interessant werden
(Ostermeier, 2009).

                                                                                             14
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                                Zustimmung zur Aussage: " Ic h mag Tec hnologien bei mir
                                    Zuhause, weil sie mir Zeit und Ar beit er spar en."

                Alt er 55 +         9%            32%                  20%                  27%                12%

              Alt er 45 - 54        14%                    44%                        18%               20%      4%

              Alt er 35 - 44         18%                     43%                          22%            12%     5%

              Alt er 25 - 34               28%                         45%                      13%           12% 2%

              Alt er 15 - 24               30%                        46%                         20%          10% 1%

                               0%                                      50%                                           100%

                     st immen st ar k zu    st immen zu   egal   st immen nic ht zu   st immen über haupt nic ht zu

                 Abbildung 5: Nutzen neuer Technologien aus Kundenperspektive
                       (modifiziert übernommen aus Pragnell et al., 2000)

AAL-Systeme können für Notfall und Früherkennung, Vorsorge, zur Unterstützung des Alltags
und als Hilfe für Helfer eingesetzt werden (Ostermeier, 2009). Diese Bereiche sind in Abb. 6
überblicksmäßig angeführt und werden in den folgenden Abschnitten detailliert dargestellt.

              Abbildung 6: AAL Klassifikation (in Anlehnung an Ostermeier, 2009)

Im Bereich Notfall und Früherkennung dienen AAL-Anwendungen zur Sammlung von Infor-
mationen über Alltagsaktivitäten und Gewohnheiten von Personen, um plötzliche oder schlei-
chende Abweichungen festzustellen. Wenn beispielsweise Personen nicht mehr regelmäßig es-
sen, zu wenig Flüssigkeit aufnehmen, das Haus tagelang nicht verlassen (piezoelektrische
Druckmatten zur Präsenzerkennung), können diese Anwendungen das rechtzeitig feststellen
und entsprechend Warnhinweise an Familienmitglieder oder betreuende Einrichtungen senden.
Angesichts der Variabilität des Tagesgeschehens, wird die akkurate Feststellung von Unregel-
mäßigkeiten im Tagesablauf allerdings noch eine Zeitlang eine Herausforderung für solche Sys-
teme bleiben (Accenture, 2004). Ein wenig einfacher haben es die Dienste, die den Gesundheits-
zustand mittels biometrischer Daten (z.B. Atem-, Herzfrequenz) überwachen und mit Pflege-

                                                                                                                            15
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diensten oder pflegenden Verwandten austauschen. Diese Entwicklungen hin zu elektronischen
Gesundheitsakten haben aber neben technischen auch noch infrastrukturelle und datenschutz-
rechtliche Probleme zu bewerkstelligen. In technischer Hinsicht wird intensiv an krankheitsspe-
zifischen AAL-Anwendungen gearbeitet, die z.B. in Form eines Messgürtels oder anderen mobi-
len Applikationen Bio-Daten des Trägers an Telemediziner übermitteln, die dann je nach Befund
mit den Patienten in Kontakt treten können. Einige Geräte ermöglichen auch die Selbst-
medikaton oder automatische Verabreichung von Medizin (z.B. optimierte Insulingabe bei Dia-
betes; Defibrillatoren, die durch automatische Schockabgabe Herzkranken helfen). Die Sensoren
können auch über Notfälle informieren und eine direkte Verbindung zu Rettungsdiensten her-
stellen (Ostermeier, 2009). Aktuelle Forschungsbestrebungen konzentrieren sich auf den Ein-
satz künstlicher Intelligenz und Data-Mining Technologien, um Geräte untereinander und mit
der Netzwerkinfrastruktur ohne Zutun des Bewohners interagieren zu lassen. Diese Technolo-
gien wurden auch bereits eingesetzt, um Veränderungen im Mobilitätsmuster (Bewegungsradi-
us, Schrittgeschwindigkeit) des Bewohners festzustellen, die frühe Hinweise für Demenz geben
(Cook, 2012). Fußböden und Gehstöcke werden mit Fallsensoren und automatischen Notrufsys-
temen ausgestattet, um bei Stürzen Alarm zu schlagen. In einigen Forschungsprojekten wird das
Alarmsystem mit einer automatischen Entriegelung der Wohnungstür verbunden. Insgesamt hat
die Automatisierung hier einen klarer Vorteil gegenüber dem konventionellen Hausnotruf, bei
welchem Senioren im Falle eines Notfalls einen Notrufknopf am Armband oder am Mobiltelefon
betätigen müssen. Auch der prinzipielle Nutzen solcher Notrufsysteme ist angesichts der hohen
Sturzgefahr im Alter außer Frage. Fraglich ist allerdings noch die technische Ausgereiftheit für
umfassende Notfälle. So könnten beispielsweise Fallsensoren versagen, wenn sich die Person
noch rechtzeitig auf einen Sessel retten kann und dort zusammenbricht oder dies in Dusch- oder
Badewanne passiert. In Kombination mit Vitalsensoren könnten diese Systeme besser funktio-
nieren. Dabei wird derzeit beispielsweise an einer Messstation im Schuh gearbeitet, welche die
Möglichkeit der Ganganalyse für Sturzerkennung und -warnung nutzt. Schwierig ist in diesem
Zusammenhang die Definition passender Schwellenwerte aus medizinischer Sicht, bei deren
Über- oder Unterschreitung Alarm ausgelöst wird. Sensoren könnten hier zudem auch unfall-
vorbeugend wirken, wenn jemand beispielsweise aufgrund schlechter Bio-Messwerte unmittel-
bar aufgefordert wird, sich niederzusetzen. Das Hauptaugenmerk derzeitiger Entwicklungen ist
dennoch auf unsichtbare Installationen gerichtet und weniger auf eine direkte Interaktion, ver-
mutlich weil gehofft wird, dass die Resistenz gegenüber technischen Innovationen geringer ist,
wenn diese weniger präsent und offenkundig sind (Ostermeier, 2009).

Eine weitere Anwendung sind diverse Vorsorgefunktionen, die zu körperlichem Training er-
muntern oder geistiges Wohlbefinden fördern, etwa durch die Förderung von Zufriedenheit und
sozialer Interaktion sowie durch Demenztrainings (Ostermeier, 2009).

Um den Problemen mangelnder sozialer Kontakte und der Vereinsamung entgegenzuwirken,
werden derzeit interaktive Werkzeuge auf den Markt gebracht, die älteren Menschen erlauben,
trotz räumlicher Trennung stärker in das Geschehen von Familienmitgliedern oder Freunden
eingebunden zu sein. Einfache Anwendungen sind der digitale Austausch von Fotos und Videos
oder das Teilnehmen an Erlebnissen via Webcam oder Video-Conferencing Tools. Neben dem
virtuellen Austausch mit realen Personen stellt auch der emotionale Austausch mit leblosen Ob-
jekten ein Anwendungsfeld dar. So werden mit künstlicher Intelligenz ausgestatte „Spielzeug“-
Roboter, die ältere Menschen dazu anhalten, sich um sie zu kümmern und mit ihnen zu reden,

                                                                                             16
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immer stärker weiterentwickelt und sollen zukünftig Gesichtszüge und Stimmungslagen inter-
pretieren können und somit gezieltere emotionale Interaktion ermöglichen (Accenture, 2004, Yu
et al., 2012). In diesem Zusammenhang sorgte der Robben-Roboter Paro (vgl. Abb. 7) vor einigen
Jahren für Aufregung, der schwer Kranken und alten Personen Ablenkung, Entspannung, Unter-
haltung und freundschaftlichen Austausch bieten soll. Er erkennt bis zu 50 verschiedene Stim-
men, dreht seinen Kopf auf Zuruf und nimmt wahr, ob er grob angefasst oder gestreichelt wird
(Edwin, 2008). Roboter-Blumen, die zum Gießen und zum Unterhalten auffordern, sollen Ältere
zudem dazu ermuntern, Aufgaben wahrzunehmen und durch die geistige Anregung der Demenz
entgegenwirken (Abicht et al., 2010; Senioren-Blogger, 2009).

                     Abbildung 7: Roboter Paro für emotionalen Austausch
                            (Edwin, 2008; Senioren-Blogger, 2009)

Anzumerken ist hier, dass bei allen potentiell positiven Wirkungen dieser Systeme, ein zwi-
schenmenschlicher empathischer Kontakt mit sozialer Verbundenheit nicht ersetzbar ist (von
Stösser, 2011). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der älteren Menschen,
die mit Familienanschluss leben, in Europa sehr stark divergiert. Während in Griechenland, Ita-
lien oder Polen zwischen 40% und 60% der Älteren so leben, sind es in Deutschland, Österreich
und Großbritannien nur rund 20% und in Schweden unter 1% (Soprano, 2007).

AAL-Systeme zur Unterstützung des Alltags sind derzeit erst in relativ einfacher Ausführung
realisiert. So kann das Wiederfinden verlegter Gegenstände (Mobiltelefon, Schlüssel) mittels
RFID-Chips (Radio Frequency Identification) unterstützt werden. Ähnlich können Erinnerungs-
funktionen, beispielsweise Mediakamenteneinnahme-Erinnerungen, in einem integrierten Bad-
spiegel angebracht werden (Accenture, 2004), realistischer aber als Handy Service-Funktionen
bereitgestellt werden. Diese Entlastung des Gedächtnisses durch solche Gadgets kann aber kont-
raproduktiv für die Erinnerungsleistung sein (Ostermeier, 2009). Hier setzen IT-gestützte Ge-
dächtnistrainings an, die besonders der Demenzvorbeugung dienen. Erwähnenswert sind im
Bereich des Erinnerungstrainings auch nicht IT-basierte Alternativen, beispielsweise das
Memobil, das von section.a art.design.consulting und dem Architektenteam Gaupenraub gestal-
tet wurde. Das ästhetisch ansprechende und für räumlich-technische Anforderungen in Pflege-
heimen optimierte Möbelstück ist mit einer Vielzahl vertrauter Gegenstände befüllbar, dient der
Erinnerung und dem Informationsaustausch und soll dem Abbau kognitiver und sozialer Fähig-
keiten bei Demenzpatienten entgegenwirken (Memobil, 2012).

                                                                                            17
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 Abbildung 8: Roboter EI-E als Hilfe für bewegungseingeschränkte Personen (Technovelgy, 2008)

Systeme, die umfassendere Unterstützung bei Alltagsaufgaben bieten, in Form von Aufsteh-,
Anzieh-, Wasch- oder Kochassistenzen und so selbständiges Wohnen alter Personen verlängern
können, sind in absehbarer Zeit noch nicht kommerziell einsatztauglich, beschränken sich auf
Einzelaufgaben und konzentrieren sich auf Roboterapplikationen. So bringt der Roboter EI-E
(vgl. Abb. 8) Gegenstände auf die mit Laserpointer gezeigt wird, hat aber noch Schwierigkeiten,
wenn Gegenstand und Untergrund ähnliche Farbe haben. Der Roboteranzug HAL dient als Geh-
hilfe (Ostermeier, 2009). CARE-O-Bot kann Getränke mit einem Greifarm reichen und vorpro-
grammierte Botengänge ausführen (von Stösser, 2011). Der mobile Indoor-Roboter ARTOS
(Autonomous Robot for Transport and Service) ist ein Konzept, das mehrere Aufgaben bewälti-
gen soll. So kann der Roboter hinter einer Person nachfahren, kleine Gegenstände von ihr entge-
gennehmen und - mit kollisionsvermeidenden Sensoren ausgestattet - selbständig transportie-
ren. Zudem kann er Notfälle evaluieren, indem er bei festgestelltem Sturz Sprechkontakt sucht,
durch Analyse der Gesichtsdurchblutung auf den Gesundheitszustand rückschließt und erst ge-
mäß Befund Alarm schlägt. Letztere Funktion soll die hohe Fehlalarmquote (rund 50% der Not-
rufe) bei alternativen Notrufsystemen reduzieren. Technische (z.B. auch Gesichter auf an der
Wand hängenden Fotos werden als Gesichter gewertet; Lichteinfall erschwert Gesichtserken-
nung) und praktische Hürden (Stolpergefahr; niedrige Abstellfläche durch eine Bauhöhe von
30cm, die für bewegungseingeschränkte Personen schwer zu erreichen ist) stehen dem kom-
merziellen Einsatz allerdings noch entgegen (Ostermeier, 2009).

Als Hilfe für helfende Angehörige oder professionelle Pfleger können AAL-Funktionen die
Pflegedokumentation erleichtern, auf Verschlechterungen frühzeitig hinweisen und Entlastung
bei schweren körperlichen Arbeiten bieten. Zur Unterstützung oder Abnahme des Hebens von

                                                                                            18
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Patienten und der Nahrungsverabreichung wird in erster Linie an Robotern gearbeitet, einer der
ersten Prototypen war der japanische Pflegeroboter RI-MAN (vgl. Abb. 9). Er kann Bewegungen
erkennen und melden, Lasten bis 70kg hochheben und acht verschiedene Gerüche erkennen
(Creutz, 2006). Solche Pflegeroboter, die vielleicht in 20 bis 30 Jahren markttauglich sind, könn-
ten nicht nur für den Pfleger, sondern auch für den Gepflegten Verbesserungen bringen, da diese
Personen derzeit aus Zeit- oder Kraftmangel seitens der Pfleger zu selten vom Bett in den Roll-
stuhl und wieder zurück gelegt werden. Zudem verspricht man sich durch den Einsatz von AAL
für Pflege und Pflegedokumentation mehr Zeit für zuwendungsorientierte Pflege. Ob die gewon-
nene Zeit für die menschliche Interaktion mit den Alten genutzt werden würde, bleibt allerdings
abzuwarten (von Stösser, 2011).

                        Abbildung 9: Pflegeroboter RI-MAN (Creutz, 2006)

Insgesamt erwarten Zukunftsstudien ein hohes Marktpotential für AAL, Strese et al (2010),
deuten ein Marktpotential im Mrd-€-Bereich allein für Deutschland an, führender Markt ist
Großbritannien. Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Frühjahr
2011 gemeinsam mit dem VDI/VDE/IT eine Expertenbefragung (Pflegedienstleister und For-
schungseinrichtungen) durchgeführt, aus der ersichtlich ist, dass insgesamt technischen Assis-
tenzsystemen für die Zukunft der betreuten Pflege hohe Relevanz zugestanden wird (vgl. Abb.
10).

                                                                                               19
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     Abbildung 10: Bedeutung technischer Assistenzsysteme in der Altenpflege (BMBF, 2011)

Wie aus Abb. 11 ersichtlich, werden besonders Notrufsysteme, Systeme zum kommunikativen
Austausch und Austausch zwischen Pflegendem und Gepflegtem, sowie alltagsunterstützende
Systeme als bedeutend angesehen (BMBF, 2011).

   Abbildung 11: Zukunftsfelder technischer Assistenzsysteme im Pflegebereich (BMBF, 2011)

                                                                                             20
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2.2.2   Komfort & Lifestyle

                                         Smart living wird in Bezug auf Komfort und Lifestyle
                                         stark mit Servicerobotern verbunden. Serviceroboter
                                         sind automatisierte und frei programmierbare Bewe-
                                         gungseinrichtungen die zur Verrichtung von Leistun-
                                         gen für Menschen und Einrichtungen dienen und kön-
                                         nen in Haushaltsroboter, Unterhaltungsroboter und
                                         Assistenzroboter unterteilt werden (Abicht et al.
                                         2010).

                                         Haushaltsroboter werden als Stand-alone Lösungen
                                         angeboten, die vom Nutzer selbständig in Betrieb ge-
                                         nommen werden können. Derzeit konzentrieren sich
   Abbildung 12: Rosey, die mechani-     diese Lösungen auf Staubsaug- und Rasenroboter, die
  sche Haushälterin der US Serie „The    2010 einen mengenmäßigen Anteil von 96,9% respek-
      Jetsons“ in den 60er Jahren        tive 2,5% am weltweiten Haushaltsrobotermarkt hiel-
                                         ten (IFR, 2011).

Überwachungsroboter sind noch auf professionelle Inbetriebnahme ausgerichtet und finden
erste Anwendung im Gewerbebereich.

Assistenzroboter sollen nach einer professionellen Inbetriebnahme einfach bedienbar sein und
Haushaltstechnik und -geräte aktivieren, steuern und deaktivieren (z.B. Herd abdrehen, Heizung
steuern, Unterhaltungselektronik aktivieren). Ein kommerzieller Einsatz wird in drei Jahren
erwartet.

Humanoide Roboter, die ebenfalls professio-
nell in Betrieb genommen werden müssen,
sollen hochkomplexe Services bereitstellen
können (z.B. Wäschetrommel ausräumen,
Tisch decken, Haushaltsgeräte holen, Kochen)
(Abicht et al., 2010). Derzeit wird an ver-
schiedenen Plattformen geforscht, eine be-
liebte ist PR2 (Personal Roboter Two) von
Willow Garage. An der TU München wurde
                                                  Abbildung 13: PR2 in der Modellküche der TU
ein PR2 so programmiert (vgl. Abb. 13), dass
                                                          München (Kaufmann, 2011)
er Popcorn zubereiten kann - allerdings noch
ein zeitintensives Unterfangen. Ein solcher Roboter würde heute rund 300.000 € kosten, die
Marktattraktivität ist also noch nicht gegeben (Breuer, 2012). Derzeit fließen aber hohe Investi-
tionssummen in die Entwicklung dieser Technologien, so werden 2013 zwei von sechs europäi-
schen Roboterinitiativen je eine Milliarde Euro für das Vorantreiben ihrer Projekte erhalten, die
u.a. neurobiologische Forschungen mit der klassischen Logik der Künstlichen Intelligenz ver-

                                                                                              21
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knüpfen (Breuer, 2012). In 10 Jahren sollen erste humanoide Roboter marktreif werden (Abicht
et al., 2010).

Neben Haushaltsrobotern (insbesondere Staubsaug-, Rasenroboter), die mit einer weltweiten
Absatzmenge im Jahr 2010 von 1,45 Mio. Stück (278 Mio. €) den größten Serviceroboter Bereich
ausmachen, stellen Unterhaltungsroboter (Spielroboter, Hobby-Systeme) mit 753.000 abgesetz-
ten Stück (+31% zum Vorjahr, 120 Mio. €) in 2010 einen weiteren wichtigen Bereich dar (IFR,
2011).

Einfache Serviceroboter sind also bereits heute im Einsatz und stellen mit einer weltweiten Ab-
satzmenge von 2,2 Mio. Stück (+35% zum Vorjahr) im Jahr 2010 und einem Umsatz von 406
Mio. € (+39% zum Vorjahr) einen hochattraktiven Markt dar, auch wenn er Branchenerwartun-
gen nicht ganz gerecht wird; Schätzungen von IFR/VDMA gingen für die Jahre 2009-2012 von
einer Absatzmenge von 11,6 Mio. Systemen aus (IFR, 2009). Für 2011-2014 wird nach wie vor
euphorisch die Installation von 14,4 Mio. Servicerobotern prognostiziert (vgl. Abb. 14), davon
9,8 Mio. Haushaltsroboter (Marktvolumen 3,2 Mrd. €) und 4,6 Mio. Unterhaltungsroboter (0,8
Mrd. €) (IFR, 2011).

                                       Roboter für Privathaushalte
                            Absatzmengen 2009 und 2010 - Prognosen 2011-2014
                 10.000
                  9.000
                  8.000
                  7.000
            Stück in tsd.

                  6.000
                  5.000
                  4.000
                  3.000
                  2.000
                  1.000
                      0
                                 Haushaltsroboter         Unterhaltungsroboter

                                     2009    2010   2011 - 2014

        Abbildung 14: Weltweites Marktpotential von Servicerobotern in Privathaushalten
                           (modifiziert übernommen aus IFR, 2011)

Neben Servicerobotern sind vor allem die Vernetzung einzelner Haushaltsgeräte und deren
zentrale Steuerung über eine Kurzdistanz-Fernbedienung aber auch die professionelle Fernwar-
tung oder der Nutzerzugriff über mobile Endgeräte (smart phone, tablet PC) Themen von Smart
Living.

Die Bestrebungen im Bereich smarter Technologien gehen generell in zwei Richtungen. Einer-
seits in eine Unterstützung bzw. Erweiterung der Entscheidungsmöglichkeiten des Nutzers
durch teilautonome Systeme. Andererseits durch eine Übernahme und Abnahme von Arbeiten
und Entscheidungen durch selbstlernende, vollautomatisierte Systeme. Vollautomatisierung ist
also nicht einfach als ein Mehr an Automatisierung im Vergleich zu teilautomatisierten Systemen

                                                                                            22
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zu verstehen, sondern weist auch Unterschiede im Rollenverständnis von Mensch und Maschine
auf. Dies wird exemplarisch anhand eines intelligenten Heizsystems beschrieben.

Bei intelligenten Heizsystemen können heute standardmäßig gewisse Nutzerprofile (z.B. Wo-
chenende, Party, Urlaub) vorprogrammiert werden. Zukünftig könnten die Systeme in Form
teilautomatisierter Lösungen eine erhöhte Kontrolle durch den Nutzer ermöglichen, indem
dieser das Haus sowie einzelne Komponenten jederzeit und von jedem Ort aus überwachen und
steuern kann. So könnte der Nutzer nach Verlassen der Wohnung von unterwegs überprüfen, ob
er auch alle Fenster geschlossen sowie Licht und Herd abgedreht hat. Gespräche mit Personen
bei der Gegensprechanlage könnten trotz Abwesenheit über Handy geführt werden. Haustiere
können mittels Rovio, einem mobilen Roboter mit integrierter Webcam, Internet- und Audio-
verbindung, beobachtet werden. Bei der Rückreise vom Urlaub kann er die Heiztemperatur
rechtzeitig hochdrehen oder die Kaffemaschine von unterwegs in Gang setzen. Dem Backrohr
kann zugerufen werden, dass es sich vorheizt. (Harper et al., 2008). Teilweise sind solche Lösun-
gen, deren Sinnhaftigkeit stark variiert, im Hochpreissegment bereits realisierbar, für eine brei-
tere Anwendung werden Optimierungen hinsichtlich Kosten und Bedienerfreundlichkeit not-
wendig sein. Zudem ist der tatsächliche Mehrwert für Konsumenten bei manchen Lösungen zu
hinterfragen, beispielsweise bei intelligenten Kühlschrankcontrollern, auf dem Nachrichten für
Familienmitglieder und Einkaufslisten erstellt werden können, um Einkäufe online durchzufüh-
ren (Glasberg und Feldner, 2008).

Als vollautomatisierte Lösung würde das intelligente Heizsystem selbstlernend und angepasst
an Tageszeiten, Jahreszeit, externe Licht- und Temperaturverhältnisse sowie individuelle Wär-
mebedürfnisse der Nutzer die ideale Raumtemperatur bereitstellen. Durch Koppelung an Prä-
senzmelder könnte die Temperatur automatisch abgesenkt werden, wenn eine Person das Haus
verlässt oder sich ausschalten, wenn die Fenster geöffnet werden. Ebenso können die Fenster
automatisch geschlossen werden, wenn der Nutzer das Haus verlässt, was energiesparende und
sicherheitstechnische Vorteile hat (Abicht et al., 2010). Angedacht wurden auch schon Körper-
temperatursensoren, die automatisch, je nach der Körpertemperatur des Bewohners, Air-
Conditioning und Heizung regulieren (Pragnell et al., 2000).

                               Abbildung 15: Unsichtbare Technik

Im Bereich der Unterhaltungselektronik zeichnen sich „smarte“ Lösungen durch raum- und ge-
räteübergreifende Vernetzung (z.B. Verwendung elektronischer Geräte wird zu einer bestimm-

                                                                                               23
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ten Uhrzeit in gewissen Räumen (Kinderzimmer) deaktiviert; interaktiver Kochassistent der
aufgrund von verfügbaren Lebensmitteln Rezeptvorschläge, Gesundheitsinformation oder Ein-
kaufsvorschläge bereitstellt) und Integration in Baukörper oder Möbel (z.B. Verschwinden von
Lautsprechern oder TV-Geräten in Möbeln wie in Abb. 15) aus (Harper et al., 2008). Die Integra-
tion von Technologie in Möbel führt nicht nur dazu, dass in Wohnräumen Technik zukünftig
vielleicht weniger dominant präsent ist, mehr in den Hintergrund tritt und neue Kombinationen
von Möbeldesign und Technik mit der Hoffnung auf ästhetisch interessante Lösungen kreiert
werden, sondern könnte auch Fortschritte im Bereich Wohnkomfort und Lebensqualität mit sich
bringen. So könnten elektromechanische Flachlautsprecher zukünftig zur aktiven Schallredukti-
on eingesetzt werden, indem sie primären Lärm aufnehmen und ein Gegensignal aussenden, um
den Lärmpegel zu reduzieren (Abicht et al., 2010).

Entwicklungen im Bereich der Unterhaltungselektronik, die für Smart Homes relevant sind, sind
dreidimensionales Fernsehen (3d-TV), Fernsehen über Internet (IPTV) sowie on-Demand Ap-
plikationen für Videos, Pod casts oder Audiodateien. Beispielsweise existieren in Deutschland
2.700 Webradios und Radio-APPs stoßen auf hohe Akzeptanz (Mebucom, 2010).

                                    Services wie Last.fm, das 2002 in Großbritannien gegründet
                                    wurde und 37,3 Millionen Unique Visitors pro Monat im
                                    Jahr 2009 verzeichnete, unterstützen dabei über intelligen-
                                    te Algorithmen Nutzer bei der Auswahl passender Radio-
                                    programme entsprechend ihrer musikalischen Vorlieben
                                    (Heyer, 2009). Ähnliche Konzepte die Nutzergewohnheiten
  Abbildung 16: Beobachtet uns      und Medienhistorien entsprechend verknüpfen, werden im
  der Fernseher eines Tages? At-    Bereich TV erwartet. Lässt beispielsweise das aktuelle Surf-
    tention Tool® von iMotions      verhalten zum Thema China auf entsprechende Reiseabsich-
         (Neef et al., 2011)        ten schließen, schlägt der Fernseher Filme und Reportagen
                                    zu dem Thema vor. Das Beobachten könnte sich nicht nur
auf das Such- und Switchverhalten beschränken, sondern sich mittels ins Fernsehgerät integrier-
te Sensoren auch auf Augenbewegungen, Körperhaltung und Mimik während der Nutzung aus-
weiten (vgl. Abb. 16). So könnte der Fernseher lernen, was uns langweilt und was uns gefällt
oder interessiert. Dieses Eindringen in die Privatsphäre wird aber voraussichtlich vielen Nut-
zern suspekt sein, selbst wenn die Nutzung dieser Information für Marketing und Marktfor-
schung datenschutzrechtlich unterbunden wird (Neef et al., 2011).

Der Umsatz mit Unterhaltungselektronik belief sich allein in Deutschland im Jahr 2011 auf 25,8
Mio. € (+5,2% zum Vorjahr), wobei die drei größten Produktgruppen mit jeweils rund 6 Mio. €
Umsatz TV-Displays (-4,4% zum Vorjahr), Telekommunikation (+34,2% zum Vorjahr) und IT
(+3,7%) sind (GfU, 2011). Das starke Wachstum im Bereich Telekommunikation ist auf die Nach-
frage nach Smartphones zurückzuführen, das Wachstum im Bereich IT auf Tablet PCs.
Smartphones und PDAs verzeichneten 2008 eine Marktgröße von weltweit 45 Mrd. € und der
Markt wird in den nächsten Jahren weiterhin stark wachsen (Giles, 2011; Ofcom, 2011).

2010 haben die Deutschen durchschnittlich 223 Minuten pro Tag ferngesehen und nutzten dafür
zunehmend Computer und mobile Endgeräte. Dabei nimmt die Zahl der Multi-Media-Tasker,
also von Personen die Web und TV gleichzeitig und parallel nutzen, zu und wird auf rund 22%

                                                                                             24
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der Europäer geschätzt (Neef et al., 2011). Analog zu diesem Trend wird erwartet, dass 2015
rund 500 Mio. internetfähige TV-Geräte abgesetzt werden, die es erlauben vertiefende Informa-
tion via Internet zu erhalten oder sich per Video-Chat mit Freunden auszutauschen oder aktiv an
TV-Diskussionen zu partizipieren. In Form von Embedded Advertising kann die Vernetzung
von der Industrie genutzt werden, um Product Placement in Filmen an weiterführende Informa-
tionen und Kaufmöglichkeiten zu koppeln (Neef et al., 2011).

              Abbildung 17: Softwarebedienung durch Körperbewegung mit Kinect

Videospiele (Konsolen und Software) stellten 2011 in Deutschland einen Markt von 1,8 Mio. €
dar, der gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig (-2,6%) war (GfU, 2011). Weltweit wurden
2010 500 Mio. Spiele verkauft und Branchenexperten gehen von einem Spielboom aus und
rechnen mit einem Branchenumsatz von 112 Milliarden US-Dollar für 2015 (Giles, 2011). E-
Sport, Online-Gaming und Spiele für mobile Endgeräte aber auch Serious Games, also interaktive
Lern- und Weiterbildungsspiele liegen im Trend (Abicht et al., 2010). Softwarebedienung durch
Körperbewegung ist bereits voll einsatzfähig und erfreut sich großer Beliebtheit. So wurden von
Microsoft Kinect für Xbox (vgl. Abb. 17) 60 Tage nach Einführung im November 2010 bereits 8
Mio. Stück verkauft und fand Aufnahme ins Guinness Buch der Rekorde, weil sich bisher kein
anderes Konsumgut ähnlich schnell verkauft hat (Giles, 2011). Systeme zur Gestensteuerung
könnten kombiniert mit mobilen Endgeräten die traditionelle Fernbedienung für TVs ablösen
                                          (Neef et al., 2011) und insgesamt im Smart Home Be-
                                          reich zukünftig verstärkt zur Anwendung kommen.
                                          Zur Anwendungserleichterung wird neben Sprach-
                                          steuerung und Steuerung durch Körperbewegung
                                          auch an Steuerung durch Hirnsignale geforscht
                                          (Abicht et al., 2010). Ebenso lassen Augmented Reali-
                                          ty (AR) Anwendungen, wie die derzeit in Entwicklung
                                          befindliche AR Brille Project Glass von Google (vgl.
                                          Abb. 18) erwarten, dass zukünftig vermehrt Lösungen
                                          auf den Markt kommen, in denen virtuelle und reale

                                                                                            25
  Abbildung 18: AR Brille von Google
           (Donath, 2012)
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