Gedenke. johann. grenzenlos. steiermark 1-2/2009 - Erzherzog Johann
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Ganz weit weg einen Blick d´rauf werfen, langsam sich der Sache nähern, sich der Aussagekraft des Gesehenen bewusst werden, und dann ganz tief eintauchen. Eintauchen in die Steiermark und zugleich das, was sie besonders macht, emporheben, aufzeigen und für das Heute und Morgen festhalten. Darin finden sich Vom steirischen die steirischen berichte, die zurückblicken auf über 50 Jahre Geschichte. Von den steirischen berichten zum steirischen Kleider machen Leute, sagt ein Aphorismus. Das mag zu einem Teil wohl stimmen. Auch wir haben sie herausgeputzt, die steirischen berichte. Doch halt, achten Sie vielmehr auf Inhalte. Sie sprechen mit Ihnen, regen Ihre Gedanken und Fantasien an, zeichnen fantastische Abenteuer im Kopf. Das, ja genau das, wollen wir erreichen, mit jeder Ausgabe, die wir Ihnen gerne nach Hause bringen Vom und Sie damit einladen, auch in naher Zukunft sie weiterhin zu lesen, die steirischen berichte.
All~Tag zu den steirischen berichten Geschichte hat er geschrieben, Geschichten werden über ihn geschrieben. Er, der steirische Prinz, Prinzen hat uns inspiriert. Seinen Gedanken haben wir aufgenommen für dieses und für künftige Hefte. Sie finden es im Blattinneren, in den Texten und Bildern, im gesamten Auftritt der steirischen berichte. Innovation, das ist, wofür Erzherzog Johann und das neue Kleid dieses Magazins stehen. Innovationsgeist des Prinzen zu neuen Kleidern
8 15 52 Foto: L and Steiermark Foto: Steiermärkisches L andesarchiv Foto: Suppan 5 Vorwort von Kurt Jungwirth 21 Die Erben des steirischen Prinzen 34 Erzherzog Johann und die Eisenstraße Familiengeschichtliche Gerhard Sperl gedenke. Seitenblicke auf die Nachkommen 36 Tunnelbau auf Österreichisch Erzherzog Johanns 6 Erzherzog Johann: Stationen seines TU Graz und Montanuniversität Peter Wiesflecker Lebens im Überblick Leoben - gemeinsamer Lehrgang Silvia Renhart 24 Wenn Gott mit mir, was gegen Gertraud Hopferwieser mich? 7 Steiermark 2009: Erzherzog Johann 38 Architektonische Spuren Der Brandhofer und sein Glaube – - Ein Gedenken und ein Bedenken, Martin Müller ein Interview mit Ururenkelin Silvia Renhart Maria Cäcilia Trauttmansdorff 40 Die Kammermaler des Erzherzogs Gertraud Schaller-Pressler Bettina Messner 8 Erzherzog Johann 09 Interview mit dem steiermark. 42 Erzherzog Johann und die 1. Landeshauptmann-Stellvertreter (Volks-)Musik Hermann Schützenhöfer 26 Dynamischer Wirtschaftspolitiker, Eva Maria Hois Gerald Gölles Reformer und Motor des Fortschritts 44 Die Steiermärkische Landesbibliothek Erzherzog Johann aus der Sicht der Christoph H. Binder 10 Termintipps Wirtschafts- und Sozialgeschichte, zum Erzherzog-Johann-Jahr Gerald Schöpfer grenzenlos. 12 Geist & Gegenwart 28 Innovation auch in turbulente 45 Im gemeinsamen Interesse handeln Pfingst-Dialog 27. bis 29. Mai 2009 Zeiten – Interview mit Gestern wie heute Herausforderung auf Schloss Seggau, Leibnitz LR Christian Buchmann Sabina Cimerman 13 Erzherzog Johann 30 Der „steirische Prinz“ 46 Erzherzog Johann Wein und auf Schritt und Tritt und seine Bauern – Überlegungen Kulturreise Claudia Pronegg-Uhl abseits von Idealisierungen und johann. 47 Gradec – Marburg Ideologisierungen 14 Der Mensch „Johann“ Hans Putzer 48 Was geschah jenseits der Silvia Renhart steirischen Grenzen? wissenschaft. Kurt Jungwirth 15 Eure kaiserliche Hoheit – theurer, kunst. 50 Andreas Hofer liebster, bester Mann. Monika Mader Anna Plochl und Erzherzog Johann kultur. Elke Hammer-Luza 52 Der Zufall machte ihn zum 32 „Joanneischer Geist“ Prinzen der Steirer 18 „Gerichte mit Geschichte“ und die Gegenwart Patrizia D’Alessandro Hildegard Giselbrecht 33 Die Pflanzenwelt im Trockenen 54 Vier Frauen und ein Zugereister 20 Bücherecke Kurt Zernig Corinna Steinert Titelbild: Erzherzog Johann am Hochschwab Foto: J. Koinegg, L andesmuseum Joanneum, Neue Galerie Graz am L andesmuseum Joanneum
gedenke. johann. grenzenlos. steiermark. Erzherzog Johann 2009 „Gott kann die Geschichte nicht ändern, Historiker können es.“ Dieser Satz gilt nicht nur für Geschichtsforscher, das lässt sich in Jubiläumsjahren, die derzeit beliebt sind, leicht beobachten. Je näher die vergangenen Ereignisse noch sind, umso mehr mischen sich die Heutigen in die Foto: Jungwirth Vergangenheit ein. Fakten werden nicht nur zusammengetragen, sie werden je nach jetzigem Wissen und neuen Interessen auch interpretiert und dargestellt. Die Versuchung ist groß, moralisierend Geschichte zu schreiben. Es ist erstaunlich, wie genau manche Leute wissen, was man vor 30, 50, 100 oder mehr Jahren nicht hätte tun dürfen und was man hätte tun müssen. Solchen Sittenrichtern muss man mindestens zwei Überlegungen sagen. Erstens sollten sie keineswegs sicher sein, dass sie selber damals im Sinne ihrer heutigen Ratschläge gehandelt hätten, und zweitens ist es möglich, dass eine nächste und übernächste Generation wütend auf unser heutiges Agieren sein wird. Was wir heute mit zeitgeistiger Überzeugung für gut und richtig halten, kann in 50 Jahren als ein Bündel grober Verirrungen dastehen. 150 Jahre nach seinem Tod wird in der Steiermark Erzherzog Johanns gedacht. Es ist wohl kein Irrtum, ihn als eine außergewöhnliche Persönlichkeit in einer außerordentlich bewegten Epoche zu verstehen. Aus unserer heutigen Sicht war jedenfalls seine frühe Zeit von Personen und Ereignissen in Europa geprägt, die auf längere Sicht die Welt veränderten. Persönlich hätte er sich sein Leben vermutlich leichter und angenehmer einrichten können, als er schließlich selber wollte. Dass ihn, den Fremden, Ereignisse und Entschlüsse in die Steiermark verschlugen, war wohl eine glückliche Fügung für das Land. 1959 gab es im Joanneum eine Gedächtnisausstellung für den Erzherzog im Stil einer ehrfürch- tigen Huldigung. 1982, 200 Jahre nach seiner Geburt, wurde er in der großen Landesausstellung auf Schloss Stainz in weitere Horizonte gerückt. So stellten wir damals Büsten des steirischen Prinzen in Wien, in Frankfurt und in Florenz auf. Es wird interessant sein, wie das Jahr 2009 Erzherzog Johann sieht. Das vorliegende Heft der steirischen berichte soll Anregung zum Nach- forschen und Nachdenken bringen. Kurt Jungwirth Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Die „steirischen berichte“ sind Steirisches Volksbildungswerk ein Organ des Volksbildungswerkes. Obmann: Prof. Kurt Jungwirth Geschäftsführer: Kamillo Hörner Wer Abonnent werden will … Redaktionsteam: ZVR-Zahl: 968800187 … hat es leicht! Die „steirischen Mag. Gerald Gölles (Chefredakteur), berichte“ kosten Dr. Gertraud Schaller-Pressler, Bankverbindung: im Jahr als Abo nur 15 Euro. Dr. Silvia Renhart, Raiffeisenlandesbank Steiermark, Mag. Eva Heizmann, Graz, Tummelplatz, Beziehen können Sie das Abo Dr. Gernot Peter Obersteiner Kontonummer: 7 27 28, im Steirischen Volksbildungswerk, Bankleitzahl 38000 8010 Graz, Herdergasse 3. Layout und Bildbearbeitung: Telefon 0 31 6 / 32 10 20 Anita Schöberl, Hart bei Graz Schauen Sie ins Internet, dort finden Fax 0 31 6 / 32 10 20-4 Sie Näheres über uns. office@volksbildungswerk-stmk.at Druck: Medienfabrik Graz www.steirische-berichte.at
gedenke. Erzherzog Johann – Stationen seines Lebens im Überblick 1782 Johann Baptist wird als 13. Kind des 1819 Gründung der Steiermärkischen Großherzogs Leopold von Toskana und seiner Landwirtschaftsgesellschaft. Begegnung Gattin Maria Ludovika in Florenz geboren mit Anna Plochl. (20. Jänner). 1820 Protektorat über den Steiermärkischen 1790 Leopold II. übersiedelt als Nachfolger seines Musikverein. Bruders, Kaiser Josef II., mit seiner Familie 1822 Erwerbung eines Radwerkes in Vordernberg. nach Wien. Beginn der Förderung der steirischen Eisen- 1792 Tod der Eltern (Vater 1. Feb./Mutter 15. Mai), industrie. Ankauf des Weingutes Pickern bei Johanns älterer Bruder Franz besteigt Marburg. den Thron. 1828 Ankauf eines Grundstückes in Graz. 1796 Beginn der militärischen Ausbildung. Ein Gründung der Wechselseitigen Brandschaden- Ausflug nach Mariazell bringt Johann zum Versicherungsanstalt. ersten Mal in die Steiermark. 1829 Trauung Erzherzog Johanns mit Anna Plochl 1800 Die Vorbereitung der Volksbewaffnung führt auf dem Brandhof. zur Bereisung Tirols. Übernahme des Armee- 1832 1. Gewerbe- und Industrieausstellung in Graz. kommandos. Niederlage bei Hohenlinden. 1833 Errichtung des landwirtschaftlichen Anna-Plochl-Dirndl, 1803 Weitere Reisen durch die Steiermark, Versuchshofes in Graz. Festtagstracht, gefertigt Besteigung des Hochschwabs, Besuch von 1836 Erzherzog Johann wird zum Feldmarschall im Steirischen Vordernberg und des Erzbergs. ernannt. Heimatwerk 1804 Aufbau des Verteidigungssystems von 1839 Erzherzog Johanns Sohn Franz wird geboren. Foto: Toni Muhr Innerösterreich und Tirol. Erster Besuch in 1840 Kauf von Schloss und Herrschaft Stainz. Graz. Erste Begegnung mit Andreas Hofer. Gründung der Montanschule in Vordernberg. 1805 Übernahme des Armeekorpskommandos 1842 Die Familie bezieht das Palais in Graz. Beginn in Tirol. Befohlener Rückzug der Armee nach des Baues der Eisenbahn Mürzzuschlag–Graz. Innerösterreich. Friede von Preßburg. Tirol 1843 Gründung des Historischen Vereines für geht verloren. Innerösterreich. 1807 Ankauf des Schlosses Thernberg (NÖ). 1844 Schloss Schenna in Südtirol angekauft. Eröff- Beginn seiner naturwissenschaftlichen und nung der Eisenbahnlinie Mürzzuschlag–Graz. landwirtschaftlichen Studien. 1845 Gründung der Realschule in Graz. 1808 Tätigkeit im Kriegsministerium. Aufbau der Gründung des Montanistischen Vereines für Landwehr in Innerösterreich. Innerösterreich in Vordernberg. 1809 Johann leitet als Armeekommandant die 1848 Ankauf des Blechwalzwerkes Krems in militärischen Operationen in Oberitalien. der Weststeiermark. Erzherzog Johann eröffnet Sieg bei Sacile. Befohlener Rückzug bis als erster Kurator die Akademie der Wissen- Preßburg. Johanns Armee kann bei Wagram schaften in Wien. Eröffnung des konstituie- nicht mehr eingreifen. Friede von Wien. renden Reichtages in Wien als Vertreter des 1811 Schenkung der Sammlungen und Gründung Kaisers. Wahl zum deutschen Reichsverweser. des Joanneums. Beginn der Kulturtätigkeit in 1849 Erzherzog Johann legt das Reichsverweseramt der Steiermark. zurück. 1813 Vorwiegender Aufenthalt in Schloss 1850 Rückkehr nach Graz. Bürgermeister von Stainz. Thernberg. Alpenbund. Johann als 1852 Gründung des Steiermärkischen Forstvereines. „Alpenkönig“ verdächtigt. 1854 Eröffnung der Eisenbahn über den Semmering. 1815 Wiener Kongress. Kommando der Belagerungs- 1857 Einführung der Landarbeiter- und armee von Hüningen (Schweiz). Übergabe der Dienstbotenordnung. Festung. Reise nach England (über Paris). 1859 Erzherzog Johann stirbt in Graz (11. Mai). Neu kreierter 1817 Wirtschaftliches Notjahr in der Steiermark. 1869 Überführung nach Südtirol – Schloss Erzherzog-Johann- Gründung einer Kartoffelbeitragsanstalt. Schenna. Anzug (Ausschnitt) von Hubert Fink. 1818 Ankauf des Brandhofes. Errichtung einer Foto: Donner Leseanstalt am Joanneum. Silvia Renhart 6 steirische berichte 1-2 /09
Steiermark 2009: gedenke. Erzherzog Johann Ein Gedenken und ein Bedenken 150 Jahre ist es her (11. Mai Grazer Wechselseitige Versicherung. 1859), dass Johann Baptist Johanns Spuren sind selbst im 21. Jahrhundert Erzherzog von Österreich, noch unauslöschlich und für die Steiermark Förderer und Visionär der prägend. So ist es nur natürlich, dass auch dieses Steiermark, im Palais Meran Todesjahr zum Gedenken und auch Bedenken in Graz – in den Armen seiner genutzt wird. Nach dem Motto „Nobody is perfect“ geliebten Anna – verstarb. soll man wohl auch an die Persönlichkeit Johanns Erzherzog-Johann- Es wird berichtet, dass Anna herangehen und eine objektive, wissenschaftliche Jahreslogo Zeit ihres Lebens das Stück Analyse anhand aller noch vorhandenen und zum Foto: Volkskultur Tapete, auf welches Johanns Teil bis dato unpublizierten Fakten vornehmen. Steiermark GmbH letzter Blick fiel, fortan bei Eine Vereinnahmung bzw. Verurteilung von Vertre- sich getragen haben soll. Diese tern „extremer Lager“ kann zwar nicht verhindert, Links: große, tragische Liebe, von der aber unter Berücksichtigung sämtlicher Einfluss- Die Erzherzog- heute noch landauf, landab größen fassbarer gemacht werden. Johann-Statue erwacht 2009 und gesprochen wird, trug begleitet durch das sicherlich viel dazu bei, dass Das Jahresthema Gedenkjahr. dieser Mythos „Johann“ noch Foto: Volkskultur so präsent ist. Die Volkskultur Steiermark GmbH betreut im Steiermark GmbH Natürlich leistete er zu einer Auftrag des Ressorts für Volkskultur (Landeshaupt- Zeit, als die Steiermark – mann-Vize Hermann Schützenhöfer) dieses Jahres- wie gesamt Innerösterreich – thema und wirkt als Vernetzungs-, Vermittlungs-, wirtschaftlich darniederlag, Informations-, Koordinations- und Organisations- Ungewöhnliches. Als guter stelle für alle Vereine, Verbände und Institutionen, Netzwerker verstand er es, die sich beteiligen. trotz der Widerstände aus Der Auftakt des Erzherzog-Johann-Gedenkjahres Wien, die Menschen zu moti- erfolgte am 20. Jänner anlässlich seines wieder- vieren und anzuspornen. kehrenden Geburtstages. Im von der Volkskultur In zahlreichen Abhandlungen Steiermark GmbH herausgegebenen Erzherzog- wird das Leben und Wirken Erzherzog Johanns Johann–Reisepass und auch auf der Homepage beleuchtet und wird er seiner großen Bedeutung www.erzherzogjohann.steiermark.at werden die für die Steiermark in Vergangenheit und Gegenwart Termine aller Feierlichkeiten und Veranstaltungen gemäß ausführlich geehrt. präsentiert. Genau 50 Jahre ist es her, dass ein fünf Viele Veranstaltungen, Ausstellungen, Vorträge Kilometer (!) langer Festumzug Erzherzog Johann und dergleichen werden das gesamte Gedenkjahr zu Ehren als Abschluss des Steirischen Gedenk- über abgehalten. jahres 1959 durch Graz zog. Er war einerseits als Zahlreiche Bücher erscheinen und versuchen den letzte Dankeskundgebung an den großen Wohltäter bis heute sehr beliebten „steirischen Prinzen“ ins des Landes gedacht, und andererseits sollte er auch rechte Licht zu rücken. Rechenschaft darüber ablegen, was aus dem Erbe Beiträge in Film- und Printmedien widmen sich Erzherzog Johanns in den vergangenen 100 Jahren ihm und seinem Lebenswerk. erwachsen war. Institutionen, deren Gründung auf ihn zurück- So wollen wir auch 2009 daran anknüpfen und geht, beteiligen sich dabei genauso wie Vereine, haben alle steirischen Regionen zur Teilnahme Verbände und Schulen. aufgerufen. Es soll wie damals kein historischer So wurden beispielsweise von ihm begründet, Umzug sein, sondern die Darstellung der Landes- unterstützt, auf- und ausgebaut: das Landesmuse- teile im Hier und Heute sowie im Morgen – basie- um Joanneum, die Montanuniversität Leoben, rend auf dem „Input“, den dieser Mensch diesem die Technische Universität Graz, die Steiermärki- Land beisteuerte. sche Landesbibliothek, das Steiermärkische Landes- archiv, die Landwirtschaftskammer und die Silvia Renhart 1-2/09 steirische berichte 7
gedenke. Erzherzog Johann 09 Interview mit dem 1. Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer Die steirischen berichte widmen sich dieses Jahr dem Thema „Erzherzog Johann“. Die Hefte tauchen damit für die Leserinnen und Leser in die Landesgeschichte ein. steirische Das Jahr 2009 steht im Zeichen des „Steirischen großen „Wahlsteirer“ verweisen. Das Ergebnis ist berichte Prinzen“. Was ist der Anlass für dieses Gedenkjahr? ein vielfältiges Veranstaltungsangebot, das von Wie stehen Sie zum Gedenkjahr? Bad Aussee über Leoben, Mariazell und Graz bis nach Stainz reicht. Aber auch viele Orte, in denen LHStV. Erzherzog Johann war eine außergewöhnliche Per- Erzherzog Johann nicht unmittelbar gewirkt hat, Hermann sönlichkeit – er hat der Steiermark bleibende Werte haben sich seines Lebenswerkes angenommen und Schützenhöfer hinterlassen, sowohl materielle als auch immate- Veranstaltungen organisiert. Jede dieser Aktivi- rielle. Sein 150. Todestag am 11. Mai gibt Anlass, täten hat ihre Besonderheit, zeigt unterschiedliche seiner und seinem Lebenswerk zu gedenken. Doch Facetten aus seinem Leben auf, hat einen indivi- wir wollen im Gedenken nicht in der Vergangenheit duellen Zugang. Um Erzherzog Johann in seiner stehen bleiben. Vielmehr soll das Erzherzog-Jo- Vielfältigkeit erfassen zu können, kann ich nur hann-Jahr als Anregung gesehen werden, im Heute empfehlen, so viele Veranstaltungsangebote wie Visionen zu leben und Projekte mit Nachhaltigkeit möglich wahrzunehmen. zu starten und zu fördern. Es waren nicht zuletzt Besonders erwähnen möchte ich außerdem, dass sein Weitblick und sein vernetztes Denken, die es wir bei Steiermark Tourismus anlässlich des Ge- ermöglichten, dass die Gründungen und Initiativen denkjahres Sonderpakete für Ausflüge und Reisen des „Steirischen Prinzen“ bis heute ihre Spuren geschnürt haben: Das Paket „Wir sind Erzherzog - ziehen. Auf den Spuren von Erzherzog Johann in der Die von Ihnen initiierte und im letzten Jahr gegrün- Steiermark“ führt zu vielen Orten, an denen er dete Volkskultur Steiermark GmbH fungiert als gewirkt und Spuren hinterlassen hat. Koordinationsstelle für das Erzherzog-Johann-Jahr. Die „Rundreise - Auf den Spuren von Erzherzog Wofür steht dieses junge Kompetenzzentrum? Johann von Stainz nach Maribor und retour“ ist Was bietet diese Einrichtung den Steirerinnen und eine Wein- und Kulturreise, bei der Zusammen- Steirern? hänge damaliger Errungenschaften und heutiger Traditionen entdeckt werden können. Die Volkskultur Steiermark GmbH soll sowohl für alle Steirerinnen und Steirer als auch für unsere Erzherzog Johann hat mit viel Weitblick in der Gäste Anlaufstelle für ihre Anliegen und Anfragen Grünen Mark nachhaltig gewirkt. Viele bis heute sein und so zur Lebendigkeit unserer Kultur beitra- weithin anerkannte Institutionen wie etwa die gen. Neben dem Service- und Beratungsbereich be- Montanuniversität Leoben, das Landesmuseum treibt die Volkskultur Steiermark GmbH mit ihrem Joanneum und auch die Landwirtschaftskammer Sitz im ältesten Gebäude der Grazer Sporgasse das gehen auf sein Wirken zurück. Mit der Landwirt- Steirische Heimatwerk und das Steirische Volks- schaftskammer eng verbunden ist das Engagement liedarchiv. für den ländlichen Raum. Gerade hier gelingt Im Erzherzog-Johann-Jahr wirkt die neue Gesell- mit der Gründung der steirischen KLEINREGIONEN schaft als Vernetzungs-, Vermittlungs-, Informa- Großartiges. Welche positiven Beispiele und tions-, Koordinations- und Organisationsstelle. Die Innovationen gibt es hier? Mit der Gründung Einbindung aller steirischen Regionen und eine der steirischen Wir haben uns das Ziel gesetzt, die Steiermark zur KLEINREGIONEN enge Zusammenarbeit mit jenen Institutionen, die lebenswertesten und innovativsten Region Europas gelingt Großartiges. auf Erzherzog Johann zurückgehen, liegen mir bei zu machen. Der ländliche Raum ist einem starken Foto: K leinregion dieser Arbeit besonders am Herzen. Wandel und großen Herausforderungen unterwor- Ökoregion K aindorf fen. Die Kleinregionen sind die ideale Struktur, um Im Tourismusland Steiermark verweisen dieses die kommunale Infrastruktur auch für die Zukunft Jahr zahlreiche Aktivitäten, Ausstellungen und abzusichern, da die Gemeinden gemeinsam stärker Veranstaltungen auf sein Lebenswerk. Welche sind. Darüber hinaus engagieren sich die Kleinregio- dieser Ausflugsziele können Sie empfehlen? nen bereits intensiv in den Bereichen Klimaschutz Dank des Engagements vieler einzelner Menschen und erneuerbare Energien, da sie nahe genug beim und Einrichtungen ist es gelungen, in der ganzen Bürger sind, um in Zusammenarbeit mit bewährten Steiermark Aktivitäten zu initiieren, die auf diesen Institutionen wie Landwirtschafts- und Wirtschafts- 8 steirische berichte 1-2 /09
kammer realistische und sofort umsetzbare Projekte anzugehen. Ich denke hier an kreative Kleinregio- nen wie etwa die Ökoregion Kaindorf, das Almen- land oder an die Kleinregionen im Vulkanland, wo der ländliche Raum sich zum innovativen Zukunftsraum mit Lösungsideen zur Energie- und Klimafrage entwickelt. In zahlreichen Kleinregio- nen werden auch die Betriebsansiedelungen oder die gemeinsame Nutzung von Veranstaltungshallen und Sportanlagen geplant und gemeinsam umge- setzt. Wir stehen hier am Beginn einer sehr guten Entwicklung. Überall in der Steiermark haben sich Kleinregionen gebildet, am Ende werden es rund 80 bis 90 Kleinregionen sein. Der Geburtstag Erzherzog Johanns am 20. Jänner 2009 bildete den Auftakt für dieses Gedenkjahr. Sie haben an diesem Tag einen Erzherzog-Johann- Anzug mit Stolz getragen. Mit Stolz, weil er von einem Schneidermeister aus Gratkorn angefertigt wurde und so für Handwerk und steirische Arbeits- plätze steht. Auch das Steirische Heimatwerk ist ein Spezialist für steirische Trachten. Was gibt es dazu zu erzählen? Ich hege eine tiefe Bewunderung für Handwerks- kunst und jene Menschen, die hinter jedem hand- gefertigten Produkt mit ihrem Können und ihrer Kreativität stehen. Handwerk hat sich im Laufe der Wie stehen Sie zu diesem Fest? Was leistet dieser 1. Landeshauptmann- Jahrtausende differenziert und spezialisiert, hat Tag für die steirische Volkskultur? Stellvertreter neue Berufe, Fertigungstechniken und Produkte Hermann hervorgebracht. Im Mittelpunkt steht aber immer „Aufsteirern“ bietet Steirisches für alle Sinne: Schützenhöfer bei der Auftaktveranstaltung der Mensch – ob er nun traditionelle Werkzeuge Unsere Kultur zum Erleben, Anschauen, Kosten, zum Erzherzog- oder einen Computer bedient. Schmecken, Fühlen und Hören. Dieses Fest zeigt die Johann-Jahr. Das Steirische Heimatwerk kann als ein Zentrum enorme Bandbreite auf, die das Steirische zu bieten Foto: L and Steiermark für Handwerkskunst bezeichnet werden. Als hat, und präsentiert das reiche Schaffen der unzäh- Verkaufsstelle für Kunsthandwerk und mit haus- ligen Vereine und Verbände. Diese Vielfalt, wie eigenem Schneidereibetrieb und individuell ge- wir sie in der Steiermark erleben, spiegelt sich fertigten Trachten spiegelt es die Identität unserer auch in Europa, ja weltweit, wider. So ist es mir ein Regionen wider. besonderes Anliegen, in das Festprogramm jedes Jahr Gruppen aus den Nachbarländern einzubinden. Das Gedenkjahr wird mit dem steirischen Fest Dieser länderübergreifende Austausch lässt „Aufsteirern“ in Graz, am 20. September, einen uns Kultur in einem größeren Zusammenhang würdigen Abschluss finden. „Aufsteirern ist das erleben und bildet einen wichtigen Beitrag zum Fest für all jene, die steirisch denken, leben, „Aufsteirern“, dem Fest der Vielfalt, des Mitein- reden, singen, tanzen oder einfach nur das typisch ander und der Begegnung. ‚Steirische’ lieben. Einen Tag lang wird die Grazer Altstadt zur Bühne, kurzum zum Dorfplatz, wenn Wir danken für das Gespräch. zahlreiche Mitwirkende zu einem Streifzug durch die Vielfalt der weiß-grünen Volkskultur einladen.“ Gerald Gölles 1-2/09 steirische berichte 9
gedenke. Termintipps zum Erzherzog-Johann-Jahr 26. April bis 31. Oktober 2009 11. Mai 2009, 17 Uhr 4. Juni 2009, 9 Uhr Kulinarische Aktion „Anna kocht …“ Gedenkgottesdienst anlässlich des „Erzherzog Johann und seine Brüder“ Die Mitgliedsbetriebe der BÖG 150. Todestages von Erzherzog Johann Wissenschaftliches Symposion (Beste österreichische Gastlichkeit) Baptist von Österreich „Erzherzog Johann: Tagebuch kochen Gerichte aus der Zeit Erzherzog Dom, Hofgasse/Burggasse, 8010 Graz der Englandreise 1815/16“ Johanns und nach Aufzeichnungen Info: Volkskultur Steiermark GmbH, Buchpräsentation seiner Frau Anna Plochl Tel. 0316 / 90 85 35, Wartingersaal des Landesarchivs, In vielen steirischen BÖG-Betrieben www.volkskultur.steiermark.at Karmeliterplatz 3, 8010 Graz Info: BÖG Steiermark, Info: Historische Landeskommission Tel. 0664 / 849 13 23, www.boeg.at 16. Mai 2009, 17 Uhr für Steiermark, Tel. 0316 / 877-3013, „Erzherzog Johann und sein Glaube“ www.hlkstmk.at 30. April bis 31. Oktober 2009 Festvortrag von Maria Cäcilia Ausstellung „modellhaft. Trauttmansdorff 18. bis 21. Juni 2009 Erzherzog Johann“ Schloss Stainz, 8510 Stainz Bergmannsschach „Erz im Feuer“ Jagdmuseum Schloss Stainz /Landes- Info: Pfarre Stainz, Tel. 03463 / 22 37 Erzherzog Johann und das Schachspiel museum Joanneum, Schlossplatz 1, der Berg- und Hüttenleut’ – 8510 Stainz, Di–So 9–17 Uhr 20. bis 24. Mai 2009 Ein Spectaculum mit Musik Info: Jagdmuseum Schloss Stainz, Reise „Die Familie Erzherzog Johanns Hauptplatz, 8700 Leoben Tel. 03463 / 27 720, und die Toskana“ Info: Museumsverbund Steirische www.museum-joanneum.at Unter der Leitung von Univ.-Prof. DI Eisenstraße, Tel. 03842 / 4062-408, DDr. Gerhard Sperl (Historiker und www.bergmannsschach.at 1. Mai bis 31. Oktober 2009 Montanist) werden der Geburtsort Ausstellung „Bürgerin – Bäuerin – Erzherzog Johanns und die 19. Juni 2009, 10 bis 17 Uhr Kuchldirn. Frauenalltag zur Zeit Wirkungsstätten der Habsburger in der „Zukunft braucht Herkunft: EH Erzherzog Johanns“ Toskana besichtigt. JOHANN – FH JOANNEUM“ Österr. Freilichtmuseum Stübing, Reiseroute: Graz–Toskana–Graz FH JOANNEUM Kapfenberg, 8114 Stübing, täglich 9–17 Uhr Info: Österr. URANIA für Steiermark, Werk-VI-Str. 46, 8605 Kapfenberg (ab 14. 9.: montags geschlossen) Tel. 0316 / 82 56 88, www.urania.at (Weiterer Termin: 26. Juni 2009, Info: Österr. Freilichtmuseum Stübing, 16–21 Uhr, FH Joanneum Graz, Tel. 03124 / 53700, www.stuebing.at 27. bis 29. Mai 2009 Alte Poststraße 147, 8020 Graz) Pfingstdialog „Geist & Gegenwart“ – Info: FH JOANNEUM, 7. Mai bis 27. November 2009 Der Geschmack Europas Tel. 0316 / 5453-8835 oder 8816, Ausstellung „Erzherzog Johann – Der zum dritten Mal stattfindende www.fh-joanneum.at Mensch und Mythos“ Pfingstdialog ist vom joanneischen Steiermärkisches Landesarchiv, Geist geprägt und widmet sich in 24. Juni 2009, 18 Uhr Karmeliterplatz 3, 8010 Graz einer Spezialveranstaltung „Erzherzog Flott – Feurig – Steirisch Mo, Di, Do 9–17 Uhr; Mi 9–19 Uhr, Johann – Herausforderung 2020“. Trachtenpräsentation, Volkstanzfest Fr 9–13 Uhr Schloss Seggau, Seggauberg 1, und Johannisfeuer – zum Namenstag Info: Steiermärkisches Landesarchiv, 8430 Leibnitz Erzherzog Johanns Tel. 0316 / 877-4031, Tagungsbüro: die Organisation, Schloss St. Martin, Kehlbergstraße 35, www.landesarchiv.steiermark.at Tel. 0316 / 69 55 80, 8054 Graz www.geistundgegenwart.at Info: Schloss St. Martin, 8. Mai 2009, 11 Uhr Tel. 0316 / 28 36 55, Akademische Feier „Erzherzog Johann – 29. Mai bis 26. Oktober 2009 www.schlossstmartin.at Begründer der TU Graz“ Festvortrag Ausstellung „Erzherzog Johann – mit Enthüllung der Originalwerkzeuge Radmeister in Vordernberg“ 25. Juli 2009, 20 Uhr für den Spatenstich zur „Alten Radwerk IV, Peter-Tunner-Straße 2, „Er zwängt den Geist in keine Technik“ und akademische Ehrungen. 8794 Vordernberg Schranken.“ Erzherzog Johann – Eine Technische Universität Graz, Mo–So 9–17 Uhr Annäherung Rechbauerstraße 12, 8010 Graz Info: Informationsbüro Steirische Reinhard Schlüter zeichnet im Stil Info: Technische Universität Graz, Eisenstraße, Tel. 03849 / 832, eines Hörbildes den Lebensweg Tel. 0316 / 873 6001, www.tugraz.at www.radwerk-vordernberg.at Erzherzog Johanns nach. Musikalische 10 steirische berichte 1-2 /09
Foto: Johannes Gellner Volkskultur Steiermark GmbH. Umrahmung: Ausseer Bradlmusi sich im Ennstal und Ausseerland von 20. September 2009 Kurhaus, Kurhausplatz 144, August bis Oktober dem Leben und „AUFSTEIRERN 8990 Bad Aussee Wirken des steirischen Prinzen. im Erzherzog-Johann-Jahr“ Info: Kulturreferat der Stadtgemeinde Steinitzen-Alm, 8984 Pichl-Kainisch Das steirische Fest in Graz Bad Aussee, Tel. 03622 / 52511-99, Info: „Herbst mit den Bäuerinnen“, Grazer Innenstadt, 8010 Graz www.badaussee.at Tel. 0676 / 94 59 817, Info: Aufsteirern, www.herbst-baeuerinnen.at Tel. 0316 / 22 52 38, 5. August 2009, 19.30 Uhr www.aufsteirern.at Vortrag: „Durch die Schladminger 15. bis 16. August 2009, Tauern.“ Auf den Spuren der Reise jeweils ab 11 Uhr 2. Oktober 2009 Erzherzog Johanns 1810 Säumer, Seiler und Kesselflicker: Salla, Tagung „Visionäre und Visionen in Von OStR Prof. Mag. Harald Matz ein Dorf zur Zeit Erzherzog Johanns der Landwirtschaft“ Schloss Trautenfels / Landesmuseum Ein weststeirisches Bergdorf ver- LFZ Raumberg-Gumpenstein, Joanneum, 8951 Trautenfels 1 wandelt sich für zwei Tage in einen Raumberg 38, 8952 Irdning Info: Schloss Trautenfels, historischen Ort. Dorfplatz, 8592 Salla Info: LFZ Raumberg-Gumpenstein, Tel. 03682 / 222 33, Info: Gemeinde Salla, Tel. 03682 / 22 451-243, www.museum-joanneum.at Tel. 03147 / 206, www.raumberg-gumpenstein.at gde@salla.steiermark.at 7. und 8. August 2009 5. November 2009, 19 Uhr „Das Leben, ein Tanz – 2009. 18. August 2009, 20 Uhr „Erzherzog Johann und die Religion“ Erzherzog Johann von Österreich“ „Wenn Du nur schon bey mir wärest…“ Vortrag von Mag. Dr. Elke Hammer-Luza Gastspiel der Vereinigung Wiener Franz Meran und Barbara Frischmuth Info: Pfarrheim Stainz, 8510 Stainz Staatsopernballett im Ausseerland lesen unveröffentlichte Briefe von Kaiserzelt, 8992 Altaussee Erzherzog Johann an Anna Plochl. Weitere Termine finden Sie unter Tickethotline: Tel. 0664 / 422 11 12, Musikalische Umrahmung: Ausseer www.erzherzogjohann.steiermark.at www.ballett.at Geigenmusik und im „Reisepass durch das Literaturmuseum Altaussee, Erzherzog-Johann-Jahr“. Reisepass 9. August 2009, 11 Uhr Fischerndorf 61, 8992 Altaussee anfordern: Volkskultur Steiermark Auftaktveranstaltung zur Reihe Info: Literaturmuseum, GmbH, Sporgasse 23, 8010 Graz, „Herbst mit den Bäuerinnen“ Tel. 0664 / 444 10 69, Tel. 0316 / 90 85 35, Eine Fülle von Hoffesten widmet www.literaturmuseum.at office@volkskultur.steiermark.at 1-2/09 steirische berichte 11
gedenke. Geist & Gegenwart Das Heft in der Pfingst-Dialog 27. bis 29. Mai 2009 Das Symposium „Geist und Gegenwart“ steht Hand haben junge heuer unter dem Leitwort „Der Geschmack Studierende beim auf Schloss Seggau, Leibnitz Europas“. Dieses europäische Forum, das vom vielsprachigen Land Steiermark und der Diözese Graz-Seckau in „Der Geschmack Europas“ soll nach dem Willen Pfingst-Dialog auf Kooperation mit dem Joanneum Research und der Veranstalter beim dritten Pfingst-Dialog auf Schloss Seggau: dem Club Alpbach Steiermark veranstaltet wird, Das interdiszipli- Schloss Seggau in aller Munde sein: Denn Fragen zur Ernährung, vom Überfluss bis zum Welthunger, ist nicht nur zeitlich, sondern seinem Wesen nach näre Forum widmet von den Rohstoff- und den Lebensmittelpreisen, mit dem Pfingstfest verbunden. Angesichts zu- sich Fragen zur aber auch zu einem nachhaltigen und verantwor- nehmender sozialer und kultureller Erosionen Zukunft Europas tungsvollen Umgang mit Ressourcen stehen auf darf man von diesem Pfingst-Dialog Impulse für und lädt zu internationalem dem diesjährigen Programm. Und nicht zuletzt: mehr Humanität und mehr Geist in Europa und Meinungsaustausch wie Nicht-Europäern dieses Europa „schmeckt“. darüber hinaus erhoffen. auf höchstem Die daraus resultierenden gesellschaftspolitischen, Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari, Graz-Seckau Niveau. sozialen und ethischen Herausforderungen werden Foto: Der Pfingstdialog Geist & Gegenwart ist zu wieder in Plenarveranstaltungen und „Insieme“- Geist & Gegenwart einer guten Tradition geworden – für den offenen Gruppen diskutiert werden. Dialog zu wichtigen Fragen der Gegenwart und Neben vollwertiger Geistesnahrung wird aber auch Zukunft über Grenzen hinweg und als Impuls- konkret Essen auf den Tisch kommen und analy- Schloss Seggau, geber für Reform- und Innovationsprozesse. Foto: K irchengast siert: Nach dem Motto „Das Auge isst mit“ werden Also eigentlich ganz in der vorbildlichen Haltung die Autoren des Buches „Food Design“, Honey & Erzherzog Johanns, der für uns ständige Heraus- Bunny, die kulturell unterschiedlichen Farbreize forderung ist. von Speisen etwa in Asien (weiß) und Österreich Landeshauptmann-Stv. Hermann Schützenhöfer (rot) aufzeigen. „Das Interesse am Pfingst-Dialog ist auch heuer Geist & Gegenwart – Der Geschmack Europas besonders groß“, freuen sich die Organisatoren, Pfingst-Dialog, 27.–29. Mai 2009, Schloss Seggau, „aufgrund der vielen Anmeldungen vor allem von Leibnitz Studierenden sind wir bereits um eine Erhöhung ReferentInnen: Wolfgang Benedek, Sihem Benesedrine, unserer Aufnahmekapazitäten bemüht.“ Warnfried Dettling, Christian Felber, Benita Ferrero- Waldner, Franz Fischler, Barbara Gerl-Falkovits, Und da sich „Geist & Gegenwart“ unter der Mariella Gruber, Franz Harnoncourt-Unverzagt, Schirmherrschaft von Diözesanbischof Dr. Egon Mats Hellstroem, Honey & Bunny, Waldemar Hummer, Kapellari und Landeshauptmann-Stv. Hermann Dieter Hundt, Valentin Inzko, Egon Kapellari, Monika Kircher-Kohl, Michael Krüger, Richard Kühnel, Schützenhöfer von Beginn an auch von Jadran Lenarcic, Manfred Lütz, Joseph Marko, „joanneischem Geist“ durchweht sieht, ist 2009 Reinhard Marx, Meinhard Miegel, Leopold Neuhold, ein eigener Schwerpunkt zum Thema „Erzherzog Fred Ohenhen, Bernhard Pelzl, Klaus Poier, Johann – Herausforderung 2020“ geplant. Manfred Prisching, Susanne Scholl, Kurt Scholz, Margit Schratzenstaller, Hermann Schützenhöfer, Ali Soleiman, Wenn auch Sie auf den Geschmack Europas Dieter Spoeri, Hans Staud, Herwig Sturm, Lojze Wieser. gekommen sind: Sie sind herzlich willkommen! Teilnahmekosten, Anmeldung & Info: Gertraud Schaller-Pressler Tagungsbüro Geist und Gegenwart, c/o die Organisation, Opernring 12/1, 8010 Graz, Tel: +43/(0)316 /69 55 80, info@geistundgegenwart.at, www.geistundgegenwart.at 12 steirische berichte 1-2 /09
Erzherzog Johann gedenke. auf Schritt und Tritt Fotos: DieGrazGuides Der Jahresregent Erzherzog Johann erweitert heuer auch das Angebot von DieGrazGuides – Fremdenführerclub für Graz und die Steiermark. Bereits zum 13. Mal laden die engagierten FremdenführerInnen zu ihrer beliebten Aktion „Graz für Grazer“ und widmen dabei gleich zwei unterschiedliche Spaziergänge dem Leben und nachhaltigen Wirken des steirischen Prinzen. Den 30 Mitgliedern von DieGrazGuides Gegenwart. Das Jahr der Astronomie des Erzherzogs quer durch die Innen- liegen nicht nur Gäste von auswärts veranlasst DieGrazGuides, den Spuren stadt führt. sondern auch die GrazerInnen und Johannes Keplers zu folgen ... . Ein Folder mit den genauen Terminen SteirerInnen am Herzen. Um deren der Aktion „Graz für Grazer“ liegt ab Wissensdurst nach spannenden, unbe- Und Erzherzog Johann? In zwei Spa- Ende April bei der Graz Tourismus kannten, oft kuriosen Aspekten der ziergängen – garniert mit Zitaten Information, Herrengasse 16, auf. Stadt zu stillen, präsentieren DieGraz und amüsanten Anekdoten – wird der Natürlich können alle Führungen Guides von Mai bis Ende September volksverbundene Mensch und wissen- bei DieGrazGuides auch individuell „Graz für Grazer“ im Detail. Da lockt schaftliche Visionär Johann Baptist gebucht werden. eine Fahrt im Cabrio Bus ins „grüne von Österreich näher vorgestellt. Dabei Graz“ mit seinen Parks, Schrebergärten ergeben sich erstaunliche Parallelen und paradiesisch bepflanzten Innenhö- zwischen seiner und unserer Zeit. Weitere Informationen: fen. Kastner&Öhler offenbart histori- Unter dem Titel „Wissen für jedermann“ DieGrazGuides – Fremdenführer-Club sche Substanz und heitere Geschichten geht es von der Technischen Universität für Graz und die Steiermark, abseits vom Shopping. „Europa in Graz“ zur Kunstuniversität, während „Neue Telefon: 0316 / 58 67 20, beleuchtet identitätsstiftende äußere Ideen für das Land“ zu zahlreichen, Fax: 0316 / 57 53 10, E-Mail: info@ Einflüsse in Vergangenheit und noch heute florierenden Gründungen grazguides.at; www.grazguides.at Gewinnen Sie eine Sie haben gewonnen Erzherzog-Johann-Führung durch Graz Wie gefallen Ihnen die neuen steirischen berichte? 5 Bücher Wir laden Sie ein, uns darüber Ihre Meinung „Wie’s g’wesn is“ schriftlich mitzuteilen. wurden mit den steirischen berichten Unter allen Einsendungen verlosen wir 15 Eintritts- 6/2008 verlost. karten für die von den GrazGuides zur Verfügung „Wie’s g’wesn is. gestellte Erzherzog-Johann-Führung Vom Leben auf dem Land“. am Samstag, 16.Mai 2009, in Graz Inge Friedl/Neues Land. Beginn: 11.00 Uhr 176 Seiten. Treffpunkt: Hauptplatz/Rathauseingang Styria 2008, Kennen lernen können Sie dabei auch das 24,95 Euro. Redaktionsteam der steirischen berichte. Erhältlich auch über Bitte schicken Sie uns Ihre Antwort NEUES LAND, Reitschulgasse 3, bis spätestens 30. April 2009 8011 Graz, per Post, Fax oder E-Mail an Tel. 0316 82 63 61-11, Steirisches Volksbildungswerk sigrid.gosch@stbb.at 8010 Graz, Herdergasse 3 oder www.neuesland.at. Fax (0 31 6) 32 10 20-4 office@volksbildungswerk-stmk.at Die Gewinner der Bücher sind Eintrittskarten und Informationen zur Führung erhalten Sie • Frau Helga Kopeinig aus Graz in der Steiermark mit der Post. Die Preise können nicht übertragen oder in • Herr DI Josef Suppan aus Graz in der Steiermark bar abgelöst werden. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Ihre • Frau Ingrid Paul aus Jagerberg in der Steiermark eingereichten Angaben werden vertraulich behandelt und ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung nicht an Dritte weitergegeben. • Frau Maria Stahl aus Stohlberg in Deutschland Mit der Teilnahme am Wettbewerb stimmen Sie zu, dass Ihr • Herr Dipl.-Bwt. Josef-H. Hasenmüller aus Berlin Name im Rahmen der steirischen berichte veröffentlicht wird. in Deutschland 1-2/09 steirische berichte 13
johann. Der Mensch „Johann“ auf einer Reise nach Mariazell Land und Leute. Am Abhange des Riedenberges. Hier sind die Häuser schon mit Stroh gedeckt, auch viele halb mit Holz und halb mit Stein gebaut … Die Bauerntracht ist verschieden und hat ihren eigenen Geschmack; man glaubt sich in eine andere Welt versetzt. Genaue Kenntnis des Landes, der Bewohner, deren Bedürfnisse und Fähigkeiten sowie der Leistungen der öffentlichen Einrichtungen erlangte er durch eine statistische Landesaufnahme. Darauf baute und begründete er seine Reformen. Vision und Inspiration holte er sich auf seinen zahl- reichen Studienreisen durch Europa und Kontakten zu bedeutenden Wissenschaftlern seiner Zeit. 1801 beschrieb er auf seiner Reise durch Salzburg und Tirol Bauernhäuser, Lebensweise, Mahlzeiten, Tracht, Charakter, Körperbeschaffenheit, Religion, Volksspiele, Volkslied, Musik und Liebesleben der Bevölkerung. 1802 führte ihn sein Weg durch die Steiermark, wo er sich Jodler und Volkslieder vorsingen ließ und damit seine Liedersammlung begründete. Bereits 1804, als er noch mit seinen militärischen Plänen befasst und auf Tirol konzentriert war, bereitete er eine Arbeit über „Sitten, Gebräuche und Charakter der deutschen Alpenbewohner“ vor. Zugleich erteilte er Naturforschern, Zeichnern und Antiquaren den Auftrag zu forschen und zu sam- meln. Nach seiner „Verbannung aus Tirol“ durch- wanderte und beschrieb er im August 1810 die Aus- seer und Schladminger Alpen: Die Almhütten sind niedrig aber geräumig; die heftigen Winde, welche hier herrschen und oft den Boden furchen, lassen Leopold Kupelwieser, Aufgrund seines Standes erfuhr Erzherzog Johann kein hohes Gebäude zu. Die Dächer sind flach und Erzherzog Johann im eine umfassende (globale) Erziehung – beeinflusst mit Steinen beschwert … Abends waren Geiger und Rock mit grünem Aufschlag, 1828. Foto: und geprägt durch verschiedene Kulturkreise und Pfeifer da und von Schladming kamen Bauern mit Neue Galerie Graz Mentalitäten Europas. ihren Alpenhörnern („Wurzhörnern“). Sie sind wie am L andesmuseum Als Kind seiner bewegten Zeit war er nicht nur Posaunen gemacht, von Lärchenholz mit Bast um- Joanneum von den Naturwissenschaften, sondern auch vom geben und geben einen reinen, angenehmen aber Gedankengut der Aufklärung, dem Fortschritts- zugleich traurigen Ton … glauben sowie von der beginnenden Industrialisie- Im Oktober 1810 durchstreifte er die untersteiri- rung angespornt und vom allgemeinen Aufkeimen schen Weingegenden und schrieb Beobachtungen des Interesses am Volksleben inspiriert. über Weinbau, Weinlesefeste, Pressen, Keller und Er zeichnete Erlebnisse und Geschichten auf seinen Winzerbräuche nieder. Reisen durch die Alpenländer auf. Gerne durch- Dies gab ihm anscheinend Anstoß, fortan für die streifte er auch als einfacher Jäger die Steiermark Steiermark tätig zu sein, und begeistert schrieb er und gesellte sich unters gemeine Volk. Durch seine 1811 in sein Tagebuch: Heirat mit der Ausseer Postmeisterstochter Anna Aus den Gebirgen entspringen die Wasser, die die Plochl und das Tragen der einfachen Jägerkleidung Ebene beherrschen, dort ist noch der Menschheit auf seinen Streifzügen fand er die gewünschte Nähe Kern, von da muß Rettung kommen! zu den Menschen des Steirerlandes. Mit 14 Jahren bereits interessierte und beschrieb er Silvia Renhart 14 steirische berichte 1-2 /09
„Eure kaiserliche Hoheit – johann. theurer, liebster, bester Mann.“ Anna Plochl und Erzherzog Johann Die Beziehung zwischen Erzherzog Johann und Anna Plochl ist mit Sicherheit die bekannteste Liebesgeschichte der Steiermark, birgt sie doch alle Bestandteile einer märchenhaften Romanze in sich: Ein Kaisersohn und eine Postmeisters- tochter verlieben sich ineinander, trotzen im ländlichen Idyll allen Widerständen und dürfen nach jahrelanger Prüfung endlich den Bund für das Leben schließen. Spätestens seit dem Kinofilm „Erzherzog Johanns einander näher. Im Sommer 1822 tat der Habsburger große Liebe“ war dieses kitschig-süße Bild in einer schließlich den entscheidenden Schritt und erklärte breiten Öffentlichkeit festgeschrieben. In der sich der Bürgerstochter. Die Verbesserung seiner Realität zeigte sich die Beziehung des Habsburgers finanziellen Situation durch eine Erbschaft sowie zu seiner mehr als 20 Jahre jüngeren Gefährtin der Ankauf von Realitäten in Vordernberg trugen aus dem Bürgerstand freilich viel facettenreicher daran nicht unwesentlichen Anteil. Nachdem sich und mit einer Reihe von Problemen belastet, unter das Paar bald einig war, suchte Johann Anfang denen vor allem die junge Frau zu leiden hatte. 1823 bei seinem kaiserlichen Bruder, Franz I., um die Heiratserlaubnis an. Der Kaiser erteilte zwar Die Postmeisterstochter Nanni seine grundsätzliche Zustimmung, wollte die Heirat jedoch bis auf Weiteres aufgeschoben wissen. Anna Maria kam als ältestes Kind des Postmeisters Wie stellte sich diese Situation nun für Anna Plochl Jakob Plochl und seiner Frau Maria Anna, geb. Pilz, dar? Die junge Bürgerstochter hatte bei der ersten am 6. Jänner 1804 in Aussee zur Welt. Sie hatte Zusammenkunft mit dem Erzherzog sicher niemals zwölf Geschwister, wobei ihre Mutter nach der daran zu denken gewagt, in eine nähere Beziehung Geburt des jüngsten Kindes 1821 verstarb. Familie mit dem so viel höherstehenden und älteren Mann Plochl besaß in Aussee ein bürgerliches Haus und zu treten. Tatsächlich knüpfte das lebenslustige galt als durchaus angesehen. Erzherzog Johann Mädchen zunächst Bekanntschaft zu einem jungen lernte die Postmeisterstochter im Sommer 1819 am Mann ihres Standes. Es war dies der Leobener Toplitzsee kennen und fand an dem jungen Mädchen Bäckermeisterssohn Vinzenz Pfeifer, der als Ange- Zeitgenössische Gefallen. Im den folgenden Jahren trafen die beiden stellter in einem Vordernberger Radwerk arbeitete. Genre-Darstellung immer wieder zufällig zusammen und kamen Die beiden korrespondierten nicht nur miteinander, „Anna als Postillion“ 1-2/09 steirische berichte 15
johann. sondern tauschten auch kleine Geschenke aus; Die Hausfrau des Erzherzogs unter anderem besaß Vinzenz von Anna eine Rose und einen Ring. Wie lange dieses Verhältnis ge- Am 20. September 1823 führte Johann seine Anna dauert hatte und aus welchen Gründen es letztlich nach Vordernberg – um sie nach wenigen Tagen zerbrach, wissen wir nicht; der Bürgerssohn galt bereits wieder allein zu lassen. Die vielfältigen jedoch als leichtlebiger Frauenheld. Nachdem Anna Geschäfte des Habsburgers ließen es nicht zu, dem Erzherzog diese Episode erzählt hatte, setzte längere Zeit in Ruhe an einem Ort zu verweilen. der Habsburger alles daran, die Spuren der ehe- Das hieß für Anna, dass sie lernen musste, Wochen maligen Beziehung zu beseitigen, um das Anse- und sogar Monate in einsamer Zurückgezogenheit hen seiner Auserwählten nicht zu gefährden. Über zu verbringen. Für ein junges Mädchen, das ge- Vermittlung des Bäckermeisters Pfeifer übergab der wohnt war, im Kreis einer großen Familie mit vielen junge Mann alle von Anna herrührenden und diese Kindern zu leben, musste das eine gewaltige Um- unter Umständen kompromittierenden Gegenstände stellung bedeuten. Selbstverständlich trug Johann an den Habsburger. Damit nicht genug, wurde dafür Sorge, dass Anna in seiner Abwesenheit Vinzenz Pfeifer auch der Abschied aus Vordernberg Gesellschaft hatte, allerdings nur durch einen von nahe gelegt. Mit Hilfe von Erzherzog Johann erhielt ihm ausgewählten Personenkreis. Mit anderen, ihm er einen Studienplatz an der Bergakademie in nicht vertrauenswürdig erscheinenden Menschen Schemnitz, die Reise- und Aufenthaltskosten über- sollte sie hingegen keine engeren Kontakte pflegen. nahm der Habsburger. Zum Leidwesen Annas hatte der Erzherzog auch Trotz aller Diskretion blieben das Werben von Vorbehalte gegen ihre Schwestern und gegen ihren Erzherzog Johann, die Vater, so dass sie hin- und hergerissen war zwischen plötzliche Abreise der Liebe zu ihrer Familie und dem Pflichtbewusst- Vinzenz Pfeifers und die sein gegenüber Johann. Der Habsburger handelte letztlich gescheiterten dabei natürlich aus reifer Überlegung, wusste er Hochzeitsvorbereitungen doch nur zu gut, wie rasch Anna in ihrer ohnehin in Aussee nicht unbe- unsicheren Position durch unbedachte Handlungen merkt. Klatsch und gänzlich desavouiert werden konnte. Tratsch blühten, wobei Für das damals 19jährige Mädchen waren die Be- vorzugsweise Anna vormundungen des Erzherzogs jedoch schwer zu Plochl die Zielscheibe ertragen. Anna sah sich wegen der ständigen, bis- des Spotts bildete. Neider weilen übertrieben scheinenden Bedenken immer und Übelwollende gab wieder um jede Freude und Zerstreuung gebracht, es genug, die ihr vor- um so mehr, da sie bisher eine begeisterte Tänzerin warfen, sich anmaßend gewesen war, die kaum einen Ball ausgelassen über ihren Stand erheben hatte. Der schon in die Jahre gekommene Erzherzog zu wollen. mied hingegen nach Möglichkeit solche Veranstal- Das Gerede zog so weite tungen, die er als höchst verderblich und gesund- Kreise, dass sogar Staats- heitsschädlich ansah. Hier zeigten sich die kanzler Metternich in Wesensunterschiede, aber auch die Altersdifferenz Wien von seinen Po- zwischen dem ungleichen Paar besonders augen- Herrenhaus lizeispitzeln genaue Berichte über die Person der fällig, was auch Anna bewusst war: Willst Du mir in Vordernberg Postmeisterstochter einforderte. Aus einer denn gar die Freude nicht mehr erlauben, daß ich Foto: StL a gewissen Naivität und schwärmerischen Verliebt- nicht mehr tanzen soll. […] Du wirst Dir halt den- heit heraus gelang es Anna anfangs, sich ihren ken, jung, jung! Leider freylich jung, darum auch Optimismus zu bewahren. Doch zum Druck der noch gerne lustig. Umgebung kam zunehmend auch der Druck Erzherzog Johann hatte in der Wahl seiner Ge- innerhalb ihrer eigenen Familie. Jakob Plochl fährtin ein unverdorbenes Geschöpf aus dem Volk sorgte sich um den Ruf seiner ältesten Tochter – gesucht, das er in gewisser Weise noch nach seinen und suchte zugleich handfeste materielle Vorteile Vorstellungen formen konnte. In diesem Sinn ver- für sie herauszuholen. suchte er auch auf Anna einzuwirken, vor allem, Erst im September 1823 fand dieser unhaltbare was einfache und schlichte Lebensführung betraf. Zustand ein Ende, und Anna sollte mit Zustim- Auch wenn die Bürgerstochter alles andere als an- mung ihres Vaters als Wirtschafterin des Erzher- spruchsvoll war, hatte sie doch eine gewisse Freude zogs tätig werden. Damit begann ein neues Kapitel an Putz und Zierrat, was der Erzherzog jedoch nicht in ihrem Leben, das für sie – neben der ersten verstehen wollte. So rügte er sie in harten Worten, Freude über die erreichte Zweisamkeit mit einem dass sie sich bei einem Ausflug nach Graz unter- geliebten Menschen – sehr viele Schattenseiten standen hatte, drei Hüte mitzunehmen: Für Dich aufweisen sollte. wäre ein Gewand für alle Tage und immer das näm- 16 steirische berichte 1-2 /09
liche, eines für Visiten oder ein Überrock und Dein Die Frau ohne Namen johann. schwarzer Mantel hinlänglich gewesen, denn das viele Kleiderwechseln ist eine unzeitige Eitelkeit, Die Eheschließung mit Erzherzog Johann bedeu- die ich nicht will. Wegen dieser und ähnlicher tete für Anna freilich nur die Legitimierung ihrer Zurechtweisungen vergoss Anna viele Tränen. Sie Beziehung und keine Aufnahme in die Familie hatte mitunter das Gefühl, von den Freunden und des Habsburgers. Es sollte noch lange dauern, bis Vertrauten des Habsburgers überall überwacht sie in Wien überhaupt Zutritt zur kaiserlichen Hof- und kontrolliert und wie ein Kind mit Warnungen burg erhielt. Wir können nur Vermutungen darüber überhäuft zu werden. Andererseits wollte sie ihrem anstellen, wie sich die im ländlichen Aussee aufge- „Herzensmann“ alles recht machen und ängstigte wachsene Frau, die keine angemessene Erziehung sich, seinen Unwillen hervorzurufen. genossen hatte und keine Erfahrung mit höfischer War Erzherzog Johann endlich ein paar Tage zu Etikette besaß, hier fühlen musste. Gerade in den Hause, so gestaltete sich das Zusammenleben zwi- ersten Jahren waren sicherlich alle Augen auf sie schen Anna und ihm auch nicht immer erfreulich. gerichtet und jede Ungeschicklichkeit ihrerseits Wiewohl das Paar ständig brieflich miteinander in wurde peinlich genau notiert – und wohl auch aus- Verbindung stand, trat während der langen Abwe- führlich kommentiert. Dazu kam die Verlegenheit, senheiten doch eine gewisse Entfremdung auf, die dass man anfangs nicht wusste, wie man die Frau es immer wieder abzubauen galt. Zugleich durfte des Erzherzogs überhaupt anreden sollte. Erst 1834 Anna Freiin erhielt sie den Titel einer Freifrau von Brandhofen von Brandhofen. aber auch nicht zu viel Nähe aufkommen, peinlich genau musste darauf geachtet werden, dass man zuerkannt. So nimmt es nicht wunder, dass Anna trotz aller Bedürfnisse über das kameradschaftliche die Zeit am liebsten in ihrer steirischen Heimat Verhältnis nicht hinausging. Der Erzherzog wurde verbrachte. Aber auch hier bewegte sie sich in ge- durch diese allseits unbefriedigende und peinigende wisser Weise zwischen den Welten: Zum Bürger- Johann, Anna und Situation in schwere Depressionen gestürzt und stand gehörte sie nicht mehr, und selbst der Land- beider Sohn Franz. glaubte, durch sein Versprechen adel behandelte sie nicht als Foto: StL a gegenüber Anna Schuld auf sich ihresgleichen. Neben diesen geladen zu haben. In der ersten äußeren Zurücksetzungen litt Jahreshälfte 1824 war Johann Anna unter der anfänglichen in so düsterer Stimmung, dass Kinderlosigkeit ihrer Ehe, erst er in seinen Tagebüchern sogar 1839 stellte sich der lang erwar- Selbstmordgedanken äußerte. tete Sohn ein. Bis aufs äußerste angespannt Es scheint, dass Anna durch und oft krankhaft gereizt, war ihre Mutterschaft eine gewisse er von Selbstzweifeln zerfressen Eigenständigkeit erlangte, die und stellte bisweilen sogar Annas sich bisweilen auch mit einem Liebe in Frage. Diese fühlte sich energischen Auftreten paarte – mit der düsteren Schwermut ihres allerdings nur innerhalb der Gefährten oft überfordert, eigenen vier Wände, die sie als zumal sie ja selbst mit der beste- ihre Welt ansah. In der Öffent- henden Lage alles andere als glücklich war. Es lichkeit, wie etwa in Frankfurt 1848, fühlte sie sich zeugt von der Charakterfestigkeit des Paares, dass gänzlich fehl am Platz: Ich bin für die hiesige Welt es diese schwere Zeit miteinander meistern konnte. viel zu einfach […]. Auch ihre Standeserhöhung zur In der Tat hat es den Anschein, als ob Anna und Gräfin von Meran 1850 sollte daran nichts mehr Johann nach dem ersten Jahr ihres Zusammenle- ändern. bens immer besser lernten, miteinander umzugehen Nach dem Tod von Erzherzog Johann 1859 lebte und sich an ihre Situation zu gewöhnen. Wie in Anna vor allem in Graz, wo sie als Wohltäterin in jeder Beziehung wechselten auch hier bessere und Erscheinung trat; am 4. August 1885 starb sie schlechtere Tage einander ab, letztlich sollten sich in ihrem Geburtshaus in Aussee. die Gegensätze zwischen den beiden aber immer Elke Hammer-Luza mehr abschleifen. Freilich ist zu erwarten, dass Verwendete Quellen und Literatur (in Auswahl): die junge Anna hier mehr Zugeständnisse machen Johann Erzherzog von Österreich, Der Brandhofer und seine musste als ihr Radmeister. Die trotzig zur Schau ge- Hausfrau. 3. Aufl., bearb. u. eingel. von Walter Koschatzky, stellte Prinzipientreue des Erzherzogs beeindruckte Graz 1978. letztlich auch seinen kaiserlichen Bruder, der 1829 Renate Basch-Ritter, Anna Plochl. Die Frau an der Seite endlich seine Zustimmung zur Heirat bekräftigte. Erzherzog Johanns. Spurensuche durch zwei Jahrhunderte, Am 18. Februar heirateten Anna und Johann in der Graz 2005. Kapelle des Brandhofes, nachdem sie fünfeinhalb Elke Hammer, Anna Plochl und Erzherzog Johann – Kehrseiten Jahre einen gemeinsamen Haushalt geführt hatten. einer „lieblichen Romanze“. In: MittStLA 48 (1998), 299–332. 1-2/09 steirische berichte 17
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