Januar 2019 Sie gehen immer noch

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Januar 2019 Sie gehen immer noch
Seite 9      Seite 10             Seite 23     Januar 2019
Sie gehen    Children on          Zum Himmel
immer noch   the Move –           blicken
             Entwurzelte Kinder
Januar 2019 Sie gehen immer noch
Ein Kind braucht Schutz
                                                      VON BILL KNOTT

                                                      D    as Fest, zu dem die meisten Christen die Geburt Jesu feiern, liegt
                                                           hinter uns. Vielleicht ist es an der Zeit, die Geschichte zu erzählen,
                                                      die auf all die Szenen von Freundlichkeit und Wärme folgt.
                                                         In meiner Vorstellung sehe ich ein Bild aus einem alten Buch mit
                                                      biblischen Geschichten, auf dem Josef und Maria mit dem Kind ein Haus
                                                      durch die Hintertür verlassen, während die Soldaten des Königs schon an
                                                      die vordere Tür klopfen. Vielleicht war es nicht ganz so knapp. Vielleicht
                                 INDIEN               hatten diese drei besonderen Personen – gerade eine Familie geworden –
                                                      die Stadt schon einige Kilometer hinter sich gelassen, bevor die schreck­
                                                      lichen Schreie durch die Nacht drangen. Obwohl sie vor der Tragödie von
                                                      Bethlehem verschont blieben, blieben sie ganz sicher nicht vor der Trauer
                                                      verschont, denn wer von uns, die wir Eltern sind, würde nicht schreck­
                                                      liche Angst spüren, wenn wir den Befehl erhielten, von einem Augen­
Zum Titelbild                                         blick zum nächsten unsere Kleinen zu nehmen und um unser Leben zu
                                                      rennen?
Philip Sargunam und Rita Chand sind ein
                                                         Es heißt zwar, dass alle Menschen Babys lieben, aber lasst uns nicht
Vorbild für generationenübergreifendes
                                                      vergessen, dass dieses Baby noch bevor es viele Tage oder Monate
Engagement in der Adventgemeinde in
                                                      alt war, bereits verachtet und abgelehnt war, ein Kind der Schmerzen
­Hosur, im indischen Bundesstaat Tamil
                                                      und nur allzu vertraut mit Leiden. Der Apostel Johannes formulierte es
 Nadu. Philip hat zwei Kinder und verbringt
                                                      so: „Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“
 seine Freizeit oft damit, in seiner Umge-
                                                      (Joh 1,11) Für seine Mutter gab es keinen Platz in der Herberge, für ihn
 bung seinen Glauben zu bezeugen. Rita
                                                      gab es im ganzen Land keinen Platz. Und so musste dieses kostbare Kind
 geht in die 11. Klasse einer adventistischen
                                                      in ein fremdes, heidnisches Land fliehen, um sein Leben zu retten.
 Schule und ist bei den Pfadfindern aktiv.
                                                         Das ist die andere Seite der Weihnachtsgeschichte, die dunklere Seite.
 Eines Tages möchte sie in die Fußstapfen
                                                      Es ist vielleicht das Gegenmittel der Bibel gegen all die vagen, ver­
 des großen Arztes treten.
                                                      schwommenen Vorstellungen von Frieden und Harmonie auf Erden, die
Titelfoto: Eric Johnston                              wir am Ende eines jeden Jahres haben.
                                                         Alles, was das Böse tun konnte, um seine Geburt und sein Leben elend
                                                                              zu machen, wurde getan. Jeder Umstand, der
Titelthema
                                                                              herbeigeführt werden konnte, um seine Herkunft
10 Entwurzelte Kinder
                                                                              zu einem Skandal zu machen, wurde herbeige­
12 Flüchtlinge in Europa
                                                                              führt. Jedes Terrorinstrument, das zur Bedrohung
14 Unterwegs auf einem seltenen Weg
                                                                              dieses Kindes eingesetzt werden könnte, wurde
24 Die Notlage der Flüchtlinge im Libanon
                                                                              eingesetzt. Wenn man alles betrachtet, was das
                                                                              Böse gegen ihn ins Feld führt, so ist es in der Tat
Wort und Botschaft
                                                                              umso bemerkenswerter, dass unser Herr uns ein
26 Fragen zur Bibel
                                                                              Evangelium der Freiheit, des Vertrauens und des
Meine Kirche                                                                  Friedens gelehrt hat.
16 Im Blickpunkt                                                                 Vor allem aber war dieses Kind in Gefahr. Und
19 Junge Adventisten
                                                                              leider wissen wir heute, dass es nicht das letzte
                                                                              Kind in Gefahr war, dass Hunderte und sogar Hun­
20 Glaubensüberzeugungen
                                                                              derttausende von Kindern heute Teil einer großen
23 Ellen White entdecken
                                                      und schrecklichen Fluchtbewegung vor Angst und Schmerz, Krieg und
Gelebter Glaube                                       Hungersnot sind.
27 Gesundheit und Wellness                               Wenn du in dieser Ausgabe von Adventist World die besonderen Artikel
28 Zeit für eine Geschichte                           über die Notlage von Flüchtlingen liest, bete um Augen, die in denen, die
30	Glaube im Wachstum –
                                                      Christus „diese Kleinen“ nennt, das Gesicht dessen erkennen, der noch
    Lesespaß für Kinder                               immer unsere Liebe, unseren Trost und unseren Schutz sucht.

Wir glauben an die Macht des Gebets und freuen uns über Gebetsanliegen, für die wir während unserer Mitarbeiter-Andacht jeden
Mittwochmorgen beten können. Gebetsanliegen können an folgende E-Mail-Adresse geschickt werden: prayer@adventistworld.org.
Bitte bete auch für uns in unserem gemeinsamen Bemühen, Gottes Reich zu bauen..

2      Janiuar 2019 AdventistWorld.org
Januar 2019 Sie gehen immer noch
AugenBlick

Gebäude in Palu,
Indonesien, die
einst in den Himmel
ragten, sind nach
einem Erdbeben
der Stärke 7,5 und
einem Tsunami mit
Flutwellen bis zu
neun Metern nicht
wiederzuerkennen.
Rettungsteams und
Katastrophenhilfe­
organisationen wie
die Adventistische
Entwicklungs- und
Katastrophenhilfe
ADRA waren vor Ort,
um den Überleben­
den zu helfen.
Foto: Ralfie Maringka/ADRA Indonesia

                                       AdventistWorld.org Januar 2019   3
Januar 2019 Sie gehen immer noch
Kurznachrichten

                                                             2000
                                                                                       Versöhnung in Ungarn führt zu
„Wenn es die globale                                                                   Massen-Einsegnung
Gesellschaft ernst
meint, die Ziele der                                                                   Vor kurzem fanden in Ungarn zwei
                                                                                       Massen-Einsegnungen statt, die ei-
nachhaltigen Ent-                                                                      nen weiteren Schritt zur Wiederver-
                                                        chilenische adventistische
wicklung vor 2030 zu                                                                   einigung zweier Gruppen der Kirche
                                                         Jugendliche nahmen am
erreichen, gehören                                                                     der Siebenten-Tags-Adventisten im
                                                       adventistischen Jugendkon-
religiöse Leiter zu                                                                    Land darstellen, die sich vor mehr
                                                                                       als 40 Jahren, hauptsächlich wegen
                                                       gress des Landes teil, der in
denen, die den ge-                                                                     Fragen der Regierungskontrolle
                                                       sieben Städten gleichzeitig
wünschten Wandel                                                                       während des damaligen kommunis-
                                                          stattfand. Zu den Aktivi-
herbeiführen werden.“                                                                  tischen Regimes, spalteten. In den
                                                        täten der Jugendlichen im      letzten Jahren haben beide Grup-
Jonathan Duffy, Präsident der Ad-                                                      pen – die offizielle Adventgemeinde
                                                         Rahmen des Kongresses
ventistischen Entwicklungs- und Ka-                                                    und die KERAK-Gruppe – viel Zeit
tastrophenhilfeorganisation ADRA,                         gehörten verschiedene
                                                                                       damit verbracht, einander aktiv zu-
stellte 25 Leitern von ADRA-Europa                     gemeinnützige Arbeiten im       zuhören, Vergebung für vergangene
auf ihrer Jahresversammlung die                         Gemeinwesen. Einige Grup-      Fehler zu suchen und Verständnis
Realität vor Augen, dass mehr als                                                      aufzubauen. Im Jahr 2015 unter-
                                                         pen verteilten im ganzen
85 Prozent der Weltbevölkerung mit                                                     zeichneten sie nach einer Reihe von
irgendeiner religiösen Organisation                      Land Lunchpakete, boten
                                                                                       Konsultationen, die 2011 begonnen
verbunden sind. Duffy sprach über                      kostenlose Umarmungen an,       hatten, eine gemeinsame Erklärung.
die Theologie des Mitgefühls, über                       organisierten Programme
die jüngsten globalen Trends und
                                                        für Kinder von bedürftigen
die Rolle religiöser Organisationen
bei der Entwicklungszusammen-                             Familien, reinigten Spiel­   „Unsere Weltanschau-
arbeit und humanitären Hilfe.                          plätze und verteilten Bücher.   ung ist die Software,
                                                                                       die unser Leben steu-
Globale Missionsmöglichkeiten:                                                         ert, eine Karte, mit
                                                                                       der wir unser Leben in
Anzahl religiös ungebundener                                                           der Welt ausrichten.“
Menschen weltweit
                                                                                       Kevin J. Vanhoozer, Professor für
Quelle: Pew Research Center, Religiöse Landschaft weltweit                             systematische Theologie in einer
                                                                                       Forschungsprofessur an der Trinity
                                                                                       Evangelical Divinity School. Er
                                                                                       sprach zu den Teilnehmern eines
                                                        Europa                         Symposiums mit dem Titel „Die Ver-
             Nordamerika
             59.040.000                                 134.820.000                    änderung von Weltanschauungen:
                                                                                       Biblische Treue in einem pluralis-
                         Naher Osten, Nordafrika                                       tischen Zeitalter“ an der Andrews
                                       2.100.000
                                                                                       University. Die vom Adventistischen
                                                                      Asien, Pazifik
                                                                       858.580.000     Theologischen Seminar organisier-
         Lateinamerika, Karibik                                                        te Veranstaltung hatte zum Ziel,
         45.390.000                                                                    fundierte Antworten auf Fragen zu
                                                                                       erörtern und zu formulieren, die mit
                                   Afrika unterhalb der Sahara
                                                                                       dem Verhältnis zwischen gegenwär-
                                            26.580.000
                                                                                       tigen Weltanschauungen und dem
                                                                                       Christentum, insbesondere im Hin-
                                                                                       blick auf die Mission, zu tun haben.

4     Januar 2019 AdventistWorld.org
Januar 2019 Sie gehen immer noch
Kurznachrichten

„Zuerst dachte ich, es                                                      55.000
 sei ein ausländischer                                                          Personen wurden für die
                                                                               Zweite Adventistische Ge-
                                                                               sundheitsstudie der Loma

Sender, da ich diese                                                         Linda Universität zum Thema
                                                                              Diabetes befragt. Die Studi-
                                                                              enteilnehmer wurden durch-

 Lieder noch nie                                                                schnittlich 5,3 Jahre lang
                                                                             beobachtet; keiner von ihnen
                                                                               hatte zu Beginn der Studie

zuvor gehört hatte                                                            Diabetes. Die Studie ergab,
                                                                             dass der Verzehr von Fleisch
                                                                               mit einem erhöhten Risiko

 und die Botschaft                                                               verbunden ist, an Typ-2-
                                                                              Diabetes zu erkranken, der
                                                                            Verzehr von Eiern jedoch nicht.

 sehr gut war.“                                                                 Bei den Teilnehmern, die
                                                                              sowohl Eier als auch Fleisch
                                                                              aßen, erwiesen sich Fettlei-
Nicolas Gomes aus Guinea-Bissau schildert seine erste Begegnung mit           bigkeit und Fleischkonsum
einem Novo Tempo Radiosender, der in dem westafrikanischen Land von
                                                                            laut der Studie als die großen
der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten betrieben wird. Gomes hörte
sich eine Evangelisation an, die der Sender ausstrahlte, und war der ers-       Risikofaktoren für eine Er-
te, der in Guinea-Bissau aufgrund von Radiosendungen getauft wurde.          krankung an Typ-2-Diabetes.

Dreizehn
Studierende des adventistischen Avon-
dale College of Higher Education nahmen
an einem von den Vereinten Nationen
organisierten Leadership Symposium in
Thailand teil. Mehr als 1000 Delegierte von
300 Universitäten in fast 90 Ländern kamen
in Bangkok zusammen. Das UNO-Lea-
dership Symposium hilft Studierenden,
Führungsqualitäten und Kompetenzen
für ihr Leben zu entwickeln, die der Welt
um sie herum zugutekommen. Es bietet
ihnen die Möglichkeit, von professionellen
Trainern, Lebens-Coaches und Arbeitern
im humanitären Bereich zu lernen, sich mit
anderen Studenten zu vernetzen und einen
Dienst für die Allgemeinheit zu leisten.
                                                                                                Foto: Adventist Record

                                                                                 AdventistWorld.org Januar 2019     5
Januar 2019 Sie gehen immer noch
Aus aller Welt

Globale Konferenz zur Schulung in Leitung                                                              Veranstaltung mit Hunderten von
und Verwaltung im Gesundheitswesen                                                                     Führungskräften aus 44 Ländern.

Von Larry Becker, Pressedienst von Loma Linda University Health

   Über 300 adventistische Führungs­                     „Wie können diese Organisationen                 „Außerdem wirkt sich das Engage­
kräfte aus dem Gesundheitswesen in                    das Evangelium von Christus effektiver           ment auch stark auf die Menschen hier
44 Ländern nahmen an der achten                       und zielgerichteter an die Welt weiterge­        an der Loma Linda University Health
Globalen Konferenz für Gesundheits­                   ben?“, fragte Richard H. Hart, Präsident         aus“, fügte Hart hinzu. „Wenn wir diese
wesen (Global Healthcare Conference)                  der Loma Linda University Health, in             Gelegenheiten nicht nutzen würden,
teil, einer der regelmäßig stattfindenden             seiner Eröffnungsrede. „Zu oft nimmt             um unsere Träume von Mitgefühl und
internationalen Initiativen, mit der die              uns der Überlebenskampf gefangen,                Fürsorge für andere zu verwirklichen,
Loma Linda University Health (Loma                    und wir entwickeln uns nicht zu dem,             wäre es unser Verlust. Die Gelegenhei­
Linda Gesundheitsuniversität) die                     was Gott mit diesen Krankenhäusern               ten zum Dienen prägen die Kultur von
Entwicklung kirchlicher Gesundheits­                  und Gesundheitseinrichtungen für uns             Loma Linda und machen es zu einem
einrichtungen in Entwicklungsländern                  beabsichtigt. Unser Ziel ist es, all diesen      besseren Ort.“
auf der ganzen Welt unterstützt.                      Institutionen zu helfen, zu wachsen und             Die erste Globale Konferenz für
   Im Mittelpunkt der vom 18. bis 21.                 stärker zu werden.“                              das Gesundheitswesen fand 2010 in
Oktober 2018 in Loma Linda stattfin­                     Viele der Workshops wurden von den            Honduras statt und thematisierte in
denden Veranstaltung standen Fragen                   höchsten Führungspersonen der Loma               erster Linie die spezifischen Bedürfnisse
der Leitung, Verwaltung und des Ma­                   Linda University Health gehalten, die            von Führungskräften im Gesundheits­
nagements von Gesundheitsorganisatio­                 Informationen aus ihren Fachgebieten             wesen in Lateinamerika. Seit 2012
nen auf der ganzen Welt. Die Konferenz­               weitergaben.                                     findet die Konferenz jährlich statt. In
teilnehmer nahmen an einer Vielzahl                      Die Kirche der Siebenten-Tags-Adven­          geraden Jahren in Loma Linda und in
von interaktiven Plenarsitzungen und                  tisten betreibt weltweit 175 Kranken­            ungeraden Jahren in verschiedenen
Workshops in kleineren Gruppen teil,                  häuser und Gesundheitsinstitutionen.             Regionen, bisher bereits in der Domini­
um mehr über die verschiedenen Rollen                    „Ich werde oft gefragt, warum sich die        kanischen Republik, Côte d‘Ivoire und
und Verantwortlichkeiten zu lernen, die               Loma Linda University Health so dafür            Sambia.
Führungskräfte in Gesundheitseinrich­                 einsetzt, diese internationalen Instituti­          Auf der Konferenz 2016 ging es
tungen haben. Das Wochenende bot laut                 onen zu unterstützen“, sagte Hart. „Eine         um Personalfragen und die Heraus­
den Organisatoren auch Raum zum Net­                  Antwort auf diese Frage findet sich in           forderungen bei der Besetzung inter­
zwerken und zur Zusammenarbeit der                    den vielen Müttern, Kindern und Fami­            nationaler Institutionen mit ihren
institutionellen Führungskräfte unter­                lien, deren Leben in diesen Kranken­             begrenzten finanziellen und sozia-
einander und ermutigte zum Austausch                  häusern täglich gerettet und verbessert          len Ressourcen. Leiter von Kranken­
über praktische Herausforderungen.                    wird.“, erklärte er.                             häusern aus Indien und Belize be­-
                                                                                                       richteten, dass dank der zwei ­Jahre
                                                                                                       zuvor er­haltenen Informationen
                                                                                                       erhebliche Fortschritte beim Personal­
                                                                                                       management ihrer Einrichtung erzielt
                                                                                                       wurden.
                                                                                                          Die diesjährige Konferenz wurde in
                                                                                                       Zusammenarbeit mit verschiedenen
                                                                                                       Organisationen ausgerichtet, darun­
                                                                                                       ter Adventist Health International,
                                                                                                       dem Consortium of Adventist Medical
                                                                                                       Education Leaders (Vereinigung der
                                                                                                       Leiter adventistischer medizinischer
                                                                                                       Bildung), der Abteilungen Gesundheit
    Richard Hart, Präsident der Loma Linda Gesundheitsuniversität,                                     und Bildung der Generalkonferenz der
    heißt die Delegierten der Globalen Gesundheitskonferenz                                            Siebenten-Tags-Adventisten sowie dem
    2018 Willkommen, an der über 300 Führungskräfte aus                                                Global Health Institute der Loma Linda
    dem Gesundheitswesen aus 44 Ländern teilnahmen.
                                                                                                       University Health.
                                                             Foto: Loma Linda University Health News

6     Januar 2019 AdventistWorld.org
Januar 2019 Sie gehen immer noch
Aus aller Welt

Auf der Suche nach verantwortlichen,                                                     Bewusste Heranbildung
motivierten und produktiven Leitern                                                      von Leitern im Fokus der
                                                                                         Südpazifische Division.
Von Adventist Record und Adventist Review

   Mehr als 50 Leiter der Kirche der Sie­
benten-Tags-Adventisten aus dem gesam­
ten Südpazifikraum trafen sich am 11.
September 2018, um über eine Strategie
zur Heranbildung von Führungspersonen
für die Kirche der Siebenten-Tags-Adven­
tisten in der Region der Südpazifischen
Division (SPD) zu beraten.
   An dem Treffen, das in den Büros der
Division in Wahroonga, im australi­
schen Bundesstaat New South Wales,
stattfand, nahmen Leiter von Institu­
tionen der Division teil, darunter das          Glenn Townend, Präsident der Südpazifischen Division (stehend) mit
Avondale College of Higher Education,           den Teilnehmern der Tagung für die Heranbildung von Führungskräften
                                                im Verwaltungssitz der Kirche in Wahroonga, Australien.
die Pacific Adventist University, das
Sanitarium Health and Wellbeing in                                                                             Foto: Adventist Record

Papua-Neuguinea sowie Leiter der             mit den derzeitigen Unterstützungssys­         Darüber hinaus beginnt die Südpa­
Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten        temen für den Heranbildungsprozess          zifische Division eine monatliche Serie
in Australien, Neuseeland, Papua-Neu­        befasste. Anhand der Umfrageergebnis­       zur Heranbildung von professionellen
guinea und dem Trans-Pazifik. Wie            se wurden mehrere Schlüsselfaktoren         Führungskräften, die am 1. November
die Organisatoren berichteten, war die       sichtbar, darunter der Aufbau eines Sys­    2018 begonnen hat und sich über 12
Tagung ein wesentlicher Schritt zur          tems zur Erkennung und Heranbildung         Monate erstreckt. Alle Leiter in den Ver­
Schaffung von Systemen im gesamten           zukünftiger Führungskräfte, „effektives     waltungseinheiten der Südpazifischen
Personal, durch welche Leiter unter­         Mentoring“ und regelmäßige Gespräche        Division können entweder persönlich
stützt, geschult und Bewährungsproben        mit den Mitarbeitern über ihre Pläne        an den Workshops teilnehmen oder sie
ausgesetzt werden, um die Vision und         und Entwicklungsbedürfnisse. Die            per Live-Streaming verfolgen. Für Leiter
Mission der Kirche der Siebenten-            Umfrage zeigte, dass Führungskräfte         aus dem Gebiet der Inseln im Pazifik,
Tags-Adventisten zu erfüllen.                zuversichtlich sind, die Mission und        die in abgelegenen Gebieten arbeiten,
   „Es ist wichtig, darauf zu achten, dass   Vision der Gemeinde zu fördern, aber        sind Videoaufzeichnungen verfügbar.
unsere Kirche in der Gesellschaft relevant   eine systematischere Unterstützung bei      Die Themen, die in den Workshops be­
bleibt. Das geschieht, indem wir sicher­     der Führung von Personen benötigen.         handelt werden, drehen sich um wich­
stellen, dass unsere Leiter über die Kom­       „Besonders wertvoll war, dass wir Zeit   tige Schlüsselbereiche wie zum Beispiel
petenz, das Wissen, die Erfahrung und die    mit unserem Vorstandsvorsitzenden           die Kommunikation in der Führung, das
Gewandtheit verfügen, die sie brauchen,      Glenn Townend [Präsident der Südpazi­       Management von Wachstumschancen
um in sich verändernden und vielfältigen     fischen Division] verbrachten und unse­     und die Entwicklung einer effektiven
Umgebungen zu führen“, erklärte Dean         re Führungsstrategie durcharbeiteten“,      Mentoring-Kultur.
Banks, Führungs- und Personalentwick­        sagte Jeanette Conley, Führungskraft           „Uns ist klar, dass unsere Führungs­
lungsmanager. „Wir müssen dafür sorgen,      bei Adventist HealthCare. „Von anderen      kräfte wenig Zeit haben und große
dass wir uns darauf konzentrieren, eine      Gruppen über ihre allgemeine Heraus­        Verantwortung tragen“, sagte Banks.
große Gruppe von zukünftigen Führungs­       forderungen und Chancen zu hören, war       „Aber unsere Botschaft an sie lautet,
kräften heranzubilden, die in der Lage       ebenfalls sehr aufschlussreich.“            dass wir ihnen Möglichkeiten zum
sind zu führen, wenn entsprechende Posi­        „Wir müssen formulieren, wie her­        Lernen bieten, wenn sie bereit sind zu
tionen frei werden.“                         vorragendes Leiten für die Kirche der       lernen. Es ist Teil der Wertschätzung
   Den Teilnehmern wurden die Er­            Siebenten-Tags-Adventisten aussieht:        und Erweiterung des Handlungsspiel­
gebnisse einer Umfrage unter mehr als        welches Denken, Verhalten und Vorbild       raums unserer Mitarbeiter, damit sie
200 Leitern aus der gesamten Südpa­          wir von unseren Leitern erwarten“, sagte    verantwortlich, motiviert und produktiv
zifischen Division vorgestellt, die sich     Townend.                                    sind.“

                                                                                                AdventistWorld.org Januar 2019     7
Januar 2019 Sie gehen immer noch
News regional Südasien-Pazifik-Division (SSD)

Stärkung Adventistisch-Muslimischer Beziehungen in den Südphilippinen

Leiter der Zamboanga Peninsula Mission (ZPM), der Verwaltungsregion für die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten im
Südwesten Mindanaos auf den Philippinen, und der von Muslimen dominierten Inseln in der Region trafen sich am 20.
September 2018 im Verwaltungssitz der Mission in Ipil zum ersten gemeinsamen Essen. Das Anliegen der Kirchenleitung
war es, durch die Zusammenkunft das Verständnis zwischen den beiden Religionen in der Region zu fördern und Gelegen-
heiten für Gemeinschaft und respektvollen Austausch zu schaffen.

1.482.143                                                                                         1969
                                       „Wir brauchen Gottes Kraft, um die Bitter-
                                        keit und den Schmerz zu überwinden, den
    Gemeindeglieder                     wir manchmal unser ganzes Leben lang
       gab es zum                       mit uns herumtragen. Ohne Gottes ver-                     begannen die SULADS ihre
     1. November in                     wandelnde Kraft, sind wir nur Menschen.                   Arbeit unter der Manobo-
      der Südasien-                     Aber mit seiner Kraft können wir in der                   Volksgruppe von Mindanao
     Pazifik-Division.                  Welt Menschen sein, die anders sind.“                     auf den Philippinen. In
                                                                                                  der Sprache der Manabo
                                       Saw Samuel, Präsident der Südasien-Pazifik-Division der    bedeutet Sulad Bruder

125
                                       Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Samuel machte       oder Schwester, es ist aber
                                       die Aussage im Zusammenhang mit seinem Vater, zu dem       auch ein Akronym für die
                                       er keine gute Beziehung hatte. Nachdem er sich vor kur-    englischsprachigen Be-
                                       zem um seinen Vater bemühte, kam es zu einer Versöh-       griffe Sozioökonomischer
                                       nung und zur Taufe seines Vaters im Alter von 76 Jahren.   Aufstieg, Alphabetisierung,
Administratoren, Profes-                                                                          Anthropologische und Ent-
soren, Dozenten, Studen-               „Als Kirche müssen wir alle unser Bestes tun,              wicklungsdienste. SULADS
ten und Gemeindeglieder                 um das Bewusstsein zu schärfen, damit wir                 International ist eine der Ad-
aus vielen verschiede-                  Annahme, Verständnis und Liebe für diese                  ventgemeinde ­nahestehende
nen Institutionen in der                besonderen Kinder fördern können.“                        kommunale Nichtregierungs-
Region der Südasien-Pa-                                                                           organisation (NGO), die sich
zifik-Division nahmen                  Mahuya Roy, Koordinator für den Dienst an Menschen mit     an Entwicklungsprojekten für
am jüngsten Forum der                  besonderen Bedürfnissen in der Bangladesch Adventist       indigene Völker beteiligt, die
Asian Theological Society              Union Mission. Leiter und Gemeindeglieder der Kirche der   ohne Zugang zu Bildung und
(Adventistische Theo-                  Siebenten-Tags-Adventisten in Bangladesch organisierten    Gesundheitsversorgung leben.
logische Gesellschaft in               landesweite Veranstaltungen zum Welt-Autismus-Tag.         Die Organisation, die heute
Asien, AATS) am Adven-                 Schüler und Mitarbeiter von adventistischen Schulen im     mit Ethnien auf den Philippi­
tist International Institut            ganzen Land sowie Leiter der Bangladesh Adventist          nen, in Thailand, Kanada
for Advanced Studies                   Union Mission veranstalteten Paraden, organisierten        und den Vereinigten Staaten
(Adventistisches Inter-                öffentliche Diskussionen und besuchten Familien mit        arbeitet, feierte kürzlich ihr
nationales Institut für                autistischen Kindern. (^-)                                 fünfzigjähriges Bestehen.
Höhere Studien, AIIAS) teil.
Ziel der Asian Theological
Society ist es, unter den
Mitgliedern einen offenen
Dialog über Themen zu
fördern, die für biblische,
theologische, historische
und missiologische Studi-
en im asiatischen Kontext
relevant sind. In diesem
Jahr diskutierten die
Teilnehmer die Herausfor-
derungen des religiösen
Pluralismus in Asien.
                                                                                                  Foto: Southern Asia-Pacific Division

8     Januar 2019 AdventistWorld.org
Januar 2019 Sie gehen immer noch
Weitergedacht
                                                                                       Von Gerald A. Klingbeil, stv. Chefredakteur,
                                                                                               Adventist Review/Adventist World

                                                                                         Gemeinde. Als Vater von Kindern im
                                                                                         Teenager- und jungen Erwachsenenal­
                                                                                         ter mache ich mir besonders Sorgen um
                                                                                         diejenigen, die wir nach dem Universi­
                                                                                         tätsabschluss verlieren. Warum tun wir
                                                                                         uns schwer damit, ihnen zu helfen, eine
                                                                                         geistliche Heimat zu finden?
                                                                                            Es wird immer mehr qualitative
                                                                                         Forschung von adventistischen Wis­
                                                                                         senschaftlern zu dieser schmerzlichen
                                                                                         Realität betrieben. Das ist auch nötig,
                                                                                         wenn wir strategisch denken wollen.
                                                                                         Aber darüber hinaus brauchen wir
                                                                                         auch die Liebe und Herzenssehnsucht,
                                                                 Foto: Andrew Seaman     um diese Herausforderungen persön­

Sie gehen                                  leere Stühle oder einen großen Raum
                                           mit 800 leeren Stühlen vorzustellen.
                                                                                         lich anzugehen. Wenn du dich an einer
                                                                                         Lösung des Problems beteiligen willst,
immer noch                                    Es tut mir im Herzen weh, wenn             sind hier vier praktische Vorschläge,
                                           ich mir das in meiner Ortsgemeinde            die helfen können, den Lauf der Dinge
Und wir nehmen es zu leicht hin.           vorzustellen beginne. Hinter den sta­         aufzuhalten.
                                           tistischen Zahlen eines Berichts stehen          Als erstes solltest du die Mitglieder
   Bei der letzten Herbstsitzung (An­      ja Menschen, die aus irgendeinem              deiner Gemeinde persönlich kennen,
nual Council) des Exekutivausschusses      Grund beschließen, dass die Kirche            insbesondere die neuen. Interessiere
der Generalkonferenz in Battle Creek,      der Siebenten-Tags-Adventisten nichts         dich für ihr Leben.
im US-Bundesstaat Michigan, legte          mehr für sie ist. Versteh mich bitte             Zweitens: Hilf deinem Gemeindelei­
David Trim, Direktor des Büros für Ar­     nicht falsch. Ich glaube nicht, dass          tungsteam dabei, neue Gemeindeglie­
chive, Statistik, und Forschung (Office    die Zugehörigkeit zu dieser Kirche            der zu Jüngern zu machen. Menschen
of Archives, Statistics, and Research,     bedeutet, dass man automatisch in             zu Jüngern zu machen ist nicht nur die
ASTR), den statistischen Jahresbericht     den Himmel kommt. Gott hört nicht             Aufgabe des Pastors oder Ältesten. Die
vor.1 Mitten in den vielen Zahlen, die     auf, zu den Herzen derer zu sprechen,         Ortsgemeinde ist der Ausgangspunkt
beschreiben, wie wir als Kirche wach­      die gehen – und glücklicherweise              für die Jüngerschaft.
sen, ließ mich eine Zahl wieder einmal     werden viele zurückkommen. Was                   Drittens: Achte besonders auf die
aufhorchen. 42 Prozent, so Trim, verlas­   mich allerdings schon getroffen hat,          Jugendlichen und jungen Erwachsenen
sen unsere Kirche – eine Zahl, in wel­     ist die Tatsache, dass uns diese Zahlen       in deiner Gemeinde. Merk dir ihre Na­
cher diejenigen, die durch den Tod aus     anscheinend nicht viel auszumachen            men, sprich mit ihnen und höre dir ihre
unserer Kirche scheiden, anscheinend       scheinen.                                     Sorgen und Interessen in Bezug auf die
noch nicht einmal enthalten sind.2            Natürlich freuen wir uns über die          Gemeinde an. Sei ein Mentor für sie.
   Wir mögen diese alarmierende Zahl       1.352.931 neuen Gemeindeglieder,                 Und viertens: beginne ein Gebetsta­
inmitten anderer leidenschaftlicher        die sich 2017 der Adventgemeinde              gebuch speziell für diejenigen, die aus
Diskussionen übersehen. Das sollten        angeschlossen haben, aber trauern             der Gemeinde gegangen sind. Die Für­
wir nicht. Stell dir einmal deine eigene   wir um die 563.205, die nicht mehr da         bitte ist Gottes Mittel, um uns mit der
Gemeinde vor, ob groß oder klein.          sind? Die Gründe für ihr Verschwin­           Welt um uns herum in Verbindung zu
Vielleicht gehörst du zu einer kleinen     den können vielfältig sein. Einige            bringen. Wenn du betest, höre auf die
Gemeinde in Norddeutschland mit 50         wurden getauft, aber nicht wirklich           sanfte Stimme des Heiligen Geistes, die
Gemeindegliedern. Statistisch gesehen      zu Jüngern gemacht – es besteht die           dir kreative Möglichkeiten zuflüstert,
werden 20 dieser 50 Personen in den        Tendenz, dass Gemeindeglieder schnell         um diejenigen, die weggegangen sind,
nächsten Jahren deine Gemeinde ver­        wieder verschwinden, wenn sie nicht           nach Hause zu bringen.
lassen. Vielleicht gehörst du zu einer     bewusst in eine Gemeinde integriert
                                                                                         1 Wir haben in der Dezemberausgabe darüber berichtet. Siehe
großen, lebendigen Gemeinde in São         werden. Andere werden von uns, die               Desire Calixte, „GK-Herbstsitzung: Bericht des Sekretärs mit
                                                                                            Schwerpunkt Mission“, Adventist World, Dezember 2018,
Paulo oder Nairobi mit 2000 Gemein­        wir schon lange in der Gemeinde sind,            S. 8–9.
degliedern. 800 dieser Gemeindeglieder     verletzt. Zwischenmenschliche Kon­            2 Der Bericht ist nachzulesen unter documents.adventistarchives.
                                                                                            org/ArchivesPublications/2018%20Annual%20Council%20-%20
werden verschwinden. Versuche, dir 20      flikte treiben sie aus der Hintertür der         Statistical%20Report%20David%20Trim.pdf (Englisch).

                                                                                                    AdventistWorld.org Januar 2019                           9
Januar 2019 Sie gehen immer noch
V
Titelthema                      incent war erst drei Jahre alt, als sein
                                Vater das gemeinsame Zuhause in

Children on
                                Ghana verließ, um für seine Familie
                       ein neues Leben in Italien zu beginnen.
                       Vincents Mutter folgte ihm, als er fünf Jahre
                       alt war, Vincent und seinen jüngeren Bruder

the Move –
                       brachte sie bei deren Tante unter.
                          Vincent wusste, dass seine Eltern schwer
                       arbeiteten, um eine bessere Zukunft für sie

Entwurzelte
                       zu schaffen, und seine Tante kümmerte sich
                       gut um ihn und seinen Bruder; aber Vincent
                       fühlte sich trotzdem einsam. „Alle meine
                       Freunde hatten ihre Eltern, aber meine

Kinder
                       waren weg“, sagte er.
                          Seine Tante nahm ihn und seinen Bruder
                       jede Woche mit zum Gottesdienst, aber es
                       war nicht die Adventgemeinde, die er mit
                       seinen Eltern besucht hatte. Er vermisste
Eine wachsende Krise   die vertraute Gemeinschaft. „Ich fühlte mich
                       nicht wie zu Hause.“
                          Als Vincent 13 Jahre alt war, kam sein
                       Vater nach Ghana zurück und brachte ihn
                       schließlich nach Palermo, auf der italieni­
                       schen Insel Sizilien, wo sein neues Leben
                       beginnen sollte. Die ersten Monate in Italien
                       waren aufregend für ihn, aber er fühlte sich
                       auch überfordert. Er sprach die Sprache
                       nicht, er kannte niemanden außerhalb
                       seiner Familie, und an der ganzen Schule
                       gab es außer ihm nur ein Kind mit dunkler
                       Hautfarbe.
                          Es war eine schwierige Übergangsphase.

                       EINES VON MILLIONEN KINDERN
                          Vincent ist eines von 30 Millionen
                       Kindern, die derzeit außerhalb ihres Geburts­
                       landes leben.1 Weitere 17 Millionen leben als
                       Vertriebene innerhalb ihres Heimatlandes,
                       meist aufgrund von Gewalt und Konflik­
                       ten.2 Der Begriff „Children on the Move“
                       beschreibt diese Kinder, alle unter 18 Jahren,
                       die den Ort, den sie ihr Zuhause nennen,
                       verlassen haben oder gewaltsam von dort
                       vertrieben wurden.
                          Weniger nüchtern ausgedrückt sind
                       viele dieser entwurzelten Kinder Migran-
                       ten wie Vincent, andere sind Flüchtlinge,
                       haben Katastrophen überlebt, sind
                       Opfer von humanitären Krisen und
                       vielem mehr.
                          Am wichtigsten aber ist, dass sie einfach
                       nur Kinder sind.
SCHWIERIGES ÜBERGANGSSTADIUM
   Jeder Schritt, den entwurzelte Kinder auf ihrer Reise tun,
kann erschütternd und herzzerreißend sein. Man vergisst allzu
leicht, dass die Reise nicht endet, wenn sie an einem neuen Ort          Vincent, ein Flüchtling
                                                                         aus Ghana, der heute
ankommen. Sie beginnen vielmehr ein ganz neues Leben. In                 in Italien lebt, gehört
dieser Phase leiden die Kinder im besten Fall unter Unsicher­            zu den 30 Millionen
heit; viele haben im Übergangsstadium jedoch zusätzlich mit              Kindern und Jugend-
                                                                         lichen, die gegenwärtig
dem Trauma von Konflikten zu kämpfen.                                    außerhalb ihres
   Zweifellos kann es für einen Ort schwierig sein, Migranten            Geburtslandes leben.
oder Menschen, die aus welchen Gründen auch immer vertrie­
ben wurden, aufzunehmen, selbst wenn die meisten Einwohner
wohlmeinend sind. Wo es an Ressourcen wie Nahrung und
sauberem Wasser bereits mangelt, sind Neuankömmlinge eine
zusätzliche Belastung. Spannungen können auch auftreten,            seelische Unterstützung finden können, die andern Program­
wenn neue Kulturen und Religionen, mit denen die Einheimi­          men für Migranten und Flüchtlinge oft fehlt.
schen nicht vertraut sind oder denen sie sogar misstrauisch
gegenüberstehen, plötzlich in ihrer Heimatstadt sichtbar werden.    ALS FAMILIE VORANKOMMEN
   Dag Pontvik von der Adventistischen Entwicklungs- und               Als Vincents jüngerer Bruder die Schule in Ghana beendet
Katastrophenhilfe ADRA in Italien erklärt, dass in dieser für       hatte, kam auch er nach Palermo zum Rest seiner Familie, zu
entwurzelte Kinder kritischen Phase jeder eine Rolle spielt.        der inzwischen noch ein neuer kleiner Bruder hinzugekommen
   „Integration ist von entscheidender Bedeutung“, meint            war. Nun war die Familie endlich wieder komplett und blühte
Pontvik. „Wir müssen über das Angebot materieller Unterstüt­        in ihrem neuen Leben auf.
zung hinausgehen; wir müssen mehr tun, als Nahrung und                 Heute ist Vincent 16 und seine frühere Schüchternheit ist
Unterkunft anzubieten. Wir müssen den Kindern zuhören. Wir          verschwunden. Mit einem selbstbewussten Lächeln steht er
müssen ihnen helfen, Zugehörigkeit zu finden, ihnen psycho­         neben Pontvik vor einer Gruppe von Leitern kirchlicher und
soziale Unterstützung anbieten und würdigen, dass sie auch          kirchlich-humanitärer Organisationen auf einer Veranstaltung
seelisch ankommen müssen.“                                          mit dem Titel „Faith Action Forum for Children on the Move“
   Als Vincent nach Italien kam sprach er kein Italienisch, dafür   und erzählt mit kräftiger Stimme seine Geschichte. Es ist eine
aber Englisch. Er fand Trost bei Lehrern, die mit ihm Englisch      Erfolgsgeschichte, und an diesem warmen Oktobermorgen in
sprachen. Und er fand sogar Anerkennung, weil er Kindern in sei­    Rom erzählt er den Anwesenden, dass er hofft, anderen entwur­
ner Klasse, die von ihm Englisch lernen wollten, helfen konnte.     zelten Kindern helfen zu können, ihre eigenen Erfolgsgeschich­
   Aber erst als er in Palermo wieder in eine Adventgemeinde        ten zu schreiben.
ging, fand er ein „Zuhause“, wo er sich zugehörig fühlte. „Gottes      Auf die Frage, wo er seine Kraft findet, muss Vincent nicht
Stimme sagte mir, ich solle vorwärts gehen“, sagte Vincent. „Er     lange überlegen, bevor er antwortet: „Bei Gott.“ Und was
sagte mir: ‚Geh in die Gemeinde, dort gibt es etwas Besonderes      würde er anderen entwurzelten Kindern raten? „Du kannst es
für dich‘.“                                                         schaffen. Geh nur voran.“
   Vincent fand in der Gemeinde außer den Sabbatgottesdiens­           Pontvik sprach vor der Gruppe über die Bedeutung der
ten in einem Gebäude, in dem sich sowohl die italienische           Stärkung junger Menschen wie Vincent in unserer Gesellschaft.
als auch die ghanaische Gemeinde versammelt, tatsächlich            „Selbst diejenigen von uns, die auf diesem Gebiet arbeiten,
etwas Besonderes, nämlich ein von ADRA organisiertes                können sich schuldig machen, indem sie die Kinder nach
Programm, das sein Leben veränderte. Gemeinsam mit der              Stereotypen beurteilen oder sie in „Schubladen“ stecken, wenn
Adventgemeinde vor Ort hat ADRA für Migrantenkinder wie             wir zum Beispiel ein Kind zum ersten Mal sehen und denken:
Vincent ein Nachmittagsprogramm nach der Schule gestartet.          Du kommst aus Afrika oder Du kommst aus dem Nahen Osten
Das Programm hilft den Kindern durch Sprachunterricht bei           und dann vor allem die Unterschiede sehen. Dabei sollte unser
der Integration, unterstützt sie beim Lernen für die Schule und     erster Gedanke sein: Du bist ein Kind Gottes.“
trägt zum Beispiel durch Pfadfinderaktivitäten dazu bei, dass
                                                                    1 UNICEF, IOM, UNHCR, EUROSTAT und OECD: „A Call to Action: Protecting Children on the Move Starts with Better
sie in ihrer neuen Heimat Spaß haben.                                  Data”, Februar 2018, data.unicef.org/resources/call-action-protecting-children-move-starts-better-data/.
   Ein Programm nach der Schule klingt nach einer einfachen         2 UNICEF, „Uprooted: The Growing Crisis for Refugee and Migrant Children“, 2017,
                                                                       www.unicef.org/publications/index_92710.html.
Lösung, und das ist es auch. Darüber hinaus bietet es eine
bestärkende und sichere Umgebung, in der Kinder Freund­
schaften schließen, ihre Geschichten mit anderen betroffenen        Ashley Eisele ist stellvertretende Leiterin der
Kindern teilen, Selbstvertrauen gewinnen und die soziale und        Kommunikationsabteilung bei ADRA-International.

Fotos: ADRA International                                                                                                 AdventistWorld.org Januar 2019                          11
Titelthema                                                                             ZAHLEN UND FAKTEN
                                                                                          Statistiken des Hohen Flüchtlingskom­

Flüchtlinge
                                                                                       missars der Vereinten Nationen, UNHCR,
                                                                                       zufolge, ist die Zahl der Menschen, die
                                                                                       aufgrund von Verfolgung, Konflikt,
                                                                                       Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen

in Europa
                                                                                       aus ihrer Heimat fliehen mussten, seit
                                                                                       dem Zweiten Weltkrieg dramatisch gestie­
                                                                                       gen.1 Im Jahr 2017 mussten weltweit
                                                                                       68,5 Millionen Menschen ihr Zuhause
                                                                                       verlassen, das sind mehr als die gesamte
                                                                                       Bevölkerung Frankreichs. Davon sind 25,4
Wie Christen helfen                                                                    Millionen Flüchtlinge, mehr als die Hälfte
                                                                                       unter 18 Jahren. Die größte Gruppe, 40

B
                                                                                       Millionen Menschen, sind Binnenvertrie­
        itte! Lassen Sie nicht zu, dass wir Opfer eines weiteren Völkermords werden.   bene, also Menschen, die ihr Land nicht
        Bringen Sie uns hier raus!“                                                    verlassen haben, sondern in eine andere
           Mit diesen Worten bat Scheich Munir, der Leiter der Gemeinschaft der        Region flüchten mussten. Die internatio­
Jesiden im Flüchtlingslager Petra Olympou am Ausläufer des Olymps in Griechenland,     nale Gemeinschaft kann wenig tun, um
die lokalen Beamten dringend um Hilfe. Der Winter nahte, und in dem Lager, in dem      diese Menschen zu schützen. Sie haben
die Flüchtlinge seit dem Frühjahr untergebracht waren, gab es nur leichte Zelte, die   innerhalb der Grenzen ihres eigenen
nicht vor der Kälte und dem Schnee schützen konnten, der bereits die Berge bedeckte.   Landes oft weniger Rechte als Flüchtlinge,
   Rund 1200 Menschen, darunter 500 Kinder, hatten acht Monate auf eine Möglich­       die in anderen Ländern leben.
keit gewartet, zu ihren Angehörigen nach Deutschland zu kommen.                           Fast die Hälfte aller Flüchtlinge kommt
   „Mein Volk hat mehr als 70 Völkermorde durchgemacht“, erklärte Munir. „Zuletzt      aus lediglich drei Ländern: 6,3 Millionen
im vergangenen Jahr im Irak. Es war furchtbar. Ebenso furchtbar wie die Überfahrt      aus Syrien, 2,6 Millionen aus Afghanistan
über das Meer. Lasst uns nicht hier sterben!“                                          und 2,4 Millionen aus dem Südsudan.
   Angesichts der politischen und militärischen Instabilität im Nahen Osten und in        Etwa 85 Prozent der Flüchtlinge leben
Nordafrika sowie der Dürre und Hungersnot in der afrikanischen Sahelzone riskier­                       in Entwicklungsländern,
ten 2015 und 2016 etwa 1,5 Millionen Menschen ihr Leben und flüchteten                                         die meisten sind es
auf der Suche nach Sicherheit und Stabilität nach Europa. Sie waren
gezwungen, alles zurückzulassen. Sie versuchten, in unbekannte
Länder zu gelangen, die ihnen oft nicht freundlich gesonnen waren.
   Inzwischen sind die Europäer auf Flüchtlingsfragen aufmerk­
sam geworden. Einige aus Mitgefühl, andere hingegen fühlen
sich in ihrer Kultur und Lebensweise bedroht.
Helfer von ADRA Serbien zeigen Flüchtlings-
                                                                                             kindern während eines Ferienprogramms im
                                                                                             ADRA-Gemeinschaftszentrum in Belgrad, wie
                                                                                             man Gemüse sät. ADRA bietet Kindern und
                                                                                             Erwachsenen, die aus ihren Heimatländern
                                                                                             fliehen mussten, dringend benötigte Hilfe.

                                                                                             ist klar: „Tu deinen Mund auf für die
                                                                                             Stummen und für die Sache aller, die
                                                                                             verlassen sind.“ (Spr 31,8)
                                                                                                Dort, wo Flüchtlinge aufgenommen
                                                                                             werden, sollte man Brücken bauen,
                                                                                             die helfen, die Sprache zu lernen und
                                                                                             Bräuche kennenzulernen. Eine wirksame
                                                                                             Integration fördert Frieden und Toleranz
mit 3,5 Millionen in der Türkei. Wenn         und dem Südsudan – ebenso wie die              und kann den Zugang zum Arbeitsmarkt
man die Zahl der Flüchtlinge im Verhält­      zuletzt die Rohingya-Krise in Myanmar –        ermöglichen. Das Gebot, das dem Volk
nis zur Zahl der Einwohner im Aufnah­         haben eine tiefe religiöse Ursache.            Israel bei seiner Etablierung als Nation
meland betrachtet, ist der Libanon am            Die oben erwähnte religiöse Minder­         gegeben wurde, gilt auch uns heute noch:
großzügigsten. Bei einer Bevölkerung von      heit der Jesiden ist ein trauriges Beispiel    „Darum sollt ihr auch die Fremdlinge
sechs Millionen Menschen beherbergt           für diese Situation. Seit Jahrhunderten        lieben; denn ihr seid auch Fremdlinge
der Libanon eine Million Flüchtlinge. Im      werden sie verfolgt und Opfer von Völker­      gewesen in Ägyptenland. (5 Mo 10,19)
Vergleich dazu hat ganz Europa, mit Aus­      morden, weil sie andere religiöse Über­           Gegenwärtig hat Europa die einma­
nahme der Türkei, aber einschließlich         zeugungen haben. Leider gilt die Religion      lige Gelegenheit, Toleranz, Solidarität
aller Länder außerhalb der Europäischen       oft als Rechtfertigung für Verfolgung, die     und Achtung der Menschenwürde zu
Union, bei einer Gesamtbevölkerung von        aus Mitbürgern Flüchtlinge macht.              zeigen. Als Christen haben wir eine
741 Millionen Menschen 2,4 Millionen                                                         zusätzliche Verantwortung, Gottes Liebe
Flüchtlinge aufgenommen.                      EIN BEDROHTES EUROPA?                          durch Taten der Güte und des Respekts
                                                 Statt als Ursache für Verfolgung, wird      gegenüber denen zu zeigen, die auf der
RELIGIÖSE VERFOLGUNG                          die Religion eines Flüchtlings von vielen      Suche nach Frieden, Sicherheit und Hilfe
   Den Vereinten Nationen zufolge             in Europa seit langem als Bedrohung            für sich und ihre Familien alles, was sie
bezeichnet der Begriff Flüchtling eine        für die traditionelle jüdisch-christliche      besaßen, hinter sich lassen mussten.
Person, „die sich außerhalb des Landes        Prägung des Kontinents angesehen.                 Scheich Munir und seine Religions­
befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie      Dort herrscht Angst vor dem Eindringen         gemeinschaft mussten den Winter
besitzt oder in dem sie ihren ständigen       verschiedener Religionen, Bräuche und          nicht am Fuße des Olymps verbringen.
Wohnsitz hat, und die wegen ihrer Rasse,      Kulturen. Die religiöse Lebensweise            In Zusammenarbeit mit den Verein­
Religion, Nationalität, Zugehörigkeit         von Flüchtlingen steht in der Tat oft im       ten Nationen und der griechischen
zu einer bestimmten sozialen Gruppe           Widerspruch zu den Traditionen und             Regierung brachte ADRA die Flüchtlinge
oder wegen ihrer politischen Überzeu­         Gewohnheiten der Aufnahmeländer, so            in leerstehenden Hotels unter. Im Laufe
gung eine wohlbegründete Furcht vor           dass Herausforderungen entstehen.              der Zeit erhielten sie Asyl in anderen
Verfolgung hat und den Schutz dieses                                                         europäischen Ländern und konnten
Landes nicht in Anspruch nehmen kann          FRIEDENSSTIFTER                                schließlich mit ihren Familien in
oder wegen dieser Furcht vor Verfolgung          Welche Aufgabe haben Nachfolger             Deutschland vereint werden, wo sie als
nicht dorthin zurückkehren kann.“2            Christi, wenn sie mit diesen Umständen         Menschen den Frieden und die Sicher­
   Einer der häufigsten Gründe, warum         konfrontiert werden? In Matthäus 5,9           heit gefunden haben, die sie suchten.
Menschen aus ihren Heimatländern              ruft Jesus uns auf, Friedensstifter zu sein.      Glücklicherweise wusste Europa, was
flüchten, ist die religiöse Verfolgung.       Christen sollen diese Eigenschaft bei          es seinen christlichen Wurzeln schuldig
Religion wird in den Aufnahmeländern          der Ankunft von Flüchtlingen innerhalb         war.
jedoch oft als destabilisierender Faktor      ihrer Grenzen an den Tag legen, auch              Ein Video über die Flüchtlingsarbeit
und nicht als Ursache für den Flücht­         wenn die Flüchtlinge anderen Glaubens­         von ADRA in Belgrad ist unter adra.org.
lingsstatus dargestellt.                      richtungen angehören als sie selbst.           rs/?lang=eng zu sehen.
   Die meisten Flüchtlinge sind aufgrund         Aber über das Tolerieren anderer
                                                                                             1 www.unhcr.org/figures-at-a-glance.html.
von bewaffneten Konflikten zur Flucht         Glaubensrichtungen hinaus, müssen wir          2 Artikel 1 (A) (2) der Genfer Flüchtlingskonvention aus dem Jahr 1951.
gezwungen. Diese Konflikte werden             einen Geist der Solidarität entwickeln,           https://www.unhcr.org/dach/at/services/faq/faq-fluchtlinge.

jedoch oft durch religiöse Gründe und         der Minderheiten unterstützt und
mangelnde Gewissensfreiheit angesta­          fördert, die wenig oder gar keine soziale      João Martins ist Geschäftsführer von
chelt. Die Konflikte in Syrien, Afghanistan   Unterstützung haben. Das Wort Gottes           ADRA Europa.

Fotos: ADRA Serbia                                                                                        AdventistWorld.org Januar 2019                                13
Missionsarzt Michael von Hörsten mit einem
                                                                                             Flüchtlingskind in Uganda.

                                                                                             Warum habt ihr euch gerade für
                                                                                             Uganda entschieden?
                                                                                                Uganda hat weltweit die dritthöchste
                                                                                             Zahl an Flüchtlingen: 1,5 Millionen. Eine
                                                                                             der größten Lücken in der Flüchtlings­
                                                                                             hilfe in der Region ist die Gesundheitsver­
                                                                                             sorgung.

                                                                                             Warum suchen Menschen Zuflucht in
                                                                                             Uganda?
                                                                                                Uganda ist ein stabiles, friedliches
                                                                                             Land, das an den Südsudan und die
                                                                                             Demokratische Republik Kongo (DRK)
                                            Mit freundlicher Erlaubnis von AdventHelp/ADRA
                                                                                             grenzt, zwei Länder mit den höchsten
Titelthema                                                                                   Raten an ethnischer Gewalt in der Welt.
                                                                                             Seit Dezember 2017 hat die Gewalt in
                                                                                             der Demokratischen Republik Kongo

Unterwegs auf                                                                                noch zugenommen, die Situation wird
                                                                                             durch eine Nahrungsmittelkrise und

einem seltenen Weg
                                                                                             Infektionskrankheiten wie Malaria
                                                                                             und Ebola mit minimalem Zugang zur
                                                                                             Gesundheitsversorgung zusätzlich ver­
                                                                                             schärf. Das hat Tausende von Zivilisten
Ärzte im Dienst der Flüchtlingshilfe                                                         veranlasst, nach Uganda zu fliehen, um

W
                                                                                             in Sicherheit zu gelangen.
            as haben Griechenland, Irak     Erzähl uns von den Flüchtlingspro­
            und Uganda gemeinsam? Sie       jekten, an denen du beteiligt warst.             Wie sind die Lebensbedingungen
            gehören zu den Ländern, die        AdventistHelp startete 2015 in Grie­          der Flüchtlinge?
in den letzten Jahren einen Zustrom von     chenland auf der Insel Lesbos in einem              Die Flüchtlingssiedlung Kyaka II
Flüchtlingen erlebt haben, der einen        zur Notfallambulanz umfunktionierten             gehört zu den Orten in Uganda, wo die
enormen Bedarf an Grundversorgung           Bus in unmittelbarer Nähe zum Ufer,              meisten Neuankömmlinge aus dem
für Vertriebene geschaffen hat. Die         wo die Flüchtlinge mit ihren Booten              Osten der Demokratischen Republik
selbstunterhaltende adventistische          landeten. Später kümmerten wir uns in            Kongo aufgenommen werden. Tausende
Organisation AdventistHelp1 und die         Athen um die medizinische Versorgung             sind in den letzten Monaten angekom­
Adventistische Entwicklungs- und            bedürftiger Flüchtlinge.                         men, viele nur mit der Kleidung, die
Katastrophenhilfe ADRA2 haben sich             Im Jahr 2017 haben wir gemeinsam              sie auf dem Leib trugen. Derzeit leben
in diesen drei Ländern zusammen­            mit ADRA Irak ein ADRA-Feldkranken­              etwa 80.000 Flüchtlinge in der Siedlung.
geschlossen, um eine unverzichtbare         haus östlich der vom Krieg zerstörten            Es wird erwartet, dass die Zahl in den
medizinische Versorgung zu gewähr­          Stadt Mosul errichtet und Menschen               nächsten Monaten auf 100.000 steigen
leisten.                                    versorgt, die vor dem Konflikt mit dem           wird.
   Die beiden Ärzte Michael und Frie­       IS geflüchtet und in den umliegenden                Die Familien – überwiegend Frauen
drich von Hörsten3 und das Missionarse­     Camps untergekommen waren. Im                    und Kinder – erhalten von der Regierung
hepaar Hildebrando und Leah Camacho         vergangenen Jahr sind dort mehr als              ein Stück Land zum Leben, darauf
aus Portugal, haben sich für den in ihren   50.000 Patienten behandelt worden.               bauen sie einfache Lehmhütten. Das
Berufszweigen selten eingeschlagenen           Jetzt gehen wir nach Uganda. Die              ist sehr mühsam, da Infrastruktur und
Weg entschieden und Flüchtlinge in          Landschaft ist in Uganda zwar anders,            Finanzierung extrem begrenzt sind. Die
Flüchtlingslagern in den drei oben          aber die Bedürfnisse der Flüchtlinge             nächsten Krankenhäuser liegen viele
genannten Ländern medizinisch               sind sehr ähnlich. Sie haben einige der          Stunden weit entfernt, und der Zugang
versorgt. Penny Brink, die in Südafrika     schrecklichsten Menschenrechtsverlet­            ist sehr schwierig. Wenn ein Kind an
lebt und als Autorin und Redakteurin        zungen und Konflikte erlitten und leben          schwerer Malaria erkrankt, ist die Wahr­
für Adventist World arbeitet, sprach mit    nun unter verzweifelten Umständen in             scheinlichkeit groß, dass es in seiner
Michael über seine Erfahrungen.             ungeschützten Flüchtlingslagern.                 Hütte stirbt. Bei komplizierten Geburten

14   Januar 2019 AdventistWorld.org
Mit freundlicher Erlaubnis von ARIM
ist das Risiko zu sterben extrem hoch,
da die nächsten Operationssäle viele
Stunden entfernt sind. Die Gesundheits­
dienste vor Ort sind minimal und völlig
überlastet. Es gibt sehr wenig Nahrung.                                                                            Der Dienst für Flüchtlinge und                                                        Flüchtlinge
                                                                                                                                                                                                         aus mehreren

                                                                                                                   Einwanderer in Nordamerika
Viele Kinder leiden unter schwerer                                                                                                                                                                       Sprachgruppen
                                                                                                                                                                                                         feierten im Januar
Unterernährung. Diese Woche haben                                                                                                                                                                        2018 gemeinsam
wir den Boden auf dem Gelände des
Krankenhauses planiert, und es war
                                                                                                                   Hilfe für die Fremden in unseren Toren                                                einen Familien-
                                                                                                                                                                                                         dankgottesdienst

                                                                                                                   D
                                                                                                                                                                                                         in Greensboro
traurig zu sehen, wie Mütter und Kinder                                                                                     ie Nordamerikanische Division ist bemüht, Flüchtlingen, Einwanderern,        (US-Bundesstaat
hinter dem Planiergerät hergingen und                                                                                       Asylwerbern und anderen im Ausland geborenen Menschen in ihrem               North Carolina).
mit den Händen in der Erde gruben, um                                                                                       Gebiet, die schutzbedürftig sind, die Liebe Gottes weiterzugeben. Aus
Wurzeln zum Essen zu finden.                                                                                       diesem Grund hat sie 2009 den Adventistischen Flüchtlings- und Einwanderungs-
   Ein 13-jähriger Junge hat mir erzählt,                                                                          dienst (Adventist Refugee and Immigrant Ministries, ARIM) ins Leben gerufen.
dass er mit ansehen musste, wie seine                                                                              Dieses schnell wachsende Werk ist Teil der Abteilung Mehrsprachige Dienste
ganze Familie mit Macheten umgebracht                                                                              (Multilingual Ministries Department) der Division. Die Aufgabe von ARIM besteht
wurde. Alle haben ähnliche Geschichten.                                                                            darin, die Arbeit der Adventisten unter den drei Millionen Flüchtlingen und anderen
Ihre Aussichten, jemals wieder nach                                                                                Sprachgruppen, die in der Division noch am wenigsten erreicht und etabliert sind,
Hause zu kommen, sind gering.                                                                                      zu koordinieren, zu fördern und auszuweiten. Um dies zu erreichen, konzentriert
                                                                                                                   sich ARIM vor allem auf (1) Gemeindegründungen, (2) Bewusstseinsbildung und
Warum glaubst du, dass der Zeit­                                                                                   Stärkung, (3) ehrenamtlichen Einsatz bei gemeinnütziger Arbeit, (4) Ressourcenent-
punkt für die Wahl dieses speziellen                                                                               wicklung und (5) adventistische Bildung.
Projekts richtig ist?                                                                                                 Das Werk ist inzwischen auf 156 Gemeinden für 17 verschiedene Sprachgruppen
   ADRA hat intensiv mit Flüchtlingen                                                                              unter Flüchtlingen in der Division angewachsen. Mit zunehmendem Bewusstsein
in dieser Region gearbeitet und küm­                                                                               für Flüchtlinge und die Gelegenheiten, die wir haben, sie mit der Liebe Jesu
mert sich derzeit in vielen Flüchtlings­                                                                           bekanntzumachen, haben viele Ortsgemeinden, adventistische Sozialdienste und
siedlungen um die Bedürfnisse der                                                                                  Gemeinschaftszentren, Vereinigungen, Verbände und Dienste auf allen Ebenen der
Flüchtlinge und der Orte, in denen sie                                                                             Kirche kreative Schritte unternommen, um Flüchtlinge zu erreichen. Im Einsatz für
aufgenommen wurden. Aufgrund des                                                                                   muslimische Flüchtlinge arbeitet ARIM eng mit der Abteilung für Adventistisch-Mus-
Drucks der ankommenden Flüchtlinge                                                                                 limische-Beziehungen der Division unter der Leitung von Gabriela Phillips zusammen.
auf ein bereits belastetes Gesundheits­                                                                               „Familien aus vom Krieg zerrütteten Ländern, die Zuflucht suchen, sind Kinder
system ist der Bedarf groß und die                                                                                 Gottes, die nach seinem Bild geschaffen wurden – ganz gleich in welchem Land sie
potenziellen Auswirkungen unserer                                                                                  geboren wurden oder welcher Religion sie angehören. Sie sind unsere Brüder und
Arbeit enorm. Wir bemühen uns, in                                                                                  Schwestern, und wir müssen ihnen Zuflucht gewähren“, erklärt Daniel R. Jackson,
dieser Notsituation grundlegende und                                                                               Präsident der Nordamerikanischen Division. „Als Kirche sollten wir sie in der Nord­
lebenswichtige Bedürfnisse zu stillen.                                                                             amerikanischen Division willkommen heißen und ihnen die Fürsorge, den Respekt
   Das geplante ADRA-Krankenhaus, das                                                                              und die Hilfe zukommen lassen, die sie brauchen.“
in mehreren Bauabschnitten gebaut wer­                                                                                Das wichtigste Personal von ARIM sind Gemeindegründungsberater, die die
den soll, wird über 100 stationäre Betten,                                                                         Sprachen von Flüchtlingen als Muttersprache sprechen. Die Berater suchen
eine Ambulanz, eine Notaufnahme und                                                                                Menschen Gemeindeglieder, die als Flüchtlinge nach Nordamerika gekommen sind
einen Operationssaal verfügen.                                                                                     und ihre Sprache sprechen, und organisieren neue Gemeinden, wo sie gefördert
                                                                                                                   werden und der Allgemeinheit dienen können. Die Berater kümmern sich auch
Warum tut ihr das alles?                                                                                           um Ressourcen, bauen Netzwerke auf und planen Veranstaltungen, in denen die
   Es ist ein Vorrecht für uns, auf diese                                                                          Leiter und Pastoren solcher Gemeinden ausgebildet und gestärkt werden. Darüber
gefährdeten Menschen zugehen zu kön­                                                                               hinaus bringen sie sie divisionsweit mit Menschen zusammen, die den gleichen
nen, sie mit einer qualitativ hochwertigen                                                                         Glauben haben und die gleiche Sprache sprechen, um Gelegenheiten für gegensei-
Gesundheitsversorgung zu versorgen und                                                                             tige Ermutigung, Gemeinschaft und Schulungen zu bieten.
ihnen zu helfen, Heilung zu finden.                                                                                   Mehr Informationen über den Adventistischen Flüchtlings- und Einwanderungs-
                                                                                                                   dienst oder über Hilfsmöglichkeiten gibt es unter www.refugeeministries.org.
1 www.adventisthelp.org.
2 adra.org.
3 Mehr über die Brüder ist unter www.adventistreview.org/church-news/
   story3402-adventist-doctor-describes-tears-and-hope-at-epicenter-of-eu-                                         Terri Saelee ist Koordinatorin des Adventistischen Flüchtlings- und
   rope’s-migrant-crisis zu lesen.                                                                                 Einwanderungsdienstes in der Nordamerikanischen Division.

                                                                                                                                                                  AdventistWorld.org Januar 2019   15
Im Blickpunkt

Missverständnisse
bezüglich des
Dokuments der
Generalkonferenz
zur Einhaltung von
Beschlüssen
von M ark A . F inle y

I
   st euch schon einmal aufgefallen, dass aufrichtige Leute           Dokument fordert nachdrücklich dazu auf, alle Fälle, in denen
   manchmal ein und dasselbe Ereignis ganz unterschiedlich            Richtlinien nicht eingehalten oder umgesetzt werden, auf lokaler
   betrachten können? Ihre Wahrnehmungen über das, was                Ebene zu lösen. Wenn das nicht möglich ist, kann die nächsthö­
geschehen ist, können weit auseinandergehen. Es ist auch mög­         here Ebene der Gemeindeorganisation mit einbezogen werden.
lich, dass wir Missverständnisse, wenn sie oft genug wiederholt           Wenn zum Beispiel in einer Ortsgemeinde ein Problem mit
werden, in unserem Denken als Realität akzeptieren. Da wir            dem Nichteinhalten einer beschlossenen Richtlinie auftritt,
alle Menschen sind, kommt das auch in der Gemeinde vor.               hat die lokale Vereinigung die Verantwortung, das Problem
   Momentan grassieren in den sozialen Medien Missverständ­           mit der Gemeinde zu lösen. Wenn in einer Vereinigung ein
nisse über das Dokument „Beachtung und praktische Umset­              Problem mit Nichtkonformität auftritt, dass sie nicht lösen
zung von Beschlüssen der Generalkonferenz-Vollversammlung             kann oder will, kann der Verband beziehungsweise die Union
und des GK-Exekutivausschusses“.                                      mit Missions­status eingeschaltet werden, um eine Lösung zu
   Manche haben sogar die überzogene Behauptung aufgestellt,          erarbeiten. Das gilt für jede Verwaltungsebene der Gemeinde.
dass die Generalkonferenz selbst das kontrollieren wolle, was auf         Wenn es um einen Fall der Nichtkonformität gegenüber
der Ebene der Ortsgemeinde geschieht, und dass niemand vor            einem Beschluss der GK-Vollversammlung oder des GK-Exeku­
den Tentakeln ihrer Kontrolle sicher sei. Das Dokument wurde          tiv­ausschusses geht, der sich nicht klären lässt, können Vertre­
als „päpstlich“, „anti-protestantisch“ und „unbiblisch“ bezeichnet.   ter der Generalkonferenz in die Diskussion mit der Verwaltung­
   Lasst uns sieben häufig vorkommende Missverständnisse              seinheit eingebunden werden, um das Problem zu lösen.
in der gegenwärtigen Diskussion über das vom GK-Exekutiv­
ausschuss während der Herbstsitzung (Annual Council) 2018             Missverständnis Nr. 2: Das Dokument bedient sich der
beschlossene Dokument betrachten und sie den tatsächlichen            unbiblischen Methode der Zwangsausübung.
Aussagen des Dokuments gegenüberstellen.
                                                                      Tatsache: Das Dokument tut genau das Gegenteil. Wört-
                                                                      lich heißt es dort: „Leitungspersonen (Administratoren),
Missverständnis Nr. 1: Das Dokument ist ein Akt der
                                                                      die mit einem Fall der Nichtkonformität befasst sind, sollen
Überregulierung der Generalkonferenz mit dem Ziel, ihre
                                                                      in einem christlichen Geist, mit intensiven Gebeten und
Macht zu zentralisieren.
                                                                      Gesprächen, vorgehen. (S. 2, Zeile 35)
Tatsache: Tatsächlich formuliert das Dokument: „Die
                                                                        Das Dokument ist auf Heilung angelegt, nicht auf Bestra­
entsprechende Planung und Gewährleistung der regelkon-
                                                                      fung. Es sieht einen Prozess vor, in dem mithilfe von Dialog,
formen praktischen Umsetzung soll zunächst der Verwal-
                                                                      Gebet und Beratung bestimmt wird, wie ein Problem der Nicht­
tungseinheit übertragen werden, die dem Problem am
                                                                      konformität am besten gelöst werden kann. Das Dokument
nächsten ist.“ (S. 1 Zeile 25 Originaldokument)
                                                                      soll nicht dazu dienen, nichtkonforme Entitäten zu bestrafen,
  Die Intention des Dokuments ist, der Verwaltungseinheit, die        sondern einen Prozess einzuführen, durch den Probleme mit
dem Problem der Nichtkonformität am nächsten ist, die Regelung        Nichtkonformität gelöst werden können. Dazu folgt es dem
der Angelegenheit zu überlassen. Statt eine Zentralisierung der       biblischen Muster der Schlichtung, Versöhnung und Klärung,
Macht zu fördern, wird genau das Gegenteil angestrebt. Das            das in Matthäus 18 aufgezeigt wird.

16    Januar 2019 AdventistWorld.org
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