(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW

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(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
DAS MAGAZIN FÜR MANAGEMENT & KOMMUNIKATION DER FHWIEN DER WKW   04|DEZEMBER 2018

                                                                    (K)EIN TISCH
                                                                  FÜR ALLE FÄLLE
                                                                            Open Office, Shared Desk, Activity Based Working: Was
                                                                              steckt hinter diesen Schlagwörtern? studio! nimmt
                                                                                 unterschiedlichste Arbeitsplätze unter die Lupe.

Yacht statt Schreibtisch                               Mobil statt stationär
Die ungewöhnlichen Arbeitsplätze der                   Bei einer Diskussion gab Business Angel
AbsolventInnen der FHWien der WKW.                     Hansi Hansmann Einblick in seinen Alltag.
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im fokus

                                     WO DIE IDEEN
                                     SPRIESSEN
                                     Je wohler wir uns bei der Arbeit fühlen, desto produktiver
                                     sind wir. So weit, so unbestritten. Beim idealen Office-
                                     Konzept scheiden sich aber die Geister. studio! blickt auf
                                     die Schreibtische der Gegenwart und der Zukunft.
                                     VON EMILY WALTON, MAGDALENA DÖRLER UND LISA WIEDNER

                                     A
                                               uf dem Schreibtisch stehen              21. Jahrhundert. Begriffe wie Desksha-
                                               Kaffeehäferl mit lustigen               ring und Homeoffice tauchen in den
                                               Sprüchen, Fotos von der Fa-             Medien auf. Gleichzeitig kursieren
                                     milie, dazu noch Mitbringsel aus dem              Bilder von Büros, in denen Mitarbei-
                                     Urlaub. Daneben liegen Zettelberge,               terInnen zwischendurch Tischfußball
                                     Stifte, Post-its, Telefon- und Compu-             spielen oder sich gar ins Bällebad
                                     terkabel, vielleicht auch das restli-             werfen. Die ultimative Verquickung
                                     che Mittagessen, an den Tischrand                 von Freizeit und Arbeit.
                                     geschoben. Und am Nebenschreib-                                                             Barbara Covar-
                                                                                                                                 rubias Venegas
                                     tisch tratscht die Kollegin, während              Arbeiten in unterschiedlichen Zonen
                                                                                                                                 forscht im
                                     im ganzen Raum die Telefone ohne                  Das sind freilich nur einzelne Facetten   Bereich Human
                                     Unterlass klingeln.                               des Arbeitsumfelds der Zukunft.           Resources.
                                         Beim Wort »Büroarbeitsplatz«                  »Der Trend geht eindeutig hin zum
                                     kommt vielen dieses oder ein ähnliches            Activity Based Working«, sagt Barbara
                                     Bild in den Sinn. Doch ist das wirklich           Covarrubias Venegas, Researcher und
                                     ein Arbeitsumfeld, das die Produktivi-            Lektorin im Studienbereich Human
                                     tät fördert und zeitgemäß ist?
                                         Moderne Arbeitswelten sehen
                                     anders aus. Nicht nur, dass Unterneh-
                                     men zunehmend ihre Angestellten
                                                                                       » DER TREND GEHT EINDEUTIG HIN ZUM
                                     dazu anhalten, Privates (und mancher­             ACTIVITY BASED WORKING. «
                                     orts auch Essen) vom Arbeitsplatz                 BARBARA COVARRUBIAS VENEGAS
                                     fernzuhalten. Immer mehr Personal-
                FOTO: GETTY IMAGES

                                     abteilungen erkennen zudem, dass ein
                                     einziger, fixer Schreibtisch oftmals der
                                     falsche Ansatz ist für das Arbeiten im

DEZEMBER 2018                                                                                                                                     3
(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
im fokus

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                                                                                                          FHWien der WKW. Die Erforschung
                                                                                                          moderner Arbeitswelten zählt seit
IN EINEM RAUM MIT 160 KOLLEGiNNEN                                                                         Jahren zu ihren Schwerpunkten:
                                                                                                          »Activity Based Working bedeutet,
Wo könnte man mehr über das Arbeiten in einem Großraumbüro erfahren                                       dass verschiedene Arbeitszonen ein-
als in einem der größten Newsrooms Europas? Seit 2005 arbeiten die Journa-                                gerichtet werden, die speziell an den
listInnen der APA in dem 1.600 Quadratmeter großen Raum mit etwa 160                                      jeweiligen Aktivitäten ausgerichtet
Arbeitsplätzen. Die alten Räumlichkeiten hatten nicht mehr zum modernen                                   sind«, erklärt Covarrubias Venegas. So
Agentur-Geschäft gepasst. »Bei Breaking News sind etliche Minuten vergan-                                 brauche es etwa Räume, in denen in
gen, in denen man die anderen erst einmal anrufen musste«, blickt Werner
Müllner zurück. Er war als stellvertretender APA-Chefredakteur mitverant-
wortlich für die Organisation des Newsrooms.                                    » MIT DEM ERSTE BANK CAMPUS WOLLTEN
Die vermeintliche Lärmhölle                                                     WIR DIE KOMMUNIKATION JENSEITS
»Woran denkt jemand, wenn er Großraumbüro hört? Lärmhölle, schlechtes
Licht und keine Privatsphäre«, meint Müllner – und erinnert sich, wie heftig    ORGANISATORISCHER GRENZEN STÄRKEN. «
das Thema Privatsphäre vor dem Umzug diskutiert wurde. Die Lösung war,          URSULA TAVOLATO-KUNTNER
die Ressorts mit höheren Möbeln etwas voneinander abzugrenzen. Außerdem
konnte man sich am eigenen Arbeitsplatz einen Sichtschutz montieren lassen.
»Das war anfangs das beliebteste Möbelstück«, berichtet Werner Müllner.                                   Stille gearbeitet werden kann; Räume,
»Aber nach einer Woche haben wir etwa die Hälfte wieder zurückgekriegt,                                   in denen telefoniert werden kann;
mit der schlichten Begründung: Ich sehe ja meine Kollegen nicht mehr.«                                    Räume, in denen Platz ist für kreatives
   Für die Reduktion des Lärms gab es einfache technische Lösungen. Licht                                 Brainstorming. Das Großraumbüro,
war ein größeres Thema: Da ab einer gewissen Raumgröße eine zentrale                                      für das sich zahlreiche Unternehmen
natürliche Lichtquelle gesetzlich vorgeschrieben ist, wurden zwei große Glas-                             in den vergangenen Jahren entschie-
kuppeln eingebaut. Was dabei unterschätzt wurde: Sonne kann blenden. »In                                  den haben, könne diese Bedürfnisse
den ersten Tagen ist die komplette Innenpolitik mit Sonnenbrillen dageses-                                ebenso wenig befriedigen wie das
sen«, erzählt Müllner. Deshalb wurden Folien auf die Kuppeln geklebt.                                     kleinere, »altmodische« Mehrperso-
   Außerdem stellte sich das Regulieren der Temperatur als enorm schwierig                                nenbüro.
heraus: Trotz Lüftungsgitter an den Außenwänden, einer Gebäudekern-Tem-                                       Der Ansatz des Activity Based
perierung und sieben Umluftgeräten habe es ein Jahr gedauert, bis die                                     Working ist nicht vollkommen neu.
Regulierung auf die gewünschten 24 Grad funktioniert hat. Ungeachtet aller                                »Die ersten internationalen Konzerne
Herausforderungen würde sich Werner Müllner auch heute wieder für eine                                    führten dieses Konzept vor etwa 15
Open-Space-Lösung entscheiden: »Wir haben tausende kleine Zeiteinheiten                                   Jahren ein«, berichtet Covarrubias
gewonnen, weil alles viel authentischer und schneller geht.«                                              Venegas. Inzwischen wenden sich
                                                                                                          österreichische Start-ups und Unter-
                                                                                                          nehmen diesem Modell zu, darun-
                                                                                                          ter auch die FHWien der WKW.
                                                                                                          Barbara Covarrubias Venegas und ihre
                                                                                                          KollegInnen können (und müssen)
                                                                                                          am Anfang eines jeden Arbeitstages
                                                                                                          entscheiden, in welche »Zone« sie sich
                                                                                                          setzen – abhängig von der jeweiligen
                                                                                                          Aktivität, der sie nachgehen.

                                                                                                          Ein Headquarter statt 20 Standorte
                                                                                                          Als vorbildhaftes Beispiel einer
                                                                                                          modernen Arbeitswelt gilt der Erste
                                                                                                          Campus der Erste Group Bank AG
                                                                                                          im zehnten Bezirk in Wien auf dem
                                                                                                                                                    FOTOS: APA, ERSTE GROUP, CHRISTIAN WIND

                                                                                                          ehemaligen Südbahnhof-Areal. Rund
       Im Herzen des
                                                                                                          5.200 MitarbeiterInnen, die früher auf
    APA-Newsrooms
    wird das Tagesge-                                                                                     20 Standorte verteilt waren, arbeiten
     schäft der Nach-                                                                                     nun in einem Headquarter zusammen,
       richtenagentur                                                                                     das ebenfalls nach den Prinzipien des
          besprochen.                                                                                     Activity Based Working gestaltet ist.

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(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
»Natürlich haben wir uns auch andere
Konzepte überlegt. Es war uns aber
wichtig, dass wir die Kommunikation
und Kooperation jenseits organisa-
torischer Grenzen stärken und den
Wissensaustausch erleichtern. Acti-
vity Based Working ermöglicht dies.
Außerdem war es uns ein Anliegen,
ein Umfeld zu schaffen, das sich an
                                                                                  Funktionalität, Ergonomie, Design: Der Erste Campus am Wiener
den Aufgaben der MitarbeiterInnen                                                                       Hauptbahnhof versucht, all das zu vereinen.
ausrichtet, nicht an hierarchischen
Strukturen und Statussymbolen«, er-
klärt Ursula Tavolato-Kuntner, Future
Work Manager bei der Erste Group.

Hohe ergonomische Standards                                      Eine moderne und funktionale            sitzen, ist weder für den Körper noch
Die MitarbeiterInnen am Erste                                 Einrichtung allein reicht allerdings       für den Geist förderlich.
Campus entscheiden täglich selbst, in                         nicht, um den Wechsel von einer alten,         Activity Based Working setzt ein
welche Zone sie sich innerhalb ihrer                          sehr traditionellen Arbeitsweise – also    großes Maß an Selbstorganisation vo-
»Home Base« setzen – offene Struk-                            immer an demselben Schreibtisch,           raus. »Damit dieses Zonenmodell gut
turen und Einrichtungen erleichtern                           neben denselben KollegInnen – in           funktioniert, müssen MitarbeiterInnen
die formelle und informelle Kommu-                            eine flexiblere Arbeitswelt zu schaf-      sehr strukturiert sein. Sie müssen sich
nikation, die zu den Bedürfnissen der                         fen. »Menschen sind in der Regel           morgens überlegen: Woran werde
Tätigkeit passt. »Da die Räumlichkei-     Ursula Tavolato-­   Gewohnheitstiere, viele müssen erst        ich heute arbeiten? Für viele ist das
                                          Kuntner hat den
ten darauf ausgerichtet sind, häufig                          umdenken«, weiß Expertin Barbara           ein Umdenk- und Lernprozess«, sagt
                                          Erste Campus
gewechselt zu werden, ist die Ausstat-    maßgeblich mit-
                                                              Covarrubias Venegas.                       Covarrubias Venegas. Stündliches
tung ergonomisch auf dem höchsten         gestaltet.             Bei der Erste Group wurde der           Arbeitsplatz-Hopping steigere weder
Standard«, sagt Tavolato-Kuntner. Die                         Umzug durch Change-Manage-                 Produktivität noch Kreativität. Sie
Schreibtische sind elektrisch höhen-                          ment-Maßnahmen begleitet. »Die             selbst genießt es, dass sie sich an der
verstellbar, ebenso einfach lassen sich                       Flexibilität ist ein Angebot an unsere     FHWien der WKW jeden Tag einen
die Bürostühle individuell anpassen.                          Mitarbeiter und soll kein Zwang sein.      anderen, passenden Arbeitsplatz
Es gibt Sitzecken und schalldämp-                             Natürlich übernehmen Führungskräf-         aussuchen kann. »Ich muss lediglich
fende Materialien, die für eine gute                          te hier eine starke Vorbildfunktion«,      meinen Laptop anstecken und kann
Akustik sorgen. »Schreiende Farben                            sagt Tavolato-Kuntner. Um das Mitei-       überall meine Arbeiten erledigen«, so
haben wir ausgeschlossen. Unsere                              nander und die Vernetzung zu fördern,      Barbara Covarrubias Venegas.
Umgebung ist mit dem Schlossgarten                            bietet man bei der Erste Group
des Belvedere und dem Schweizergar-                           Events, bei denen sich MitarbeiterIn-      Papierberge in der Forschung
ten sehr grün. Wir wollten die Farben                         nen unterschiedlicher Abteilungen          In der Forschung ist diese völlige Fle-
der Natur in die Arbeitsbereiche                              kennenlernen können. Auch die              xibilität allerdings nicht immer gefragt:
hereinholen«, so Tavolato-Kuntner. So                         gesundheitlichen Vorteile dieser neuen     Mancherorts genießt und benötigt man
gibt es am Erste Campus auch eine                             Arbeitswelt versucht man stark in den      den eigenen, permanenten Schreib-
7.500 Quadratmeter große Gartenflä-                           Vordergrund zu rücken. Acht Stunden        tisch. Die Wissenschaft­lerInnen des
che, die zum Arbeiten einlädt.                                oder mehr an einem Arbeitsplatz zu         Research Clusters SMEs & Family

      DEZEMBER 2018                                                                                                                                   5
(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
im fokus

                      Businesses der FHWien der WKW
                      verfassen viele wissenschaftliche
                      Journal-Beiträge. »In diese Arbeit
                      beziehen wir zahlreiche Publikatio-
                      nen, Studien und Artikel mit ein. Da
                      kann es schon vorkommen, dass sich
                      Papierberge auf dem Tisch türmen«,
                      so Christina Schweiger, Co-Head des
Christina Schwei-     Research Clusters. Sie teilt das Büro
ger forscht am
                      mit bis zu vier KollegInnen – in einem
Research Cluster
der FHWien der
                      Nebengebäude der Fachhochschule.
WKW.                  Zwar sind hier die Räumlichkeiten
                      nicht wie im Haupthaus in Zonen
                      geteilt, dennoch greift man häufig eine
                      ähnliche Arbeitsweise auf und sucht
                      sich einen Arbeitsplatz, der an die zu
                      erledigende Tätigkeit angepasst ist.

                      Brainstorming im Park
                      »In der Wissenschaft arbeitet man
                      sehr vernetzt. Wir sind in eine Scien-
                      tific Community eingebettet und im
                      Austausch mit ForscherInnen auf
                      der ganzen Welt. Skype-Konferen-
                      zen kommen im Arbeitsalltag häufig        Türkenschanzpark zum Brainstorming       Denn selbst wenn man in einem
                      vor«, gibt Schweiger Einblick in ihre     gehen. Als produktiv und motivie-        hochmodernen Büro Zonen hat, die
                      Tätigkeit. Um diese Konferenzen zu        rend hat sich vor allem das »Writing     Ruhe versprechen, so bleiben Büros
                      führen, ohne dabei gestört zu werden      Re­treat« bewährt. Jeden Dienstagvor-    doch Orte, in denen man leicht abge-
                      oder andere zu stören, weicht man ins     mittag kommen die Wissenschaft-          lenkt wird.
                      Besprechungszimmer oder gar in die        lerInnen zu diesem Fixtermin im
                      Küche aus. Die aktive Forschung wird      Besprechungsraum zusammen, um in         Kreatives Homeoffice
                      häufig draußen betrieben: Interviews      Ruhe an ihren Forschungspapieren zu      Homeoffice ist nicht nur eine Option
                      werden mit ProbandInnen geführt,          schreiben. »Wir schätzen es außer-       für Schreibtisch-ArbeiterInnen,
                      die Daten dann in den Laptop bzw.         dem, dass wir im Homeoffice arbeiten     sondern auch für Kreative. Eva Maria
                      das Tablet eingegeben. Gelegentlich       können«, sagt Schweiger.                 Schuster, heute Schmuckdesignerin
                      kommt es sogar vor, dass die Wissen-          Die Arbeit im Homeoffice – in der    und -produzentin, hat 23 Jahre in
                      schaftlerInnen in den nahegelegenen       Fachsprache auch Remote Working          Büros gearbeitet, bevor sie sich mit
                                                                genannt – erlebt nach einem Hype         der Kunst in die Selbstständigkeit
                                                                                                                                                  FOTOS: PHILIPP TOMSICH, EVA SCHUSTER, AMRIPHOTO, GETTY IMAGES

                                                                wieder einen leichten Rückgang.          wagte. In ihrer neuen Berufung ist ihr
» ES KANN SCHON VORKOMMEN, DASS SICH                            »Einige große Unternehmen schaffen
                                                                diese Arbeitsform sogar wieder ab«,
                                                                                                         Zuhause zum Arbeitsplatz geworden.
                                                                                                         Gerade als Kreative genießt sie das
PAPIERBERGE AUF DEM TISCH TÜRMEN. «                             berichtet Barbara Covarrubias Ve-        Alleinsein und die Selbstbestimmung.
CHRISTINA SCHWEIGER
                                                                negas. Sie selbst schätzt die Arbeits-   »Derzeit kann ich mir eine Werkstatt
                                                                möglichkeit von Zuhause. »Ich blocke     außerhalb meines Zuhauses nicht
                                                                mir diese Tage oftmals schon Monate      vorstellen«, sagt die 47-Jährige. »Es
                                                                im Vorhinein, damit ich dann völlig      passiert oft, dass ich nachts noch
                                                                konzentriert und ungestört arbeiten      einmal aufstehe, um an einer Idee zu
                                                                kann«, so die Organisations-Expertin.    tüfteln.«

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(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
»Für jeden Arbeitsplatz wichtig«
                                                                                     Ergonomie bedeutet, dass sich nicht der
                                                                                     Mensch den Verhältnissen anpasst, sondern
                                                                                     die Verhältnisse an den Menschen angepasst
                                                                                     werden. »studio!« sprach mit Markus
                                                                                     Lombardini, Ergonomie-Experte der AUVA-
                                                                                     Landesstelle Wien, über die Vorteile von
                                                                                     ergonomischen Arbeitsbedingungen und
                                                                                     einfache Tipps fürs Büro.

                                                                 Herr Lombardini, warum ist das Thema    Man erwartet sich dadurch, negative
                                                                 Ergonomie so wichtig?                   Belastungskomponenten ins Positive
                                                                 Lombardini: Ergonomie trägt zum         umzukehren.
                                                                 Wohlbefinden bei. Die unterschied-
                                                                 lichen Aspekte der Ergonomie            Für welche MitarbeiterInnen ist
             Homeoffice ist nicht nur etwas für Schreibtisch-
                                                                 optimieren aber auch die körperlichen   Ergonomie besonders wichtig?
      ArbeiterInnen, sondern auch für Kreative: Eva Schuster
       hat – nach vielen Jahren in traditionellen Büros – ihre   Belastungen. Deshalb sind sie für       Lombardini: Da von der Ergonomie
      Wohnung zur Werkstatt umgewandelt. Ihre Kreationen         jeden Arbeitsplatz wichtig.             jeder Arbeitsplatz optimiert oder
                  sind auf www.evamschuster.wien zu sehen.                                               angesprochen wird, beschränkt sich
                                                                 Welche Vorteile hat eine ergonomische   diese auch nicht auf einen kleinen
                                                                 Arbeitsplatzgestaltung?                 Personenkreis. Die Frage wird somit
                                                                 Lombardini: Das angesprochene Wohl-     am besten mit »ALLE« beantwortet.
                                                                 befinden hat Einfluss auf die Psyche;   Es geht in erster Linie um Optimie-
                                                                 die Belastungs- oder Bewegungssteue-    rung eines jeden Arbeitsplatzes.
                                                                 rung auf die Physis. Es geht um einen
                                                                 guten Mix aus Belastung und Entlas-     Drei einfache Tipps fürs Büro:
                                                                 tung. Ergonomie wird im Allgemei-       1. Tastaturfüße einklappen – so
    Immer wieder wird bei der Arbeit                             nen meist auf Arbeitshaltung oder          reduzieren Sie muskuläre Arbeit und
von zu Hause vor der Vereinsamung                                Lasthandhabung beschränkt. Aber            damit Verspannungen in der Unter-
gewarnt. Schuster fühlt sich davon                               auch Arbeitsbedingungen wie Klima,         armmuskulatur.
nicht betroffen. »Wie viel Austausch                             Belichtung und Beleuchtung, Vibra-      2. Mauszeigergeschwindigkeit anpas-
man braucht, ist Typsache. Wenn ich                              tion und Strahlung haben Einfluss          sen: Die gesamte Bildschirmbreite
das Gefühl habe, dass mir Kontakt                                auf Ermüdung und Wohlbefinden am           soll aus EINER Handgelenksbewe-
fehlt, gehe ich sofort hinaus, zum                               Arbeitsplatz. Aufgrund der Themen-         gung abgefahren werden können.
Sport oder zum Einkaufen.« In ihrer                              vielfalt der Ergonomie ergeben sich     3. Armlehnen einstellen: Die Ellen­
Einpersonen-Werkstatt spielt sich                                viele Vorteile für alle Beteiligten.       bogen sollen bei entspannten Schul-
alles in einem Raum ab. »Ich habe                                                                           tern auf der Armlehne aufliegen. Der
                                                                                                            dadurch generierte Drehpunkt ent-
einen riesigen Tisch, der zwei Meter
                                                                                                            spannt die Schulter der Maushand
lang ist. Je nach Bedarf liegen hier
                                                                                                            beim Umgreifen zwischen Maus und
Perlen, Blüten und Arbeitsutensilien.                                                                       Tastatur.
Manchmal türmen sich aber auch die
bürokratischen Aufgaben. Das muss                                                                        Sie haben Fragen zum Thema? Die
sich vielleicht noch etwas einspielen«,                                                                  PräventionsexpertInnen der AUVA-
meint Schuster. Für den Moment aber                                                                      Landesstelle Wien stehen Ihnen gerne
hat sie sich ein Arbeitsumfeld geschaf-                                                                  zur Verfügung.
fen, in dem sie produktiv, kreativ und                                                                   Schreiben Sie an sichereswissen@
zufrieden arbeiten kann.                                                                                 auva.at oder besuchen sie den Info-
    Das entspricht der Arbeitsphilo­                                                                     Blog für Prävention am Arbeitsplatz
sophie der Zukunft – egal ob im                                                                          https://sichereswissen.info
Kleinstunternehmen oder im Groß-
konzern. 

      DEZEMBER 2018                                                                                                                               7
(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
geradeheraus

                           DER MITTELPUNKT DES
                           (ARBEITS-)LEBENS
                           Wie lange brauchen Sie morgens zur Arbeit? Sind Sie mit der
                           U-Bahn unterwegs oder mit dem eigenen Auto? Ich wette: Mit der
                           Seilbahn fahren Sie nicht ins Büro. Genau das tut Elke Ludewig,
                           unsere Interviewpartnerin in dieser Ausgabe von studio! Ihr
        Michael Heritsch
        CEO der FHWien
                           Arbeitsplatz ist das Sonnblick-Observatorium der ZAMG auf mehr
        der WKW            als 3.000 Metern Seehöhe. Das »Pendeln« mit der Seilbahn ist für
                           Elke Ludewig ein gewaltiger Fortschritt – bis vor kurzem musste sie
                           den Weg mit einer abenteuerlichen Lastenseilbahn oder überhaupt zu
                           Fuß zurücklegen. Dafür, sagt die Observatoriums-Leiterin, arbeitet
                           sie so hoch oben, dass sie dabei zuschauen kann, wie sich Wolken
                           bilden – wer kann das schon von sich behaupten?
                               Wir sind damit mittendrin in dieser Ausgabe von studio!, in
                           der wir uns dem Thema Arbeitsplatz widmen. An diesem Ort
                           verbringen wir mindestens ein Drittel unseres Tages, also mehr als
                           im eigenen Wohnzimmer, im Bett oder sonst wo. Die meisten von
                           uns teilen sich diesen Ort mit Menschen, die sie sich nicht aussuchen
                           können. Kein Wunder, dass da auch Reibung entsteht – besonders,
                           wenn viele Menschen in einem Raum arbeiten. Licht, Temperatur,
                           Lärm: Das sind die Dauerbrenner im Großraumbüro, wie wir beim
                           Lokalaugenschein im APA-Newsroom herausgefunden haben.
                               Die Antworten auf die Frage, wie Arbeitsplätze am besten gestaltet
                           werden, sind einem Wandel unterworfen. In einer Podiumsdiskussion
                           haben wir dieses Themenfeld mit Menschen beleuchtet, die junge
                           Unternehmen fördern oder mitgestalten – etwa mit Hansi Hansmann,
                           Business Angel und eine der prägendsten Persönlichkeiten der
                           heimischen Start-up-Szene. Das Ergebnis dieser Diskussion können
                           Sie auf den Seiten 10 bis 13 nachlesen. Hansmann selbst hat übrigens
                           gar keinen physischen Arbeitsplatz.
                               Mit dieser Ausgabe von studio! neigt sich das Jahr 2018 dem
                           Ende zu. Bleiben Sie uns auch 2019 als LeserIn gewogen, wir haben
                           bereits viele spannende Themen in der Pipeline. Vorab wünsche ich
                           Ihnen aber eine schöne Weihnachtszeit – möglichst weit weg vom
                           Schreibtisch!

                           Michael Heritsch
                                                                                                    FOTO: FEELIMAGE/MATERN

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(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
Meine Vortragenden
kommen aus
  der Praxis
  einer anderen
  Galaxis                                                       BEWERBUNGSSTART
                                                                09.01.2019

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 DEZEMBER 2018                                                                    9
(K)EIN TISCH FÜR ALLE FÄLLE - FHWien der WKW
visionen

              »MENSCHEN
                                                                                  Ich würde die Diskussion gern mit
                                                                                  Ihren ganz persönlichen Arbeitsplätzen
                                                                                  beginnen. Herr Hansmann, über Sie liest
                                                                                  man, Sie hätten gar keinen. Wie können
                                                                                  wir uns Ihren Alltag vorstellen?

            EROBERN IHRE
                                                                                  Hansmann: Es stimmt, ich habe kein
                                                                                  eigenes Office. Ich arbeite von zu
                                                                                  Hause, auf der Wohnzimmercouch
                                                                                  mit Laptop, Mobiltelefon und den
                                                                                  Kopfhörern im Ohr. Ansonsten bin
                                                                                  ich entweder bei meinen Start-ups

           RÄUME SELBST«
                                                                                  oder ich arbeite im Kaffeehaus. Ich
                                                                                  habe drei oder vier Cafés in Wien, in
                                                                                  denen ich viel Zeit verbringe.

                                                                                  Herr Stieger, Sie betreiben neben Ihrer
                                                                                  Tätigkeit als Berater mehrere Cowor-
                                                                                  king-Spaces in Wien. Mögen Sie dieses
                                                                                  Umfeld – oder haben Sie lieber Ihre Ruhe
               Über die Frage, wie Arbeitsplätze gestaltet sein                   im Einzelbüro?
             müssen, lässt sich trefflich diskutieren. studio! lud                Stieger: Ich arbeite in meinen eigenen
                ExpertInnen zum Round Table – und gewann                          Coworking-Spaces, und zwar immer
                                                                                  in verschiedenen, das ist Luxus. Ich
           spannende Einblicke in ihre Unternehmen und ihre                       könnte mir nicht mehr vorstellen,
                                 ganz persönliche Arbeitsweise.                   jeden Tag ins selbe Büro zu gehen.
                                                      MODERATION: ANDREA HEIGL
                                                                                                                             FOTOS: CHRISTOPH LIEBENTRITT

                                                                                  Herr Kraus, Sie gehen jeden Tag ins
                                              TEXT: KRISTINA SCHUBERT-ZSILAVECZ
                                                                                  T-Center, die Firmenzentrale von
                                                                                  T-Mobile. Erst kürzlich gab es dort eine
                                                                                  Fusion mit UPC. Sie haben also gerade
                                                                                  unterschiedliche Unternehmenskulturen

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Business Angel Hansi Hansmann (oben) hat zwar keinen fixen
Arbeitsplatz; wenn er aber bei »seinen« Start-ups ist, sitzt er
am Besprechungstisch immer am selben Platz, verriet er bei der
Podiumsdiskussion an der FHWien der WKW.

                                                                                         DIE DISKUSSIONSRUNDE
                                                                                         Hansi Hansmann
                                                                                         Kommt ursprünglich aus der Pharma-Industrie, seit
                                                                                         einem Buyout 2003 als Investor und Business Angel
zusammengeführt. Was haben Sie dabei           Meeting-Räume und einen großen            tätig. War/ist mit der »Hansmen Group« an mehr als
gelernt?                                       Lounge-Bereich zu schaffen. Im Open       70 Unternehmen beteiligt, u. a. Runtastic (Exit 2015),
                                                                                         mySugr (Exit 2017) und durchblicker.at.
Kraus: Wir sind noch mitten im Um-             Office haben wir mehr als 300 fixe
zug und bauen das T-Center gerade              Sitzplätze, auch die Bereichsleiter       Florian Stieger
um, indem wir alle Zwischenwände               sitzen direkt bei ihren Teams, was sehr   Geschäftsführer der GfP Gesellschaft für Personalentwick-
rausnehmen. Wir sehen, dass das                förderlich für die Kommunikation ist.     lung GmbH und Gründer von Funkensprung Consulting.
Konzept flexibler Arbeitsplätze gar                                                      Begleitet als Wirtschaftspsychologe Veränderungs- und
                                                                                         Organisationsentwicklungs-Prozesse. Mitbetreiber von
nicht so einfach anzunehmen ist – und          Herr Heritsch, an der FHWien der
                                                                                         mehreren Coworking-Spaces in Wien.
zwar altersunabhängig. Oft gibt es das         WKW gibt es seit einiger Zeit Smart
Vorurteil, die Alten tun sich schwer           Working. Was hat es damit auf sich?       Astrid Lassner
und für die Jungen ist es selbstver-           Heritsch: Dafür war eigentlich eine       Head of HR DACH der Paysafe Group und als solche für
                                                                                         etwa 350 MitarbeiterInnen verantwortlich. Im Frühjahr
ständlich. Das stimmt aber gar nicht.          Notsituation ausschlaggebend. Wir
                                                                                         2018 wurde das Tochterunternehmen paysafecard als
Es ist eher eine Frage der Persönlich-         sind in den letzten Jahren sehr stark
                                                                                         »Great Place to Work« in der Kategorie »Neue Arbeitswelt
keitsstruktur.                                 gewachsen und hatten keine Büroflä-       & Lebensqualität« ausgezeichnet.
                                               chen mehr zur Verfügung. So sind
Paysafe hat diesen Prozess des großen          wir auf das Konzept des zonierten         Werner Kraus
                                                                                         Bereichsleiter Business & Wholesale und Senior Vice
Umbaus schon beendet. Wie können wir           Arbeitens gestoßen, bei dem sich
                                                                                         President bei T-Mobile. War sein ganzes Berufsleben lang
uns Ihr Büro vorstellen, Frau Lassner?         Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter          in der nationalen und internationalen Telekom- bzw. der
Lassner: Der Umbau hat im Sommer               Arbeitsplätze teilen. So wird die vor-    IT-Branche tätig, u. a. bei Alcatel und Amdocs.
2017 stattgefunden. Ziel war es, auf           handene Bürofläche effizient genützt.
der gleichen Fläche zehn Prozent               Am Anfang waren viele skeptisch,          Michael Heritsch
                                                                                         Seit 2006 CEO der FHWien der WKW. Ist in dieser
mehr Arbeitsplätze und zugleich                aber inzwischen gefällt das Smart
                                                                                         Funktion nicht nur für über 160 Fachhochschul-Mitarbei-
genug Rückzugsmöglichkeiten,                   Working den meisten.                      terInnen, sondern auch für rund 1.000 nebenberuflich
                                                                                         Lehrende in neun Studienbereichen zuständig.

» ICH KÖNNTE MIR NICHT MEHR VORSTELLEN,                                                  Sie wollen das Round-Table-Gespräch nachhören?
                                                                                         Die Diskussion steht als Podcast auf der Website von
JEDEN TAG INS SELBE BÜRO ZU GEHEN. «                                                     Radio NJOY zur Verfügung: wien.njoyradio.at/podcasts
FLORIAN STIEGER

        DEZEMBER 2018                                                                                                                              11
visionen
                                                Michael Heritsch (CEO der FHWien der WKW) und Astrid
                                            Lassner (HR-Chefin DACH bei Paysafe) im Gespräch mit Andrea
                                                             Heigl (Kommunikationsagentur bettertogether).

Welche Bedürfnisse haben Start-ups im
Vergleich zu klassischen, schon gewachse-
nen Unternehmen bei der Gestaltung der
Arbeitsplätze?
Hansmann: Start-ups zeichnen sich da-
durch aus, dass sie einen hohen Grad
an Innovation aufweisen, sonst sind sie
keine Start-ups. Diese Innovation ist
deutlich leichter, wenn man in großen,
offenen Räumen arbeitet und Men-
schen statt Wänden neben sich hat.
Als Mann der Old Economy hatte
ich das nicht und hätte es auch nicht
gewollt. Die Vorstellung, in einem
Großraumbüro zu sitzen, hat mir nie
besonders behagt.

Herr Stieger, was raten Sie Ihren
Kunden in der Beratung? Ist das Groß-
raumbüro die Antwort auf alle Fragen
oder geht der Trend schon wieder in eine
andere Richtung?
Stieger: Ich kann nicht einfach ein
Großraumbüro nehmen, alle reinset-
zen und hoffen, dass es funktioniert.
Die zentrale Frage ist: Was brauche
ich als Organisation, damit ich wirk-        schwierig, Menschen in Konzepte zu           Und den Kontrollverlust haben Sie
sam arbeiten kann? Ich erlebe es oft,        pressen, wenn diese den Menschen             überwunden?
dass zuerst die Architektur da ist und       nicht entsprechen. Es macht mich             Heritsch: Ich fördere den sogar noch.
dann geschaut wird, ob das greift oder       skeptisch, wenn sich Mitarbeiter jeden       Im Gegensatz zu Herrn Hansmann
nicht.                                       Tag aufs Neue einen Platz suchen sol-        versuche ich bewusst, jedes Mal
                                             len. Ich glaube, der Mensch funktio-         in meinem Besprechungszimmer
Wie implementiert man so eine Kultur?        niert anders, das sieht man auch in der      woanders zu sitzen. Das sorgt zwar für
Stieger: Idealerweise erobern sich die       Familie: Theoretisch können wir uns          Irritationen, aber mir ist das wichtig.
Mitarbeiter ihre Räume selbst, das           am Esstisch überall hinsetzen, aber
ist nur oft mit dem Rechenstift nicht        es sitzt immer jeder auf dem gleichen        Was muss man als Unternehmen bieten,
machbar.                                     Platz.                                       um bei BewerberInnen zu punkten?
                                             Hansmann: Ungefähr 25 meiner Start-          Lassner: Unserer Erfahrung nach ist
                                             ups haben regelmäßig Board-Mee-              den Bewerbern selbständiges Arbei-
» VOR 30, 40 JAHREN WAR DAS BÜRO MIT         tings und in allen diesen 25 Boards
                                             habe ich am Konferenztisch meinen
                                                                                          ten sehr wichtig. Sie wollen nicht
                                                                                          Micro-Management, sondern eigen-
VORZIMMER ALS STATUSSYMBOL WICHTIG,          »eigenen« Sessel. Ich bin total irritiert,
                                             wenn ich reinkomme und da schon
                                                                                          ständige Projekte, bei denen sie den
                                                                                          Weg selbst bestimmen können. Auch
HEUTE ZÄHLEN ANDERE DINGE. «                 jemand sitzt.                                flexible Arbeitszeiten und Mobile
HANSI HANSMANN                                                                            Working sind wichtig. Was auch viele
                                             An der FHWien der WKW gibt es viele          Kandidaten bei Paysafe anspricht, ist
                                             unterschiedliche Anstellungsverhältnisse,    die lockere Atmosphäre mit Du-Kul-
Kraus: Ich möchte beim Thema                 von wenigen Stunden bis zu Vollzeit.         tur auf allen Ebenen, aber auch der
Erobern anschließen: Ein Garten-             Wie gehen Sie damit um, dass Ihre Mit-       Kleidungsstil. Beim Rebranding haben
architekt sollte einmal einen Park in        arbeiterInnen nicht immer greifbar sind?     unsere Mitarbeiter heuer zum Beispiel
London gestalten. Er plante keine            Heritsch: Das ist natürlich eine gewisse     einen Hoodie bekommen.
Wege, sondern nur Rasenfläche. Dann          Umstellung, die schon früher mit
                                                                                                                                     FOTOS: CHRISTOPH LIEBENTRITT

hat er gewartet, bis sich die Leute          einem Kontrollverlust beginnt. Der           Herr Stieger, was raten Sie Ihren Kun-
ihre Trampelpfade selbst ausgetreten         Gedanke, dass das Ergebnis zählt und         den beim Recruiting der Generation Y?
hatten. Dort hat er dann die Wege            nicht der Weg dorthin, ist mit einem         Stieger: Diese Generation schaut genau
angelegt. Das ist ein sehr schönes Bild,     Lernprozess verbunden und eine               auf die Kultur: Sind die tollen Begriffe
auch für ein Büro. Ich glaube, es ist        Frage des Vertrauens.                        nur Versprechungen oder stimmt das

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investiert wurde, frage ich mich: Was     führung einen sehr hohen Stellenwert
                                                                    machen die mit Kundengeld? Vor 30,        haben.
                                                                    40 Jahren war ein eigenes Büro mit        Kraus: Das moderne Arbeiten hat sich
                                                                    Vorzimmer und Couch als Status-           noch nicht überall durchgesetzt. Es gibt
                                                                    symbol wichtig. Heute zählen andere       auch in Österreich viele traditionelle
                                                                    Dinge.                                    Unternehmen, bei denen man den Ein-
                                                                                                              druck hat, die Zeit sei stehengeblieben.
                                                                    Können Sie das unterschreiben, Herr
                                                                    Heritsch?                                 Zum Abschluss: Welcher Gegenstand darf
                                                                    Heritsch: Ja, eindeutig. Bei uns kommt    an Ihrem Arbeitsplatz nie fehlen?
                                                                    dazu, dass wir mit öffentlichen Gel-      Hansmann: Das Handy, der Mac und
                                                                    dern finanziert werden. Da kann ich       Kopfhörer. Mehr brauche ich nicht.
                                                                    nicht Perserteppiche ankaufen und         Das ist mein Office und das kann ich
                                                                    Räume mit Marmor täfeln. Früher           überall auf der Welt haben.
                                                                    hätte es keinen Termin ohne Krawatte      Stieger: Mir ist noch wichtig, dass es
                                          Werner Kraus              gegeben, das ist heute anders und ich     einen guten Espresso gibt. Jedes Büro,
                                          (Bereichsleiter           bin froh darüber, weil ich sonst an       das eine Siebträger-Maschine hat,
                                          Business bei
                                                                    dem Zeug noch erstickt wäre (lacht).      ist schon einmal Anwärter für einen
                                          T-Mobile)
                                          berichtete über           Diese Äußerlichkeiten zählen nicht        guten Kaffee.
                                          den Umbau des             mehr so viel, dafür aber, dass ich mich   Kraus: Was ich sehr schätze, ist ein
                                          T-Centers in              adäquat benehme und höflich bin.          Platz, an dem man sich zurückziehen
                                          Erdberg.                                                            kann. Das ständige Bienenstock-Ge-
                                                                    Wie vermittelt man das Wissen über        schwirr geht nicht.
                                                                    neue Arbeitswelten in der Lehre?          Lassner: Bei mir sind es Leuchtstifte.
                                                                    Heritsch: Am besten, indem man es         Farben sind mir wichtig, vor allem,
                                                                    vorlebt. Unser Studienbereich Human       wenn ich offline arbeite. Außerdem
bis in die DNA? Ich kenne wenige,                                   Resources & Organization beschäftigt      freue ich mich, dass jeder unserer
die sich vom Bällebad oder der Rut-                                 sich intensiv damit und zieht auch        Mitarbeiter einen höhenverstellbaren
sche anziehen lassen. Es geht mehr                                  internationale Vergleiche.                Tisch hat. Ich werde versuchen, in
um die »weichen« Faktoren wie: Wie                                                                            Zukunft auch öfter im Stehen zu
funktioniert dort Führung?                                          Wie stark sind Arbeitsumfelder auch       arbeiten – so wie es der Arbeitsmedi-
Hansmann: Ich beobachte bei meinen                                  kulturell geprägt?                        ziner empfiehlt.
Start-ups, dass heute viel mehr darauf                              Lassner: Bei einem meiner früheren        Heritsch: Mir ist Platz wichtig, vor
geschaut wird, ob sich ein Mitarbeiter                              Arbeitgeber hatte ich viel Kon-           allem beim Telefonieren. Da muss
mit der Unternehmenskultur identifi-                                takt mit Russland. Dabei habe ich         ich herumgehen können. Und ein
zieren kann. Während früher nur der                                 bemerkt, dass dort Statussymbole wie      vernünftiges Ladekabel für alle meine
Lebenslauf zählte, prüft man heute,                                 ein Einzelbüro für die Geschäfts-­        Geräte. 
ob die persönliche Chemie passt. Man
hat ja nicht sein Einzelbüro, in das
man sich verschanzen kann.
Kraus: Das neue Arbeiten erfordert
                                                   Für Organisa-
eine hohe soziale Kompetenz, die der
                                                 tionsentwickler
Generation Y nicht immer leichtfällt.             Florian Stieger
Wenn ich jemanden nicht mag, kann              (Mitte) lautet die
ich nicht einfach die Tür zumachen.               zentrale Frage:
Es wird beziehungsorientierter, das ist          Welche Raum­
die Herausforderung für die Unter-            lösung braucht ein
nehmen, aber auch für die Jungen.             Unternehmen, um
                                                wirksam arbeiten
                                                     zu können?
Herr Hansmann, Sie kommen in viele
Unternehmen. Lassen Sie sich da von
Äußerlichkeiten beeindrucken?
Hansmann: In sehr limitiertem Ausmaß
ist das von Bedeutung. Es soll sauber
und funktionell sein. Überall dort, wo
ich sehe, dass in Dinge wie Möbel
übermäßig und unnötig viel Geld

      DEZEMBER 2018                                                                                                                                 13
alumni&co

WAS MACHT EIGENTLICH
                                       »
Ein Absolvent, der das Familien­       EIN ARBEITSPLATZ AUF DEM MEER
unternehmen übernimmt und
                                              »Ich wollte schon immer reisen     Atlantiküberfahrt auf einem Segelboot
weiterentwickelt; eine Absolventin,           und die Welt entdecken. Seit ich   wurde mir bewusst, dass die Yacht­
die auf einer Luxusyacht um die Welt   18 bin, verfolge ich diesen Traum sehr    industrie ein großes, internationales
segelt: So unterschiedlich sind die    zielstrebig«, sagt Sophie Brehovsky.      Business ist und man das Segeln zum
                                       Auf ein Au-pair-Jahr nach der Schule      Beruf machen kann.« Seit sechsein-
Lebenswege der AbsolventInnen der      folgten einige Auslandsaufenthalte        halb Jahren ist Sophie Brehovksy Teil
FHWien der WKW. Auch in dieser         und Jobs in der Tourismusbranche.         der Crew auf dem Luxus-Katamaran
Ausgabe von studio! werden wieder      »Mir war schnell klar, dass ich das       »Moonwave«. »Ich habe bereits bei
                                       Reisen zum Beruf machen wollte.«          der Entwicklung und dem Bau von
zwei von ihnen vorgestellt.            Die gebürtige Niederösterreicherin        ›Moonwave‹ mitgeholfen und mir
                                       entschied sich für den Bachelor-Stu-      dabei viel technisches Wissen und
VON LISA WIEDNER UND SVENJA MOREL
                                       diengang Tourismus-Management an          Know-how aus dem Projektmanage-
                                       der FHWien der WKW. Nach dem              ment angeeignet. Auch im Umgang
                                       Abschluss verbrachte sie dann einige      mit verschiedenen Kulturen habe ich
                                       Zeit in Südostasien.                      einiges gelernt. Die Arbeit auf dem
                                           Privat zog es Sophie Brehovsky so     Boot ist kein klassischer Nine-to-
                                                                                                                           FOTOS: PRIVAT, VARIUSCARD

                                       oft wie möglich in Richtung Sonne,        five-Job, es gibt immer etwas zu tun.
                                       Strand und Meer. In verschiedensten       Ein fixes Dach über dem Kopf am
                                       Urlaubsorten arbeitete sie im Sommer      Festland besitze ich zurzeit nicht«, so
                                       als Segellehrerin. »Nach meiner ersten    Brehovsky.

14
»
                                          DIE KLEINEN DINGE, DIE FREUDE BRINGEN
                                                 Vom Bachelor-Studium »Un-              in seinem Büro und spricht von einem
                                                 ternehmensführung – Entrepre-          gewissen Wohlfühlfaktor, den ein
                                          neurship« an der FHWien der WKW               Schreibtisch mit sich bringt: »Wenn
                                          über eine Anstellung im Unterneh-             ich morgens nicht weiß, wo ich abends
                                          men seines Vaters zur Gründung einer          aufhöre, habe ich auch keine Möglich-
                                          eigenen, internationalen Firma: Das           keit, einen effizienten und bedarfsori-
                                          ist die Kurzversion des beruflichen           entierten Arbeitsplatz zu schaffen.«
                                          Weges von Michael Dorner, Ge-                     Was für Michael Dorner die
                                          schäftsführender Gesellschafter von           größte Herausforderung im Unter-
                                          »Variuscard«, einem Hersteller für            nehmer-Leben ist? »Alle kleinen
                                          Plastikkarten.                                und großen Dinge unter einen Hut
   Die »Moonwave«                             Die Arbeit im Familienbetrieb –           zu bringen. Besonderen Spaß macht
   ist der Lebens- und
                                          ein Betrieb für Kunststoffverarbeitung        natürlich das Gewinnen von neuen
   Arbeitsmittelpunkt
   von Sophie Brehovsky.                  – war Anlass für das berufsbegleitende        Kund­Innen, ein interessanter Aus-
   Einen Wohnsitz an                      Studium: »Die FHWien der WKW                  tausch mit Menschen, bei dem man
   Land hat sie derzeit                   bot da die perfekte Lösung für mich.«         über den eigenen Tellerrand schaut,
   nicht.                                 2005, noch während seines Studiums,           oder eine neue Produktentwicklung.
                                          gründete Dorner »Variuscard«. In              Wichtig ist schlussendlich, dass einem
                                          dem Unternehmen werden Plastik-               die eigene Arbeit und das Produkt
                                          karten jeglicher Art hergestellt – von        Spaß machen!«, ist der Unternehmer
                                          Chipkarten über Studierendenaus-              überzeugt.
                                          weise bis hin zu Gutscheinkarten.

...?
                                          2008 waren noch 16 MitarbeiterInnen
                                          angestellt, derzeit sind es schon über
                                          30. »Variuscard« hat mittlerweile au-
                                          ßerdem KundInnen in aller Welt.
                                              Der Arbeitsalltag des Alumnus
                                          der FHWien der WKW ist klassisch
                                          organisiert, denn: »Mit einem mobilen
                                          Arbeitsplatz ist man quasi überall da-
                                          heim, aber nirgends richtig zuhause.«
                                          Dorner hat seinen fixen Arbeitsplatz

     Dennoch: »Die Routine eines
 klassischen Bürojobs würde mich
 wahrscheinlich schnell langweilen. Für
 die Arbeit auf einem Segelboot muss
 man sehr flexibel sein. Zudem ist man
 sehr stark vom Wetter abhängig. Das
 Leben und Arbeiten auf einer Yacht
 ist nicht für jeden etwas«, betont die
 erfahrene Seglerin. Zurzeit kann sich
 Sophie Brehovsky nichts Schöneres
 als ihren Job auf dem Meer vorstellen:
 »Ich möchte weiterhin am Wasser
 bleiben. Immer an der frischen Luft
 zu sein, möchte ich um nichts in der                               Michael Dorner
                                                            schätzt den klassischen
 Welt missen.«
                                                             Arbeitsplatz in seinem
     Zum Weiterlesen: Sophie Brehovs-
                                                          Büro. Sein Unter­nehmen
 ky bloggt auf www.moonwave.com.                                  »Variuscard« stellt
                                                              Plastikkarten her und
                                                          agiert am internationalen
                                                                             Markt.

       DEZEMBER 2018                                                                                                              15
dialog

         »WIR SCHAUEN ZU,
     WIE SICH WOLKEN BILDEN«
        Elke Ludewig hat den vielleicht spektakulärsten Arbeitsplatz Österreichs: Sie leitet das
      Sonnblick-Observatorium der ZAMG. Im studio!-Interview erzählt die junge Meteorologin,
       warum sie das Wetter fasziniert, wie sie den Klimawandel mit freiem Auge beobachtet und
          warum man als Forscherin in der Antarktis notfalls auch OP-Assistentin sein muss.
                                                       VON KRISTINA SCHUBERT-ZSILAVECZ

             Ihr Arbeitsplatz liegt auf 3.106 Metern       ist. Sie ist aber nach wie vor nur für      Messtechnik, die wahnsinnig komplex
             Höhe. Wie können wir uns Ihren                den Observatoriumsbetrieb zugäng-           geworden ist. Außerdem betreuen wir
             Arbeitsweg vorstellen?                        lich. Das muss ich immer betonen, weil      Forschungsprojekte mit, zum Beispiel
             Ludewig: Von der Talstation kann man          viele sagen: Toll, da können wir jetzt      entnehmen wir Schneeproben.
             im Normalfall mit der Werksseilbahn           endlich auch auf den Sonnblick fahren.         Weitere Schwerpunkte sind die
             hinauffahren. Wir hatten bisher das so            Tatsächlich ist es für den Sonnblick    Wetterbeobachtung und internatio-
             genannte Kisterl, das war eine offene         unglaublich wichtig, dass wir wenig         nale Messnetzwerke für Klima und
             Holzbox mit ca. 2 Metern Länge.               Tourismus haben. Wir haben sehr             Umwelt. Der Sonnblick ist Teil eines
                                                                                                       weltweiten Netzwerkes, in dem gere-
                                                                                                       gelt ist, dass überall auf der Welt zur
» WIR HABEN AUF DEM SONNBLICK SEHR SAUBERE LUFT,                                                       selben Zeit eine Wetterbeobachtung
                                                                                                       durchgeführt wird und die Ergebnisse
WEIL SO WENIGE MENSCHEN DORT HINAUF DÜRFEN. «                                                          innerhalb von 15 Minuten weltweit zur
                                                                                                       Verfügung stehen.

             Man saß dort in einer Bobfahrer-Stel-         saubere Luft dort oben, weil so wenige      Wollten Sie schon immer Meteorologin
             lung drinnen und dann ging’s in 20            Menschen auf den Sonnblick dürfen.          werden?
             Minuten 1.500 Meter hinauf auf den            Und durch die Lage im Nationalpark          Ludewig: Das Wetter hat mich von
             Berg – bei einer maximalen Neigung            Hohe Tauern haben wir auch keine            klein auf fasziniert. Ich war immer
             von 47 Prozent.                               durch Flugverkehr verursachten Emis-        schon viel im Gebirge unterwegs und
                                                           sionen.                                     habe mitgekriegt, wie schnell sich das
             Also kein Arbeitsplatz für Leute mit                                                      Wetter da oben ändern kann.
             Höhenangst?                                   Wie viele Leute arbeiten auf dem
             Ludewig: (lacht) Da wird’s schwierig,         Sonnblick und was genau passiert dort?      Sie haben zuvor 14 Monate in der
             ja. Als Leiterin des Observatoriums           Ludewig: Es sind immer zwei technische      Antarktis gearbeitet. Das klingt schon
             habe ich ja auch Personalverantwor-           Mitarbeiter vor Ort, wir sind rund um       so, als würden Sie extreme Arbeitsorte
             tung, also war es mir ein Anliegen,           die Uhr besetzt, das ganze Jahr über,       besonders reizen.
             das »Kisterl« zu ersetzen. Mit Hilfe          auch zu Weihnachten und an anderen          Ludewig: Die Antarktis war schon im-
                                                                                                                                                  FOTO: CHRISTOPH LIEBENTRITT

             von Förderungen und Spenden haben             Feiertagen. Die Hauptaufgabe ist, zu        mer mein Traum. Es war eine unglaub-
             wir es geschafft, eine neue Seilbahn          schauen, dass die Infrastruktur funktio-    liche Erfahrung, sowohl persönlich als
             zu finanzieren, die ein Doppeltrag-           niert: der Seilbahnbetrieb, die Elektrik,   auch beruflich, vor allem in technischer
             seil-System hat und windbeständiger           die Stromversorgung und natürlich die       Hinsicht.

16
Das Wetter hat Elke Ludewig
                  von klein auf fasziniert: »Im
                Gebirge habe ich mitgekriegt,
                wie schnell sich das Wetter da
                          oben ändern kann.«
DEZEMBER 2018                               17
dialog

Wie haben Sie dort gewohnt?
Ludewig: In der Neumayer-Station III,
ist ein Container-Haus auf hydrau-
lischen Stelzen. Dadurch kann die
Station bei zunehmender Schneehöhe
angehoben werden und somit versinkt
nichts in Schnee und Eis. Dies
gewährleistet, dass nach Abschluss
der Forschungsprojekte das Gebiet
wieder in den ursprünglichen Zustand
zurückgeführt werden kann, indem die       Die Abwechslung
ganze Station einfach abgebaut wird.           zwischen dem
    Wir hatten viele technische Ein-     »normalen« Bürojob
schulungen, zum Beispiel damit wir           in Salzburg und
selbst Ketten und Öl bei den Pisten-      der Arbeit auf dem
                                            Sonnblick macht
raupen wechseln können. Wir mussten
                                               Elke Ludewig
aber auch medizinische Grundbegriffe
                                          großen Spaß: »Wer
lernen: Es gab einen kleinen OP-Saal,        bekommt schon
und damit wir den Arzt im Notfall              eine Bergtour
unterstützen können, haben wir               bezahlt? Das ist
gelernt, Bestecke zu reinigen und ihm         wunderschön.«
zu reichen. Man war zwar in allem
auf sich gestellt, zugleich hatten wir
aber auch sehr gute Schulungen und
Notfallpläne für alle Eventualitäten.

Wie würden Sie die Licht- und                                   trotzdem kontinuierlich gemessen,          Gletscher zu dokumentieren. Damit
Schattenseiten Ihres Jobs beschreiben?                          ohne ein spezifisches langfristiges Ziel   verbunden ist, dass es am Sonn-
Ludewig: Das Schöne ist, dass man                               zu verfolgen. Nun haben wir damit          blick immer häufiger zu Steinschlag
merkt, wie bedeutend diese Aufgabe                              eine der ältesten und wertvollsten         kommt. Durch die Erwärmung – seit
ist. Wir bereiten die Daten dafür auf,                          Messreihen der Welt, mit nur vier          den 80er-Jahren um fast zwei Grad
dass Wetterprognosen, aber auch                                 Tagen Unterbrechung in 133 Jahren          – taut der Permafrost auf, es bilden
Umwelt- und Klimasimulationen be-                               (s. Kasten). Dies unterstreicht die        sich Risse im Stein, Wasser dringt
rechnet werden können. Unsere Daten                             Bedeutung des kontinuierlichen             ein, gefriert und sprengt den Felsen.
sind die Basis dafür, das Klimage-                              Monitorings.                               Das ist schlimm, weil ganze Hänge in
schehen zu verstehen, und sollen die                                                                       Bewegung geraten können.
Politik dabei unterstützen, Maßnah-
men zu treffen.
    Die Schattenseite des Monitorings    » DER KLIMAWANDEL IST TATSÄCHLICH                                 Für viele wäre so ein witterungsabhän-
                                                                                                           giger Job wie Ihrer wahrscheinlich der
ist die Finanzierung. Die Datener-
fassung rund um die Uhr hilft, das
                                         AUCH FÜR DEN LAIEN ERKENNBAR. «                                   Horror. Was ist für Sie ein Horror-Job?
                                                                                                           Ein Bürojob?
Ökosystem Erde und das Klima besser                                                                        Ludewig: Den gibt es bei mir ja auch,
zu verstehen und vorherzusagen.                                 Wie macht sich der Klimawandel am          ich habe in Salzburg mein Hauptbüro
Aber sie ist teuer und man kann nicht                           Sonnblick bemerkbar?                       und bin tageweise auf dem Sonnblick.
gewährleisten, einen wirtschaftlichen                           Ludewig: Der Klimawandel ist tatsäch-      Wer bekommt schon eine Bergtour
Output zu erzielen. Wir sind auf die                            lich auch für den Laien erkennbar.         bezahlt? Das ist wunderschön. Das
Finanzierung durch Ministerien bzw.                             Viele Teile des Gletschers sind mitt-      Schlimmste wäre für mich wohl
die Regierung angewiesen. Und hier                              lerweile im Sommer schneefrei, man         Fließbandarbeit. Ich brauche Freiraum
scheint der Nutzen des Monitorings                              sieht das blanke Eis, das immer weiter     für den Geist, die Herausforderung,
für die Menschheit oft unterschätzt zu                          schmilzt und die Gletscher aufbrechen      die der Job mit sich bringt, die Ab-
werden.                                                         lässt. Von Jahr zu Jahr kann man zuse-     wechslung, auch den handwerklichen
                                                                                                                                                     FOTOS: CHRISTOPH LIEBENTRITT, ZAMG

    Das heißt, die Finanzierung – auch                          hen, wie immer mehr Fels und Geröll        Aspekt, die Kreativität, wir müssen ja
die des Sonnblick-Observatoriums –                              frei werden. Im Schnitt schrumpft der      auch viel selbst reparieren und warten
ist oft schwierig. Man muss bedenken:                           Gletscher jedes Jahr einen Meter.          da oben am Berg.
Das Observatorium existiert seit                                    Unsere Glaziologen arbeiten mitt-
gut 133 Jahren. Damals hatte keiner                             lerweile mit Kameras, die regelmäßig       Wie geht es Ihnen als junger Frau in
den Klimawandel im Kopf, man hat                                Bilder machen, um das Schmelzen der        einer Männerdomäne?

18
WETTERFEST SEIT
                                                                                     MEHR ALS 130 JAHREN
                                                                                     Das internationale Interesse an der Erforschung
                                                                                     höherer atmosphärischer Schichten war Auslöser
                                                                                     für die Errichtung des Observatoriums auf dem
                                                                                     Sonnblick 1886. Ermöglicht wurde diese durch einen
                                                                                     privaten Mäzen: den Rauriser Bergwerksbesitzer
                                                                                     Ignaz Rojacher. Nach dessen Tod wurde 1892 der
                                                                                     Sonnblick-Verein gegründet, der bis heute existiert
                                                                                     und einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung
                                                                                     des Observatoriums leistet. Heute wird es
                                                                                     außerdem vom Bundesministerium für Bildung,
                                                                                     Wissenschaft und Forschung sowie von der
                                                                                     Akademie der Wissenschaften unterstützt. Aber
                                                                                     auch das Bundesministerium für Nachhaltigkeit
                                                                                     und Tourismus fördert Messprogramme, wie zum
                                                                                     Beispiel das glaziologische Monitoring. Betreiberin
                                                                                     des Observatoriums ist die Zentralanstalt für
                                                                                     Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).
                                                                                     Jeweils zwei Techniker der ZAMG haben 15 Tage
                                                                                     durchgehend Dienst auf dem Sonnblick. Sie
                                                                                     garantieren unter anderem, dass alle Messgeräte
Ludewig: Viele hatten Bedenken, als ich    3.000 Metern Seehöhe ja fast dabei        kontinuierlich und richtig messen. Seit dem Jahr
am Sonnblick angefangen habe, die          zu, wie sich die Wolken bilden – per-     1886 war das Observatorium nur an vier Tagen
meisten Kollegen dort sind Män-            fekte natürliche Laborbedingungen.        nicht betreut. Das war kurz nach Ende des Ersten
ner, viele sind älter als ich. Aber ich                                              Weltkrieges: Nach Abzug des Militärs war der
wurde sehr nett aufgenommen. Mein          Abschließend noch eine typische           Sonnblick unbesetzt, bis ein Bürger von Rauris
Eindruck ist, dass es in der Forschung     Meteorologen-Frage: Was ist Ihr           hinaufgegangen ist und die Messung fortgesetzt hat.
                                                                                     Für Elke Ludewig ein Beweis, »wie verbunden die
und an den Universitäten schon viele       Lieblingswetter?
                                                                                     Menschen in der Umgebung mit diesem Berg sind.
Frauen gibt, diese aber dennoch oft in     Ludewig: Ich liebe die Vielfalt unseres   Es ist quasi ›ihr‹ Observatorium.«
den höheren Positionen und Gremien         Wetters und die Jahreszeiten. Extreme
fehlen. Ich denke, wenn man als Frau       Wetterlagen, Stürme und Gewitter:
weiterkommen will und seine Ziele          Die Naturgewalten faszinieren mich
hat, kann man diese auch erreichen.        aber am meisten. 
Bis jetzt hatte ich keine Probleme, ich
                                                                                                   Vor ihrer Arbeit am Sonnblick (links) war
wurde immer ernst genommen.                                                                        Elke Ludewig in der Antarktis tätig – und
                                                                                                    hat sich damit einen Lebenstraum erfüllt.
Was möchten Sie konkret als Leiterin des
Observatoriums erreichen?
Ludewig: Der Sonnblick wird nach wie
vor als »Wetterwarte« bezeichnet. Das
sind wir aber schon lange nicht mehr.
Unsere Besucher sind immer ganz er-
staunt, wie viel Technik wir vor Ort ha-
ben und was und wie wir alles messen.
Ansonsten ist es derzeit ein Hauptziel,
die Infrastruktur auf Vordermann
zu bringen. Und dann gilt es, den
internationalen Status zu erhalten bzw.
auszubauen. Ein konkretes Ziel ist, die
Forschung zu erweitern, beispielsweise
den Bereich Wolkenforschung mehr zu
pushen. Wir schauen auf unseren über

      DEZEMBER 2018                                                                                                                             19
wienERleben

            Das Wiener Unternehmen
           »gabarage« hat sich ganz der
             sozialen und ökologischen
       Nachhaltigkeit verschrieben. In
          den hauseigenen Werkstätten
     bekommen chronisch suchtkranke
            Menschen eine Chance auf
         Beschäftigung, aus nicht mehr
        benötigten Materialien werden
                       Design-Objekte.
                         VON BETTINA FERNSEBNER-KOKERT

EIN ARBEITSPLATZ ALS ZWEITE
            D
                      as Metallregal nimmt die           Schultertasche aus weißem Kunst-         in den hauseigenen Werkstätten aus
                      ganze Wand ein. Taschen in         stoffmaterial vom obersten Regalbrett:   Werbeplanen Taschen, ein nicht mehr
                      unterschiedlichen Farben,          »Das war einmal die Leinwand im          gebrauchtes »Parken verboten«-Schild
            Ausführungen und Größen stehen               Gartenbaukino.«                          macht eine zweite Karriere als schicke
            darauf im Besprechungsraum von »ga-              Immer wieder überlassen Unter-       Tischplatte und die farbigen Gläser
            barage« in der Hütteldorferstraße im         nehmen gabarage alte Roll-ups oder       von ausrangierten Ampeln können als
            15. Wiener Bezirk dicht aneinander-          Planen und lassen daraus Taschen         kugelrunde Hängelampen über dem
            gereiht. »Das sind unsere Prototypen«,       fertigen, die anschließend wieder        Esstisch auch weiterhin grünes, gelbes
            erklärt Laura Duda und holt eine             von ihren eigenen KundInnen und          und rotes Licht verbreiten.
                                                         MitarbeiterInnen genutzt werden.
                                                         »Hier«, sagt Duda, die zum Führungs-     Mehrfach nachhaltig
                                                         team von gabarage gehört, und greift     Doch bei gabarage sieht man Nach-
                                                         nach einer roten »gaba-bag« mit dem      haltigkeit nicht ausschließlich unter
                                                         Aufdruck der Wiener Straßenzeitung       dem ökologischen Aspekt. Im Fokus
                                                         Augustin, »das war unser erster großer   steht ebenso die soziale Nachhaltig-
                                                         Auftrag.«                                keit. »Alles im Leben braucht eine
                                                                                                                                           FOTOS: CHRISTOPH LIEBENTRITT, GABARAGE, EQOS ENERGIE GRUPPE

                                                             Der gemeinnützige Verein »gabara-    zweite Chance – das gilt nicht nur für
                                                         ge upcycling design« verschreibt sich    die Materialien, die verarbeitet wer-
                                                         seit 15 Jahren dem Upcycling: Restma-    den, sondern auch für die Menschen,
                                                         terialien werden wiederverwertet und     die bei gabarage upcycling design
                                                         in hochwertige Design-Stücke um-         beschäftigt sind«, lautet das Credo
                                                         gewandelt, die im Online-Shop oder       von Vereinsobfrau Gabriele Gott-
                                                         im eigenen Geschäft in der Schleif-      wald-Nathaniel.
                                                         mühlgasse 6 im 4. Bezirk verkauft           In der Werkstatt und in der
                                                         werden. Der Kreativität sind dabei       Schneiderei finden Männer und
                                                         keine Grenzen gesetzt. So werden         Frauen, deren Leben bisher nicht

20
Leni Landsgsell (links) prägt den
                                                                                     gabarage-Style als Designerin mit.
                                                                                     Ihre Kreationen sind auf Instagram
                                                                                     unter @gabarage_upcycling_design
                                                                                     oder @its_me_lensky zu sehen.

                                            UNGEWÖHNLICHER ARBEITSPLATZ I:
                                            ELEKTRISIERENDE WEIHNACHTSWICHTEL
                                            Weihnachtliche Stimmung kommt in Wien bereits seit den ersten Novem-

CHANCE
                                            berwochen auf. Christian Gritsch, Projektleiter bei EQOS Energie, und sein
                                            Team sind in insgesamt 17 Wiener Einkaufsstraßen unterwegs, um kunst-
                                            voll gestaltete Weihnachtsdekoration in luftiger Höhe zu montieren, unter
                                            anderem in der Spiegelgasse, auf der Freyung oder in der Rotenturmstraße.
                                            Dort befestigen die Experten von EQOS Energie sieben jeweils 200 Kilo
                                            schwere Weihnachtskugeln in zehn Metern Höhe. Diese werden in vier
                                            Einzelteilen angeliefert und vor Ort zu zwei Halbschalen verschraubt,
                                            welche dann mit Hilfe eines Krans miteinander verbunden werden. Zwei bis
                                            drei Stunden Arbeitszeit sind dafür pro Kugel notwendig. Um den straffen
geradlinig verlaufen ist, Beschäftigung.    Zeitplan von drei Wochen Montagezeit einzuhalten, braucht es perfekte
Derzeit erhalten 18 ehemals bzw.            Planung, Teamgeist und Routine.
chronisch Suchtkranke eine Chance,          Bestaunen können PassantInnen die heurige Weihnachtsbeleuchtung bis
wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.       zum 14. Jänner 2019. Bis dahin tauchen tausende kleine LED-Lämpchen
Finanziert wird das sozialintegrative       Wiens Einkaufsstraßen in ein festliches Lichtermeer.
Projekt aus Mitteln des Europäischen

» UNSERE LEUTE SEHNEN SICH NACH
STRUKTUR — AUCH WENN ES FÜR SIE OFT
NICHT EINFACH IST, DURCHZUHALTEN. «
LAURA DUDA

Sozialfonds ESF, der Sucht- und
Drogenkoordination Wien und den
Erlösen aus dem Verkauf der Pro-                     Die roten
                                           Weihnachtskugeln
dukte. Das Sozialministerium fördert
                                           in der Rotenturm­
Sonderprojekte und das Arbeitsmarkt-
                                                straße werden
service übernimmt einen Teil der                  in mehreren
Personalkosten.                                   Einzelteilen
   Die MitarbeiterInnen können bei           geliefert und vor
gabarage Lehrabschlüsse nachholen,            Ort verbunden.
zusätzliche Skills erwerben und erle-
ben wieder einen Tagesablauf,

       DEZEMBER 2018                                                                                                      21
wienERleben

der Struktur hat und gibt. »Danach                                  einem Erstgespräch und darauffolgen-      Die drei sitzen an ihren Nähma-
sehnen sich unsere Leute alle, auch                                 den Schnuppertagen in der Werkstatt       schinen und fertigen Täschchen mit
wenn es für sie oft nicht einfach ist,                              wird zunächst geklärt, ob man zuein-      Reißverschluss an, ein großer Auftrag
durchzuhalten«, erzählt Laura Duda.                                 ander passt. Wenn das klappt, steigen     des Nachhaltigkeitsministeriums für
Sie erinnert sich an einen Mitarbei-                                die MitarbeiterInnen als Tagesarbeits-    die österreichische EU-Ratspräsident-
ter, der in Pension gegangen ist und                                kräfte ein. Sie sind dann monatlich an    schaft. »Puh, ich glaube, heute schaffe
gefragt hat, ob er nicht trotzdem                                   mehreren Tagen bis zur Geringfügig-       ich den Rest auch noch«, sagt Gerhard
weiterhin kommen und auch ohne                                      keitsgrenze angestellt. Im Anschluss      und lacht. Eine halbe Stunde dauert
Bezahlung weiterarbeiten kann.               Gabriele Gottwald-­    startet ein auf neun Monate befristetes   die Fertigung eines kleinen Tascherls,
                                             Nathaniel ist
    Im Zentrum steht, dass die Men-                                 Programm mit Vollzeitarbeit und           zwei Stunden dauert die Arbeit an
                                             Vereinsobfrau und
schen, die bei gabarage arbeiten, wie-       Mitbegründerin
                                                                    weiteren Ausbildungsmodulen.              einer Schultertasche. Bei gabarage
der dauerhaft Beschäftigung finden.          von gabarage.             Susanne, Gerhard und Karin (Na-        werden alle Produkte zu 100 Prozent
Auf dem Weg dorthin durchlaufen sie                                 men geändert, Anm.) sind ihrem Ziel       in Handarbeit hergestellt.
mehrere Qualifizierungsschritte. Bei                                bereits einen Schritt nähergekommen.
                                                                                                              Kunterbuntes Lager
                                                                                                              Was das heißt, zeigt Laura Duda im
                                                                                                              Lager im Untergeschoß. Eine riesige
                                                                                                              Plane liegt zusammengelegt und noch
                                                                                                              vom Gebrauch verschmutzt auf dem
                                                                                                              Boden: »Bei uns wird alles händisch
                                                                   Marko Ascher
                                                                                                              gereinigt, zugeschnitten und verarbei-
                                                                   mit einem seiner
                                                                   Schützlinge,                               tet.« Das Lager, in dem die nicht mehr
                                                                   einem Berberaffen
                                                                   in Schönbrunn.
                                                                   Dessen Artge­
                                                                   nossen sind                » DIE MENSCHEN MÖCHTEN IHRE
                                                                   auf­grund der
                                                                   Zerstörung ihres
                                                                                              CHANCE UNBEDINGT NUTZEN. «                 ROLAND SCHEER
                                                                   Lebensraumes
                                                                   stark bedroht.
                                                                                                              benötigten Materialen darauf warten,
                                                                                                              in stylishe Design-Objekte verwandelt
                                                                                                              zu werden, ist ein Schlaraffenland für
                                                                                                              Bastler und Kreative, ein Ort zum
                                                                                                              Stöbern und Entdecken. Eine alte
                                                                                                              Hüpfburg, Filmdosen aus Blech, Skier,
                                                                                                              Snowboards, Fußbälle, ausrangierte
                                                                                                              Fenster und Feuerwehrschläuche sind
                                                                                                              hier ebenso zu finden wie stapelweise
     UNGEWÖHNLICHER ARBEITSPLATZ II:                                                                          Bücher, aus denen Sitzhocker und
                                                                                                              (preisgekrönte) Lampen gemacht wer-
     VON PRIMAT ZU PRIMAT                                                                                     den. Die Feuerwehrschläuche verwan-
                                                                                                              deln sich mit Sitzlehnen von Sesseln
     Wenn das nicht wahre Zuneigung ist! Tierpfleger Marko Ascher streichelt                                  in Schaukeln, die Skier und Snow-
     einen Berberaffen im Tierpark Schönbrunn. Ansonsten beschäftigen sich
                                                                                                              boards erhalten mit Getränkekisten
     die geselligen Primaten lieber miteinander, indem sie kuscheln, klettern und
                                                                                                              als Untersatz eine neue Nutzung als
                                                                                                                                                         FOTOS: TIERGARTEN SCHÖNBRUNN/ZUPANC, CHRISTOPH LIEBENTRITT, GABARAGE

     spielen. Auch das gegenseitige Lausen ist wichtig: Dadurch befreien sie
     sich von Parasiten und festigen ihre soziale Bindung.                                                    Sitzbänke. Aus nicht mehr benötigten
     Schon seit acht Jahren kümmert sich Marko um die Berberaffen, die sich
                                                                                                              Rolltreppen aus der U-Bahn-Station
     mit den Mähnenspringern ein Gehege teilen. Beide Tiere sind im nördlichen                                Zieglergasse hat der deutsche Desig-
     Afrika heimisch. Es gibt jedoch auch Berberaffen in Gibraltar, was sie zur                               ner Michael Hensel coole Sitzmöbel
     einzigen frei lebenden Primatenart Europas – neben dem Menschen –                                        entworfen. Einige davon stehen jetzt
     macht.                                                                                                   im Foyer des Stadtmuseums Dort-
     Zum Essen bekommen sie dreimal am Tag allerlei Gemüse- und Obstsor-                                      mund für die Besucher bereit.
     ten. Hin und wieder überlegen sich die PflegerInnen auch kleine geistige                                     »Was wir damit machen werden, ist
     Herausforderungen. Beispielsweise verstecken sie ein paar Nüsse in                                       uns noch nicht ganz klar«, sagt Laura
     Schachteln oder frieren im Sommer Joghurt ein, das die Affen dann wie ein                                Duda und zeigt im Vorbeigehen auf
     Eis schlecken können.                                                                                    einen großen Stapel von grünen Not­
                                                                                                              ausgangs-Schildern mit dem weißen

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