Keime und Antibiotika/ Resistenzen aus der Tierhaltung und ihre Folgen für die menschliche Gesundheit Dokumentation - Juli 2014 NH Hotel ...
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Keime und Antibiotika/ Resistenzen aus der Tierhaltung und ihre Folgen für die menschliche Gesundheit 04. Juli 2014 NH Hotel, Düsseldorf City-Nord Dokumentation www.umwelt.nrw.de
2 Inhalt Begrüßung und Einführung, Peter Knitsch______________________________________________________________3 Keime und Antibiotika aus der Tierhaltung - Gesundheitsrisiko für den Menschen? Prof. Dr. Wolfgang Witte______________________________________________________________________________4 Fachimpulse (I): Wohin gelangen Antibiotika und Keime aus der Tierhaltung? Prof. Dr. Jörg Hartung____________________________5 Was können Landwirte gegen die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen und Keimen tun? Dr. med. Ricarda Schmithausen________________________________________________________________________6 Fachimpulse (II): Nachhaltige Tierhaltung – Aktivitäten des MKULNV, Dr. Ludger Wilstacke ____________________________________7 Genehmigungs- und Überwachungspraxis in NRW, Martin Ohlms __________________________________________ 8 Fachimpulse (III): Wer leidet unter Antibiotikaresistenzen? Günter Hölling___________________________________________________ 8 Erfahrungen aus Sicht eines Umweltverbandes, Reinhild Benning___________________________________________9 Anregungen aus den Themenforen: 1. Regulierung und Genehmigung______________________________________________________________________10 2. Austragspfade ― Verbreitung minimieren______________________________________________________________11 3. Wirkungen, Gesundheit, empfindliche Gruppe __________________________________________________________12 Ausblick: Was geschieht mit den Ergebnissen? Dr. Diana Hein ___________________________________________ 13 Anhang Programm________________________________________________________________________________________14 Präsentation Prof. Dr. Wolfgang Witte __________________________________________________________________15 Präsentation Prof. Dr. Jörg Hartung ____________________________________________________________________39 Präsentation Dr. med. Ricarda Schmithausen____________________________________________________________ 46 Präsentation Dr. Ludger Wilstacke_____________________________________________________________________55 Präsentation Martin Ohlms___________________________________________________________________________59 Präsentation Reinhild Benning________________________________________________________________________64 Impressum_______________________________________________________________________________________ 82
3 Begrüßung und Einführung Peter Knitsch, Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW Das Umweltministerium NRW hat zwar bislang keinen abschließenden Nachweis dafür, dass die Abluft aus Tierhaltungsanlagen zu einer Häufung von Besiedlungen und Infektionen von Menschen durch Antibiotika- resistente Keime in der Umgebung von Tierhaltungsanla- gen führt, aber auch hier leitet uns das Vorsorgeprinzip. Gülle und Stallmist sind ein wichtiger Austragspfad für Antibiotika-resistente Keime aus dem Tierstall in die Umwelt. Die „Antibiotikalast“ und die Resistenzgene in Böden können einen Beitrag für das Entstehen resisten- ter Keime leisten. Aufgrund der vielfältigen Interaktionen der Mikroorganismen von Menschen, Tieren und Um- welthabitaten können zukünftige Gesundheitsrisiken nicht ausgeschlossen werden. Daher besteht aus unserer Sicht dringender Handlungsbedarf! Staatssekretär Peter Knitsch begrüßt die Anwesenden der Fachveranstaltung, die sich mit dem Thema Keime, Die Weltgesundheitsorganisation stuft Antibiotika- Antibiotika und Resistenzen aus der landwirtschaftlichen Resistenz als eine schwere und ständig zunehmende Nutztierhaltung und ihren Folgen für die menschliche Bedrohung der globalen öffentlichen Gesundheit ein, Gesundheit beschäftigt. Das Thema Tierhaltung und deren Bekämpfung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe Gesundheit ist ein wichtiger Schwerpunkt im zu erarbei- ist. Diese Bekämpfung ist eine interdisziplinäre Aufgabe, tenden Masterplan Umwelt und Gesundheit für 2014. bei der die Bereiche Umwelt und Gesundheit eng koope- rieren müssen – wie es auch Ziel des Masterplans Um- Die Tierhaltung ist für die nordrhein-westfälische Land- welt und Gesundheit ist. wirtschaft von großer Bedeutung, da fast die Hälfte des Produktionswertes der Landwirtschaft im Rahmen der In Vorbereitung auf die heutige Veranstaltung hat ein Tierhaltung erwirtschaftet wird. Dabei setzt sich der Trend Fachgespräch mit Expertinnen und Experten aus Medi- zu größeren Einheiten in den letzten Jahren stetig fort. zin, Tiermedizin, Landwirtschaft und Umwelt den aktuel- Diese Entwicklung hat insbesondere in den viehdichten len Sachstand zu der Thematik erarbeitet. Daraus erga- Regionen Nordrhein-Westfalens Probleme der Tierhal- ben sich die folgenden Schlussfolgerungen: tung mit dem Umwelt-, Natur-, Tier- und Verbraucher- schutz aufgezeigt: Anwohnerinnen und Anwohner in der Nähe zu großen Tierhaltungsanlagen befürchten Beein- Es besteht die dringende Notwendigkeit zur Re- trächtigungen ihrer Gesundheit durch die Belastung mit duktion weiterer Resistenzentwicklung, zum Bei- Bioaerosolen. Aber auch jenseits direkter Nachbarschaft spiel durch besseres Tiergesundheitsmanage- zu Ställen ist in weiten Teilen der Bevölkerung festzustel- ment, verbunden mit drastisch geringerem Anti- len, dass die praktizierten Verfahren der Tierhaltung biotikaeinsatz. Das Problem an der Quelle zu immer weniger akzeptiert werden. In der öffentlichen bekämpfen ist dabei ein absoluter Schwerpunkt, Diskussion steht dabei auch der Medikamenteneinsatz in das bedeutet zum Beispiel, Einsatz von Antibio- der Nutztierhaltung, hier insbesondere der Einsatz von tika zum Zwecke der Einzeltierbehandlung, nicht Antibiotika. Es gilt, den Individualnutzen – die Gesundung zur Prophylaxe. In NRW wurden verschiedene erkrankter Tiere – mit den gesamtgesellschaftlichen Risi- Studien zum Antibiotikaeinsatz durchgeführt, die ken abzuwägen und Haltungsbedingungen sowie Art und die Dringlichkeit von Maßnahmen unterstrei- chen. Weise der Tiermast so zu ändern, dass der Einsatz von Antibiotika drastisch gemindert wird. Die vielfältigen Minderungsmöglichkeiten für den Austrag von Antibiotika und Keimen, inklusive resistenter Keime, aus der Tierhaltung in die Das Ministerium nimmt die damit verbundene Gesamt- Umwelt müssen genutzt werden. Ein erster problematik in Nordrhein-Westfalen sehr ernst und be- Schritt ist mit dem nordrhein-westfälischen Fil- schäftigt sich intensiv damit. tererlass getan worden, andere Bundesländer ziehen nach, der Stand der Technik wird sich Keime aus der Tierhaltung können für die Menschen weiter entwickeln. gesundheitsrelevant werden. Für den Menschen ist nach Ein zusätzlicher Eintrag von resistenten Keimen jetzigem Kenntnisstand der direkte Tierkontakt der rele- aus der Tierhaltung in Krankenhäuser muss ver- vanteste Weg für eine Besiedlung mit Antibiotika resisten- hindert werden. Das gilt insbesondere für MRSA ten Staphylokokken, den sogenannten MRSA, aus der und die sogenannten ESBL-Bildner aus der Tierhaltung. Daten belegen, dass in Regionen mit hoher Tierhaltung. Tierhaltungsdichte deshalb der Anteil von MRSA aus der Der Kenntnisstand zum Verhalten von resisten- Tierhaltung einen deutlich höheren Beitrag zum Gesamt- ten Keimen und Antibiotika in der Umwelt sollte MRSA-Geschehen leistet als in anderen Regionen durch entsprechende Forschung erweitert wer- Deutschlands, in denen die Tierhaltung nicht so verbreitet den. ist. Der Vorsorgeaspekt muss das Handeln leiten. Unter Vorsorgegesichtspunkten muss der Anti-
4 biotikaeinsatz bei Tier und Mensch dauerhaft re- in Nordrhein-Westfalen sowohl für den Umweltschutz als duziert werden. auch für den Verbraucherschutz und die Landwirtschaft zuständig ist. Es wurden verschiedene Handlungsfelder, Die Fachveranstaltung soll einen Überblick über den zum Beispiel von der Tiergesundheit und dem Tierschutz, aktuellen Wissensstand zu möglichen gesundheitlichen über den Umweltschutz bis hin zur wirtschaftlichen Exis- Auswirkungen der Tierhaltung und den Folgen des Anti- tenzsicherung der Betriebe identifiziert, in denen ver- biotikaeinsatzes geben. Dabei stehen die Bedeutung schiedene Maßnahmen und Initiativen ergriffen wurden. unterschiedlicher Austragungspfade und die Auswirkun- gen auf die menschliche Gesundheit ebenso im Fokus Herr Staatssekretär Knitsch stellt heraus, dass es bei der wie die Frage, was gegen die Entstehung und Ausbrei- Veranstaltung nicht nur darum geht, Fachinformationen tung von Keimen und für eine Reduzierung des Antibio- zu vermitteln. Insbesondere die Themenforen am Nach- tikaeinsatzes getan werden kann. Außerdem soll über mittag bieten Gelegenheit, spezifische Fragestellungen bestehende Regelungen informiert und gezeigt werden, vertieft zu diskutieren. Ziel ist es, Hinweise zu Untersu- was sie bewirken. chungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten zu erhalten, gemeinsam zu bewerten und – so weit möglich – in den Nachhaltige Tierhaltung ist ein zentraler Ansatz des Mi- laufenden Prozess einzubringen. nisteriums, das – so betont Herr Staatssekretär Knitsch – Keime und Antibiotika aus der Tierhaltung ― Gesundheitsrisiko für den Menschen? Prof. Dr. Wolfgang Witte, Robert Koch Institut, Wernigerode Am Beispiel des Staphylococcus aureus (S.aureus) und seiner Methicillin resistenten Variante (MRSA) wies Prof. Dr. Witte auf folgendes hin: S.aureus ist als natürlicher Besiedler bei Säuge- tieren weit verbreitet. Ca. 30 % der „gesunden“ Menschen sind permanent mit S.aureus besie- delt. Zu einer Besiedlung mit MRSA kann es durch direkten Kontakt bzw. durch den Kontakt von Aerosolen oder Stäuben mit dem Nasenvorhof kommen. Je nach Grad der Exposition und der Disposition des Betroffenen kann es zu i) keiner, ii) einer vo- rübergehenden oder zu iii) einer permanenten Besiedlung kommen. Prof. Dr. Wolfgang Witte gibt in seinem Fachvortrag einen MRSA sind als Infektionserreger vor allem in Einblick in die Entstehung und Ausbreitung von Bakteri- Krankenhäusern gefürchtet. Krankenhausstäm- enresistenzen im Allgemeinen und für LA-MRSA und me werden auch als HA-MRSA klassifiziert. ESBL-Bildner aus der Tierhaltung im Besonderen. Dieser Besiedlungen mit MRSA aus der Tierhaltung Vortrag diente zur Information, um einen Gesamtüber- (LA-MRSA) treten häufig bei exponierten Men- blick über das Gesundheitsrisiko für den Menschen zu schen auf (86% der Landwirte/Tierärzte). geben. In Regionen mit hoher Tierhaltungsdichte wird ein deutlich höherer Anteil an LA-MRSA bei den Zentrale Aspekte seines Vortrages sind: Gesamt-MRSA-Nachweisen festgestellt (~ 10%). Verschiedene molekulare Strategien führen zur Resistenzentwicklung von Bakterien. ESBL (Extended-Spectrum Beta-Lactamase) Bildner Ursachen für eine Resistenzbildung von Bakte- sind eine zweite Gruppe resistenter Erreger. Die rien können Mutationen oder die Übertragung ESBL-Enzyme werden von zahlreichen gramnegati- von Resistenzgenen sein. ven Bakterien gebildet und verhindern die Wirkung Die Verbreitungen der übertragbaren Antibiotika- neuerer Cephalosporine. Der Erwerb von ESBL- resistenz zwischen verschiedenen Ökosystemen E.coli als Besiedler ist außerhalb von Krankenhäu- erfolgen auf unterschiedlichen Wegen und diese sern auf vielfältige Weise möglich. So können ESBL- können in beiden Richtungen vom Tier zum E.coli z.B. durch Reisetätigkeit oder durch die Arbeit Mensch und zurückgehen. mit Mastgeflügel erworben werden. Eine Übertragung vom Tier auf den Menschen kann zunächst zu einer Besiedlung und davon Sein Fazit ist: ausgehend kann es später zu einer Erkrankung durch Eintreten einer besonderen Disposition kommen (z.B. Wunden als Eintrittspforten bei Antibiotikaresistenz bei Bakterien ist ein grund- Unfällen oder Operationen, Krankenhausaufent- sätzliches Phänomen, das seit der evolutionären Entwicklung der Bakterien vorhanden ist. halt, Infektion). Entscheidend dafür, ob es zu einer Resistenz- entwicklung, d.h. dem messbaren Auftreten von Resistenz der Erreger beim Menschen und bei
5 Tieren kommt, ist der Selektionsdruck durch druckes durch den Antibiotikaeinsatz dringend Einsatz der Antibiotika für die Behandlung und geboten. die Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Die Prävention des Auftretens und der Verbrei- Die Entwicklung der Mehrfachresistenz bei be- tung gegen Antibiotika resistente Infektionserre- stimmten Infektionserregern des Menschen und ger ist eine interdisziplinäre Aufgabe, sowohl in der Tiere hat in den letzten Jahren zu einer Be- der Human- als auch in der Veterinärmedizin. sorgnis erregenden Situation geführt. Neben wirksamen Maßnahmen zur Verhinde- Details zum Vortrag von Wolfgang Witte finden Sie in rung der Verbreitung resistenter Bakterien- seiner Präsentation im Anhang dieser Dokumentation. stämme ist eine Verminderung des Selektions- Fachimpulse Die Fachimpulse dienen der Betrachtung des Themas „Keime und Antibiotika/ Resistenzen aus der Tierhaltung und ihre Folgen für die menschliche Gesundheit“ aus verschiedenen Gesichtspunkten. Sie beleuchten Aspekte dieses weiten The- menfeldes näher und bilden eine Diskussionsgrundlage in den darauf folgenden Themenforen. Fachimpulse (I): Wohin gelangen Antibiotika und Keime aus der Tierhaltung? Prof. Dr. Jörg Hartung, ehemals Leiter des Instituts für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztie- rethologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover richtung und weiteren meteorologischen Bedingungen lokal in der Stallumgebung verteilen. Antibiotikarückstän- de lassen sich in Stallstaub und Emissionen nachweisen, nachdem sie in dem betreffenden Stall eingesetzt wur- den. Die aus Ställen emittierten Mikroorganismen depo- nieren auf Pflanzenoberflächen und auf dem Boden und können dort offenbar einige Zeit überleben. Die Wege in der Umwelt sind komplex. In den 70er Jahren verzeichnete man einen Anstieg ei- nen arbeitsplatzbezogener Erkrankungen der Atemwege für Arbeiter im Stall. Zunehmend werden daher bei An- wohnern von Tierhaltungsbetrieben Befürchtungen laut, ob nicht auch ihre Gesundheit durch die Stallabluft mögli- chen Belastungen ausgesetzt sein kann. Sein Fazit ist: Eine Kernfrage ist, wie weit die Stoffe aus der Tierhaltung auf dem Luftwege verfrachtet wer- den. Prof. Dr. Jörg Hartung gibt einen kurzen Überblick über Es bedarf weiterer Untersuchungen zur Frage, die Emissionen aus Tierställen und ihre Austragswege. wie lange die in die Umwelt emittierten Mikroor- ganismen incl. MRSA vermehrungsfähig bleiben In der Nutztierhaltung entstehen neben den gewünschten und inwiefern sie weitergetragen werden. Ähnli- Produkten wie Fleisch, Milch und Eiern erhebliche Men- ches gilt für Verbleib und Wirkung von z.B. gen an Emissionen, die über Gülle / Stallmist sowie über ESBL-Keimen und Antibiotikaresten im Boden. die Luft ausgetragen werden. Gülle / Stallmist werden als Durch Abluftreinigungsmaßnahmen kann der Wirtschaftsdünger gezielt auf landwirtschaftlichen Nutz- Austrag von Keimen und Antibiotika reduziert werden. flächen gebracht. Partikelförmige Emissionen wie Stall- stäube, Mikroorganismen und Endotoxine, vielfach auch Der Einsatz von Antibiotika lässt sich durch ver- als Bioaerosole bezeichnet, gelangen mit der Stallabluft besserte Hygiene, Biosecurity, Impfungen zur in die Umwelt. Dort können sie sich aufgrund ihrer spezi- Krankheitsprophylaxe und gutes Management reduzieren. fischen Eigenschaften und in Abhängigkeit von der Wind-
6 Was können Landwirte gegen die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresis- tenzen und Keimen tun? Dr. med. Ricarda Schmithausen, Universität Bonn – Institut für Tierwissenschaften, Präventives Gesundheitsmanagement und Universitätsklinikum Bonn – Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasi- tologie Bodenkunde, Lebensmittelwirtschaft, Landwirtschaft. Medizin) zusammenzubringen für gemeinsame übergrei- fende Lösungsansätze. Näheres zu den Pilotprojekten finden Sie im Anhang dieser Dokumentation. Landwirte können die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotika-resistenten Keimen vermindern, indem sie einzelne und überbetriebliche Gesundheitsmanagement- Maßnahmen verbessern. Diese führen zu einer Stabilisie- rung des Gesundheitsstatus im Tierbestand und damit zu einer Reduktion des Antibiotikaeinsatzes. Ihr Fazit ist: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist unbe- Dr. med. Ricarda Schmithausen stellt wesentliche Hand- strittene Voraussetzung um Wissenslücken in lungsansätze vor, um der Entstehung und Ausbreitung der Risikoabschätzung der Resistenzentwick- lung und -ausbreitung zu schließen. von Antibiotikaresistenzen und Keimen etwas entgegen- zusetzen. Sie sieht die Notwendigkeit interdisziplinärer Landwirte sind mittlerweile über Risiken des An- Forschung, der Verfolgung einer sogenannten "One tibiotikaeinsatzes informiert und aufgeschlossen Health"-Strategie und die Mitwirkung von Landwirten bei gegenüber der Teilnahme an Forschungsprojek- ten. Pilotprojekten als wichtige Ansätze mit dem Ziel verbes- serter Gesundheitsmanagement-Maßnahmen im Stall. Investitionen zur Etablierung von überbetriebli- chen Monitoringsystemen können ohne Struktur- fördermaßnahmen für Erzeugergemeinschaften Im Blickfeld der Forschung stehen dabei vor allem die und Schlachtunternehmen kurzfristig von der Biotope „Stall“ und „Krankenhaus“. In Forschungsprojek- Wirtschaft nicht getragen werden. ten werden daher auch die Transmissionswege zwischen Ohne Forschungsförderung lassen sich die nach den drei Habitaten Mensch, Tier und Umwelt betrachtet. wie vor großen Wissenslücken im Biotop „Bo- Ziel ist die Verbesserung des gesundheitlichen Verbrau- den“ nicht schließen. cher- und Bevölkerungsschutzes. Eine weitere Voraussetzung für Monitoringaktivi- täten ist die Weiter-/Entwicklung von Monitoring- Die „One-health“ - Strategie verfolgt dabei den Ansatz, und Schnelldiagnostikmethoden in der Landwirt- verschiedene Akteure und Disziplinen (z.B. Mikrobiologie, schaft und Humanmedizin.
7 Fachimpulse (II): Nachhaltige Tierhaltung – Aktivitäten des MKULNV Dr. Ludger Wilstacke, Abteilungsleiter Landwirtschaft, Gartenbau, ländliche Räume, Ministe- rium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW ordnung genauso verbessert werden, wie die Nährstoffef- fizienz der eingesetzten Produkte. Im Handlungsfeld Tierschutz gibt es zum einen die „Initia- tive Ringelschwanz“: dies ist eine gemeinsame NRW- Erklärung zum Verzicht auf das routinemäßige Kürzen der Schweineschwänze mit dem Ziel eines stufenweisen Ausstiegs. Das zweite Ziel im Handlungsfeld Tierschutz ist die Verbesserung des Haltungsmanagements. Zudem wurde mit einer Untersagungsverfügung an Brütereien mit einer Übergangsfrist von einem Jahr die Tötung männlicher Eintagsküken verboten. Im Rahmen der Tiergesundheit ist insbesondere der Medikamenteneinsatz ein Thema. Um diesen zu reduzie- ren sollen vor allem die Haltungsbedingungen und das Herr Dr. Wilstacke stellt die Aktivitäten des Umweltminis- Tiergesundheitsmanagement verbessert werden. Hierzu teriums NRW im Bereich der nachhaltigen Tierhaltung zählen ein restriktiver und gezielter Antibiotikaeinsatz und vor. Diese gliedern sich in die vier Handlungsfelder Um- die Umsetzung der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes. welt- und Gesundheitsschutz, Tierschutz, Tiergesundheit sowie die Schaffung von Perspektiven für Betriebe. Um die Perspektiven für Betriebe zu verbessern gilt es die gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern. Hierzu gehö- Im Handlungsfeld Umwelt- und Gesundheitsschutz hebt ren ein Dialog „Landwirtschaft Umwelt“, die Einführung Herr Dr. Wilstacke zum einen den Erlass des Umweltmi- von Fachgesprächen, eine verstärkte und offenere Kom- nisteriums vom 19.02.2013 hervor, der zur Minderung der munikation, ggf. Mediation und die Zusammenarbeit aller Emissionen von Staub, Gerüchen und Ammoniak einen Akteure. Um die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu bele- fortgeschrittenen Stand der Technik vorschreibt sowie ben gilt es Wertschöpfungsketten und die Marktstellung den Behörden konkrete Handlungsvorgaben für die Prü- der Erzeuger zu stärken. Darüber hinaus muss die regio- fung der Bioaerosolbelastung in Genehmigungsverfahren nale Vermarktung verbessert werden. gibt. Zum anderen betont Herr Dr. Wilstacke die Bedeu- tung der Weiterentwicklung des Standes der Technik bei kleinen Schweineställen und bei Geflügelhaltungen sowie Tierhaltung ist eine zentrale Säule der NRW- die bundesweite Festschreibung des neuen Standes der Landwirtschaft, aber nur eine nachhaltige Tierhaltung hat Technik im Rahmen der Novellierung der TA Luft als Zukunft. Um dies zu erreichen sind deutliche und rasche Aufgabe des Bundes. Veränderungen notwendig. Diese können erreicht werden durch einen konsequenten Vollzug bestehender Rege- lungen, der Anpassung noch nicht ausreichender rechtli- Um die Gülleverwertung auf den aktuellen Stand zu brin- cher Rahmenbedingungen sowie im Dialog und in Koope- gen ist, ebenfalls auf Bundesebene, die Novellierung der ration mit allen Akteuren. Düngeverordnung angedacht. Auf Landesebene wird über eine Wirtschaftsdünger-Nachweisverordnung nach- gedacht. Darüber hinaus soll der Vollzug der Düngever- Genehmigungs- und Überwachungspraxis in NRW Martin Ohlms, Kreis Borken NRW Herr Ohlms stellt die Anforderungen an die Genehmigung von Tierhaltungsanlagen aus Sicht der Praxis einer im- missionsschutzrechtlichen Vollzugsbehörde dar. Während kleinere Tierhaltungsanlagen lediglich bauge- nehmigungspflichtig sind, ist für die Errichtung oder Än- derung von größeren Tierhaltungsanlagen eine immissi- onsschutzrechtliche Genehmigung einzuholen. Zuständig für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und Überwachung von Tierhaltungsanlagen sind in der Regel die Kreise und kreisfreien Städte. Er weist darauf hin, dass in der Praxis eine immissionsschutzrechtliche Ge- nehmigungspflicht oft vermieden wird, in dem sich beste- hende Betriebe in rechtlich selbstständige Einheiten aufteilen.
8 Im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Genehmi- Eine besondere Herausforderung für die Vollzugsbehör- gungsverfahren wird von den zuständigen Genehmi- den ist zurzeit noch die Beurteilung der Bioaerosolbelas- gungsbehörden eine umfangreiche Prüfung vorgenom- tung in Genehmigungsverfahren. In diesem Bereich gibt men, damit keine schädlichen Umwelteinwirkungen ins- es noch keine gerichtlich anerkannten allgemeinen Be- besondere für die Nachbarschaft zu besorgen sind und wertungsmaßstäbe für die Beurteilung. Diese kann daher die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an die nur in jedem Einzelfall durch die Behörden erfolgen. Hier Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen einge- besteht aus Sicht von Herrn Ohlms Bedarf nach verbind- halten werden. lichen und rechtssicheren Handlungsmaßstäben, vor- zugsweise in Form von Grenzwerten. Herr Ohlms weist darauf hin, dass es sich bei der immis- sionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine gebunde- Auch im Hinblick auf die Überwachung von Anlagen in ne Entscheidung handelt. Dies bedeutet, dass die Ge- Bezug auf Bioaerosolemissionen sieht er Handlungsbe- nehmigung zu erteilen ist, wenn im Verfahren festgestellt darf. wird, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Er legt dar, dass im Rahmen der Genehmigung nur anla- . genbezogene Anforderungen gestellt werden können. Fachimpulse (III): Wer leidet unter Antibiotikaresistenzen? Günter Hölling, Gesundheitsladen Bielefeld e. V. Keime in die Klinik mit hineinbrachten, beschleunigten den Prozess der Resistenzbildung. Risikopatienten und - patientinnen waren auch Personen, die beruflich mit Tierhaltung zu tun hatten. Entsprechende Patienten und Patientinnen aus dem westlichen Münsterland, die stark mit der Tierhaltung zu tun hatten und sich zur grenzüber- schreitenden Behandlung in den Niederlanden aufhielten, wurden dort als Hochrisikogruppe eingestuft. Aus diesem Vorgehen in den Niederlanden wurden Kon- sequenzen für den Umgang mit Patienten und Patientin- nen bezüglich des Behandlungs- und Vorsorgemanage- ments in NRW gezogen. Herr Hölling führt zudem Däne- mark als Beispiel an, wie man Gesundheits- und Umwelt- aspekte bei der beruflichen Tierhaltung besser verzahnen kann: regelmäßige Stall- und Hygienekontrollen in monatlichen bis vierteljährlichen Abständen, eine Kontrolle über den Einsatz von Antibiotika und öffentliches Ausweisen dieser Ergebnisse, eine Aufklärung der Bevölkerung über beste- Günter Hölling macht deutlich, dass der Umgang mit hende Risiken, multiresistenten Keimen eine hohe Bedeutung hat. Ende 2011 verabschiedete die Landesgesundheitskonferenz ein gezieltes Programm für die Landwirtschaft NRW eine Entschließung zum Problem der nosokomialen über den Einsatz von Arzneimitteln. Infektionen und multiresistenten Erreger. Das Infektions- risiko ist für alle Personen vorhanden, speziell für opera- Dieses Beispiel aus Dänemark zeigt, dass eine stärkere tiv oder invasiv behandelte Patienten und Patientinnen Verknüpfung von Gesundheits- und Umweltbereich auch mit geringer Immunabwehr. Ein verstärkter und undiffe- in NRW von starkem Nutzen wäre für Patienten und renzierter Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin Patientinnen sowie Verbraucher und Verbraucherinnen – sowie Risikopatienten und –patientinnen, die unbewusst die Leidtragenden der Antibiotikaresistenz.
9 Erfahrungen aus Sicht eines Umweltverbandes Reinhild Benning, Bund für Umwelt und Naturschutz, Berlin ganzheitlichen Datenbank mit einem bundesweit verbindlichen Senkungsziel des Antibiotikaein- satzes in der Intensivtierhaltung um die Hälfte im Vergleich zu 2010 bis zum Ende der Legislatur- periode. Verbot von wichtigen Humanantibiotika in Inten- sivtierhaltungen. Erfassung der Antibiotikagabe bei allen Tierhal- tungen inkl. Fisch und Erfassung der Dosis Transparenz – Einführung einer öffentlichen Be- richtspflicht von Bund und Ländern über den Einsatz von Antibiotika im Stall und Resistenz- entwicklungen. Im Bereich des Umweltschutzes: Die Zahlung von Subventionen nur in Verbindung mit Um- welt- bzw. Tierschutzauflagen. Zum Thema Antibiotika in der Tierhaltung verdeutlicht Verbesserung des Ordnungsrechtes mit Bezug Frau Benning anhand einer Umfrage die diesbezügliche zur Fleischproduktion und Verbesserung von Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das The- Vollzug und Kontrolle (Tierschutz, Baurecht, ma Antibiotika gehört für sie zu den größten Sorgen: Düngerecht, Immissionsschutzgesetz). 73 % der deutschen Bevölkerung sind besorgt über Abkehr von Agrarfabriken. Dazu gehört: Umver- Rückstände wie Antibiotika und Hormone in Fleischwa- teilung von staatlichen Geldern für regionale Er- ren. In der Umwelt hat das Thema Antibiotika ebenfalls zeugung und Verarbeitung, Weidehaltung und eine große Relevanz. kleinere Betriebe; ein Stopp der Überproduktion und Exportfixierung der deutschen Agrarwirt- Mit der Gülle können antibiotikaresistente Keime dauer- schaft und der Agrarpolitik. haft in den Boden gelangen, die Bakteriengemeinschaf- verpflichtende Kennzeichnung für Fleisch nach ten im Boden stören und zur Erhöhung der Häufigkeit und Haltung, Herkunft, GVO-Fütterung (vgl. Eier). Übertragbarkeit von Antibiotikaresistenzen führen. Dies Im Bereich des Tierschutzes: gesetzliche Ver- zeigen jüngste Studien staatlicher Wissenschaftsinstitute. besserungen hinsichtlich Haltung und Zucht. Intensivtierhaltung trägt zur Entstehung multiresistenter Im Bereich der Forschung: Systematische Un- Keime bei, die zunehmend zum Gesundheitsrisiko für tersuchungen dazu, welche Haltungsverfahren, Menschen werden. Zuchtlinien, Futterarten, Größenordnungen bei Tierbeständen den geringsten Antibiotika- Benning gibt einen kritischen Einblick in die derzeitigen Einsatz erfordern. Herausforderungen in Zusammenhang mit der industriel- Systematische Emissions- und Transmissions- len Tierhaltung und der Fleischproduktion. Internationale Untersuchungen von Antibiotika und resistenten Vergleiche der politischen Maßnahmen zur Bekämpfung Keimen. der Folgen des Antibiotikaeinsatzes zeigen, dass Deutschland noch große Defizite aufzuholen hat. Reform der Vergaberegeln: Tierärzte sollten künftig Anti- biotika nicht mehr verschreiben und auch verkaufen dür- Im Vortrag werden die diesbezüglichen Forderungen des fen. Rabatte auf Großeinheiten von Antibiotika gilt es zu BUND erläutert, der sich für den Schutz der Natur und verbieten. Aus Sicht des BUND will die Gesellschaft Umwelt einsetzt und sich dabei auch für eine ökologische Bauernhöfe statt Agrarfabriken. Ein Wandel, der sich Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel engagiert. gegen eine Ausweitung der industriellen Tierhaltung einsetzt, wäre die beste Ursachenbekämpfung im Kon- Aus Sicht des BUND ergeben sich folgende Forderungen fliktfeld, denn das Billigfleisch verliert zunehmend seinen Markt. Im Bereich der Arzneimittel: eine Nachbesse- rung am Arzneimittelgesetz und Aufbau einer
10 Themenforen Die drei Themenforen bieten die Möglichkeit für eine vertiefte Diskussion der Fachbeiträge und –impulse aus dem ersten Veranstaltungsteil entlang vorgegebener Leitfragen. 1. Regulierung und Genehmigung und in die Umwelt mit zu berücksichtigen. Eine offene Frage im Themenforum war, ob auch das Infektions- schutzgesetz Ansatzpunkte für den vorsorgenden Ge- sundheitsschutz in Bezug auf Keime und Antibiotika böte. Eine andere offene Frage bezog sich auf die Handlungs- spielräume von Kommunen. Aus dem Vormittagsblock habe man mitgenommen, dass z.B. der §35 BauGB (Baugesetzbuch) nur sehr begrenzte Spielräume ermög- liche. Um diese sachgerecht zu nutzen, wird angeregt, den Kommunen z.B. mit ergänzenden Erläuterungen eine Leitfragen: Hilfestellung zu geben. Welche Beiträge können Regulierung und Ge- Über Chancen und Grenzen jenseits von Regulierung nehmigung in NRW für den vorsorgenden Ge- wurde im Themenforum ebenfalls der Frage nachgegan- sundheitsschutz bezogen auf Antibiotika in der gen, an welchen Stellen es mehr Zusammenarbeit geben Tierhaltung / Resistenzen leisten? Welche sollte, um den vorsorgenden Gesundheitsschutz zu ver- Grenzen bestehen? bessern. Dazu wurde zunächst festgehalten: Ziel sollte An welchen Stellen sollte es mehr Zusammen- insgesamt eine gute Zusammenarbeit zwischen ver- arbeit geben, um den vorsorgenden Gesund- schiedenen Fachbehörden für einen konsequenten Voll- heitsschutz zu verbessern? zug der bestehenden Regelungen sein. Als Beispiel wur- Was sollte ggf. hinsichtlich „Daten und Informa- de die Zusammenarbeit zwischen Immissionsschutzbe- tion“ verbessert werden? hörden und Baubehörden genannt, aber auch mit Land- Hinsichtlich Möglichkeiten und Grenzen der Vorsorge schaftsschutzbehörden (z.B. in punkto Ausnahmen und über Regulierung und Genehmigung standen zunächst Befreiungen). Hierzu wurde angeregt, den verantwortli- das BImSchG (Bundes-Immissionsschutzgesetz) und der chen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in den Behörden sogenannte „Filtererlass“ in NRW im Mittelpunkt der bestmöglichen Zugang zu juristischem Know-how zu Diskussion. Mit diesem Erlass werden der Einsatz von verschaffen, um im Vollzug insgesamt noch besser agie- Abluftreinigungsanlagen bei Tierhaltungsanlagen, die ren zu können. In diesem Zusammenhang wird aus dem Abdeckung von Anlagen zur Lagerung von Gülle und der Kreis der Teilnehmenden auch die Bedeutung von Schu- Umgang mit der Prüfung der Bioaerosolbelastung in lungs- und Beratungsangeboten hervorgehoben. Ein Genehmigungsverfahren von Tierhaltungsanlagen gere- anderes wichtiges Handlungsfeld betreffe den Antibio- gelt. Während ein Einsatz von Abluftreinigungsanlagen tikaeinsatz selbst: Hier sollten insbesondere Veterinär- bei großen Anlagen zur Schweinehaltung gefordert wer- und Humanmedizin viel enger zusammen arbeiten. den kann, ist der Stand der Technik bei Abluftreinigungs- anlagen für die Geflügelhaltung leider noch nicht so weit In Bezug auf die Frage: „Was sollte ggf. hinsichtlich Da- fortgeschritten. Zum BImSchG wurde klargestellt: Wenn ten und Information verbessert werden“ wurde zunächst die gesetzlichen Anforderungen eingehalten sind, muss konstatiert, dass es keine Informationen über die Tier- eine Genehmigung erteilt werden. masse pro Stadt gebe. Zudem wurde angeregt, ob man in NRW eigene Erhebungen hinsichtlich des Antibiotika- In der Diskussion wurde ergänzt, dass die Genehmigung einsatzes bzw. des Vorkommens von Resistenzen durch- von Anlagen in Landschaftsschutzgebieten ein besonde- führen könnte. Ein weiterer Vorschlag in der Diskussion res Problem darstelle. Hier sei nicht verständlich, warum betraf das Anlegen einer Liste für Reserve-Antibiotika. Mit Ausnahmen/ Befreiungen in solchen Gebieten erteilt Verweis auf Dänemark und die dortige Berichtspraxis würden. wurde vorgeschlagen: Kann nicht in NRW eine umfang- reichere Berichtspflicht eingeführt werden, die zu mehr Im Forum wird auch die Frage der Bewertung der Bioae- Transparenz über den Einsatz von Antibiotika führt? rosolbelastung diskutiert, die wegen der zurzeit noch fehlenden gerichtlich anerkannten Maßstäbe für die Be- Angeregt wurde abschließend, inwieweit man Betriebe hörden eine Herausforderung bedeutet. Die Behörde sei stärker fördern könnte, die z.B. über regionales Wirt- in der Nachweispflicht, wenn sie z.B. nachträgliche An- schaften weniger Viehtransporte benötigen und damit ordnungen für eine Genehmigung erlassen will; dies auch in der Regel weniger Antibiotika einsetzen bzw. müsse rechtssicher erfolgen. Eine Teilnehmerin regt an, insgesamt Betriebe fördern könne, die weniger Antibiotika dass die Nachweispflicht eigentlich umgekehrt werden einsetzen. Wesentliches Argument: Nicht nur über „Ver- sollte. bote“ agieren, sondern zusätzlich auch „Anreize“ für alternatives Handeln schaffen. Ein zusätzlicher Vorschlag Im Zusammenhang mit der Novellierung des Dünge- war, dies auch mit einem entsprechenden „Öko-Label“ zu rechts wurde aus dem Kreis der Teilnehmenden dieses unterstützen. Forums angeregt, dabei insbesondere auch den mögli- chen Eintrag von Keimen und Antibiotika in den Boden
2. Austragspfade – Verbreitung minimieren Patienten und Patientinnen und nicht nur die Risikogrup- pen erfasst. Auch wird die Untersuchung auf weitere Keime angeregt. Weiterhin wurden Schlachthöfe als Austragspfad ange- sprochen, die bisher zu wenig betrachtet wurden. Nötig sei es, auch hier Untersuchungen zu verstärken. Reinhild Benning plädiert in ihrem Vortrag dafür, den Produktionsdruck in der Landwirtschaft zu reduzieren. Nötig seien eine geringere Tierdichte und kleinere Be- triebsstrukturen. Geschlossene Betriebsstrukturen und reduzierte Tiertransporte würden helfen, Ausbreitungs- Leitfragen: pfade zu reduzieren. Auch verweist sie auf die guten Erfahrungen anderer EU-Länder, in denen Landwirte eine Welche Strategien und Maßnahmen sind be- Selbstverpflichtung über den Einsatz von Antibiotika sonders vielversprechend, um Antibiotika und eingegangen sind. Keimaustragungen aus den landwirtschaftlichen Betrieben zu minimieren (technisch und organi- Einige Teilnehmende berichten von ihren Erfahrungen bei satorisch)? Wo besteht noch Forschungsbedarf? der Zucht und Aufzucht. So sei es hilfreich, Kälber die An welchen Stellen sollte es mehr Zusammen- ersten drei Monate im Stall zu belassen, um Transport- arbeit geben, um den vorsorgenden Gesund- wege und damit Austragspfade zu reduzieren. Auch sei heitsschutz zu verbessern? dadurch eine „individuellere“ Versorgung möglich. Ähnli- Was sollte ggf. hinsichtlich „Daten und Informa- tion“ verbessert werden? ches gilt bei Ferkeln, die länger bei der Mutter belassen werden sollten. Der Nebeneffekt ist eine bessere Ernäh- Die Vortragenden des Vormittags benannten Handlungs- rung durch die Muttermilch. Ernährung und damit die ansätze, wie die Verbreitung von Keimen minimiert wer- Futtermittelwahl und der Einsatz von Spurenelementen den können. Diese ergaben Anknüpfungspunkte für die seien grundsätzlich wichtig für die Gesundheit der Tiere. Diskussionen im Themenforum. Hierdurch ließe sich im Ergebnis der Einsatz von Antibio- tika reduzieren. Bei der Rinderzucht wurde darauf hinge- Wichtig sei es, Infektionsketten zu unterbrechen. Hier sei wiesen, dass einige Kuhrassen weniger krankheitsanfällig nicht nur die Austragung aus den Betrieben, sondern sind. Zudem sei die Zucht mit älteren Kühen sinnvoll, da auch die Eintragung in Betriebe zu betrachten. In diesem sie Resistenzen gegen Keime aufbauen konnten. Antibio- Zusammenhang wurden die guten Erfahrungen mit Ab- tische Trockensteller wurden kritisch hinterfragt, um den luftfiltern in Ställen hervorgehoben. Zu dem sogenannten Einsatz von Antibiotika minimieren zu können. Filtererlass wurde kritisch angemerkt, dass er erst ab einer bestimmten Betriebsgröße verpflichtend ist, so dass eine Lücke besteht. Prof. Dr. Jörg Hartung empfiehlt in seinem Vortrag einen gezielten, therapeutischen Einsatz von Antibiotika, um Resistenzbildungen zu minimieren. Forschungsbedarf sieht er bei der Resistenzforschung und der Frage, wie lange aus Ställen emittierte Mikroorganismen einschließ- lich MSSA und MRSA vermehrungsfähig bleiben und weitergetragen werden können. Ähnliches gilt beispiels- weise für den Verbleib und die Wirkung von ESBL- Keimen und Antibiotikaresten. Dr. med. Ricarda Schmithausen berichtet in ihrem Vor- trag von den positiven Forschungsergebnissen mit Sero- Als wichtige Partner wurden Zuchtverbände, Landwirt- logie-Monitoring von Schlachtblut. Allerdings seien die schaftskammern und Tierärzte angesprochen, um den Kosten hierfür sehr hoch. Sie empfiehlt, Schnelltests zu vorsorgenden Gesundheitsschutz zu verbessern und den etablieren, die auch kostengünstiger sind. Wichtig seien Einsatz an Antibiotika zu reduzieren. Wichtig wäre eine auch ein Monitoring und eine Schwachstellenanalyse verstärkte Aufklärung über Risiken des Antibiotikaeinsat- durch die Landwirte. zes in der Humanmedizin und der Landwirtschaft, über Das Screening in Krankenhäusern erkennen die Teil- Austragspfade und Gegenmaßnahmen sowie eine stär- nehmenden grundsätzlich als wichtige Maßnahme an. kere Beratung von Landwirten und Tierärzten zur Ernäh- Unterschiedlich bewerten sie allerdings das Ausmaß und rung des Nutzviehs. den Umfang des Screenings. Einige halten die derzeitige Intensiver wurde über den Vorschlag diskutiert, eine Praxis für ausreichend, dies auch vor dem Hintergrund zentrale Antibiotika-Datenbank einzurichten. Ein Teil- der personellen und finanziellen Ressourcen. Andere nehmer verweist darauf, dass es solche Datenbanken plädieren für ein flächendeckendes Screening, das alle
12 bereits gebe. So zum Beispiel seit dem 1. Juli 2014 die Bisher, so die Teilnehmenden, werden vornehmlich die verpflichtende staatliche Datenbank für Mastbetriebe und Austragspfade aus landwirtschaftlichen Betreiben unter- die QS-Datenbank. Andere Teilnehmende kritisieren sucht. Forschungsbedarf sehen sie aber auch in die allerdings, dass die staatliche Datenbank nur verpflich- andere Richtung. Untersucht werden sollten auch die tend ab einer Betriebsgröße von 250 Tieren und die QS- Eintragungspfade in Betriebe. Als weitere Forschungsfra- Datenbank freiwillig seien. ge haben die Teilnehmenden formuliert: Inwiefern gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Desin- In der Diskussion wurde darauf verwiesen, in Betrieben fektionsmittel und der Resistenzbildung? stärker auf das Ausmisten als Austragspfad zu achten. Auch müssten Klimaaspekte, insbesondere Windrichtung Verwiesen wurde auch darauf, dass etliche Maßnahmen und -intensität, bei den Ausbreitungswegen betrachtet ergriffen wurden. Diese gelte es, auf ihre Wirkung zu werden. Hierfür wäre der Deutsche Wetterdienst der evaluieren. Auch wäre die verstärkte Umsetzung von richtige Partner, so ein Teilnehmer, der dies als hoheitli- Forschungsergebnissen in der landwirtschaftlichen Praxis che Aufgabe erfüllen könne. In diesem Zusammenhang erforderlich. sei eine Änderung der TA Luft erforderlich. 3. Wirkungen, Gesundheit, empfindliche Gruppen Leitfragen: Grundsätzlich verwiesen die Anwesenden auf die Risiko- gruppen, wie sie von der Kommission für Krankenhaus- Welche Strategien und Maßnahmen sind be- hygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beschrieben sonders erfolgsversprechend, um Landwirte, Allgemeinbevölkerung und empfindliche Grup- werden und ihren Screeningvorgaben für resistente Erre- pen vor negativen Auswirkungen durch Antibio- ger bei Patienten und Patientinnen. tika in der Tierhaltung und resistenten Keimen zu schützen? Wer ist vor allem betroffen? An welchen Stellen sollte es mehr Zusammen- Dass sich Praxis und Theorie deutlich unterscheiden arbeit geben, um den vorsorgenden Gesund- können, beschrieb eine Tierärztin, die als Mitglied einer heitsschutz zu verbessern? Risikogruppe bei Krankenhausaufenthalten bisher kei- nem Screening unterzogen wurde. Zum Standard sollten Was sollte gegebenenfalls hinsichtlich „Daten Anmeldebögen zählen, durch die auch bei Notfallbehand- und Information“ verbessert werden? lung kontrolliert werden kann, ob ein Patient oder eine Patientin einer Risikogruppe angehört. Es gab eine Vielzahl von Anregungen im Bereich Strate- gien und Maßnahmen, um einen besseren Schutz vor resistenten Keimen zu bewerkstelligen. Zum Beispiel sollten Landwirte ein verbessertes Stallmanagement umsetzen oder die Gülle sollte vor Ausbringung einer Hygienisierung unterzogen werden. Bei der medizini- schen Behandlung von Tieren sollten die Verordnung und der Verkauf von Antibiotika nicht in einer Hand belassen werden, sondern auf unterschiedliche Stellen verteilt werden. Es wurde zudem angeregt, dass Probiotika ver- stärkt in Tierställen verwendet werden sollten, was mit der Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika einherge- In der Diskussion wurden verschiedene Gruppen als hen könnte. besonders empfindlich gegenüber den negativen Auswir- kungen von resistenten Keimen benannt. Darüber hinaus Im Gesundheitsbereich verwies man auf die Deutschen wurden Maßnahmen beschrieben, die einen verbesserten Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART), die es gilt, inten- Schutz ermöglichen können. siver zu nutzen und auszuweiten. In der Entwicklung sinnvoller Maßnahmen waren sich die Teilnehmer und Empfindliche Personengruppen können Teil der Anwoh- Teilnehmerinnen des Forums einig, dass die Problematik nerschaft in der Nähe einer Tierhaltungsanlage sein. der Keimausbreitung und des Umgangs mit Antibiotika Allgemein ist eine Zunahme von empfindlichen Personen nicht von Human- und Veterinärmedizin separat bearbei- in der Bevölkerung zu verzeichnen. Von mehreren Teil- tet werden darf. Vielmehr müsse ein integrativer Weg nehmern wurden neben Anwohnern und Anwohnerinnen beschritten werden und eine stärkere Zusammenarbeit in der Nähe von Tiermastanlagen auch sensible Einrich- erfolgen. Gemeinsame Fachveranstaltungen könnten tungen thematisiert, die es zu schützen gilt. So müssten dabei den Austausch fördern. Regionale Netzwerke zwi- Genehmigungen neuer Tiermastanlagen versagt werden schen Veterinär- und Humanmedizin, wie sie bereits in können, wenn sie beispielsweise in der Nähe von Reha- einzelnen Bundesländern bestehen, müssten weiter bilitationskliniken geplant würden. Darüber hinaus gibt es gefördert werden und sich deutschlandweit etablieren. noch Gruppen von Betroffenen, die durch einen ständi- Dabei sei vor allem wichtig, die Beteiligung der unterre- gen Kontakt zu Tieren ein besonderes Risiko besitzen, präsentierten Veterinärmedizin in diesen Gremien zu dazu gehören unter anderem Landwirte und Tierärzte. erhöhen. Ebenfalls sollten die medizinischen Einrichtun- gen selber stärker in die Kommunikation und in den Aus-
13 tausch kommen (auch über verschiedene Ebe- noch immer Fachthemen seien, die nicht in die breite nen/Hierarchien hinweg). Öffentlichkeit gelangt sind. Dabei benötige es auch eine stärkere Eigenverantwortung der Verbraucher, um Antibi- Für den Bereich der Erfassung und Bereitstellung von otika in der Umwelt zu reduzieren. Um die Grundlagen für Daten forderte ein Teilnehmer eine engmaschigere ein verändertes Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern Überwachung in Human- und Veterinärmedizin (bspw. zu schaffen, sei die gesundheitliche Aufklärung entschei- Meldungen von Infektionen, Besiedlungsraten, Einsatz dend. Eine übergeordnete Informationskampagne zur von Antibiotika). Zudem müsste ähnlich wie in Dänemark, Aufklärung über die Problematik könne der Öffentlichkeit der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung transparent deutlich machen, welche Übertragungswege es gibt, wo werden. die Gefahren bei resistenten Keimen liegen und welcher Umgang mit Antibiotika der Richtige ist. Ein besonderer Prof. Dr. Witte macht auch deutlich, dass Humanantibioti- Fokus sollte in der Aufklärung über die Verhältnismäßig- ka nicht ohne Not in der Veterinärmedizin eingesetzt keit der Gefahrenpotenziale liegen. Ein Risikoranking der werden dürften und es dringend eine bessere Abstim- Gefahrenquellen könnte dabei nötiges Bewusstsein mung in der Antibiotikaentwicklung für Human- und Vete- schaffen. Zielgruppen einer solchen Kampagne wären rinärmedizin geben sollte. sowohl die allgemeine Öffentlichkeit als auch besonders Im Bereich der Forschung gilt es, weitere offene Fragen gefährdete Personengruppen. Träger dieser Kampagne zu beantworten. Zentral ist dabei die Frage nach den könnte z.B. die Bundeszentrale für gesundheitliche Auf- Ausbreitungsfähigkeiten der Erreger in den verschiede- klärung als bewährte Adresse beim Thema Krankheits- nen Medien, zum Bespiel Gülle. Es wurde angemerkt, prävention sein. dass die Entstehung, Verbreitung und Gefahren multire- sistenter Keime sowie der sichere Umgang mit Antibiotika Ausblick: Was geschieht mit den Ergebnissen? Einladungsverteiler zu dieser Veranstaltung aufgenom- men. Die Aufbereitung von Erkenntnissen aus Studien für die Vollzugspraxis benötigt Zeit. Ziel ist es, innerhalb dieses Prozesses vom Wissen zum Handeln zu kommen und so die Vollzugsbehörden in die Lage zu versetzen, ange- messen und rechtssicher agieren zu können. Dies ist ein Kernthema für Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus wird sich das Land mit seinen Möglichkeiten bei der Novellie- rung des Arzneimittelgesetzes, der Düngeverordnung und der Novelle der TA Luft auf Bundesebene für ambiti- onierte Standards einsetzen. Weitergearbeitet wird auch am Thema Transparenz. So gibt es bereits Datenbanken zum Antibiotikaeinsatz - Dr. Diana Hein, Abteilungsleiterin Immissionsschutz, teilweise verpflichtend, teilweise freiwillig. Allen ist ge- Umwelt und Gesundheit, Gentechnik im Ministerium für mein, dass sie nicht öffentlich sind. Inwieweit man hierbei Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Ver- dem Beispiel Dänemark folgen kann, ist eine zu klärende braucherschutz des Landes NRW gab abschließend Frage. Das Gleiche gilt für die Frage, welche Daten aus einen Ausblick auf den weiteren Umgang mit den Ergeb- den Überwachungen öffentlich zugänglich sind bzw. nissen der ersten Fachveranstaltung im Rahmen des zukünftig öffentlich gemacht werden können. Masterplans Umwelt und Gesundheit. Über eine stärkere Verknüpfung von Veterinär- und Humanmedizin muss gesprochen und analysiert werden, was möglich ist. Prin- Die Kooperationen in der interdisziplinären Zusammenar- zipiell gibt es bereits mit dem im Koalitionsvertrag festge- beit auf der wissenschaftlichen Ebene funktionieren be- schriebenen Masterplan Umwelt und Gesundheit und der reits sehr gut. Inwieweit dies auf ministerialer und Voll- bestehenden, ressortübergreifenden Koordinierungs- zugsebene heruntergebrochen werden kann, muss aus- gruppe eine Klammer von Umwelt und Gesundheit. Da- gelotet werden. Hierfür wird eine ad-hoc-AG mit Mitglie- rauf muss nun weiter aufgesetzt werden. Der interdiszip- dern mit gemeinsamen Überwachungsaufgaben einge- linäre Zusammenhang wurde bereits mit dem breiten richtet werden, die über die Möglichkeiten und Umset- zung einer gemeinsamen Zusammenarbeit nachdenkt.
14 Anhang Programm 10:00 Uhr Begrüßung und Einführung Peter Knitsch, Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Ver- braucherschutz NRW 10:15 Uhr Keime und Antibiotika aus der Tierhaltung ― Gesundheitsrisiko für den Menschen? Prof. Dr. Wolfgang Witte, Robert Koch Institut, Wernigerode 11:00 Uhr Fachimpulse (I): Wohin gelangen Antibiotika und Keime aus der Tierhaltung? Prof. Dr. Jörg Hartung, ehemals Leiter des Instituts für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Was können Landwirte gegen die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen und Keimen tun? Dr. med. Ricarda Schmithausen, Institut für Tierwissenschaften – Präventives Gesundheitsmanagement, Uniklinik Bonn 11:25 Uhr Fachimpulse (II): Nachhaltige Tierhaltung – Aktivitäten des MKULNV Dr. Ludger Wilstacke, Abteilungsleiter Landwirtschaft, Gartenbau, ländliche Räume, Ministerium für Klima- schutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW Genehmigungs- und Überwachungspraxis in NRW Martin Ohlms, Kreis Borken NRW 11:50 Uhr Fachimpulse (III): Wer leidet unter Antibiotikaresistenzen? Günter Hölling, Gesundheitsladen Bielefeld e. V. Erfahrungen aus Sicht eines Umweltverbandes Reinhild Benning, Bund für Umwelt und Naturschutz, Berlin 12:15 Uhr Mittagspause 13:00 Uhr Themenforen: 1. Regulierung und Genehmigung 2. Austragspfade ― Verbreitung minimieren 3. Wirkungen, Gesundheit, empfindliche Gruppen 14:15 Uhr Anregungen aus den Themenforen Ausblick: Was geschieht mit den Ergebnissen? 14:30 Uhr Ende der Veranstaltung
Keime und Antibiotika aus der Tierhaltung ― Gesundheitsrisiko für den Menschen? Prof. Dr. Wolfgang Witte RKI-Fellow Robert Koch Institut, Bereich Wernigerode Bakteriell bedingte Zoonosen • Campylobacter-Enteritis Zoonosen gewannen mit Beginn der Domestikation von Tieren in der • Bartonellosen Jungsteinzeit erheblich an Bedeutung • Borreliose • Brucellose • Leptospirose • Listeriose • Milzbrand • Pest • Psittakose (Ornithose) • Rotlauf • Salmonellose • Tuberkulose • Tularämie • Q-Fieber (Balkan-Grippe) Moschophoros (“Kalbträger”) c. 570 BCE. Marmor. Höhe 165 cm. No. 624 Acropolis Museum, Athen
Wie werden Bakterien resistent gegen Antibiotika, und wie wird die Resistenz verbreitet ? Molekulare Strategien des Resistentwerdens von Bakterien Veränderung des Wirkortes – durch Mutation (z.B. DNA-Gyrase und Chinolonresistenz) – durch Modifikation (z.B Methylierung der 23S rRNA und Makrolidresistenz Verhinderung der Aufnahme des Chemotherapeutikums in die Bakterienzelle (z.B. Nicht-Expression eines Porins und Carabapenem- Resistenz) Heraustransport aus der Bakterienzelle – spezifische Effluxmechanismen (z.B. für Tetrazykline) – ABC-porter (z.B. für Streptogramin A-Substanzen) enzymatische Detoxifizierung (z.B. -Laktamase) Realisierung eines alternativen, gegen Chemotherapeutikaeinwirkung unempfindlichen Stoffwechselweges (Sulfonamide, Trimethoprim)
Genetische Ereignisse Mutationen; z. B. zur Veränderung des Targets Übertragung von Resistenzgenen homologer Transfer heterologer Transfer Selektionsdruck Antibiotikaeinsatz in Human- und Veterinärmedizin Antibiotikaproduzenten aus dem Boden Tc 30 20 CHL 40 TET homologe Übertragung Plasmid CTX 50 Inc FII R6-5c 10 GEN 60 0 SUL MER heterologe Übertragung Lokalisierung von Resistenzgenen auf dem Plasmid Inc FII R6-5 und Über- tragung des Plasmids auf gleichartige oder heterologe Bakterienzellen. Resistenzgene: TET gegen Tetracyclin (Transportprotein), CHL gegen Chloramphenicol (Acetylase), CTX gegen Cephotaxim GEN gegen Gentamicin (Phosphorylase), SUL gegen Sulfonamide (Dihydropteroinsäure-Synthetase, MER gegen Quecksilbersalze (Hg-Reductase).
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