Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt

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Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Sicherheits             2 . 2018
      forum
      Mitteilungsblatt der
      Unfallkasse Sachsen-Anhalt

        Vertrauen und Respekt
        sind Erfolgsfaktoren für
        gutes Führungsverhalten

        MUT ZUM RISIKO – Wozu
        brauchen Kinder Wagnisse?

        Hinweise zum Beitrag 2019
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Sicherheits
               forum
               Inhalt

Prävention       Vertrauen und Respekt sind Erfolgsfaktoren
                 für gutes Führungsverhalten                                4
                 Materialien zur Präventionskampagne „kommmitmensch“        7
                 Gewaltprävention – Schutz vor Übergriffen bei
                 Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr                        8
                 Flyer und Broschüren zur Gewaltprävention                 10
                 Schwerer Unfall durch Verwendung von Modellgips
                 beim Abformen von Körperteilen                            11
                 MUT ZUM RISIKO – Wozu brauchen Kinder Wagnisse?           12
                 Schwere Unfälle mit nicht bruchsicheren Verglasungen      15
                 Strangulationsgefahr durch Schlüsselbänder                18

                 Hinweise zum Beitrag 2019                                 19
Beitrag          Für die Umlage 2018 den digitalen Lohnnachweis nutzen     21

                 Informationen für Kita und Schule                         22
Mitteilungen
                 Gefahrstoffe im Schulunterricht mit DEGINTU verwalten     24
                 Neues aus dem staatlichen Arbeitsschutzrecht              25
                 Fachkräfte für Arbeitssicherheit im Erfahrungsaustausch   27
                 Aktuelles zu Sicherheit und Gesundheit                    29
                 Neue Druckschriften                                       33

                 Impressum                                                 39
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Liebe Leserinnen und Leser!
Eine gute und gesundheitsförderliche Führung ist eine der wichtigsten Ressourcen,
um die Gesundheit und Produktivität der Beschäftigten zu erhalten. Daher sind
Anforderungen an Führungskräfte und ihre Fähigkeiten auch recht anspruchsvoll.
Neben einer Vielzahl von Aufgaben haben sie vor allem die Arbeitsbedingungen
optimal zu gestalten, klare Festlegungen der beruflichen Rollen zu treffen, realisti-
sche Anforderungen an die Beschäftigten zu formulieren und das soziale Miteinan-
der ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick zu behalten. Die Verantwortung
für Führungskräfte und deren Erfolg tragen aber vor allem die Leitungen der Be-
triebe und Unternehmen. Sie schaffen die entsprechenden Strukturen und Rah-
menbedingungen und legen so die Grundsteine für gesunde Führung im betriebli-
chen Alltag. Erster Schritt dabei ist das klare Bekenntnis, gesundes und sicheres
Führen zu unterstützen und den Führungskräften „Rückendeckung“ auf allen
Hierarchieebenen und im anstrengenden Alltag zu geben.

Unsere Kinder brauchen Wagnisse und Situationen um zu lernen und sich zu be-
währen! Deshalb ist es ein großes Anliegen der Unfallkasse Sachsen-Anhalt, dass
Kinder in Kitas, Horten und Schulen viele Möglichkeiten bekommen, individuelle
Wagnisse einzugehen. Durch diese eigenen Erfahrungen entwickeln sie selbst per-
sönliche Sicherheitsstrategien, gewinnen Selbstvertrauen, erfahren die Notwen-
digkeit von Sicherheitsmaßnahmen am eigenen Körper und erweitern so ihre für
das Leben so wichtige Risikokompetenz. Deshalb sagen wir, insbesondere bei Be-
wegungsangeboten in Kita und Schule: Mut zum Risiko – natürlich aber in einem
vernünftigen und überschaubaren Rahmen.

Ihre Redaktion
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Prävention

Vertrauen und Respekt sind
Erfolgsfaktoren für gutes
Führungsverhalten
Im letzten „Sicherheitsforum“ informierten wir über den Start und die Inhalte
der bundesweiten Präventionskampagne kommmitmensch. Dabei orientieren
sich die präventiven Angebote der Kampagne an sechs Handlungsfeldern, u.a.
einer guten und gesunden Führung. Sie ist eine der wichtigsten Ressourcen,
um die Gesundheit und Produktivität der Beschäftigten zu erhalten. Eine de-
struktive Führung hingegen kann zu hohen psychischen Belastungen führen.
                                               ungünstige Umgebungsfaktoren (z.B.
                                               Lärm, räumliche Enge, unangenehme             Rolle des
                                               Gerüche, Hitze oder Kälte). Gelingt es
                                               Führungskräften nicht, zwischen den           Führungsstils
                                               widerstreitenden Interessen verschie-
                                               dener Beschäftigter zu vermitteln, als        Mit welchem persönlichen Stil die Füh-
                                               fair empfundene Lösungen zu finden            rungskraft die genannten Erwartungen
                                               und insbesondere schwächere Be-               erfüllt, hängt von ihr selbst und natür-
                                               schäftigte und Außenseiter zu schüt-          lich von der Arbeitsaufgabe und den
                                               zen, können Mobbing und Konflikte             Beschäftigten ab. Für die Erfüllung mi-
                                               zwischen Gruppen gedeihen. Es geht            litärischer Aufgaben ist ein anderer
                                               hierbei nicht darum, alle Beschäftigten       Führungsstil erforderlich als für die
                                               gegenseitig zu Freunden zu machen.            Durchführung eines wissenschaftli-
                                               Vielmehr soll die Trennung von dienst-        chen oder künstlerischen Projekts.
                                               licher Zusammenarbeit und privater            Beide, mitarbeiterorientierte und eher
       Vielseitige Er-                         Beziehung am Arbeitsplatz und die             aufgabenorientierte Führung, haben
                                               Durchsetzung von Mindeststandards             ihre Berechtigung und sind nicht per
       wartungen an                            im respektvollen und wertschätzenden          se positiv oder negativ zu bewerten.
                                               Umgang miteinander durch alle Be-
       die Führungs-                           schäftigten sichergestellt werden.            In dem Projekt „Psychische Gesund-
                                                                                             heit in der Arbeitswelt“ der Bundesan-
       kräfte                                  Für viele Beschäftigte wird die Mög-          stalt für Arbeitsschutz und Arbeitsme-
                                               lichkeit, Beruf und Privatleben zu ver-       dizin (BAuA) wurde unter anderem der

       M     öchte man die Rolle einer Füh-
             rungskraft beschreiben, sollte
       man zunächst überlegen, was diese
                                               binden, immer wichtiger. Auch Arbeit-
                                               geberinnen und Arbeitgeber sehen die
                                               Vorteile flexibler Arbeitszeiten und -orte.
                                                                                             Einfluss des Führungsstils auf die psy-
                                                                                             chische Belastung der Beschäftigten
                                                                                             erhoben. Destruktives Führungsver-
       bewirkt und wie die Zusammenarbeit      Berufs- und Privatleben vermischen            halten, wie autokratische, verantwor-
       mit ihren Mitarbeitern aussehen soll.   sich daher zunehmend. Ein Symbol              tungslose, autoritäre und bestrafende
       Insbesondere die Gesundheit am Ar-      dafür ist die viel zitierte ständige Er-      Führung, aggressive oder psychopa-
       beitsplatz und das Ausmaß der sub-      reichbarkeit. Von den Führungkräften          thische Verhaltensweisen sowie unan-
       jektiv wahrgenommenen psychischen       wird nun erwartet, die Arbeitszeitre-         gemessene Kritik, wies einen deutli-
       Belastungen hängen eng mit der er-      gelungen so zu gestalten, dass sich           chen Zusammenhang mit einem An-
       folgreichen Erledigung der Aufgaben     deren Vorteile (aber auch die Nachtei-        stieg affektiver Symptome, Burnout,
       zusammen.                               le) gerecht auf Arbeitgeberinnen und          Stress und Gesundheitsbeschwerden,
                                               Arbeitgeber sowie Beschäftigte vertei-        aber auch eine Reduktion des Wohl-
       Weil mangelnde Kommunikation und        len.                                          befindens und der psychischen Funk-
       Partizipation psychisch belastend                                                     tionsfähigkeit auf. Bei den übrigen
       sind, werden auch diese beiden Fak-     Schließlich sind Führungskräfte auch          Führungsstilen hingegen konnte kein
       toren zu Handlungsfeldern der Kam-      eine wichtige Institution bei der Karrie-     eindeutiger Zusammenhang mit
       pagne kommmitmensch. Für die Be-        regestaltung: Sie sollen realistische         Belastungsfolgen festgestellt werden.
       schäftigten ist ein selbst wahrgenom-   Rückmeldungen geben, Kritik sachlich
       mener Mangel an eigener Kompetenz       äußern, Fortbildungsbedarf erkennen           Optimal ist es natürlich, wenn eine
       und Fachwissen ebenso belastend wie     und den Beschäftigten realistische Ar-        Führungskraft sowohl mitarbeiter- als
                                               beitsaufgaben zuweisen.

4                                                                                                     Sicherheitsforum      2 . 2018
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Prävention

                                                                                          ne mit negativen Folgen rechnen zu
                                                                                          müssen. Gleiches gilt auch für ge-
                                                                                          machte Fehler (Fehlerkultur) und Bei-
                                                                                          nahunfälle.

                                                                                          Denken Sie auch
                                                                                          an die Gesund-
                                                                                          heit Ihrer
                                                                                          Führungskräfte!
                                                                                          Die Glaubwürdigkeit vieler Maßnahmen
                                                                                          hängt auch von der Vorbildfunktion
                                                                                          der Führungskräfte ab – etwa vom ei-
                                                                                          genen Umgang mit Gesundheit und
                                                                                          stressauslösenden Faktoren. So wir-
                                                                                          ken beispielsweise Aussagen zur De-
                                                                                          legation von Aufgaben, Pausengestal-
                                                                                          tung oder Erreichbarkeit außerhalb der
auch aufgabenorientiert agieren kann.        tigten bietet, diese über die wichtig-       Arbeitszeiten wenig glaubhaft, wenn
In der Praxis dürfte eine solch ausge-       sten Entwicklungen im Zusammen-              die Führungskraft diese selbst anders
wogene Person selten zu finden sein.         hang mit ihrer Arbeit informiert werden
Daher bietet sich der Einsatz von Füh-       und so an Veränderungen partizipieren         Gestaltungsempfehlungen der
rungsteams, in denen Repräsentanten          können. Dies ist auch im Interesse der        Bundesanstalt für Arbeitsschutz
beider Führungsstile vereint sind, an.       Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, da          und Arbeitsmedizin
                                             niemand die einzelnen Arbeitsplätze
                                             so gut kennt, wie die dort Beschäftig-        Als positiv erwies sich:
Gesundes                                     ten. Ein weiterer Aspekt gesunden             • eine mitarbeiter- bzw. gesund-
                                                                                           heitsorientierte Führung (die rein
                                             Führens ist es, sich frühzeitig Gedanken
Führen                                       über Konflikte im Team zu machen              aufgabenorientierte Führung hat
                                                                                           hingegen keine maximal positive
                                             und vorsorgliche Regelungen zum
Gesundheitsförderliches Führen redu-         Schutz vor Mobbing oder aber zum              Wirkung auf die Mitarbeitergesund-
                                                                                           heit)
ziert die Risikofaktoren am Arbeitsplatz     Umgang mit suchtkranken Beschäftig-
und fördert die Ressourcen der Be-           ten zu treffen. Häufig werden zu die-         • eine transparente und respekt-
schäftigten. Sie trägt damit wesentlich      sen Themen Betriebsvereinbarungen             volle Kommunikation zwischen
zur Erhaltung der Gesundheit der Be-         mit präventiven Maßnahmen abge-               Fühungskräften und Geführten
schäftigten bei. Zur gesundheitsför-         schlossen.                                    • eine klare Vermittlung der für die
derlichen Führung gehört zunächst die                                                      einzelnen Mitarbeiter relevanten
Gestaltung der Arbeitsbedingungen.           All diese Faktoren sind wichtige Vo-          Informationen bzw. Regelungen
Diese beinhaltet mehr als die „Basics“,      raussetzungen für eine gute und ge-
                                                                                           • ein ermunternder, Kreativität för-
also die Reduktion von Lärm, Hitze           sundheitsförderliche Führung. Diese
                                                                                           dernder Führungsstil
und Kälte sowie Gefahrstoffen am Ar-         umfasst aber noch mehr: Führungs-
beits- und Ausbildungsplatz, die Sicher-     kräfte müssen ein echtes Interesse am         • der Vorrang eines partizipativen,
stellung von genügend Raum für die           Wohlergehen ihrer Mitarbeiterinnen            auf Dialog und Handlungsspielraum
Arbeit, eine ausreichende ergonomi-          und Mitarbeiter entwickeln. Dazu ge-          basierenden Führungsstils vor ei-
sche Ausstattung und eine als fair em-       hört beispielsweise, frühzeitig Über-         nem autoritären, auf Befehl und Ge-
pfundene Arbeitszeitregelung.                lastungssymptome zu erkennen, um              horsam ausgerichteten Führungsstil
                                             zu verhindern, dass sich diese zu einer       • die Berücksichtigung der Gerech-
Für die Gesundheit der Beschäftigten         manifesten Störung entwickeln. Auch           tigkeitserwartungen der Geführten
förderlich sind auch günstig gestaltete      die Vereinbarkeit von Familie und Be-
                                                                                           • die Berücksichtigung sozial-emo-
psychosoziale Arbeitsbedingungen.            ruf ist wichtig. Ein gutes Privatleben ist    tionaler Bedürfnisse der Organisa-
Dazu gehört zunächst eine klare Fest-        eine wichtige Ressource, um kurzfri-          tionsmitglieder wie Anerkennung,
legung der beruflichen Rollen oder           stige Belastungen folgenlos zu mei-           Selbstwirksamkeit und Lebenszu-
realistischer quantitativer und qualitati-   stern. Vorgesetzte müssen von den             friedenheit und
ver Anforderungen an die Beschäftig-         Beschäftigten als vertrauenswürdige
ten. Psychologisch wichtig ist weiter-       Personen wahrgenommen werden,                 • die strikte Vermeidung bzw.
                                                                                           Sanktionierung sämtlicher Formen
hin, dass die Arbeit möglichst viele         denen gegenüber man auch psychi-
                                                                                           destruktiver Führung
Handlungsspielräume für die Beschäf-         sche Probleme ansprechen kann, oh-

Sicherheitsforum       2 . 2018                                                                                                        5
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Prävention

       vorlebt. Daher ist auch auf die Gesund-   den Regeln des respektvollen und          Führung zahlen sich erfahrungsgemäß
       heit der Führungskräfte zu achten:        wertschätzenden Umgangs miteinan-         mehrfach aus und stellen einen echten
       Führungskräfte sind keine Übermen-        der müssen natürlich auch für den         Erfolgsfaktor für Unternehmen dar.
       schen, sondern selbst auch Beschäf-       Umgang mit der Führungskraft gelten.
       tigte. Interne Regelungen zum Schutz      Eine Führungskraft kann nur so gut        Dr. Torsten Kunz,
       der Gesundheit der Beschäftigten          sein, wie das Team dies zulässt.          Unfallkasse Hessen
       müssen daher auch uneingeschränkt
       für sie gelten.
                                                 Optimierung
       Gerade Führungskräfte der mittleren
       Ebene befinden sich in einer aufrei-      der Führung als
       benden „Sandwichposition“ zwischen
       starkem Erfolgs- und Zeitdruck von-       Basis
       seiten der nächsten Hierarchieebene
       und gleichzeitig bestehenden Wün-         Gerade bei der Auswahl der Führungs-
       schen der Beschäftigten (z. B. nach       kräfte ist darauf zu achten, dass diese   Primäre Aufgaben der Führungs-
       der Vereinbarkeit von Beruf und Fami-     in der Lage sind, gut und gesund zu       kräfte im heutigen Arbeitsalltag:
       lie), die das zeitgerechte Erfüllen der   führen und sich selbst auch danach zu     • den Beschäftigten Ziel und Sinn
       Arbeitsaufgabe erschweren können.         verhalten. Viele der Kompetenzen sind       für ihre Arbeit bieten
       Die Balance zwischen diesen beiden        zudem durch Fortbildungen, Coaching       • sie befähigen und motivieren, ihre
       Polen kann daher für die Führungs-        oder andere Qualifizierungen erwerb-        Arbeit optimal zu erledigen
       kraft eine starke psychische Belastung    bar.                                      • gewährleisten, dass die Beschäf-
       darstellen. Es verwundert nicht, dass                                                 tigten angstfrei neue Lösungen
       es in einigen Branchen inzwischen         Erfolgreiche Teams sind immer ein           erproben können
       schwer ist, Interessenten für Führungs-   Produkt einer guten Führung – und         • das Zusammenspiel unterschiedli-
       positionen zu finden.                     umgekehrt. Möchte man die Kultur der        cher Vorstellungen moderieren
                                                 Prävention und damit auch Sicherheit      • die Vereinbarkeit von Berufs- und
       Die psychischen Belastungen ihrer         und Gesundheit im Betrieb verbes-           Privatleben ermöglichen
       Führungskräfte zu minimieren, ist auch    sern, ist eine Optimierung der Führung    • Sicherheit und Gesundheit sicher-
       eine Aufgabe der Beschäftigten: Die       der erste notwendige Schritt. Die In-       stellen
       unter Kollegen oft unbewusst gelten-      vestitionen in eine gute und gesunde
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Prävention

                                                          Materialien zur Präventions-
                                                         kampagne „kommmitmensch“
Unter dem Slogan kommmitmensch widmet sich die ak-
tuelle Präventionskampagne der Berufsgenossenschaf-
ten und Unfallkassen dem Thema „Kultur der Präven-
tion“. Sie thematisiert damit die Bedeutung eines ganz-
heitlichen Präventionsansatzes für die Sicherheit und Gesundheit der
Beschäftigten in Unternehmen und Einrichtungen.

D   er im Rahmen der Kampagne ent-
    wickelte KulturCheck ist ein Ins-
trument zur Reflektion und Analyse
der eigenen Kultur der Prävention.
Darin werden die Verhältnisse aus
einer ganzheitlichen Perspektive be-
trachtet: Der Führungsstil, die Kom-
munikation im Unternehmen, der Um-
gang mit Fehlern, das Ausmaß der
Einbindung von Beschäftigten und
nicht zuletzt das Betriebsklima – all
diese Bereiche prägen die Kultur im
Unternehmen und beeinflussen die
Sicherheit und Gesundheit. Im Kultur-
Check werden diese Themenfelder er-                                                                                                                                Sicher. Gesund. Miteinander.

fasst.
                                                                                                                                                            er.
                                                                                                                                                        nand                                           Sich
                                                                                                                                         . Ges
                                                                                                                                              und.
                                                                                                                                                   Mitei    Kommunikation                  Füh
                                                                                                                                                                                                           er. G
                                                                                                                                                                                                                esu
                                                                                                                                                                                                                   nd.
                                                                                                                                   Sicher
                                                                                                                                                      Durch eine gute Kommunikation Sicherheit
                                                                                                                                                                                 S
                                                                                                                                                                                               rung                    Mit   eina
                                                                                                                                                                                                                                 nde
                                                                                                                                                                                                                                    r.
                                                                                                                                                      und Gesundheit voranbringen icher u
                                                                                                                                                             hen                kult
                                                                                                                                        ur               umge                       uror nd ges
                                                                                                                                rkult             esun d                                ient     u
                                                                                                                                                                                            ierte nd dur
                                                                                                                         Fehlehlern sicher   und g                                                      c
                                                                                                                                                                                                      Füh
                                                                                                                                                                                                          rung
                                                                                                                                                                                                              h
                                                                                                                               e
                                                                                                                          Mit F

                                                                             Kom
                                                        g                       mu
                                                     un                           nik
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                                                                                            n
                                      eit
                       eit und Gesundh

                                                                                                 Beteiligung

                                                                Kultur der
                                                                Prävention
                  herh

                                                                                                                für konkrete Maßnahmen im Betrieb                                    Darüber hinaus können zu den Hand-
               Sic

                                            Be
                                                 tri
                                                    eb
                                                      skl
                                                          ima                     l   erk
                                                                                         ult
                                                                                            ur                 vorgestellt. Der Report richtet sich so-                              lungsfeldern Führung, Kommunikation,
                                                                               Feh

                                                                                                               mit an Unternehmen und Einrichtungen,                                 Beteiligung, Fehlerkultur, Betriebsklima
                                                                                                               die ihre eigene Kultur der Prävention                                 sowie Sicherheit und Gesundheit je
                                                                                                               analysieren und weiterentwickeln                                      weils verschiedene Broschüren und
    IAG Report 2/2018
    Der KulturCheck
                                                                                                               möchten, um die Sicherheit und Ge-                                    Praxishilfen heruntergeladen werden.
                                                                                                               sundheit der Beschäftigten zu erhal-                                  Eine direkte Zuordnung der Medien er-
    Ein Analysetool für Unternehmen zur Erfassung
    der eigenen Kultur der Prävention                                                                          ten. Auf der Homepage der kommmit-                                    folgte innerhalb der verschiedenen
                                                                                                               mensch-Kampagne finden sich auch                                      Handlungsfelder (www.kommmit-
                                                                                                               Auswertehilfen zum KulturCheck.                                       mensch.de, Handlungsfelder). Ein
                                                                                                               (www.kommmitmensch.de, Toolbox,                                       Kurz-Check zu den Handlungsfeldern,
Der IAG Report 2/2018 stellt das Ana-                                                                          Kulturcheck)                                                          eine Reihe Kommmitmensch-Dialoge
lyseinstrument „Der KulturCheck“                                                                                                                                                     sowie verschiedene Videos innerhalb
vor. Dazu wird zunächst beschrieben,                                                                                                                                                 der Toolbox vervollständigen das Me-
was eine Kultur der Prävention im Un-                                                                                                                                                dienangebot.
ternehmen ausmacht. Anschließend                                                                                                                                                     (www.kommmitmensch.de, Toolbox,
wird das Vorgehen bei der Planung,                                                                                                                                                   Broschüren)
Durchführung und Auswertung des
Instruments dargestellt. Schließlich
werden Vorschläge und Anregungen

Sicherheitsforum                                                                  2 . 2018                                                                                                                                                        7
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Prävention

Gewaltprävention –
Schutz vor Übergriffen bei Arbeits-
plätzen mit Publikumsverkehr
Übergriffe auf Beschäftigte im öffentlichen Dienst und auf Einsatzkräfte kom-
men erschreckend häufig vor, kaum eine Woche vergeht ohne entsprechende
Medienberichte. Wir stellen u.a. Informationsmaterialien vor, die dabei helfen,
der Gefahr vorzubeugen und Beschäftigte zu schützen.

                                                  Übergriffe können kontroverse Ge-          und/oder zu leichten bis bleibenden
       Arbeitgeber in                             sprächssituationen, Beleidigungen          körperlichen Schäden reichen.
                                                  oder körperliche Gewalt sein. Folgende     Oftmals werden Gewaltvorkommnisse
       der Pflicht                                Tatbestände zählen dazu:                   (verbale oder physische) von Verant-
                                                                                             wortlichen unterschätzt. Werden diese
       Die Verantwortung im Arbeitsschutz         •   Beleidigungen (§ 185 StGB)             Vorkommnisse nicht beachtet und ver-
       liegt bei dem Unternehmer bzw. Arbeit-     •   Körperverletzung (§§ 223 ff StGB)      arbeitet, kann für den betroffenen Be-
       geber. Gemäß § 3 Arbeitsschutzgesetz       •   Nötigung (§ 240 StGB)                  schäftigten ein jahrelanger Leidens-
       (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflich-   •   Bedrohung (§ 241 StGB)                 weg beginnen.
       tet, die erforderlichen Maßnahmen des      •   Sexuelle Belästigung (§ 184i StGB)
       Arbeitsschutzes unter Berücksichti-        •   Nachstellung (§ 238 StGB)              Für den Arbeitgeber bzw. auf das Un-
       gung der Umstände zu treffen, die                                                     ternehmen kann es Auswirkungen ha-
       Sicherheit und Gesundheit der Be-          Zum Schutz der Beschäftigten am Ar-        ben, wie abfallende Produktivität,
       schäftigten bei der Arbeit beeinflus-      beitsplatz sollte im ersten Schritt eine   schlechtes Betriebsklima bis hin zu
       sen. Er hat die Maßnahmen auf ihre         Grundsatzerklärung vom Unternehmer         höheren Krankheitsraten. Die Pflicht
       Wirksamkeit zu überprüfen und erfor-       gegen Gewalt am Arbeitsplatz formu-        des Vorgesetzen bzw. des Unterneh-
       derlichenfalls sich ändernden Gegeben-     liert werden.                              mers muss sein, bei Gewalt (verbal
       heiten anzupassen. Der Arbeitgeber                                                    und/oder körperlich) bedingungslos
       muss Arbeitsstätten, Arbeitsmittel und                                                hinter den Mitarbeiterinnen und Mit-
       Maschinen durch technische, organi-        Folgen von                                 arbeitern zu stehen! Kommt es zur ver-
       satorische und personelle Maßnahmen                                                   balen und physischen Gewalt gegen-
       so gestalten, dass seine Mitarbeiter       Gewalt                                     über den Beschäftigten, muss eine
       vor Gefahren an Leib und Leben ge-                                                    konsequente Ahndung durch Vorge-
       schützt sind. Folglich heißt das, es       Die Folgen von verbaler und physi-         setzte bzw. das Unternehmen erfol-
       müssen die Mitarbeiter vor Übergriffen     scher Gewalt können von kurzfristiger      gen, indem sie unter anderem:
       durch Kunden geschützt werden.             Verunsicherung bis hin zur Posttrauma-
                                                  tischen Belastungsstörung (PTBS)

8                                                                                                    Sicherheitsforum      2 . 2018
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Prävention

                                                                                     • Kommunikationsseminar
                                                                                     • Deeskalationsseminar bzw.
                                                                                       Verhaltenstrainings
                                                                                     • Ggf. Selbstverteidigungstraining

                                                                                     Sicherheitskonzept
                                                                                     für den Außendienst

                                                                                     Besonders zu betrachten ist die Tätig-
                                                                                     keit von Beschäftigen im Außendienst.
• stellvertretend Strafantrag (§ 230       Raumkonzept Wartebereich                  Technische Maßnahmen zur Gewalt-
  StGB) oder Strafanzeige stellen,                                                   prävention sind hier schwer umsetz-
• Hausverbot erteilen bzw. Amtsbe-         • Wartezonen müssen bei der Neupla-       bar, deshalb müssen besonders orga-
  suche von auffällig gewordenen             nung oder beim Umbau ausreichend        nisatorische und personelle Maßnah-
  Kundinnen und Kunden nur nach              groß und hell geplant werden.           men Beachtung finden:
  Voranmeldung zulassen.
                                           Technische Alarmierung                    • Termine immer mindestens zu zweit
Soweit sollte es gar nicht erst kom-                                                   wahrnehmen
men! Ein Gewaltpräventionskonzept in       • Alarmierung nach Eskalationsstufen      • Alarmierungsmöglichkeiten vorsehen
den Einrichtungen muss als Ergebnis        • Leicht zu bedienendes Alarmsystem       • Verhaltenstraining (vor Ort Gefahren
der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5                                                   erkennen)
Arbeitsschutzgesetz umgesetzt wer-                                                   • Ggf. Vorabinformationen über
den. Das Gewaltpräventionskonzept                                                      Kundinnen und Kunden – Rückspra-
muss geeignete Maßnahmen („T-O-P           Organisatorische                            che mit der Polizei
Prinzip“) auf technischer, organisatori-
scher und personeller Ebene enthal-        Maßnahmen                                 Diese Hinweise und das Informations-
ten. Einige Maßnahmen werden nach-                                                   material auf der folgenden Seite sollen
folgend beschrieben.                       Innerhalb der Organisation gibt es eine   dazu beitragen, Verantwortliche und
                                           Vielzahl von Ansatzpunkten, wie:          andere Akteure im Arbeitsschutz staat-
                                                                                     licher und kommunaler Einrichtungen
                                           • Keine Alleinarbeit! Im Büro mindes-     für das Thema Gewalt an Arbeitsplät-
Technische                                   tens zu zweit arbeiten.                 zen mit Publikumsverkehr zu sensibili-
                                           • Bei längeren Wartezeiten Transparenz    sieren, rechtliche Informationen zu
Maßnahmen                                    gegenüber den Kundinnen und             geben sowie Maßnahmen für die Um-
                                             Kunden herstellen – Wartezeiten op-     setzung vor Ort aufzuzeigen. Die Ver-
Die bauliche und räumliche Gestaltung        timal verkürzen.                        antwortlichen und Arbeitsschutz-
von Büros, Informations- und Warte-        • Für eine gute Beschilderung sorgen,     koordinatoren sollen anhand dieser
bereichen, Flucht- und Rettungsmög-          so dass Auskunfts- und Informa-         Informationen ein eigenes Notfall- und
lichkeiten sowie geeignete Alarmie-          tionsstellen schnell gefunden werden    Sicherheitskonzept für ihren Arbeits-
rungssysteme, Zugangskontrollen und          können.                                 bereich und ihre Einrichtungen erar-
Leitsysteme stellen einen wichtigen                                                  beiten und umsetzen können.
Ansatzpunkt dar.
                                                                                     Eine absolute Sicherheit wird es auch
Raumkonzept                                Personen-                                 in Zukunft nicht geben, jeder Betrieb
für Büro und Infobereiche                                                            muss sein eigenes Konzept erarbeiten.
                                           bezogene                                  Die Häufung der Übergriffe zeigt je-
• Büroeinrichtung muss so geplant                                                    doch, dass dringender Handlungsbe-
  sein, dass ein ungehinderter Flucht-     Maßnahmen                                 darf besteht und Gewaltprävention
  weg aus dem Büro möglich ist.                                                      oberste Priorität hat.
• Verbindungstüren zwischen Büros          Hierbei handelt es sich um eine ausrei-
  dienen als weitere Fluchtmöglichkeit     chende Qualifizierung des Personals in    Susanne Johannknecht und
  sowie zur schnellen Alarmierung der      Kommunikations- und Deeskalations-        Antonella Springer,
  Kollegen.                                strategien. Speziell Führungskräfte       Kommunale Unfallversicherung Bayern
• Trennung zwischen Beschäftigten          müssen auf diesem Themengebiet            (KUVB)
  und Kundinnen und Kunden, z. B.          ausreichend geschult werden, damit
  durch geeignete Möblierung               sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitar-
                                           beiter entsprechend unterweisen kön-
                                           nen. In Frage dafür kommen:

Sicherheitsforum      2 . 2018                                                                                                     9
Forum Sicherheit s - Unfallkasse Sachsen-Anhalt
Prävention

Flyer und Broschüren
zur Gewaltprävention
                                                                          beitsplätzen und Geldtransporten an-
                                                                          streben.
                                                                          Die Broschüre kann als PDF unter
                                                                          www.kuvb.de, Webcode: 243 herun-
                                                                          tergeladen werden.

                                                                                                                                                  Gewalt an Arbeitsplätzen mit Kundenverkehr

                                                                                                                                                  Beschäftigte vor Übergriffen
                                                                                            205-027
                                                                                                                                                  schützen
                                                                                                            DGUV Inform                           Eine Handreichung für Behördenleiter, Geschäftsführer
                                                                                                                                                  sowie Personalverantwortliche
                                                                                                                       ation 205-0
                                                                                                                                  27

                                  in kommunalen                  Kassen
                Arbeitssicherheit
                                                        Gewalt
                                 scher und körperlicher
                Schutz vor psychi
                                  berfall
                Schutz vor Raubü
                                                                                                                                          dienste und der Feuerwehr“. Denn für
                GUV-X 99964
                                                                                                                                          den Fall, dass Einsatzkräfte beschimpft,
                                                                                                                                          bedroht oder gar körperlich angegrif-
       Arbeitssicherheit in kommunalen                                                                                                    fen werden, muss der verantwortliche
                                                                                                       Prävention
       Kassen                                                                                         mit Überg von und Umgang
                                                                                                                riff
                                                                                                                                          Unternehmer bereits im Vorfeld ent-
                                                                                                      der Rettung en auf Einsatzkräf
                                                                                                                                     te
       Die Broschüre „Arbeitssicherheit in                                                            der Feuerw sdienste und
                                                                                                                 ehr                      sprechende Maßnahmen festgelegt
       kommunalen Kassen“ liefert Kommu-                                                                                                  und organisiert haben. Den Einsatzkräf-
                                                                                September
                                                                                          2017
       nen die Informationen zur Überprüfung                                                                                              ten soll dadurch ermöglicht werden,
       der Arbeitssicherheit in ihren Kassen.                                                                                             diese Gefährdungen körperlich und
       Sie beschreibt Gefährdungen durch                                  Publikationen der Polizei                                       seelisch unbeschadet zu meistern.
       psychische und körperliche Gewalt                                  Mit einer Handreichung für Behörden-                            Was das richtige Vorgehen dabei ist,
       einschließlich eines Raubüberfalls und                             leiter, Geschäftsführer sowie Personal-                         zeigt diese Broschüre.
       zeigt auf, wie Kommunen ihre Kassen-                               verantwortliche möchte die Polizei Ge-                          (https://publikationen.dguv.de, Suche:
       beschäftigten durch wirksame Maßnah-                               walt an Arbeitsplätzen mit Kundenver-                           205-027)
       men schützen können. Grundlage die-                                kehr vorbeugen. „Beschäftigte vor
       ser Broschüre war ein Projekt „Arbeits-                            Übergriffen schützen“ lautet der Titel
       sicherheit in kommunalen Kassen“ der                               der Publikation. Die in der Handrei-
       KUVB. Dabei besichtigten Präventions-                              chung vorgestellten Maßnahmen kön-
       fachkräfte der KUVB eine Vielzahl von                              nen helfen, Übergriffe am Arbeitsplatz
       kommunalen Kassen in bayerischen                                   zu reduzieren, die Intensität der Gewalt
       Gemeinden, Städten und Landkreisen                                 zu mindern und im besten Fall zu ver-
       und befragten mehr als 200 Personen,                               hindern. Sie können die Publikation im
       insbesondere Kassenverwalterinnen                                  Internet unter http://bit.ly/2sjlDRU her-
       und -verwalter sowie Kassenmitarbei-                               unterladen. Über diese Seite finden Sie
       terinnen und -mitarbeiter, zur Arbeits-                            auch Beratungsstellen, in denen Sie                             Aktuelle Zahlen
       sicherheit. Dadurch konnten Gefähr-                                die Publikation erhalten.                                       Zahlen zu Übergriffen gegen Rettungs-
       dungen durch psychische und körper-                                                                                                kräfte liefert eine Studie aus Nordrhein-
       liche Gewalt bei Kassentätigkeiten und                             Beschäftigte vor Übergriffen von Kun-                           Westfalen (NRW). Kriminologen der
       kommunalen Geldtransporten umfas-                                  den zu schützen ist auch das Ziel des                           Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben
       send ermittelt werden.                                             Faltblatts „Gewalt am Arbeitsplatz –                            im Jahr 2017 Rettungskräfte in NRW
                                                                          Wie Sie sich vor Übergriffen Ihrer Kun-                         zu ihren Gewalterfahrungen befragt.
       Diese Broschüre enthält neben einer                                den schützen“, das Sie über diesen                              Der Studie zufolge wurden 92 Prozent
       Anleitung zur Erstellung einer Gefähr-                             Kurzlink finden: http://bit.ly/2s6q801                          der Rettungskräfte wie Notärzte, Not-
       dungsbeurteilung auch geeignete Maß-                               Tipps für ein sicheres Auftreten in der                         fallsanitäter und Rettungsassistenten
       nahmen zur Reduzierung von Gefähr-                                 Öffentlichkeit gibt das Informationsblatt                       im zurückliegenden Jahr im Dienst an-
       dungen und Risiken sowie eine Muster-                              „Sicher in der Öffentlichkeit auftreten“.                       gepöbelt, 26 Prozent wurden Opfer
       Betriebsanweisung. Sie richtet sich an                             Download unter: http://bit.ly/2AHq5e4                           körperlicher Übergriffe. Befragt wur-
       Verantwortliche im Kassenbereich,                                                                                                  den 4.500 Rettungskräfte. Mehr Infor-
       Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Be-                              Gewalt gegen Einsatzkräfte                                      mationen sowie den Abschlussbericht
       triebsärzte, Personalräte und weitere                              Übergriffe gegen Einsatzkräfte thema-                           finden Sie auf: www.unfallkasse-
       interessierte Personen, die eine Über-                             tisiert die DGUV-Information 205-027                            nrw.de, Webcode N1254.
       prüfung und Verbesserung der Arbeits-                              „Prävention von und Umgang mit Über-
       sicherheit von kommunalen Kassenar-                                griffen auf Einsatzkräfte der Rettungs-

10                                                                                                                                                   Sicherheitsforum                                     2 . 2018
Prävention

          Schwerer Unfall durch
 Verwendung von Modellgips beim
      Abformen von Körperteilen
Im Kunststudium, aber auch im Kunstunterricht an Schulen, bei Projekten in
Kitas oder Museen werden immer wieder Hände oder Füße abgeformt. Dazu
wird häufig Gips verwendet. Aber nicht jede Art von Gips ist hierfür geeignet.
An einer Kunsthochschule ereignete sich bei der Verwendung eines Gipspro-
duktes – Alabaster-Modellgips – ein schwerer Unfall, bei dem die Verunfallte
zwei Finger verlor. Weder das freiwillig erstellte Sicherheitsdatenblatt noch das
technische Merkblatt des Herstellers enthielten Informationen über erhöhte
Temperaturen während des Abbindens von Modellgips.

E    ine Studierende des Fachs Bilden-
     de Kunst hat zur Abformung ihrer
Hand einen Alabaster-Modellgips in ei-
nem größeren Volumen (ca. 5 l) verwen-
det und dabei die Hand vollständig in
die Gipsmasse eingetaucht. Während
der Hydratation, dem Abbinden des
Gipses, stieg die Temperatur auf ca.
48–50°C. Als die Versicherte die Wär-
meentwicklung bemerkte, war der
Gips bereits so weit ausgehärtet, dass
sie ihre Hand nicht mehr aus eigener
Kraft herausziehen konnte. Dies ge-
lang erst dem Rettungsdienst. Die Ver-
sicherte zog sich so schwere Verbren-
nungen der Hand zu, dass zwei Finger
amputiert werden mussten.

Im vorliegenden Fall, war der einge-
setzte Gips für den Baubereich sowie        von mehreren Vergleichsprodukten          Baugipsen, Gipsse für die Zahnmedi-
für den Modell- und Formenbau be-           während des Abbindens aufgezeich-         zin) umfasst, sind vor Beginn der Tä-
stimmt. Er ist nicht als Gefahrstoff im     net und festgestellt, dass die Gips-      tigkeiten immer die technischen Merk-
Sinne der europäischen Verordnung           massen alle eine ähnlich hohe Tempe-      blätter oder Sicherheitsdatenblätter zu
(EG) Nr. 1272/2008, der sogenannten         ratur von bis zu 50°C entwickeln.         beachten. Die Produkte dürfen nur ent-
CLP-Verordnung, eingestuft. Der Her-        Diese Temperatur reicht aus, um nach      sprechend den Herstellerangaben und
steller des Produktes erteilte im Sicher-   wenigen Minuten zu einer irreversiblen    für den vorgesehenen Verwendungs-
heitsdatenblatt bzw. im Technischen         Schädigung der Haut zu führen.            zweck eingesetzt werden.
Merkblatt zur Verwendung keine Infor-
mation zur Abbindetemperatur, so            Gips ist chemisch gesehen Calcium-        Zur Abformung von Körperteilen sind
dass keine Gefährdung vermutet wur-         sulfat-Dihydrat. Bei der Herstellung      ausschließlich Alginat, Silikon oder
de. Auch wurde nirgends erwähnt             von Gipsprodukten können unterschied-     Gipse für medizinische Anwendungs-
(auch nicht auf der Kennzeichnung           liche Modifikationen des Materials ent-   zwecke geeignet. Die im Bildungsbe-
des Gebindes), dass der Gips nicht          stehen, wie Halbhydrat oder Anhydrit,     reich tätigen Aufsichtsdienste der Un-
zur Abformung von Körperteilen ver-         die jeweils unterschiedliche physika-     fallkassen werden im Rahmen ihrer
wendet werden soll.                         lisch-chemische Eigenschaften auf-        Überwachungstätigkeit ihre Mitglieds-
                                            weisen.                                   betriebe entsprechend dazu informieren.
Die Unfallsituation wurde im IFA nach-
gestellt, um den Hergang zu rekon-          Da der Begriff „Gips“ ein weites Spek-    Quelle:   DGUV
struieren. Es wurden Temperaturkurven       trum von Stoffen und Gemischen (z.B.

Sicherheitsforum       2 . 2018                                                                                                  11
Prävention

MUT ZUM RISIKO –
Wozu brauchen Kinder Wagnisse?
Nun hat es endlich doch noch geschneit! Ich gehe mit meinen vier- und knapp dreijährigen Kindern auf einen kleinen, aber tat-
sächlich auch steilen Hügel rodeln. Eine Freundin mit ihrer dreijährigen Tochter kommt mit. Meine beiden sind sehr entzückt und
können nicht genug bekommen. Ich frage das Kind meiner Freundin, ob es nicht auch mal rodeln will – es nickt schüchtern und
läuft langsam zum Schlitten. Die Mama druckst herum: „Ohhh, wirklich? Dort hinunter? Möchtest du das wirklich? Ach, ich bin
doch so ein Angsthase! Sie ist doch noch nie gerodelt!“ Die Kleine zögert. Ich frage die Mutter: „Wovor hast du denn Angst?“
Sie: „Na, das ist doch so steil!“ Ich: „Ja, stimmt. Und was, meinst du, passiert?“ Sie: „Na, wenn der Schlitten umkippt?“ Ich:
„Dann kippt er um, deine kleine Maus landet im Schnee und wir lachen alle.“ Sie: „Hast ja eigentlich recht. Na gut. Dann mach
das ruhig.“
ABER nun wollte die kleine Maus nicht mehr. Sie war nicht mehr dazu zu überreden, sich nochmal auf den Schlitten zu setzen.
Schade, diese Wagniserfahrung ist ihr entgangen. Warum mir das nicht egal ist? Weil ich weiß, dass Kinder für ihre Entwicklung
Risiko und Wagnis brauchen!

        D    enn Wagnisse sind hervorragende
             Chancen zur Persönlichkeitsent-
        wicklung. Immer, wenn Kinder mit
        Wagnissen konfrontiert werden, üben
        sie – sie lernen verschiedene Dinge für
        sich realistisch einzuschätzen:

        • die Schwierigkeiten einer „Bewe-
          gungsaufgabe“,
        • ihre eigenen Fähigkeiten zu deren
          Bewältigung sowie
        • die Folgen ihres Bewegungshandelns.

        Jedes Kind hat ein individuelles Be-
        dürfnis nach Nervenkitzel und muss
        verantwortungsvolles Sicherheitsden-
        ken lernen. Bei Wagnissen erfährt es
        die Notwendigkeit von Sicherheitsmaß-
        nahmen am eigenen Körper. Falsche
        Einschätzungen holen das Kind auf
        den Boden der Tatsachen zurück.           Definition Wagnis:
        Je höher die Kenntnisse von Siche-        Ein Wagnis ist eine bewusst getrof-
        rungsstrategien und je höher das reali-   fene Entscheidung des Kindes, sich
        stische Vertrauen in sich selbst und      einer herausfordernden Bewegungs-        entwickeln konnten, neigen auch noch
        die Sicherungsmaßnahmen sind, de-         aufgabe in einer spezifischen Hand-      als Erwachsene entweder dazu, nicht
                                                  lungssituation zu stellen (Prozess des   das kleinste Risiko einzugehen, aus
                                                  Wagens) und den unsicheren Aus-          Angst vor schlimmen Folgen. Sie sind
                                                  gang der Aufgabe, trotz einer subjek-    in ihrer Entwicklung immer gehemmt.
                                                  tiven Bedrohungswahrnehmung im           Oder sie neigen dazu, sich und ihre
                                                  Rückgriff auf das eigene Können si-      Fähigkeiten zu hoch einzuschätzen,
                                                  cher zu bewältigen (Prozess des Be-      nehmen Risiken unüberlegt in Kauf
                                                  währens). (vgl. Neumann/Katzer 2011)     und verunfallen häufiger schwer bzw.
                                                                                           verlieren bei riskanten Handlungen im
                                                                                           Beruf Geld etc.
                                                  sto eher kann ein Wagnis eingegangen
                                                  werden. Kinder erweitern somit also      Wenn Kinder bewusst abwägen und
                                                  ihre Risikokompetenz.                    entscheiden, entspricht das sicher-
                                                                                           heitsrelevanten Überlegungen.
                                                  Menschen mit hoher Risikokompetenz       Deshalb weisen kontrolliert eingegan-
                                                  sind im Beruf und Leben erfolgreicher    gene Wagnisse nach bisherigen Erkennt-
                                                  als Menschen mit geringer Risikokom-     nissen eine recht geringe Unfallwahr-
                                                  petenz. Menschen, die als Kind nur       scheinlichkeit auf.
                                                  unzureichend ihre Risikokompetenz

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Die besten Lehrer für das körperli-
che Selbstbewusstsein sind Frau
Beule und Herr Blauer Fleck!
Das heißt, Kinder brauchen Heraus-
forderungen und Fast-Unfälle. Sie
müssen lernen, was sie mit ihrem
Körper bewerkstelligen können und
was nicht geht. Das darf weh tun,
sollte aber keine schwerwiegenden
Verletzungen zur Folge haben.

Wo geht das besser, als im Kinder-
garten? Hier herrscht durch geprüfte
Klettergeräte, ordentlichen Fallschutz,
freien Fallraum, und durch geeignete
„sichere“ Fallhöhe ein weitgehend si-
cherer Rahmen.

Die Kinder brauchen Wagnisse und
Situationen um zu lernen und sich zu
bewähren! Nicht die Kita ist uns (der
Unfallkasse Sachsen-Anhalt) die lieb-
ste, die keinen Unfall zu verzeichnen
hat! Es ist uns diejenige Kita die lieb-
ste, die Unfälle mit maximal leichten
Verletzungen hat. Denn deren Kinder
haben vielfältige Möglichkeiten gehabt
zu lernen, mit Risiken umzugehen und
werden als Schulkinder dann auch au-
ßerhalb des geschützten Rahmens si-
cher ihren Weg gehen können. Fehlen
Möglichkeiten die eigenen Grenzen zu
erfahren, suchen sich Kinder oft an-
dere und dann meist gefährliche
Situationen um Erfahrungen zu sam-
meln. Außerdem besteht die Gefahr,
dass Kinder auch gar kein Risikobe-
wusstsein entwickeln und dann wäre
ein wichtiges Bildungsziel der Kita
nicht erreicht.                            zu erweitern, sondern auch um sich           Wie weit ist das Kind in seiner geisti-
                                           gegenüber anderen Kindern darzustel-         gen Entwicklung? Über welche Erfah-
Deshalb ist es ein großes Anliegen der     len, sich mit ihnen zu messen. Wenn          rungen verfügt es? Zum anderen müs-
Unfallkasse Sachsen-Anhalt, dass           sie sich motorisch/sportlich miteinan-       sen Sie auch die mögliche Gefährdung
Kinder in Kitas, Horten und Schulen        der messen können, müssen sie nicht          einschätzen. Hier kann Ihnen z.B. eine
viele Möglichkeiten bekommen, indivi-      miteinander raufen!                          Risikomatrix helfen, die so auch im
duelle Wagnisse einzugehen. Leider                                                      Arbeitsschutz genutzt wird (siehe Abb.
entwickelt sich der Trend aus überstei-                                                 auf folgender Seite): Zuerst betrachten
gertem Sicherheitsempfinden und            Wann ist ein                                 Sie dafür die Schadensschwere eines
                                                                                        Unfalls. Welche Verletzungen würden
auch aus Kostengründen eher dahin,
Kindern z.B. Klettermöglichkeiten zu       Risiko zu hoch?                              im Fall eines Unfalls hier eintreten? Ist
                                                                                        schlimmstens mit einem blauen Fleck
nehmen, da die Fallschutzpflege zu
                                                                                        und einer Beule zu rechnen oder
aufwendig und kostenintensiv er-           Jetzt fragen Sie sich vielleicht: Ja,
                                                                                        könnte es zu schweren Verletzungen
scheint. Aber je mehr dort gespart         aber manche Dinge sind doch auch             kommen? Dann überlegen Sie, wie
wird, desto mehr Kosten entstehen an       wirklich gefährlich? Was kann und            wahrscheinlich es ist, dass dieser
anderer Stelle. Kinder müssen sich be-     sollte ich erlauben und was nicht            Unfall eintreten wird. Ist es eigentlich
weisen. Sie benötigen dafür am be-         mehr? Wie soll ich denn entscheiden?         fast nicht vorstellbar oder ist es fast
sten Klettermöglichkeiten, die eine                                                     gewiss, dass so etwas passiert? Das
motorische Herausforderung darstel-        Hier hilft eine Situationsanalyse. Dazu      führen Sie dann zusammen und leiten
len. Kinder nutzen motorische Heraus-      müssen Sie zum einen schauen: Um             dann das bestehende Risiko ab.
forderungen nicht nur um die eigenen       welches Kind handelt es sich? Welche
körperlichen Grenzen zu erfahren und       Fähigkeiten / Fertigkeiten hat es bereits?

Sicherheitsforum      2 . 2018                                                                                                      13
Prävention

                               Schadensschwere

                                  Keine                                      Mäßig
        Eintrittswahr-                             Bagatellfolgen                             Schwere Folgen
                             gesundheitlichen                            schwere Folgen                          Tödliche Folgen
                                                     (die Arbeit kann                            (irreparaple
        scheinlichkeit                                                      (Arbeitsausfall
                                 Folgen            fortgesetzt werden)
                                                                         ohne Dauerschäden)
                                                                                                Dauerschäden)

        Sehr                   extrem gering       extrem gering           sehr gering          eher gering              mittel
        unwahrscheinlich

        Gering                 extrem gering         sehr gering           eher gering             mittel                hoch

        Mittel                  sehr gering          eher gering              mittel               hoch             sehr hoch
                                                                                ´

        Hoch                    sehr gering             mittel                 hoch              sehr hoch         extrem hoch

        Sehr hoch               sehr gering             mittel              sehr hoch           extrem hoch        extrem hoch

       Abbildung: Risikomatrix in Anlehnung an Lehrgangsmaterialien der DGUV zum Fernlehrgang „Ausbildung zur Fachkraft
       für Arbeitssicherheit“

                                                                                               KINDER …

                                                                                               • brauchen Nervenkitzel,
                                                                                               • müssen eigene Grenzen auste-
                                                                                                 sten und verschieben,
                                                                                               • müssen lernen ihre Fähigkeiten
                                                                                                 realistisch einzuschätzen,
                                                                                               • müssen lernen mit Scheitern um-
                                                                                                 zugehen und wieder aufzustehen,
                                                                                               • müssen lernen zu fallen und zu
                                                                                                 stolpern bzw. sich dabei abzufan-
                                                                                                 gen,
                                                                                               • brauchen herausfordernde Situ-
                                                                                                 ationen mit unsicherem Ausgang,
                                                                                                 in denen sie sich darstellen und
                                                                                                 bewähren können.
       Sicherlich schätzt auch mit Hilfe einer   Ich wünsche mir für unsere Kinder,
       solchen Risikomatrix jeder einzelne ein   dass alle Erzieherinnen und Eltern erst
       Risiko zuweilen recht unterschiedlich     kurz überlegen, was wirklich für ein
       ein. Dennoch hilft Ihnen diese Überle-    Risiko besteht, bevor sie aus übertrie-      Literatur / Quelle:
       gung erst mal, sich das bestehende        benem Sicherheitsempfinden oder              Neumann, P. & Katzer, D. (2011):
       Risiko ganz bewusst zu machen. Das        vielleicht auch einfach nur aus Ge-          Etwas wagen und verantworten im
       kann Ihnen dann helfen, sich zu beru-     wohnheit erst einmal NEIN rufen. Das         Schulsport, Meyer & Meyer Verlag,
       higen und die Kinder etwas entspann-      größere Risiko für unsere Kinder be-         Aachen
       ter zu beobachten. Oder andererseits      steht darin, ihnen vertretbare Risiken
       eben auch zu entscheiden, dass diese      nicht zu erlauben, denn das ist im
       Aktion in der geplanten Art jetzt nicht   Ergebnis sehr viel gefährlicher für un-
       durchgeführt werden kann, weil es zu      sere Kinder – es wird nur leider erst
       gefährlich ist. Hier müssen dann erst     viel später sichtbar.
       z.B. ein angemessener Fallraum oder
       zusätzliche Sicherungsmaßnahmen           Deshalb rate ich Ihnen:
       geschaffen werden.                        Nur Mut zum (überlegten) Risiko!

                                                 Christiana Trebus
                                                 Diplom-Sportlehrerin

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Prävention

                       Schwere Unfälle mit nicht
                     bruchsicheren Verglasungen
Selten, aber heftig – so können Unfälle mit nicht zulässigen, unsicheren Vergla-
sungen beschrieben werden. Immer wieder kommt es zu schweren Unfällen,
wenn solche Gläser in Aufenthaltsbereichen verbaut sind und brechen. Dabei
ist die Rechtslage eindeutig.

V    erschiedene Regelwerke geben
     den erforderlichen Mindestsicher-
heitsstandard von Verglasungen vor.
                                           rungen ist dies allerdings glücklicher-
                                           weise nur selten der Fall.
                                                                                      Bei der Unfalluntersuchung durch die
                                                                                      KUVB (Kommunale Unfallversicherung
                                                                                      Bayern) hat sich herausgestellt, dass
Die Technische Regel für Arbeitsstät-                                                 die Verglasung bereits vor 30 Jahren
ten ASR A 1.6 „Fenster, Oberlichter,       Besonderes Pro-                            eingebaut wurde. Es handelte sich um
lichtdurchlässige Wände“ enthält z. B.                                                eine ca. 1,5 cm starke 4-fach-Vergla-
klare Angaben zu Auswahl und Einsatz-      blem: gefährliche                          sung aus Normal- bzw. sog. Float-Glä-
gebieten von Sicherheitsverglasungen                                                  sern mit einer speziellen Geleinlage,
oder Alternativmaßnahmen wie z. B.         Verglasungen in                            die aus Brandschutzgründen gefordert
die Abschirmung von nicht bruchsi-                                                    wurde. Bei der Planung wurde offen-
cheren Verglasungen mit Splitterschutz-    Bestandsgebäu-                             sichtlich nicht darauf geachtet, dass
folie.                                                                                neben Brandschutzanforderungen
                                           den                                        auch sicherheitstechnische Belange
                                                                                      beachtet und erfüllt sein müssen. Die
                                           Es ticken noch viele „Zeitbomben“ in       Lösung wäre hier bereits bei der Pla-
                                           älteren Gebäuden, wie ein aktueller        nung einfach gewesen: Die Gläser der
                                           Unfall in einer schwäbischen Sporthal-     Brandschutzverglasung hätten zusätz-
                                           le zeigte. Beim Fußballspielen im Schul-   lich aus Sicherheitsgläsern zusam-
                                           sport ist ein Berufsschüler mit dem        mengesetzt sein müssen.
                                           Bein voran mit voller Wucht in eine
                                           obere Tür-Verglasung (s. Abb. 1) an        Im Rahmen der erforderlichen regel-
                                           der Hallenstirnseite gestürzt. Er wollte   mäßigen Sicherheitsbegehungen des
                                           einen Ball annehmen, übersah im akti-      Gebäudes hätte es auffallen können,
                                           ven Spieltrieb offensichtlich die Ver-     dass die Bestands-Verglasung keiner-
Auch das DGUV Regelwerk enthält            glasung und konnte nicht mehr recht-       lei Prüfsiegel oder sonstige Kennzeich-
viele Vorgaben: In der Unfallverhütungs-   zeitig abstoppen. Das Glas ist beim        nungen (s. Abb. 4) enthielt, dies hätte
vorschrift „Schulen“ (DGUV Vorschrift      Aufprall „stufig“ in sehr scharfe Glas-    genauer überprüft werden müssen
81) ist dies beispielsweise unter § 8      teile zerbrochen (s. Abb. 2) und führte    (siehe unten). Als Sicherheitsmaßnah-
„Verglasungen“ eindeutig geregelt. Für     an der Wade zu schweren Schnittver-        me wurden daher (nach dem Unfall!)
Kindertageseinrichtungen sind in der       letzungen mit großem Blutverlust. Zum      sämtliche zugänglichen Verglasungen
DGUV Regel 102-002 „Kindertages-           Glück wurde sofort Erste Hilfe gelei-      der Sporthalle umgehend mit einer ge-
einrichtungen“ ebenso relevante Vor-       stet und damit Schlimmeres verhin-         normten Splitterschutzfolie sicher ab-
gaben zu finden. In Abschnitt 3.3.7        dert.                                      geschirmt. Erst danach wurde die
„Verglasungen“ sind die Schutzziele                                                   Sporthalle zur Nutzung wieder freige-
und Details aufgeführt. Die o. g. Re-                                                 geben.
gelwerke fordern alle in Aufenthalts-
bereichen von Personen „Sicherheits-
gläser“ oder andere bruchsichere
Werkstoffe und zwar bis mindestens
2,0 m Höhe ab Oberkante Fußbo-
den / Standfläche. Alternativ ist
auch eine wirksame Abschirmung
möglich.

Von daher ist es unverständlich, dass
es selbst bei Neubauten oder General-
sanierungen immer noch vorkommt,
dass unsichere Verglasungen verbaut        Abb. 1 u. 2: Unfallsituation – komplett zerstörte obere Türverglasung und Bruch-
werden. Bei Neubauten oder Sanie-          bild der nicht sicheren Verglasung. Mit Sicherheitsglas wären die Verletzungs-
                                           folgen gering gewesen.

Sicherheitsforum      2 . 2018                                                                                                   15
Prävention

                                                  schwerpunkten, die eine Gefahr für
                                                  Leib und Leben darstellen“ gibt es kei-
                                                  nen Bestandsschutz (s. § 29 Abs. 2
                                                  DGUV Vorschrift 81). Eine unsichere,
                                                  unzulässige Verglasung muss entwe-
                                                  der gegen Sicherheitsglas ausge-
                                                  tauscht oder sicher abgeschirmt wer-
                                                  den. Eine wirksame Abschirmung (z.
                                                  B. durch Splitterschutzfolien oder
                                                  durch ausreichend hohe und tiefe
                                                  Brüstungen) ist ebenso möglich.
       Abb. 4: ESG – Kennzeichnungsbei-
       spiel: hier DIN 12150; Weitere Erken-
       nungsmerkmale von Sicherheitsglas
       sind Aufdrucke mit „DIN 1249“ sowie
       von Herstellern wie z. B. „Sekurit“.       Wie ist erkenn-
                                                  bar, ob sichere
       Wer ist ver-                               Gläser vorhan-                             Abb. 6: ESG-Bruchbild – es zerfällt
                                                                                             bei Glasbruch meistens vollflächig in
       antwortlich?                               den sind?                                  viele kleine, stumpfe Teile. Hier ist
                                                                                             eine WC-Glastür zerbrochen.
       Im Rahmen der Verkehrssicherungs-          Bei alten Gläsern ist oft nicht erkenn-
       pflicht ist immer der Unternehmer bzw.     bar, ob Sicherheitsglas verbaut wurde.
       Betreiber (s. §§ 2, 3 u. 5 DGUV Vor-       Fehlen z. B. der Aufdruck/Stempel
       schrift 1 bzw. § 823 BGB) verantwort-      oder Zertifikate / Nachweise / Bauunter-
       lich. Aber auch ein externer Vermieter     lagen muss die Glasart/der Aufbau der
       (z. B. Investor, Sportverein, Kommune)     Scheibe mit speziellen Laser-Messge-
       kann mit in der Verantwortung stehen,      räten bestimmt werden.
       wenn er bestimmte bauliche Sicher-         Glasfachbetriebe verfügen meistens
       heitsstandards nicht einhält.              über solche Messgeräte und können
                                                  somit schnell und sicher feststellen,
       Den Betreibern von Arbeitsstätten, wie     ob Handlungsbedarf besteht.
       z. B. Schulgebäuden oder Kinderta-
       geseinrichtungen, ist oft nicht bewusst,
       dass in der Vergangenheit unsichere
       Verglasungen (auch sog. Drahtgläser        Welche Arten
       gehören dazu! s. Abb. 5) verbaut wur-
       den. Häufig werden mögliche schwere        von Sicherheits-
       Unfallverletzungen unterschätzt. Hier
       hört man oft Argumente wie: „das war       gläsern gibt es?                           Abb. 7: VSG-Bruchbild – es ist split-
                                                                                             terbindend und durchbruchhem-
       uns nicht bekannt“ oder „die alte Ver-
       glasung hat doch Bestandsschutz“.          Einscheiben-Sicherheitsglas – ESG          mend.
       Dabei ist die Rechtslage eindeutig:        (s. Abb. 6) zerspringt beim Bruch in
       „Bei konkreten schulischen Unfall-         viele kleine und stumpfe Glasstücke.       Verbund-Sicherheitsglas – VSG (s.
                                                  ESG besteht aus einer einzigen, spe-       Abb. 7) besteht mindestens aus zwei
                                                  ziell wärmebehandelten Scheibe, die        einzelnen Glasscheiben und kann
                                                  nach EN 12150-1 oder DIN 1249 ge-          durchaus auch aus formal unsicheren
                                                  fertigt wird. Das Verfahren verleiht dem   Normalgläsern (Floatglas) bestehen.
                                                  Glas eine erhöhte Stoß- und Schlag-        Die Sicherheitswirkung wird durch
                                                  festigkeit im Vergleich zu normalen,       eine oder mehrere reißfeste, transpa-
                                                  nicht bruchsicheren Flach-, Float- oder    rente und zähelastische Polymer-Fo-
                                                  Normalglas-Scheiben. ESG ist kenn-         lien zwischen den einzelnen Gläsern
                                                  zeichnungspflichtig und daher anhand       gewährleistet. Es weist daher mehrere
                                                  des Aufdruckes gut zu erkennen.            Sicherheitsmerkmale (durchschlag-/
                                                  Problematisch sind „Altbestände“ – die-    durchbruchhemmend, splitterbindend, …)
                                                  se können aus ESG bestehen, sind           gegenüber einer einfachen Floatglas-
       Abb. 5: Drahtglas ist kein Sicherheits-    aber oft nicht gekennzeichnet. Dann        scheibe auf. VSG bindet im Falle eines
       glas und nicht ausreichend bruchsi-        heißt es: Überprüfen, ob Sicherheits-      Bruches Splitter und bewirkt damit ei-
       cher! Beim Durchbrechen ist die            glas vorhanden ist!                        ne erhebliche Reduzierung der Ver-
       Verletzungsgefahr extrem.                                                             letzungsgefahr. Außerdem erschwert

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Prävention

                                                                                       Die einfachste Maßnahme wäre, die
                                                                                       betroffenen Flächen beidseitig mit ei-
                                                                                       ner zugelassenen Splitterschutzfolie
                                                                                       abzuschirmen. Bei der Auswahl von
                                                                                       genormten Splitterschutzfolien muss
                                                                                       auf eine ausreichende Mindest-Stärke
                                                                                       (i. d. Regel ≥ 150 μm) geachtet wer-
                                                                                       den. Der Einbau sollte nur durch Fach-
                                                                                       firmen erfolgen. Dabei muss zwingend
                                                                                       die Montageanleitung des Herstellers
                                                                                       beachtet werden. Nur wenn die Folie
                                                                                       z. B. vollflächig verklebt und eine aus-
                                                                                       reichende Randeinbindung vorhanden
                                                                                       ist, ist die volle Sicherheitswirkung ge-
                                                                                       währleistet.

Abb. 8: VSG in absturzsichernder Ausführung (siehe auch Detailaufnahme der             Achten Sie bitte auch bei Schaukästen
Folie) als Tribünenverglasung in einer Sporthalle. Die Glaskonstruktion ist gem.       und Vitrinen auf die Glasart. Beson-
DIN 18008 zu bemessen.                                                                 ders in Gängen und Laufbereichen
                                                                                       können nicht bruchsichere Vergla-
die Folie ein Durchdringen des Glases.      das mangelnde Risikobewusstsein ver-       sungen auch hier zu schweren Verlet-
Oft ist es gar nicht so einfach zu erken-   stärkt. In stark frequentierten Durch-     zungen führen. Vor kurzem gab es bei
nen, ob es sich um VSG-Gläser han-          gangsbereichen / Verkehrswegen, auf        einer Ausstellung mit diversen Tier-
delt. VSG ist nicht zwingend kenn-          Schulhöfen oder wie beim Unfallbei-        Exponaten einen weiteren schweren
zeichnungspflichtig, da die mit der Fo-     spiel bei bewegungsintensiven Ball-        Glasunfall. Ein Schüler stürzte beim
lie zusammengesetzten Einzel-Gläser         sportarten kommt es daher öfter zu         Raufen gegen die unsichere Floatglas-
oft aus großen Glasflächen (insbeson-       Glasbrüchen. Wenn Sicherheitsglas          scheibe und zog sich dabei erhebliche
dere Floatgläsern) herausgeschnitten        verbaut wurde, ist das Verletzungsrisiko   Schnittverletzungen am Arm zu. Der
werden. Im Zweifelsfall gilt auch hier:     minimiert.                                 Aussteller hatte die unsicheren Glas-
Nachprüfen oder recherieren, ob noch                                                   vitrinen selbst mitgebracht und in der
alte Nachweise wie z. B. Bau- und                                                      Schule aufgestellt. Wenn – wie hier –
Herstellerunterlagen oder Zertifikate                                                  Ausstattungen temporär von externen
dies bescheinigen. Auf Grund der gro-       Achtung – „alte“                           Organisationen zur Verfügung gestellt
ßen Festigkeit und Durchbruchsicher-                                                   werden, muss sich allerdings die
heit werden VSG-Verglasungen auch           Drahtgläser                                Schule bzw. der Sachaufwandsträger
häufig als transparente Absturzsiche-                                                  über die Einhaltung der Sicherheitsan-
rungen in „absturzgefährdeten“ Berei-       In Gebäuden aus den 60er/70er-Jah-         forderungen informieren und darauf
chen eingesetzt (s. Abb. 8).                ren gibt es im Bestand jedoch noch         hinweisen. Die o. g. unsicheren Vitri-
                                            häufig unsichere „Drahtgläser“ – dies      nen wurden nach dem Unfall natürlich
                                            sind keine Sicherheitsgläser. Ohne zu-     sofort aus den Verkehrsbereichen ent-
                                            sätzliche Maßnahmen sind sie in            fernt.
Unfallschwer-                               Aufenthaltsbereichen von Personen
                                            grundsätzlich unzulässig. Wenn Draht-      Holger Baumann,
punkt Schulen –                             gläser brechen, kommt es oft zu sehr       KUVB München
                                            schweren Schnittverletzungen, da
Bewegungsdrang                              beim Bruch die Stahl-Drahteinlage die
                                            gesplitterten Gläser/Scherben nur lose
und fehlende                                zusammenhält. Beim intuitiven Ver-           Die Unfallkasse Sachsen-Anhalt
                                                                                         appelliert daher an alle Betrei-
                                            such, z. B. die Hand oder das Bein
Risikoeinschät-                             schnell aus der Bruchstelle herauszu-        ber / Sachkostenträger: Im Rah-
                                                                                         men der Verkehrssicherungspflicht
                                            ziehen, kommt es oft zum „Widerhaken-
zung sind                                   Effekt“, d. h. die Splitter bohren sich
                                                                                         müssen Verglasungen auf unsi-
                                                                                         chere oder unklare Bestandsver-
                                            besonders tief in Haut oder Körperteile
Unfall-Ursachen                             und können dabei auch Hauptschlag-
                                                                                         glasungen überprüft werden. Bei
                                                                                         Neubauten und Generalsanierungen
                                            adern verletzen.                             muss natürlich bereits bei der Pla-
Ein erhöhtes Unfallgeschehen mit Ver-                                                    nung vorab festgelegt werden, wo
glasungen tritt insbesondere bei allen      Auch wenn Drahtgläser aus Brand-             der Einsatz von Sicherheitsglas er-
Schularten ab der Jahrgangsstufe 5          schutzgründen noch zugelassen                forderlich ist. Im Zweifelsfall müs-
auf. Besonders oft trifft es dabei Ju-      oder von den Bauaufsichtsbehörden            sen Verglasungen ersetzt, ausge-
gendliche und junge Erwachsene. Dies        nicht bemängelt oder toleriert wer-          tauscht oder sicher abgeschirmt
wird durch den altersbedingten, akti-       den, sind diese aus sicherheitstech-         werden.
ven Bewegungsdrang, Mutproben und           nischer Sicht unzulässig!

Sicherheitsforum       2 . 2018                                                                                                    17
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