Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)

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Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
Das Mitgliedermagaziin der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau 03 / 2023

Schwerpunkt:

Lieferketten
Wie Unternehmen mit Ideen
zu Rohstoffen kommen (S. 18)

Wirtschaft in Sorge
IHK sendet Alarmruf
zur Energieversorgung (S. 16)

Engagiert
für die Region
Dafür sorgen, dass gut
gemeinte Politik auch
gut gemacht wird (S. 26)

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Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
Werden noch gebraucht.
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Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
EDITORIAL

Den Wohlstandsverlust stoppen!
Unsere Gesellschaft und das Funktionieren all dessen, was wir an ihr schätzen, ist auf
eine funktionierende marktwirtschaftliche Ordnung sowie nicht zuletzt auf Wirt-
schaftswachstum angewiesen. Hier und da wurde das kritisiert: Wir hätten doch
genug – es komme bloß auf die richtige Verteilung an. Botschaft: „Nehmt den Reichen,
gebt den Armen und die Probleme sind gelöst!“ Nun, Skepsis scheint hier schon allein
deshalb angebracht, weil komplexe Probleme nur höchst selten mit einfachsten Mitteln
gelöst werden. Hinzu kommt: In der Corona-Zeit sind solche Rufe nach „Wachstums-
bremsen“ weitgehend verstummt. Da wurde – schmerzhaft – gelernt, was Schrump-
fung bedeutet: Verlust statt Gewinn. Ohne Gewinn keine Investitionen, weniger Steuereinnahmen,          Prof. Dr. Steffen Keitel, Präsident der
                                                                                                        Industrie- und Handelskammer
keine Neueinstellungen, weniger Geld für die Daseinsvorsorge, für das Gesundheitssystem, für un-        Halle-Dessau, und Prof. Dr. Thomas
sere Schulen, für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie für all das, was wir in unserem täg-     Brockmeier, Hauptgeschäftsführer
lichen Leben für wichtig und vermeintlich für selbstverständlich erachten.

Deutschland ist ärmer geworden
Die Krisen der letzten drei Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Normalerweise wächst die deut-
sche Volkswirtschaft langsam, aber immerhin so stetig, dass die Aufgaben erfüllt werden können.
Seit 2020 ist das nicht mehr so. Eine Lücke tut sich auf zwischen dem eigentlichen Wachstumspo-
tenzial und der tatsächlichen Entwicklung, und sie schließt sich angesichts magerer Aussichten
auch absehbar nicht. Das führt zu erbitterten Verteilungskämpfen: zwischen den Parteien in der
Berliner Ampelregierung, Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie in jenen Verhandlungen, die nor-
malerweise unter Wachstumsvorzeichen geführt werden. Wir alle hatten uns an einen stets größer
werdenden Kuchen gewöhnt – und daran, dass lediglich entschieden wird, wer das „Plus“ bekommt.
Jetzt aber ist bereits ein realer Wohlstandsverlust zu beklagen. Mithin ist zu entscheiden, wer die-
sen Verlust tragen soll. Jetzt geht es also darum, wer etwas von seinen Kuchenstücken abgibt!

Wie kommen wir aus dieser Lage wieder heraus?
Es gilt einerseits, gute Rahmenbedingungen für Wachstum, das heißt für Investitionen zu schaf-
fen. Vor allem durch ein dringend notwendig ausgeweitetes Energieangebot – technologieoffen,
ohne Scheuklappen und mit der Bereitschaft, auch falsche Entscheidungen der Vergangenheit zu
revidieren. Wir haben genau das am Beispiel der Energiepolitik jüngst in einem Alarmruf an die
Politik adressiert - im Schulterschluss mit den anderen gewerblichen Kammern und den Arbeitge-
ber- und Wirtschaftsverbänden. Im Kern:
• Weniger Bürokratie beim Ausbau von Windkraft- und Solarenergieanlagen!
• Prüfen, welche Kernkraftwerke sicher weiterbetrieben werden können!
• Kein Ausstieg aus der Braunkohleverstromung vor 2038!
• Heimisches Schiefergas umweltverträglich gewinnen und schnell nutzen!
                                                                                                            Die „Mitteldeutsche Wirtschaft“ ist das
Und natürlich müssen wir intelligente Antworten auf den Fachkräftemangel finden. Da kommt es                Magazin der IHK Halle-Dessau. Wir
neben strukturellen Fragen auch und insbesondere auf die Leistungsbereitschaft der Gesellschaft an,         informieren hier über Themen, die aus
                                                                                                            Sicht der IHK für die Wirtschaft unserer
wie wir schon im letzten Editorial gemahnt haben. „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt…“ muss           Region relevant oder für Sie als
das Motto lauten! Mehr Wertschöpfung und weniger Bürokratie! Der Wohlstandsverlust hat uns vor              Unternehmerin und Unternehmer
Augen geführt, dass vor dem Konsum die Arbeit steht, dass die sogenannte Work-Life-Balance                  nützlich sein könnten. Als IHK-Mitglied
                                                                                                            erhalten Sie das Heft regelmäßig.
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Raum kein sicherer Ort mehr ist.                                                                            Wie gefällt Ihnen die
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                                                                                                            Auf Ihre Rückmeldung unter
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                                                                                                            Dort können Sie uns übrigens auch
                                                                                                            mitteilen, wenn Sie das Magazin
                                                                                                            zukünftig nicht in der gedruckten
                                                                                                            Version, sondern nur online unter
Prof. Dr. Steffen Keitel               Prof. Dr. Thomas Brockmeier                                          www.mitteldeutsche-wirtschaft.de
Präsident                              Hauptgeschäftsführer                                                 lesen möchten.

MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU 03/2023                                             1
Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
6
Innovativ
Schmierstoffhersteller aus Leuna
ist Weltmarktführer

                                                 8
                                                 Ausgezeichnete Berufsorientierung!
                                                 IHK ehrt Schule für ihr Engagement

INHALT                                       WIRTSCHAFT                                   SCHWERPUNKT:
MÄRZ 2023                                    & REGION                                     LIEFERKETTEN
                                                                                          SICHERN
 1     EDITORIAL                             6 Läuft wie geschmiert:
 4     BLICK INS LAND                        Der Weltmarktführer ADDINOL im Portrait      18
42     VERANSTALTUNGEN                                                                    Alles auf Anfang? Lieferketten auf dem
43     BÖRSEN                                8 Was – Wann – Wo                            Prüfstand
                                             Ausgezeichnete Berufsorientierung und
46     WIR FÜR SIE                                                                        Globales Agieren nicht per se verteufeln
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48     IMPRESSUM                                                                          Klar kommunizieren für mehr Akzeptanz
                                             13 Handel
                                                                                          Über den Tag hinausschauen
                                             Aktion „Heimat shoppen“ 2023
                                                                                          Rohstoff wächst vor der Tür
                                             14 Tourismus
IHK-Service schnell gefunden:                Branche atmet langsam auf

        IHK-Kontakt
                                             16 Wirtschaft in Sorge.
        IHK-Download                            Alarmruf an die Politik
                                             Konjunkturbericht der IHKn Halle-Dessau
        Mehr Infos online                    und Magdeburg

        Querverweis im Inhalt

2                               MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU 03/2023
Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
26
                                                        Engagiert für
18
Alles auf Anfang?
                                                        die Region
                                                        Dr. Jan Lukowczyk vom
Lieferketten auf dem Prüfstand                          Serumwerk Bernburg

                                        33
                                       Tempo.                                                                   36
                                  Mehr Tempo!                                                                   Energie und Umwelt:
                        DIHK legt 10 Thesen vor                                                                 EU-Klimapolitik
                                                                                                                und CO2-Bepreisung

        WIRTSCHAFT                                   WIRTSCHAFT
        & ENGAGEMENT                                 & PRAXISWISSEN
        26 Engagiert                                 35 Recht
        Dafür sorgen, dass gut gemeinte Politik      Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
        auch gut gemacht wird:
        Dr. Jan Lukowczyk setzt sich für bessere     36 Energie und Umwelt
        Rahmenbedingungen ein                        EU-Klimapolitik und CO2-Bepreisung

        28 Interessenvertretung                                                                                 46 Wir für Sie
                                                     39 Finanzierung und Förderung                              Die IHK stellt sich vor – diesmal:
        Vollversammlungswahl 2023: im Gespräch       Gebäude energetisch sanieren und
                                                                                                                der Arbeitskreis Außenwirtschaft
        mit dem Wahlausschussvorsitzenden            neu bauen
        „Mehr über Frieden sprechen!“ – Interview
        mit IHK-Präsident Prof. Dr. Steffen Keitel   40 Innovation
                                                     Forschungspartner für den Mittelstand
        Tempo. Mehr Tempo! – DIHK will das Land
        voranbringen und Unternehmen stärken

                                                                                                                Die Mitteldeutsche Wirtschaft im Web:
                                                                                                                www.ihk.de/halle

        MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU 03/2023                                      3
Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
BLICK INS LAND

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Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
Richtungweisend
Eine Entscheidung mit Signalwirkung: Mitte Februar hat sich die Saalestadt Halle als Standort für das neue
„Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ im Wettbewerb gegen sieben weitere
ostdeutsche Städte durchgesetzt. Richtungweisend für die Region, steht diese doch in besonderem Maße für die
Herausforderungen, aber auch die Leistungen von Wirtschaft und Gesellschaft in den Neuen Ländern. Die Jury hat
offenbar auch überzeugt, dass Wirtschaft und Wissenschaft in Sachsen-Anhalt eng miteinander verzahnt sind. Am
Riebeckplatz soll nun voraussichtlich ab 2028 ein visionäres Gebäude mit dem als Denkfabrik konzeptionierten
Themenzentrum entstehen. Lösungsansätze für aktuelle und künftige gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche und
ökologische Herausforderungen werden dann dort erarbeitet – wie etwa Klimawandel, Migration, Demografie und
die Weiterentwicklung der Demokratie. Alles Themen, die auch die Unternehmen des IHK-Bezirks direkt oder indi-
rekt betreffen und die dann in der Nachbarschaft angegangen werden.

        Weitere Informationen unter www.zukunftszentrum-halle.de
Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
Einblick in das analytische Labor
am Chemiestandort Leuna

INNOVATIV – ERFOLGREICH – AUS DER REGION

Läuft wie geschmiert
Getriebe und Motoren auf allen Kontinenten laufen länger und zuverlässiger dank
der Hochleistungsschmierstoffe der ADDINOL Lube Oil GmbH aus Leuna. Das
Unternehmen wurde vor fast 90 Jahren als Raffinerie gegründet, war in der DDR
bekannte Marke nicht nur für Trabant-Zweitaktöle und ist heute Weltmarktführer.
„Nicht überlebensfähig“ lautete einst das Ur-    kann auf 65 Prozent Exportanteil verweisen     vor drei Jahren ein Hochleistungsindustrie-
teil eines führenden Mineralölkonzerns über      und beliefert Kunden weltweit. Seine Pro-      getriebeöl entwickelt, das die Laufzeit bis zum
den bis zur Wende größten Schmierölherstel-      dukte schützen vor Reibung, Verschleiß und     nächsten Ölwechsel verdoppeln soll. In ei-
ler der DDR, erinnert sich Georg Wildegger,      Korrosion und sorgen für verlässliche Wär-     nem harten Wettbewerb konnten wir die SBB
der einst als Berater „aus dem Westen“ nach      meabfuhr. Zum Mehrwert gehören laut            überzeugen. Die Eisenbahngesellschaft will
Sachsen-Anhalt kam. Einige Wirren später         ADDINOL eine höhere Energieeffizienz, län-     sämtliche Züge auf unser Getriebeöl umstel-
ist die schon im untergegangenen Arbeiter-       gere Ölwechselintervalle oder geringere War-   len, denn die Feldtests haben ein sehr gutes
und Bauernstaat bekannte Marke ADDINOL           tungskosten.                                   Ergebnis gebracht.“ ADDINOL zähle zu den
immer noch da und Wildegger Geschäfts-                                                          wenigen konzernunabhängigen Firmen der
führer und Gesellschafter. Das aus den Über-     Mit ADDINOL durch den Gotthardtunnel           deutschen Mineralölindustrie, geforscht, ent-
resten des einstigen VEB Mineralölwerk Lütz-     Windkraftanlagen, Kraftwerksturbinen, Fahr-    wickelt und produziert werde ausschließlich
kendorf entstandene Unternehmen ist heute        zeugmotoren und Maschinen der Lebensmit-       in Leuna, unterstreicht der Geschäftsführer
im Chemiepark Leuna beheimatet und ge-           telproduktion, von koscher bis halal, laufen   stolz – made in Germany, made in Sachsen-
hört zu den von der Schweizer Universität St.    mit den Schmierstoffen aus Leuna – genauso     Anhalt. „Das gehört zu unserer DNA!“, betont
Gallen identifizierten deutschen Weltmarkt-      wie die Züge der Schweizerischen Bundes-       er. „70 Prozent der Erträge erwirtschaften wir
führern, gekürt im Bereich Biogasmotorenöle      bahnen (SBB), darunter jene durch den längs-   mit Schmierstoffen für die Industrie, 30 Pro-
sowie spezifische Hochleistungs- und Hoch-       ten Eisenbahntunnel der Welt, den Gott-        zent mit Automotivprodukten.“ Vor 20 Jahren
temperaturschmierstoffe. Der Familienbetrieb     hardtunnel, wie Wildegger sagt: „Wir haben     sei das Verhältnis noch umgekehrt gewesen.

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Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
WIRTSCHAFT & REGION

                                                 Der Fragebogen: ADDINOL Lube Oil GmbH

                                                 Am Markt seit ...? 1996. Die Wurzeln des Unternehmens gehen jedoch bis ins Jahr
                                                 1936 zurück – auf das von der Wintershall AG in Krumpa (nahe des heutigen Stand-
                                                 orts Leuna) gegründete Mineralölwerk Lützkendorf, das seine Rohstoffe vor allem aus
                                                 Kohleverflüssigung gewann, sowie auf das daraus nach dem Zweiten Weltkrieg ent-
                                                 standene DDR-Kombinat VEB Mineralölwerk Lützkendorf.

                                                 Zahl der Beschäftigten? 245 im Konzern, davon 120 bei der Muttergesellschaft in
                                                 Leuna.

Georg Wildegger, ADDINOL-Geschäftsführer         Wird ausgebildet? Zwei bis drei Azubis im Jahr in Leuna, ausgebildet werden Labo-
und Gesellschafter
                                                 rant/innen, kaufmännische Angestellte sowie Berufe im Produktions- und Lagerbereich.
Gewachsene Expertise in F&E
„Schon als externer Wirtschaftsprüfer war        Das Unternehmen hat sich entwickelt zum ...? ... führenden Anbieter von Hoch-
ich Anfang der 1990er-Jahre fasziniert vom       leistungsschmierstoffen. Neben dem Standort Leuna verfügt die ADDINOL-Gruppe
Know-how und dem Wissen der ADDINOL-             über 14 ausländische Vertriebsgesellschaften und ist auf allen Kontinenten vertreten.
Mitarbeiter“, berichtet Wildegger. Darauf fuße
bis heute der langfristige Erfolg des Unter-     Umsatz? 117 Millionen Euro für die gesamte Unternehmensgruppe im letzten Ge-
nehmens – auch wenn viele der damaligen          schäftsjahr, das am 30. September 2022 endete. Seit dem Umzug an den Standort Leuna
Beschäftigten jetzt längst in Rente seien. Den   im Jahr 2000 wurden rund 50 Millionen Euro investiert.
exzellenten Erfahrungsschatz in Forschung
& Entwicklung (F&E) wollte er nicht ver-         Prognose? Ziel ist, jedes Jahr ein Umsatzwachstum zwischen fünf und sieben Prozent
schwinden lassen und habe sich entschlos-        zu erreichen. Seit 2000 hat das Unternehmen seinen Umsatz mehr als versiebenfacht
sen, bei seinem damaligen Arbeitgeber – ei-      (2000: 32 Millionen DM).
ner großen Beratungsfirma – auszusteigen
und in Sachsen-Anhalt zu bleiben: „Die Idee      In der Region engagiert durch ...? Regionale Partnerschaften, bei denen Bildung und
war, sich mit hochwertigen Fertigprodukten       Jugendförderung im Mittelpunkt stehen – wie die Unterstützung des Deutschen Che-
und Anwendungen gewinnbringend in Ni-            mie-Museums Merseburg (Förderverein Sachzeugen der chemischen Industrie e. V.),
schen zu positionieren. Damals hieß es: Ihr      welches pro Jahr von tausenden Schülerinnen und Schülern besucht wird, des Turn-
seid verrückt, das hat keine Zukunft! Doch der   und Sportvereins TSV Leuna e. V., der Familienbildungsstätte Naumburg, des jährlichen
Plan ist aufgegangen.“ Nach wie vor sei die      Feriencamps „Demokratie und Persönlichkeit“ für sozial benachteiligte Kinder und Ju-
Forschungsabteilung der Kern der Firma, zehn     gendliche sowie des Caritas Beratungszentrums Weißenfels.
bis zwölf Prozent der Mitarbeiter kümmerten
sich ausschließlich um die Entwicklung neuer     Was bedeutet Corporate Social Responsibility (CSR, Übernahme von ökologischer,
und kundenspezifischer Produkte. So man-         ökonomischer, sozialer Verantwortung) für das Unternehmen? Um den CO2-Aus-
cher „multinationale Konkurrent“ beneide         stoß zu minimieren, erzeugt das Unternehmen mit Solarpanels auf der 2022 eröffne-
ADDINOL um sein Labor und die anwen-             ten, 5.000 Quadratmeter großen neuen Lagerhalle ein Drittel seines Stroms selbst. Ziel
dungstechnische Abteilung, so Wildegger.         sind zwei Drittel, weitere Hallendächer werden mit Photovoltaik bestückt. Zudem fühlt
„Der Generationswechsel bei F&E ist gelun-       sich die Firma der Kreislaufwirtschaft und klimaneutralen Herstellung verpflichtet, spart
gen. Wir kooperieren mit Hochschulen bei         Rohöl durch die Einbindung von Produkten aus Altöl-Recycling in die Fabrikation – und
dualen Studiengängen, betreuen Praktika,         hat dafür jetzt erstmals eine CO2-Gutschrift erhalten. Die Mitarbeiter werden durch er-
Bachelor- und Masterarbeiten.“ Personalar-       tragsorientierte Prämien am Erfolg beteiligt. Zudem wird auf betriebliche Alters- und
beit sei für ihn zentral, „denn man muss         Gesundheitsvorsorge Wert gelegt, darunter Physiotherapie am Arbeitsplatz.
rechtzeitig in junge Leute investieren.“

ADDINOL Lube Oil GmbH                                   Weitere Geschichten unter www.ihk.de/halle, siehe Link auf der Startseite.
Am Haupttor, 06237 Leuna
Tel. 03461 845-0, www.addinol.de

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Lieferketten Wie Unternehmen mit Ideen zu Rohstoffen kommen (S. 18)
WIRTSCHAFT & REGION

               WAS – WANN – WO

Ausgezeichnete Berufsorientierung
 IHK-Geschäftsfürerin
 Dr. Simone Danek (l.)
 übergab den Scheck an
 die Lehrer und Schüler
 der Freien Schule Anhalt
 in Köthen.

Die Freie Schule Anhalt in Köthen erhielt am    rinnen und Schüler der Freien Schule Anhalt        rufsbezogenen Fähigkeiten“, erklärt sie. „Die
22. Februar den mit 1.000 Euro dotierten För-   spielerisch in die Lage versetzt, verschiedene     Preisträgerschulen sind ein Vorbild für andere
derpreis für besonders kreative Maßnahmen       Berufe und Tätigkeitsfelder des Hotel- und         und zeigen, dass sich die Mühen, die mit einer
der Berufsorientierung. Ihr Projekt zum Um-     Gaststättengewerbes kennenzulernen und             engagierten Berufsorientierung verbunden
gang mit modernen Küchenmaschinen im            auszuprobieren.                                    sind, auch auszahlen“, so Danek weiter. Für den
Hauswirtschaftsunterricht überzeugte die        Dr. Simone Danek, IHK-Geschäftsführerin für        Wettbewerb würden stets innovative und ju-
Jury aus Kammern sowie Vertretern des Netz-     Aus- und Weiterbildung betont die wegwei-          gendgerechte Ideen sowie Maßnahmen der
werks „Berufswahl-SIEGEL” und qualifizierte     sende Rolle des „BOF 5.000“-Förderpreises, der     Berufsorientierung gesucht, die speziell auf
sich damit als Vorzeigebeispiel gelungener      in Höhe von insgesamt 5.000 Euro vergeben          Handwerks- und IHK-Berufe ausgerichtet sind.
Berufsorientierung.                             wird: „Berufsorientierung begreifbar zu ma-
Durch das kreative Arbeiten mit den neuarti-    chen, ist immer ein ganz besonderes Erlebnis.
                                                                                                                   www.ihk.de/halle, Nr. 5564430
gen technischen Geräten werden die Schüle-      So erkennen die Jugendlichen rasch ihre be-

    Innovationen aus Anhalt-Bitterfeld gesucht
    Unternehmen aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld, die Innova-        Wettbewerbsbeiträge nimmt die Entwicklungs- und Wirtschafts-
    tionen zur Produktivitätssteigerung, Verbesserung der Marktsitua-   förderungsgesellschaft Anhalt-Bitterfeld mbH (EWG) per Post
    tion, Senkung von Kosten oder zum Abbau von Umweltbelastungen       oder digital entgegen.
    entwickelt haben beziehungsweise aufbauend auf diesen Themen        Die Vorstellung und Preisverleihung der besten Innovationen aus
    neugegründet werden, können sich bis 1. April für den Reiner-Le-    dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld findet am 13. September 2023 in
    moine-Innovationspreis Anhalt-Bitterfeld 2023 bewerben.             der Stadthalle Zerbst statt.
    Gesucht werden Ideen aus den Sparten Produktkonzeption, Ver-
    fahrensprozesse, Dienstleistungen oder auch gesamte Ge-
    schäftsideen, die sich auf einer Innovation gründen. Die Preis-
                                                                                    www.ewg-anhalt-bitterfeld.de
    gelder belaufen sich auf insgesamt 10.000 Euro.

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WIRTSCHAFT & REGION

Wer schreibt die besten
digitalen Erfolgsgeschichten?
Prozessoptimierung in einer virtuellen Um-      den weiteren Unternehmenserfolg. Die Ge-
gebung, Automatisierung durch maschinelles      winner werden anlässlich des bundesweiten
Lernen oder neue datenbasierte Geschäfts-       Digitaltages am 16. Juni 2023 gewürdigt.
modelle – die Digitalisierung bietet den Un-
ternehmen die Chance, produktiver, nach-        Maßgeblich ist nicht nur, in welcher Form
haltiger und effizienter zu arbeiten. Diese     digitale Instrumente in Unternehmen ver-
Entwicklung soll auch dieses Jahr wieder mit    schiedener Größen und Branchen eingesetzt
dem Wettbewerb um die besten digitalen Er-      werden, die Kriterien wurden in diesem Jahr
folgsgeschichten gefördert werden. Unter-       um den Punkt „Nachhaltigkeit“ erweitert. Am
nehmen aus Sachsen-Anhalt bis 499 Mitar-        Ende zählt die überzeugendste Geschichte,
beiter können sich bis 30. April 2023           die durch Digitalisierung in einem Unterneh-
bewerben.                                       men Sachsen-Anhalts entstanden ist.

Die drei Erstplatzierten des Wettbewerbs er-               Teilnahmevoraussetzungen
                                                           und Bewerbungsformular unter:
warten ein Preisgeld von insgesamt 9.000                   www.digitale-erfolgsgeschichten-
Euro sowie maßgeschneiderte Angebote für                   sachsen-anhalt.de

Berufseinstieg erleichtern
Jungen Geflüchteten sowie ausbildungsin-        meinsam neu eingerichtete Landesstelle         setz, persönliche Zugangsvoraussetzungen
teressierten Jugendlichen aus der EU und        „KAUSA“ bietet allen Beteiligten Informa-      für die Einwanderung zur Ausbildung, not-
Drittstaaten soll es besser und schneller ge-   tion, Beratung und Unterstützung an, um        wendige Vorqualifikationen, die Vorberei-
lingen, den Übergang zwischen Schule und        den Herausforderungen der Fachkräftesi-        tung im Betrieb und soziale Anbindung im
Beruf zu bewältigen und erfolgreich in einer    cherung zukünftig auch über diesen Weg         Unternehmen sowie außerhalb der betrieb-
Anstellung Fuß zu fassen. Dafür setzen sich     erfolgreich zu begegnen. Themen der Bera-      lichen Strukturen sein.
der Ausbildungsverbund der Wirtschaftsre-       tung und Workshops können beispielsweise
gion Braunschweig/Magdeburg und das IHK-        die allgemeinen Integrationsvoraussetzun-
                                                                                                         www.ihkbiz.de/projekte/kausa
Bildungszentrum Halle-Dessau ein. Die ge-       gen nach dem Fachkräfteeinwanderungsge-

 Jugendliche aus der EU und Drittstaaten
 in einem Beratungsgespräch zu ihrem
 bevorstehenden Berufseinstieg.

MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU 03/2023                                   9
WIRTSCHAFT & REGION

    Neues Kompetenzzentrum                                                                                   IDEE Förderpreis gestartet:
    „Additive Fertigung“                                                                                     Bis 31. Juli bewerben!

    Qualitätssichernde Maßnahmen entlang der                und Merseburg soll sich diesem Thema wid-        Besonders innovative und nachhaltige
    gesamten Wertschöpfungskette der additiven              men. Die Forschungspartner Schweißtechni-        Unternehmensgründungen von Frauen
    Fertigung, umgangssprachlich auch als 3-D-              sche Lehr- und Versuchsanstalt (SLV) Halle,      werden 2023 mit dem IDEE-Förderpreis
    Druck bezeichnet, sind in Zukunft wesentlich            das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von    des Hamburger Unternehmers Albert
    am Erfolg von Materialien, Prozessen und                Werkstoffen und Systemen IWMS, die Ge-           Darboven geehrt.
    Endprodukten beteiligt. Ein neues Kompe-                sellschaft für Medizin, Biologie und Umwelt      Bewerben können sich Unternehmen,
    tenzzentrum mit Standorten in Halle (Saale)             (GMBU) sowie die Technologiefirmen SONO-         die nicht länger als fünf Jahre am
                                                            TEC GmbH, ECH Elektrochemie GmbH und             Markt sind (Eintrag ins Handelsregis-
                    Additiv gefertigtes Produktbeispiel –
                                                            die Polymerservice GmbH investieren im Ver-      ter). Die Gründungsidee muss von einer
            Gehäuse eines Clamp-On Ultraschallsensors –
                          Einsatzbereich Medizintechnik.    bund „AddiQ“ mit Unterstützung des öffent-       Frau stammen. Die drei herausra-
                                                            lichen BMBF-Förderprogramms RUBIN bis zu         gendsten Unternehmerinnen werden
                                                            13 Millionen Euro.                               mit insgesamt 65.000 Euro ausge-
                                                                                                             zeichnet.
                                                            Ziel des Zentrums ist es, die Vorteile und Po-   Die Bewerbung ist online bis zum 31.
                                                            tenziale der neuen Fertigungstechnologie für     Juli 2023 möglich.
                                                            die industrielle Produktion auszuschöpfen
                                                            und damit den wirtschaftlichen Durchbruch                www.idee-kaffee.com/de-de/foerderpreis

                                                            zu erleichtern.

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WIRTSCHAFT & REGION

              BRANCHE: HANDEL

Innenstadtaktion 2023:
Jetzt Heimatshopper werden!
Die Innenstädte sind nach drei Jahren Corona und in den aktuellen Krisen
besonders stark gebeutelt. Gastronomie, Einzelhandel und lokale Unternehmen
sind es, die trotz oder genau deswegen aktiv sind, um mit neuen Impulsen dem
Stadterleben wieder die Türen zu öffnen. Die Aktionstage „Heimat shoppen“
unterstützen genau dabei.
Modenschauen, Gewinnspiele, Gutscheinak-
tionen, Konzerte, Aufführungen, Spiel und
                                                    unterstütze den lokalen Einzelhandel“ nach
                                                    außen tragen sollen. Diese Werbemittel wer-
                                                                                                    „
                                                                                                Es ist schön, dass
Spaß für Kinder und besondere kulinarische          den den Unternehmen kostenfrei zur Verfü-
Angebote – die größte deutsche Imagekam-            gung gestellt.
                                                                                                die Leute rein-
pagne für den Einzelhandel kommt auch in                                                        kommen und sich
diesem Jahr in den südlichen Teil Sachsen-An-       Mitmachen und Bewerben                      Zeit nehmen. Ich
halts: „Heimat shoppen“. Bereits zum fünften        In diesem Jahr finden die „Heimat shoppen“- möchte in meinem Laden Erlebnisse
Mal bieten Unternehmen und Werbegemein-             Aktionstage im September und Oktober statt.
                                                                                                schaffen, an die sich die Kunden
schaften an den „Heimat shoppen“-Aktions-           Den genauen Zeitraum können die Partner
                                                                                                gerne erinnern.“
tagen wieder eine Fülle von Veranstaltungen         vor Ort selbst festlegen, oftmals wird er in
und besonderen Einkaufserlebnissen an.              andere innenstadtrelevante Aktionen einge-      Jörg Iwan,
                                                                                                    Textileinzelhändler von LEVEL TWO, nahm 2022 an der
                                                    bunden. Interessierte City- und Werbege-        „Heimat shoppen“-Aktion in Naumburg teil.
Die Aktionen im Rahmen von „Heimat shop-            meinschaften im IHK-Bezirk können sich zur
pen“ sollen helfen, die Innenstädte zu beleben      Teilnahme bewerben.
und gleichzeitig die Bedeutung des lokalen          „Heimat shoppen“ ist ein wichtiger Baustein,                  Alle weiteren Informationen zu
Einzelhandels wieder stärker ins öffentliche        die Zentren wieder attraktiver zu machen.                     „Heimat shoppen“: www.ihk.de/halle,
                                                                                                                  Nr. 5603496
Bewusstsein zu rücken. Die von der IHK initi-       Ein Erlebnis, das die Kunden trotz gewandel-
ierte Kampagne wird von den innerstädti-            tem Einkaufs- und Konsumverhaltens wieder
                                                                                                                  www.heimat-shoppen.de
schen Unternehmen selbst umgesetzt und              in die Innenstädte lockt:
von den City- und Werbegemeinschaften be-
gleitet. Weitere Partner der Aktion sind die
kommunalen Wirtschaftsförder- und Stadt-               IHK-Handelsausschuss: Alle Beteiligten mit einbeziehen!
marketinggesellschaften, die Sparkassen vor            Um die Aktion „Heimat shoppen“ ging es       Stellungnahmen zu Einzelhandelsansied-
Ort und die Mitteldeutsche Zeitung.                    auch bei der letzten Sitzung des IHK-Han-    lungen sowie das „Bündnis für Innen-
                                                       delsausschusses: Die Mitglieder legten die   städte“. Dieses soll „wiederbelebt“ werden:
Kostenfreie Werbemittel                                Erweiterung der Marke fest, um damit alle    Dazu lief kürzlich eine Umfrage unter allen
Zur einheitlichen Kundenansprache kommen               Beteiligten – nicht nur den Handel – mit-    innenstadtrelevanten Akteuren.
spezielle „Heimat shoppen“-Werbemittel zum             einzubeziehen. Geplant sind unter anderem
Einsatz, wie beispielsweise Plakate, Flyer, Luft-      öffentlichkeitswirksame Vorstellungen der
ballons, Aufkleber und vor allem die „Heimat           Aktion. Zudem diskutierten die Mitglieder        IHK Halle-Dessau
shoppen“-Einkaufstaschen, mit denen die                                                                 Starthilfe und Unternehmensförderung
                                                       das kürzlich novellierte Ladenöffnungszei-
                                                                                                        Antje Bauer
Kunden an den Aktionstagen sowohl die ge-              tengesetz des Landes Sachsen-Anhalt, IHK-        Tel. 0345 2126-262, abauer@halle.ihk.de
tätigten Einkäufe als auch die Botschaft: „Ich

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WIRTSCHAFT & REGION

                BRANCHE: TOURISMUS

    Tourismus atmet langsam auf
    Die Coronapandemie und deren Folgen haben        Übernachtungen) unter dem des Jahres 2019.      besuchten 2022 Ostdeutschland und somit
    die Unternehmen in den ostdeutschen Ur-          Wasserdestinationen waren stärker nachge-       rund 9,0 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon
    laubsregionen stark herausgefordert. Die         fragt als städtische Ziele (Rückgang um 13,3    profitierten die Regionen. Gastronomie, Ein-
    wichtigste Botschaft des aktuellen Sparkas-      Prozent im Vergleich zu 2019). Gewinner in      zelhandels- und Dienstleistungsbereich er-
    sen-Tourismusbarometers lässt aufatmen: Der      Ostdeutschland war Brandenburg. Es belegt       wirtschafteten mehr als 11 Milliarden Euro
    Tourismus ist zurück. Gestärkt aus der Pande-    Platz zwei im Bundesländerranking (Über-        Umsatz und damit eine ähnliche Größenord-
    mie sieht der Präsident des Ostdeutschen         nachtungen -3,2 Prozent im Vgl. zu 2019).       nung wie aus dem Übernachtungstourismus.
    Sparkassenverbandes (OSV) Ludger Weskamp         Mecklenburg-Vorpommern musste in diesem         Auch die Aussichten auf 2023 sind gut: 60
    die Destinationen: „Sie haben sich auf die       Zeitraum einen Rückgang um 6,9 Prozent hin-     Prozent der Touristiker in Ostdeutschland sind
    Wünsche und Erwartungen der Gäste sowie          nehmen, Sachsen-Anhalt um 8,5 Prozent und       mit der Buchungslage für März und April zu-
    die schwierigen Rahmenbedingungen einge-         Sachsen um 13,7 Prozent. Die Zahlen seien       frieden oder sehr zufrieden, über 80 Prozent
    stellt und Lösungen entwickelt.“                 aber deutlich besser als Anfang 2022 be-        erwarten sogar eine Sommersaison 2023, die
    Die ostdeutschen Tourismusregionen zählten       fürchtet.                                       auf dem Niveau von 2019 oder darüber liegt.
    2022 rund 80,2 Millionen Übernachtungen          Ein Grund dafür ist der Schub an Tagestouris-
    und erreichten so das Niveau von 2017. Aller-    ten. Sie garantieren eine ganzjährige Grund-               Mehr zum Sparkassen-Tourismusbarometer:
                                                                                                                www.osv-online.de
    dings lag der Wert 8,7 Prozent (-7,6 Millionen   auslastung. Rund 460 Millionen von ihnen

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WIRTSCHAFT & REGION

            ZAHLEN – DATEN – FAKTEN

Wirtschaft in Sorge.
Alarmruf an die Politik
Kein Optimismus weit und breit. Die Stimmung der Wirtschaft ist im Keller.
Und das branchenübergreifend. Vor dem Hintergrund des gemeinsamen
Konjunkturberichts 2022 sendeten die beiden Industrie- und Handelskammern
Halle-Dessau und Magdeburg einen Alarmruf an die Politik.
„                                                  die steigenden Kreditzinsen für Immobilienfi-
                                                   nanzierungen. Der Geschäftsklimaindex lag im
                                                                                                    „
Der Wohlstand ist                                                                                   Der Wettbewerb
                                                   gesamten Jahresverlauf im negativen Bereich.
gefährdet wie                                      Trotz allem schätzten die Unternehmen die
                                                                                                    wird immer enger.
lange nicht mehr.“                                 Geschäftslage dank solider Auftragspolster       Es muss nun
Prof. Dr. Steffen Keitel,                          mehrheitlich positiv ein. Die Geschäftserwar-    endlich gehandelt
Präsident der IHK Halle-Dessau
                                                   tungen allerdings sind pessimistisch.            werden.“
                                                                                                    Klaus Olbricht,
Pandemie, Krieg in Europa, Energiekrise, Lie-      Im Dienstleistungsgewerbe fiel die erhoffte      Präsident der IHK Magdeburg
ferengpässe. Das Geschäftsklima in Sachsen-        Erholung nach Corona nur schwach aus. Stei-
Anhalt erreichte im dritten Quartal 2022 ei-       gende Kosten, sinkende Gewinne und zu-           male Geschäfte. Zudem wurde der Kostenan-
nen historischen Tiefpunkt und schaffte bis        nehmende Kundenzurückhaltung führten zu          stieg mittels staatlicher Subventionen wie dem
zum Jahresende den Sprung über die Nullli-         einem Tiefpunkt im dritten Quartal. Dank ei-     9-Euro-Ticket oder dem Tankrabatt gemildert.
nie auch nicht wieder. Fast die Hälfte der         ner Erholung der Geschäftslage zum Jahres-       Der Geschäftsklimaindex lag zum Jahresende
heimischen Unternehmen starteten pessi-            ende landete der Geschäftsklimaindex aktu-       (-17,1 Prozentpunkte) aber noch immer deut-
mistisch ins neue Jahr. Ein Blick auf Details in   ell bei 5,3 Punkten.                             lich unter dem Vorjahreswert.
den Branchen 2022:
                                                   Dem Handel verhagelte die Inflation die          Das Gastgewerbe hoffte nach Pandemie-
In der Industrie ließ der Kostendruck das Ge-      Stimmung. Die Erleichterung über wegfal-         ende auf Verbesserungen und einen unbe-
schäftsklima bis zum dritten Quartal konti-        lende Coronamaßnahmen im ersten Quartal          schwerten Sommer. Auch hier wirken aller-
nuierlich auf -31,8 Punkte absinken. Trotz         wurde von Preissteigerungen infolge des          dings Kostenprobleme und zusätzliche
leichter Erholung zum Jahresende blieb der         Krieges in den anschließenden Quartalen zu-      Nachwirkungen durch die Pandemie (bei-
Geschäftsklimaindikator (-9,4 Punkte) deut-        nichte gemacht. Die Konsumentenstimmung          spielsweise fehlende Arbeitskräfte) sowie die
lich hinter dem Vorjahreswert. Die größte          erreichte im Herbst einen historischen Tiefst-   allgemeine Konsumentenzurückhaltung an-
Herausforderung waren die rasant steigen-          wert. Das spiegelt der Geschäftsklimaindex       gesichts der hohen Inflation. Das Geschäfts-
den Kosten für Energie, Rohstoffe und Vor-         (-11,9 Punkte) zum Jahresende.                   klima (-34,3 Punkte) lag zum Jahresende er-
produkte. Sie konnten häufig nicht direkt an                                                        neut deutlich im negativen Bereich.
die Abnehmer weitergereicht werden und             Das Verkehrsgewerbe startete ungünstig in
verschlechterten daher die Gewinnlage stark.       das Jahr 2022: Steigende Kraftstoffpreise tra-                Den kompletten IHK-Konjunkturbericht 2022
                                                                                                                 gibt es hier: www.ihk.de/halle, Nr. 181
                                                   fen auf eine zum Teil noch von der Pandemie
Hohe Kostensteigerung und Auftragsrück-            eingeschränkte Geschäftstätigkeit (etwa im                    IHK Halle-Dessau
                                                                                                                 Standortpolitik
gänge sorgten im Baugewerbe für ein Kippen         Personenverkehr). Der coronafreie Sommer er-                  Hendrik Senkbeil
der Stimmung. Anteil daran hatten maßgeblich       möglichte dann aber vielerorts wieder nor-                    Tel. 0345 2126-255, hsenkbeil@halle.ihk.de

16                                 MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU 03/2023
WIRTSCHAFT & REGION

                                             Was tun? Um die Wirtschaft wieder auf          Das geht nur mit:
   Gesamtwirtschaft in                       einen soliden Pfad zu bringen, sind vor al-    • Aktivierung des inländischen Erwerbspo-
   Zahlen – Daten – Fakten:                  lem die Rahmenbedingungen zu verbes-             tenzials – handfeste Anreize zur Arbeits-
                                             sern. Die IHKn in Sachsen-Anhalt sende-          aufnahme für Erwerbslose!
   • Konsumentenstimmung: Im Okto-
                                             ten deshalb zusammen mit den beiden            • Weiterbeschäftigung im Alter ermöglichen,
     ber 2022 sorgte die Inflation mit ih-
                                             Handwerkskammern und den Arbeitge-               auch durch steuerliche Anreize!
     rem Höchstwert von 10,4 Prozent
     für einen Tiefpunkt bei der Konsu-      ber- und Wirtschaftsverbänden (AWSA)           • Für mehr Leistungsbereitschaft werben, an-
     mentenstimmung.                         des Landes einen Alarmruf an die Lan-            statt für Teilzeitmodelle!
                                             despolitik: Handeln bei Energie, Bildung       • Bedingungen verbessern für Investitionen
   • Geschäftserwartung: Die Ge-
                                             und Fachkräften!                                 in Digitalisierung und Automatisierung!
     schäftserwartungen lagen im vierten
                                                                                            • kontinuierliche, umfangreiche Beschulung
     Quartal im Saldo bei -35,8 Prozent-
     punkten und damit deutlich unter        Stichwort Energie: Die wichtigste wirt-          in allen Schulformen!
     dem Vorjahresquartal.                   schaftspolitische Aufgabe besteht darin, die   • Lehrermangel und Unterrichtsausfall ab-
                                             Energieknappheit zu beseitigen. Das geht nur     stellen, Rahmenbedingungen für die Ein-
   • Risiken: Die hohen Energie- und
                                             über einen zukunftsfähigen Energiemix:           stellung von Quereinsteigern verbessern
     Rohstoffkosten sind für 83 Prozent
                                             • Weniger Bürokratie beim Ausbau von             und Präsenz von Wirtschaftsthemen in den
     der Unternehmen ein Risiko für die
                                               Windkraft- und Solarenergieanlagen!            Schulen verstärken!
     wirtschaftliche Entwicklung 2023.
     Angesichts rückläufiger Auftrags-       • Unvoreingenommen prüfen, welche Kern-        • Zuzug qualifizierter Fachkräfte aus dem
     eingänge auch der Inlandsabsatz           kraftwerke sicher weiterbetrieben werden       Ausland erleichtern: zentrale Stelle(n) im
     für 44 Prozent.                           können!                                        Land schaffen für das beschleunigte Fach-
                                             • Kein Ausstieg aus der Braunkohleverstro-       kräfteverfahren nach § 81a AufenthG!
   • Beschäftigung und Investition:
                                               mung vor 2038!
     Trotz Fachkräfteknappheit planen die
                                             • Schiefergasvorkommen in Deutschland
     Unternehmen deutlich vorsichtiger.                                                       Der IHK-Geschäftsklimaindex fasst zusammen,
     Die Beschäftigungspläne waren             umweltverträglich erschließen und schnell
                                                                                              wie die Unternehmen ihre derzeitige Geschäfts-
     2022 per Saldo negativ (-5,4 Pro-         nutzen!                                        lage und ihre Zukunftsaussichten einschätzen. An
                                                                                              den Umfragen der IHK-Landesarbeitsgemeinschaft
     zentpunkte). Das gilt auch für die
                                                                                              der beiden Industrie- und Handelskammern in
     Investitionsabsichten (-2,9 Pro-        Stichwort Bildung sowie Arbeits- und
                                                                                              Sachsen-Anhalt (LAG) beteiligen sich jedes Viertel-
     zentpunkte).                            Fachkräfte: Die Unternehmen benötigen            jahr rund 900 sachsen-anhaltische Unternehmen.
                                             dringend ausbildungsreife Nachwuchskräfte.

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Von globalen Lieferketten gänzlich unabhängig
setzt die Hanffaser Geiseltal eG aus Mücheln
auf kurze Wege. Der Rohstoff für ihre Bau- und
Dämmstoffe aus Nutzhanf wächst auf Feldern
im Saalekreis (Seite 25).
SCHWERPUNKT LIEFERKETTEN SICHERN

Alles auf Anfang? Lieferketten auf dem
Prüfstand
Just in time zu produzieren, das war viele Jahre nicht nur ein Effizienztreiber
der deutschen Wirtschaft, sondern auch ein Beleg für funktionierende globale
Lieferketten. Das Zusammentreffen von wachsendem Protektionismus,
Pandemie und Krieg in Europa setzt diese allerdings immer häufiger unter
Druck und bringt sie ins Stocken. Ein Weckruf für Unternehmen.
Auswege zu finden, ist allerdings oft gar nicht so einfach,   plädieren hier in einem ersten Schritt für eine Übersicht
weiß Birgit Stodtko. Die Geschäftsführerin International      zum Status quo. „Dieser unterscheidet sich meist von
bei der IHK Halle-Dessau beschreibt die Situation im          der Lehrbuchversion, denn in der Realität wächst eine Lie-
Kammerbezirk so: „Lieferengpässe bei Komponenten und          ferkette organisch, ist innerhalb des Unternehmens je
Rohstoffen, explodierende Energiekosten und die aktuell       nach Markt und Produkt anders und wird spätestens bei
hohe Inflation haben bei vielen Unternehmen die Ge-           den Lieferanten der Lieferanten höchst komplex.“ Trans-
winnlage im vergangenen Jahr drastisch verschlechtert.        parenz sei hier entscheidend, um in Krisenfällen wie der
Lieferalternativen, wenn es sie überhaupt gibt, sind oft      Pandemie schnell und vorausschauend handeln zu kön-
mit höheren Kosten verbunden. Wer kann, setzt wieder          nen. Ein digitales Lieferantennetz stärke und beschleunige
verstärkt auf Lagerhaltung. Auch Produktionsstätten zu        dabei den Informationsaustausch. Auf dieser Basis lassen
verlegen, erwägen Unternehmen immer häufiger.“ Zu all
dem kommt die hohe Abhängigkeit vom Lieferanten
China. Unternehmen aus Sachsen-Anhalt wickelten allein
                                                              sich interne und externe Risiken definieren, die in Belas-
                                                              tungstests simuliert werden. In Beziehung gesetzt zu
                                                              geopolitischen Einflussfaktoren oder Klimawandel lässt
                                                                                                                           „
im letzten Jahr Geschäfte im Wert von rund 3 Milliarden       sich dann ein Aktionsplan für eine modifizierte Liefer-      Unternehmen
Euro mit chinesischen Firmen ab. Dass China heute bei         kettenstrategie ableiten.                                    nutzen zuneh-
vielen Gütern im Mittelpunkt globaler Wertschöpfungs-                                                                      mend die
ketten steht, ist aber nur eine Facette aktueller Probleme.
                                                                 Deutschland im Welthandel                                 Expertise der
Gebremstes Wachstum und Globalisierungsskeptiker                 Bevor heute in Deutschland ein T-Shirt auf der La-        Kammern bei
Ökonomen, wie Markus Koch und Damian Rohr aus dem                dentheke liegt, hat es im Durchschnitt etwa 18.000 Ki-    der Suche nach
                                                                 lometer hinter sich. Es ist ein Symbol des aktuellen
Research-Team der Schweizer Deloitte sehen eine weitere                                                                    neuen Liefe-
                                                                 Welthandels, der zu rund 80 Prozent auf globalen
im bereits länger angeschlagenen Freihandel. Ihr Befund:                                                                   ranten.“
                                                                 Wertschöpfungsketten beruht. Deutschland ist so in-
„Seit der Finanzkrise von 2018 wächst der internationale         tensiv wie keine andere Industrienation in interna-       Birgit Stodtko
Handel nur noch langsam und es kamen vermehrt glo-               tionale Lieferketten eingebunden. Sowohl Ex- als auch     IHK-Geschäftsführerin
                                                                                                                           International
balisierungskritische Regierungen an die Macht. Der viel         Import haben jährlich die eine Billion-Euro-Schwelle
diskutierte Handelskrieg zwischen den USA und China              längst überschritten. Neben der Textilindustrie sind
und ein stockender Multilateralismus sind die im globa-          vor allem die Elektronikbranche, chemische und phar-
len Handel spürbaren Auswirkungen dieser Machtüber-              mazeutische sowie Lebensmittelindustrie abhängig
nahme der Globalisierungsskeptiker.“                             von Vorleistungen aus anderen Ländern. Auch in
                                                                 Sachsen-Anhalt sind die wichtigsten und profilbe-
                                                                 stimmenden Warengruppen international eng ver-
Digitales Lieferantennetz erleichtert Neubewertung
                                                                 flochten: Pharmazeutische Erzeugnisse, Kunststoffe,
In Verbindung mit den Auswirkungen von Pandemie und
                                                                 Chemische End- und Vorerzeugnisse oder Halbzeuge
Krieg in der Ukraine setzten immer mehr Unternehmen              aus Kupfer und -legierungen, um nur die wichtigsten
auf eine Neubewertung ihrer Lieferkettenrisiken und mo-          zu nennen.
difizieren ihre Beschaffungsstrategien. Koch und Rohr

MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU 03/2023                                              19
SCHWERPUNKT LIEFERKETTEN SICHERN

Unternehmen sind enorm anpassungsfähig
Bei einer gewachsenen Zahl von Unternehmen kommt                   Trend zum Reshoring?
diese Botschaft an. Das zeigt ein Blick in die Sonderaus-          Werden Lieferketten auf den Prüfstand gestellt, gilt ihr stärkeres Lokalisieren, auch Res-
wertung des „AHK World Business Outlook Herbst 2022“               horing, als eine Möglichkeit, Risiken besser zu begrenzen und Lieferantenbeziehungen zu
der DIHK. Die Rückmeldungen von mehr als 3.100 im                  stabilisieren. Experten sehen darin allerdings keine generelle Alternative zur Globalisierung
Rahmen der Umfrage befragten Unternehmen belegen,                  vieler Warenströme. Hürden sind unter anderen eine oft begrenzte Anzahl von Lieferan-
dass sich die Betriebe mit sehr konkreten Maßnahmen auf            ten für Produkte und Rohstoffe, die Nähe zu Wachstumsmärkten, vor allem in Asien und
die geopolitischen Herausforderungen einstellen.                   damit verbundene hohe Investitionskosten. Diese sind häufig nicht auf Kunden umlegbar.
                                                                   Der Außenwirtschaftschef der DIHK, Volker Treier, beschreibt die aktuelle Stimmung so: „Die
Jedes dritte Unternehmen (35 Prozent) hat bereits neue
                                                                   Unternehmen bleiben weiterhin auf ihrem Kurs der Globalisierung, fokussieren sich aber
oder zusätzliche Lieferanten für benötigte Rohstoffe,
                                                                   auf eine Diversifizierung: Neben bewährten, aber zum Teil schwierigen Märkten bieten an-
Vorprodukte oder Waren gefunden. Weitere 30 Prozent
                                                                   dere Länder zunehmend attraktive Konditionen und werden so zu echten Alternativen.“
sind noch auf der Suche. Die Unternehmen erweitern ihr
Lieferantennetzwerk unabhängig von der Region, in der
sie international aktiv sind. „Die deutsche Wirtschaft          Lieferantensuche in den Blick. Insgesamt haben sich die
zeigt sich angesichts der enormen geopolitischen Risiken        Lieferkettenstörungen zwar verbessert, sie sind aber noch
erstaunlich anpassungs- und widerstandsfähig", sagt
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Von Schock-
starre der Wirtschaft keine Spur! Mit Hochdruck suchen
                                                                längst nicht überwunden: 42 Prozent der Unternehmen
                                                                geben Störungen in Lieferketten als das Top-Geschäfts-
                                                                risiko für die kommenden Monate an.
                                                                                                                                         „
die Unternehmen neue Lieferanten beziehungsweise ver-                                                                                    Die Krise kann
suchen die bestehenden zunehmend zu diversifizieren.“           Konkrete Hilfe weltweit vor Ort                                          Unternehmen
Die Erhöhung der Resilienz in ihren globalen Lieferketten ist   Bei der Umsetzung holt sich eine wachsende Zahl von                      als Weckruf
ein zentrales Motiv der Lieferanten-Suche: So geben drei von    Unternehmen Unterstützung bei den Industrie- und Han-
                                                                                                                                         dienen.“
fünf Unternehmen (62 Prozent) an, das Risiko von Ausfäl-        dels- sowie Auslandshandelskammern, beobachtet Birgit
                                                                                                                                         Markus Koch/
len minimieren zu wollen. Dieser Wert wird nur überboten        Stodtko. „Hier vor Ort haben wir Zugriff auf Adressda-                   Damian Rohr
von dem Wunsch, die Kosten zu optimieren (64 Prozent).          tenbanken, die hilfreich sei können, wenn es um konkrete                 in „Perspektiven: Globale
                                                                                                                                         Lieferketten – Kommt es zu
Aber auch ein einfacherer Zugang zu Rohstoffen bezie-           Lieferantenanfragen geht. Auch mit Nachfragen in den                     einem Reshoring?“
hungsweise Vorleistungen (33 Prozent) sowie die Vermei-         Repräsentanzen Sachsen-Anhalts in Shanghai oder Ha-
dung von Handelshemmnissen oder die Erfüllung von Lo-           noi konnten wir schon unterstützen. Daneben bieten die
cal-Content-Vorschriften (23 Prozent) spielen eine Rolle.       Auslandshandelskammern konkrete Hilfe weltweit vor
Jedes achte Unternehmen (12 Prozent) nimmt die Ein-             Ort an – von Webinaren über Marktrecherchen bis hin zu
haltung europäischer Nachhaltigkeitspflichten bei der           einer digitalen Lieferantenplattform.“

   EU-Plattform bringt Geschäftspartner zusammen                                                                                               BREHN
                                                                                                                                                    A
   Ändern sich Märkte, müssen sich auch Geschäfts-              europäische Lieferanten, die ihre Qualität und Stan-
   und Lieferstrukturen anpassen. Das betrifft viele deut-      dards durch entsprechende Zertifikate garantieren
   sche Industrieunternehmen, die auf Produkte und              können. Ebenso gefragt sind Produktneuheiten und in-
   Dienstleistungen aus anderen Ländern angewiesen              novative Lösungen.
   sind. Mehr als jedes vierte Unternehmen denkt nach           Die deutsch- und englischsprachige Plattform richtet
   den Erfahrungen der Corona-Pandemie über eine Neu-           sich insbesondere an Lieferanten von:
   ausrichtung nach. Hierbei spielt das Nearshoring eine        • Maschinenteilen
   ganz besondere Rolle. Dies bietet europäischen Liefe-        • Metallbearbeitung
   ranten hervorragende Chancen, gerade jetzt neue              • Kunststoffverarbeitung
   Kontakte zu deutschen Einkäufern aufzubauen. Das             • Elektronik-Bauteilen
   AHK Industrial Suppliers Forum (AHK ISF) bietet dazu         • Automatisierung sowie
   eine Möglichkeit: Organisiert vom Netzwerk der deut-         • ICT-Lösungen für Industrie
                                                                                                                                         Mehr zur Lieferketten-
   schen Auslandshandelskammern (AHK), vernetzt das                                                                                      problematik und zu
   Forum europäische Lieferanten mit Einkäufern und                          Für Einkäufer ist die Plattform kostenfrei:                 interessanten Quellen
                                                                             www.ahk-isf.eu                                              sowie guten Beispielen
   Vertriebspartnern aus Deutschland. Gesucht werden                                                                                     finden sich auf den folgen-
                                                                                                                                         den Seiten.

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SCHWERPUNKT LIEFERKETTEN SICHERN

Globales Agieren nicht per se verteufeln
Kein Fiebersaft für Kinder! Das war nur eine der Hiobsbotschaften in den
letzten Monaten. Ein Gespräch zur Arzneimittelversorgung mit Dr. Hans-Georg
Feldmeier. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Pharmazeutischen
Industrie e. V. ist Vorstandsvorsitzender der Dermapharm Holding SE.*
Wie ist es um unsere Arzneimittelversorgung bestellt?       in der Energieversorgung. Welche Möglichkeiten gibt es
Dr. Hans-Georg Feldmeier: Wir Hersteller tun alles da-      vor diesem Hintergrund, bestehende Lieferketten wieder
für, dass die Versorgung für die Patientinnen und Pa-       zu stabilisieren oder neue zu begründen?
tienten gesichert wird. Das ist uns während der Corona-     Dr. Feldmeier: Wir müssen aufpassen, dass wir die Glo-
pandemie trotz aller Schwierigkeiten gelungen. Dennoch      balisierung nicht per se verteufeln. Es ist naiv zu glauben,
ist die Lage in der Grundversorgung in Deutschland im-
mer angespannter und das hat Gründe: Bei den Generika,
den Nachahmerprodukten, ist der Preisdruck ungeheuer
                                                            dass es als Exportnation möglich ist, die gesamte Arznei-
                                                            mittelproduktion nach Deutschland zurückzuholen. Ein
                                                            Zug, der in eine Richtung abgefahren ist, wo die Weichen
                                                                                                                           „
                                                                                                                           Wir brauchen
erhöht worden. Der durchschnittliche Erstattungspreis       von der Politik über Jahre so gestellt worden sind, den
                                                                                                                           strukturelle
der Krankenkassen für eine Tagestherapie liegt hier bei     können sie auf dem Gleis nicht wenden.
sechs Cent! Das hat dazu geführt, dass wir Wettbewerb       Wir können nur dafür sorgen, dass die Firmen, die noch         Lösungen, die
verloren haben. Unternehmen haben aufgehört, be-            hier sind, nicht auch noch in Schwierigkeiten geraten.         alle Versorgungs-
stimmte Produkte zu produzieren.                            Und deshalb müssen wir dringend an die Preise der Arz-         bereiche in den
                                                            neimittel der Grundversorgung ran.                             Blick nehmen.“
Worin sehen Sie Ursachen für diese Lieferengpässe?
                                                                                                                           Dr. Hans-Georg Feldmeier,
Dr. Feldmeier: Generell sind die globalen Lieferketten in   Wie gehen kleine und mittelständische Unternehmen              Vorstandsvorsitzender der
Zeiten geopolitischer Spannungen und einer Pandemie         der Branche mit der Lieferkettenproblematik um?                Dermapharm Holding SE

sehr anfällig. Die aktuellen Probleme in der Grundver-      Dr. Feldmeier: Für sie ist es eine schwierige Situation. Die
sorgung sind aber vor allem politisch hausgemacht, und      Kosten etwa für Rohstoffe und Energie sind im Laufe des
zwar durch den schon lange steigenden Kostendruck im        letzten Jahres explodiert. Und die Preise können nicht ent-
Gesundheitssystem. Wir müssen zum Beispiel unsere Me-       sprechend angepasst werden. Dazu kommt, dass wir bei
dikamente noch heute zu Preisen abgeben, die seit 2009      der Arzneimittelherstellung und -belieferung bei Wei-
festgeschrieben sind. Dazu kommt die Inflation. Wenn        tem nicht mehr eine so hohe Flexibilität haben, wie noch
man da keine Möglichkeit hat, die gestiegenen Kosten        vor 20 Jahren – vor allem aus gesetzlichen Gründen.
weiterzugeben und nachzusteuern, funktioniert das ir-       Schon wenn sie zum Beispiel einen anderen Lieferanten
gendwann nicht mehr.                                        für Glasampullen nehmen wollen, müssen sie vorher auf-
                                                            wändige Studien machen.                                           Mehr zum Bundesver-
                                                                                                                              band der Pharmazeuti-
Was könnte die Arzneimittelversorgung stabilisieren?                                                                          schen Industrie e. V.:
Dr. Feldmeier: Wir brauchen strukturelle Lösungen, die      Welche Unterstützung, welche Rahmenbedingungen                    www.bpi.de

beim Kostendruck ansetzen und alle Versorgungsbereiche      braucht gerade der Klein- und Mittelstand in der aktu-            * Am Hauptstandort in
in den Blick nehmen. Eine Stellschraube sind die Rabatt-    ellen Situation?                                                  Sandersdorf-Brehna
                                                                                                                              entwickeln und produ-
verträge. Hier müssen Mehrpartner- statt Exklusivmodelle    Dr. Feldmeier: Wir brauchen berechenbare und wirt-                zieren bei der Derma-
verpflichtend sein. Außerdem sollten bei der Vergabe        schaftlich auskömmliche Rahmenbedingungen. Dazu eine              pharm-Tochter mibe
                                                                                                                              über 700 Mitarbeitende
Produktionsschritte in Europa besonders beachtet wer-       Verwaltung, die unterstützt und nicht durch überbor-              qualitativ hochwertige
den. Bei versorgungsrelevanten Arzneimitteln sollte man     dende ineffiziente Bürokratie bremst. Und schließlich ei-         Arzneimittel.

Rabattverträge grundsätzlich ausschließen.                  nen Standort, der für Forschung, Entwicklung und Pro-
                                                                                                                              mibe GmbH
                                                            duktion so attraktiv ist, dass hierzulande Arbeitsplätze          Arzneimittel
                                                                                                                              Münchener Straße 15
70 Prozent der Wirkstoffe stammen aus China oder In-        entstehen und gehalten werden und somit auch hier in
                                                                                                                              06796 Brehna
dien. Daraus erwachsen ähnliche Abhängigkeiten wie          Zukunft Wertschöpfung stattfindet.                                www.mibe.de

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SCHWERPUNKT LIEFERKETTEN SICHERN

Klar kommunizieren für
mehr Akzeptanz
Wovon lassen sich Unternehmen leiten, wenn sie ihre Lieferketten auf den
Prüfstand stellen? Immer häufiger von der Idee der Nachhaltigkeit, zeigen eine
aktuelle Studie und die Erfahrungen des TÜV-Verbandes.
Für Juliane Petrich war das Ergebnis einer repräsentativen    kommuniziert wird, was das Gesetz bedeutet und was
Umfrage des TÜV-Verbands im vergangenen Jahr keine            nicht. Das baue Ängste ab und sollte mit konkreten Um-
Überraschung: Fairness gegenüber Kunden und Lieferan-         setzungshilfen für Unternehmen verbunden werden. Hier
ten, gute Arbeitsbedingungen sowie Umwelt- und Kli-           bewege sich inzwischen einiges. Daneben hält sie es für
maschutz sind immer mehr Unternehmen in Deutsch-              notwendig, ein funktionierendes Sorgfaltspflichtengesetz
land wichtig oder sehr wichtig, wenn sie ihre Lieferketten    auf europäischer Ebene zu schaffen, damit alle Unter-
neu ausrichten. Nicht zuletzt als direkte Folge der Corona-   nehmen den gleichen Regelungen unterliegen.
Pandemie und damit einhergehender Engpässe bei be-
stimmten Produkten, Vorprodukten oder Rohstoffen sei          Empfehlungen für nachhaltige Lieferketten
dieses Bewusstsein weiter gewachsen, beobachtet die           Fünf zentrale Empfehlungen hat der TÜV-Verband an die
Referentin für Politik und Nachhaltigkeit beim TÜV-Ver-
band. „Umweltschonend, sozial gerecht, wirtschaftlich er-
folgreich“, fasst sie die Studie zusammen. Das sei aber das
                                                              EU-Gesetzgebung formuliert:
                                                              1. Die gesamte Lieferkette in den Blick nehmen
                                                              2. Mindestanforderungen für alle Unternehmen festlegen
                                                                                                                          „
Leitmotiv in der aktuellen Debatte um eine nachhaltige        3. Unabhängige Drittprüfungen vorsehen, insbesondere
                                                                                                                          Verantwortung
Gestaltung von Lieferketten. Denn, „sozial und umwelt-           in Sektoren mit hohem Risiko                             endet nicht an
bewusst agierende Unternehmen sind widerstandsfähiger,        4. Bestehende Standards und Zertifizierungen einbinden      Ländergrenzen.“
genießen eine hohe Reputation und sind beliebte Arbeit-       5. Unternehmen Orientierung geben und bei der Umset-        Juliane Petrich,
geber. Darüber hinaus sind sie besser auf die Klimakrise         zung unterstützen                                        Referentin für Politik und
                                                                                                                          Nachhaltigkeit,
und die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen für                                                                   TÜV-Verband
die Transformation in eine CO2-neutrale Wirtschaft vor-       Wer Informationen zu zukunftsfähigen Lieferketten und
bereitet“, ist Juliane Petrich überzeugt.                     gesetzlichen Regelungen oder gute Beispiele aus der un-
                                                              ternehmerischen Praxis sucht, wird unter anderem hier
Fehlende Ressourcen bremsen die Umsetzung                     fündig:
Wenn das in der Umsetzung aber mitunter noch scheitere,
dann unter anderem deshalb, weil vor allem kleinere und
mittlere Unternehmen aufgrund eigener begrenzter Res-            www.bafa.de und www.csr-in-deutschland.de.
sourcen oft von der Komplexität des Themas überfordert
sind. Oder Ängste bestehen, Haftungsrisiken nicht zu          Darüber hinaus bieten die Industrie- und Handelskam-
durchschauen.                                                 mern und eine wachsende Zahl von Organisationen wie
Das gerade in Kraft getretene deutsche Lieferkettensorg-      der TÜV Informations- und Schulungsangebote. Die Stu-
faltspflichtengesetz sei dafür ein typisches Beispiel. Ob-    die „Nachhaltige Lieferketten – umweltschonend, sozial
wohl 83 Prozent der vom TÜV-Verband befragten Unter-          gerecht, wirtschaftlich erfolgreich“ finden interessierte
nehmen sich davon einheitliche Wettbewerbsbedingungen         Unternehmen hier:
erhoffen, wird die öffentliche Debatte darüber kontrovers
geführt. Juliane Petrich ist überzeugt, dass sich die Ak-
zeptanz dafür vor allem dann verbessern lässt, wenn klar         www.tuev-verband.de/studien/tuev-lieferkettenstudie

MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS MITGLIEDERMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU 03/2023                                            23
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