Der Mensch und der See - Ausstellung im Jahr der Volkskultur - Nationalpark Neusiedler See
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ausstellung im Jahr der Volkskultur Der Mensch und der See Nationalpark-Informationszentrum Illmitz 18. April – 31. Oktober 2004 FISCH • SCHILF • FREIZEIT • KUNST • NATURSCHUTZ Seit Beginn der Neuzeit hat die Wechselwirkung zwischen den Menschen in den umliegenden Dörfern und dem Neusiedler See auf verschiedensten Ebenen stattgefunden – und sich immer wieder verändert. Dieser Steppensee war mit seinem Fischreichtum zunächst Nahrungsgrundlage, wurde aber gleichzeitig als unberechenbar gefürchtet. Sein Einfluß auf das Mikroklima, die Entwicklung der Schilfbewirtschaftung, seine Eroberung durch die Freizeitgesellschaft und schließlich seine Bedeutung für den Naturschutz werden in dieser Ausstellung thematisiert. Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur
Der Mensch und der See DER ENTSTEHUNG DES LACUS PEISO AUF DER SPUR VOM MEER ZUM LAND IN JAHRMILLIONEN lacus vertowe In der „Steppe der Boier“ Wer der Entstehung des Sees auf die Spur kommen will, DER STECKBRIEF DES STEPPENSEES ferthev muß weit in der Zeit zurückgehen: fertow Seine erste Erwähnung fand der See in der Historia naturalis Vor 16,5 Mio. Jahren kam es zu einer Zerrung zwischen Heutige Größe ca. 320 km2 ferteu bei Plinius, dem Älteren im 1.Jhdt. n. Chr. Alpen und Karpaten. Staffelweise Absenkungsvorgänge Durchschnittliche Tiefe 1,1m Fertö Der römische Geschichtsschreiber bezeichnete ihn als Lacus waren die Folge und ließen das Wiener Becken entstehen. Einzugsgebiet 1.120 km2 Esterházer See Peiso: „Noricus juguntur lacus Peiso, deserta Boiorum, iam Aus dem Meer, das diesen Raum überflutete und in Ver- tamen colonia Divi Claudii Sabaria et oppida Scarabantia bindung mit Mittelmeer und Indischem Ozean stand, Pegelwasserstand Ø 115,5 m.ü.A., ca. 17m Der Name „Lacus Peiso“ stammt vermutlich von einem Volk, Julia habitantur.“ ragten nur das Leithagebirge und das Ruster Hügelland als unter dem Donaupegel bei Pressburg das in dieser Region lebte: die Römer nannten sie Pei, davon „An Noricum schließt der Neusiedler See an, die Steppe der Inseln heraus. Gesamtvolumen bei Mittelwasser 200 – 250 Mio. m3 leitet sich in Folge Peise und später Peiso ab. Boier, ferner bewohnt man dort Steinamanger, die Kolonial- Durch die spätere Abschnürung vom Mittelmeer entstand Jahresgang der Wasserführung Hochstand im April, stadt des Kaisers Claudius, und Ödenburg.” ein Binnenmeer, die Paratethys. Der Salzgehalt nahm Das Binnenmeer entstand Tiefstand im Oktober (Differenz Ø 30 cm) Die Bezeichnung „Fertö“ – bedeutet im Ungarischen soviel durch die ständigen Süßwasserzuflüsse stetig ab und durch Abschnürung der Wassertemperatur Ø 11°C, wie Sumpf und bezieht sich auf die zahlreichen sumpfigen Die extrem wechselnden Wasserstände führten zu verschie- Tethys vom Mittelmeer wies schließlich nur mehr zwischen 17 und 30 ‰ auf. Höchstwerte bis zu 30°C Stellen im Gebiet. denen Bezeichnungen in der Literatur. Der See wurde Vor rund 10 Mio. Jahren zerfiel das Meer in Teilbereiche, Bei der Altersbestimmung des Sees ist somit der Hanság ein- Temperaturschwankungen bis zu 8°C am Tag bisweilen als „lacus“ bzw. „stagnum“ (=See, 1317), „palus“ süßte aus und die langsame Verlandung führte schließlich zubeziehen – in Ungarn wird er nicht umsonst als „Mutter des Salzgehalt ca. 1,0 – 1,2 g /Liter In der Geschichte des Sees wurden an seinen Ufern (=Sumpf, 1096), oder gar als „fluvius“ (=Fluß, 1318, 1324) dazu, daß der Raum um den See landfest wurde. Fertö“ bezeichnet. (Mondsee 0,2 g/l, Meerwasser 30 g/l), im immer wieder Siedlungen errichtet und durch Kriege bzw. beschrieben. Die Wasserstände im nacheiszeitlichen See lagen zeitweise Südteil höhere Konzentration wegen auf- Überschwemmungen vernichtet. Der Name „Neusiedler See“ Zuerst die Donau, dann der See bis zu 5m über dem gegenwärtigem Seespiegel. steigender salzhältiger Mineralwässer, rührt demnach von den Neubesiedelungen am Seeufer her. Der heutige Seedamm entstand In den ältesten Eiszeiten (2 Mio. bis 290.000 Jahre vor heute) abhängig von Wasserstand vor etwa zweitausend Jahren und besteht aus Fein- und Grobsand floß die Donau durch die Pforte zwischen Leithagebirge Eis, Wind und Sand ph-Wert >8 sowie Schotter und den letzten Ausläufern der Karpaten und schüttete mit Die Dynamik des Sees sorgt aber auch heute noch für Wassereintrag ca. 80% aus Niederschlägen, zahlreichen Nebenarmen Schotterpakete auf die früheren Veränderung: Der Seedamm etwa ist ein natürlicher Ufer- der Rest aus Zuflüssen und Grundwasser Meeresablagerungen. Zu dieser Zeit lag die Fläche des wall, der an der östlichen Seeseite das Ufer von Weiden bis Verdunstung 400 – 700 l/m2 heutigen Sees höher als die Parndorfer Platte. ins Sandeck in Illmitz ca. 25 km lang begleitet. zwischen April und Oktober ZUR VERLANDUNG BESTIMMT Erst nachdem die Donau den Seewinkel verlassen hatte, Entstanden ist der aus Grob- und Feinsand sowie Schotter erfolgte durch tektonische Einsenkung vor rund 13.000 bestehende Damm durch viele Eisschübe und den vorherr- Das natürliche Schicksal des Sees ist die Verlandung, Jahren die Entstehung des Neusiedler Sees und des Hanság. schenden Nordwestwind, womit sich Material am Ostufer die beeinflußt durch menschliche Aktivität noch Der späteiszeitliche See überflutete aber hauptsächlich den angelagert hat. Neuerliche Eisschübe tragen also weiter zur rascher voranschreitet. Jahrzehntelange Nährstoff- Hanság, während ca. 1.000 Jahre später durch eine erneute Entstehung neuer Seedämme – und damit zur Verlandung anreicherung im See hat den Schilfgürtel enorm Einmuldung der See in seiner heutigen Ausdehnung entstand. dieses Steppensees – bei. wachsen lassen. Die jährlich niederbrechenden, ver- rottenden Schilfhalme lassen den Boden in die Höhe wachsen, im ruhigen Wasser zwischen den Halmen setzten sich Schwebstoffe ab. Der Verlandungsprozess wird durch die Verringerung des Schilfschnittes und die fehlende Dynamik der Wasserstände noch beschleunigt. „ Die Länge des Sees Das starke Wachstum des Schilfs führte sogar zu der beträgt 45.000 Schritte, die Prognose, der See würde im Jahr 2120 zugewachsen sein. Bewahrheiten wird sich diese Vorhersage nicht, Breite 1.500, sein Umfang Im Spätwinter entstehen Eisstöße denn mit der Anhebung des Seespiegels 1965 hat sich die seeseitige Ausbreitung des Schilfs verlang- aber 100.000 Schritte. “ in Nord-Süd-Richtung, die stetig Noch im 17. Jahrhundert wird der samt. zur Bildung von Seedämmen bei- Neusiedler See in einer NW-SO- Ausrichtung dargestellt Aventius, Annales Boiorum, 1501 tragen Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Der Mensch und der See MIT TIEFGANG: MINERALWASSER UNTERM SEE SÜSSWASSER UNTERM SALZIGEN WASSER • Der Mönchhofer Fischerhüttenbruch Breite Nutzung nur in Ungarn Viel wurde besonders in letzter Zeit über das wenige Wasser von Mönchhof über Illmitz nach Ungarn, Im Gegensatz zur eher stiefmütterlichen Behandlung der DIE BARTHOLOMÄUSQUELLE IN ILLMITZ im See diskutiert, wenig ist dagegen vom vielen Wasser unter mit 100 m Sprunghöhe. Wasserquellen auf österreichischer Seite des Sees nutzt man in dem See die Rede. Ungarn die vorkommenden Mineralwässer sogar industriell. Die Lager der beiden Bruchlinien in der Nationalpark- Grund genug, um einen artesischen Brunnen mitten im 1955 stieß man zufällig beim Bau des Mörbischer Seehotels Heilwässer in zwei Tiefen Das bekannteste handelsübliche Mineralwasser vom Ufer des region wurden bisher nur an wenigen Stellen angezapft. Dorf bohren zu lassen. Fündig wurde man bei der Bohrung auf eine Süßwasserquelle. Seither konnten eine Reihe weiterer Eigentlich sind es zwei getrennte Stockwerke, in denen im Neusiedler Sees ist seit den 30er Jahren das Balfi Asvanyviz Allein in Illmitz gibt es vier interesante Mineralquellen. schließlich in den Sedimenten des Mittelpannon auf einer Mineralwässer unter dem Seebecken nachgewiesen Raum Neusiedler See Mineralwässer vorkommen. Das obere aus Balf (Wolfs) in der Nähe von Sopron (Ödenburg). Das Wasser der stark schwefelhältigen Sulfina Quelle im Tiefe von 178,5 bis 188,5m. Die Quelle, ein „Natrium- werden. Die Größe dieses Vorkommens ist nicht nur für reicht in eine Tiefe von etwa 150 m und liefert hochkonzen- Gebiet der „Hölle“ wurde bis in die 1960er Jahre sogar als Hydrogenkarbonat-Trinksäuerling“ befindet sich im Österreich beeindruckend: mit einem Ausmaß von 250 km2 ist trierte Natrium- und Magnesiumsulfatwässer, deren Salz- Traditionell stark genutzt werden in Ungarn die Heil- und Versandheilwasser abgefüllt. System des Mönchhofer Fischerhüttenbruchs. es die größte Mineralwasserlagerstätte in Europa! gehalt mehr als 37 g/l erreichen kann. Die Heilwirkung dieser Thermalwässer in Bädern: allein im Umfeld des Neusiedler Wässer ist bei Leber- und Gallenleiden, aber auch bei Durch- Sees gibt es 6 erbohrte und genutzte Heilquellen: Im Ortszentrum von Illmitz liegt die wohl bekannteste Seit 1931 steht das Mineralwasser der Öffentlichkeit Das Erbe der Erdbeben fallerkrankungen nachgewiesen. • Balf-Sopron (Hallenbad) Quelle: die Bartholomäus - Quelle. unentgeltlich zur Verfügung und wird von den Illmitzern Entscheidend für das reiche Mineralwasservorkommen um und Balf war schon zur Römerzeit ein populärer Badeort. Als das Wasser noch nicht aus der Leitung kam, gab es intensv genutzt. Zwischen 800 und 1.500 Liter Wasser unterm See ist die lebhafte Bruchtektonik, deren Aktivität Im selben Stockwerk liegt auch der zweite Grundwasser- Kommerziell genutzt wird Mineral- Nach seiner Erklärung zum Heilbad 1900 gehörte es zu früher in jedem Haus einen Hausbrunnen zur Wasser- sollen pro Tag gezapft werden. wasser derzeit nur in Balf (Wolfs), von der Badenien-Zeit vor 15 Mio. Jahren bis in die letzte horizont (30 bis 100 m Tiefe) der häufig gespannte Wässer Thermalbäder gibt es am Südufer des den beliebtesten Badeanstalten der Monarchie. versorgung. Die Wasserqualität der Brunnen litt jedoch Eiszeit vor 290.000 Jahren reichte. mit Verweilzeiten von 100 bis 30.000 Jahren enthält. Sees hingegen mehrere • Csorna (Freibad) unter der Beeinträchtigung durch die Viehzucht. Die Heilwirkung der Bartholomäus-Quelle ist seit einem Entlang dieser Linien steigen nämlich die Mineralquellen auf. • Hegykö (Freibad, 58°C, 1.434 m) Infolge der unhygienischen Trinkwasserverhältnisse kam es Beschluß der Burgenländischen Landesregierung 1996 Im unteren Stockwerk (bis 800 bzw. 1.200 m tief) wurden • Kapuvár (Frei- und Hallenbad) daher im Sommer immer wieder zu massenhaften Magen- sogar amtlich. Vor allem bei Magen-Darm-Krankheiten Gleich vier Brüche beherrschen den Raum um den See. fluorreiche Kochsalzwässer angetroffen, die zur Regulation • Mosonmagyaróvár (Frei- und Hallenbad, 74°C, 2.000m) und Darmerkrankungen der Bevölkerung. kommt das Heilwasser zum Einsatz. • Der Mörbischer Bruch zwischen Mörbisch und Rust, der Magensäure geeignet wären. Ihre Entstehung ist auf ehe- • Petöháza (Freibad) mit 800 m Sprunghöhe, die die vertikale Verschiebung malige – jungtertiäre – Meereswässer zurückzuführen. an der Bruchfläche anzeigt. • Der Oggauer Randbruch Die wasserführenden Schichten stehen unter artesischem • Der Neusiedler Bruch von Neudorf über Neusiedl bis Druck und steigen an Klüften auf, wo sie sich mit Grund- in den See, hier beträgt die Sprunghöhe 200 m. wasser mischen. „ Am 15.3.1930 war das abfließende Wasser zunächst völlig klar, enthielt aber manchmal noch feinen Sand. Im Trinkglas aufge- fangen, bildeten sich viele Kohlensäurebläschen und es macht so den Eindruck eines schwachen Sodawassers. Der Geschmack des Wassers war prickelnd, nebenbei aber deutlich nach Eisen.“ Entlang der geologischen Bruchlinien Seit 1931 wird das „Arteserwasser“ in gibt es in Ostösterreich bzw. Westungarn Erste amtliche Untersuchung der Illmitz genutzt, 2004 beauftragte die eine Vielzahl an erbohrten Mineralwasser- Bartholomäusquelle Gemeinde eine Neubohrung dieser und Thermalwasserlager staatlich anerkannten Heilquelle (Tiefe 188 m) Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Der Mensch und der See UNBERECHENBAR. LAUNISCH. GEFÄHRLICH. AUS FRÜHEN QUELLEN Berichte von der jüngsten Trockenperiode Torfbrände Die abwechslungsreiche Entwicklung des Neusiedler Sees in Als der Wasserstand im See Ende des 19. Jahrhunderts immer Nicht nur das Wasser des Sees konnte fürchterliche Schäden historischer Zeit läßt sich aufgrund zahlreicher Angaben in mehr zurückging und der See schließlich ganz austrocknete, anrichten: Auch Brände wirkten sich in der Gegend um den Urkunden und Reisebeschreibungen recht gut dokumentieren: Winter 1270 kam 1868 der Plan einer landwirtschaftlichen Nutzung zur Ausführung. „Bei Winden wuchs der schönste Weizen und „ Der Bodenschlamm See vernichtend aus. Der Hansag ist als Niedermoor mit einer Mächtigkeit von 20 cm bis 2 m leicht entzündbar und 40 Reiter und 300 Knappen des Böhmerkönigs Ottokars bis Wolfs hatten Frucht und Rüben reichen Ertrag. Zugleich trocknete und beim leisesten geriet nach seiner Trockenlegung durch Selbstentzündung wollen den zugefrorenen See überqueren, doch das tückische entwickelte sich ein reger Verkehr zwischen den Ortschaften in Brand. Der verheerende Moorbrand brach 1945 auf ungari- Eis hält der Belastung nicht stand, zerbirst, und alle Soldaten diesseits und jenseits des Seebeckens.“ Wind lagerte der feine Zick- scher Seite aus und griff 1947 auf den burgenländischen Teil ertrinken in den eisigen Fluten… staub wie Rauchwolken über des Waasen über. 1501 Es wurde aber auch wahrgenommen „daß sich mit den Ver- Erst im November 1947 konnte der Brand gelöscht werden. In seinen „Annales Boiorum“ gibt Aventius folgende Ausmaße Überraschend schnell aufziehen- schwinden der Wasserfläche Flugsandstürme und Hagel- dem Becken. Von ihm wurden Nicht nur Wiesenboden wurde auf weiter Strecke durch das für den See an: „ Die Lange des Sees beträgt 45.000 Schritte, wetter vermehrten.“ Dies ließ die Erträge besonders in den Feuer verwüstet, auch Zuckerrübenfelder verloren auf Jahre Weingärten und Äcker über- de Stürme werden immer wieder die Breite 1.500, sein Umfang aber 100.000 Schritte.“ Wassersportlern zum Verhängnis Weinbaugebieten schrumpfen. Die Bewohner des Seewinkels ihren Ertrag. Durch die vom Wind vertragene Asche wurden 1554 Anpassung an Wasserstandsschwankungen klagten außerdem über Augenentzündungen und Atem- lagert und die Uferbewohner die Entwässerungsgräben verstopft und dadurch einer neuerli- Ein Steigen des Wassers bei Podersdorf wird vermerkt. Der See war nicht nur direkte Bedrohung, er zwang auch beschwerden, die der feine Zickstaub – durch den Wind vom chen Versumpfung Vorschub geleistet. 1568 zu dynamischer Wirtschaftsweise wie ein Beispiel aus der trockenen Seebecken aufgewirbelt – verursachte. Auch die Oggauer Bauern litten an Augenentzündung. “ Eine Kommission berichtet, dass der See um einige hundert reagierten rasch auf die Gemeinde Wallern zeigt, die heute ca. 20 km Luftlinie vom Winde Landestopografie neuen Verhältnisse, wie Klafter zurückgegangen ist und der Fischbestand sich dement- See entfernt liegt: Bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Doch die Trockenheit dauerte nicht lange, der See füllte sich die Gemeindeweide auf Durch starken Wind tritt öfters eine Schrägstellung des Wasser- Seegrund zeigt sprechend verringert hat. fand im Hansag in Abhängigkeit von den schwankenden 1871 wieder mit Wasser und machte die Hoffnungen auf eine spiegels auf. 1888 wurde zwischen Holling am Südufer und 1677 Wasserständen einen recht vielfältige Nutzung statt. blühende Landwirtschaft am Seegrund zunichte. Die Gebäude Neusiedl am Nordufer ein Wasserspiegelunterschied von 81 Am Ruster Stadtturm wird die Breite des See mit 3.860 „In trockener Zeit weidet Vieh oder stehen Heukegel der mittlerweile in Neu-Mexico entstandenen fürstlichen cm gemessen. Im Oktober 1926 wurde während eines fünf Klaftern vermerkt. an Stellen, wo einige Wochen später der Fischer seine Kolonie stürzten in die Fluten, um „vielleicht Stoff für der- Auf einer Länge von 27 km, mit 4,8 m Tiefe und an der Verschollen im See Tage anhaltenden Sturmes eine Fläche von 80 km2 freigelegt, 1683 Netze auswirft.“ einstige Sagen von einer untergegangenen Stadt zu bieten.“ Sohle 15 m breit führt der Kanal von Pamhagen bis zur Durch seine Grenzlage hatte der Raum um den See mehr sodaß eine große Menge von Fischen zugrunde ging. Die Tartaren können durch das trockene Seebett bis Halbthurn Rabnitz. als andere Landesteile unter Kriegshandlungen zu leiden, vordringen und metzeln die Bevölkerung der ganzen Heide- Bis zu dieser Zeit war der Haupterwerbszweig der dortigen Des Widerspenstigen Zähmung – Mit dem Bau des Einser Kanals konnte eine Senkung des denen gleich mehrere Siedlungen zum Opfer fielen. Doch Schilfbrände gegend nieder… Bevölkerung die Fischerei, denn die Überschwemmungs- der Einser Kanal Wasserspiegels um 50 cm erreicht werden, aber der Versuch auch der unberechenbare Neusiedler See selbst trug zum Die gute Brennbarkeit von trockenem Schilf zeigt sich auf ein- 1797 gebiete des Sees reichten im Hansag bis vor die Gemeinde- Vor dem Bau des Einser Kanals war der See durch extreme den ganzen See zu entwässern schlug fehl. Verschwinden von einigen Ortschaften bei. drucksvolle, aber auch bedrohliche Weise bei Schilfbränden. Ing. Hegedüs berichtet, es seien am See tausend Joch Landes grenze. Von den Haustüren der letzten Häuser fuhr man Wasserstandsschwankungen Der letzte spektakuläre Brand ereignete sich im Sommer überschwemmt. in Zillen zum ertragreichen Fischfang. Die Fische wurden und sich stark ändernde Aus- Hannifthal bzw. Kendervölgye lag zwischen Neusiedl und 2002 bei Rust, als Teile des Schilfgürtels samt Badehütten in 1869 auf den Markt nach Preßburg und Wien gebracht. Auf den dehnung gekennzeichnet. Es Jois und wurde 1230 überflutet Flammen aufgingen. Auf dem Seegrunde des oberen Theiles ist ein regelmäßi- unter Wasser stehenden Flächen wurde außerdem noch Rohr wechselten Zeiten, in denen Krottenthal bzw. Sarvölgye wurde 1230 überflutet. Es ger Landverkehr im Gange und 1870 beginnt man auf den geerntet, die höher gelegenen Flächen wurden zum Heu der See völlig ausgetrocknet gibt jedoch keine zeitgenössischen Berichte darüber. Strecken des früheren Röhrichts Weizen zu säen. machen genutzt. war mit Hochwasserperioden, St. Jakob bzw. Jakabfalva lag in der Südostecke des Sees als ganze Ortschaften über- und galt 1425 als öd. schwemmt wurden. Schwarzlacken oder Feketeto, nordwestlich von Wallern, wurde ebenfalls durch den See verwüstet. Schon in frühester Zeit trach- See (Ferthew), wahrscheinlich südwestlich von Neusiedl tete man danach, dem See gelegen, wurde 1230 überschwemmt. Land abzuringen und die Tard bzw. Tord lag westlich von Apetlon und ist durch sumpfige Wildnis zu kulti- Überschwemmung „abgekommen“, wird nach 1400 nicht vieren. Doch scheiterten die mehr erwähnt. Versuche, den gesamten See trocken zu legen, meist an der Unfinanzierbarkeit dieser Projekte. Erst mit der Gründung 1956 wurde der Gewässervertrag zwischen Österreich und „Sichere Nachrichten bestätigen, daß 18 Dörfer von dem der Raab-Regulierungsgesellschaft 1873 wurde der Bau Ungarn abgeschlossen, die Grenzgewässerkommission See verschlungen worden, deren Zehendregister sich noch des Einser Kanals endgültig beschlossen und von 1893 regelt seither die Bedienung der Schleuse. Mit der Regelung im fürstlichen Esterhazy`schen Archive befinden.“ Besonders bei böigem Südwind 1996 gibt es großflächige Überschwemmungen im … 2002 liegen weite Teile des Hanság beim Einser Kanal … Schilfgürtels bei Illmitz trocken. – 1909 realisiert. von 1965 wurde der Wasserspiegel um 40 cm angehoben. (Das Ödenburger Komitat, 1840) sind Schilfbrände nicht mehr unter Kontrolle zu bringen Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Der Mensch und der See KONKURRENZLOSES SÜSSGRAS AM SALZIGEN SEE EIN GEFLECHT VON LEBENSRÄUMEN Was für Menschen von außen betrachtet eine endlose grüne Wüste ist, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als dichtes In Schilfburgen halten die eingewanderten Bisamratten Hof. „ Daß der See trotz Belastungen wie dem Nähr- STECKBRIEF DER SCHILFPFLANZE Geflecht unterschiedlich strukturierter Lebensräume: Der kleinste Säuger im Schilf ist die Zwergmaus, die sich mit Wasser und Land stehen im Schilfgürtel in enger Wechsel- Händen und Füßen – und Schwanz – durch den Rohrwald stoffeintrag aus Landwirtschaft Botanischer Name Phragmites australis, Familie der Süßgräser beziehung und bringen durch ihre enge Verzahnung eine hohe hantelt. Für die Aufzucht der Jungen baut sie Kugelnester, die Artenvielfalt mit sich. Die dichte Besiedelung wird durch den zwischen mehreren Halmen verankert sind. und Tourismus bis heute eine Vermehrung Hauptsächlich ungeschlechtlich über Wurzelausläufer stockwerksartigen Aufbau des Rohrwaldes ermöglicht. Vor lästigen Untermietern ist selbst das so widerstandsfähige Transpiration Ein Quadratmeter Schilf verdunstet rund 1000 l Unterschiedlichste Tiere können hier ohne einander zu beein- Schilf nicht ganz gefeit. Die Mehlige Pflaumenblattlaus, mit gute Wasserqualität aufweist, trächtigen leben. Für die Tierwelt ist der Schilfgürtel Speise- Hauptwohnsitz auf diversen Schlehenarten, bezieht auf der Die Bartmeise, ein häufiger Wasser pro Vegetationsperiode kammer, Jagdrevier, Kinderstube und Schlafplatz in Schilfpflanze ihren sommerlichen Zweitwohnsitz. Im Hoch- verdankt er nicht zuletzt dem Wuchsleistung einem. sommer können dann bis zu 60.000 Läuse auf einem Halm Schilf. Brutvogel des Schilfgürtels, nutzt den Neusiedler See auch als Rastplatz Von April bis Juni über 2 m schmarotzen. In den urwaldartigen Altschilfbeständen mit ausgeprägter Auch Zikaden, Schilflaufmilben und Schilfschildläuse haben Der Schilfgürtel fungiert Stoffproduktion Für die Produktion von 1g Pflanzenmasse Knickschicht leben Vogelarten wie die Bartmeise und der das Schilf zum Fressen gern, richten aber keine großen verbraucht Schilf ca.330 g Wasser Mariskensänger, die sich kletternd entlang der Schilfhalme Schäden an. SCHILF IST EIN ECHTER KOSMOPOLIT… Biomasseproduktion bewegen. als Filter, der die Nährstoffe In den Unterwasseretagen besiedeln Kleinstorganismen wie … und kommt außer in der Antarktis überall auf der Welt vor. Die konkurrenzstarke Pflanze besiedelt als Pionier Feucht- 120 t Trockenmasse/Jahr und ha Die vegetationsärmeren Blänken und Kanäle im Schilf wer- Algen, Rädertierchen oder Kleinkrebse Schilfhalmreste und aus den oberflächlichen den von fischfressenden Vögeln wie den Reihern als Jagd- Rhizome. lebensräume und kann in kurzer Zeit Monokulturen ausbilden. In Abhängigkeit von Nährstoffbelastung des Wassers, Klima und Wachstumsbedingungen kann 1 ha Schilfrohr ca. 250 revier genutzt. Auch Haubentaucher und Zwergtaucher findet Räuberische Wanzen und Wasserkäfer wie der Gelbrandkäfer Zuflüssen zurückhält und trägt man hier. patroullieren in den seichten Randzonen der Blänken und In 6 Wochen auf 2 Meter Der Grund für den Erfolg dieser Pflanze liegt zum Teil in ihrer - 800 kg Stickstoff, 4 - 80 kg Phosphor, 75 - 130 kg Kalium und 42 kg Kalzium pro Jahr in Biomasse einbauen. erbeuten dort andere Wasserinsekten. damit wesentlich zur Rein- beachtlichen Wuchsleistung: Schilf wird in nur 6 Wochen von April bis Juni über 2 m hoch. Die dabei entfaltete Blattfläche In den Mähflächen und Jungschilfbeständen, wo kräftige, gleichmäßig hohe haltung des Sees bei. “ ist 6x so groß wie die von der Pflanze eingenommene Boden- Halme wachsen, siedeln sich Über die im nassen Boden oder Wasserfläche, dadurch wird das Schilfröhricht schwer Drosselrohrsänger und Rohr- liegenden Rhizome breitet Der reich strukturierte Schilfgürtel sich die Schilfpflanze durchdringbar. Anderen Pflanzen gelingt es nur schlecht sich ammer an. erfolgreich aus bietet zwischen offenem See und Land Lebensräume für eine Reihe von in ihrem Schatten zu etablieren. Schilfsingvögeln Aber nicht nur fliegenden Einige Pflanzen tropischer und subtropischer Herkunft wie Zeitgenossen bietet Schilf Mais, Zuckerrohr, Hirse oder Amaranthusarten besitzen die einen wichtigen Lebensraum. Möglichkeit, selbst geringste CO2-Konzentrationen zu nutzen. Auch „haarige Typen“ fin- Schilf gehört zu diesen so genannten C 4 Pflanzen und kann den Zuflucht im Rohrwald. das Sonnenlicht 3x besser nutzen als andere Pflanzen, höhere Füchse und Hirsche wech- CO2 Aufnahme bzw. Sauerstoffabgabe sind die Folge. seln im Frühjahr vom Leithagebirge ins Schilf, Ein anderer wichtiger Bestandteil der Schilfpflanze, der zum Wildschweine fühlen sich hier sauwohl und Rehe bringen im raschen Wachstum beiträgt, ist das Rhizom: Ein dichtes, unter- Schutz des Röhrichts ihre Jungen zur Welt. irdisches Wurzelgeflecht, das aus mehrere Zentimeter dicken Nicht nur Vogelarten und Die räuberischen Steppeniltisse und Mauswiesel halten in den schlauchartigen Hohlräumen besteht. Es bildet bis in einen Amphibien, sondern auch Säugetiere wie Rehe, Rothirsche Randzonen des Schilfgürtels nach Beute Ausschau. halben Meter Tiefe ein dicht verfilztes Wurzelsystem, wo ab und Wildschweine nutzen den Schilfgürtel als dem Sommer Nährstoffe und Photosyntheseprodukte (Stärke) ungestörten Lebensraum gespeichert werden. Im Frühjahr steht dann den jungen Sprossen dieser Nährstoffcocktail zur Verfügung. Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Der Mensch und der See DER SCHILFGÜRTEL – ROHSTOFFLAGER FÜR DIE ZUKUNFT JUNG AM NEUSIEDLER SEE Mit einer Ausdehnung von 180km2 besitzt der Neusiedler See Andere Formen der Nutzung sind jetzt WAS LÄSST SICH AUS SCHILF HERSTELLEN ? SCHILFMANAGEMENT oder: die größte geschlossene Schilffläche in Mitteleuropa. Die Ent- gefragt. Schilf könnte in Zukunft einen industriellen Seine herausragenden mechanischen und physiologischen Vom Kampf gegen die Verschilfung Man verwendet Schilfprodukte bei der stehung des Schilfgürtels in diesen Dimensionen ist allerdings Aufschwung erleben. Ein riesiges Potenzial an Altschilf, das Eigenschaften machen Schilf zu einem Herstellung von … erst eine Entwicklung des 20. Jahrhunderts. bisher noch keiner wirtschaftlichen Verwertung zugeführt vielfältig einsetzbaren Rohstoff. Durch die Umstellung der extensiven Weidewirtschaft auf intensive Acker- … Fußböden, Trittschalldämmung Ende des 19. Jahrhunderts bestanden größere zusammen- wurde, wartet darauf genutzt zu werden. und Weinwirtschaft wurden in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts vermehrt … Baupreßplatten, Dämmplatten hängende Schilfflächen nur im Süd- und Westteil des Sees, das In der Baubranche schätzt man seine… Nährstoffe aus Düngemitteln in den See eingebracht. … Dachdeckung Ostufer zwischen Podersdorf und Sandeck war dagegen weit- … hohe Festigkeit Das Schilf profitierte vom erhöhten Nährstoffangebot und breitete sich seeseitig … Furnierplatten gehend schilffrei. … schall- und wärmedämmende Wirkung stärker aus. Mit der Anhebung des Wasserspiegels um ca. 40 cm im Jahre 1965 durch Lufteinschlüsse im Halm … Fertigteilwände Zur Wende vom 19. auf das 20. Jahrhundert bestand der Schilf- verlangsamte sich das seeseitige Wachstum. Das Schilf drang nun in Richtung gürtel noch aus einem schmalen Ufersaum. … wasserabweisende Eigenschaften der landseitigen Wiesen vor. durch Kieselsäureeinlagerung Sonstige (mögliche) Einsatzbereiche Rasant breitete sich die Schilffläche erst seit etwa 1935 aus. … hohe Beständigkeit gegen Feuchtigkeit und Fäulnis Sichtschutzmatten, Dünger, Mulchsubstrat, Pellets, Verantwortlich für das enorme Wachstum waren der Eintrag Um die Uferwiesen als wertvollen Lebensraum schilffrei zu erhalten bzw. … Brandsicherheit in Verbindung mit Zement Biogas; Schilfkläranlagen. von Nährstoffen aus Landwirtschaft und Tourismus, aber auch zurückzugewinnen, setzt man im Nationalpark auf gezielte Pflegemaßnahmen das Ende der extensiven Landwirtschaft im Seevorgelände – wie die Beweidung des Seevorgeländes durch Herden von Graurindern, ohne Heumahd und Weidenutzung konnte sich der Schilfgürtel Aberdeen Angus, Przewalski- und Warmblut-Pferden sowie mit Weißen Eseln. Mit großem Aufwand müssen Kanäle landseitig ausdehnen. im Altschilf offen gehalten werden, Durch Fraß und Tritt werden die empfindlichen Rhizome der Pflanze am um den Wasseraustausch mit dem offenen See zu sichern Wachstum gehindert und so das landseitige Vordringen des Schilfs unterbunden. Auf Nationalparkflächen wird auch Schilfschnitt durchgeführt, bei dem die privaten Nutzer keine Flächenpacht, dafür aber eine Abgabe pro geerntetem Meterbund Schilf zahlen. Und schließlich trägt in kleinem Ausmaß das punktuelle Abbrennen zur Schilfkontrolle bei. 1872 1901 1957 1967 Das Wachsen des Schilfgürtels wurde begünstigt durch Energie aus Altschilf? Nährstoffeintrag infolge der Intensivierung in der Land- Eine Möglichkeit wäre die thermische Verwertung in dezentra- Eine Möglichkeit der effizienten Altschilfernte bestünde im Einsatz von Luftkissenfahrzeugen wirtschaft, aber auch durch eine Reihe von Niedrigwasser- ständen zu Beginn des 20. Jahrhunderts len Fernwärmenetzen oder kleinen Feuerungsanlagen, wie sie – wie bereits 2002 anhand eines Modellversuchs gezeigt wurde etwa in Dänemark schon vielerorts in Betrieb sind. Selbst vorsichtige Schätzungen ergeben eine jährliche Ernte- menge, die bei dieser Art der Nutzung mehr Wärme erzeugen Als Vorteil kann die Tatsache angesehen werden, daß Zum Dämmen und Verputzen Im Erfolgsfall gäbe es gleich mehrere Gewinner bei der Nutzung würde als alle heute existierenden Wärmenetze des Burgen- solche Anlagen sehr flexibel einsetzbar sind, also auch andere Aufgrund herausragender mechanischer und physiologischer von Schilf: Zum einen die Natur, weil die Entnahme großer Alt- lands zusammen. Grundstoffe für die Verbrennung angewandt werden können Eigenschaften ist Schilf ein interessanter Baustoff. schilfmengen den Nährstoffeintrag in den See spürbar verringern Erste erfolgreiche Versuche in diese Richtung gab es bereits, (z.B. Heckenschnitt, Stroh) und als Restprodukt Schilfasche Als Stukkaturrohr (Putzträger) findet es schon längere Zeit würde. Dazu kommt ein verbesserter Nährstoffaustausch inner- obwohl einige Schilfexperten es für Rohstoffvergeudung hal- zurückbleibt, die sich als Düngemittel einsetzen läßt. Verwendung in der Bauindustrie. Mit dem Trend zum ver- halb des Schilfgürtels. Die kostspielige Durchlüftung des Schilf- Für Haus und Stall ten, Schilf „nur“ zu verheizen. mehrten Einsatz von Fertigteilen in der Baubranche könnten mit gürtels könnte dadurch eingespart werden. Die Nutzung von getrocknetem Jungschilf als Baustoff und Schilf zu Wellpappe Schilfhäcksel gefüllte Bauelemente einen Aufschwung erleben. In den abgeernteten Altschilfbeständen wächst auch das gefragte von grünem Schilf als Futter und Einstreu war Jahrhunderte Problematisch sind der relativ niedrige Wirkungsgrad und die Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Verwendung von Die guten Wärmedämmungseigenschaften machen sich Her- Jungschilf besser nach, ein Vorteil für die Schilfschneider also. lang Tradition. Doch die Nachfrage nach Schilf für die tra- anfallenden Abgase, welche eine Nachverbrennung erfordern. Schilf kommt aus Osteuropa: in Rumänien und der ehemaligen steller von Schilfdämmplatten zunutze, die es auch in der Und schließlich profitiert die Umwelt, wenn ohne lange Trans- ditionellen Formen der Nutzung – für Schilfdächer etwa – ist Dem gegenüber steht die „CO2-Neutralität“ dieser Art von Sowjetunion wird Schilf seit Jahrzehnten als Grundstoff Region gibt. portwege umweltbelastende Stoffe regional durch Schilfprodukte regional zur Zeit gering. Die Kosten sind aufgrund der arbeits- Energieerzeugung. Bei der Verbrennung wird soviel CO2 frei- für die Zelluloseproduktion verwendet. Zu Mehl gemahlen, ersetzt werden könnten. Nicht zuletzt sei auch auf die zusätzlich intensiven Ernte sehr hoch und zusätzlich fallen hohe Prämien gesetzt, wie von den Pflanzen während ihres Wachstums auf- wird Schilf bei der Herstellung von Pappe, Wellkarton und entstehenden Arbeitsplätze durch die Schilfverarbeitung für die Feuerversicherung an. genommen wurde. Papierzellulosefaser verarbeitet. hingewiesen. Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Der Mensch und der See SCHILF: SCHNEIDEN, PUTZEN, BÜNDELN DER TRADITIONELLE SCHILFSCHNITT Die Bauern ersteigerten von den Grundherren etwa Reißen und Stoßen „ Von dem Rohrwerk Bündel mit einem BRANDKATASTROPHEN Im Burgenland findet man heute nur mehr wenige schilf- 20 m breite Streifen und mähten das Rohr auf den strei- Rund um den Neusiedler See war das Schilfschneiden eine Meter Umfang waren gedeckte Häuser, andere traditionelle Nutzungen des fenförmigen Losen – Lusten genannt – von den trocke- typische Winterarbeit Einheimscher. die Einheitsgröße für den Großteil des In vielen Seegemeinden, speziell aber in Illmitz kam es oft Rohstoffs Schilf sind ganz verschwunden. Das war nicht nen Uferwiesen bis 300 m weit in den Schilfgürtel hinein. Exports immer so, denn Schilf gehörte Jahrhunderte lang zu den Gebraucht wurde das grüne Schilf vor allem als Notfutter War der Winter kalt und der See mit einer tragfähigen ziehen die angränzenden zu Brandkatastrophen, die sich umso verheerender aus- wirkten, als die Häuser noch mit Schilf gedeckt waren. wichtigsten Baumaterialien in der Region – und war noch und als Einstreu für die Viehställe. Eisschicht bedeckt, konnten die Bauern das Rohr mit dazu in ausreichendem Maße vorhanden. Ganze Ortsbilder einem Rohrreißer bzw. Stoßschlitten direkt Ortschaften jährlich einen Geriet einmal ein Schilfdach in Brand, fachte der Wind das prägte der Rohstoff Schilf in den Dörfern um den See. auf der Eisdecke abschneiden. Zu Garben gebün- delt wurde es dann mit Pferdeschlitten zum tro- beträchtlichen Nutzen. Feuer noch zusätzlich an und ließ es auf die benachbarten Gebäude übergreifen. 1861 wurden so 20 Häuser samt Grün und Winter ckenen Lagerplatz abtransportiert. Beim traditionellen Schilfschnitt unterscheidet man grund- Es dienet zur Deckung der Scheunen ein Raub der Flammen. Am 18.3.1862 brach in der Söldnergasse ein Brand aus, der zunächst 18 Häuser sätzlich zwischen dem Futterrohrschnitt im Juni/Juli War der Winter mild und der See offen, dann und dem gewerblichen Winterschnitt. Durch den Schnitt übten sie nachhaltigen Druck auf das wurde die ohnehin mühsame Arbeit noch Kreuzstadel mit Häuser und zur Feuerung. einäscherte. Von hier aus griff das Feuer auf ganze Orts- teile über. 118 Häuser, fast die Hälft des gesamtem Bau- Wachstum der landseitigen Schilfbestände aus. Mit der schwieriger. Die Bauern mußten mit dem Reißer das Schilfdeckung gibt Der sommerliche Grünschnitt für die Gewinnung von Bei- Einstellung der Viehwirtschaft kam auch das Ende des Rohr von der Zille aus reißen und per Boot zur weiteren es heute nur mehr in Ungarn Der Überschuß wird mit bestandes, brannten nieder. futter mit anschließender Nachbeweidung war noch bis in Futterrohrschnitts. Fazit: in den 50er Jahren vergrößerte Verarbeitung an Land bringen. die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts von wirtschaftlicher sich der Schilfbestand um etwa 13 km2 zur Landseite hin. vielem Vortheil verhan- Noch 1955 wurden in der Breitegasse und Triftgasse 26 “ Häuser vernichtet. Danach kam es nur noch selten zu gro- Bedeutung. Zum Trocknen werden die Garben heute wie damals in Form von Kegeln, zu den so genannten Schilfmandln delt. KORABINSKY, 1786 ßen Bränden, da das Schilf als Dachdeckungsmaterial von Ziegeln abgelöst wurde. aufgestellt, die das unverwechselbare Landschaftsbild des Seewinkels prägen. NUR EIN ZEHNTEL WIRD BEERNTET Mit einer Gabel erfolgt die Sortierung der Schilfhalme Ihren Höhepunkt erreichte die Schilfernte in den 50er und der Länge nach händisch. Je nach Verwendungszweck 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. und Länge bündelt man die Halme zu einem Meterbund Heute wird aber trotz fortschreitender Technisierung – Umfang 1 m – oder zu 18 cm starken Bündeln. weniger Schilf geschnitten als noch vor 40 Jahren. Nur ca. 10 – 15% der gesamten Schilffläche werden wirtschaftlich genutzt. Altes Schilf: bisher ohne Wert Was für zahlreiche Brutvögel im Schilfgürtel einen wert- In den 70er Jahren kamen Raupenfahrzeuge, die so vollen Lebensraum darstellt, ist für den Schilfschneider genannten „Seekühe“ zum Einsatz, die mit ihren großen, uninteressant. Altes Schilf ist aufgrund seiner reichen luftgefüllten Reifen auf Eis und in bis zu 40 cm tiefem Struktur nur schlecht verwertbar, zudem verlieren die Wasser einsetzbar waren. Heute wird überwiegend mit Halme unter Einfluß von Wind, Wetter und der Zer- „ Die südliche Spitze speziellen Kettenraupen-Mähern gearbeitet, weil sie mit setzungsarbeit von Pilzen immer mehr an Qualität. des Sees endigt sich in weniger Schlupf auf nassem Untergrund fahren und zudem einem Rohrwerk, und die Rhizome des Schilfs nicht zerstören. Gefragt ist einjähriges Schilf, dessen gleichmäßig hohe endlich in einem Bei schlechter Vereisung und auf kleineren Ernteflächen Halme im Baugewerbe verwertet werden. Im Frühjahr schwimmenden Rasen, Ganze Häuserzeilen mit Schilfdächern brann- wurde daher das alte Schilf in Brand gesetzt, um Platz ten in den Seewinkeldörfern bei schneidet man noch immer mit handgeführten Balken- auf welchem viele Als der Schilfschnitt noch mit dem Stoßeisen starkem Wind ab, wie dieses Bild von der mähern. oder mit kleinen Mähbalken erfolgte, wurden Am Dach, im Ofen, am Haus für die jungen Halme zu machen. Bis nach dem Zweiten hundert Fuhren Heu Brandkatastrophe in Illmitz aus 1955 zeigt größere Flächen beerntet als heute mit dem Verwendet wurde das Schilf in der Region als Dach- Weltkrieg geschah dies überwiegend zur Brutzeit der gemacht werden. Einsatz von Raupenfahrzeugen Export deckungsmaterial, aber auch als Unterzündmaterial beim Vögel im Frühjahr – was natürlich einen wesentlichen Ist der Winter scharf und streng, so pfle- und Hornvieh hingetrieben, welche Der Großteil des geernteten Schilfs wird nach Holland, Heizen. Weiterverarbeitet zu Stukkaturrohr (Schilf ist sehr Gefährdungsfaktor für die Vogelwelt darstellte. Heute gen die Besitzer dieser Wiesen ihr Rohr- hier überwintern und den Vorrath des Norddeutschland und Dänemark exportiert. Dort ist Schilf widerstandfähig aufgrund seiner Kieselsäureeinlagerung) darf Schilf nur mit einer behördlichen Genehmigung im werk und Heu bei frostiger Witterung Heues verzehren, weil man mit keinem vom Neusiedler See aufgrund seiner hervorragenden ergab Schilf einen begehrten Baustoff, wie man ihn heute Zeitraum von Anfang November bis Anfang März abge- nach Hause zu führen. Ist der Winter Lastwagen im Stande ist diesen Rasen zu Qualität als traditionelles Dachdeckungsmaterial gefragt noch in wenigen Ländern Europas schätzt und verwendet. brannt werden. aber gelinde, so werden nur Schaafe befahren.“ KORABINSKY, 1786 und erzielt stabile Preise. Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Der Mensch und der See VOM AAL ZUM ZANDER – WER WO IM WASSER WOHNT Und nicht zuletzt brachten die Besatzmaßnahmen der Berufsfischer eine Veränderung der „ Zu den Verlusten an Lebensräumen tragen sicher die zuneh- LAICHEN IM SCHILF ursprünglichen Artengarnitur mit sich. Ab mende Verschilfung des Sees und die geringen Wasserstände bei. Viele Fischarten laichen in überschwemmten Wiesen oder im 1950 wurden Zuchtformen des Karpfens Wasserpflanzengürtel,, der dem Schilfgürtel seeseitig vorge- Wasserpflanzengürtel in größeren Mengen eingesetzt. 1958 Unter den Besatzmaßnahmen ist vor allem das Einbringen von lagert ist, ab. erfolgte erstmals der Besatz mit Aalen. Aal und Graskarpfen sowie das Einschleppen von Sonnenbarsch, Ihre Brut wandert erst allmählich in Richtung See. “ Das Einbringen nicht heimischer Arten erwies sich vor allem für einige Klein- Blaubandbärbling und Gibel zu erwähnen. Univ.Prof.Dr. Alois HERZIG Am Beispiel des Wildkarpfens wird die Besiedelung unter- fischarten des Schilfgürtels als fatal: schiedlicher Lebensräume im Laufe eines Fischlebens deutlich. Hundsfisch, Schmerle, Schlammpeitzger Mitte April laichen die Wildkarpfen in den vegetationsreichen und Marmorierte Grundel sind als Folge Verlandungszonen ab. Die geringe Wassertiefe ermöglicht eine von Räuberdruck und Konkurrenz der EIN SEE, VIELE FISCH-LEBENSRÄUME schnelle Frühjahrserwärmung. Gleichzeitig mit dem Tempera- Für viele Fischarten überlebensnotwendig eingesetzten Arten, aber auch durch eine Etwa 20 Fischarten können heute im Neusiedler See als turanstieg explodiert auch das Futterangebot in Form von sind die Frühjahrshochwässer, die den land- seitigen Schilfgürtel und die Feuchtwiesen direkte Verschlechterung des Lebensraumes (Eutrophierung „NUR EIN TOTER AAL IST EIN GUTER AAL“ heimisch bezeichnet werden. Die Artenzusammensetzung der Wasserflöhen. Nach einigen Wochen müssen die Jungkarpfen überfluten und Verlust an Habitätsdiversität) verschwunden. Fischfauna ist durch eine Dominanz von Cypriniden (Karpfen- den Schilfgürtel in Richtung See verlassen, um nicht in den Der Aal (Anguilla anguilla) war vor Beginn des regelmäßigen fischen) charakterisiert. langsam austrocknenden Schilflacken zu verenden. Der in den 70er Jahren eingesetzte Graskarpfen dezimierte Besatzes ein seltener Irrgast im Neusiedler See. Die einzelnen EIN GEFÄHRLICHES GEWÄSSER FÜR FISCHE die Bestände untergetauchter Schwimmpflanzen. Als Resultat Individuen gelangten vermutlich über den Einserkanal in den Die größte Artenzahl und Individuendichte weisen die see- Im späten Frühjahr und Frühsommer halten sich im Schilf Der Fischbestand des Neusiedler Sees war durch die ständi- verschwanden Laichplätze und Schutz für Fische sowie die See. seitigen Schilfränder auf. Der Laichkrautgürtel und beson- auch Rotfedern, Rotaugen, Flussbarsche und Güster auf, die gen Fluktuationen des Wasserstands, des Salzgehalts und des Kinderstube von Jungfischen. Erst seit wenigen Jahren, nach ders die Freiwasserzone sind wesentlich fischärmer. hier ihr erstes Lebensjahr verbringen. Schilfgürtels immer schon Veränderungen ausgesetzt. einem Bestandsrückgang der Graskarpfen, der sich nicht im Der 1958 begonnene Aalbesatz erreichte 1970 einen Höhe- See vermehrt, erholt sich die Vegetation wieder. punkt und blieb bis Ende der 80er Jahre konstant. Durch Den Freiwasserraum des Sees bewohnen der Sichling und Natürliche Katastrophen wie das Austrocknen des Sees 1865 direkten Räuberdruck, als Laichräuber und als Nahrungs- die flexible Laube – beides Arten, die vom erhöhten Plankton- – 1870 und das völlige Durchfrieren des Sees im Winter konkurrent beeinflusst der Aal die ursprüngliche Arten- angebot profitiert haben. Auch der bodengebundene Kaul- 1928/1929 führten zwar zu einer drastischen Reduktion des zusammensetzung im See. Die Fangzahlen von Hecht, barsch lebt im offenen See und stellt für den Zander eine Fischbestands, veränderten aber die Artenzusammensetzung Zander, Schleie und Karausche gingen drastisch zurück. wichtige Nahrungsgrundlage dar. nicht wesentlich. Da sich der Aal im Neusiedler See nicht vermehrt, wurden bis Am Schilfrand liegen die Lebensräume von eher substrat- Der Einfluß des Menschen zu 4 Mio. Stück Glasaale pro Jahr in den See eingebracht. orientierten Arten wie der Brachse, Güster und dem aus Asien Erst durch menschliche Eingriffe in das Ökosystem des Sees Der jährliche Ertrag lag 1989 bei 140t (Ö+U), 1992 bei 45t stammenden Gibel. wurde auch die ursprüngliche Fischfauna nachhaltig verändert. Der Hundsfisch auf österreichischer Seite und ca. 7t in Ungarn. Damit war Die Errichtung des sogenannten Einserkanals zur Wende vom (Umbra krameri), der Aal die bis vor kurzem wirtschaftlich wichtigste Fischart Schilfkanäle sind das Jagdrevier des Hechts, der als optischer im Neusiedler See und den angren- 19. auf das 20. Jhdt. brachte ein künstliche Verbindung zenden Seichtgewässern seit des Neusiedler Sees. Jäger auf klare Sichtverhältnisse angewiesen ist. Seine Ver- zwischen dem See und der Donau über das Raab - Rabnitz - mehrung wurde durch den Verlust der Feuchtwiesen, die ihm Jahrzehnten verschwunden, wurde 2003 im Rahmen eines Forschungs- System. Einige Arten, z.B. der Sichling, konnten dies als eine projekts im Hanság wieder einge- In einem Vertrag mit dem Burgenländischen Fischereiverband bei Frühjahrshochwässern als Laichgrund dienten, stark einge- bürgert Zuwanderungsmöglichkeit nutzten. wurde im Dezember 2003 das Ende des Aals im See besie- schränkt. gelt. Die Kosten für den Umstieg auf andere, autochthone Mit dem Umstieg von der extensiven Weidewirtschaft auf „Brotfisch-Arten“ für die Berufsfischer tragen der National- Dem Zander bereitet das trübe Wasser keine Schwierigkeiten intensiven Acker- und Weinbau kam es durch den Eintrag von park, das Land Burgenland, die Republik Österreich und die bei der Jagd, denn er fischt nachts und benützt dabei eher Düngemitteln zu einer Eutrophierung des Sees. Das kam Europäische Union. seinen Geruchssinn als das Auge. dem Schilf und den wirtschaftlich ungenutzten Weißfischarten entgegen, denn sie profitierten am meisten vom verbesserten Rund 20 autochthone Fischarten leben im Neusiedler See und haben ihre Reviere im Nahrungsangebot. Der von gedankenlosen Aquarianern ein- breiten Streifen zwischen Freiwasser geschleppte Sonnenbarsch vermehrte sich ungehindert und gilt als und Verlandungszone Nahrungskonkurrent heimischer Arten Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Der Mensch und der See VISCHWASSER UND ABGABEN: DES WASSERS GERECHTIGKEIT VOM RECHT ZU FISCHEN Die Fischerei ist im Allgemeinen uralt und zählt zu den „ Ende des vorigen Jahrhun- derts, als der See hart an Illmitz FISCHHANDEL VOR ORT ältesten Beschäftigungen der Menschheit. Es ist anzunehmen, daß sie bereits seit den ersten Ansiedelungen am See betrieben Der Fischhandel war lange Zeit auf die lokalen Märkte im Wieselburger, sowie Rust 1637 kosteten… wurde. Wie die Jagd und die Waldnutzung stand sie ursprün- beschränkt, der Fang musste also zuerst öffentlich im glich jedermann frei. Erst mit der Entstehung des Feudal- Heimatdorf angeboten werden. Wollte ein Fischer oder Schaiden (Wels) das Pfund 7 Kreuzer wesens wurden die Rechte der Nutzer stark beschränkt. Fischstürzen strengstens verboten und Wolfs im Ödenburger Händler die Fische woanders anbieten, so musste er dem Dorfrichter Maut und ein „Essen Fisch“ zahlen. Hechten 7 Kr Im Mittelalter kam es zu einem Anstieg der Bevölkerung, die Binnenfischerei gewann deshalb in den Orten rund um den Komitat reichte, fischten die Mit einer sog. „Gade“ aus Schilf wur- Welche Fischarten damals zum Verkauf angeboten Karpfen überpfündig 4 Kr Neusiedler See an Bedeutung. dortigen Einwohner 60 bis 90 den die Fische über Leitzäune in Die Fischerei wurde nämlich hauptsächlich in hauseige- Richtung Reuse geleitet wurden und wie viel dafür bezahlt werden musste, regelte die „Vischordnung“ in der Gemeinde. Karpfen unterpfündig 3 Kr nen, sogenannten „Vischwassern“ ausgeübt. Das waren dem Neusiedler See vorgelagerte Wasserflächen, die mit Kilo schwere Fogosch und Garreiß (Karausche) 5 Kr Zehent, Geld und ein „Essen Fisch“ Erste Berichte über die Fischerei stammen aus der Mitte des Seewasser dotiert wurden. Sank der Wasserspiegel des Sees, so sank er auch im „Vischwasser“. In diesem Fall mußte ein Karpfen und ebenso sammelten 16. Jahrhunderts. Das Fischereirecht lag in den Händen der Grundherren, und wurde an die in Genossenschaften organi- „Pruch“ gegraben werden, um die Fische vom See in das Wasser zu bekommen. sie in den 60er Jahren unseres sierten Bauern weiterverpachtet. Wer das Netz benutzte, hatte ein Zehent und einen gewissen Geldbetrag an die Herrschaft Es gab aber auch abgeschlossene Vischwasser im See, die von den anderen nicht benützt werden durften. Jahrhunderts die 20 bis 25 Kilo … da fallen einem die Schuppen schweren Welse (Schaiden), von den Lauben … zu entrichten. Jegliche Übertretung der herrschenden Ordnung wurde schwer bestraft. Dazu kam noch, dass die ansässige Von 24. April bis 29. September blieben die Fischgewässer Ausgerechnet ein kleiner, unscheinbarer Fisch wurde bis ca. Bevölkerung immer wieder um ihre Fischereirechte zu kämp- fen hatte. verschlossen. An Sonntagen und Feiertagen war das Fischen verboten – wer sich nicht daran hielt, der mußte mit einer wie der Wind sie ans Land 1910 zu einer kuriosen Form der Nutzung herangezogen: Die Laube, eine 10 – 15cm lange Weißfischart, wurde vor- Die erste Urkunde, die die Fischerei unter ein Herrschaftsrecht Geldbuße rechnen. trieb, förmlich haufenweise, nehmlich in Oggau, am Westufer des Sees, wegen ihrer stark glänzenden Schuppen gefangen. stellt, stammt aus dem13. Jahrhundert. Das Fischstürzen war ebenfalls bei Strafe verboten. Es handelt sich dabei um eine besonders bei Kindern beliebte so dass selbst Schweine damit 1675 bestand die Abgabenlast, die die Fischer zu entrichten hatten in „ain halben centen guaten fisch, auf ihren aigen Methode des Fischfangs: Mit dem Stürzkorb wurden Fische hautsächlich während der Laichzeit überlistet. Man pirschte “ gefüttert wurden. Aus dem sog. Kronprinzen-Werk, um 1890 Diese fanden in der Wiener Kunstperlenindustrie so großen Anklang, dass an einem Tag oft 700kg Lauben aus dem See gefischt wurden. Wagen, wohin die Herrschaft verlangt, hinzubringen, in der sich dabei im Wasser watend an die Hechte und Karpfen, die Fasten aber in jeder Wochen ain halben cent Fisch zu liefern“. in überschwemmten Wiesen ablaichen, heran und stürzte den Korb darüber. Im Dorf wurden die kleinen Fische ausschließlich von den Außerdem waren die Fischer dem Dorfrichter zum Neuen Jahr Frauen mit einem Messer oder einer Schere geköpft und abge- ein „Essen Visch“ schuldig. Von einer gottesgerichtlichen Strafe der besonderen Art wird schuppt. Die oftmaligen Schwankungen des Wasserstandes bedroh- 1546 im Banntaiding (Ortsrecht) von Pamhagen berichtet. Wenn jemand beim Fischdiebstahl ertappt wird, so „soll man Die Schuppen wurden in Leinensäcken gesammelt und die ten ständig den Fischreichtum und damit die Lebensgrundlage denselben, der die fisch gestollen hat, in ain Korb schieben abgeschuppten Fische im Dorf verschenkt oder verkauft. der Fischer in den Seegemeinden. Sowohl das plötzliche und soll im ain abgebrochenes messer in die handt geben, und 30 Kilo Lauben ergaben ein Kilo Schuppen, deren Glanz in Ansteigen des Wasserspiegels als auch das Zurückweichen des wierdt er ledig, so ist er der sachen muessig.“ einer Perlenbläserei durch ein spezielles Verfahren in Glas- Wassers stellte für die Fische und ihre Brut eine Gefahr dar. perlen übertragen wurden. Die am häufigsten angewandtne Methoden der Fischerei waren die Reusen- und die Schleppnetzfischerei. Übrigens trug die Laubenfischerei den Oggauern den Spott- namen „Laubenhengste“ ein. Diese Karte dokumentiert den Fischreichtum des Neusiedler Sees (Ende des 18. Jahrhunderts) Eine Ausstellung des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel mit Unterstützung des Vereins Jahr der Volkskultur 18. April – 31. Oktober 2004
Sie können auch lesen