Marketing in der Möbelindustrie - Neue Ideen und Konzepte aus der Modebranche
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Master-Thesis Im Studiengang Gestaltung Studienrichtung Holzgestaltung/Möbel- und Produktdesign Thema: Marketing in der Möbelindustrie – Neue Ideen und Konzepte aus der Modebranche Vorgelegt von: Simon Benedikt Rogalla Seminargruppe: 202007 Martrikelnummer: 36921 Eingereicht am 05.07.2021 Erstgutachter: Diplom-Holzgestalter (FH) Prof. Jacob Strobel Zweitgutachterin: Diplom-Designerin (FH) Prof. Claudine Brignot Angewandte Kunst Schneeberg Westsächsische Hochschule Zwickau Eingangsvermerke der Prüfer*innen:
Inhaltsverzeichnis 1/ Einleitung .......................................................................................................1 2/ Methode ..........................................................................................................3 3/ Bedeutung des Marketings ...........................................................................4 3/1/ Marken ....................................................................................................4 3/2/ Markenidentität und Markenimage .....................................................7 3/3/ Marketing ..............................................................................................10 4/ Wer ist die Generation Z? ..........................................................................13 4/1/ Analyse der Generation Z....................................................................13 4/2/ Werte, Merkmale und Verhalten ........................................................15 5/ Möbelbranche Deutschland aktuell ...........................................................17 6/ Marketingmix, Möbelmarken und Modemarken im Vergleich .............22 6/1/ Produkt ..................................................................................................23 6/1/1/ Produktpotenzial ...........................................................................23 6/2/2/ Einzigartigkeit ................................................................................26 6/2/4/ Qualität ...........................................................................................33 6/2/5/ Green-Awareness ...........................................................................33 6/2/ Kommunikation ....................................................................................35 6/2/1/ Content ...........................................................................................38 6/2/2/ Authentizität...................................................................................40 6/2/3/ Community .....................................................................................41 6/2/4/ Kooperationen................................................................................42 6/3/ Distribution ...........................................................................................44 6/3/1/ Online ..............................................................................................44 6/3/2/ Offline .............................................................................................47 6/4/ Preis .......................................................................................................50 7/ Handlungsempfehlungen ............................................................................52 8/ Risiken durch den Markenfokus ...............................................................56 9/ Fazit ..............................................................................................................58 Literaturverzeichnis ........................................................................................60 Abbildungsverzeichnis ....................................................................................68
1/ Einleitung „Hast du schon die neuen Jordans gesehen?“ „Wann kommt der Drop von Supreme?“ „Wie viel ist dein Outfit wert?“ Das Leben der Generation Z ist von Marken geprägt. Für sie sind Marken nicht nur ein Statussymbol, sondern bieten in erster Linie Orientierung in einer Welt, die sich fast nur noch auf den sozialen Medien abspielt. Trotz der großen Netzwerke sehnen sich die jungen Menschen nach wenigen engen Freund*innen statt eines großen Bekanntenkreises. 1 Zwei Drittel fühlen sich oft einsam, selbst wenn sie von Familie und Freund*innen umgeben sind und schätzen bestehende emotionale Beziehungen deutlich schwächer ein, als es früher der Fall war. 2 Die Generation möchte sich mit Marken identifizieren und 1 hat gleichzeitig starke Wertevorstellungen, die sie von den Marken im Umkehrschluss einfordern. Man möchte sich nur mit Marken zeigen, die den eigenen, aber auch den Ansprüchen der ‚Peer-Groups‘ entsprechen. In den sozialen Medien dienen diese dann einem Zugehörigkeitsgefühl und dem Ausdruck einer eigenen Persönlichkeit und eines eigenen Stils. Gerade die Modeindustrie hat verstanden, diesen Drang nach Identifikation, Selbstverwirklichung und Differenzierung zu befriedigen. Jeder kennt Marken wie Gucci, OffWhite, Balenciaga, Supreme oder Nike. Sie alle rücken die Emotionalisierung von Markenerlebnissen in den Vordergrund, um die jungen Kund*innen stärker binden zu können. Dazu gehören limitierte Produkte, Kooperationen und Influencer*innen, aber auch die Erfüllung von Wertevorstellungen. Mode ist dabei Ausdruck von Kultur, insbesondere der Pop-Kultur, und ist durch die Aufnahme von aktuellen Themen und Trends bei der Generation Z extrem erfolgreich. 1 Diana Livadic: Meet The Gen Z, Research&Results, 2018, (17:46, 24.06.2021) 2 McCannWorldGroup: The Truth about Gen Z, 2021, S. 3, (17:46, 24.06.2021)
Einen krassen Kontrast dazu bietet die deutsche Möbelindustrie. Frägt man die Generation Z nach Möbelmarken, wird ihnen bis auf IKEA wohl wenig einfallen. Die Marken der Möbelindustrie sind für die Gen Z eher unattraktiv, da diese nicht auf einer Augenhöhe mit ihr kommunizieren. Dabei sollte gerade hoher Wert darauf gelegt werden, jüngere Generationen nicht zu verpassen, denn „Kinder von heute sind Kunden von morgen“. 3 Das sind in Deutschland 15,2 Mio. neue Kund*innen, die man auch jetzt schon ansprechen sollte. 4 Die Hälfte aller Markenbeziehungen werden bis zum 24. Lebensjahr aufgebaut, also gerade der Zeitraum, in dem sich die Generation Z aktuell befindet. 5 Sie sind dabei auch nicht mehr so stark auf die Markenempfehlungen ihrer Eltern angewiesen. Schon früh kommen sie von selbst über die sozialen Medien in Kontakt zu Marken. Gleichzeitig tun sich durch die zunehmende Verschiebung des Möbelmarktes hin zu einem verstärkten Vertrieb über Online-Kanäle neue Möglichkeiten für Möbelmarken auf, sich selbst stärker über die digitalen Medien als Marke zu differenzieren. Das würde sie auch unabhängiger von Möbelhändlern machen, 2 die natürlich großen Einfluss auf die Kommunikation mit potenziellen Kund*innen besitzen. Durch den überschneidenden Lifestyle-Sektor versuchen sich auch immer wieder Modemarken an eigenen Möbelkollektionen, so zuletzt OffWhite und ABathingApe, weshalb gerade Unternehmen des mittleren und hohen Preissektors einen verstärkten Blick auf den deutschen Möbelmarkt werfen sollten, um diesen nicht potenziell sogar zu verlieren. Wie also betreibt man erfolgreiches Marketing bei der Generation Z und welche Konzepte und Ideen könnte man dabei aus der erfolgreichen Modeindustrie übernehmen? 3 F.-R Esch, S. Diehl, D. Gawlowski: Markenbindung für das ganze Leben, in: Absatzwirtschaft, 52. Jg. Heft 12, 2009, S. 40 4 Statistisches Bundesamt: 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland, Statistisches Bundesamt (Destastis), Wiesbaden 2021, (24.05.2021, 15:45) 5 A. Diekhof: Jugendliche als Zielgruppe: Bedeutung jugendlicher Kunden für das Marketing, Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden 1999, S. 236
2/ Methode Um diese Frage zu klären, muss zu Anfang die Bedeutung von Marke und Marketing erläutert werden, um diese dann später anwenden zu können. Dazu wird Literatur anerkannter Autoren wie Meffert, Burmann und Esch hinzugezogen, um die Begriffe einordnen zu können und auszuwerten. Des Weiteren besteht ein Großteil dieser Arbeit darin, die Generation Z zu analysieren und ihre Werte, Merkmale und ihr Verhalten darzulegen, um die Zielgruppe als Käuferschaft klar zu definieren. Als Grundlage hierfür dienen mehrere aktuelle Studien, von denen hier kurz zwei aufgeführt werden sollen. Die Studie „Gen Z – Eine Generation ohne Grenzen“ des Strategieberatungsunternehmens OC&C Strategie Consultants von 2019 ist die bisher wohl weitreichendste Studie zur Untersuchung der Generation Z mit 15.500 Teilnehmern aus vier Generationen und neun Ländern. 12 Mio. Datenpunkte wurden dazu analysiert, wobei diese sowohl aus Umfragen, als 3 auch aus Interviews und Diskussionsrunden bestehen. Auf die Studien des E-Commerce-Technologieanbieters Criterio wird auch mehrmals verwiesen, dazu gehört die „Criterio Shopper Story“ von 2020 sowie die der „Gen Z – Report“ von 2018. Hierfür wurden jeweils etwa weitere 1.000 Personen befragt. In der anschließenden Analyse der deutschen Möbelbranche sollen die Veränderungen auf dem deutschen Möbelmarkt dargelegt werden, um im letzten Abschnitt anhand des Marketing-Mix-Modells nach McCarthy zielführende Marketingstrategien aufzuzeigen. Dazu werden Beispiele aus der Modeindustrie angeführt, da diese bereits deutlich erfolgreicher Marketing für die Generation Z betreibt. Diese Beispiele werden dann auf die deutsche Möbelindustrie angewendet, um wenig oder gar nicht genutzte Potenziale aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen geben zu können.
3/ Bedeutung des Marketings Um diese Handlungsempfehlungen geben zu können, bedarf es einer Grundlage an Definitionen zur Einordnung des Begriffes Marketing. Bereits am Namen erkennt man, welche hohe Bedeutung die Märkte für das Marketing haben, besonders der Absatzmärkt. Denn das Marketing stellt die Verbindung dieser zu den Unternehmen dar. Die zwei Hauptakteure der Märkte, die für diese Arbeit besonders wichtig sind, sind die Nachfrager (Bsp. Gen Z) und Anbieter (Bsp. Marken). 6 Im Folgenden soll anhand der Erläuterungen von Marke, Markenidentiät, Markenimage und Marketing klar gestellt werden, wie die Beziehung der Begriffe untereinander funktioniert, um auf deren Rolle für die Generation Z eingehen zu können. 3/1/ Marken 4 Marken sind sowohl für Unternehmen, als auch für Verbraucher*innen so wichtig. Um das zu veranschaulichen gilt es einen Blick auf die Herkunft des Begriffes zu werfen. Der Grundgedanke der Marke oder englisch „Brand“ hat seine Wurzeln bereits im alten Ägypten um 2700 vor Christus, da hier zum ersten Mal Viehherden mit der Hilfe von Brandeisen mit Hieroglyphen markiert wurden, um die Tiere den Besitzer*innen zuordnen zu können. 7 Die wohl bekannteste Weiterführung dieser Tradition erfolgte durch die amerikanischen Cowboys, wodurch auch der englische Begriff des „branding“ geprägt wurde. Über die Zeit erkannte man, dass sich über Marken nicht nur die Besitzer*innen, sondern auch weitere Faktoren wie Qualität und Preis von Gütern zuordnen lassen. Bis heute ist Bedeutung von Marken und dadurch deren Funktion immer weiter gewachsen. Das heutige Verständnis von Marken kann man am besten an der Markendefinition nach Burmann ablesen, welche für diese Arbeit als Grundlage genutzt werden soll, da dieser sowohl die unternehmensinterne 6 H. Meffert, C. Burmann, M. Kirchgeorg: Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Springer Gabler, Wiesbaden 2015, S. 3 ff. 7 W. Bastos, S. Levy: Journal of Historical Research in Marketing, A history of the concept ofbranding: practice and theory, Emerald Group Publishing Kimited, Arizona 2012, S. 351
Markenidentität als auch das bei Kund*innen erzeugte Markenimage miteinbezieht. „Die Marke ist ein Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig differenziert.“ – Burmann 2003 8 Eine (starke) Marke schafft zum einen eine Differenzierung zu anderen Mitbewerber*innen, zum anderen aber auch ein (gutes) Image gegenüber der Käuferschaft. Dadurch dient die Marke nach aktueller Vorstellung nicht nur zur Wiedererkennung oder als Qualitätsmerkmal, sondern auch zu Identifikationszwecken und einer Steigerung von Begehrlichkeit. 9 Marken können durch Marketing eine ganz eigene Markenwelt mit assoziierten Emotionen und Erlebnissen aufbauen. Die Wirkung von Emotion und Erlebnis 5 durch erzeugte Markenwelten sind schon länger bekannt und lassen sich am besten an dem oft genutzten Beispiel CocaCola und Pepsi zeigen. Während im Blindtest die Bewertung der beiden Marken etwa gleich ausfällt, wird die Marke CocaCola durch ihre Markenwirkung deutlich besser eingeschätzt als Pepsi (siehe. Abb. 1). 8 H. Meffert, C. Burmann, M. Kirchgeorg: Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Springer Gabler, Wiesbaden 2015, S. 328 9 F.-R. Esch: Strategie und Technik der Markenführung, Vahlen Verlag, München 2018, S. 22
DIET PEPSI VS DIET COKE ziehen Pepsi vor ziehen Coke vor egal (gleich gut) 65 51 44 23 12 5 BLINDTEST MIT MARKENKENNTNIS Abbildung 1 Vergleich der Ergebnisse eines Blindtests und eines offenen Test zwischen Diet Pepsi und Diet Coke (in Anlehnung an DeChernatony/McDonald 2003) 10 Denn: 6 „Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Konsumenten, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen.“ – Esch 2014 11 Um zu verstehen, wie man gerade dieses so wichtige Vorstellungsbild bzw. Image einer Marke gestalten kann, muss man sich die Beziehung der Begriffe Markenidentität und Markenimage anschauen. 10 F.-R. Esch: Strategie und Technik der Markenführung, Vahlen Verlag, München 2012, S.10 in Anlehnung an De Cheratony, McDonald, 2003, S. 14 f. 11 F.-R. Esch: Strategie und Technik der Markenführung, Vahlen Verlag, München 2014, S. 22
3/2/ Markenidentität und Markenimage Die beiden Begriffe Markenidentität und Markenimage liegen der identitätsbasierten Markenführung nach Burmann zu Grunde (siehe Abb. 2). „Die Markenidentität umfasst diejenigen raum-zeitlich gleichartigen Merkmale der Marke, die aus Sicht der internen Zielgruppen in nachhaltiger Weise den Charakter der Marke prägen.“ – vgl. Meffert und Burmann 1996 12 Sie ist somit das Wesen, welches die Marke zunächst nach innen, und im besten Fall auch nach außen repräsentieren soll. Die Markenidentität ist dabei auf sechs grundlegenden Säulen aufgebaut. 7 Abbildung 2 Grundkonzept der identitätsbasierten Markenführung (in Anlehnung an Burmann 2012) 13 12 H. Meffert, C. Burmann: Identitätsorientierte Markenführung - Grundlagen für das Management von Markenportfolios, Wiss. Ges. für Marketing und Unternehmensführung 1996, S. 31 13 C. Burmann, T. Halaszovich, F. Hemmann: Identitätsbasierte Markenführung – Grundlagen, Strategie, Umsetzung, Controlling, Springer Verlag, Wiesbaden 2012, S. 74
Die Markenherkunft ist Ausgangspunkt jeder Markenidentität, da eine Marke immer im Kontext ihres Ursprungs gesehen wird. Das gilt sowohl für die internen als auch externen Zielgruppen. Natürlich spielt die Geschichte einer Marke dabei eine große Rolle. Allerdings ist die Markenherkunft im Gegensatz zur Markenhistorie gestaltbar, indem man nur bestimmte Ereignisse der Geschichte betont. 14 So gibt es viele Unternehmen in der Möbelindustrie, die eine lange Historie aufweisen können und diese auch betonen, beispielsweise Thonet, Vitra oder Walter Knoll. Das zeigt zwar Kompetenz beim Kund*innen, kann aber auch zukunftsgerichtet einschränkend wirken. Ein weiteres Beispiel für die Wichtigkeit von Markenherkunft wäre die Marke Louis Vuitton, bei der allein durch den französisch klingenden Namen bereits Assoziationen von Luxus und Exklusivität durch das Herkunftsland hervorgerufen werden. Die Markenvision kann relativ einfach mit der Antwort auf die Frage: „Wohin wollen wir?“ dargestellt werden. An dieser Vision richten sich die Unternehmensstrategie und –ziele aus. 8 Bei der Markenpersönlichkeit kann auch von einer gewissen Personifizierung der Marke gesprochen werden. Die Marke wird dabei mit Charakterzügen ähnlich eines Menschen in Verbindung gebracht. Diese sind für die Kommunikation einer Marke sehr wichtig, da dadurch eingeordnet werden kann, wie die kommunizierten Inhalte bei der Zielgruppe ankommen sollen. Die Markenwerte stellen einen Wertekodex dar, den ein Unternehmen und dessen Mitarbeiter als Leitfaden nutzen. Die Werte bilden dabei die symbolische und emotionale Essenz der Markenidentität und sind damit Grundpfeiler der Glaubwürdigkeit und Authentizität einer Marke. 15 In der Möbelindustrie spielen hier vor allem Themen wie Nachhaltigkeit, Tradition und Technologie eine wichtige Rolle. Die Markenkompetenzen stehen für die Kernfähigkeiten einer Marke und schaffen bei Konsistenz bei der Umsetzung dieser, sowohl Vertrauen bei den Verbraucher*innen als auch bei den Mitarbeiter*innen. 14 L. Blinda: Markenführungskompetenzen eines identitätsbasierten Markenmanagements, Deutscher Universitätsverlag, 2007, S. 104 15 C. Burmann, M. Schallehn: Konzeptualisierung von Marken-Authentizität, Universität Bremen, Bremen 2010, S. 48
Markenpersönlichkeit, Markenwerte und Markenkompetenz bilden letztendlich die Markenleistungen, also den Nutzen, den der Verbraucher am Ende aus einer Marke ziehen kann. Insgesamt sollte die Markenleistung inhaltlich gut mit den restlichen Säulen der Markenidentität übereinstimmen, um bei Verbraucher*innen eine langhaltige Glaubwürdigkeit zu erzielen. Die Markenidentität ist demnach das Bündel der Faktoren, die gleichermaßen Einfluss auf die internen, wie auch externen Zielgruppen haben, die eine Marke gestalten kann. Das Markenimage gegenübergestellt ist die individuelle und subjektive Wahrnehmung bei den Empfangenden dieser von der Marke ausgesendeten Signale. „Beim Markenimage handelt es sich um ein mehrdimensionales Einstellungskonstrukt, welches das in der Psyche relevanter externer Zielgruppen fest verankerte, verdichtete, wertende Vorstellungsbild von einer Marke wiedergibt.“ – Trommsdorff 2011 16 9 Dabei ist die Grundvoraussetzung eines Markenimages eine Markenbekanntheit. Potenzielle Kund*innen sollten sich an die Marke über Namen, Töne oder Bilder erinnern und entsprechend zuordnen können. Solange keine Markenbekanntheit herrscht, kann auch kein „Image“ einer Marke entstehen. Die Markenattribute stellen die objektiven und subjektiven Merkmale einer Marke dar, die von Verbraucher*innen wahrgenommen werden. Die Komponenten sind dabei ähnlich der Markenidentität, können aber inhaltlich abweichen. Aus den Attributen resultiert ein funktionaler und symbolischer Markennutzen für Verbraucher*innen, der zum einen das reine Produkt, zum anderen auch den durch das Produkt resultierenden, beispielsweise sozialen Nutzen, wie Prestige, umfasst. Umso besser dieses Nutzenbündel den Motiven der Verbraucher*innen anspricht, umso besser ist auch das Markenimage. Wichtig dabei ist zu sehen, dass Markenidentität und Markenimage nicht 16 V. Trommsdorff, T. Teichert: Konsumentenverhalten, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2011, S. 133
identisch sind, sondern dass das Image erst im Austausch an den unterschiedlichen Touch-Points, sowie durch eine Bekanntheit geformt wird. Gleichzeitig gibt es starke Veränderungen in der Gesellschaft (vgl. 4. Gen Z) und der Struktur des Möbelmarktes an sich (vgl. 5. Möbelmarkt), welche eine Markenbekanntheit als Überlebensfaktor unabdingbar machen. Um eine höhere Bekanntheit oder Wahrnehmung im Allgemeinen zu erreichen, aber um auch auf die neuen Bedürfnisse der kommenden Generation Z als Kundschaft einzugehen, ist es wichtig, sich mit neuen Marketingstrategien auseinanderzusetzen. 3/3/ Marketing Das Marketing selbst spielt bei der Übertragung von Markenidentität zum Markenimage eine zentrale Rolle, denn wie bereits erwähnt ist das Marketing die Verbindung vom Anbieter zum Nachfrager. Dabei sind die Märkte sowohl 10 Bezugsobjekt, da diese die Rahmenbedingungen für das Marketing festlegen, als auch Zielobjekt des Marketings, da Unternehmen auch Einfluss auf die Märkte nehmen wollen. Besonders durch vielen die bereits übersättigten Märkte, wie in der Mode- und Möbelbranche auch, ist ein auf Kund*innen konzentriertes Marketing notwendig, dass die Zielgruppen und deren Bedürfnisse analysiert und Angebote auf diese anpasst. Hierzu können Marketingstrategien angewendet werden, also operative Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen. 17 Das Marketing hat dazu vier Haupthandlungsbereiche, mit denen es arbeiten kann; Produkt, Preis, Distribution und Kommunikation. 18 Auf diese wird im späteren Verlauf dieser Arbeit noch genauer eingegangen. Dabei ist das Marketing nicht nur für die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen zuständig, wie es historisch gesehen wird, sondern hält nach dem modernen Verständnis von Marketing eine viel umfassendere Funktion inne. 17 H. Meffert, C. Burmann, M. Kirchgeorg: Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Springer Gabler, Wiesbaden 2015, S. 21 ff. 18 D. Lorberg, H. Vergossen: Marketing: Grundlagen und Strategien, NWB Verlag, 2015, S. 16
„Marketing is the activity, set of institutions, and process for creating, communicating, delivering, and exchanging offerings that have value for consumers, clients, partners and society at large.“ – American Marketing Association, 2017 19 Daraus ergibt sich, dass Marketing nicht nur eine Funktion innerhalb der Unternehmensorganisation ist, sondern funktionsübergreifend eine Führungsposition für das Unternehmen einnimmt. Da Marketing sowohl als Informations- als auch Aktionskoordinator fungiert, greift es in alle Bereiche eines Unternehmens ein und nimmt Einfluss auf Entscheidungen der Unternehmensführung. Grund dafür ist die besonders wichtige Austauschfunktion des Marketing mit dem Kontext des Unternehmens, da das Marketing auch immer „consumers, clients, partners and society at large“ im Blick hat. Es bezieht also immer Kundenbedürfnisse, sowie „Aktionäre, Mitarbeiter, staatliche Institutionen, Interessenvertretungen oder Handelspartner“ mit ein. 20 11 Diese Zusammenarbeit von Marketing und Unternehmensführung ist in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger geworden, da der inhaltliche Fokus des Marketings sich ständig anpassen musste. Die Komplexität der Aufgaben des Marketings nimmt damit zu, aber ebenso der Einfluss des Marketings auf andere Unternehmensbereiche (siehe Abb. 3). Dieser Fokus auf Marketing durch Unternehmen hängt auch sehr stark mit dem immer größer werdenden Konkurrenzdruck in vielen Märkten zusammen. In einem globalen Markt konkurriert man nicht nur mehr mit der Schreinerei aus dem Nachbardorf, sondern auch mit dem am anderen Ende der Welt. Es reicht nicht mehr aus, einfach ein Produkt herzustellen und es dann anzubieten. Es geht darum, von wem, wie, wann und warum ein Produkt angeboten wird. Oberstes Ziel des Marketings ist es also, mit der eigenen Marke einen besonders hohen Platz am „Relevant Set“ in der Psyche der Verbraucher*innen zu sichern. 21 19 AMA: Definitions of Marketing, Definition of Marketing, 2017 (16.03.2021, 13:13) 20 D. Lorberg, H. Vergossen: Marketing: Grundlagen und Strategien, NWB Verlag, 2015, S. 18 f. 21 F.-R. Esch: Strategie und Technik der Markenführung, Vahlen Verlag, München 2018, S. 21
12 Abbildung 3 Entwicklungsstufen des Marketing (in Anlehnung an Meffert, Burmann, Kirchgeorg) 22 Gerade deshalb ist es wichtig, sich mit Marketingmaßnahmen zu beschäftigen, die das Markenimage stärken und somit das Unternehmen langfristig konkurrenzfähig machen. Aufgrund des hohen Aktualitätsdrucks, dem das Marketing dabei ausgesetzt ist, ist es unabdingbar, sich mit aktuellen Veränderungen in Technologie, Gesellschaft und Kundenstamm zu beschäftigen. Um auch in Zukunft erfolgreich Marketing in der Möbelbranche zu betreiben wird sich im Folgenden mit der Generation Z als neue Kund*innen beschäftigt. 22 H. Meffert, C. Burmann, M. Kirchgeorg: Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Springer Gabler, Wiesbaden 2015, S. 8
4/ Wer ist die Generation Z? Bei der Generation Z redet man oft von Personen, die zwischen 1998 und 2016 geboren sind. 23 Immerhin stellen diese bereits ca. 18% der deutschen Bevölkerung (15,2 Mio.) und werden somit in ein paar Jahren ein ernstzunehmender Kund*innenanteil sein. 24 Doch abgesehen von ihrem Geburtsdatum, wer sind diese zukünftigen Kund*innen der Möbelindustrie und wie unterscheiden sie sich von ihren Vorgänger*innen? Generationen werden durch Ereignisse geprägt, die die Individuen der Generation bewusst oder unbewusst, vor allem während ihrer Kindheit und Jugend, wahrgenommen haben. Die Prägung der Generation Z ist dabei noch nicht ganz abgeschlossen und es lässt sich gerade aufgrund aktueller Ereignisse (Covid19, 2020/21) noch nicht sagen, wie sich diese genau in der Identität der Generation abbilden werden. 13 4/1/ Analyse der Generation Z Mit Hilfe der „PESTEL“-Analyse (political, economic, social, technological, environmental, legal), nach Fahey und Narayanan, lässt sich aber bereits ein ungefähres Bild der geschehenen Prägungen aufzeichnen. 25 Politisch erlebt die Generation zwar zum einen Stabilität durch eine immer gleich bleibende politische Führung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die seit 2005 regiert und damit den Großteil der politischen Wahrnehmung der Generation mit einer stabilen Mitte prägt. Zum anderen erlebt die Generation auch starke politische Unruhen. Dazu gehören der Brexit, die Flüchtlingswellen und der Aufschwung populistischer Parteien (rechts und links), inklusive des amerikanischen Präsidenten Trump. 26 23 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 4, (18:00, 24.06.2021) 24 Statistisches Bundesamt: 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland, Wiesbaden 2021, (24.05.2021, 15:45) 25 M. Kleinjohann, V. Reinecke: Marketingkommunikation mit der Generation Z, Springer Gabler, 2020, S. 15 f. 26 Timbro: Timbro Authoritarian Populism Index, 2019, S. 15, (18:20, 24.06.2021)
Ökonomisch erfuhr die Generation größtenteils Stabilität. Seit der Finanzkrise 2008 gab es steigenden Aufschwung der Wirtschaft, das gilt auch für die Kaufkraft der Bevölkerung. 27 Der E-Commerce gewinnt weiter an Bedeutung, wobei dieser als Ergänzung des stationären Handels im Fokus liegt. 28 Welchen Einfluss die Covid19-Krise letztendlich auf die Wirtschaft haben wird, lässt sich noch nicht voraussagen. Für die Generation Z ist Geschlechtergleichheit, das dritte Geschlecht und Vielfalt selbstverständlich. So sind sie sozial in einem sehr liberalen Lebensumfeld aufgewachsen. Ihnen sind aber auch traditionellere Werte sehr wichtig, so spielen Freundschaft und Familie eine sehr große Rolle in ihrem Leben. Durch die starke Bindung zu den sozialen Medien werden sie leicht von „Influencern“ und „Peer Groups“ beeinflusst. Die Digitalisierung der Medien und Kommunikationstechnik prägt die Generation Z technologisch sehr stark. Sie sind „Digital Natives“ und konsumieren jederzeit und überall auf ihren mobilen Endgeräten. Zukünftig werden noch weitere Technologien hinzukommen, welche sich gerade in der 14 Entwicklung befinden, wie künstliche Intelligenz, Virtual-Reality und Augmented-Reality. Gleichzeitig nimmt die Nutzung der traditionellen Medien (Print, TV, Radio, etc.) immer weiter ab. 29 Ökologisch ist die Generation sehr stark durch den Klimawandel geprägt und geht sehr sensibel und engagiert mit dem Thema um (Fridays for Future). Das Nachdenken und die Diskussion über Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit spielen dabei eine viel zentralere Rolle als noch bei den vorrangehenden Generationen. Dabei herrscht allerdings auch ein gewisses Ohnmachtsgefühl bezüglich ihres Einflusses auf die Geschehnisse. Rechtlich gesehen sind vor allem Themen wie Datenschutz und Cybersicherheit von Bedeutung. Persönliche Daten werden nur gegen einen 27 Statistisches Bundesamt: Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland von 1991 bis 2020, 2021, (15:24, 19.06.202) 28 IFH Köln: Online Monitor 2021, Handelsverband Deutschland, 2021, S. 6, (18:20, 24.06.2021) 29 M. Braband, H. Puffer: Media Perspektiven Basisdaten, Media Perspektiven, Frankfurt am Main 2021, S. 64 f.
„für sie sinnvollen Nutzen“ weitergegeben. 30 Den Wert dieser gilt es zu bestimmen und zu schützen. All diese Einflussfaktoren schlagen sich auf die Werte, Merkmale und Verhalten der Generation Z nieder. Im Folgenden soll konkret darauf eingegangen werden, wie sich dieser Einfluss bemerkbar macht und welche Veränderungen es gerade in Bezug auf Kaufverhalten und Unternehmen gibt. 4/2/ Werte, Merkmale und Verhalten Für die vorrangehende Generation Y (1980er-1990er) – ebenfalls als „Digital Natives“ bezeichnet – sind Technologien wie das Internet zwar vollkommen durchdrungen, allerdings werden sie noch nicht als selbstverständlich angesehen. Mit der Generation Z ändert sich dies. Hinzu kommt, dass sie nicht nur „Digital Natives“ sind, sondern auch „Mobile Only“. Während sich die Generation Y noch größtenteils unterschiedliche Endgeräte zu Nutzen machte 15 (Handy, Laptop, Computer), wird die Generation Z meist ausschließlich über das Smartphone erreicht. Durch das ständige Erreichbar- und Onlinesein müssen die Individuen der Generation die für sie interessanten Informationen effizient selektieren und ihre Aufmerksamkeit gezielt auf bestimmte Inhalte fokussieren. 31 Um diese Aufmerksamkeit zu erlangen, müssen die kommunizierten Inhalte also einen Mehrwert bieten, damit es die aufgewendete Zeit überhaupt Wert ist. Das geschieht am besten über WhatsApp (99%), YouTube (96%) oder Instagram (73%), da diese am häufigsten genutzt werden. 32 Soziale Kontakte sind der Generation sehr wichtig. Über die sozialen Netzwerke sind sie in ständigem Austausch mit ihren „Peer-Groups“, wobei sie stets nach Anerkennung und Status streben. So konsumieren sie nicht nur Content auf den unterschiedlichen Online-Plattformen, sondern publizieren vermehrt auch ihren eigenen. Auch Freund*innen und Familie sind dabei ein 30 M. Kleinjohann, V. Reinecke: Marketingkommunikation mit der Generation Z, Springer Gabler, 2020, S. 16 31 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 5 32 SINUS-Institut Heidelberg: DIVSI U25-Studie, Euphorie war gestern, DIVSI, Hamburg 2018, S. 62, (19:47, 24.06.2021)
großer Faktor. Sie lassen sich von ihnen beeinflussen und beeinflussen selbst. 33 Dabei sind sie ständig auf der Suche nach Individualität und dem Kommunizieren eines ganz eigenen Lebensstils. Status und Anerkennung ist ihnen sehr wichtig, so fordern sie im Umkehrschluss ebenso Ehrlichkeit und Authentizität von ihrem Umfeld und Unternehmen. Sie wollen sich mit Leitfiguren identifizieren können, dazu gehören sowohl Influencer*innen und als auch Unternehmen; im speziellen Marken und Markenprodukte. 34 Die Generation strebt nach materiellem Besitz, mit dem sie sich individuell ausdrücken und identifizieren kann – maßgeschneiderte, personalisierte oder limitierte Auflagen sind besonders beliebt. 35 Bei der Auswahl der Produkte ist das Markenimage von hoher Bedeutung. Fast die Hälfte finden Marken und deren Lifestyle wichtig, so zahlen sie auch gerne mehr für Markenprodukte, um sich von ihren Mitmenschen abzuheben. 36 Die Wahl der Marken wird dabei vor allem durch Freund*innen, Familie, Influencer*innen und „Peer Groups“ beeinflusst. Neue Marken werden zu 53 % durch „Word-of- Mouth“ gefunden und anschließend probiert. 37 Bei den Produkten spielen zwar 16 klassische Werte wie Preis und Qualität immer noch eine große Rolle, allerdings werden Faktoren wie Stil, Nachhaltigkeit, Einzigartigkeit und Flexibilität ebenfalls wichtiger. 38 Gesellschaftliche und ökologische Themen sind gerade bei dieser Generation nicht zu vernachlässigen. Diskussionen um Tierschutz, Klimaschutz, Menschenrechte, Vielfalt und Gleichberechtigung sind hochaktuell. 39 Die Generation ist gut informiert und sich dementsprechend bewusst über entsprechend „schlechte“ Geschäftspraktiken. Insgesamt ist sich die Generation Z global deutlich ähnlicher als die vorrangehenden Generationen, so werden Themen, Trends, Ideen, Kampagnen, Prominente und Marken gerade durch das Internet verstärkt auf internationaler Ebene wahrgenommen. 40 33 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 12 34 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 14 f. 35 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 16 f. 36 Diana Livadic: Research & Results - Meet the Gen Z, 2018, S. 48 37 Diana Livadic: Research & Results - Meet the Gen Z, 2018, S. 49 38 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 15 39 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 20 40 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 24
5/ Möbelbranche Deutschland aktuell Um zu klären, wie der deutsche Möbelmarkt sich in Zukunft an die neuen Kund*innen der Generation Z anpassen kann, gilt es eine Zustandsaufnahme der deutschen Möbelbranche zu machen. Sieht man sich die Zahlen an, scheint die Möbelbranche recht positiv dazustehen. So hat Deutschland 2019 einen Exportwert von 17 Mrd. USD erreicht und ist damit nach China Hauptexporteur von Möbeln weltweit. 41 Es ist aber auch gleichzeitig das zweitwichtigste Importland von Möbeln weltweit nach den USA, mit einem Importwert von 21 Mrd. USD. 42 Insgesamt zeichnet sich damit ein Trend für die Möbelproduktion ab. Deutsche Möbel werden als hochpreisige Ware ins Ausland exportiert, da sie im Inland oft nicht mit billigeren Importwaren konkurrieren können. 2017 lag der Anteil des Umsatzes der deutschen Möbelindustrie mit dem Ausland bereits bei fast einem Drittel. Allerdings übersteigen die Möbelimporte die -exporte aktuell um ca. 25%, gegenläufig zur sonst so positiven Handelsbilanz des „Export- 17 43 Weltmeisters“ Deutschlands. Auch die Brutto-Konsumausgaben der privaten Haushalte für Möbel stiegen in den letzten 10 Jahren in Deutschland an (+2,1% CAGR). Allerdings ließe sich der Anstieg des letzteren „im Wesentlichen auf den nominalen Preisanstieg in der Branche zurückführen, gleichwohl ist der Anteil von Möbeln am „share of wallet“ der privaten Haushalte konstant.“ 44 So wachsen die Konsumausgaben stärker als die tatsächliche Möbelproduktion, die nur eine steigende Umsatzentwicklung von +1,2% CAGR aufweisen kann. 45 Dabei besteht durchaus eine Investitionsbereitschaft für Möbel, wie das Marktforschungsinstitut TNS Kantar bei einer Befragung für den Verband der deutschen Möbelindustrie feststellte. 41 UN Comtrade: Wichtigste Exportländer von Möbeln weltweit nach Exportwert im Jahr 2019, Statista 2020, (08.04.2021, 14:26) 42 UN Comtrade: Wichtigste Importländer von Möbeln weltweit nach Importwert im Jahr 2019, Statista 2020, (08.04.2021, 14:30) 43 PwC: Die deutsche Möbelbranche - Struktur, Trends und Herausforderungen, 2019, S. 12, (20:00, 24.06.2021) 44 PwC: Die deutsche Möbelbranche - Struktur, Trends und Herausforderungen, 2019, S. 11 45 PwC: Die deutsche Möbelbranche - Struktur, Trends und Herausforderungen, 2019, S. 5
„Rund ein Viertel aller Deutschen – und damit knapp 19 Millionen Menschen in 9,3 Millionen Haushalten – planen 2020 die Anschaffung neuer Möbel. Gerade bei jungen Leuten ist die Lust auf Neues besonders spürbar: So planen 40,5 Prozent der Bevölkerung zwischen 14 und 29 Jahren, neue Möbel zu kaufen. Bei den 30- bis 39-Jährigen sind es 31,5 Prozent der Bevölkerung und bei den über 60-jährigen 12,5 Prozent.“ 46 Auch Faktoren, wie die steigende Anzahl der Einpersonenhaushalte oder die steigende Beliebtheit und Nutzung des Home-Office – gerade in Zeiten der aktuellen Covid19 Pandemie – nehmen zu. 47 So verdoppelte sich fast der Anteil möglicher Home-Office-Arbeitsplätzen von 22% (2014) auf 39% (2018) in den letzten Jahren. 48 Warum also profitieren deutsche Möbelproduzenten davon nur so geringfügig? Ein Grund ist die bereits angesprochene Konkurrenz durch billigere Anbieter 18 aus dem Ausland, wie z.B. Marktführer IKEA. So ist Deutschland das umsatzstärkste Land für IKEA weltweit mit einem Anteil von 15,6%, Tendenz steigend. 49 Das Beispiel IKEA zeigt aber auch gleichzeitig das wohl größte Problem für deutsche Möbelproduzenten auf, nämlich die Struktur des Möbelmarktes an sich. 46 Moebelkultur: „Einfach nur Möbel verkaufen reicht nicht“, 2020, (08.04.2021, 16:12) 47 Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 272 vom 16. Juli 2019, 2019, (16:05, 19.06.2021) 48 Bitkom: Vier von zehn Unternehmen setzen auf Homeoffice, 2019, (08.04.2021, 16:38) 49 IKEA: Umsatzstärkste Länder für IKEA in den Geschäftsjahren 2011 bis 2020, IKEA Group 2021, (09.04.2021, 12:08)
Abbildung 4 Vereinfachte Darstellung des Aufbaus der deutschen Möbelbranche (in Anlehnung an PwC 2019) 50 Wie man Abb. 4 entnehmen kann, zeigt die Möbelbranche mit nur wenigen Ausnahmen eine deutliche Trennung von Produzent und Händler. Dadurch besteht eine große Abhängigkeit der Produzenten von den Händlern. Nur wenn diese ihre Ware anbieten, können die Produzenten aktuell auch Umsatz 19 generieren. IKEA hat hier einen großen Vorteil, da das Unternehmen vertikal aufgebaut ist, also Produktion und Vertrieb vereint. Das führt zu einem enormen Preisdruck auf andere Produzenten, gerade wenn Branchengrößen wie XXXLutz oder Höffner mit IKEA mithalten wollen. Das macht es schwer für Möbelproduzenten, sich als Marke herauszukristallisieren. Den Händlern ist es nicht wichtig, einzelne Möbelmarken voran zu bringen, sondern sich selbst als Handelsmarke zu stärken. XXXLutz versucht seine Position als zweitstärkster Händler 51 in Deutschland zu bewahren, indem das Unternehmen etliche kleinere Konkurrenten aufkauft um zu wachsen, wie zuletzt 2018, als das Unternehmen den Möbelriesen Poco vereinnahm und damit seinen Umsatz um 1,6 Mrd. Euro steigern konnte. 52 So geht die Anzahl der Unternehmen im Möbelhandel seit 1990 stetig zurück, was zu einer immer stärkeren Marktbereinigung führt. 53 Gleichzeitig wird aber die Größfläche außerhalb der 50 PwC: Die deutsche Möbelbranche - Struktur, Trends und Herausforderungen, 2019, S. 17 51 Moebelkultur: Größte Unternehmen im Möbelhandel in Deutschland nach Umsatz im Jahr 2019, Moebelkultur 2020, (09.04.2021, 12:53) 52 Moebelkultur: Übernahme von Poco ist jetzt fix, 2018, (09.04.2021, 12:50) 53 Statistisches Bundesamt: Anzahl der Unternehmen im Einzelhandel mit Wohnmöbeln in Deutschland in den Jahren 1950 bis 2019, Statistisches Bundesamt 2021,
Städte immer unattraktiver, wie Handelsvertreter Grothkopp in einem Interview gegenüber der „Welt“ bestätigt: „Die Volumenvermarkter klagen vielfach über Umsatzrückgänge und leerstehende Häuser. Heute gibt es eine klare Präferenz jüngerer Käuferschichten zu hippen Standorten in florierenden Städten. Selbst für Möbel und Küchen muss es eine Erreichbarkeit ohne Auto geben, verbunden mit der Zustellung der Ware.“ 54 Auch VDM-Geschäftsführer Kurth zieht eine ähnliche Bilanz: „Die stark auf den Preis fixierten Verkaufsmaschinen außerhalb der Städte funktionieren in Zeiten von mündigen und gut informierten Verbrauchern immer schlechter. Stattdessen gewinnen Fachhandel und Online-Vertriebskanäle immer weiter an Bedeutung.“ 55 20 IKEA ist sich dieses Problems bereits bewusst und versucht seine Präsenz zukunftsweisend in den Innenstädten durch kleinere „XS-Shops“ zu stärken. Erste Läden gibt es bereits in Großstädten wie Paris oder Berlin. 56 Das bietet auch potenzial für den deutschen Fachhandel und kleineren Einzelhandel. Aktuell machen 1,5% des deutschen Möbelhandels 65% des Umsatzes. Durch die mögliche stärkere Fragmentierung in den Innenstädten könnte sich dies ändern. 57 Gleichzeitig gewinnt der Online-Handel immer weiter an Bedeutung. So wird im Zeitraum 2017 bis 2023 mit einem jährlichen durchschnittlichen Wachstum von 8,4% des Anteils des Online-Umsatzes an Möbel- und Haushaltswaren gerechnet. 58 2019 gaben bei einer Umfrage in Deutschland 32% der Personen (09.04.2021, 13:03) 54 C. Dierig: Hohe Wohnkosten machen Möbel zu Ladenhütern, Möbelhäuser auf der grünen Wiese stehen leer, Welt 2020, (09.04.2021, 13:08) 55 Moebelkultur: „Einfach nur Möbel verkaufen reicht nicht“, Moebelkultur 2020, (09.04.2021, 13:31) 56 Ruhr24: Ikea: Rettet diese neue Strategie die Innenstädte im Ruhrgebiet?, 2020, (16:12, 19.06.2021) 57 PwC: Die deutsche Möbelbranche - Struktur, Trends und Herausforderungen, 2019, S. 19 58 PwC: Die deutsche Möbelbranche - Struktur, Trends und Herausforderungen, 2019, S. 15
an, in den letzten 2 Jahren Möbel bzw. Einrichtungsgegenstände online bestellt zu haben. 59 Gerade Unternehmen, die sich nur auf den Online-Handel spezialisiert haben, konnten davon profitieren, wie home24 (+42,7% CAGR) oder Westwing (+143,5% CAGR), aber auch IKEA (+35,2% CAGR). 60 Insgesamt ist in diesem Bereich aber noch kein klarer Sieger zu erkennen, da sich dieser Markt erst aufbaut. Das bietet wiederum großes Potenzial für die Möbelproduzenten selbst, denn einen Vorteil, den IKEA gegenüber anderen Herstellern ebenfalls hat, ist die Kommunikation der eigenen Marke und damit der Erreichbarkeit der neuen Kund*innen der Generation Z. Durch die Schwächung des stationären Großhandels ergibt sich ein neues Potenzial für die Möbelproduzenten, den Online-Handel zu nutzen und sich stärker eigenständig als Marke zu vermarkten. Das bedeutet mehr Verantwortung für die Möbelproduzenten selbst, aber auch eine Chance für eine Umstrukturierung des deutschen Möbelmarktes. Um den größtmöglichen Nutzen aus dieser Situation für die Möbelmarken zu ziehen, gilt es sich mit potenziellen Marketingmaßnahmen zu beschäftigen. 21 59 Postnord: E-commerce in Europe 2020, Postnord, Stockholm 2020, S. 29, (20:18, 24.06.2021) 60 PwC: Die deutsche Möbelbranche - Struktur, Trends und Herausforderungen, 2019, S. 26
6/ Marketingmix, Möbelmarken und Modemarken im Vergleich Die Begrifflichkeit des Marketings und dessen Einfluss auf die Unternehmensführung, sowie auf die Markenidentität und daraus resultierenden Markenimages wurden bereits geklärt. In diesem Kapitel wird es nun darum gehen, welche konkreten Möglichkeiten Möbelmarken haben, modernes Marketing zu nutzen, um sich als Marke zu differenzieren. Der Begriff des Marketingmix steht hierbei für die zielorientierte Kombination der verfügbaren Instrumente des Marketings. 61 Als Leitfaden für diese Arbeit wird das Marketingmix-Modell nach McCarthy hinzugezogen, das die Instrumente in vier übergeordnete Kategorien unterteilt. 62 Product (Produkt) Price (Preis) Place (Distribution) 22 Promotion (Kommunikation) In den folgenden Kapiteln sollen die 4 Punkte des Marketing-Mix in Bezug auf die Möbelindustrie genauer erläutert werden. Dabei sollen Beispiele aus der Modeindustrie hinzugezogen werden, da diese bereits seit einiger Zeit die Generation Z zu ihren Kunden zählt, um wenig bis gar nicht genutzte Marketingmaßnahmen aufzuzeigen. 61 J. Becker: Marketing-Konzeption, 10. Auflage, Franz Vahlen Verlag, München 2013, S. 485 62 E. J. McCarthy: Basic Marketing: A Managerial Approach, Richard D. Irwin Verlag, Homewood Illinois 1960, S. 45
6/1/ Produkt Das Produkt selbst spielt im Möbelbereich natürlich eine zentrale Rolle, denn Produkte haben hier schon seit je her Marken ausgemacht, man denke nur an den Kaffeehausstuhl von Thonet. 63 Produkte haben auch allgemein im Marketing eine exponierte Stellung, da sie in direkter Verbindung mit der Nachfrage am Markt stehen. 64 Deshalb ist es besonders wichtig, hier zu untersuchen, wie man über Produkte gezielt Marketing betreiben kann und welche Veränderungen zu erwarten sind. Dabei werden besonders die Punkte angesprochen, die für die Generation Z von Bedeutung sind und Einfluss auf die Produktgestaltung haben. Gerade der erste Abschnitt des Produktpotenzials spielt hierfür eine übergeordnete Rolle, da dieses eng mit dem Thema der Marke verbunden ist. 6/1/1/ Produktpotenzial 23 Ein Kerngedanke, den die Modeindustrie bereits seit einiger Zeit verfolgt, ist die Nutzenmaximierung eines Produktes für Kund*innen. Aufgrund des starken Wettbewerbs in vielen Märkten reicht es heutzutage nicht mehr aus, ein Produkt anzubieten, das lediglich einen Basisnutzen erfüllt. Produkte sollten mit möglichst vielen Zusatznutzen ausgestattet werden, um Kund*innen auf einem hohen Grad zu befriedigen. 65 Eine entsprechende Darstellung dieser Idee liefern Kotler, Keller und Bliemel mit einer Gliederung in fünf Konzeptionsebenen (siehe Abb. 5). 63 vgl. Thonet: 214, (28.06.2021) 64 H. Meffert, C. Burmann, M. Kirchgeorg: Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Springer Gabler, Wiesbaden 2015, S. 361 65 D. Lorberg, H. Vergossen: Marketing: Grundlagen und Strategien, NWB Verlag, 2015, S. 110
Potenzielles Produkt Erweitertes Produkt Erwartetes Produkt Generischer Nutzen Kernnutzen Abbildung 5 Konzeptionsebenen der Produktplanung (in Anlehnung an Kotler 2007) 66 Anhand des Beispiels des T-Shirts lassen sich die einzelnen Ebenen erklären. Der Kernnutzen und das generische Produkt, bzw. Basisnutzen eines T-Shirts 24 besteht darin, dass man es anziehen kann und damit Schutz vor Nacktheit und in Teilen vor Kälte bietet. Darüber steht das erwartete Produkt, das Eigenschaften enthält, die man von dem Produkt erwartet, also dass es passt und einigermaßen gut verarbeitet ist. Beim erweiterten Produkt geht bereits schon um die bereits angesprochenen Zusatznutzen für den/die Kund*in. Das ist in vielen Fällen der Markenname auf dem T-Shirt, wodurch sich der/die Kund*in mit der Marke präsentieren kann und so auch emotional mit dem Produkt verbunden ist. Es kann aber auch ein Text oder Bild sein, mit dem sich der/die Kund*in identifizieren kann. Die letzte Ebene, das potenzielle Produkt steht für jeden Zusatznutzen, den das Produkt in Zukunft noch erfahren könnte. Das können zusätzliche Aspekte wie Nachhaltigkeit sein, aber auch emotionalere Themen, wie Exklusivität oder Status; häufig erzeugt durch Material, Qualität aber auch Markenimage. Das lässt sich veranschaulichen, wenn man ein T-Shirt von Off-White mit einem T-Shirt von H&M vergleicht (siehe Abb. 6). Der Preisunterschied von 245 Euro lässt sich nicht durch die Qualität erklären, das Logo macht den Unterschied. Die Marke Off-White steht unter anderem für Themen wie 66 P. Kotler, K. Keller, F. Bliemel: Marketing-Management, 12. Auflage, München 2007, S. 493
Gleichheit und macht sich in Amerika stark für die Minderheiten in der Bevölkerung. Das Logo erzeugt somit eine zusätzliche emotionale Ebene und steigert dadurch den Wert des Produktes für den/die Kund*in. 25 Abbildung 6 Vergleich T-Shirt H&M (5 Euro) 67 und T-Shirt Off-White (250Euro) 68 Genau wie das T-Shirt, ist ein Holzstuhl als erwartetes Produkt einer zu hohen Konkurrenz ausgesetzt und sollte entsprechend mit Zusatznutzen aufgewertet werden, um marktfähig zu bleiben. Einer der wichtigsten Aspekte hierbei ist, wie am Beispiel Off-White zu sehen, ein starkes Markenimage. Dazu muss aber die Markenidentität entsprechend gut kommuniziert werden. Die Platzierung eines Logos auf Produkten erleichtert es der Gen Z die Marke als Identifikationsfaktor zu nutzen, da so auch nach außen kommuniziert wird, mit welchen Werten sie sich als Person darstellen wollen. In der Möbelindustrie wird diese Art von Markenkommunikation so gut wie gar nicht angewendet. Das einzig nennenswerte Beispiel ist die Marke fatboy die ihren auffälligen Schriftzug auf all ihre Produkte platziert (siehe Abb. 7). 67 H&M, T-Shirt Regular Fit, Produktfoto, (16:42, 19.06.2021) 68 Farfetch, T-Shirt mit Arrows-Print, Off-White, Produktfoto, (16:42, 19.06.2021)
Das Logo erinnert sehr an das des bekannten Modelabels Supreme und profitiert auch sicherlich von dieser Annäherung. Abbildung 7 Lamzac O, Aufblasbarer Sitz, Sky blue, fatboy 69 Fast alle Marketingstrategien, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit vorgestellt werden, hängen eng mit der Steigerung des Produktpotenzials zusammen. 26 6/2/2/ Einzigartigkeit Wie bereits in 4.2 angesprochen ist bei der Generation Z Einzigartigkeit und Individualität von großer Bedeutung. Dazu gehört zentral die eigene Darstellung, sowohl im Alltag, als auch Online auf sozialen Medien. Es ist wichtig, sich von anderen abzuheben und einen eigenen Stil zu haben. Wie die Studie „Eine Generation ohne Grenzen“ aber ebenfalls feststellte „bedeutet [das] jedoch nicht, dass Gen Z große, etablierte Marken vollkommen ablehnt: Unter den vier Generationen besitzt die jüngste offenbar den stärksten Wunsch, bekannte Marken zu kaufen und Produkte mit sichtbarem Branding zu tragen.“ 70 Die Studie sieht hierfür grundlegend drei Modelle der Einzigartigkeit: Einmaligkeit, Personalisierung und Limitierung. 69 Fatboy, Lamzac O Aufblasbarer Sitz 3.0 Sky blue, Produktfoto, (19:32, 19.06.2021) 70 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 15
6/2/2/1/ Einmaligkeit Ein Produkt, das es nur einmal gibt, ist natürlich das Maximum, was an Einzigartigkeit erreicht werden kann. Hier hat die Möbelindustrie der Mode gegenüber sogar einen Vorteil. Durch den häufigen Einsatz von Naturmaterialien wie Holz oder Stein besitzen die Produkte oft eine ganz eigene Maserung oder Muster, wodurch keines dem anderen gleicht. Diesen Punkt gilt es also nur besser zu kommunizieren, auch wenn z.B. das Vorhandensein von starker Maserung im Holz auf den persönlichen Geschmack ankommt. 6/2/2/2/ Personalisierung Sofern es die Herstellungsprozesse zulassen, ist die Personalisierung von Produkten ein recht einfaches Mittel, um Kund*innen einzigartig fühlen zu lassen und zusätzlich in das Markenerlebnis stärker zu involvieren. Das wohl 27 bekannteste Beispiel hierfür ist das „NIKE By You“ Programm, bei dem Kund*innen eigene NIKE-Sneaker personalisieren können. 71 Interessant ist dabei auch zu sehen, dass eine bestimmte Auswahl an Designs nur für sogenannte „Member“ erhältlich ist. Diese Mitgliedschaft ist zwar kostenlos, aber nur zugänglich, indem man die NIKE-App herunterlädt. 72 Dadurch erhalten Kund*innen zwar einen exklusiveren Status, sind aber auch direkt Ziel von Werbung. Das Prinzip der Personalisierung ist in der Möbelindustrie nicht unbekannt, so kann bei fast jeder Marke bei dem Kauf eines Stuhls die Holzart, sowie die Art des Bezuges festgelegt werden. 71 Nike: Nike By You, (16.05.2021, 14:53) 72 Nike: Membership, < https://www.nike.com/de/membership> (16.05.2021, 14:54)
6/2/2/3/ Limitierung Die Limitierung von Produkten in der Modeindustrie wird zunehmend beliebter. So gibt es bereits Marken, die fast ausschließlich limitierte Kollektionen anbieten. Ein Beispiel hierfür ist das deutsche Modelabel Peso, das in wenigen Monatsabständen eine kleine Anzahl an Kleidungsstücken zu einem besonderen Thema herausbringt. Dabei machte Peso nach eigenen Aussagen bei einer Black-Friday-Aktion an einem Wochenende einen Umsatz von 2,2 Millionen Euro. 73 Eine andere beliebte Variante Produkte mit limitierter Auflage auf den Markt zu bringen, sind Kooperationen zwischen Marken. Dabei sollen möglichst Teile des Images der jeweiligen Marke auf die andere übertragen werden. Wenn erfolgreich umgesetzt, kann dies bewirken, dass die Marke danach jünger, luxuriöser oder moderner wirkt. Wenn eine Mainstream-Marke wie H&M eine Design-Kooperation mit einer Luxusmarke wie Moschino eingeht (2018), dann bietet es H&M die 28 Möglichkeit seinen Kund*innen einzigartige Produkte anzubieten, ohne ihre Geschäftsidee grundlegend zu ändern. 74 Moschino kann bei einer breiteren Kundschaft ihre Produkte platzieren und profitiert von überzeugten Kund*innen, die sich später die teureren Produkte kaufen. Solche Kooperationen sind mittlerweile fester Bestandteil der Produktstrategie von H&M. 75 Den Kooperationen zwischen Marken scheinen fast keine Grenzen gesetzt, so gibt es eine gemeinsame Kollektionen von DHL und dem jungen Modelabel AntiSocialSocialClub (sieh Abb. 8) und eine Werbekampagne der Luxusmarke Gucci mit dem japanischen Anime OnePiece. 76 73 K. Kunath: Mit 16 verdiente er 1500 Euro – mit 22 trägt er Uhren für 84.000 Euro, Welt, 2020, (16.05.2021, 15:32) 74 Vogue: H&M x Moschino – so sieht die komplette Kollektion aus, 2018, (16.05.2021, 15:54) 75 OC&C: Eine Generation ohne Grenzen, 2019, S. 25 76 S. Raabe: One Piece: Ruffy und Zorro modeln für GUCCI, Anime2You, 2020, (20:29, 24.06.2021)
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