Mitteilungen - DFN-Verein

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Mitteilungen - DFN-Verein
Deutsches Forschungsnetz | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | www.dfn.de

                      mitteilungen
Abstand, bitte!
Die Folgen von COVID-19 für das X-WiN

Im Auge des Zyklons                                                                         Anpacken
Der Weg zum                                                 Umweltschutz und
Krisenmanagement                               Nachhaltigkeit in Rechenzentren
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Impressum

Herausgeber: Verein zur Förderung
eines Deutschen Forschungsnetzes e. V.

DFN-Verein
Alexanderplatz 1, 10178 Berlin
Tel.: 030 - 88 42 99 - 0
Fax: 030 - 88 42 99 - 370
Mail: dfn-verein@dfn.de
Web: www.dfn.de

ISSN 0177-6894

Redaktion: Maimona Id, Nina Bark
Lektorat: Angela Lenz
Gestaltung: Labor3 | www.labor3.com
Druck: Druckerei Rüss, Potsdam
© DFN-Verein 08/2020

Fotonachweis
Titelfoto: André Rumann / corpus delicti
Seite 6/7: baona / iStock
Seite 36/37: Supersmario / iStock
Umschlag Rückseite: André Rumann / corpus delicti
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DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |   3

                                                               Der DFN-Vorstand (von links nach rechts):
                                                               Christian Zens (Stellv. Vorsitzender),
                                                               Prof. Dr. Hans-Joachim Bungartz (Vorsitzender),
                                                               Dr. Rainer Bockholt (Stellv. Vorsitzender).
                                                               Foto: Frank Homann

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die COVID-19-Pandemie hat uns alle vor besondere Heraus-       nen, im Strategischen Beirat oder in der Geschäftsstelle –
forderungen in verschiedener Hinsicht gestellt, und der        dürfen wir aber sehr zuversichtlich sein, dass uns auch die-
DFN-Verein war davon nicht ausgenommen. Bei allem Ver-         se Diskussionen wieder ein Stück weiterbringen werden.
trauen in die Stärken der Gemeinschaft im Verein und in        Und somit kann die COVID-19-Pandemie sogar als Impulsge-
die Handlungsfähigkeit seiner Geschäftsstelle – wir als Vor-   ber verstanden werden, der Fragestellungen in den Vorder-
stand waren uns sehr schnell des besonderen Fokus be-          grund rückt, die manchmal vielleicht zu Unrecht im ständi-
wusst, in den der DFN-Verein innerhalb weniger Wochen          gen Wettstreit der Prioritäten hintangestellt wurden.
gerückt war: Wird das Netz den teils drastisch gestiegenen
Anforderungen gerecht? Vor welchen Herausforderungen           Doch nicht nur in der Lehre konnten Erfahrungen in Sachen
werden unsere Dienste stehen, allen voran DFNconf? Mit         „online“ gesammelt werden, der DFN-Verein erlebte in sei-
welcher Erwartungshaltung werden die Mitglieder auf den        ner 80. Mitgliederversammlung tatsächlich seine Online-
Verein blicken? Keine einfachen Fragen, aber wir können        Premiere. Dank akribischer Vorarbeit und dem engagierten
mittlerweile ein ganz überwiegend positives Zwischenfazit      Mitmachen aller lief es äußerst rund – auch wenn die per-
ziehen: Der DFN-Verein hat in dieser ersten Welle von Ver-     sönlichen Begegnungen, der vielfältige Austausch und nicht
änderungen durch die Pandemie gezeigt, wie gut er aufge-       zuletzt das Vorabendprogramm schon schmerzlich vermisst
stellt ist.                                                    wurden. Unsere 80. Mitgliederversammlung hat aber auch in
                                                               anderer Hinsicht quasi Geschichte geschrieben: Nach inten-
Aber fraglos gibt es im Verein nun einiges zu besprechen. So   siven Diskussionen quer durch den Verein – auf allen Ebe-
stellt sich angesichts der inzwischen vorliegenden Erfah-      nen und allen Kanälen – hat sich der DFN-Verein eine neue
rungen mit onlinebasierter Lehre sowie den damit verbun-       Entgeltordnung gegeben; am Ende zwar nicht einmütig,
denen technischen Anforderungen die offenkundige Frage,        aber mit einer überzeugenden Mehrheit auf Basis der geleb-
welche Rolle der DFN-Verein zukünftig bei diesem Thema         ten Willensbildung in der Gemeinschaft. Ein solcher Kraft-
für sich insgesamt und für Dienste wie DFNconf sieht. Ideen    akt soll an dieser Stelle auch erwähnt werden, er kommt ja
und Erwartungen in ganz verschiedene Richtungen stehen         nicht alle Tage vor – was nun fürwahr ein Schreckensszena-
dazu schon im Raum und wollen abgewogen werden. Ange-          rio wäre. Bei dieser Bewertung sind wir uns sicherlich alle
sichts der großen Expertise im Verein – sei es bei den Mit-    einig.
gliedseinrichtungen, in den Ausschüssen, den Vereinsorga-

Wir wünschen Ihnen eine informative und unterhaltsame Lektüre.

Der DFN-Vorstand
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4   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020

                1                       2                 3                     4                  5

                5                       6                 7                     8                 10

                9                      10                11                    12                 15

               13                      17                16                    17                 20   21

Unsere Autoren dieser Ausgabe im Überblick
1 Henry Kluge, DFN-Verein (kluge@dfn.de); 2 Dr. Stefan Piger, DFN-Verein (piger@dfn.de);
3 Maimona Id, DFN-Verein (id@dfn.de); 4 Dr. Leonie Schäfer, DFN-Verein (schaefer@dfn.de);
5 Dr. Jakob Tendel, DFN-Verein (tendel@dfn.de); 6 Burcu Ortakaya, TÜBİTAK ULAKBİM
(burcu.ortakaya@tubitak.gov.tr); 7 Marina Köhn, Umweltbundesamt (marina.koehn@uba.de);
8 David Hausheer, OVGU Magdeburg und ETH Zürich (hausheer@ovgu.de); 9 Timo Malderle,
Universität Bonn (malderle@informatik.uni-bonn.de); 10 Michael Meier, Universität Bonn, FKIE
(mm@cs.uni-bonn.de); 11 Matthias Wübbeling, Universität Bonn, FKIE (wuebbel@cs.uni-bonn.de);
o. Abb. Christine Kahl, DFN-CERT (kahl@dfn.de); 12 Owen Mc Grath, Forschungsstelle Recht im DFN
(o.mcgrath@uni-muenster.de); 13 Marten Tiessen, Forschungsstelle Recht im DFN
(tiessen@uni-muenster.de)
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DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |                       5

Inhalt
Wissenschaftsnetz                                                                                 Sicherheit

Auf den Kopf gestellt – was das X-WiN jetzt                                                       Wer kennt mein Passwort?
leisten kann                                                                                      von Timo Malderle, Michael Meier
von Henry Kluge und Stefan Piger ............................................ 8                   und Matthias Wübbeling ............................................................ 38

Zusammenhalt in Krisenzeiten – DFNconf                                                            Im Auge des Zyklons – DFN-Tutorium
verbindet                                                                                         Crisis Management Exercise
Interview Maimona Id .................................................................. 12        von Christine Kahl ......................................................................... 43

                                                                                                  Sicherheit aktuell .......................................................................... 46
International

Starke Netze in Europa – DFN-Verein maßgeblich
an GÉANT-Projekten GN4-3 und GN4-3N beteiligt                                                     Recht
von Leonie Schäfer und Jakob Tendel .................................... 17
                                                                                                  Zuhause ist es doch nicht am schönsten?
Auf gute Zusammenarbeit – DFN-Verein                                                              von Owen Mc Grath ...................................................................... 49
startet Collaboration Programme mit ASNET-AM
von Leonie Schäfer ........................................................................ 20    Ausgeknipst!
                                                                                                  von Marten Tiessen ....................................................................... 52
ULAKBIM – The Academic Network between
Anatolia and Europe
von Burcu Ortakaya ...................................................................... 22      DFN-Verein

                                                                                                  DFN unterwegs .............................................................................. 56
Forschung
                                                                                                  DFN live ............................................................................................. 58
Umweltschutz und Nachhaltigkeit –
Rechenzentren in der Verantwortung                                                                Überblick DFN-Verein .................................................................. 61
von Marina Köhn ............................................................................ 26
                                                                                                  Mitgliedereinrichtungen ........................................................... 63
Internet Testbed der nächsten Generation –
SCIONLab jetzt mit DFN-GVS
von David Hausheer ..................................................................... 31
Mitteilungen - DFN-Verein
6   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | WISSENSCHAFTSNETZ
Mitteilungen - DFN-Verein
WISSENSCHAFTSNETZ | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |   7

Wissenschaftsnetz
Auf den Kopf gestellt – was das X-WiN jetzt leisten kann
von Henry Kluge und Stefan Piger

Zusammenhalt in Krisenzeiten – DFNconf verbindet
Interview mit Christian Meyer
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8    | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | WISSENSCHAFTSNETZ

Auf den Kopf gestellt – was
das X-WiN jetzt leisten kann
Als Mitte März die Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen aufgrund der
steigenden Zahl von Corona-Infektionen in Kraft traten, wechselten Studierende und
Beschäftigte aus Forschung und Lehre weltweit vom Büro, Labor und Vorlesungssaal
ins Homeoffice. Das tägliche Arbeiten wurde auf den Kopf gestellt, Prozesse mussten
angepasst und Kommunikationswege neu gedacht werden. Von jetzt auf gleich
musste die Digitalisierung ein großes Stück vorankommen, wodurch die IT und damit
auch die Datennetze mehr denn je zur wichtigen Infrastruktur wurden und deren
Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit in den Fokus der Öffentlichkeit rückten.

Text: Henry Kluge, Stefan Piger (DFN-Verein)

Foto: Torychemistry / Adobe Stock
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WISSENSCHAFTSNETZ | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |             9

               März                      April                                 Mai
                März                      April                                 Mai
100 G                                                                                                          40 G
 100 G
80 G                                                                                                           3540GG
 80 G                                                                                                          3035GG
60 G
 60 G                                                                                                          2530GG
40 G                                                                                                             25GG
 40 G                                                                                                          20
20 G                                                                                                           1520GG
 20 G                                                                                                            15GG
0G                                                                                                             10
 0G                                                                                                              10 G

                                                                                                                           Abbildung 1: Verkehr mit Cloud
               März                      April                                 Mai                                         Provider und Content Delivery
                März                      April                                 Mai
40 G                                                                                                                       Networks (exemplarisch oben
 40 G                                                                                                          8G
30 G                                                                                                            8G         Google) sowie mit Kabel- und DSL-
 30 G                                                                                                          6G
                                                                                                                6G         Provider-Networks (exemplarisch
20 G                                                                                                           4G
 20 G                                                                                                           4G         unten DTAG), X-WiN ausgehend
10 G                                                                                                           2G          in blau, -eingehend in grün dar-
 10 G                                                                                                           2G
                                                                                                                           gestellt

 Der Übergang auf Homeoffice und digita-                mer erhebliche Erhöhungen ihrer Bandbrei-                   Solides Fundament – Status
 le Lehre flößte auch vielen Teilnehmern                ten brachte. Dadurch waren die Anbindun-
                                                                                                                    des Wissenschaftsnetzes
 am Dienst DFNInternet verständlicherwei-               gen der Teilnehmer in der Regel so gut di-
 se Respekt ein. Befürchtungen, dass die                mensioniert, dass sie ausreichende Über-                    Für das X-WiN stellte die veränderte Nut-
 Anbindungen der Einrichtungen an das                   tragungskapazitäten für die nun gefragten                   zung keine große Herausforderung dar,
 Wissenschaftsnetz X-WiN dem erwarte-                   Anwendungen zur Verfügung stellen konn-                     da parallel zur Leistungssteigerung von
 ten Anstieg des Verkehrsvolumens nicht                 ten. Teilnehmern, die trotzdem ein Upgra-                   DFNInternet die Gesamtkapazität des X-
 gewachsen sein würden, erwiesen sich je-               de ihres Dienstes wünschten, wurde in der                   WiN-Kernnetzes um 6.000 Gbit/s auf nahezu
 doch in den allermeisten Fällen als unnö-              Regel zeitnah geholfen. Für mehr als 30 Ein-                10.000 Gbit/s erhöht wurde. Dadurch gab
 tig. Ein Grund hierfür war die Ende 2019               richtungen konnte die DFN-Geschäftsstelle                   es auch hier zum Start des Sommersemes-
 abgeschlossene Leistungssteigerung des                 entsprechende Upgrades bis zum Semes-                       ters keine Kapazitätsengpässe.
 Dienstes DFNInternet, die für die Teilneh-             terbeginn Mitte April realisieren.

                                   BRE                                                ROS         GRE

                                                          HAM

                                   EWE                    HAM                         KIE         FFO

                                                          DES
                                                                   TUB
  MUE                BIE                                                                                DRE   DRN
                                   HAN                                                TUB
                                         HAN      BRA      MAG    POT    ZIB                                  CHE

                                         GOE                                                HUB               LEI

                                         KAS
                                                                                            ADH
                     BOC    DOR
                                         MAR
  DUI                                                                                                         LAP
                                                                                            BAY
                                         GIE

         DUI                                                                                                  LAP
                                         FRB

               AAC                       FRA
                                                                                                                                     10 GE
                                                                                            ERL         ILM   JEN
                      BON    BIR                                                                                                     2 x 10 GE
                                   FRA                                                ERL
                                                                 WUE                                                                 100 GE
                                   GSI
                                                                                                                                     2 x 100 GE
                                                                                      REG

                                   HEI
                                                                                                                           Abbildung 2: Ausbau des X-WiN Kern-
  SAA                       KAI
                                   FZK    STU       AUG          GAR     GAR          FHM                                  netzes (Hochrüstung orange)
Mitteilungen - DFN-Verein
10    | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | WISSENSCHAFTSNETZ

                                                        CenturyLink                 Telia Carrier                   Telekom
         Google              2x
                                    10
                                      0G
                                             bit                                                                                                        FRA
                                                /s
                                                          60 Gbit/s                            100 Gbit/s               100 Gbit/s              bit/s
        amazon             100                                                                                                            100 G
                                 +2
                                         0G                                                                                          2x                       DE CIX
                                             bit
                                                   /s                                                                                                   HAM
     EdgeCast/verizon      1 x 10                                                                                                             it/s
                                    0 Gbit                                                                                            10 Gb
                                               /s
                                                                                                                                                        DUS
         Apple             2 x 20 Gbit/s                                                                                              100 Gbit/s               ecix

                           20 Gbit/s
       facebook
                                    it/s                                    DEUTSCHES FORSCHUNGSNETZ                                  75 Gbit/s
                           20 Gb
         Netflix                                                                                                                                              BCIX
                                         s
                                  bit/
                           20 G                            2 x 100 Gbit/s                              2 x 100 Gbit/s
         twitch                       /s
                                G bit
                           20

     Liberty Global

           Europäische                                                                                                                         Forschungsnetze
         Forschungsnetze                                                                                                                      außerhalb Europa

Abbildung 3: Außenanbindungen des X-WiN (Optimierungen orange)

Dies galt auch für die Übergänge des Wis-                    Herausfordernde Zeiten                                       Diesbezügliche Beschwerden des DFN-
senschaftsnetzes zu anderen Netzen so-                                                                                    Vereins bei den Upstream-Providern er-
                                                             Peering im kommerziellen
wie zu den beiden kommerziellen Global-                                                                                   gaben als Grund für diese Situation eine
Up­stream-Providern. Interessant zu beob-                    Internet                                                     Überlast auf den Verbindungen zwischen
achten waren jedoch die Verlagerungen                                                                                     dem Netz der DTAG und beiden Upstream-
des Datenverkehrs mit Beginn des Som-                        Nicht alle kommerziellen Netze und spe-                      Providern des DFN-Vereins. Die beteiligten
mersemesters. So blieben zwar die Ver-                       ziell deren Außenanbindungen (Peerings)                      Parteien sahen sich außerstande, zeitnah,
kehrsvolumina über die internationalen                       waren auf diese Situation vorbereitet. Die-                  das heißt noch vor Start des Sommerse-
Wissenschaftsnetze relativ unverändert,                      se Erfahrung machten in den Wochen ab                        mesters, Abhilfe zu schaffen und die Si-
der Datenverkehr zu den Content- und                         Mitte März zahlreiche Nutzer. Es kam zeit-                   tuation zu entschärfen. Für viele Nutzer
Cloud-Provider-Netzen nahm jedoch deut-                      weise zu Engpässen zwischen kommerzi-                        im Home­office ist eine performante und
lich ab, während die Übertragungsraten                       ellen Netzbetreibern, die auf dem Weg der                    stabile Erreichbarkeit des Wissenschafts-
in die kommerziellen Kabel- und DSL-Pro-                     Daten aus den Einrichtungen am Wissen-                       netzes jedoch unabdingbar, um effizient
vider geradezu explodierten. Mitte April                     schaftsnetz zu den heimischen Arbeitsplät-                   arbeiten zu können. Um dies zu ermögli-
konnte in den Spitzenzeiten ein Wachs-                       zen, durchlaufen werden mussten. Das Net-                    chen, musste der DFN-Verein schnell re-
tum der Übertragungsraten von über 300                       work Operations Center (NOC) des DFN er-                     agieren. Verhandlungen mit der DTAG
Prozent gegenüber Anfang März verzeich-                      hielt wiederholt Meldungen zu Konnektivi-                    über ein kostenneutrales direktes Private
net werden. Begründet liegen diese Ver-                      tätsproblemen zwischen den Anschlüssen                       Peering wie bei solchen Konstellationen
schiebungen in der bereits beschriebe-                       der Deutschen Telekom AG (DTAG) und den                      unter Internetservice- und Content-Provi-
nen neuen Situation. Der überwiegende                        Einrichtungen am Wissenschaftsnetz. Die-                     dern üblich, waren leider nicht erfolgreich.
Anteil der Nutzer verlagerte seinen Ar-                      se Probleme konnten mit Messungen an                         Nach Abwägung aller Handlungsoptionen
beitsort an den heimischen Schreibtisch                      DSL-Anschlüssen der DTAG auch nachvoll-                      und Risiken wurde daraufhin ein kosten-
und griff über kommerzielle Netze und das                    zogen werden.                                                pflichtiger global Upstream bei der Deut-
Wissenschaftsnetz auf Daten und Anwen-                                                                                    schen Telekom AG beauftragt und am 16.
dungen in den Einrichtungen zu.                                                                                           April 2020, also noch vor Start des Sommer-
                                                                                                                          semesters, implementiert und auch unmit-
WISSENSCHAFTSNETZ | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |     11

telbar in Betrieb genommen. Die Konnek-      wurden seit Mitte März mit mehr als zehn       oder gar Katastrophen, wenn das System
tivitätsprobleme konnten somit auf Ini-      Netzbetreibern neue Peerings vereinbart        ausreichende Puffer enthält. Diese Puffer
tiative des DFN-Vereins erfolgreich beho-    und in der Mehrzahl auch bereits realisiert.   existieren im Wesentlichen in Form von
ben werden.                                  Darunter waren auch ein direktes Peering       im Normalbetrieb nicht genutzter Über-
                                             mit Liberty Global mit 20 Gbit/s, wodurch      tragungskapazität. Wichtig sind aber auch
Mit Weitsicht – Optimierungen                die Kunden von UnityMedia nun einen di-        Reserven an technischen Komponenten,
                                             rekten Zugang zum X-WiN haben, und zwei        mit denen notwendige Kapazitäten an
im Wissenschaftsnetz
                                             georedundante Peerings mit Amazon mit          nicht vorhersehbarer Stelle nachgerüs-
Auch wenn sich das Kernnetz des X-WiN als    je 100 Gbit/s. Schließlich wurde noch die      tet werden können sowie etablierte Pro-
durchweg gut gerüstet für die Herausfor-     Anbindung an einen der Global-Upstream-        zesse, die für eine schnelle Inbetriebnah-
derungen der COVID-19-Pandemie erwies        Provider auf 100 Gbit/s erhöht.                me dieser sorgen. Außerdem sollte die Ab-
und es zu keinem Zeitpunkt zu Engpässen                                                     hängigkeit von Dritten minimiert werden.
oder Überlastsituationen kam, erschien ei-   Gibt es Lehren aus der Krise?                  Das ist nur möglich, wenn die Funktions-
ne Hochrüstung einzelner Verbindungen                                                       herrschaft über die kritischen technischen
im Kernnetz sinnvoll. Ursächlich für diese   Nach etwa drei Monaten im Krisenmodus          Plattformen des Netzes und der Basis-
Entscheidung waren die kurzfristig beauf-    und den so gemachten Erfahrungen, ist es       infrastruktur gegeben ist.
tragten Upgrades von DFNInternet-Diens-      Zeit für ein erstes Resümee. Festzuhalten
ten. Um auch in Zukunft über genügend        ist, dass das Wissenschaftsnetz die geän-      Eine weitere Erkenntnis aus den letzten
Kapazitätsreserven zu verfügen, wurden       derten Anforderungen bisher gut bewäl-         Wochen betrifft die Kommunikation mit
für die Kernnetz-Router an den Standor-      tigen konnte und sich die Leistungsfähig-      den Teilnehmern und der interessierten Öf-
ten Bremen, Oldenburg, Bochum und Dort-      keit und Verfügbarkeit der Kommunikati-        fentlichkeit. Eine lebhafte, bilaterale Kom-
mund neue Anbindungen mit 100 Gbit/s ge-     onsdienste unverändert auf höchstem Ni-        munikation mit einzelnen Teilnehmern
plant und beauftragt. Diese Arbeiten kön-    veau bewegen. Aber was sind die Gründe         wurde auch während der Krise geführt
nen zeitnah durchgeführt werden, da be-      dafür und wo konnte der DFN-Verein auch        und gewann noch an Bedeutung. Durch
reits in der Frühphase der aktuellen Krise   noch etwas lernen?                             die direkte Kommunikation war es mög-
entsprechende Reserven an technischen                                                       lich, die Teilnehmer schnell und individuell
Komponenten angelegt wurden.                 Naturgemäß sind Weitverkehrsnetze mit          dabei zu unterstützen, die neuen Heraus-
                                             der Ausdehnung und Komplexität des X-          forderungen zu meistern. Zusätzlich schuf
Auch an den Außenanbindungen des X-          WiN träge Systeme, das heißt unvorher-         der DFN-Verein neue Kommunikationswe-
WiN wurden seit Beginn der COVID-19-Krise    sehbare Entwicklungen und Krisen füh-          ge, um dem allgemein gestiegenen Infor-
weitere Optimierungen vorgenommen. So        ren nur dann nicht zu Einschränkungen          mationsbedarf gerecht zu werden, denn
                                                                                            die Verfügbarkeit und die Leistungsfähig-
                                                                                            keit von Datennetzen rückte während der
                                                                                            Krise immer weiter in den Fokus. Ein Er-
                                                                                            gebnis war die Etablierung eines News-
                                                                                            Tickers auf der DFN-Webseite, der während
                                                                                            des Höhepunktes der Pandemie tagesak-
                                                                                            tuelle Informationen zum Status der DFN-
                                                                                            Dienste und der Infrastruktur bereitstellte.
                                                                                            Der neue Kommunikationskanal stieß ge-
                                                                                            nerell auf positives Feedback. Darüber hi-
                                                                                            naus wurden mit den Teilnehmern weitere
                                                                                            Wünsche und Anregungen diskutiert, die
                                                                                            die DFN-Geschäftsstelle gerne aufnimmt
                                                                                            und weiterentwickelt, um die aktuellen
                                                                                            Entwicklungen im Deutschen Forschungs-
                                                                                            netz transparent und zielgerichtet zu ver-
                                                                                            mitteln. M

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12   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | WISSENSCHAFTSNETZ

Zusammenhalt in Krisen-
zeiten – DFNconf verbindet
Katastrophe oder Chance? Der Dienst, der im Deutschen Forschungsnetz (DFN) in
Folge der COVID-19-Pandemie am härtesten auf die Probe gestellt wurde, ist der
Videokonferenzdienst DFNconf. Über Nacht gingen die Nutzerzahlen durch die
Decke und ein funktionierendes System stieß an seine Grenzen. Was es heißt, einen
Dienst im Hauruckverfahren krisensicher zu gestalten, wie viele schlaflose Nächte
das kostet – aber auch, wie stark eine Gemeinschaft in Krisenzeiten ist, erzählt unser
Dienstverantwortlicher Christian Meyer im Interview.

                                                                          Wissenschaft und Lehre im Ausnahmezustand. Und
                                                                          ein Videokonferenzdienst, der in die Knie geht. Da
                                                                          kann man schon mal nervös werden, oder?
                                                                          Auf jeden Fall. Wir standen alle ziemlich unter Strom.
                                                                          Mitte März wechselten unsere Einrichtungen –
                                                                          Universitäten, Hochschulen und Forschungsinstitu-
                                                                          tionen – deutschlandweit ad hoc in den Notbetrieb
                                                                          und schickten einen Großteil ihrer Beschäftigten zeit-
                                                                          gleich ins Homeoffice. Dadurch gingen die Meeting-
                                                                          und Teilnehmerzahlen unseres Videokonferenzdiens-
                                                                          tes DFNconf über Nacht auf allen Plattformen durch
                                                                          die Decke – in Spitzenzeiten um das Zehnfache. Die
                                                                          Antwort auf Social Distancing war der Ansturm auf die
                                                                          virtuellen Meeting-Räume. Das führte zu dramatischen
                                                                          Engpässen beim Erstellen neuer Meetings sowie mas-
                                                                          siven Einschränkungen beim Verbindungsaufbau und
                                                                          der Dienstqualität. Ich kann mich noch genau an Sonn-
                                                                          tagnacht vom 15. auf den 16. März erinnern. Ich habe
                                                                          mich hin und her gewälzt und bei der Vorstellung, wel-
                                                                          che Auslastung zu Wochenbeginn auf uns wartet, kein
                                                                          Auge zubekommen.
Erprobter Krisenmanager: Christian Meyer behält auch während der COVID-
19-Pandemie einen kühlen Kopf. Foto: Maimona Id/DFN-Verein
                                                                          Und da waren sogar noch Semesterferien.
                                                                          Ganz genau. Verschärfend kam hinzu, dass das Som-
                                                                          mersemester 2020 nicht ausfallen, wie verschiedent-
                                                                          lich gefordert, sondern im Gegenteil digital stattfinden
                                                                          sollte. Unsere Einrichtungen standen nun vor der He­
                                                                          rausforderung, digitale Vorlesungen und Prüfungsfor-
                                                                          mate zu entwickeln, um die Lehre an den Hochschulen
WISSENSCHAFTSNETZ | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |            13

so gut es geht aufrechtzuerhalten. Spä-
testens da war klar: Wir brauchen eine
möglichst rasche, bundesweit einheitli-            MEILENSTEINE DER TECHNOLOGIEWECHSEL
che Lösung, um unsere Anwender in die-
                                                    2000       Erste Planungen für einen Videokonferenzdienst
ser überaus schwierigen und unüber-
sichtlichen Situation zu unterstützen.              2002       Pilotdienst mit Multipoint Control Units (MCUs) von
                                                               Radvision für Videokonferenzen
So standen wir vor einer doppelten
                                                    2003       DFNVC wird Regeldienst mit eigenem Entgelt.
Herausforderung: zum einen, unseren
                                                               Ab 2006 im Dienst DFNInternet enthalten
Dienst auf der technischen Plattform
Pexip so schnell wie möglich auszubau-              2005       Verwaltungsrat erteilt Prüfungsauftrag für
                                                               Webkonferenzdienst

           „Das war ein                             2006       Wechsel von der Radvision-MCU zu MCUs von Codian
                                                               (jetzt Cisco): Einführung von FullHD Videoqualität
       regelrechter Wettlauf
                                                               Pilotbetrieb „Macromedia Breeze“, später „Adobe Connect“
           mit der Zeit.“
                                                               für Webmeetings
                                                    2007       nur noch Codian-MCUs
en, um die steigenden Nutzerzahlen im
                                                    2018       Inbetriebnahme von Pexip als Nachfolgeplattform der
Bereich Videokonferenz bewältigen zu
                                                               abgekündigten Codian-Plattform: vereint Video- und
können, und zum anderen, unseren An-
wendern möglichst bis zum Semester-                            Webkonferenztechnologie, DFNconf wird nun als
beginn am 19. April Ideen hinsichtlich                         Dienstbezeichnung für das Portfolio geführt
einer möglichen E-Learning-Plattform
im DFNconf zu präsentieren. Jeden Tag
gab es neue Hürden, die wir überwinden        die maximale Videoqualität von FullHD        anstaltungen und Konferenzvorträge,
mussten. Das war ein regelrechter             (1080p) auf zuletzt SD (448p), um mehr       die nicht zwingend Zwei-Wege-Kommu-
Wettlauf mit der Zeit.                        Meetings bewältigen zu können und            nikation mit Audio und Video erfordern,
                                              empfahlen, diese möglichst außerhalb         das Streaming-Modul von DFNconf zu
Mit welchen Maßnahmen habt ihr die            der Stoßzeiten durchzuführen, um die         nutzen.
Pexip-Plattform stabilisiert?                 Infrastruktur zu entlasten und damit die
Das fing mit einer Reihe einfacher So-        Erreichbarkeit des Dienstes zu erhöhen.      Um die Betriebsstabilität zu optimieren,
fortmaßnahmen an: Wir reduzierten             Außerdem rieten wir dazu, für Lehrver-       konzentrierten wir uns vor allem darauf,

PEXIP: ANZAHL GLEICHZEITIG AKTIVER NUTZER
                                                                                                       Im Februar:
5000                                                                                                   Ø 400–500 gleichzeitige Nutzer
                                                                                                       mit 1.900 Nutzungsstunden
                                                                                                       Konferenzvolumen täglich
4000
                                                                                                       11.02.2020 (Sturmtief „Sabine“):
                                                                                                       700 gleichzeitige Nutzer mit
                                                                                                       2.400 Nutzungsstunden
3000
                                                                                                       Konferenzvolumen täglich

                                                                                                       21.04.2020 (Maximum in der
2000                                                                                                   COVID-19-Pandemie):
                                                                                                       4.500 gleichzeitige Nutzer mit
                                                                                                       26.600 Nutzungsstunden
1000                                                                                                   Konferenzvolumen täglich

                                                                                                       *ein einstündiges Meeting mit
   0                                                                                                   drei Leuten erzeugt drei Nutzungs-
                    März                  April                Mai                  Juni               stunden Konferenzvolumen.
14   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | WISSENSCHAFTSNETZ

                                                                       weitere Kapazitäten zu schaffen. Hier ist uns von
     DER DIENST DFNconf IM ÜBERBLICK                                   allen Seiten sehr große Hilfsbereitschaft entge-
                                                                       gengebracht worden. Zum Beispiel vom Hersteller
                                                                       Pexip, der uns 2000 Video- und 1000 Audiolizenzen
      Nutzer
                                                                       entgeltfrei zur Verfügung stellte. So konnten wir
                                                                       von je 400 auf insgesamt 5000 Video- und 3000
                                                                       Audiolizenzen aufstocken.

                                                                       Das ist schon sehr großzügig.
                                                                       Es kommt noch besser: Ein großer Glücksfall und
                                                                       ein Beleg dafür, was die DFN-Gemeinschaft im Kern
      VC-Systeme, Webbrowser, Soft-Clients, Mobile Clients, Telefon    bedeutet, war das spontane Angebot einiger teil-
                                                                       nehmender Einrichtungen, uns Anfang April kurz-
                                                                       fristig Serverkapazitäten zur Verfügung zu stellen,
                                                                       um die Anzahl gleichzeitig stattfindender Meetings
                                                                       zu erhöhen. Dadurch haben wir innerhalb von zwei-
                                                                       einhalb Wochen die Zahl der Konferenzknoten ver-
      Interface zum Dienst                                             vierfacht – auf insgesamt 53 Konferenzknoten an
                                                                       fünf Standorten. Diese Hilfsbereitschaft war wirk-
                      Log-in über AAI                                  lich enorm, an dieser Stelle noch einmal ein Riesen-
                                                                       dankeschön für die unkomplizierte Unterstützung.
                           Portal
                                                                       Neben der Optimierung der Betriebsstabilität war
                                                                       es vor allem wichtig, unsere Anwender – sowohl
      Veranstalterkonten, Raumverwaltung, H.323/SIP-Adressierung       die lokalen betrieblichen Ansprechpartner als auch
                                                                       die Endnutzer – zeitnah über unsere Maßnahmen
                                                                       zu informieren. Dass der Dienst nicht mehr wie ge-
                                                                       wohnt funktionierte, hat teils Ärger und Unver-
                                                                       ständnis erzeugt. Unsere Hotline war sehr stark
      Dienst-Infrastruktur
                                                                              „Dass der Dienst nicht mehr
                          Cisco           Adobe
          Pexip
                       Codian MCU        Connect                              wie gewohnt funktionierte,
          Server
                         Server           Server                                  hat teils Ärger und
                                                                                Unverständnis erzeugt.“
         VoIP-Plattform für telefonische Einwahl
                                                                       ausgelastet, es kam zu massiven Verzögerungen.
                                                                       Viele Endnutzer haben sich direkt an uns ge­
                                                                       wendet, ohne die Ansprechpartner in den lokalen
                                                                       Einrichtungen zu kontaktieren, wir hatten also auf
                                                                       einmal vermehrt mit First-Level-Support zu tun.
                                                                       Darum haben wir unter anderem unsere FAQ auf
                                                                       die aktuellen Erfordernisse abgestimmt und einen
                                                                       Newsticker zur COVID19-Pandemie ins Leben ge-
                                                                       rufen. Das Nutzervertrauen ist ein Stück verloren
                                                                       gegangen, das müssen wir wieder aufbauen. Ge-
                                                                       meinsam haben wir versucht, so viel aus unserem
                                                                       Dienst rauszuholen, wie es nur geht. Und das ist
                                                                       uns, glaube ich, gut gelungen.
WISSENSCHAFTSNETZ | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |    15

Erste Herausforderung gemeistert, kurz aufatmen und Haken         DFNconf auch während der Corona-Krise gerne und viel ge-
dran. Was war nun mit dem Thema digitale Lehre? Warum hat         nutzt. Das zeigen die nach wie vor hohen Auslastungszahlen
euch das so viel Kopfzerbrechen bereitet?                         auf der Pexip-Plattform. Dieser hohe Standard im Datenschutz
Weil wir von diesem plötzlichen Bedarf unserer Anwende            führt jedoch zu Abstrichen in der Skalierbarkeit – sprich Ein-
eine riesige Anzahl von E-Learning-Veranstaltungen mit meh-       schränkungen in der Anzahl der Teilnehmer sowie im Umfang
reren Tausend Teilnehmern durchführen zu müssen, völlig           der Funktionen. Unterschiedliche Bedarfe verlangen immer
überrascht wurden. So wie übrigens unsere Community auch.         noch unterschiedliche Tools. Ein Produkt, das wie die sprich-
Dieser Bedarf hat sich trotz der schon lange anhaltenden Digi-    wörtliche eierlegende Wollmilchsau funktioniert und solch
talisierungsbestrebungen in der Lehre erst durch die COVID19-     ein breites Nutzungsspektrum abdecken kann, gibt es aus
Pandemie so verschärft. Das konnte niemand voraussehen.           meiner Sicht nicht.
In seiner jetzigen Konstellation kann unser Dienst diese Nach-
frage so kurzfristig nicht abdecken.                              Zurück zum Problem digitales Sommersemester: An welche
                                                                  Lösung hattet ihr denn nun gedacht, um kurzfristig Abhilfe zu
Was genau sind die Gründe dafür?                                  schaffen?
Da muss ich etwas ausholen: Der Dienst DFNconf besteht aus        Als Ersatz für die Adobe-Connect-Plattform hatten wir uns be-
mehreren Modulen, die alle eine unterschiedliche Funktion         reits lange vor der COVID19-Pandemie damit beschäftigt, für
erfüllen. So ergänzten wir den Dienst 2006 um die Plattform       unser Portfolio ein Tool zu finden, das sowohl Veranstaltun-
Adobe Connect, um einfache Webmeetings durchführen zu             gen mit einer großen Teilnehmerzahl als auch die Einbindung
können. Diese ist außerdem in der Lage, Lern-Management-          von Lernmanagementsystemen (LMS, z. B. Moodle) zulässt. En-
Systeme einzubinden. Als wir 2018 das Modul Pexip einführ-        de 2019 haben wir gemeinsam mit den europäischen Partnern
ten, das sowohl Video- als auch Webkonferenzen vereint,           im GÉANT-Verbund ein Proof-of-Concept für eine cloudbasierte
wurde Adobe Connect mehr und mehr für E-Learning-Anwen-           hochskalierende Plattform für Videokonferenzen abgeschlos-
dungen genutzt. Dieses Modul basiert aber auf einer alten         sen, bei dem Zoom in allen Tests sehr gut abgeschnitten hat.
Webtechnologie, sie hat nach nunmehr 14 Jahren ausgedient         Zoom hat sich dabei vor allem aufgrund des Funktionsum-
und wurde vom Hersteller abgekündigt. Bereits seit 2017           fanges und der Integrationsmöglichkeiten für Lehr- und Lern-
beschäftigen wir uns intensiv damit, diese zu ersetzen.           umgebungen bewährt und auch mit hoher Nutzerfreundlich-
                                                                  keit gepunktet. Aus diesem Grund ist der DFN-Verein im März
Und warum kann die Pexip-Plattform kein E-Learning?
Na, ganz einfach darum, weil sie für ein völlig anderes Nut-
zungsszenario konzipiert wurde. Die Videoplattform „Pexip“
                                                                                   „Im März ist der
ist auf eine gleichmäßig steigende Anzahl von Besprechungen                    DFN-Verein erneut auf die
                                                                               Firma Zoom zugegangen.“
              „Ein Produkt, das wie die
            sprichwörtliche eierlegende                           erneut auf die Firma Zoom zugegangen, um die Möglichkeit
             Wollmilchsau funktioniert,                           für einen Rahmenvertrag zu prüfen. Ziel war es, eine Lizenzie-
                                                                  rung des Produktes für alle Teilnehmer im DFN zu erzielen. Lei-
                    gibt es nicht.“
                                                                  der konnten wir mit der Firma so kurzfristig zu keiner Überein-
                                                                  kunft kommen. Die Begründung war, dass sie wegen der un-
mit maximal 23 gleichzeitigen Teilnehmern ausgerichtet und        vorhergesehenen Krisensituation vom etablierten Geschäfts-
bietet darüber hinaus nur eine überschaubare Möglichkeit,         modell, das aktuell keine Rahmenverträge vorsieht, erst mal
interaktive Werkzeuge zu verwenden, dafür aber mit dem Fo-        nicht abweichen wollen. Jedoch hat uns Zoom für den Zeit-
kus auf hoher Audio- und Videoqualität. Seit 2003 entwickeln      raum nach der Bewältigung der Pandemie eine Perspektive
wir unseren Videokonferenzdienst streng entlang der Bedar-        für eine Einigung in Aussicht gestellt. Das wird sicher eine
fe unserer Anwender: Pexip wurde explizit für die digitale „ge-   Herausforderung für alle Beteiligten, aber wir bleiben auf
schlossene Tür“ konzipiert. Das heißt, der damalige Auftrag       jeden Fall am Ball.
unserer Anwender lautete: Wir wollen einen Videokonferenz-
dienst für Meetings mit hohem Schutz- und Sicherheitsbedarf:      Was für ein Rückschlag. Wie sahen die Konsequenzen aus?
für Besprechungen mit vertraulichen Inhalten, beispielsweise      Dieses unbefriedigende Verhandlungsergebnis zu akzeptie-
zu unveröffentlichten Forschungsergebnissen oder für Bewer-       ren, ist mir sehr schwergefallen, zumal wir vor der Corona-
bungsgespräche. Und genau für diese Zielsetzung wird das          Krise schon fast eine erste Einigung mit der Firma Zoom
16   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | WISSENSCHAFTSNETZ

erzielt hatten. Das war einfach nicht mein Anspruch. Wir           Würde ich mich wieder für eine standardkonforme Videoplatt-
wollten ja vermeiden, dass die ohnehin belasteten Einrichtun-      form mit hoher Datensicherheit und Videoqualität wie Pexip
gen unter den Druck geraten, eigene Betriebskonzepte aus           entscheiden? Ja. Aber mit dem Wissen von heute hätten wir
dem Boden stampfen zu müssen und dadurch ein Wildwuchs             sicherlich sehr viel eher auch eine hochskalierende Cloud-
an isolierten lokalen Lösungen entsteht. Und nun war eine          Lösung etabliert. Aber das konnten wir leider nicht voraus­
schnelle Lösung leider nicht in Sicht.                             sehen. In diesem Punkt waren unsere Anwender auf sich
                                                                   selbst gestellt – das fühlt sich nicht gut an und wirkt bei mir
Wir mussten letztendlich in den sauren Apfel beißen und un-        noch nach.
seren Teilnehmern empfehlen, unverzüglich in eigener Initia-
tive lokale Lösungen für onlinebasierte Lehr- und Lernforma-       Aber hey, seit Jahren wird von der Digitalisierung der Hoch-
te zu organisieren. Wir gaben außerdem den Rat, aufgrund           schulen geredet, nun hat das Thema mit Turbogeschwindig-
der eingeschränkten Verhandlungsmöglichkeiten beim Preis           keit Fahrt aufgenommen. Das wird die Lehre nachhaltig verän-
mit den Anbietern kurze Vertragslaufzeiten von maximal ei-         dern. Ein Nebeneffekt: IT-Bereiche und Rechenzentren erfah-
nem Jahr abzuschließen. Im Bereich Wissenschaft und Leh-           ren jetzt viel mehr Anerkennung als zuvor und sind durch die
re ist Open-Source-Software wie zum Beispiel BigBlueButton         Corona-Krise sichtbarer geworden. Gemeinsam mit unseren
oder Jitsi weit verbreitet. Überwiegend sind die Anwender je-      Anwendern sind wir gerade an einer sehr spannenden Ent-
doch dazu übergegangen, Zoom zu nutzen. Das Produkt hat            wicklung beteiligt und haben die Möglichkeit, neue Lösungen
sich trotz Beanstandung der Datenschützer etabliert. Die Kri-      für Wissenschaft und Lehre mitzugestalten. Und darauf freue
tik ist bei der Firma angekommen, da erwarte ich eine Reihe        ich mich jetzt.
von Verbesserungen.
                                                                   Das Gespräch führte Maimona Id
Darüber hinaus haben wir eine Mailingliste ins Leben geru-
fen, um den gegenseitigen Erfahrungsaustausch hinsichtlich
von E-Learning-Lösungen in unserer Community zu fördern
und Feedback zu erhalten, wie groß der Bedarf ist und welche
Lizenz- und Infrastrukturkosten zur Deckung diskutiert
werden müssen. Mit den Ergebnissen können wir im DFNconf
zielgerichtet eine E-Learning-Plattform aufbauen.

Was ist dein Fazit aus dieser Krise?
Im Nachhinein ist man ja immer klüger. Hätten wir im
DFN-Verein besser vorbereitet sein können auf so eine
Krise? Sind wir im Januar mit der Entscheidung, Pexip weiter-
zuentwickeln, den richtigen Weg gegangen? Und hätten wir
schon viel früher, ohne von der COVID-19-Pandemie zu wissen,
Zoom forcieren sollen? Ein echtes Dilemma!

                    „Das hat unser
                  Team in Berlin und
               Stuttgart viele schlaflose
                  Nächte gekostet.“

Rückblickend muss ich sagen, wir haben, was die Krisenbe-
wältigung angeht, vieles richtig gemacht – mit vereinten Kräf-
ten haben wir es innerhalb weniger Wochen geschafft, unse-
ren Dienst schnell an die dringenden Erfordernisse anzupas-
sen. Das hat unser Team in Berlin und Stuttgart viele schlaflo-
se Nächte gekostet und war eine riesige Herausforderung, die
uns auch nach Feierabend nicht losgelassen hat.
INTERNATIONAL | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |   17

Starke Netze in Europa – DFN-Verein
maßgeblich an EU-Projekten GN4-3
und GN4-3N beteiligt
Die Zusammenarbeit der Forschungsnetze auf europäischer Ebene ordnet sich seit
Jahren rund um die GÉANT Association und die erfolgreich bewährten EU-Projekte der
GN-Reihe. In den aktuellen Projekten GN4-3 und GN4-3N wird der strategische Ausbau
der Forschungsnetzinfrastruktur in Europa weiter vorangetrieben. Beide begingen im
Februar 2020 ihr einjähriges Projektjubiläum auf dem GÉANT-Symposium in Ljubljana.
Text: Leonie Schäfer, Jakob Tendel (DFN-Verein)

Foto: ink drop /Adobe Stock

Im Rahmen der EU-Projekte GN4-3 und GN4-    DFN-Vereins sowie von Einrichtungen, die    Projekte zu diskutieren und die Projektin-
3N trafen sich am 4. und 5. Februar 2020    an unterschiedlichen Arbeitspaketen mit-    halte an die hochdynamische Entwicklung
über 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer     wirken und über die DFN-Beteiligung in      im Bereich Netzwerke und Forschungsnet-
zum GÉANT-Symposium in Ljubljana, Slo-      GN4-3 gefördert werden. Ziel des Sympo-     ze in Europa anzupassen.
wenien. Darunter waren auch Vertreter des   siums war, den aktuellen Stand der beiden
18   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | INTERNATIONAL

Andreas Veispak, Referatsleiter e-Infra-        Herausforderungen für das Projekt GN4-3N       optimiert, das sie nun den kompletten
strukturen und Science Cloud bei der Eu-        bestehen in dem stark angestiegenen Da-        Lebenszyklus eines Dienstes beinhalten
ropäischen Kommission, eröffnete das            tenvolumen im Forschungsbereich und den
Symposium mit einem Plenarvortrag, in           daraus resultierenden Anforderungen an
dem er die grundlegende Bedeutung von           Datenübertragungskapazitäten. Ein Bei-             Arbeitspakete beinhalten
GÉANT für die Ziele der Kommission her-         spiel hierfür ist der Aufbau des Radiote-            nun den kompletten
vorhob. Insbesondere bezeichnete er das         leskopverbunds „Square Kilometre Ar-
                                                                                                  Lebenszyklus eines Dienstes
Projekt GN4-3N als wichtigen Schritt, um        ray“ (SKA), das ganz neue Anforderungen
                                                an Netzwerke und Datentransfer zwischen
      Die GÉANT-Community                       Anlage und Forscher stellt.                    – von der Konzeption über eine Versuchs-
                                                                                               und Pilotphase bis hin zur Bereitstellung
        bildet eine Brücke                      Das Höchstleistungsrechnen entwickelt          des Dienstes für die Forschungsnetze. Auf
                                                sich in den Exascale-Bereich mit seinen ei-    diese Weise wird auf ein besser vereinheit-
Europa in den nächsten 15 Jahren bei der        genen neuen Herausforderungen und ei-          lichtes und kompatibles Diensteportfolio
Vernetzung der Wissenschaftsinfrastruk-         nem weiter wachsenden Bedarf an weit-          hingearbeitet und die Sicherheit und Inter-
tur in Führung zu bringen. Die GÉANT-Com-       verteilter Remote-Nutzung, die eine flä-       operabilität der Dienste unterstützt. Inno-
munity bilde eine Brücke zwischen den In-       chendeckende Verfügbarkeit von schnellen       vationen werden in einem Inkubatorum-
teressen der Forscher, der Mitgliedsländer      Netzen ohne Paketverlust noch wichtiger        feld erprobt und für die Weiterentwick-
und der EU Kommission, sagte Veispak. Ne-       macht. Auch im Bereich Cybersecurity er-       lung in größerem Maßstab ausgewählt.
ben zahlreichen Sitzungen rund um die           geben sich immer neue Anforderungen,
Themen GÉANT-Netzwerk, Trust & Identi-          die GN4-3 nun in einem eigenen Arbeits-        Die Beteiligung des DFN-Vereins
ty, Sicherheit, Cloud-Services und Commu-       paket behandelt.
nity-Engagement gab es viele Diskussio-                                                        Der DFN-Verein und seine Partner sind in
nen, die sich auch in den Kaffeepausen          GN4-3 unterstützt die Realisierung der so-     fast allen Arbeitspaketen der beiden Pro-
und beim Networking-Dinner fortsetzten.         genannten European Open Science Cloud          jekte aktiv, insbesondere aber in den Berei-
                                                (EOSC). Ziel ist die Bereitstellung von ein-   chen Trust & Identity (AAI), Cybersecurity
Die Projekte im Überblick                       fach und nahtlos zu nutzenden Diensten         und Testbed-Entwicklung (GTS). Im Bereich
                                                für Forscher und Lehrende durch europa-        Cybersecurity wird unter der Federführung
Seit Anfang 2019 läuft die aktuelle und letz-   weit integrierte und abgestimmte e-Infra-      des DFN-Vereins an der Bereitstellung ei-
te Phase der EU-Projekte aus der „GN4“          strukturen. Die in GN4-3 entwickelten und      nes Netzwerk-Monitoring-Systems (NeMo)
Reihe – dieses Mal mit zwei parallelen Pro-     betriebenen Trust & Identity-Dienste sind      zur Erkennung, Analyse und Abwehr von
jekten: GN4-3 und GN4-3N. Beide haben ei-       hierbei essenziell für den Erfolg der inte-    Netzwerkattacken für GÉANT gearbeitet.
ne Laufzeit von 48 Monaten. GN4-3 zielt         grierten e-Infrastrukturen.                    NeMo steht als Pilotprojekt kurz davor,
auf eine Weiterführung der Projekte GN4-                                                       von den GÉANT-Partnern erprobt zu wer-
1 und GN4-2 ab und befasst sich vor allem       Im Vergleich zu früheren GN4-Projekten         den und wird derzeit in das GÉANT-Netz-
mit Forschung, Entwicklung und dem Be-          wurden die Arbeitspakete dahingehend           werk integriert.
trieb des Forschungsnetzes.

GN4-3N dagegen ist ein neuer Projektan-
satz. Das Parallelprojekt befasst sich mit
dem langfristigen Aufbau einer Basisin-               DIE GN4-PROJEKTE:
frastruktur aus Glasfaserleitungen und
optischen Systemen. Mit einem Zeitho-                 Zur langfristigen Unterstützung aus dem Rahmenprogramm der Euro-
rizont von 15 Jahren werden langfristige              päischen Union für Forschung und Innovation (Horizon 2020) hat die
Nutzungsrechte, die Indefeasible rights               Europäische Kommission in 2015 einen Partnerschaftsrahmenvertrag mit
of use (IRU), an Glasfasern erworben. Ziel            GÉANT geschlossen (GÉANT-2020 Framework Partnership Agreement). Als
ist eine grundlegende Überarbeitung des               dritte und letzte Phase unter dem Partnerschaftsrahmenvertrag erhalten
GÉANT-Backbones im Hinblick auf Zuver-                die Projekte GN4-3 (Fördernummer 856726) und GN4-3N (Fördernummer
lässigkeit, Reichweite und Anbindung der              856728) insgesamt Mittel in Höhe von 128 Millionen Euro.
GÉANT-Partnerländer.
INTERNATIONAL | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |   19

                                                                           Im Trust & Identity-Arbeitspaket entwickelt
                                                                           sich der sogenannte Incubator Task besonders
Nachgefragt bei Jule Ziegler, Leibniz-Rechenzent-                          dynamisch. Hier geht es um die Erprobung
rum (LRZ), IT Security/Service Management.                                 von Technologien und die prototypische Ent-
                                                                           wicklung neuer Tools im Rahmen von jeweils
Als 3rd Party wird das LRZ über den DFN-Verein mit                         sechsmonatigen Zyklen. Die aktuelle zweite
Projektmitteln in GN4-3 gefördert.                                         Iteration des Inkubators mit sieben zum Teil
                                                                           auch für die DFN-AAI relevanten Projekten wird
                                                                           zum Jahresende abgeschlossen werden. Für
                                                                           den dritten Zyklus werden derzeit Projekt-
                                                                           vorschläge aus der Community gesammelt.

                                                                           Der Netzdienst GÉANT Testbed Service (GTS)
                                                                           stellt ein virtuelles Netzwerk als Testumge-
                                                                           bung bereit, in dem neu entwickelte Dienste
                                                                           gefahrlos und ohne Auswirkungen auf das
                                                                           aktuell laufende Netzwerk getestet werden
                                                                           können.

                                                                           Im Arbeitspaket „User/Stakeholder Engage-
                                                                           ment“ engagiert sich der DFN-Verein bei den
                                                                           Themen EOSC und Partner Relations, insbe-
Jule Ziegler, LRZ, Foto: Alessandro Podo
                                                                           sondere im Hinblick auf die Entwicklung eines
                                                                           Cloud-Geschäftsmodells für Forschungsnetze.
Was ist aus deiner Sicht der größte Wert des Projekts?                     Der DFN-Verein trägt im Arbeitspaket Online
Das ist die einzigartige Kollaboration im Projekt, nicht nur mit           Services dazu bei, NRENs und ihre Einrichtun-
europäischen NRENs, sondern auch auf internationaler Ebene.                gen beim Einsatz von digitalen Diensten auf
Wertvoll sind außerdem die Diskussionen über forschungsrele-               Cloud Basis zu unterstützen. Hier werden Be-
vante Themen zur ständigen Verbesserung unserer Dienste sowie              schaffungsverfahren für europaweite Cloud-
der Einbezug agiler Methoden, um auf verschiedenste Einfluss-              Ausschreibungen unterstützt bzw. durchge-
faktoren schnell reagieren zu können.                                      führt, Rahmenverträge abgeschlossen, aber
                                                                           auch Informationsmaterialien und relevan-
Wie erlebst du die Rolle des DFN-Vereins als Bindeglied zwischen           te Erfahrungswerte aus der Community für
Einrichtungen in Deutschland, dem Projekt (3rd Party) und der              Einrichtungen zusammengestellt und geteilt.
NREN-Community?
Im Projekt bin ich momentan im Trust & Identity-Bereich tätig.
Bemerkenswert finde ich, dass der DFN hier seit Jahren stark ver-
                                                                           Ausblick
treten ist, weil auch einige seiner teilnehmenden Einrichtungen            Die Projekte GN4-3 und GN4-3N verfolgen weg-
als 3rd Partys aktiv im Projekt mitarbeiten. Das gibt es nicht über-       weisende Ansätze für Neuentwicklungen und
all. Es hat aber den Vorteil, dass die Bedürfnisse und Interessen          liegen derzeit hervorragend im Plan. In den
des gesamten deutschen Forschungsnetzes in das Projekt und die             kommenden Jahren werden sie einen wichti-
Community einfließen können.                                               gen Beitrag zur bedarfsgerechten und nach-
                                                                           haltigen Verfügbarkeit der europäischen For-
Welcher Mehrwert entsteht dadurch für die Hochschulen und                  schungsnetzinfrastruktur und der Dienste lie-
Forschungseinrichtungen in Deutschland?                                    fern. M
Dazu zählt beispielsweise der vereinfachte Zugriff auf föde-
rationsübergreifende Dienste (eduGAIN) oder aber auch das
gemeinsame Verständnis für Prozesse wie das Security Incident
Handling. Nicht zu vergessen ist natürlich eduroam, was vermut-
lich jedem bekannt ist.
20   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | INTERNATIONAL

Auf gute Zusammenarbeit –
DFN-Verein startet Collaboration
Programme mit ASNET-AM
Wissen teilen und Erfahrungen weitergeben – das ist das Ziel strategischer
Zusammenarbeit innerhalb der NREN-Community. Mit ihrer Beteiligung und
Unterstützung des Collaboration Programme innerhalb des Projekts EaPConnect
leisten der DFN-Verein und seine Partner einen wichtigen Beitrag dazu.

Text: Leonie Schäfer (DFN-Verein)

                                                                                     Mit einem Kick-off-Meeting in der Geschäfts-
                                                                                     stelle in Berlin startete der DFN-Verein im Ja-
                                                                                     nuar dieses Jahres im Rahmen des EU-Projekts
                                                                                     EaPConnect eine strategische Zusammenar-
                                                                                     beit mit dem armenischen Nationalen For-
                                                                                     schungsnetz (NREN) ASNET-AM (Academic
                                                                                     Scientific Research Computer Network of Arm-
                                                                                     enia). Ziel des Collaboration Programm ist es,
                                                                                     eine Eins-zu-eins-Partnerschaft zwischen ei-
                                                                                     nem etablierten GÉANT-NREN und einem NREN
                                                                                     der EaP-Region aufzubauen und den Wissens-
                                                                                     austausch durch eine intensive Zusammenar-
                                                                                     beit sowie persönliche Kontakte zu fördern.

                                                                                     Nach einer ersten Bestandsaufnahme der ge-
                                                                                     meinsamen Schwerpunkte Cybersecurity und
                                                                                     AAI vereinbarten die Expertinnen und Experten
                                                                                     beider NRENs aus den jeweiligen Bereichen
                                                                                     Trust & Identity die weiteren Schritte der Zu-
                                                                                     sammenarbeit. Ein wichtiges Ziel des arme-
Berlin, Alexanderplatz: die Expertinnen und Experten beim Kick-off-Meeting auf dem
Dach der DFN-Geschäftsstelle. Foto: Nina Bark / DFN-Verein
                                                                                     nischen Teams war es, ein Computer Emer-
                                                                                     gency Response Team (CERT) für Armenien
                                                                                     aufzubauen und akkreditieren zu lassen. Im
                                                                                     AAI-Bereich lag der Schwerpunkt auf der edu-
                                                                                     roam-Adoption und der weiteren Verbreitung
                                                                                     von eduGAIN.
INTERNATIONAL | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |   21

ASNET-AM AUF EINEN BLICK                                                                 Brücke zu bauen, die Anbindung an die Länder der EU zu stär-
                                                                                         ken und die sogenannte digitale Kluft zu überwinden. Mit sei-
                                                                                         ner Beteiligung und Unterstützung des Collaboration Program-
                                                                                         me innerhalb des Projekts EaPConnect sowie des im Juli gestar-
                              10              39                                         teten Folgeprojekts EaPConnect2 leistet der DFN-Verein dazu
                           Universities
                                                  PoPs            5                      einen wichtigen Beitrag.
                                                                 Cities
      50
Scientific-Research
    Institutions                                                                         Erste Erfolge des Collaboration Programme konnten bereits Ende
                                                                                         April mit der Zertifizierung des ASNET-AM-CERT verzeichnet wer-
                          65                             57    km                        den. Inzwischen hat das Computer Emergency Response Team of-
                      Organizations                      Fiber Lines                     fiziell seinen seine Arbeit aufgenommen. Darüber hinaus erfolgt
                                                                                         weiterhin eine kontinuierliche Betreuung vonseiten des DFN-
       5                                                                                 Teams zu Fragen rund um eduroam, zudem steht der DFN-Verein
      State
                                                                                         bei der eduVPN-Implementation beratend zur Seite.
   Structures
                                                                        10 Gbit/s
                                          ASNET                         Internal Links
                                                                                         Kernstück des Collaboration Programme sind nicht nur der re-
                                           .am                                           gelmäßige inhaltliche Austausch der Expertinnen und Experten
                                                                                         per Videokonferenz, sondern auch persönliche Besuche im je-
                                                                                         weiligen Partnerland zum Kennenlernen der Lage vor Ort. Auf-
                                                                                         grund des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie musste leider der
                      2 Gbit/s
                      External Links
                                                         100+                            Gegenbesuch des DFN-Teams in Armenien auf die zweite Hälfte
                                                          Servers
                                                                                         des Jahres 2020 verschoben werden. In Planung ist außerdem ein
                                                                                         Arbeitsbesuch eines ASNET-Experten für Cybersecurity in Berlin
                                                                                         und in Hamburg beim DFN-CERT.
   Internet                                                            90+
                                                                       Hosted
                                                                                         Im Rahmen von EaPConnect starteten zu Beginn des Jahres das
                          GÉANT                                        Websites
                                                                                         ukrainische NREN URAN sowie das zypriotische NREN CYNET als
                                                                                         Partner im Collaboration Programme. Der Schwerpunkt dieser Ko-
                                                                                         operation liegt auf dem Bereich Cybersecurity. In den Startlöchern
                                                                                         stehen außerdem das aserbaidschanische NREN AzScienceNet
Mit etwa drei Millionen Einwohnern ist Armenien ein verhält-                             und LITNET, das litauische NREN. Der Schwerpunkt dieser Kol-
nismäßig kleines Land im Kaukasus. Mit Georgien und Aserbai-                             laboration liegt im Bereich Trust & Identity und AAI. Das Colla-
dschan als Nachbarn in der Region ist es Mitglied der Osteuro-                           boration Programme macht Schule und wird hoffentlich noch
päischen Partnerschaft der EU (EaP). Obgleich landumschlossen                            viele weitere erfolgreiche Partnerschaften zur Folge haben. M
und arm an Bodenschätzen, ist es bekannt für sein intellektuel-
les Kapital. Armenien ist ein innovationsorientiertes Land mit
einer Reihe vielversprechender Start-ups im Hightech-Bereich.
Durch die weltweite Diaspora der Armenier fließt viel Kapital                                 Weitere Informationen zu ASNET-AM finden Sie hier:
zurück ins Land und begünstigt Start-ups und Kollaborationen                                  https://asnet.am/?&lang=en
mit Hightech-Firmen rund um den Globus. Die Bevölkerung ist
weltoffen und der EU zugewandt, die Regierungsmannschaft ist                                  Informationen zum ASNET-AM-CERT finden Sie hier:
jung und demokratisch orientiert – insgesamt also beste Start-                                https://www.trusted-introducer.org/directory/
voraussetzungen als Partnerland in Technologie und Forschung.                                 teams/asnet-cert.html

Nichtsdestotrotz hat auch Armenien mit den typischen Proble-
men der „Emerging Countries“ zu kämpfen. Die IT-Infrastruktur
des Landes bedarf – ebenso wie die Netzanbindung an das GÉANT-
Backbone – der kontinuierlichen Optimierung. Dazu kommt, dass
sich das Land geopolitisch als auch geologisch (Erdbeben) in ei-
nem Spannungsfeld befindet. Aus diesem Grund ist es wichtig,
mithilfe einer strategischen Partnerschaft Land und Leuten eine
22    | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | INTERNATIONAL

                                                      ULAKBIM – The
                                                      Academic Network
                                                      between Anatolia
                                                      and Europe
                                                      With 219 connected institutions, 150.000 academicians,
                                                      more than 4.000.000 students and a considerable
                                                      financial effort (21 Million Euro budget per year) the
                                                      Turkish Academic Network and Information Centre
                                                      (ULAKBIM) is an important player in the European NREN
       Starke Partner                                 community and a strong partner of GÉANT Association
                                                      for 18 years. It aims at operating the national academic
            weltweit                                  network (ULAKNET) and providing IT facilities such as
      Konnektivität fördern, Zukunft                  computer networks, high performance compute and
       gestalten, Herausforderungen                   storage solutions, data and cloud services, and library
     gemeinsam meistern: Nationale                    and information services, to meet the needs of the
      Forschungsnetze rund um den                     research community in Turkey and to increase the
         Globus betreiben leistungs-                  efficiency and productivity of their users.
           fähige Infrastrukturen für
                                                      Text: Burcu Ortakaya (TÜBİTAK ULAKBİM, Turkish Academic Network and
        Wissenschaft, Forschung und
                                                      Information Center)
       Lehre. Ein Blick in die Welt der
                   NREN-Community.                    In 1996 Turkish Academic Network and     science and open access policies ha-
                                                      Information Centre (ULAKBIM)1 was        ve been adopted both at current ser-
                                                      founded as an R&D Institute of TUBITAK   vices and long-term planning.
                                                      (The Scientific and Technological Re-
                                                      search Council of Turkey)2. ULAKBIM is   Network Infrastructure:
                                                      responsible to provide and operate the
                                                      national academic network (ULAKNET)      ULAKNET backbone infrastructure is es-
                                                      and, computing and data infrastructu-    tablished among three regional Point
                                                      re. Additionally, nationwide document    of Presences (PoPs) located in Ankara,
                                                      supply services have been offered to     Istanbul, Izmir, and two metropolitan
                                                      the research and academia since the      PoPs located in Konya and Eskisehir.
                                                      establishment of ULAKBIM. The open       The capacity of the backbone links
INTERNATIONAL | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 |   23

                                                                INTERNET

                                            60 Gbps Istanbul          80 Gbps Ankara

              2 x 30 Gbps

                                                                  2 x 10 Gbps
                                                                                        AKAMAI
                                    ULAKNET
                                                                  4 x 10 Gbps

                                                                                       facebook

                                                                                   Netnod I Root Server
                                                                                   .tr Root Server

                                                                                                                  ULAKNET Connections

varies from 5 to 50 Gbps. Global Internet       ULAK-CSIRT since 2007. Turkish Identity          ming to renovate the network and re-
connection is provided through a local          Federation YETKİM is a member of edu-            duce connectivity cost by obtaining fi-
Internet Service Provider (ISP) over two        GAIN since 2013.                                 ber infrastructure started. These studies
links with a total capacity of 140 Gbps.                                                         have been strongly supported by the
Additionally, ULAKNET is hosting CDN            ULAKNET-2: National Light-
cache servers (Akamai, Facebook), Net-
                                                path Project
nod I Root DNS server, and .tr DNS ser-
vers. ULAKNET provides network ser-             After the revision of the Establishment
vices to about 150.000 academicians             Law in 2005, ULAKBIM obtained a right to
and more than 4.000.000 higher educa-           build infrastructure for electronic com-
tion students. Currently, 1147 units of         munication between research and edu-             Ministry of Development through the
219 institutions are connected to the           cational institutions. Then studies ai-          long-term national project ULAKNET-2
network.

ULAKNET is a part of GÉANT network
since 2002. Present GÉANT connection
is provided through a 30 Gbps main link
over Budapest and a 30 Gbps backup
link over Frankfurt.

Services:
TR eduroam Federation is a member
of the European Confederation since
2007. The service is active in 127 insti-
tutions. The coverage area of eduroam
includes about 1000 locations and mo-
re than 21.000 network access points.
ULAKNET has TI accredited Computer
Security Incident Response Team named
                                                Foto: ULAKBIM
24   | DFN Mitteilungen Ausgabe 97 | August 2020 | INTERNATIONAL

               COVID-19 ACTIONS:

               On 13th March 2020, The Turkish Council of Higher                      In one month, the link capacities of more than 80
               Education announced that all universities will be                      units have increased by 60 %. Additionally, urgent
               closed on 16th March 2020, to avert the spread of                      expansion and improvement work has been carried
               COVID-19 virus. After this decision, the community                     out for the Distance Education Infrastructure, which
               was suddenly directed into an unplanned, distance                      we serve to some universities and is running over
               education process for which many of the univer-                        the ULAKNET Cloud infrastructure. Besides, to meet
               sities were not ready yet. This was a challenging                      the rapidly increasing video conferencing needs, a
               process. The main problem was to provide a scaled                      new pilot video conference service was commissio-
               online education system that can serve a high                          ned by the Cloud team and offered for use of uni-
               number of students. Many of the universities have                      versities. The country-level web portal for COVID-193
               started distance education after a short but busy                      was opened by TUBITAK and has been hosted by
               preparation period as of March. ULAKNET, as NREN,                      ULAK Cloud. This portal has been providing the
               worked hard to support universities and research                       needed support and collaboration to researchers.
               institutions throughout this difficult process. From
               the first moment of the COVID-19 pandemic, all                         As a result of all these efforts, although campuses
               measures have been taken to ensure that services                       are physically closed, the connection of students
               are not interrupted.                                                   and academics has continued thanks to online
                                                                                      education. We hope that this period will end soon
               In this context, new 100Gbps and 10Gbps line cards                     and all universities can return to their in-class
               have been put into service on the main backbone                        teaching activities.
               routers in order to meet capacity demands quickly.

        which started in 2009. Till now more than    also has provided support to infrastruc-                              GPUs, and 12 PB distributed parallel file
        220 km fiber infrastructure has been bu-     ture at the level of collaboration, policy,                           systems. The usage and community de-
        ilt or leased and 38 units are connected     and new services as well as technolo-                                 mands are continuously increasing and
        to this fiber infrastructure.                gies. As of 2010, the infrastructure and                              vary in different disciplines from com-
                                                     initiative have renovated as TRUBA (Tur-                              putational sciences to agriculture and
        Computing and Data:                          kish National Science e-Infrastructure).                              social sciences to more than 140 univer-
                                                                                                                           sities and research institutions.
        High Performance Computing interest          TRUBA: Turkish National
        of ULAKBIM started in 2003 with a clus-                                                                            Until today, TRUBA has evolved from a
                                                     Science e-Infrastructure
        ter of 128 desktop PCs funded as an in-                                                                            small cluster to national infrastructu-
        stitutional project, TR-Grid. This initi-    TRUBA4 is a national center providing                                 re, and has a collaborative background
        al installation allowed researchers to       high performance, data-intensive and                                  through participated European Commis-
        use parallel computational execution         cloud computing infrastructure as well                                sion project series; EUMedGrid, SEE-
        capabilities, additionally, this starting                                                                          Grid, SEERA, EGEE, and EGI’s. At present,
        point created significant awareness ab-                                                                            EOSC partnership and EuroHPC5 to pre-
        out grid initiatives, infrastructures, and                                                                         exascale Spanish consortium are closely
        EC funded project that can help to clo-                       Tü r k U l u s a l B i l i m e - A l t y a p ı s ı
                                                                                                                           followed to cover effectively the new
        se the digital divide. The infrastructure                                                                          way of making science. Regarding this
        has been expanded regularly through                                                                                new era – open science – TRUBA is aspi-
        the national strategic and development       as scientific data warehouses. Current-                               ring to transform from a computing and
        budget. EC level projects participation      ly, the infrastructure has 20K cores, 180                             data warehousing to a research support
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