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APRIL | 2021
AUSGABE APRIL 2021 I 23. JAHRGANG I WWW.INDUSTR.COM
Digital Twin beschleunigt Time-to-Market
MEHR SPEED IM
MASCHINENBAU
Mehrwerte über kompletten Lebenszyklus
TITELBILD-SPONSOR: LENZE
NEUER FUNKSTANDARD EXKLUSIVES INTERVIEW DIGITALE SERVICES
Ist 5G mehr als nur Partnerschaft: Rittal, Eplan Disruptiven Wandel
ein Hype? S. 15-23 und Phoenix Contact S. 24 nicht verschlafen S. 52KOMPLEXES BUSINESS?
ES GEHT AUCH EINFACH.
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Dipl.-Ing. (FH) Christian Vilsbeck, Chefredakteur A&D:
Kann ich rund um Schlagwörter wie Künstliche
Intelligenz, 5G, Digital Twin, Subscription-Modelle
& Co. Innovationen als kleines oder mittelstän-
disches Industrieunternehmen überhaupt noch
allein stemmen? Bleibe ich bei der Dynamik
der Digitalisierung ohne Partnerschaften noch
konkurrenzfähig? Doch selbst für Partnerschaf-
ten muss die interne Organisation gerüstet sein,
um neue Geschäftsmodelle zu forcieren, ohne das
Stammgeschäft zu vernachlässigen. Doch wie soll
das funktionieren? Deshalb frage ich mich:
„WIRD EINE ORGANISATIONALE
AMBIDEXTRIE BENÖTIGT?“
Dipl.-Ing. Hubertus Breier, MBA, Head of
Technology der Balluff Gruppe: Für uns ist die
Antwort ja. Das Denkmodel der „Beidhändig-
keit“ (Ambidextrie) beschreibt dabei Dilemma
und Lösung zugleich. Es geht darum, Kernge-
schäft und Innovationen gleichzeitig voran-
zutreiben. Während es im Kerngeschäft um
Optimierung (Exploitation) geht, die am besten
durch feste Strukturen, Prozesse, Zeithorizonte
und Regelkonformität erreicht wird, geht es in den
Innovationsräumen um Kreativität, das Brechen von
Routinen und Mustern, das Verlassen der Komfortzone und
darum, neue Lösungen zu finden (Exploration). Diese Gegensätzlichkeit kann durch
externe Innovation entschärft werden, jedoch bleibt dabei ein großes Potential auf
der Strecke. Die Integration des Neuen in das Bestehende. Das Kerngeschäft von Mit Lastwiderständen von FRIZLEN
Morgen. die Leistungsfähigkeit von
Spannungsquellen testen.
Die Dynamik der Digitalisierung betrifft beide Teile gleichermaßen: Im Kern-
geschäft unserer Sensorik- und Automatisierungstechnologien ermöglichen neue USV-/ Notstromanlagen
digitale Software-, Vernetzungs- und Kommunikationstechnologien erweiterten Laborprüfungen
Kundennutzen. Im Innovationsbereich ermöglichen sie uns die Erweiterung des
Portfolios mit neuen Wertversprechen und Geschäftsmodellen. Unter dem Begriff
Lastsimulation (auch für 19"-Rack)
IDEAbiz führen wir intern mehrere strategische Inkubationsprogramme, die mit
einer Lean Startup-Methode neue, innovative Geschäftsideen entwickeln. Wir be- FRIZLEN Leistungswiderstände
treiben also beides innerhalb des Unternehmens in atmenden und durchlässigen
Belastbar
Strukturen, das fördert sowohl die Verbindung als auch die Akzeptanz für Neues –
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3
INDUSTR.com www.frizlen.comTITELSTORY
INHALT MEHR SPEED IM
MASCHINENBAU
AUFTAKT
06 Bildstory: Eine Million Laserdioden
08 Highlights der Branche
10 Titelstory: Mehr Speed im Maschinenbau
12 Titelinterview: „Mehr als Simulation“
FOKUS: 5G & IIOT
15 Warum 5G neue Standards in
der Industrie setzen wird 15
FOKUSTHEMA VON
18 Interview: (R)Evolution der Mobilfunkstandards
SEITE 15-31
22 Umfrage: Ist 5G mehr als nur ein Hype?
5G & IIoT
24 Interview über durchgängige
Digitalisierung von Prozessen
30 Industrie 4.0 Use Cases
INDUSTRIELLE SOFTWARELÖSUNGEN
32 KI hält Einzug in der Produktionsplanung
SPEZIAL: MOBILE AUTOMATION
36 Freie Fahrt mit Überspannungsschutz
40 Modulare Installation mobiler Maschinen
RUBRIKEN
03 Editorial
39 Impressum & Firmenverzeichnis
66 Rücklicht
42
MULTIPROTOKOLLCHIP
Sprachtalent sucht Bewegung
4
INDUSTR.com10
TITELSTORY
Mehr Speed im Maschinenbau
mit dem Digital Twin
INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION
42 Multiprotokollchip für industrielle Kommunikation
45 Selbstkonfigurierende E/A Module mit ASi-5
46 Interview über Datensicherheit bei der Fernwartung
ANTREIBEN & BEWEGEN
49 Trendsetter im Gespräch: Servoantriebe
50 Hochdynamische Linearmotoren
51 Interview: „Präzision und Dynamik kombiniert“
52 Interview über digitale Services
SENSORIK & MESSTECHNIK
56 Energieautarke Näherungsschalter
58 Interview über Einsatzmöglichkeiten
der Wiegand-Technik
59 Dünne Miniatursensoren für
neue Anwendungen
36
ÜBERSPANNUNGSSCHUTZ
62
VERSORGUNGS- & VERBINDUNGSTECHNIK
Plug & Play im Schaltschrank
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Additive Fertigung macht Spritzguss Konkurrenz
EINE MILLION LASERDIODEN
Mit der LaserProFusion-Technologie nutzt EOS ein spezielles Verfahren zur additiven
Fertigung mit Kunststoffen: Knapp eine Million Diodenlaser schmelzen den Werkstoff
auf und lassen das Bauteil entstehen. Der Bauprozess ist so produktiv, dass er in vielen
Anwendungen als Spritzgussersatz dienen kann.
T EX T + BI LD: EOS
6
INDUSTR.comEOS optimiert mit der LaserProFusion-Technologie das Zusammenspiel
zwischen Pulverwerkstoff und Laser beständig. Die Dauer der Belich-
tungszeit wird mit der Technologie signifikant verkürzt und ist unabhängig
von der Anzahl der Bauteile und ihrer Geometrie. Im Gegensatz zum
bisherigen Laser-Sintern fährt kein CO2-Laser das gesamte Baufeld ab,
sondern es kommen bis zu einer Million Diodenlaser zum Einsatz. Diese
können eine maximale Gesamtleistung von bis zu 5 Kilowatt erreichen.
Pro Bauteilschicht werden auf den Pixel genau nur die Laser an den
Stellen zum Schmelzen des Pulvers aktiviert, an denen es die CAD-Daten
des Bauteils vorgeben. Der Hersteller spricht von einer bis zu 10-mal
schnelleren Produktion. LaserProFusion ist auf die Anforderungen der
Serienfertigung ausgerichtet, verkürzt die Produktentwicklung, ermöglicht
einen werkzeuglosen Spritzguss und kann bei vielen Anwendungen sogar
als Spritzgussersatz dienen. Mit EOS LaserProFusion sind dann Kostenein-
sparungen von bis zu 20 Prozent möglich.
7
INDUSTR.com6
A U F TA K T
HIGHLIGHTS
Zahlen, Fakten, Köpfe & Trends: Was hat sich in der Branche getan? ABB ernennt
neuen Leiter für B&R, KI wird nicht gefürchtet, Dunkermotoren kauft ein und
Messen werden weiterhin abgesagt. Bei Universal Robots gibt es einen neuen Mann
an der Spitze, bei Phoenix Contact geht der CTO in den Ruhestand.
Quelle: iStock, cosmin4000
Quelle: Dunkermotoren
1 2 3
Quelle: ABB
Quelle: Teradyne/ Finn Broendum
Quelle: Phoenix Contact
4 5 6
Quelle: Frank Hügle
8
INDUSTR.comLeiter Division Maschinenautomatisierung (B&R) Mitarbeiter sehen KI positiv
Personalie ABB KI-Umfrage
ABB hat Jörg Theis zum Leiter der Division Die Trendstudie 2021 der IUBH mit über 500
Maschinenautomatisierung (B&R) ernannt. Teilnehmern zeigt: Drei Viertel der Mitar-
Er übernahm am 1. April 2021 das Amt von beiter in deutschen Unternehmen haben
Clemens Sager, der die Division seit dem keine Angst, dass der Einsatz Künstlicher
1. Januar 2021 ad interim leitete. Theis ist Intelligenz in Unternehmen ihren Arbeitsplatz
seit 23 Jahren für ABB tätig, unter anderem gefährdet. Nur 17,9 Prozent der Befragten
in der Prozess- und Fabrikautomatisierung geben aber an, dass ihr Unternehmen über
1 2
mit einem Schwerpunkt auf der Entwicklung alle Kompetenzen verfügt, um Künstliche
von digitalen Serviceangeboten. Intelligenz erfolgreich einzusetzen.
Erfahren Sie mehr: industr.com/2566556 Erfahren Sie mehr: industr.com/2573784 Drehverbindung mit Direktantrieb
Dunkermotoren übernimmt EGS Automation all about automation im Mai Franke-Torque:
Geschäftsübernahme Messeabsagen
Dunkermotoren übernahm zum 01. März
2021 das Automatisierungs-Unterneh-
Die für den 5. bis 6. Mai 2021 in Hamburg
und den 19. bis 20. Mai 2021 in Heilbronn
superkompakt,
men EGS Automation. Mit der Akquisition
übernimmt Dunkermotoren 100 Prozent
geplanten all about automation finden auf-
grund der Corona-Pandemie nicht statt. Ab superindividuell
der Anteile von EGS. Für beide Geschäfts- Juni stehen für 2021 vier all-about-automa-
führer Robert Eby (EGS) und Uwe Lorenz tion-Messen auf der Agenda, hinzu kommt
(Dunkermotoren) stellt die Akquisition eine ein neuer Standort. Außerdem gibt es mit
3 4
Chance dar, die Kompetenzen des jeweiligen about automation digital plus eine digitale
Unternehmens weiter zu stärken. Ergänzung.
Ein Franke-Torqueantrieb Typ LTD
Erfahren Sie mehr: industr.com/2571042 Erfahren Sie mehr: industr.com/2571332
bietet außergewöhnliche Vorteile.
Wegen der integrierten Franke-
Seit März bei Universal Robots CTO von Phoenix Contact Lagertechnik benötigt er geringst-
Neuer Präsident Ruhestand möglichen Raum und lässt sich
Teradyne ernennt Kim Povlsen zum neuen Am 28. Februar beendete Roland Bent, CTO ideal an spezifische Anforderungen
Präsidenten von Universal Robots. Der ge- bei Phoenix Contact, sein Berufsleben. Mehr
anpassen.
bürtige Däne wird die nächste Wachstums- als 36 Jahre war er beim Unternehmen tätig,
und Innovationsphase von Universal Robots davon langjährig als CTO. Seine Kernaufga-
leiten. Mit Povlsens Ernennung will das ben nimmt CDO Frank Possel-Dölken wahr,
Unternehmen den Ausbau und die Weiterent- mit Fokus auf die Digitalisierung von Phoenix
wicklung der lokalen Robotik-Gemeinschaft Contact. Bent wird als „Chief Representati-
5 6
unterstützen. Povlsen übernahm seine neue ve“ weiterhin das Unternehmen im internati-
Rolle am 1. März 2021. onalen Normungsumfeld begleiten.
Erfahren Sie mehr: industr.com/2566506 Erfahren Sie mehr: industr.com/2569522
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INDUSTR.comDigital Twin sorgt für Mehrwerte bei Maschinen und Anlagen
DIE BESCHLEUNIGER
Patrick Bruder staunt. Auch für ihn, einer der Vordenker des digitalen Zwillings bei Lenze,
sind das, was in der Schweiz geplant wird, ganz neue Dimensionen seines Lieblingsthemas. Die
Meldung war bis zu diesem Gespräch auch für ihn neu: Die ETH Zürich entwickelt ein digitales
Erdmodell, einen Zwilling zur Überwachung der Entwicklung und zur Vorhersage möglicher
zukünftiger Trajektorien. Was hat das jetzt mit Maschinen und Anlagen zu tun?
TEX T: Ines Oppermann, Lenze BIL D : iStock, cosmin4000
Für diese Trajektorien, also Entwick- Anlage in allen ihren Aspekten. Der di- ders aus: eine Datendurchgängigkeit
lungspfade, wollen die Forscher neben gitale Zwilling ist dabei nicht zwangs- oder Strategie ist – Stand heute – kaum
den herkömmlich für Wetter- und Kli- läufig eine bestimmte Datei oder ein vorhanden, viele Assets sind unbekannt
masimulationen genutzten Beobach- bestimmtes Modell, sondern eine Klam- und die Engineering-Zeit verschlingt
tungsdaten neue, auch für das Klima- mer um alle versionierten und referen- viel Geld“, erklärt Bruder. „Aber es geht
system relevante Daten menschlicher zierten Daten eines Produktes.“ Somit voran. Die Industrie arbeitet jetzt an
Aktivitäten in das Modell integrieren, so können alle Werkzeuge im Produkt- den Standards und Lenze ist dabei, au-
dass das virtuelle Erdsystem-Modell die lebenszyklus auf einem gemeinsamen ßerdem haben wir mit der Industrial
gesamten Prozesse an der Erdoberfläche, Datenstamm arbeiten, der sukzessive Digital Twin Association (IDTA) einen
den Einfluss des Menschen in Bezug auf um weitere Informationen ergänzt wird. Schritt nach vorne gemacht hin zu mehr
das Wasser-, Nahrungs-, und Energie- Durchgängigkeit. Wir bei Lenze werden
management, einschließlich der Prozes- Auf diese Weise begleitet der digitale in den kommenden Monaten die ersten
se im physischen Erdsystem, möglichst Zwilling ein Produkt über den gesamten veröffentlichten Standards für unsere
realitätsnah abbildet. Lebenszyklus. Er wächst mit und ordnet Geräte umsetzen und bedienen schon
sich auch mit ein. „Sie können sich das wie jetzt erste Use Cases, die unsere Kun-
Gemeinsamer Datenstamm eine Matrjoschka vorstellen. Der Zwilling den durchaus überzeugen.“ Stichwort
des Sensors, der Zwillings des Antriebs, Standards: Ein wesentlicher Grundsatz
„Es ist toll, wie auch andere Bran- der Zwilling des Umrichters sind alle Teil ist, dass Modelle in jeder Phase und für
chen und Wissenschaftsdisziplinen von des Zwillings der Maschine und dieser ist jede Anwendung so einfach wie möglich
der Technologie profitieren. Und wir Teil des Zwillings der Fertigungsstraße und so genau wie nötig sein sollten. Dies
als Industrie leisten mit unseren digi- und dieser ist Teil des Zwillings der Fab- bedeutet, dass es in der Regel nicht not-
talen Zwillingen einen Beitrag dazu, rik. Alle Zwillinge sind beschrieben, brin- wendig ist, die Physik vollständig abzu-
dass beispielsweise Klimadaten ganzer gen ihre Daten und Informationen mit.“ bilden, sondern nur für den jeweiligen
Industriebranchen systematisch erho- Und der Anwender greift auf standardi- Anwendungsfall hinreichend genau –
ben werden können. So können wir sierte Daten und Informationen zu und das schafft Transparenz, aber entlas-
Optimierungen anstoßen und Prozesse kann dann beispielsweise die Realdaten tet auch die Systeme, die den digitalen
beschleunigen, also Engineering-Zeit gegen Plandaten fahren lassen, Fehler er- Zwilling zur Verfügung stellen.
verkürzen. Jede Fabrik wird zum digita- kennen und Optimierungen durchführen
len Zwilling und wir können dann Asset – rein virtuell zunächst, ohne Risiko von Pflöcke einrammen
für Asset durchgehen – bis zum Sensor; Stillständen. „Wir können dann dem di-
den gesamten Lebenszyklus bis zur Ent- gitalen Zwilling sogar noch Softwarebau- Lenze will sich positionieren, als
sorgung und des Recyclings der Maschi- steine mitgeben oder trainierte Modelle.“ Vorreiter für den digitalen Zwilling.
ne“, verspricht Bruder. Er kommt ins Entwickler und Konstrukteure können
Schwärmen. „Wir wollen weg von der Realitäten in der Fertigung zukünftig beispielsweise über einen
reinen Visualisierung eines Produkts. Webdienst die technischen Daten und
Ein digitaler Zwilling ist die vollständige Ein Traum!? „Wir stehen am Anfang, Dokumentationen eines Gerätes direkt
digitale Abbildung einer Maschine oder die Realität in vielen Fabriken sieht an- in ihre Software einbinden oder gezielt
10
INDUSTR.comT I T E L S TO R Y
nach Lenze-Produkten suchen. Die Be- Und: „Es soll auch Unternehmen geben,
reitstellung von Komponentendaten die wissen oft gar nicht, welche Assets in
durch den Lieferanten vereinfacht Inte- der Fertigung vorhanden sind“, lacht der
grationsprozesse im Entwicklungspro- Ingenieur Bruder. Der Zwilling schaf-
jekt. Ziel ist es, durch die Vermeidung fe Transparenz in den Prozessen,
doppelter Modellierungsarbeit und eine sind die Lenze-Entwickler über-
im Idealfall komplett hardwarefreie Ent- zeugt. „Darauf aufsetzend kann
wicklung schneller und kosteneffizient der Kunde die OEE analysieren
Produkte auf den Markt bringen zu kön- und optimieren. Wir reduzieren
nen. Gut für den Anwender, schlecht für also nicht nur Engineering-Zeit,
Lenze – die Vergleichbarkeit der Kom- sondern optimieren auch
ponenten fällt dem Kunden noch leich- die Prozesse“, ist Bruder
ter. „Das Risiko schätzen wir gering ein, begeistert.
wir haben gute Produkte und scheuen
keinen Vergleich. Der Kunde muss Zeit
und Geld sparen. Das ist uns wichtig“,
verteidigt Bruder das Engagement. In
einem Strategiepapier von Lenze heißt
es: Der digitale Zwilling wird zukünftig
so selbstverständlich sein, wie heutzuta-
ge die Bereitstellung von Datenblättern
auf der Homepage. Wer aus dieser digi- Und am Ende des Gesprächs kommen
talen Zwillings-Lieferkette herausfällt, Interviewer und Interviewpartner dann
wird früher oder später auch aus der noch einmal ins Staunen. Die ETH-For-
realen Wertschöpfungskette herausfal- scher schätzen, dass der Betrieb eines
len, da ansonsten auf Seiten der Kunden digitalen Erdzwillings in vollem
der Aufwand zur Modellierung zu groß Umfang ein System mit ca. 20.000
wird. Das Motto der Hamelner: Lie- GPUs erfordert, das schätzungs-
ber früh dabei sein und schon Pflöcke weise 20 MW Stromleistung
einrammen. benötigt. „Da brauchen wir si-
cher weniger für die Fabrik“,
Rechenleistung gefragt lacht Bruder und ergänzt
wieder ernst: „Aber Re-
Ein zweiter, zunächst trivial klingen- chenleistung ist eine
der Ansatz: Die Zwillinge zur Dokumen- wichtige Vorausset-
tation ganzer Anlagen beispielsweise für zung auch in der
Instandhaltungsaufgaben zu nutzen. Fertigung.“ ☐
11
INDUSTR.comTITELINTERVIEW
Interview über Digital Twin im Maschinenbau
„Mehr als Simulation“
Der Digital Twin ist mehr als nur Simulation, er beschleunigt die Time-to-Market und
sorgt für Mehrwerte über den gesamten Lebenszyklus von Maschinen. Burkhard Balz,
Senior Vice President Automation Systems bei Lenze und Mitglied des IDTA-Vorstandes
sowie Patrick Bruder, Business Development Manager Automation bei Lenze erläutern
im Gespräch mit A&D aktuelle Entwicklungen.
DA S I NTERVIEW FÜHRTE: Christian Vilsbeck, A&D BIL D ER: Lenze; iStock, cosmin4000
Profitiert der Maschinenbauer über den le oder Asset Administration Shell (AAS) hang mit dem digitalen Zwilling. Digital
kompletten Lifecycle-Prozess einer Ma- für das Kreieren eines digitalen Abbil- Engineering nutzt die Digital Twins der
schine vom Digital Twin? des einer Maschine. Der digitale Zwil- Geräte – beispielsweise die technischen
Balz: Auf jeden Fall. Der Digitale Zwil- ling ist auch Basis für die Nutzung von Daten, CAD-Modelle – und lässt den di-
ling ist die Basis für Anwendungen und Cloud-Services, die zur Optimierung von gitalen Zwilling der Maschine entstehen.
Dienste entlang des Lebenszyklus von Fertigungsprozessen beitragen bis zur Das heißt, in der Design-Phase lässt sich
Geräten und Maschinen. Er bietet eine intelligenten Auswertung von Betriebs- bereits eine erste Struktur der Maschi-
echte Unterstützung in der industriellen daten aus den Antrieben, die zusätzliche ne erstellen, die im weiteren Verlauf in
Automation, macht beispielsweise die Sensoren überflüssig machen. Und nicht der Steuerungssoftware abgebildet oder
virtuelle Inbetriebnahme oder auch das zuletzt erhöht er die Flexibilität von An- in der Elektronik-Konstruktion genutzt
Asset Management möglich. Mit dieser lagen, in denen ganze Fertigungsmodule wird. An diesem Punkt kommen dann
automatisiert und standardisiert weitere
Daten hinzu. Dieses Spiel zieht sich durch
den gesamten Engineering-Prozess, ange-
reichert mit den Maschinendaten entsteht
so der digitale Zwilling der Maschine.
„Der Digital Twin steht für die
Letztendlich baut sich eine Struktur auf,
neue, offene und standardisierte aus vielen verschiedenen digitalen Zwil-
Interoperabilitätskomponente in lingen – von den Komponenten, über die
Maschinenmodule bis hin zu gesamten
der Industrie 4.0.“ Anlagen.
Burkhard Balz
Senior Vice President Automation Systems bei Welche Voraussetzungen benötigt ein
Lenze und Mitglied des IDTA-Vorstandes Maschinenbauer sonst noch, um sich
überhaupt mit dem Thema Digital Twin
beschäftigen zu können?
Bruder: Aus meiner Sicht sind gar keine
speziellen Voraussetzungen nötig – nur
Durchgängigkeit und den Zugriffsmög- einfach per Plug & Produce ausgetauscht die Bereitschaft, sich auf neue Technolo-
lichkeiten auf relevante Daten und Doku- werden können. gien und Methodiken einzulassen. Aber
mente aller verbauten Geräte sind, über auch hier gilt: suchen Sie sich die rich-
den gesamten Lebenszyklus betrachtet, Ist ein Digitales Engineering die Grund- tigen Partner, die – wie Lenze – bei der
Einsparpotentiale im zweistelligen Proz- voraussetzung, um vom Digital Twin ei- Umsetzung unterstützen. Es geht nicht
entbereich möglich. Lenze hat innerhalb ner Maschine profitieren zu können? darum, gleich radikal alles Gewohnte
seines Automatisierungsangebots den Bruder: Das Spannende ist gerade die über den Haufen zu werfen, sondern dar-
„EASY System Designer“ geschaffen. Die- Verknüpfung all der verschiedenen Dis- um, überhaupt anzufangen, erste Durch-
ses neue Tool nutzt die Verwaltungsscha- ziplinen und Use-Cases im Zusammen- stiche zu machen und zu lernen.
12
INDUSTR.com„Für den Digital Twin benötigen Maschinen-
bauer keine speziellen Voraussetzungen – nur
die Bereitschaft sich auf neue Technologien und
Methodiken einzulassen.“
Patrick Bruder
Business Development Manager Automation bei Lenze
Für den Digital Twin einer Maschine beitskreisen aktiv sind, bei der ersten den durchgereicht vom Engineering, über
werden immer digitale Zwillinge der Umsetzung unterstützen. die Inbetriebnahme bis hin zu Wartung.
einzelnen Komponenten benötigt. Wo
bekommt der Maschinenbauer die Daten Engagiert sich Lenze auch in der neu Um von den Vorteilen des Digital Twins
her und worauf muss er achten? gegründeten IDTA, um die Standardi- zu profitieren: Warum sollen Maschi-
Bruder: Hier sind ganz klar die Auto- sierung aus Sicht des Maschinenbauers nenbauer auf die Lösungen von Lenze
matisierer wie Lenze und alle Kompo- voranzutreiben? setzen?
nentenlieferanten in der Pflicht. Es ist Balz: Ja, wir halten das für absolut essen- Balz: Unser oberstes Ziel ist es, unse-
erstaunlich, wie viele Daten bereits heute ziell. Kunden geben uns recht: Auf der ren Maschinenbaukunden das Enginee-
verfügbar sind. Allerdings muss man sie virtuellen Messe SPS im November 2020 ring zu erleichtern und sie mit unse-
sich aktuell noch mühsam manuell zu- hat Lenze mit den Unternehmen Hegla, rer Hardware, Software und Brainware
sammensuchen. Zum Teil lassen sich Da- Festo und Phoenix Contact am Runden bestmöglich zu unterstützen. In diesem
ten schon nach gewissen Standards wie Tisch die Perspektiven aus Forschung Zusammenhang ist uns das Thema of-
beispielsweise ECLASS ausleiten. Richtig und Industrie zum aktuellen technischen fene Standards und Interoperabilität ein
spannend und komfortabel wird es aber Stand des digitalen Zwillings in der Praxis echtes Anliegen. Darum engagieren wir
erst dann, wenn sich Tools und Software- beleuchtet. Bereits realisierte Mehrwer- uns schon seit Jahren in verschiedenen
lösungen diese Daten standardisiert ab- te wie das wesentlich beschleunigte En- Gremien und arbeiten in Forschungspro-
holen können. Entsprechende Webdiens- gineering und die Verwendung einheit- jekten mit. Wir haben seit über 20 Jahren
te, die genau das anbieten, entstehen ak- licher Kommunikationsschnittstellen wie Digitalisierungskompetenz im Unterneh-
tuell auch bei Lenze. OPC UA oder IO-Link über alle Diszipli- men und verfügen zudem über die not-
nen hinweg, wurden von der Gesprächs- wenige Domainexpertise, um unseren
Bietet Lenze eine Lösung an, mit der sich runde erfreut bestätigt. Der einheitliche Maschinenbaukunden digitale Services
einfach ein Digital Twin kreieren und Tenor galt aber auch der Fortführung, die und Lösungen anzubieten, die ihnen ei-
verwalten lässt? Entwicklungsarbeit des Digital Twins im nen echten Mehrwert bieten – sei es die
Bruder: Ja, unser EASY System Designer Konsortium weiter voranzutreiben. Beschleunigung der Entwicklungspro-
ist genau ein solches Werkzeug. Damit zesse, die Verbesserung der Qualität oder
lässt sich die Maschine modular beschrei- Was steht bei Lenze in Bezug auf den Di- die Möglichkeit, Tätigkeiten zu paralleli-
ben, auslegen und teilweise verwalten gital Twin demnächst auf der Agenda? sieren. Auf der digitalen Hannover Messe
und zudem eine Struktur für den digi- Bruder: Es geht in die konkrete Umset- zeigen wir neue Apps, Werkzeuge und
talen Zwilling ausleiten. Die Verwaltung zung, wir werden Asset-Daten unserer Prototypen, die bereits heute eine durch-
des digitalen Zwillings ist noch ein span- Systemkomponenten wie das digitale Ty- gängige Datennutzung ermöglichen. ☐
nendes Thema. Wo ist er gespeichert? penschild, technische Daten und Doku-
Besteht er nur aus Links und Verknüp- mentation über Webdienste bereitstellen.
fungen zu Webdiensten? Ist es eine loka- Das klingt im ersten Moment vielleicht Das vollständige
le Datenbank? Welcher Teil wird auf der nicht sehr spannend, aber der Mehrwert Interview lesen Sie
Steuerung abgelegt? Hier können unsere über den gesamten Lebenszyklus einer online unter:
Experten, die in den verschiedenen Ar- Anlage ist enorm – denn diese Daten wer- industr.com/2572329
13
INDUSTR.comDie Faszination AUTOMATION
im Fokus. Der Blick in andere
Branchen als Inspiration.
12 | 2019
DEZEMBER 2019 I 21. JAHRGANG I WWW.INDUSTR.COM
FLEXIBLE UND LANGLEBIGE
LEITUNGEN FÜR ENERGIEKETTEN
PERFEKTE
PERFORMANCE
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FLEXIBLE FERTIGUNG SERVOMOTOREN SECURE GATEWAY
Welches Potenzial Was gibt es, wo sind Neue Stufe der
steckt in MRK? S. 16-28 die Unterschiede? S. 36 Absicherung S. 46
und macht die Faszination der Fertigungsautomation lebendig.
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5G & IIoT
Warum 5G neue Standards
in der Industrie setzen wird Seite 16
BILD-SPONSOR: AXIANS5G & IIoT
Einsatz von 5G in industriellen Campus-Netzen
5G – die smarte Mobilfunk-Ära
für schlaue Köpfe
Immer wenn eine neue bahnbrechende Technologie auf den Markt kommt, sind schlaue und
kreative Köpfe gefragt, innovative Lösungen daraus zu entwickeln. So ist zu erwarten, dass der
neue Mobilfunkstandard 5G in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen neue Standards setzen wird.
TEX T: Armin Przirembel, Axians BILD ER: Axians; Shutterstock
Richtig umgesetzt hat der Mobilfunkstandard 5G das Po- men wurden bereits mehr als 100 Lizenzen vergeben. Im Ver-
tenzial zum Game Changer. Jetzt sind die Pioniere gefragt, die gleich zur initialen Versteigerungssumme sind diese durchaus
dieses Potenzial voll ausschöpfen und die neue Technologie günstig zu erwerben. Der jeweilige Preis berechnet sich aus
mit Leben füllen. Bandbreite, Laufzeit und den abzudeckenden Flächen. So kos-
tet beispielsweise eine Lizenz für eine Bandbreite von 50 MHz
Der Einstieg in 5G ist günstiger als man denkt mit 10-jähriger Laufzeit zur Abdeckung von 500 Quadratme-
tern Produktionsfläche und zwei Quadratkilometern sonsti-
Im August 2019 wurden nach 497 Runden die 5G Mo- ger Fläche insgesamt 17.500 Euro – für die gesamte Laufzeit.
bilfunkfrequenzen für die Rekordsumme von 6,6 Milliarden Wer sich nicht so lange verpflichten und erst einmal einen
Euro versteigert. Seither arbeiten die vier Mobilfunkanbie- Testlauf absolvieren möchte, kann auch mit einer kürzeren
ter Telekom, Telefonica, Vodafone und Drillisch daran, die Laufzeit, zum Beispiel für ein Jahr starten. Zu den ersten pri-
deutschlandweite Netzabdeckung mit 5G aufzubauen. Par- vatwirtschaftlichen Lizenznehmern gehören Hochschulen,
allel dazu können seit November 2019 erstmals auch Firmen Universitäten, Messen, Energieversorger, Kommunikations-
eine Lizenz für ein privates 5G im Frequenzbereich zwischen dienstleister, Automobilhersteller und innovationsfreudige
3.700–3.800 MHz erwerben, um diese für Industrie, Land- und Industrieunternehmen.
Forstwirtschaft sowie private und öffentliche Organisationen
für innerbetriebliche Anwendungen zu nutzen. Für Unterneh- Große Anforderungen – Vorteile noch größer
Der Einsatz von 5G verspricht von technischer Seite
neue Superlative mit einer Datenrate von bis zu 20 Gbit/s,
1 ms Latenzzeit, 99,99 Prozent Verfügbarkeit und 100 Pro-
zent Netzabdeckung. Pro Sektor
können weit mehr als Tausend
– pro Quadratkilometer bis
zu einer Million Devices
eingebunden werden,
mit einer Lokalisie-
rungsgenauigkeit von
weniger als einem
Meter. Das Ganze
funktioniert nicht nur
statisch, sondern auch bei
einer Bewegungsgeschwin-
digkeit von bis 500 km/h.
Und auch die Energieeinspa-
rung ist gewaltig: Während
16
INDUSTR.comKonfiguration
Systemtechnik
in deutschen Rechenzentren derzeit pro Jahr 13 Milliarden und können die kommenden Entwicklungen mitprägen. Aus
KWh in Wärme umgesetzt werden, kann durch den Einsatz Städten werden Smart Cities, in der Landwirtschaft entwickelt
von 5G der Stromverbrauch im Netzwerk um 90 Prozent redu- sich Smart Farming, Stromnetze werden zu Smart Grids, das
ziert werden und die in den IoT-Sensoren verwendeten Batte- Gesundheitswesen wird eHealth-Applikationen einsetzen. Im
rien liefern bis zu zehn Jahre lang Strom. Neben diesen Perfor- Bereich von Mobilität, Logistik und Handel ergeben sich völ-
mance-Werten stellen Firmen weitere hohe Anforderungen an lig neue Spielmöglichkeiten, Produktionsprozesse werden zu
ihr betriebseigenes Funknetzwerk: Die Betriebssicherheit von Industrie 4.0 mit hochflexiblen Möglichkeiten. Es entsteht ein
Maschinen muss zu jeder Zeit gewährleistet sein. Es dürfen taktiles Internet, in dem Menschen, Maschinen und Systeme
keine Ausfallzeiten oder Datenpaketverluste auftreten, sonst in Echtzeit interagieren. Hinter alldem stecken smarte Köp-
steht die Produktion still. Neben der wirklichen Echtzeit ist es fe, die das Beste daraus machen. Dazu gehören auch Sie, liebe
für Produktionsprozesse zwingend notwendig, dass zwischen LeserInnen! Lassen Sie uns darüber sprechen, welche Chancen
Rechner und Sensoren eine Synchronisationsgenauigkeit von der Einsatz von 5G für Ihr Unternehmen bietet.
±1 Mikrosekunden gegeben ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt
ist das Zusammenspiel mit den bereits existierenden Protokol- Standards mit 5G und richtigem Partner setzen
len. Da es in jeder Fertigung unterschiedliche Maschinen mit
jeweils verschiedenen Protokollen und Netzwerken gibt, be- Axians verfügt als ICT-Systemintegrator über mehr als
deutet die Vereinheitlichung über den 5G-Standard eine enor- 25 Jahre Erfahrung in Projekten zur Einrichtung von In-
me Erleichterung in Sachen Interoperabilität. house-Funknetzen: zuverlässig, versorgungssicher und güns-
tig. Wir unterstützen Unternehmen aktiv bei Planung, Rollout
Im Wesentlichen lassen sich die Vorteile beim Einsatz von und Betrieb einer eigenen 5G-Infrastruktur sowie bei De-
5G kompakt zusammenfassen: Drahtlose Anbindung, erhöhte sign und Lieferung der passenden Lösungen. In Kooperation
Ausfallsicherheit, Standardisierung für den industriellen Ein- mit Partnern aus dem globalen Markennetzwerk von VINCI
satz, mehr Agilität und Flexibilität für eine adaptive Produkti- Energies erfolgt die komplette Realisierung aus einer Hand.
on, Senkung der Betriebskosten, kürzere Time-to-Market und
zukunftssichere Investition. Kontaktieren Sie gerne Axians – wir freuen uns auf einen
smarten Gedankenaustausch mit Ihnen! Ihr Ansprechpartner:
Grenzenlose Einsatzszenarien
Anders als bei den vorhergehenden Generationen 2G
(GSM), 3G (UMTS), 4G (LTE) sind bei der Entwicklung der
Standards für 5G auch Vertreter der Wirtschaft direkt mit Armin Przirembel
beteiligt, wenn neue Releases vorbereitet werden. So können BU Manager Mobile Netzworks
praxisbezogene Anforderungen für industrielle Anwendungen Vodafone bei Axians Deutschland
von Anfang an berücksichtigt werden. Die Vernetzung durch Tel: +49 7142 969-161
5G wird in absehbarer Zeit unser Leben und Arbeiten deutlich Mobile: +49 163 7439748
verändern. Wir stehen noch ganz am Anfang einer neuen Ära armin.przirembel@axians.com
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INDUSTR.comInterview über 5G in der Industrie
(R)Evolution der Mobilfunkstandards
Kaum ein Technologiethema hat in jüngster Vergangenheit so viel mediale Aufmerksam-
keit erfahren wie die beginnende Einführung von 5G-Netzwerken. Die Erwartungshaltung
an den neuen Standard für Funknetzwerke ist hoch – nicht nur beim privaten Anwender,
sondern insbesondere in der Industrie. Was die 5G-Technologie für Unternehmen aus dem
Bereich der Automatisierungstechnik so attraktiv macht und mit welchen Visionen sie sich
der Thematik nähern, erklären Dr.-Ing. Christian Bauer, Lead Developer 5G bei Trumpf,
Dr. Werner Thoren, Technology Manager bei Endress+Hauser sowie Benedikt Rauscher,
Manager Globale IoT-Projekte bei Pepperl+Fuchs.
B I L DER: Trumpf; Pepperl+Fuchs; Endress+Hauser
Welche Erwartungen dürfen zuerst mal ten fallen unter den Begriff „eMBB“ – kurz ge Kommunikation von Maschinen bzw.
private Anwender denn an 5G haben? für „enhanced Mobile Broadband“. Die deren Komponenten über enorm viele
Dr. Thoren: Der häufigste Wunsch dürfte Effekte der beiden anderen Service Modes, Verbindungen auf engem Raum – etwa im
der nach einer höheren Datenrate sein. 5G uRLLC und mMTC, sind für den Endan- Gefüge einer hochautomatisierten Fabrik.
kann im Download Übertragungsraten wender vielleicht nicht so direkt erlebbar Der Endanwender kommt bei diesen bei-
von bis zu 20 Gbit/s erreichen. Dadurch wie eMBB, werden seinen Alltag aber mit- den Service Modes also eher mit den in-
eröffnen sich beim Media-Streaming und telbar ebenfalls beeinflussen. dustriellen Erzeugnissen als mit dem Mo-
bilfunkstandard 5G in Kontakt.
Wie ist der starke Fokus von 5G auf die
Industrie im Vergleich zu den Vorgän-
„Bisherige Mobilfunkstandards gern? Bruch oder logische Entwicklung?
Dr. Thoren: Betrachtet man die Entwick-
vernetzten die Menschen. 5G lung der Mobilfunkstandards seit Anfang
hingegen wird erstmals die der 80er-Jahre, stellt man fest, dass wir
jetzt den nächsten Schritt einer Evolution
Maschinen im großen Umfang in einer zunehmend digitalisierten Welt
miteinander vernetzen – im sehen: 1G-Netzwerke dienten ausschließ-
lich der analogen Sprachübertragung, 2G
Auftrag des Menschen.“ konnte zusätzlich bereits SMS und MMS
Dr.-Ing. Christian Bauer übertragen. Mit 3G kamen Videoüber-
Lead Developer 5G, Trumpf tragung und das mobile Internet hinzu,
4G ergänzte dies um Echtzeit-Audio und
HDTV. 5G bietet die Erweiterungen, die
die Digitalisierung in der Industrie voran-
der virtuellen, erweiterten Realität ganz Rauscher: „uRLLC“ beziehungsweise „Ul- treiben werden.
neue Möglichkeiten und das auch an Hot- tra Reliable Low Latency Communication“ Dr. Bauer: Die genannten Standards ver-
Spots mit vielen Nutzern gleichzeitig. beschreibt die Hochverfügbarkeit von 5G, netzten die Menschen. 5G hingegen wird
Dr. Bauer: 5G gliedert sich in drei soge- die gerade für sicherheitskritische Anwen- erstmals die Maschinen im großen Um-
nannte „Service Modes“, anhand derer sich dungen im Bereich der Prozessindustrie fang miteinander vernetzen – im Auf-
die Vorteile der neuen Technologie sehr relevant ist. „mMTC“ bezeichnet hinge- trag des Menschen. Das Stichwort hier
gut erklären lassen. Die eben angesproche- gen die sogenannte „massive Machine Ty- lautet M2M, also „Machine to Machine
nen extrem hohen Datenübertragungsra- pe Communication“, also die feinmaschi- Communication“. Die Einführung von
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INDUSTR.com5G & IIoT
„5G bietet die Erweiterungen,
die die Digitalisierung in der
Industrie vorantreiben werden.“
Dr. Werner Thoren
Technology Manager, Endress+Hauser
5G kann also auch als ein revolutionärer rausforderungen für die Stromversorgung Mobilfunkstandard zuvor wird 5G durch
Schritt in der Evolution der Funknetz- eines batteriebetriebenen Sensors nach die Anforderungen von Unternehmen aus
werke im industriellen Umfeld betrachtet sich. Mit 5G werden wir bei Pepperl+Fuchs dem Bereich Operation Technology (OT)
werden. Es handelt sich dabei insbeson- künftig einen ganz anderen Spielraum ha- geprägt, zu denen ja auch Endress+Hauser,
dere in diesem Kontext mehr um einen ben, funkbasierte Sensorlösungen zu ent- Trumpf und Pepperl+Fuchs zählen.
Kommunikations- als einen bloßen Mo- wickeln, die mit geringen Zykluszeiten Dr. Bauer: In der Vergangenheit musste die
bilfunkstandard. Daten via Mobilfunknetzwerk übertragen. MSR-Technik auf die spezifischen Eigen-
Rauscher: Die aktuell gängigen Mobil- arten des jeweiligen Mobilfunkstandards
funkstandards sind für Industrieanwen- Ist diese Entwicklung Richtung Industrie- hin angepasst werden beziehungsweise war
dungen nur mittelfristig eine Lösung. Das anwendung ein Selbstläufer? grundsätzlich kabelgebunden. Nur so war
häufig verwendete GSM verbraucht bei- Rauscher: Dass sich 5G in diese Richtung eine durchgängige Kommunikation mög-
spielsweise beim Herstellen der Verbin- entwickelt hat, ist kein Zufall, sondern lich. Bei 5G wandelt sich dieses Verhältnis.
dung mehr Energie als beim Senden der ei- das Ergebnis des erfolgreichen Zusam- Beide Seiten, also die OT-Hersteller, und
gentlichen Daten. Das zieht besondere He- menschlusses vieler Parteien. Wie kein die Informations- und Kommunikations-
Auf Erfahrung bauen.
Technologie vorantreiben.
Potenziale voll ausschöpfen. Digital Expo
April 19–23, 2021
Ultraschallsensor
Serie UC18GS mit IO-Link
Mehr Informationen unter
pepperl-fuchs.com/pr-UC18GS
Die Serie UC18GS verbindet die Vorteile der
Ultraschalltechnologie mit leistungsstarken
Funktionen zu einer Sensorlösung, die prak-
tisch jeder Herausforderung gewachsen ist.5G & IIoT
„Mit 5G könnte der Service-
Techniker im Feld künftig Wartungs-
anweisungen ultrahochaufgelöst und
verzögerungsarm in einer AR-App auf
seinem Smartphone einsehen.“
Benedikt Rauscher
Manager Globale IoT-Projekte, Pepperl+Fuchs
technikbranche (ICT), zu der Chip-Her- Rauscher: Für Pepperl+Fuchs ist das The- ben wird. Insbesondere die nicht-öffentli-
steller und Netzwerkanbieter wie Intel, ma aus mehreren Perspektiven interessant. chen 5G-Netzwerke mit definierter „Qua-
Qualcomm, Telekom oder Vodafone ge- Zunächst sehen wir uns als ein innovatives lity of Service“ bieten die erforderliche
hören, stimmen sich seit Beginn der Ent- und neugieriges Unternehmen – das ist Flexibilität und Zuverlässigkeit hierfür in
wicklung sehr eng miteinander ab. Nur Teil unserer „DNA“. Wir gestalten die Zu- den oft weit verteilten Anlagen unserer
ein möglichst harmonisierter Standard kunft von Industrie 4.0 aktiv durch unsere Kunden. Unser Ziel ist es, zusammen mit
nutzt auch allen Anwendern. Arbeit in diversen Verbänden mit und sind unseren Kunden das Potenzial der Tech-
Dr. Thoren: Aus unserer Sicht ist es kein von Beginn an dabei, wenn neue Standards nologie auszuschöpfen und für eine geeig-
Selbstläufer, da aus der Industrie zum definiert werden. IO-Link, ASi 5 oder der nete Standardisierung zu sorgen.
Beispiel deutlich höhere Anforderungen Advanced Physical Layer (APL) sind zum Dr. Bauer: Trumpf war bereits von Be-
an Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Beispiel Themen, bei denen wir ebenfalls ginn an bei Themen wie der vernetzten
Netze gestellt werden. Hierzu ist ein Dialog intensiv involviert sind. Gleichzeitig sehen Produktion oder Industrie 4.0 aktiv in-
zwischen Vertretern der operativen Tech- wir natürlich neue Umsatzpotenziale, die volviert. Also ist es nur logisch, auch die
nologien und der Informations- und Tele- durch den massiven Einsatz von verteilter entsprechenden Technologien, welche
kommunikationstechnologien notwen- 5G-gestützter Funksensorik erschlossen diesen Wandel in der Produktion erlau-
dig, um zu gemeinsamen Lösungen zu werden können. Hierdurch wird ein um- ben, früh zu begleiten und mitzugestal-
kommen. Dieser Dialog findet maßgeb- fassendes Abbild der physikalischen Welt ten. 5G bietet hier das große Potenzial,
lich in der 5G Alliance for Connected und damit für unsere Kunden eine bessere die entscheidende Enabler-Technologie
Industries and Automation statt, kurz Planung und Steuerung der verschiedens- für die Datenkommunikation in der Pro-
5G-ACIA. Sie ist die Erweiterung ei- ten Produktionsabläufe möglich. Ich wür- duktion zu sein und die sich bietenden
ner bereits 2017 im ZVEI gegründeten de also von einer gesunden Mischung aus Mehrwerte sind sehr vielfältig – sei es
Task Force zum Thema 5G und vereint Forscher- und Unternehmergeist sprechen. Komplexitätsreduktion von bestehen-
Schlüsselspieler aus beiden Industrien, Dr. Thoren: Als die „People for Process den Lösungen, Retrofitting von Brown-
aber auch Mitglieder aus der Hochschul- Automation” haben wir ständig ein Ohr field- Umgebungen oder auch die Ent-
landschaft und anderen Verbänden. Die bei unseren Kunden, um zu erkennen, was wicklung ganz neuer Anwendungen mit
5G-ACIA sieht sich als eine Ergänzung ihnen heute und in Zukunft helfen wird, deutlich gesteigerter Flexibilität aufgrund
zu den bereits existierenden Standardi- ihre Produktion zu optimieren, die Anla- der schnellen drahtlosen Kommunika-
sierungsgremien und Verbänden, wie genverfügbarkeit zu erhöhen und den si- tion. Um in diesem Umfeld Erfolg zu
der 3GPP und der NGMN Alliance, und cheren Betrieb der Anlagen zu gewährleis- haben, muss 5G aber den Anforderun-
bringt sich dort entsprechend im Inte- ten. Hier zeichnet sich ein Trend zu mehr gen einer industriellen Datenkommuni-
resse eines industriell ausgerichteten Sensorik und vermehrter Nutzung bereits kation genügen. Aus diesem Grund ist
5G-Standards ein. vorhandener Daten ab, was auch von der Trumpf, genau wie Endress+Hauser und
NAMUR, einer bedeutende Nutzeror- Pepperl+Fuchs, Mitglied der 5G-ACIA,
Mit welcher Zielsetzung engagiert sich Ihr ganisation der Prozessindustrie, mit der um dort in enger Abstimmung mit welt-
jeweiliges Unternehmen? NAMUR Open Architecture vorangetrie- weit führenden ICT-Unternehmen den
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INDUSTR.comStandard 5G im Sinne der industriellen Standards spezifiziert werden. Wir bei
Anforderungen mitzugestalten. Trumpf verfolgen diese Thematik natürlich
genau, gestalten in der 5G-ACIA aktiv mit
Gibt es bereits Entwicklungspläne oder und sind auch bereits heute in verschiede-
Anwendungsszenarien in Ihren Unter- nen Forschungs- und Förderprojekten zur
nehmen? Thematik engagiert. Wichtig ist hier für
Dr. Thoren: Von Beginn der digita- uns vor allem, früh das notwendige Wissen
len Kommunikation an lassen sich die aufzubauen, um bei Verfügbarkeit entspre-
Endress+Hauser Feldgeräte durch die Un- chender Technologien und Hardware diese
terstützung offener Standards nahtlos in die direkt nutzen zu können.
Systeme unserer Kunden integrieren. Auch Rauscher: Wie ich vorhin schon anklin-
bei der drahtlosen Kommunikation waren gen ließ, beschäftigen wir uns seit längerer
wir mit WirelessHART-Produkten zusam- Zeit mit funkbasierter Sensorik. Dazu zäh-
men mit Pepperl+Fuchs einer der ersten len zum Beispiel batteriebetriebene Ultra-
Anbieter im Markt. Für die Bedienung und schallsensoren, die Füllstände über Funk-
Parametrisierung von Feldgeräten, aber technologien übertragen. Mit 5G liegt hier
auch zum Auslesen von Daten mit mobi- für die Zukunft noch eine Menge an Po-
len Geräten, nutzen wir heute Bluetooth. tenzial, das wir erschließen können. Auch
Tradition hat auch die Mobilfunkkommu- im Geschäftsbereich Prozessautomation
nikation im Bereich verteilter Messstellen verfolgt man die Entwicklung von 5G sehr
in der Logistik und in Versorgungsnetz- aufmerksam. Wir bieten schon heute ein
werken. Neu ist hier ein einfaches, autono- umfassendes Portfolio industrietauglicher
mes Füllstandmessgerät, das sich über den und explosionsgeschützter Mobilgeräte.
Standard NB-IoT per Knopfdruck in die Dank der Datenübertragungsraten von
Endress+Hauser Cloud-Lösung „Netilion“ 5G könnte der Service-Techniker im Feld
integriert und Informationen liefert – eine Wartungsanweisungen zu einer Kom-
echte IIoT-Lösung, getrieben von Kun- ponente zukünftig ultrahochaufgelöst
denanwendungen. Mit 5G werden wir in und verzögerungsarm in einer Augmen-
Zukunft mehr solcher Anwendungen noch ted-Reality-App auf seinem Ex-Smartpho-
besser bedienen können. ne einsehen. Zudem erwägen wir gerade,
Dr. Bauer: Die Standardisierung von 5G uns am Stammsitz in Mannheim einen ei-
ist ein längerer Prozess, bei dem durch die genen Frequenzbereich einzurichten, um
3GPP (die Standardisierungsorganisation noch tiefer in die Materie vorzudringen
für Mobilfunk) in mehreren Release-Zy- und neue Applikationsszenarien erproben
klen jeweils einzelne Aspekte des neuen zu können. ☐
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INDUSTR.com5G & IIoT
Nachgefragt: So wichtig ist der neue Mobilfunkstandard für die Industrie
IST 5G MEHR ALS NUR EIN HYPE?
Das Thema 5G wird vielerorts wie Künstliche Intelligenz „gehypt“ – ohne geht es in der industri-
ellen Automatisierung nicht mehr. 5G ist also der Treiber einer vernetzen Produktion. Reicht aber
vielen Industrieunternehmen die aktuelle Mobilfunkversorgung bereits aus oder wird WLAN als
die bessere Alternative gesehen? Wir haben bei Experten nach einer Einschätzung gefragt.
UMFRAGE: Ragna Iser, A&D BI LDER: VDMA; Red Lion; Siemens; iStock, Deagreez
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INDUSTR.comAUSGE
ZEICH
SANDER
NET!
ROTMENSEN UNSERE MP420 EVOCHAIN®
DR. REINHARD VEREINT INNOVATIVE UND BE-
WÄHRTE EIGENSCHAFTEN
5G ermöglicht zwei unter-
HEISTER schiedliche Implementie- IN EINER ENERGIEKETTE.
rungen: Es gibt das öffentliche
5G ist ein wichtiger Baustein JÜRGEN 5G-Mobilfunknetz, das von WIR WURDEN AUSGEZEICHNET
für die Umsetzung von Indus- den Mobilfunkanbietern flä- UND SIND STOLZER GEWINNER
trie 4.0. Es wird immer rele- GRAUER chendeckend ausgerollt wird. IN DER KATEGORIE
vanter Maschinen miteinan- Damit lassen sich in der In- MACHINES & ENGINEERING
der zu vernetzen und 5G Die 5G-Technologie bietet dustrie vor allem Anwen-
bietet hierfür eine industrie- Unternehmen die groß- dungsfälle abdecken, die
taugliche Funkschnittstelle. flächige Vernetzung von bis Fernzugriff erfordern. 5G bie-
Zugleich zeigen die gewon- dato nicht angeschlossenen tet aber auch die Möglichkeit,
nenen Erfahrungen, dass der Anlagen inklusiver Sensoren. private, lokale Campusnetze
Maschinenbau neben 5G auch 5G sorgt für große Bandbrei- aufzubauen, ähnlich wie mit
Bedarf nach einer Betrach- ten und bietet eine hohe Über- Industrial WLAN (IWLAN)
tung weiterer industrietaug- tragungsrate. Global gesehen heute. Ein Unternehmen kann
licher Funktechnologien wie erhöht die Technologie die dadurch das Netz nach seinen
WiFi 6 hat. Der VDMA ist der Wettbewerbsfähigkeit speziell Anforderungen gestalten, be-
Ansicht, dass auch in den für den deutschen Maschinen- nötigt dafür allerdings ein pri-
kommenden Jahren je nach bau, aber auch in weiteren In- vates 5G-Spektrum. Neben
industrieller Anwendung di- dustrien mit Remote-Standor- den Entwicklungen bei 5G
verse Funktechnologien koe- ten. Red Lion bietet hier sind heute schon viele Anwen-
xistieren werden. Daher ist die besonders mit der Edge-Auto- dungsfälle in Fertigungen mit
Sicherstellung der Koexistenz mation-Plattform FlexEdge industriellem Wireless LAN
und Interoperabilität für eine einen Gateway für 5G-Appli- möglich. Der IWLAN-Stan-
optimale und störungsfreie kationen in der OT/IT-Kon- dard wird ständig weiterent-
Integration unerlässlich. Dies vergenz. wickelt, derzeit mit dem aktu-
ist ein zentraler The- ellen Standard IEEE 802.11ax
menschwerpunkt innerhalb Sales Director Europe, („Wi-Fi 6“). Zukünftig werden
der VDMA Arbeitsgemein- Red Lion sowohl Industrial 5G als auch
schaft Wireless Communica- Industrial Wireless LAN neue
tions for Machines. Möglichkeiten in der draht-
losen Vernetzung der Produk-
Geschäftsführer, tion ermöglichen.
VDMA Elektrische Automation
Director Industrial Wireless
Communication,
Siemens Digital Industries
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INDUSTR.com Mehr Infos unter:
www.mp.de/420Dr. Thomas Steffen studierte und
promovierte im Fach Maschinen-
bau an der RWTH Aachen und
Roland Bent ist CTO bei Phoenix absolvierte ein Studium der
Contact. Bereits seit 1984 ist er für Betriebswirtschaftslehre an der Sebastian Seitz ist Vorsitzender der
das Unternehmen tätig. Seine Lauf- Fernuniversität Hagen. Er ist Geschäftsführung von Eplan und
bahn begann er als Entwicklungs- seit 2001 bei Rittal, zunächst als Cideon. Er studierte Ingenieurwesen
ingenieur für Feldbus-System- Hauptabteilungsleiter Qualitäts- mit Schwerpunkt Physik sowie
technik. Seit 2001 ist er als Mit- management. Danach übernahm Marketing. Nach beruflichen Stationen
glied der Geschäftsführung für er als Bereichsleiter das internati- bei KPMG Consulting und der BMW-
Marketing und Produktentwicklung onale Qualitätsmanagement. Seit Group wurde er 2006 zum Geschäfts-
sowie Innovations- und Technolo- 2007 ist Dr. Steffen Geschäftsfüh- führer bei Cideon berufen. Seit August
gie-Management zuständig. Anfang rer Forschung und Entwicklung. 2018 verantwortet er als CEO das
2017 wurde in seiner Position als Business von Eplan sowie der
Chief Technology Officer zusätzlich Schwestergesellschaft Cideon.
die Technologie- und Prozess-
verantwortung für die Produktion
zusammengefasst.
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INDUSTR.com5G & IIoT
Interview über die Digitalisierung im Steuerungs- und Schaltanlagenbau
„Ein Muss für die Wettbewerbsfähigkeit“
Mit der SEAP-Initiative „Smart Engineering and Production“ begründeten Eplan, Rittal und
Phoenix Contact eine Technologie-Kooperation für den Steuerungs- und Schaltanlagenbau
mit dem Ziel einer durchgängigen Digitalisierung von Engineering und Produktionsprozessen.
Welche Vorteile der Schaltschrankbau damit erreicht und warum dies zwingend notwendig ist,
erläutern Sebastian Seitz, CEO von Eplan, Dr. Thomas Steffen, Geschäftsführer Forschung und
Entwicklung bei Rittal und Roland Bent, CTO von Phoenix Contact im Gespräch mit A&D.
DA S I NTERVIEW FÜHRTE: Christian Vilsbeck, A&D BIL D ER: Phoenix Contact; Rittal; Eplan
SEAP wurde vor rund fünf Jahren ins Le- Seitz: Eine Haupttriebfeder aus der Sicht Schafft SEAP somit auch die Grundlage
ben gerufen. Wie kam es zu dieser Idee? von Eplan war natürlich, zu zeigen, dass für eine wirtschaftliche Losgröße 1 Pro-
Dr. Steffen: Unsere drei Unternehmen ha- mit der Weiterentwicklung und Schaf- duktion – beispielsweise um kundenspe-
ben sich schon lange vor SEAP laufend fung von Standards proprietäre Lösungen zifische Konfigurationen bereits aus
über Entwicklungen und Standards aus- zur Vergangenheit gehören. Webshops heraus realisieren zu können?
getauscht und gemeinsame Projekte durch Bent: Absolut. Und das macht gerade das
geführt. Mit der zunehmenden Digitali- Ist das primäre Ziel von SEAP somit ein Beispiel des Schaltschrankbaus so attrak-
sierung in der Produktion haben wir dann durchgängig virtuelles Engineering? Als tiv, denn hier reden wir fast immer von
unsere Interpretationen von Industrie 4.0 Voraussetzung für Industrie 4.0! Losgröße 1. Das SEAP-Projekt verdeut-
miteinander abgeglichen, um für den Seitz: Das Engineering ist eine sehr wich- licht, wie standardisierte Datenmodelle
Steuerungs- und Schaltanlagenbau besse- tige Voraussetzung für wirklich durch- letztendlich zu einer vollautomatisierten
re Standards noch schneller auf die Stra- gängige Industrie 4.0-Szenarien. Den- Fertigung beitragen. Das ist aber nur
ße zu bringen. Dabei fokussieren wir bei noch ist das Engineering nur eine von eine Möglichkeit, da sich die Vorteile
SEAP eine Durchgängigkeit im digitalen vielen Prozessphasen. Wir benötigen genauso in teilautomatisierten oder ma-
Engineering und der kompletten horizon- standardisierte Datenbeschreibungsmo- nuellen Prozessen zeigen. Beispielswei-
talen und vertikalen Wertschöpfungsket- delle schon viel früher, wenn beispielswei- se generieren Assistenzsysteme aus dem
te über den gesamten Product-Lifecycle. se ein Fertigungsbetrieb Anforderungen digitalen Schaltschrankmodell direkt die
Bent: Und schon vor SEAP haben wir an Maschinenbauer, Schaltschrankbauer Anweisungen für den nächsten Bearbei-
uns alle unabhängig voneinander mit der oder Anbieter von Automatisierungslö- tungsschritt. Ohne digitale Modelle wäre
Automatisierung des Schaltschrankbaus sungen formuliert. Wenn hier bereits mit insbesondere beim individuellen Schalt-
beschäftigt – jeder aus seiner Sicht, jeder standardisierten Daten gearbeitet wird, schrankbau dann auch ein automatisiertes
in seiner Sparte. Es war dann nur logisch, dann kann das Engineering diese gleich Prüfen einer verdrahteten Klemmenleiste
dass wir unsere Kräfte und Ideen bündel- 1:1 verwenden. Das ergibt deutliche Effi- nicht sinnvoll denkbar. Aber so kann das
ten, um gemeinsam zu definieren: Wie zienzgewinne, Fehlinterpretationen sind physische Produkte direkt, ohne aufwen-
müsste ein Datenmodell aussehen, mit passé. Aber die Durchgängigkeit der Da- dige Teaching-Prozesse, gegen seinen
dem man diese Kette vom Engineering ten endet nicht im Engineering, sondern digitalen Zwilling kontrolliert werden.
bis zur automatisierten Produktion eines am Ende des Tages beim Kunden, denn Eine durchgängige Digitalisierung ist al-
Schaltschranks wirklich durchgängig un- die gleiche Datengrundlage dient dann so die Grundvoraussetzung für die wirt-
terstützen und abbilden kann? Mit SEAP zur Optimierung seiner Geschäftsprozes- schaftliche Umsetzung einer Losgröße 1.
begannen wir also, bestehende Standards se, zur Anbindung von Online-Shops, um Aufbauend auf dieser Digitalisierung
weiterzuentwickeln, zu überlegen, was Produktionsschritte einfacher zu simulie- lässt sich der Grad der Automatisierung
wird benötigt, um die Kette tatsächlich ren, um den Service der Anlage effizien- skalieren und schrittweise können vollau-
komplett zu automatisieren. ter zu gestalten und vieles mehr. tomatisierte Prozesse umgesetzt werden.
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