POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG

Die Seite wird erstellt Karl Lehmann
 
WEITER LESEN
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
7/8
                                                                        Juli/August 2018 / 52. Jahrgang

                                                          POLIZEISPIEGEL

                                                          Gesellschaftlicher Dialog –
                                                          Öffentliche Sicherheit
                                                          im Fokus
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“

                                                                                                            Seite 10 <

                                                                                                            Fachgespräch zu
                                                                                                            Lkw-Abbiege­-
                                                                                                            assis­tenzsystemen
                                                                                                            im Bundestag
                                                                                                            Lkws endlich
                                                                                                            sicherer ausstatten

                                                                         Seite 20 <

                                                                         Fachteil:
                                                                         – Pflicht zur amtsärztlichen
                                                                            Untersuchung

                                                                         – Effektiveres und praxis­taug­
                                                                            licheres Strafverfahren
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

Fußball-WM war gestern –                                                                                                  gen her, die einen hohen Quali­
                                                                                                                          tätslevel bei den ausschließlich
                                                                                                                          der Terrorabwehr dienenden

jetzt wartet die Arbeit                                                                                                   Kontrollen dauerhaft sicher­
                                                                                                                          stellen. Dabei haben sich alle
                                                                                                                          Parteien von dem Gedanken zu
                                                                                                                          verabschieden, dass man mit
„Die Mannschaft“, in der Vor­                                                       stehenden Aufgaben nicht all­         Luftsicherheitskontrollen wie

                                                                     © Windmüller
runde der Fußball-WM ausge­                                                         zu stark gelitten hat, denn laut      mit jeder x-beliebigen Dienst­
schieden, weil sie „mit einer ge­                                                   Koalitionsvertrag warten neue         leistung Geld verdienen kann.
wissen Überheblichkeit“, wie                                                        wichtige Spiele darauf, jetzt         Luftsicherheitskontrollen sind
Bundestrainer Jogi Löw sagte,                                                       endlich angepfiffen zu werden.        Antiterrormaßnahmen und die
auf den Platz kam, weil sie ins­                                                    So muss beispielsweise drin­          kosten nun mal. Sie sind eben
gesamt zu träge agierte, wie                                                        gend die im Koalitionsvertrag         keine bloßen Dienstleistungen,
andere meinten, und im Angriff                                                      geforderte Neuordnung der             die man durch ein Beschaffungs­
letztlich nicht aggressiv genug                                                     Passagier- und Gepäckkontrol­         amt zu großen Teilen am Ange­
gespielt hat. Diesem Vorwurf                                                        len einschließlich mehr Verant­       botspreis orientiert ausschrei­
wollte sich der Spielführer des                                                     wortung und finanzieller Betei­       ben und einkaufen kann. Wie
Vereins mit den weiß-blauen                                                         ligung des Staates in Angriff         heißt es so schön? „Schnell und
Trikots in der Koalition nicht                                                      genommen werden. Alle am              billig kann jeder!“
aussetzen und spielte mit sei­                                                      Prozess Beteiligten sind sich
ner Forderung nach einer Be­                                                        ­inzwischen scheinbar mit Aus­        Bei Terrorabwehrmaßnahmen
grenzung der Migration durch                                                         nahme des BMI einig darüber,         muss aber statt Schnelligkeit
spürbar mehr Zurückweisun­                                                           dass das derzeitige System der       und Gewinnorientierung im­
gen an der Grenze und damit          <
                                     < Ernst G. Walter, stellvertreten­              Privatisierung dieser hochsen­       mer die Qualität im Vorder­
                                       der DPolG-Bundesvorsitzender
einer Rückkehr zum bestehen­           und Bundesvorsitzender der
                                                                                     siblen hoheitlichen Aufgaben         grund stehen.
den Recht voll auf Angriff, und        DPolG Bundespolizeigewerk­                    mit all den inzwischen erkann­
das sogar gegen den erklärten          schaft                                        ten Qualitäts- und Service­          „Die Lösung liegt in einer               3
Willen der bislang als unantast­                                                     mängeln ausgedient hat.              Non-Profit-Organisation“
bar geltenden Kapitänin des          „Billige und pietätlose

                                                                                                                                                                Leitartikel
ganz in schwarz gekleideten          Propaganda“                                    „Hoheitliche Passagier- und           Den dabei erforderlichen Ser­
Schwestervereins.                                                                   Gepäckkontrollen sind keine           vicelevel für Passagiere, Airlines
                                     Die Reaktionen der Zuschauer                   Dienstleistungen“                     und Airports gleichermaßen
„Stumm vor Glück“ standen an         reichten von Zustimmung zur                                                          ­sicherzustellen, kann nur mit
der Seitenlinie über zwei Halb­      Durchsetzung des Rechtsstaa­                   Die DPolG Bundespolizeige­             „Non-Profit-Organisationen“
zeiten lang die völlig verschreck­   tes aus Sorge vor ausufernder                  werkschaft hat der Politik und         ­gelingen, wie wir sie in Deutsch­
ten Spieler in den roten Leib­       „Sekundärmigration“ innerhalb                  dem BMI bereits Anfang April            land auf den Flughäfen Mün­
chen, die bis zur Verlängerung       Europas bis hin zu billiger und                einen fundierten, auf nationa­          chen und Nürnberg mit staat­
auch keinerlei Anstalten mach­       pietätloser Propaganda gegen                   len und internationalen Erfah­          lichen beziehungsweise
ten, sich ins Spiel einzuschalten.   angebliche „Internierungsla­                   rungen basierenden konzep­              halbstaatlichen Sicherheits­
Dies, weil sie wohl befürchteten,    ger“. Manche benahmen sich                     tionellen Vorschlag für einen           gesellschaften bereits längst
das ganze Spiel müsste dann          dabei so daneben wie die Hoo­                  raschen Systemwechsel bei               ­erfolgreich betreiben.
­ihretwegen womöglich wieder­        ligans, die Woche für Woche                    der Durchführung der Passa­
 holt werden und nach dem An­        alle Polizistinnen und Polizisten              gier- und Gepäckkontrollen            Dort wird der existenzielle Drei­
 pfiff eines neuen Spiels dürfte     als „Bastarde“ beschimpfen.                    ­vorgelegt. Um die für Passa­         klang von „recruitment, trai­
 letztlich nur noch die Hälfte von                                                   giere, Airports und Airlines glei­   ning, supervising“ gelebt, denn
 ihnen wieder auflaufen.             Andere betätigten sich bar                      chermaßen immer untragbarer          Auswahl, Aus- und Fortbildung
                                     ­jeglicher Qualifikation in be­                 werdende Situation auf den           sowie die Aufsicht des Kontroll­
Erst als feststand, dass das         kannter „Dauerbesserwisser­                     Deutschen Verkehrsflughäfen          personals gehören in eine Hand.
Spiel doch weitergeht, kam der       mentalität“ als selbsternannte                  endlich grundlegend zu verbes­       Nur so werden sich letztlich alle
Rote-Trikot-Verein wieder aufs       Verfassungs- und Europarechts­                  sern, müssen sich die Politiker      in diesem sensiblen Verant­
Spielfeld und interpretierte das     experten und erinnerten dabei                   der Koalitionsfraktionen jetzt       wortungsbereich eingesetzten
Ergebnis auf seine ganz eigene       an den Pinguin von Uli Stein mit                schnell einig werden und einen       Beschäftigten im Rahmen sozi­
Weise, sodass man den Ein­           seinem „DAGEGEN“-Schild.                        Systemwechsel einleiten.             alverträglicher Arbeitsbedingun­
druck gewinnen konnte, ei­                                                                                                gen mit der hoheitlichen Aufga­
gentlich hätten sie und nicht        „Mal sehen, wie es weiter­                     Damit Flughafenbetreiber und          be identifizieren und ihre Arbeit
etwa die anderen gespielt. Da­       geht, aber nun müssen drin­                    Fluggesellschaften verantwort­        motiviert und serviceorientiert
bei forderten sie jedoch für         gend liegen gebliebene Auf­                    lich in die Organisation der Kon­     auf konstant hohem Qualitäts­
den, der das einer Majestäts­        gaben erledigt werden“                         trollstellen eingebunden werden       niveau leisten können.
beleidigung gleichende An­                                                          und der Staat seiner Verantwor­
griffsspiel eröffnet hatte, auch     Man kann nur hoffen, dass bei                  tung für das Kontrollpersonal                       Ernst G. Walter,
noch nach Spielende vehement         allen Anstrengungen um dieses                  mehr als bisher gerecht wird,                      stellvertretender
die rote Karte.                      Spiel die Kondition für die an­                müssen politische Entscheidun­             DPolG-Bundesvorsitzender

                                                                                                                          > Polizeispiegel | Juli/August 2018
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

                     DPolG im Internet: www.dpolg.de
                     Ihre Meinung interessiert uns: dpolg@dbb.de
                                                                                                                                                                                                                                              DPolG-Bundes-
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

1. Berliner Kongress für wehrhafte Demokratie

Herausforderungen
für eine neue
Sicherheitsarchitektur
Beim 1. Berliner Kongress für        z­ unehmende Respektlosigkeit
wehrhafte Demokratie unter            gegenüber der Polizei die Ent­
der Schirmherrschaft von Wolf­        wicklung in den letzten 20, 30

                                                                                                                                                       © DPolG (3)
gang Bosbach (CDU) ging es am         Jahren verantwortlich, die einen
26. Juni in Fachvorträgen und         schwachen Staat postulierte
Diskussionsrunden um die Her­         und Stellenabbau im gesam-
ausforderung, vor der die Sicher­     ten öffentlichen Dienst betrieb.
                                                                            <
                                                                            < Der 1. stellvertretende DPolG-Bundesvorsitzende Joachim Lenders
heitsbehörden in Deutschland          Dieser Kahlschlag hat mit zur           ­fordert weitere Konsequenzen nach dem G20-Gipfel in Hamburg.
stehen angesichts von terroris­       Entfremdung zwischen Bürgern
tischer Bedrohung aber auch von       und Staat geführt. Viele Men­         geht. Dem stimmte die neue           anwalt Bruno Jost, sieht ein
Globalisierung und Digitalisie­       schen erlebten leider, wenn sie       Polizeipräsidentin von Berlin,       ­teilweises Versagen der Sicher­
rung. Auf dem eintägigen Kon­         den Staat brauchen, dann ist          Barbara Slowik, zu. Die Berliner      heitsbehörden. Die länder­über­
gress, zu dem rund 200 Teilneh­       er nicht da. Hinzu komme eine         Polizei hat auf diesem Gebiet         greifende Zusammen­arbeit war
merinnen und Teilnehmer aus           ­fehlende Rückendeckung durch         viel geleistet, resümierte sie.       mangelhaft ausgeprägt, der
Politik, Wirtschaft und Sicher­        so manche Politiker. Wenn es         Vor Großereignissen, wie dem          starke Flüchtlingszustrom 2015
heitskreisen begrüßt ­wurden,          nach Einsätzen der Polizei, wie      1. Mai in der Hauptstadt, spre­       hat die staatlichen Stellen vor            5
suchte der Kongress L­ ösungen         zum G20-Gipfel, Politiker von        che die Polizei mit zahlreichen       ungekannte Aufgaben gestellt.
für eine künftige Sicherheits­         den Grünen oder der Linkspar­        Akteuren. Die Strategie der De­       Hinzu kommt, der islamistische

                                                                                                                                                       Aktuelles
architektur. Leidenschaftlich          tei gibt, die den Einsatz sofort     eskalation hat sich bewährt.          Terrorismus kann jeden treffen.
debattiert wurde auch über             und ungesehen kritisieren, so        Die Zahl der gewalttätigen            Anders als der RAF-Terror in den
die Frage, welches Ansehen die         ist dies nicht hilfreich und führt   ­Auseinandersetzungen ist             70er-Jahren, der sich gegen be­
Sicherheitsbe­hörden, insbeson­        zu weiterem Ansehensverlust.          ­zurückgegangen.                     stimmte Personen richtete, ist
dere Polizis­tinnen und Polizisten                                                                                er schwerer zu bekämpfen.
genießen und welcher Verbesse­       Der parlamentarische Staatsse­
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

            heitliche Regelungen und Befug­
            nisse für die Polizeien seien je­
            doch absolut notwendig. Ebenso
            wie die Einrichtung von Anker-
            Zentren für die Aufnahme von
            Flüchtlingen, damit Asylverfah­
            ren zentral und schnell laufen.

            Für Bundespolizeipräsident
            ­Dieter Romann fängt innere
             ­Sicherheit an der Grenze an,
              im Falle Deutschlands und
              der EU an der europäischen
                                                  <
                                                  < Die DPolG-Bundesfrauenbeauftragte Sabine Schumann erachetet Kommunikation als einen wichtigen Baustein
              ­Außengrenze. Diese und auch
                                                    für erfolgreiche Polizeieinsätze.
               die deutschen Grenzen müssen
               besser geschützt werden. Maß­
               nahmen, wie die der temporä­       noch. Zwar seien gegen ein­          der Länder, sowie Dr. Harald         dienst, stellte Professor Bliese­
               ren Grenzkontrollen, wie es sie    deutig identifizierte Straftäter    ­Olschok, Hauptgeschäftsfüh-          ner dar. Deshalb plädiere er für
               zum G7- und zum G20-Gipfel         harte Urteile ergangen, aber das     rer des Bundesverbandes der          eine intelligente Einsatzvorbe­
               gegeben hat, zeigten eindeutig,    einzige, was dem Hamburger           Sicherheitswirtschaft, darin, dass   reitung. Wer wohin geschickt
               Kontrollen sind erfolgreich. Al­   Senat eingefallen sei als ­Folge,    die Ausbildung im Polizei- und       wird, mit welchen Kompeten­
               lein in der Zeit wurden über 750   ist die Einführung der Kenn­         Sicherheitsbereich zu Selbst­        zen, entscheide darüber mit,
               offene Haftbefehle vollstreckt.    zeichnungspflicht für Polizei­-      sicherheit und Handlungskom­         wie ein Einsatz verlaufe. Ge­
                                                  beamte. Das ist dann doch zu         petenz führen muss. Leider war       mischte Teams mit männlichen
            Über den G20-Einsatz in Ham­          wenig, so Joachim ­Lenders.          dies in der Vergangenheit nicht      und weiblichen Polizisten seien
            burg und dessen Folgen äußerte                                             immer der Fall. Fehlende Rü­         ebenso sinnvoll wie Kollegen
            sich der stellvertretende DPolG-       Polizeispiegel | Juli/August 2018
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

Kommission Bereitschaftspolizei                                                                                      staatlichen Aufgaben wahrzu­
                                                                                                                     nehmen.“

der DPolG Bund tagt in Bonn                                                                                            Wie in jedem Jahr musste die
                                                                                                                       Kommission feststellen, dass
                                                                                                                       sowohl in personeller wie auch
                                                                                                                       in materieller Sicht sich leider
                                                                                                                       nicht besonders viel getan hat.

                                                                                                           © DPolG
                                                                                                                       Die Belastung der Angehörigen
                                                                                                                       in der Bereitschaftspolizei ist
                                                                                                                       zu hoch, die Stellenbewertun­
                                                                                                                       gen viel zu schlecht. Bei Aus­
                                                                                                                     rüstung und Ausstattung hat
                                                                                                                     sich nicht wirklich viel getan.
                                                                                                                     Auch aus diesem Grund hat
                                                                                                                     sich die Forderung für eine
                                                                                                                     ­verbesserte finanzielle Unter­
<
< Die Kommission Bereitschaftspolizei der DPolG mit ihrem Vorsitzenden Ralf Kusterer (fünfter von links)              stützung der Bereitschaftspo­
                                                                                                                      lizeien durch den Bund nicht
Die Kommission Bereitschafts­          arbeitung und Ergebnisse des           wir früher oft unter zurückhal­         verändert. Diese Forderungen
polizei der DPolG-Bundesor­            G20-Gipfels in Hamburg her­            tenden Urteilen litten, haben           vorzutragen und damit die Be­
ganisation hatte sich ein um­          aus. Kusterer: „Es ist schon be­       die eingesetzten Bereitschafts­         mühungen der Bereitschafts­
fangreiches Tagungsprogramm            merkenswert, welchen Einfluss          polizisten erstmals den Ein­            polizeien in den Ländern zu
auferlegt. Positiv stellte der         die Geschehnisse auf unsere            druck, dass sie als Menschen            ­unterstützen, bleibt deshalb
stellvertretende DPolG-Bun­            Rechtsprechung haben. Kaum             mit all den Verletzungen und             auch die primäre Aufgabe
desvorsitzende Ralf Kusterer,          einer hätte erwartet, dass die         Anfeindungen wahrgenom­                  aller DPolG-Mandatsträger
der seit Jahren diese Kommis­          Justiz in Hamburg unsere Welt          men werden. Und nicht als                der Bereitschaftspolizei in
sion leitet, die gerichtliche Auf­     wieder zurechtrücken. Wenn             ­Sache, die nur dazu diene, die          den Landesverbänden.
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

                                                                                                                                                                          © Moll
                Medientraining und Gespräche im Bundestag                                                                                            <
                                                                                                                                                     < Die Teilnehme­
                                                                                                                                                       rinnen freuten
                                                                                                                                                       sich über den

                DPolG-Frauen- und Gleichstellungs-                                                                                                     Besuch bei
                                                                                                                                                       Kirsten Lüh­
                                                                                                                                                       mann (dritte

                politische Fortbildung in Berlin
                                                                                                                                                       von links)
                                                                                                                                                       im Deutschen
                                                                                                                                                       Bundestag

                  Vom 6. bis zum 8. Juni trafen       vieles mehr produziert und           wetter – sodass die geplante               geändert werden musste, für
                  sich in Berlin die Vertreterinnen   ausgestrahlt.                        Brückenfahrt mit Spannung                  unser Medientraining als Mode­
   8              für Frauen- und Gleichstellungs­                                         und Vorfreude erwartet wurde.              rator gewinnen. In lockerer At­
                  fragen der DPolG. Im Zentrum         Am 6. Juni erfolgte die indivi­     Wir bestiegen den Dampfer ge­              mosphäre gab er uns einen kur­
                  der Stadt planten wir unsere         duelle Anreise der Teilnehmerin­    meinsam. Auf dem Oberdeck,                 zen Ausblick und persönliche
Berufspolitik

                  Veranstaltungsinhalte, am            nen zum Hotel. Nach einer kur­      bei strahlendem Sonnenschein,              Tipps für den nächsten Vormit­
                  ­Rande der Stadt, im Stadtteil       zen Verschnaufpause starteten       konnten wir die Sonne und die              tag, an dem das Medientraining
                   Adlershof, haben wir uns ein        wir nach der Begrüßung und          dreistündige Dampferfahrt ge­              mit einem Fernsehteam und
                   gutes, kostenschonendes Ho-         der Programmaktualisierung          mütlich über die Gewässer Ber­             ihm als Moderator geplant war.
                   tel gesucht, schon alleine, um      für die Fortbildung in Richtung     lins genießen. Hier fanden wir
                   die Stadt besser entdecken          Innenstadt mit dem ÖPNV. Und        ausreichend Gelegenheit, uns
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

zuprobieren“. Nicht alle von uns   langes DPolG-Mitglied und ehe­     1. Lesung zu den Forderungen        im Nicolaiviertel bei „Mutter
mochten sich vorstellen, ein In­   malige Bundesfrauenbe­auf­trag­    nach einem Untersuchungs­           Hoppe“ ausklingen. Wir fassten
terview geben zu müssen, aber      te der DPolG, namentlich ange-     ausschuss zur BAMF-Affäre zur       unsere Schwerpunkte, Fotodo­
einige natürliche Talente haben    meldet und trafen dort mit dem     Beratung bereithalten musste,       kumentationen und Ausblicke
wir erkannt. Die, deren Kompe­     Berliner Netzwerk „Rock“ (Run­     stand sie Rede und Antwort auf      für das Herbsttreffen 2018 in
tenzen wir dort erkannt haben,     der Tisch of­f ener couragierter   unsere Fragen und führte uns        Königswinter zusammen und
werden eine Förderung und          Kolleginnen) zusammen. Kirsten     sogar durch den Bundestag mit       begaben uns zurück nach Ad­
­Unterstützung über die DPolG-     Lühmann, eine der ersten uni­      Erläuterungen zur Architektur,      lershof. Einige Teilnehmerinnen
 Frauenvertretung bekommen         formierten Schutzpolizistinnen     den Parlamentsbesonderheiten        haben aus dienstlichen Grün­
 und sukzessive rhetorisch und     des Landes Niedersachsen, ist      und vieles mehr. So manch gu­       den bereits den Heimweg an­
 mediensicher aufgebaut. Das       die kompetente Ansprechpart­       ten Hinweis konnten wir auf­        treten müssen. Ein Umstand,
 Bildmaterial des Medientrai­      nerin für Fragen von Frauen aus    nehmen, so zum Beispiel, wie        der leider vielen Kolleginnen
 nings wird der DPolG von der      der Polizei, die diese schon im­   wir unsere frauenpolitischen        die Teilnahme an gewerkschaft­
 „Paust Broadcast Production“      mer mal an die Politik stellen     Themen rund um die polizeili­       lichen Veranstaltungen er­
 zur Verfügung gestellt und        wollten und bisher keine Gele­     chen Besonderheiten im politi­      schwert oder teilweise sogar
 dort archiviert.                  genheit dazu bekommen haben.       schen Bereich erfolgreich plat­     blockiert. Wir sind überzeugt,
                                   Im Sitzungssaal des Ausschus­      zieren können.                      dass die gewerkschaftspoli­
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

            Fachgespräch zu Lkw-
            Abbiegeassistenzsystemen
            im Bundestag

            Lkws endlich
                                                                                                                                                                   <
                                                                                                                                                                   < Sichttest
                                                                                                                                                                     in einem
                                                                                                                                                                     Lkw – der
                                                                                                                                                                     tote Win­

            sicherer                                                                                                                                                 kel bleibt
                                                                                                                                                                     ein Prob­
                                                                                                                                                                     lem

                                                                                                                                                                                    © Bundestag
            ausstatten
            Etwa ein Viertel der in               lich unter das Fahrzeug geraten    Unfallforschung und verschie­                              assistenzsysteme erfolgen
            Deutschland im Straßenver­            und dann von den Rädern über­      dener anderer an dem Thema                                 muss. Die Re­gierungskoalition
            kehr getöteten Fahrradfahrer          rollt werden. Leider kommen in     interessierten Vertreter nahm                              hat diese ­Forderung bereits in
            kommen bei sogenannten Ab­            Deutschland dennoch nach wie       für die DPolG Stefan Pfeiffer,                             ihrem Koalitionsvertrag als Ziel­
            biegeunfällen zu Tode. Hier           vor Fahrradfahrende bei derar­     Mitglied der DPolG-Kommission                             setzung für die aktuelle Legisla­
            wird den Fahrradfahrenden             tigen Unfällen zu Tode, was        Verkehr und Leiter einer bayeri­                          turperiode aufgenommen. Für
            oftmals der „tote Winkel“ des         mehrere tragische Vorkomm­         schen Verkehrspolizeiinspekti­                            alle Teilnehmer bemerkenswert
            nach rechts abbiegenden Last­         nisse in der jüngsten Vergan­      on, an dem Austausch teil.                                war, dass der Anstoß für die Ent­
            kraftwagens zum Verhängnis.           genheit belegen.                                                                             wicklung von Abbiegeassistenz­
            Allein in Bayern starben 2017                                             Polizeispiegel | Juli/August 2018
POLIZEISPIEGEL 7/8 - DPolG
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

                         Hamburg: Anhörung im Innenausschuss

                         Kennzeichnungs­
                         pflicht für Polizei­
                         beamte geplant

                                                                                             © Riebow

                         <
                         < Bundesvorsitzender Rainer Wendt gibt vor der Anhörung im Hamburger
                           Rathaus ein TV-Interview.

                         Eine kontroverse Diskussion über    Waren es im Jahre 2014 immer­
                         die Einführung einer Kennzeich­     hin 81,4 Prozent der Menschen,
                         nungspflicht für Polizeibeamte      die der Polizei großes Vertrauen
                         in Hamburg fand am 15. Juni         schenken, steigert sich dieser
                         im Innenausschuss der Hambur­       Wert im Jahr 2018 sogar noch
                         gischen Bürgerschaft statt. Als     auf satte 84 Prozent. Nur in
                         Sachverständiger für die CDU-       Australien haben die Menschen
                         Fraktion legte DPolG-Bundesvor­     mit 86 Prozent noch größeres
                         sitzender Rainer Wendt die Posi­    Vertrauen in ihre Polizei (Quel­
                         tion der Gewerkschaft dar. Basis    le: GFK Trust in Professions). An­
                         für die Anhörung waren Anträge      dere Untersuchungen, wie die
                         der Linken und der FDP, die eine    des Meinungsforschungsinsti­
                         individuelle Kennzeichnung für      tutes „Forsa“ (Vertrauen in Ins­
                         Polizeibeamte in geschlossenen      titutionen 2018) kommen sogar
                         Einheiten wie etwa der Bereit­      auf 88 Prozent Vertrauen der
                         schaftspolizei fordern.             Bundesbürger in ihre Polizei.
                                                             Wendt: „Hier soll ein Problem
                         Bundesvorsitzender Wendt sag­       gelöst werden, dass es in Wahr­
                         te in seinem Statement: „Im täg­    heit gar nicht gibt. Viele andere
                         lichen Dienst tragen die meisten    Berufsgruppen und Organisa­
                         Beschäftigten bereits freiwillig    tionen wären jedenfalls stolz
                         Namensschilder – die Polizei ist    darauf, die Vertrauenswerte
                         bürgernah und niemand hegt          der Polizei zu haben.“
                         die Absicht, sich hinter der Ano­
                         nymität einer Uniform zu ver­       Die Hamburger Bürgerschaft
                         stecken. In einigen Bundeslän­      will nach der Sommerpause
                         dern wurden Kennzeichnungen         über das Thema beraten. Die
                         unterschiedlichster Form ein­       Fraktionen sind sich nicht ei­
                         geführt, die individuelle Kenn­     nig. Grüne, Linke und FDP sind
                         zeichnung einzelner Kräfte auch     für die Kennzeichnung, die SPD
                         wieder abgeschafft. Von all die­    ist unentschieden, die CDU da­
                         sen politischen Diskussionen        gegen. Im Koalitionsvertrag
                         und Aktivitäten ist das Verhält­    von SPD und Grünen steht
                         nis der Bevölkerung zu ihrer Po­    zwar die Kennzeichnungs­
                         lizei weitgehend unberührt und      pflicht, ohne Zustimmung
© kaicologne / Fotolia

                         auf hohem Niveau von großem         der Polizeigewerkschaften
                         Vertrauen geprägt.“                 soll dies aber nicht erfolgen.

                                                             > Polizeispiegel | Juli/August 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

                                                                                                                                                                © DVR (3)
            24. DVR-Forum „Sicherheit und Mobilität“
                                                                                                                            stecken wir uns nicht immer

            Halterhaftung und Halterkosten­                                                                                 hinter verfassungsrechtlichen
                                                                                                                            Bedenken und hinter dem Da­
                                                                                                                            tenschutz!“

            haftung im fließenden Verkehr?
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

fenen in seinem Grund­recht         gen Ergebnissen führe: „Man
aus Art. 2 Abs. 1 GG.               darf nicht auf alles mit verfas­
                                    sungsrechtlichen Hämmern
Eine etwas andere Position ver­     draufhauen.“ Eine Verpflichtung
trat Prof. Dr. Gerrit Manssen,      zur Nennung von Fahrern – mit
Universität Regensburg: „Wir        Ausnahme von Familienmitglie­
machen die Halterhaftung            dern – sei durchaus denkbar.
nicht, um die Menschen zu är­
gern, sondern um die Verkehrs­
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

        Einkommensrunde 2018 mit Bund und Kommunen

        Ergebnis endgültig zugestimmt –
        Redaktionsgespräche aufgenommen
        Die in der Einkommensrunde            inhaltlich in Augenschein ge-
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

                   Festakt aus Anlass des Stiftungsjubiläums

                   Im Dienst der Polizeibeschäftigten –
                   Die DPolG-Stiftung wird 20!
                   Über 170 Gäste waren zum Fest                                                     Der Gedanke, durch Arbeit             über diesen Weg zu helfen,

                                                                                       © DPolG (3)
                   aus Anlass des 20-jährigen Jubi­                                                  in der Natur wieder ins Leben         ist der richtige Weg. Und des­
                   läums der Stiftung am 13. Juni                                                    zurückzufinden, veranlasste           halb engagieren sich die Alli­
                   2018 nach Lenggries (Bayern)                                                      Berend Jochem, als Gründer            anz-Umweltstiftung und zahl­
                   eingeladen. Ihre Königliche Ho­                                                   der Stiftung, sich mit Pater          reiche weitere Sponsoren. Der
                   heit Erzherzogin Elizabeth von                                                    ­Geisinger vom Kloster Bene­          Landesvorsitzende der DPolG
                   Bayern und der Ministerprä­                                                        diktbeuern zu beraten, um im         Bayern, Rainer Nachtigall, und
                   sident des Freistaates Bayern,                                                     Fall betroffener Polizeibeamter      Bayerns Innenstaatssekretär
                   Markus Söder, hielten ein Gruß­                                                    diesen mittels Arbeit im The­        Gerhard Eck betonten die Be­
                   wort und erklärten ausdrücklich                                                    rapieraum Natur zu helfen.           deutung der Stiftung und si­
                   ihre Verbundenheit mit der Poli­                                                                                        cherten ihre weitere Unter­
                   zei in Deutschland und der Stif­                                                  So war unter den ersten Frei­         stützung zu.
                   tungsidee. Die Stiftung wurde                                                     willigen, die im Projekt mit­
                   1998 gegründet, um traumati­       <
                                                      < Stiftungsgründer und -vorsit­                gearbeitet haben, ein Kollege         7 422 Fälle von verbaler oder
                   sierten und geschädigten Kolle­      zender Berend Jochem blickte                 aus der Amoklage in Winnen­           physischer Gewalt gegen
                   ginnen und Kollegen durch ei­        in seiner Rede auf die geleistete            den 1999, der jahrelang keine         ­Polizeibeamte gab es im Jahr
                                                        Arbeit zurück und wagte auch
                   nen Aufenthalt in Ruhe und           einen Blick in die Zukunft.                  Nacht mehr durchschlafen               2016. Die „Stiftung der Deut­
                   Natur zu helfen.                                                                  konnte. Nachdem er sich in der         schen Polizeigewerkschaft“
 16                                                   enthalt dort an keine Gewerk­                  Natur und im Projekt einbrin­          kümmert sich seit 20 Jahren
                   In einer würzigen Rede betonte     schaftszugehörigkeit gebun­                    gen konnte, berichtete er, dass        um traumatisierte Polizisten.
                   DPolG-Bundesvorsitzender Rai­      den. In der Familie Polizei sind               er erstmals wieder durchschla­         Wir wünschen alles erdenk-
In eigener Sache

                   ner Wendt, dass die Stiftung       wir alle füreinander da.“                      fen konnte. Traumatisierten            lich Gute und danken für
                   verdeutliche, wie die Polizeifa­                                                  Kolleginnen und Kollegen auch          ihren Dienst!
                   milie zusammensteht und sich
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

           DPolG beim Deutschen Seniorentag

           „Vom Jugendwahn zur Diktatur der Alten?“
           Unter dem Motto „Brücken
           bauen“ fand vom 28. bis 30.
           Mai 2018 der 12. Deutsche Se­
           niorentag der BAGSO (Bundes­
           arbeitsgemeinschaft der Se­
           nioren-Organisationen) in den
           Dortmunder Westfalenhallen
           unter der Schirmherrschaft
           von Bundespräsident Frank-
           Walter Steinmeier, der auch
           die Festrede übernommen
           ­hatte, statt. Auf Einladung
            des BAGSO-Vorsitzenden ­
            Franz Müntefering, Bundes­
            minister a. D., nahm als Eh­
            rengast der DPolG-Ehren­
            vorsitzende und amtierende

                                                                                                                                                          © Windmüller
            DPolG-Bundesseniorenbeauf­
            tragte Gerhard Vogler teil.

           Die Deutschen Seniorentage            <
                                                 < BAGSO-Vorsitzender Franz Müntefering (Mitte) gemeinsam mit den Vertretern der dbb Mitgliedsgewerkschaften
18         finden alle drei Jahre statt. Sie       am Messestand
           inspirieren und unterstützen
           all diejenigen, die sich haupt-       brückung gesellschaftlicher          te die Volkswirtin und Autorin      wie Wolfgang Speck plädierte
Senioren

           und ehrenamtlich in der Senio­        Gegensätze schlechthin ver­          deutlich, dass die demogra­         Strehle dafür, „dass die Proble­
           renarbeit der verschiedensten         standen werden.                      fische Entwicklung Chancen          me der heutigen Zeit im Sinne
           Institutionen engagieren.                                                  für alle Generationen mit sich      aller Generationen angegan­
                                                 So stand die Forderung einer         bringe. Die Chancen, einen Ar­      gen werden. Insbesondere die
           Zu der diesjährigen dreitägi-         generationengerechten Lösung         beitsplatz zu finden, seien für     Herausforderung des demo­
           gen Großveranstaltung waren           für die Herausforderungen, die       die Jungen schon lange nicht        grafischen Wandels lässt sich
           über fünfzehntausend Besu­            der demografische Wandel ins­        mehr so gut gewesen. Die Ge­        nur in enger Zusammenarbeit
           cher nach Westfalen gereist,          besondere mit Blick auf die so­      fahr, dass Arbeitgeber ihr Heil     und offener Diskussion zwi­
           um sich beim BAGSO-Dach­              zialen Sicherungssysteme mit         nur in der jungen Generation        schen allen Altersgruppen be­
           verband, dem insgesamt 217            sich bringt, auch bei der dbb        sehen, erkenne sie dennoch          wältigen.“ Wolfgang Speck:
           Organisationen, darunter auch         Veranstaltung im Fokus.              nicht. Inzwischen zähle die Er­     „Wir wollten und wollen nicht
           der dbb und einige seiner Ein­                                             kenntnis, dass sich ältere und      auf Kosten der Jungen leben,
           zelgewerkschaften, so auch             Polizeispiegel | Juli/August 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

           Pflicht zur amtsärztlichen Untersuchung
           Von Rechtsanwalt Janus Galka, Schweinfurt                                >Rechtsanwalt Janus Galka,
                                                                                                                            erschöpfen.
           prüfen möchte. Ins­besondere mit dem zweiten                                    LL.M. (Eur.), Dipl.-Verwal­
                                                                                                                            Darüber hinaus muss sie auch
                                                                                           tungswirt (FH) in Schwein­
           Fall beschäftigt sich der vorliegende Beitrag. Es                               furt                             Angaben zur Art und zum Um­
           soll insbeson­dere herausgearbeitet werden, ob                                >>bis 2005 Ausbildung und
                                                                                                                            fang der Untersuchung enthal­
                                                                                                                            ten. Die Behörde darf dies
           eine Verpflichtung dazu besteht, sich amtsärztlich                              Tätigkeit im öffentlichen
                                                                                                                            nicht dem Arzt überlassen;
           untersuchen zu lassen – wenn Zweifel an der                                     Dienst
                                                                                                                            dies gilt insbesondere, wenn
           Dienstfähigkeit bestehen.                                                     >>danach Studium der               sich der Beamte einer fachpsy­
                                                                                           Rechtswissenschaften und         chiatrischen Untersuchung
                                                                                           Begleit- und Aufbaustudi­        unter­ziehen soll, da die mit
20                                                                                         um Europarecht
           >seit 2011 Rechtsanwalt mit        ver­bundenen Eingriffe in das
Fachteil

           Für eine Verpflichtung zur            dass die zuständige Behörde               dem Tätigkeitsschwer­             Recht des Beamten aus Art. 2
           amtsärztlichen Untersuchung           eine amtsärztliche Untersu­               punkt Verwaltungsrecht            Abs. 2 GG wie auch in sein all­
           sind mehrere Rechtsgrund­             chung anordnen kann. Aus                                                    gemeines Persönlichkeitsrecht
           lagen denkbar. Je nachdem,            dem allgemeinen Weisungs­                                                   regelmäßig weitgehend sind2.
           ob es sich um Beamte des              recht des Dienst­herrn wird für    Vom Wortlaut her besteht
           Bundes oder einzelner Bun­            die Betroffenen aus dieser         demnach eine Verpflichtung              Dies gilt jedoch nicht unein­
           desländer handelt, stehen             ­gesetzlichen Grundlage eine       zur amtsärztlichen Untersu­             geschränkt. Sind der Behörde
           Rechtsgrundlagen zur Verfü­            Verpflichtung.                    chung, was nicht heißt, dass            aufgrund längerer Krankheit
           gung, die im Rahmen dieses                                               sich Beamte widerspruchslos             keine Tatsachen bekannt, wel­
           Beitrags nicht alle im Einzel­        Exemplarisch für bayerische        einer solchen Untersuchung              che Art und Umfang einer
           nen herausgearbeitet werden           Beamtinnen und Beamte be­          stellen müssen.                         amtsärztlichen Untersuchung
           können. Jedoch ist in der             steht in Art. 65 Abs. 2 BayBG                                              konkretisieren könnten, kann
           Rechtsprechung anerkannt,             folgende gesetzliche Regelung:      Polizeispiegel | Juli/August 2018
DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft

allerdings ein Betroffener durch             ohne dass hieraus negative              kung, das heißt die Weisung         ter und Glied der Verwaltung
seine Verweigerungshaltung                   Schlüsse gezogen werden                 rechtmäßig ist.                     anzusprechen5.
dem Dienstherrn eine konkrete                ­können. Inwieweit dies auch
Begründung einer Anordnung                    in der Praxis folgenlos bleibt,        Insoweit stellt sich die wichtige   Auch wenn der herkömmliche
unmöglich macht, kann eine                    ist fraglich.                          Frage, wie die Weisung gericht­     Rechtsschutz gegen Verwal­
Weisung zu einer Erstunter­                                                          lich angegriffen werden kann.       tungsakte (Widerspruch,
suchung zur Erhebung eines                   Andererseits kann eine zu Un­           Die Weisung ist kein sogenann­      Anfechtungs­klage) scheitert,
Krankheitsbildes verhältnismä­               recht nicht befolgte dienstli­          ter Verwaltungsakt, sodass sie      ist von der Rechtsprechung an­
ßig sein, bevor gegebenenfalls               che Weisung, insbesondere im            nicht mit den herkömmlichen         erkannt, dass eine solche Wei­
weitere, näher konkretisierte                Polizei­dienst gravierende Fol­         verwaltungsge­richtlichen Kla­      sung im Rahmen des einstwei­
(fach)ärztliche Untersuchungen               gen haben. Einerseits dürfte            gearten angreifbar ist. Die         ligen Rechtsschutzes (§ 123
angeordnet werden4.                          hierbei regelmäßig ein Ver­             Rechtsprechung begründet            VwGO) überprüft werden
                                             stoß gegen die beamtenrecht­            dies damit, dass eine solche        kann. Wird ein solcher Antrag
 Polizeispiegel | Juli/August 2018
§ 168 c Abs. 5 Satz 3 StPO gere­      Kontaktaufnahme zu                                                       amte zu belehren (§ 163 a
           gelt, besteht nach § 58 a Abs. 2      einem Verteidiger zu                                                     Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 136 Abs.
           Satz 4 StPO aber kein Anspruch        unterstützen4. Eine sol­                                                 1 Satz 2 StPO). Der Verteidi­ger
           auf Verlegung eines Termins            che Verpflichtung des                                                   konnte den Beschuldigten je­
           bei Verhin­de­rung. Da die Rege­       Vernehmenden, den Be­                                                   derzeit beraten und ihm bei­
           lung nur bei Gegenüberstel­           schuldigten, der sich vor                                                spielsweise nahelegen, bei der
           lungen mit dem Beschuldigten          der Befragung mit einem                                                  Polizei keine Angaben zu ma­
           greift, sind Wahllichtbild­           Verteidiger ­beraten möchte,                                             chen, sodass eine effektive Ver­
           vorlagen auch zukünftig ohne          bei der Herstellung                                                      teidigung trotz­dem gewährleis­
           Anwesenheit des Verteidigers          des Kontakts zu ei­                                                      tet ist. Der Beschuldigte konnte
           möglich3.                             nem Ver­teidiger                                                         auch erklären, nur in Anwesen­
                                                 durch die Zur­verfü­                                                     heit seines Ver­teidigers aussa­
           3. Erste Vernehmung des               gungstellung allge­                                                      gen zu wollen. Er hatte jedoch
           ­Beschuldigten                        meiner Informationen zu unter­                                           auch in einem solchen Fall kei­
                                                 stützen, ist jetzt in § 136 Abs. 1                                       nen Anspruch darauf, dass dem
           Die erste Vernehmung des Be­          Satz 3 und 4 StPO ausdrücklich       4. Polizeiliche Vernehmung          Verteidiger die Anwe­senheit
           schuldigten ist in § 136 StPO         gesetzlich normiert worden.          des Beschuldigten                   gestattet wird. Wurde die An­
           geregelt. Die dabei zu beach­         Danach sind dem Beschuldig­                                              wesenheit des Verteidigers ver­
           tenden Verfahrensregeln sind          ten, wenn er vor seiner Verneh­      Das Verfahren bei der polizeili­    wehrt, blieb dem Beschuldig­
           in § 136 Abs. 1 StPO um einen         mung einen Verteidiger befra­        chen Vernehmung nach                ten nur die Möglichkeit, die
           neuen Satz 3 und einen neuen          gen möchte, Informatio­nen zur       § 163 a StPO des Beschuldigten      Aussage zu verweigern, was
           Satz 4 erwei­tert worden. Dies        Verfügung zu stellen, die es ihm     hat zwei wesentliche Änderun­       der Aus­sage in Anwesenheit
           dient der Umsetzung von Art. 3        erleichtern, einen Vertei­diger      gen erfahren:                       seines Verteidi­gers nicht gleich­
           Abs. 4 der Richtlinie 2013/48/        zu kontaktieren; auf bestehen­                                           kommt.
           EU. Danach müs­sen sich die           de anwaltliche Notdienste ist        a) Informations- und Hinweis­
           Mitgliedstaaten bemühen, den          er hinzuweisen. Erforderlich ist     pflichten                           An der Stelle hat nun § 163 a
           Zugang zu einem Rechtsbei­            nach der Gesetzesbegründung5                                             Abs. 4 StPO eine wesentliche
22         stand durch allgemei­ne Infor­         das ernsthafte Bemühen, den         In § 163 a Abs. 4 Satz 2 StPO       Änderung erfahren. Es wird
           mationen zu erleichtern und die        Beschuldigten bei der Kontakt­      wird auch auf die neuen § 136       näm­lich jetzt auf § 168 c
           notwendigen Vorkehrungen              aufnahme etwa durch die              Abs. 1 Satz 3 u. 4 StPO verwie­     Abs. 1, 5 StPO verwiesen. Dort
Fachteil

           treffen, um diesen Zugang auch        ­Übergabe von Anwaltsver­            sen. Damit gelten die Informa­      sind das Anwesenheitsrecht
           für jene Beschuldigten sicher­         zeichnissen beziehungsweise         tions- und Hinweispflichten         des Verteidi­gers (Abs. 1) und
           zustellen, denen die ­Freiheit         Strafverteidigerlisten oder ins­    betreffend Verteidiger und an­      das Recht auf Benachrichti­
           entzogen ist. In der Rechtspre­        besondere durch den Hinweis         waltlicher Notdienste auch für      gung (Abs. 5) geregelt. Das gilt
           chung war anerkannt, dass              auf Verteidi­gernotdienste zu       polizeiliche Vernehmungen.          im selben Umfang jetzt auch
           dann, wenn der ­Beschuldigte           unter­stützen. Da gerade der        Werden diese Pflichten nicht        bei einer polizeilichen Verneh­
           nach einem Verteidiger ver­           Hinweis auf solche Notdienste        erfüllt, können Beweisverwer­       mung. Wird das Recht auf die
           langt hat, eine Verneh­mung           dem Beschuldigten besonders          tungsverbote bestehen               Anwesenheit eines Vertei­di­
           ohne Verteidiger nur fortge­          hilfreich sein kann, hat man eine                                        gers verletzt, können Beweis­
           setzt werden darf, wenn sich          entsprechende Hinweispflicht         b) Anwesenheitsrecht des            verwertungsverbote entste­
           der Beschuldigte ausdrück­lich        ausdrücklich gesetz­lich nor­        ­Verteidigers                       hen. Insoweit wird man die
           nach erneutem Hinweis auf              miert. Wer­den diese Pflichten                                          Rechtspre­chung zur richter­
           sein Recht auf Zuziehung eines         nicht erfüllt, können Beweis­       Die StPO sah bislang für Be­        lichen Vernehmung entspre­
           Verteidigers mit der Fortset­          verwertungsverbote ­bestehen.       schuldigtenvernehmungen             chend anwenden können/müs­
           zung der Ver­neh­mung einver­          Nach § 168 b Abs. 3 Satz 2 StPO     im Ermittlungsverfahren ein         sen. Nach § 163 a Abs. 4 Satz 3
           standen erklärt und ernsthafte         ist die Entscheidung des Be­        Anwesen­heitsrecht des Ver­         StPO i. V. m. § 168 c Abs. 1 StPO
           Bemühungen der vernehmen­              schuldigten darüber, ob er ­einen   teidigers nur für richterliche      soll dem Verteidiger und der
           den Person vorausge­gangen             Verteidiger ­befragen möchte,       (§ 168 c Abs. 1 StPO) und           Staatsanwaltschaft nach der
           sind, den Beschuldigten bei der        aktenkundig zu machen.              staatsanwaltschaftliche             Ver­nehmung des Beschuldig­
                                                                                      (§ 163 a Abs. 3 Satz 2 StPO         ten Gelegenheit gegeben wer­
           3 BT-Drucks. 18, 9534, S. 21 f.
                                                 4 BGHSt 42, 15; 42, 170
                                                 5 BT-Drucks 18/9534, S. 22
                                                                                      i. V. m. § 168 c Abs. 1 StPO)       den, sich zu erklären oder Fra­
                                                                                      ­Vernehmungen vor. Ein Recht        gen an den Beschuldigten zu
                                                                                       auf Teil­nahme an einer poli­      stellen. Durch einen Verweis in
                                                                                       zeilichen Vernehmung des           § 168 c Abs. 1 Satz 3 StPO auf
                                                                                       ­Beschuldigten hatte der Ver­      § 241 Abs. 2 StPO ist es mög­
                                                                                        teidiger nicht. Zwar hatte der    lich, dass der Polizeibeamte,
                                                                                        Be­schuldigten über sein Recht    der die Vernehmung leitet, un­
                                                                                        nach § 137 Abs. 1 Satz 1 StPO     geeignete oder nicht zur Sache
                                                                                        das Recht, sich in jeder Lage     gehörende Fragen – wie auch
                                                                                        des Ver­fah­rens des Beistands    der Richter bei Vernehmungen
                                                                                        eines Verteidigers zu bedienen,   des Angeklagten in der Haupt­
                                                                                        und war darüber auch bei einer    verhandlung – zurückwei­sen
                                                                                        Vernehmung durch Polizeibe­       kann.

           > Polizeispiegel | Juli/August 2018
dbb

          Der Fall des Monats

                                                                                                                                         © Colourbox.de
Kämmerer am Pranger:
Regressansprüche abgewehrt
                                                                      ­ egresshaftung. Das Bayeri-
                                                                      R                                  hafte Pflichtverletzung nicht
Das Dienstleistungszentrum Südwest hat die                            sche Verwaltungsgericht Mün-       vorgeworfen werden konnte.
Schadensersatzklage einer bayerischen Kom­-                           chen hat in seinem Urteil vom      Die klagende Partei hätte die
mune gegen ihren ehemaligen Kämmerer                                  24. April 2018 (Az.: 5 K 15.977)   Zahlung und den Schaden als
                                                                      entschieden, die Regressforde-     Gemeinde jederzeit verhindern
erfolgreich ab­gewehrt.                                               rung der Gemeinde gegen den        können. Sie ist ihrer Schadens-
                                                                      Kämmerer sei unbegründet,          minderungspflicht also nicht
Der beklagte Beamte war Käm-       Entscheidungen des ehema­          weil der beklagte Beamte seine     nachgekommen, weshalb eine
merer und alleiniger Geschäfts-    ligen Bürgermeisters der Ge-       Pflichten nicht schuldhaft ver-    Schadensersatzforderung ge-
führer einer mehrheitlich in der   meinde beschlossen. Die GmbH       letzt habe: Die Auszahlungen,      gen den beklagten Beamten
Hand seines Dienstherrn liegen-    ging in die Insolvenz, gegen den   die er in Gestalt des Kämmerers    aus diesem Gesichtspunkt
den GmbH. Als es wirtschaftlich    Kämmerer wurde ein Strafver-       an die GmbH geleistet hat, wa-     nicht berechtigt ist.
mit der GmbH bergab ging, be-      fahren wegen Untreue nach          ren kommunalrechtlich legali-                                   ak
antragte der beklagte Beamte       § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.     siert. Der Beamte durfte die
als Geschäftsführer der GmbH                                          freigeschalteten Gelder auszah-    < Info
Zuschüsse bei seinem Dienst-       Im Anschluss nahm die Gemein-      len, obgleich er eine doppelte
herrn, einer bayerischen Kom-      de ihren ehemaligen Kämmerer       Funktion innehatte. Er hatte als       Der dbb gewährt den Einzel-
                                                                                                             mitgliedern seiner Mitglieds-
mune. Die Zuschüsse in Höhe        für die bewilligten Zuschüsse      Kämmerer der Gemeinde den
                                                                                                             gewerkschaften berufsbezo-
von über 550 000 Euro wurden       seitens der Gemeinde an die        Gemeindebeschluss zu vollzie-          genen Rechtsschutz.
durch Stadtratsbeschlüsse und      GmbH beamtenrechtlich in           hen, sodass ihm eine schuld-                                                         23

                                                                                                                                                          fall des monats

                                                                                            > Polizeispiegel | dbb seiten | Juli/August 2018
dbb

                                                                                                                                                        © Marco Urban (9)
             3. dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST:

             „Heute für morgen planen –
             Personal gewinnen und halten“
24
             Das Motto der jährlichen Fachtagung des dbb zu aktuellen Themen des                                      die Personalführung mit sich
                                                                                                                      bringen werde: „Nicht nur
             öffentlichen Dienstes stand im Zeichen der Zukunftsfähigkeit der Ver­
blickpunkt

                                                                                                                      weil Digitalisierung selbst ein
             waltung. Experten aus Politik, Wissenschaft und Praxis beleuchteten                                      Führungsthema ist, sondern
             und diskutierten am 26. Juni 2018 im dbb forum berlin in Vorträgen                                       auch weil Führung dort, wo
             und Foren verschiedenste Aspekte der „Personalgewinnung in Zeiten                                        der herkömmliche Arbeits­
                                                                                                                      platz im Büro nicht mehr
             von Bewerber­ und Fachkräftemangel“.                                                                     das Maß der Dinge ist, neu

             „Der Staat braucht eine lang­         bewerb mit zahlreichen an­
             fristig angelegte Personalpla­        deren Arbeitgebern und
             nung.“ Mit dieser Forderung           muss, um hier erfolgreich
             eröffnete Friedhelm Schäfer,          agieren zu können, exakt
             Zweiter dbb Vorsitzender und          wissen, welche Profile er
             Fachvorstand Beamtenpolitik,          wann in welcher Zahl benö­
             das dbb forum ÖFFENTLICHER            tigt und was er bereit ist,
             DIENST. Um die großen Her­            dafür zu investieren.“
             ausforderungen, die „Megat­
             rends“ demografischer Wandel,         Da der Staat nicht jeden Be­
             fortschreitende Digitalisierung       trag zahlen könne, seien beim
             und die zunehmende Flexibi­           Attraktivitätsangebot, das er
             lisierung der Arbeitswelt, er­        Berufseinsteigern mache, be­
             folgreich annehmen und ge­            sondere Anreize gefragt. Die­
             stalten zu können, müsse der          se könnten vor allem auch       < Friedhelm Schäfer
             öffentliche Dienst als größter        im „weichen Bereich“ der Ar­
             Arbeitgeber in Deutschland            beitsbedingungen gesetzt        und Mitarbeiter zu entschär­       konzipiert werden muss. Wie
             „strategischer, koordinierter         werden, insbesondere durch      fen“, erläuterte Schäfer. Die      führe ich, wenn ich meine Mit­
             und nachhaltiger“ agieren,            flexible und mobile Arbeits­    Digitalisierung biete hier         arbeiter nur noch zeitweilig
             um Personal zu gewinnen und           modelle. „Nicht zuletzt kann    große Chancen und eröffne          sehe? Wie steuere ich flexibles
             zu binden. „Der Staatsdienst          eine langfristig angelegte      neue Spielräume.                   Arbeiten ohne die Arbeitsfä­
             ist insbesondere bei jungen           Personalplanung auch dazu                                          higkeit zu gefährden? Wie wir­
             Leuten und hoch qualifizierten        beitragen, den Fachkräfte­      In diesem Zusammenhang             ke ich möglichen Überlastungs­
             Fachkräften kein Selbstläufer         mangel durch passgenaue         wies der dbb Vize auf die spe­     effekten entgegen? Fragen,
             mehr“, gab Schäfer zu beden­          Qualifikationsangebote an       zifischen Herausforderungen        auf die wir Antworten finden
             ken, „er steht im harten Wett­        die eigenen Mitarbeiterinnen    hin, die die Digitalisierung für   müssen.“

             > Polizeispiegel | dbb seiten | Juli/August 2018
sie eine größere berufliche Frei­   Letzteres sei für den kommuna­
                                                                      heit vorfinden, oder wenn auf       len öffentlichen Dienst, dessen
                                                                      1 400 neue Stellen bei der Poli­    Haushaltssituation in vielen
                                                                      zei NRW 11 000 Bewerber kom­        Regionen nach wie vor nicht
                                                                      men, ist das ein positives Sig­     rosig sei, ein nicht zu unter­
                                                                      nal.“ Ausruhen dürfe sich der       schätzender Vorteil: „Wir sind
                                                                      öffentliche Dienst auf seinen       flächenhaft aufgestellt und
                                                                      Lorbeeren aber nicht. Mathies´      bieten Bewerbern dort Kar­
                                                                      Fazit: „Die Lage ist ernst, aber    rieremöglichkeiten, wo sie zu
                                                                      alles andere als hoffnungslos.      Hause sind.“
                                                                      Eine positive Grundhaltung ist
                                                                      die beste Voraussetzung, um         Um als Arbeitgeber interessant
                                                                      junge Zielgruppen zu erreichen.“    zu bleiben, müsse aber auch das
                                                                                                          Thema Digitalisierung offensiv
                                                                      <   Ruge: Weg mit dem               vorangetrieben werden. „Damit
< Jürgen Mathies                                                          Ärmelschoner­Image              meine ich nicht nur in der Steu­
                                                                                                          erverwaltung, sondern bis tief
Plastisch verdeutlichte Jürgen     Einkommen sicher seien. „Ak­       Der Beigeordnete des Deut­          in den inneren Verwaltungs­
Mathies, Staatssekretär im Mi­     tuelle Studien haben gezeigt,      schen Landkreistages, Dr. Kay       dienst hinein“, so Ruge. Zudem
nisterium des Innern des Landes    dass viele junge Menschen ab       Ruge, rückte in seinem Impuls­      sollten mehr Anstrengungen
Nordrhein­Westfalen, das Aus­      35 Jahren kein Interesse mehr      vortrag Argumente und Stra­         unternommen werden, die
maß des in den kommenden           an Turbokarrieren und den da­      tegien in den Fokus, die den        Kompetenzen der vorhandenen
Jahren drohenden Personal­         mit verbundenen Einschrän­         Kommunen bei der Personal­          Beschäftigten weiterzuentwi­
verlustes, zeichnete aber auch                                                                            ckeln und ihre Arbeitsfähigkeit
ein positives Bild von den Vor­                                                                           zu stärken. Die Vielfalt der Ar­
zügen der öffentlichen Hand:                                                                              beitsmöglichkeiten im öffent­
Ein Drittel aller Beschäftigten                                                                           lichen Dienst müsse – wie in der
oder 1,2 Millionen in zehn und                                                                            vom dbb initiierten Kampagne          25
2,5 Millionen in 20 Jahren wer­                                                                           „Die Unverzichtbaren“, die Ruge
den den öffentlichen Dienst aus                                                                           lobend hervorhob – bekannter

                                                                                                                                                blickpunkt
Altersgründen verlassen – das                                                                             gemacht werden. Neue Berufs­
entspricht fast der Bevölkerung                                                                           bilder, Ausbildungsgänge für
von Schleswig­Holstein. „Das                                                                              den eigenen Bedarf sowie du­
ist ein gewaltiger Verlust von                                                                            ale Studiengänge sollten schon
Erfahrung, Fachwissen und                                                                                 sehr bald auf den Weg gebracht
Souveränität“, konstatierte                                                                               werden. „Wir müssen bei al­
Mathies. Auf der anderen Seite                                                                            lem, was wir tun, deutlich kom­
liege aber auch eine gewaltige                                                                            munizieren, dass wir im öffent­
Chance darin, „wenn junge Be­      < Dr. Kay Ruge                                                         lichen Dienst alles andere sind,
schäftigte dem öffentlichen                                                                               als Ärmelschoner­Menschen“,
Dienst eine Frischzellenkur        kungen in der Lebensqualität       gewinnung von Nutzen sein           so das Fazit des Beigeordneten.
verpassen“.                        haben.“ Sie suchten vielmehr       könnten. „Die Generation Y
                                   genau die Pluspunkte, die der      setzt im Berufsleben auf Sicher­    <   Karger: MINT­Kräfte
<   Mathies: Geld allein ist       öffentliche Dienst zu bieten       heit, weiß die Vorzüge flexibler        sind rar
    nicht ausschlaggebend          habe: Chancengleichheit im         Arbeitszeit für die eigene Work­
                                   beruflichen Fortkommen, Viel­      Life­Balance zu schätzen und ist    Die Herausforderungen für den
Um qualifizierte Nachwuchs­        falt der Arbeitsfelder und Ent­    nicht in jedem Fall gerne mobil.“   Bund umriss Pia Karger in ihrem
kräfte im öffentlichen Dienst zu   wicklungsmöglichkeiten sowie
binden, müsse er sich kritisch     die Sinnhaftigkeit von Berufen,
hinterfragen und sich stetig       von denen das Gemeinwohl
verbessern, „damit sie dort ähn­   profitiert. Dass der öffentliche
lich gute oder sogar bessere Be­   Dienst damit punkten könne,
dingungen vorfinden als in der     lasse sich auch anhand von be­
Wirtschaft“. Dafür seien nicht     reits zu beobachtenden Bewe­
allein die Gehälter ausschlag­     gungen von Arbeitskräften aus
gebend, unterstrich Mathies.       der privaten Wirtschaft in den
Kein anderer Arbeitgeber halte     öffentlichen Dienst belegen:
ein so breit gefächertes Berufe­   „Wenn IT­Fachkräfte zum Bei­
angebot bereit, kaum ein an­       spiel auch unter Einkommens­
derer Arbeitgeber biete derart     einbußen in den öffentlichen
gute Möglichkeiten, Familie        Dienst wechseln, weil die Rah­
und Beruf zu vereinbaren, wäh­     menbedingungen dort famili­
rend die Arbeitsplätze und die     enfreundlicher sind und weil       < Pia Karger

                                                                                             > Polizeispiegel | dbb seiten | Juli/August 2018
dbb

             Impulsvortrag. Die Leiterin der                                                                                  erhebung nicht zugänglich.“
             Unterabteilung Zentrale Diens­                                                                                   Die Dienstherren hätten dabei
             te 1 im Bundesministerium des                                                                                    einen weiten Spielraum, und
             Innern (BMI) nannte als Beispiel                                                                                 die Entwicklung sowie die
             etwa die enorm gestiegenen                                                                                       „Vereinheitlichung der Beur­
             Bedarfe an zusätzlichem Perso­                                                                                   teilungsmaßstäbe ist noch im
             nal seit 2015: „Seit der Flücht­                                                                                 Fluss“, um die Subjektivität der
             lingskrise müssen in unseren                                                                                     Beurteilung „einzudampfen“.
             Behörden – insbesondere das
             Bundesamt für Migration und                                                                                      Bei der letztlichen Entscheidung
             Flüchtlinge (BAMF) – sehr viele                                                                                  müssten die Entscheider sich da­
             Stellen sehr kurzfristig neu be­                                                                                 her – ganz im Sinne des Art. 33,
             setzt werden.“ Dazu gebe es                                                                                      Abs. 2 des Grundgesetzes, der
             weniger potenzielle Bewerber,                                                                                    Eignung, Befähigung und fach­
             insbesondere in den sogenann­         < Dr. Christoph Heydemann                                                  liche Leistung als oberste Kri­
             ten MINT­Fächern Mathematik,                                                                                     terien bei der Besetzung von
             Informatik, Naturwissenschaft         Über „Gerichtsfeste Personal­        chung aber davon aus, dass ein        Ämtern bestimmt – an den ak­
             und Technik. Das betreffe das         entscheidungen“ referierte           Beamter in seiner Laufbahn            tuellsten Beurteilungen orien­
             BMI direkt, so Karger weiter,         Dr. Christoph Heydemann,             grundsätzlich auch für die fol­       tieren. Andere Kriterien, wie
             „da wir mit der neuen Abtei­          Vorsitzender Richter am Ober­        genden Ämter befähigt sei,            etwa das Alter, das Geschlecht
             lung ‚Bau‘ auch in diesem Be­         verwaltungsgericht Berlin­           weshalb die Ausschreibung nur         – auch im Hinblick auf die Zu­
             reich neue Fachkräfte gewin­          Brandenburg. Sein besonderes         in solchen Fällen einschränkend       sammensetzung des Personal­
             nen müssen“.                          Augenmerk lag auf den dienst­        sei, in denen dort genannte An­       körpers insgesamt – dürften
                                                   rechtlichen Aspekten bei der         forderungen in rund sechs Mo­         hingegen keine Rolle spielen.
             Zudem könne in diesen Berei­          Personalauswahl von Beamtin­         naten nicht erlernbar seien.          Lediglich bei exakt gleicher
             chen auch das Einkommen im            nen, Richtern und Soldatinnen                                              Beurteilung kämen andere Fak­
             öffentlichen Dienst nicht mit         und hier insbesondere auf Be­        Absolut maßgeblich seien hin­         toren zum Tragen: Im zweiten
26           dem in der freien Wirtschaft          förderungen und dem zugrun­          gegen die dienstlichen Beurtei­       Schritt nämlich die in der Aus­
             konkurrieren. „Hier haben wir         deliegenden Auswahlprozess.          lungen der Bewerberinnen und          schreibung genannten Anfor­
             mit der Einkommensrunde                                                    Bewerber. „Die Bestnote ist           derungen. Sollte es dann immer
blickpunkt

             2018 für Bund und Kommunen            <   Heydemann: Beurtei­              kaum zu umgehen. Damit ha­            noch „Gleichstand“ zwischen
             schon wesentliche Verbesse­               lung vor Ausschreibung           ben die Beurteiler „den Hut           den Bewerber(inne)n geben,
             rungen erreicht“, so die Perso­                                            auf“, so Heydemann. Entspre­          griffen im dritten Schritt die äl­
             nalmanagerin, die nun vor al­         Die Ausschreibung für eine Stel­     chend würden sich die meisten         teren Beurteilungen. Erst dann,
             lem die Behördenleiter in der         le habe in diesem Auswahlpro­        Rechtsstreitigkeiten heute auch       wenn immer noch zwei oder
             Pflicht sieht: „Spielräume bei        zess grundsätzlich an Bedeu­         nicht um den Auswahlprozess           mehr Bewerber im Rennen sei­
             Lohnzulagen müssen konse­             tung verloren, so der Jurist. Sie    drehen, sondern um vermeint­          en, könne auf Kriterien wie das
             quent genutzt werden“, gab            beschreibe zwar das Anforde­         liche Ungerechtigkeiten bei           Geschlecht oder eine Behinde­
             Karger zu bedenken.                   rungsprofil und gebe damit die       Beurteilungen. „Man muss              rung zurückgegriffen werden.
                                                   grundlegenden Maßstäbe für           aber klar sagen, dass die Be­
             Dennoch sieht auch Karger den         die Auswahl vor. Seit einigen        urteilung immer ein Wertur­           Letztlich appellierte Heyde­
             kommenden Herausforderun­             Jahren gehe die Rechtspre­           teil ist und damit der Beweis­        mann, die komplexen Rege­
             gen bei der Personalplanung
             positiv entgegen. Gerade das
             bereits von Staatssekretär Jür­
             gen Mathies angesprochene
             Alleinstellungsmerkmal des öf­
             fentlichen Dienstes, die gesell­
             schaftliche Relevanz der Berufe,
             sei laut aktuellen Umfragen ein
             Pfund bei Schülern und Studen­
             ten. „Im IT­Bereich müssen und
             können wir auch mit der Bedeu­
             tung unseres Tuns punkten“,
             betonte sie. „Wenn wir etwa
             biometrische Verfahren für die
             Sicherheitsarchitektur der Bun­
             desrepublik entwerfen oder Da­
             tenbanken zur Beschleunigung
             von Asylverfahren erstellen,
             dann dienen wir der Gesell­
             schaft – und das kommt auch           < Fachforum „Analytische Personalgewinnung“: Christoph Verenkotte, Jutta Thomas und Rainer Christian Beutel
             beim Bewerber an.“                      (von links)

             > Polizeispiegel | dbb seiten | Juli/August 2018
dbb

lungen und Verfahren nicht         ziale von Personengruppen,           ob sich junge Beschäftigte für       Standards für innovative Ver­
weiter auszubauen. „Der Ge­        die bisher nicht im Fokus stün­      Führungsaufgaben eignen.             waltungsentwicklung.
setzgeber und die Gerichte         den, im Rahmen von Querein­
machen es den Personalab­          stiegen und Zusatzqualifika­         Die Leiterin der Abteilung Per­      <   Eigenthaler: Führen
teilungen schon heute nicht        tionen gehoben werden.               sonal­ und Verwaltungsma­                heißt kommunizieren
einfach. Es kann aber nicht
das Ziel sein, dass sich Ver­                                                                                Auf die besonderen, sich aus
waltungen nur noch mit sich                                                                                  der Altersstruktur im öffentli­
selbst und internen Prozessen                                                                                chen Dienst ergebenden Her­
beschäftigten. Denn Beamtin­                                                                                 ausforderungen für die Perso­
nen und Beamte sollen natür­                                                                                 nalentwicklung wies Thomas
lich in erster Linie der Gesell­                                                                             Eigenthaler in seinem Schluss­
schaft dienen.“                                                                                              wort hin: „Wir müssen uns
                                                                                                             natürlich auch in besonderer
<   Fachforum „Analytische                                                                                   Weise um das bereits vorhan­
    Personalgewinnung“                                                                                       dene Personal kümmern. Le­
                                                                                                             bens­ und Fortbildungspla­
Jutta Thomas, Referentin für                                                                                 nung, aber vor allem berufliche
strategisches Personalmanage­                                                                                Perspektiven und reale Auf­
ment im Hessischen Ministe­                                                                                  stiegschancen sind gerade für
rium der Finanzen, stellte das     < Fachforum „Führung und Wandel“: Michael Möllen und Dr. Anke Saebetzki   die dienstälteren Kolleginnen
„DemografieLOTSEN­SYSTEM“                                                                                    und Kollegen von zentraler Be­
der hessischen Steuerverwal­       Der Präsident des Bundesver­         nagement der Behörde der Se­         deutung.“ Der dbb Vize und
tung vor, mit dem eine strate­     waltungsamtes (BVA), Chris­          natorin für Finanzen der Freien      Bundesvorsitzende der Deut­
gisch angelegte demografie­        toph Verenkotte, sah das eige­       Hansestadt Bremen, Dr. Anke          schen Steuergewerkschaft wies
vorsorgende Personalpolitik        ne Amt, wo in den kommenden          Saebetzki, stellte verschiedene      außerdem darauf hin, dass effi­
ermöglicht werden soll. Maß­       acht Jahren bis zu 30 Prozent        Modelle und Angebote der Frei­       ziente Personalplanung mehr
geblich dabei sei eine Analyse     der Beschäftigten ausscheiden        en Hansestadt zur Entwicklung        sein müsse, als abstrakte Beur­           27
der Altersstruktur der einzelnen   werden, vom demografischen           von Führungskultur vor. Neben        teilungs­ und Beförderungssys­
Dienststellen, die regionale Be­   Wandel bedroht. „500 weitere         regelmäßigen Seminaren für           teme. „Wir müssen dafür sor­

                                                                                                                                                       blickpunkt
dingungen wie Bevölkerungs­        Planstellen für die gesamte          Führungskräfte arbeite die           gen, dass das Gespräch mit den
entwicklung und Bewerberlage       Bundesverwaltung helfen uns          Stadt auch mit besonderen            Beschäftigten zu einem zentra­
ebenso berücksichtige wie          nicht wirklich, das ist Symbol­      Angeboten für junge Führungs­        len Führungsinstrument wird.
dienststellenspezifische Beson­    politik“, kritisierte Verenkotte.    kräfte, etwa in Form des berufs­     Ich bin sicher, dabei kämen zen­
derheiten. Das SAP­gestützte       Abseits politischer Versprechen      begleitenden Studienganges           trale Begriffe der Mitarbeiter­
System ermögliche eine deut­       müssten Behörden wieder stär­        „Entscheidungsmanagement“            motivation und ­zufriedenheit
lich verbesserte Personalpla­      ker in der Selbstorganisation        oder von Mentoringprogram­           schnell zur Sprache: Büro­ und
nung insbesondere bei Anwär­       werden. Darüber hinaus wür­          men. Auch auf das personelle         IT­Ausstattung, Perspektiven,
tereinstellungen. So könnten       den weit mehr Mittel von Bund        Teilen von Führungsausgaben          Respekt und Wertschätzung. Ja,
zum Beispiel die von demogra­      und Ländern für Digitalisierungs­
fischen Veränderungen am           und Fortbildungsprojekte be­
stärksten betroffenen Finanz­      nötigt, als bisher angenommen,
ämter gezielt entlastet werden.    um zum Beispiel IT­Personal zu
                                   binden. „Sonst drohen Teilpri­
Rainer Christian Beutel, Vor­      vatisierungen und der Verlust
stand der Kommunalen Ge­           der Steuerungsfähigkeit von
meinschaftsstelle für Verwal­      Verwaltungen“, so Verenkotte.
tungsmanagement (KGSt),
unterstrich in seinem Vortrag      <   Fachforum „Führung
die Notwendigkeit einer stra­          und Wandel“
tegischen Personalbedarfspla­
nung, insbesondere mit Blick       Eine Lanze für die Förderung
auf die Herausforderungen der      neuer Arbeits­ und Kommuni­
Digitalisierung und des Fach­      kationsformen brach Michael
kräftemangels. Lösungen sah        Möller, Leiter des Fachbereichs      < Thomas Eigenthaler
Beutel unter anderem in der        Allgemeine Verwaltung und
Ausbildung über den aktuellen      Verwaltungssteuerung der             für Beschäftigte lege die Hanse­     und auch Geld ist wichtig, aber
Bedarf hinaus, die Stärkung        Stadt Bergisch Gladbach. Seine       stadt ein Augenmerk. Darüber         eben nicht allein. Auch die wei­
digitaler Kompetenzen sowie        Stadt setze darauf, die eigenen      hinaus erarbeite das „V­Büro für     chen Faktoren und das Gefühl
einer besseren Vernetzung von      Mitarbeiter weiterzuentwick­         Projekt­ und Veränderungsma­         ‚ich gehe gerne zur Arbeit‘ sind
Ausbildung und Studium mit         len und dabei Belastungssitua­       nagement“ mit seinem multi­          für viele von immer größerer
Blick auf „Mangelberufe“. Auch     tionen im Blick zu halten. Auch      professionellen Team mit Quer­       Bedeutung.“
sollten die beruflichen Poten­     werde bereits früh reflektiert,      schnittskompetenz qualitative                 br, cri, dro, ef, iba, ka, zit

                                                                                                > Polizeispiegel | dbb seiten | Juli/August 2018
Sie können auch lesen