MITTEILUNGEN 134 Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen - Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler
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134 MITTEILUNGEN Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen m Ausgabe 01/20 s de u Bonn, im Januar 2020 es a GU u ISSN 0933-3673 Ne VB www.geoberuf.de
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Grusswort des Vorsitzenden Zuarbeit durch die Gremien im BDG. Für die in der Vergangenheit geleistete Arbeit danke ich Ihnen ausdrücklich. Ich darf hoffen, dass angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen das Engagement nicht nachlässt, sondern zunimmt. Darüber hinaus bedarf es aber auch des hauptamtlichen Personals, das die vielfältigen Aufgaben kompetent und sachdienlich verfolgt. Mein Dank geht daher ebenso an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BDG, die sich oftmals weit über die vertraglichen Regelungen hinaus einsetzen. Insbesondere freue ich mich, dass Dr. Peter Müller als neuer Geschäftsführer nahtlos die Position übernommen und sehr schnell eigene Akzente gesetzt hat, die den BDG deutlich voranbringen. Ich bin sicher, Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und dass die verantwortungsvolle Aufgabe, die Kollegen, BDG-Geschäfte zu führen, in den richtigen Händen liegt. hoffentlich hatten Sie alle einen guten Start Um einen Berufsstand erfolgreich in die in das neue Jahr, für das ich Ihnen noch viel Zukunft zu führen, bedarf es aber auch einer Erfolg wünschen darf. ehrenamtlichen Verbandsspitze mit starkem Die Jahreszahl 2020 verdeutlicht, dass wir Mandat. Dieses starke Mandat wurde auf uns alle auf die Mitte des 21. Jahrhunderts der letzten Mitgliederversammlung erteilt. zu bewegen. Dies muss jedem bewusst Die Wahlen zeigen deutlich, dass die sein, jedem einzelnen, der Politik, der Mitglieder mit der Arbeit von Vorstand und Industrie und natürlich auch allen Vereinen, Beirat und damit mit der Ausrichtung des Organisationen und Verbänden. Da machen BDG sehr einverstanden sind. Danke für der BDG und mit ihm die Berufsgruppe die konstruktiven Diskussionen und Danke der Geowissenschaftler keine Ausnahme. für die kritischen Anregungen. Beides Themen wie Künstliche Intelligenz, brauchen wir, um uns selber und den Bergbau 4.0, Digitalisierung zeigen schon Verband weiterzuentwickeln. jetzt, wohin uns der Weg führen wird. Wir Ganz besonders danke ich für meine Geowissenschaftler dürfen dabei nicht einstimmige Wiederwahl! Sie hat mir hinterherlaufen, sondern müssen vorbereitet gezeigt, dass die Verbandsführung in den sein und, wo es sich anbietet, auch Führung zurückliegenden vier Jahren im Sinne übernehmen. der Mitglieder lag und entsprechend an Ich bin der festen Überzeugung, dass erkannt worden ist. Die Wiederwahl und der BDG gut aufgestellt ist, den Verband die vielen Gespräche im Vorfeld der Mit fortzuentwickeln und seinen Beitrag zu gliederversammlung sind für mich An leisten, den Berufsstand fit für die Mitte des erkennung und Motivation gleichermaßen. 21. Jahrhunderts zu machen. Wenn Sie die Ich freue mich außerordentlich, in den Berichterstattung in diesem Heft aufmerksam kommenden vier Jahren den Verband und verfolgen, werden Sie mir zustimmen, dass den Berufsstand zusammen mit Ihnen der BDG auf etlichen Gebieten unterwegs weiter in die Mitte des 21. Jahrhunderts ist, um seine Mitglieder zu rüsten, zu führen zu dürfen. informieren und um in wichtigen Bereichen Einfluss im Sinne unseres Berufsstandes Mit einem herzlichen Glückauf zu nehmen. Oftmals erfolgt dies zusammen mit anderen Verbänden, immer aber nach Andreas Hagedorn BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 1
Inhalt Inhalt Grußwort des Vorsitzenden 1 Neues aus dem VBGU 25 Inhalt 2 Aus dem BDG • Protokoll der 18. ordentlichen Mit gliederversammlung des BDG e.V. 28 Schwerpunkt: • Bericht des Geschäftsführers 31 Empfehlungen zur Honorarermittlung • Der 11. Deutsche Geologentag: für hydrogeologische Leistungen Die Energiewende erfolgreich • Hintergrund und Ziele 3 gestalten – ohne Geowissen- • Zukunft der HOAI – Thema auf der schaften geht nichts 35 AHO-Herbsttagung 2019 11 • 57. Sitzung des BDG-Ausschusses • Das EuGH-Urteil zur HOAI aus Sicht für Freiberufler und Geobüros (AFG) 38 des Versicherers 13 • BDG-Mitgliederbefragung 2019: Ergebnisse und erste Maßnahmen 39 • BDG-Termine 42 Aus dem Berufsleben • Du bist der BDG: Dominic Hildebrandt 43 • Alarmierende Fakten zum Sachver • Exkursion der BDG-Runde ständigenwesen im Bereich Altlasten Rhein-Main 44 und Bodenschutz 16 • Wir trauern 46 • Prüfwerte für Schadstoffe in Böden 17 • Wir gratulieren 47 • Dalbenberechnung für Hafenanlagen • Neue Mitglieder 48 mit GGU-DOLPHIN 19 • Neue Firmenmitglieder im BDG 49 • Gemeinsames LABO/LAWA- • Neuerscheinungen 50 Verbändegespräch 2019 19 • Regionale BDG-Mitgliedertreffen 51 • 2. Statuskonferenz Endlagerung 21 • Bewerbungsschluss des europäischen Geo-Mentoring-Programms 22 Kontakte im BDG 53 • Diskussion zur berufsständischen Situation der Geowissenschaften Seminarankündigungen 56 in Italien 22 • Neues geowissenschaftliches Internet portal für Baden-Württemberg: Impressum 76 LGRBwissen ist online 23 • Globex veroptioniert das Silberprojekt Bräunsdorf an Excellon Resources 24 Deckblatt: Auch und gerade eine Trinkwassertalsperre bedarf intensiver hdrogeologischer Zuarbeit. Das Foto zeigt die Perlenbachtalsperre bei Monschau in der Eifel. Foto: H.-J. Weyer BDG-Mitt. Nr. 134, 1/2020, 37. Jg., Bonn, im Januar 2020 Redaktion: Dieter Johannes, Berlin (dj.), Christopher Denger, Moers (cd.), Rudolf Dietmar, Wesselburen (rd.), Tamara-Fahry-Seelig, Berlin (tfs.), Andreas Günther-Plönes, Petersberg (agp.), Benno Kolbe, Nürnberg (bk.), Peter Müller, Bonn (pm.), Michael Neumann, Lennestadt (min.), Marko van Veen, Brüssel (mvv), Horst Weier, Waldesch (hw.), Hans-Jürgen Weyer, Herzogenrath (hjw.) 2 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Hintergrund und Ziele Der Europäische Gerichtshof hat in seinem angewandt und eingesetzt werden („Einig- Urteil Nr. C-377/17 vom 4.7.2019 die Ver- keit macht stark″). bindlichkeit der in der HOAI festgesetzten Die Honorarempfehlungen sind in die Ab- Höchst- und Niedrigstsätze bei Honoraren schnitte für Ingenieur- und Architektenleistungen 1. Anwendungsbereich, Anwendungs für nicht vereinbar mit der EU-Richtlinie methodik, 2006/123/EG (Dienstleistungsrichtlinie) er 2. Leistungsbild Hydrogeologie, klärt. Damit sind die bisherigen Honorar- 3. Grundleistungen, Besondere Leistungen, tafeln der HOAI bis auf weiteres nur noch 4. Honorarempfehlung für Grundleistungen, empfehlungsweise anwendbar. 5. Honorarempfehlung für Besondere Die angewandten Geowissenschaften wa- Leistungen, Zeithonorar, ren (mit Ausnahme geotechnischer Leistun- 6. Vergütung für Technische Leistungen gen) nicht in der bisherigen HOAI vertreten. und sonstige Aufwendungen, Die Folgen, vor allem für kleine und mittlere 7. Merkmale zur Einordnung der hydrogeo Büros, waren in der Vergangenheit oftmals logischen Leistungen in die Honorarzonen Preiskämpfe und Honorardumping. aufgeteilt und gliedern sich in Grundleistun- Dies hat der BDG-Ausschuss für Freibe- gen und Besondere Leistungen. Das Leis- rufler und Geobüros (AFG) zum Anlass tungsbild für Grundleistungen umfasst 4 genommen, in einem längeren Arbeits- Leistungsphasen, die mit unterschiedlichen prozess Honorarempfehlungen für das Prozentsätzen vom Gesamthonorar ver Teilgebiet „Hydrogeologische Leistungen” gütet werden: auszuarbeiten (hierüber wurde in den • Grundlagenermittlung, Bestandsauf BDG-Mitteilungen Nr. 130, Januar 2018, nahme (15 Prozent) S. 42, bereits kurz berichtet). Nach viel- • Datenbeschaffung, Arbeitsplanung fältigen Diskussionen und unter Einbezie- (30 Prozent) hung anderer mit der Thematik befasster • Überwachung von Fremdleistungen Fachverbände wurde der Entwurf in der (20 Prozent) jetzt erarbeiteten Fassung am 23.10.2019 • Auswertung, Planungsergebnis, vom AFG verabschiedet und dem Vor- Gutachten (35 Prozent) stand und Beirat des BDG vorgelegt. Die- Die Besonderen Leistungen umfassen u.a. ser stimmte der vorgelegten Fassung am hydrogeologische Leistungen von großem 24.10.2019 zu. Umfang oberhalb einer festgesetzten Grenze Mit diesen Empfehlungen soll die Honorar sowie Grundwassermodelle, Markierungs- ermittlung für hydrogeologische Leistungen versuche, Langzeitüberwachung, Monitoring vor allem von kleinem und mittlerem Um- u.a.m., also Leistungen, die in der Regel um- fang erleichtert werden. Es handelt sich fangreich, komplex und langwierig sind. um reine Empfehlungen, deren Anwen- Die Honorarempfehlungen für Grund dung ausdrücklich freigestellt ist. Voraus leistungen stützen sich auf folgendes Prin- setzung für ihre Verbreitung und Einhaltung zip: die zu vereinbarende Honorarhöhe wird in der Praxis ist jedoch, dass sie von einem mit dem Umfang des übergeordneten, vom maßgeblichen Teil der hydrogeologischen Auftraggeber geplanten Vorhabens fest Leistungsanbieter - hydrogeologische Pla- verknüpft, in das die hydrogeologischen ner, Berater und Gutachter - konsequent Leistungen eingebunden sind (z.B. hydro- BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 3
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen geologisches Gutachten innerhalb eines Das Honorar für Besondere Leistungen ist Wasserversorgungsvorhabens). Damit gibt frei vereinbar, angelehnt an die bisherigen es keinen Spielraum, das Honorar herunter- Regelungen der HOAI. zuhandeln und eine zu niedrige Vergütung Die in der Grundleistungstabelle genannten durchzusetzen. Honorarhöhen sollten zunächst als vorläufig Der Umfang des auftraggeberseitigen Vor- angesehen werden, sie haben im Moment habens wiederum wird durch eine vorha- noch eher Vorschlagscharakter („Nichts ist in bentypische Bezugsgröße wiedergegeben. Stein gemeißelt”). Erfahrungen bei Honorar- Dies ist eine Kennzahl, mit der das nach 3 verhandlungen fallen in der Praxis sehr unter- Größenklassen abgestufte Vorhaben quan- schiedlich aus. Von Büro zu Büro, von Regi- tifiziert wird („Honorarwirksamer Vorhaben- on zu Region oder von Branche zu Branche umfang″). sind nicht immer gleich hohe Honorare aus- Einige Beispiele für Auftraggeber-Vorhaben zuhandeln. Daher sind die vorgeschlagenen mit ihren korrespondierenden Bezugsgrößen: Honorarhöhen sicher noch diskussionsfähig. • Wassergewinnungsvorhaben → Es sind die Erfahrungen von möglichst vielen Entnahmerate (m³/a) selbständigen Hydrogeologen und Hydrogeo- • Kurzpumpversuch → loginnen sowie hydrogeologisch tätigen Büros Dauer bis Ende Wiederanstieg (h) notwendig, um die Praxistauglichkeit der Ho- • Baugrubenentwässerung → norarempfehlungen zu prüfen - jede Erfahrung Baugrubenvolumen (m³) aus dem BDG-Mitgliederkreis ist nützlich und • Rohstoffentnahme im Nassabbau → wird bei der Fortschreibung berücksichtigt. Rohstoffabbaumenge (m³) Es bedarf sicher einiger Erläuterungsarbeit, u.a.m. um das hier entwickelte Prinzip der Honorar Insgesamt werden 10 unterschiedliche Vor- ermittlung manchem Auftraggeber verständ- habenarten aufgelistet, die einen Bezug zu lich zu machen. Andererseits haben Gutach- hydrogeologischen Leistungen haben. ter und Planer ohnehin rechtlich eine weit Für jede Vorhaben-Größenklasse werden 3 gefasste Beratungs- und Aufklärungspflicht Honorarzonen ausgewiesen. Dadurch wird gegenüber ihren Auftraggebern. Somit ist es die unterschiedliche fachliche Schwierigkeit kein Nachteil, damit schon in den Honorar berücksichtigt und durch eine Abstufung nach verhandlungen zu beginnen, und es ist ein einfachen, mittleren und hohen Anforderun- Gewinn, wenn am Ende eine schlüssige und gen ausgedrückt; weiterhin werden standort- nachvollziehbare Honorarvereinbarung steht, bzw. vorhabenspezifische Merkmale berück- die zudem eine auskömmliche Vergütung ge- sichtigt. Dies sind z.B.: unterschiedlicher Auf- währleistet und qualitätssichernd wirkt. wand zur Datenbeschaffung und -auswertung, Als nächster Schritt ist eine Überprüfung nach Komplexität der geologischen Rahmenbedin- Ablauf eines Jahres nach dieser Veröffentli- gungen bzw. der Gesteinseigenschaften, An- chung vorgesehen, die wiederum unter Betei- zahl der zu planenden Gewässerbenutzungen ligung der fachkompetenten Verbände sowie (Brunnen), ihre wechselseitige Beeinflussung, unter Berücksichtigung von eingegangenen Anzahl der zu berücksichtigenden Grundwas- Hinweisen und Vorschlägen erfolgt. Es wird serstockwerke u.a.m., also Merkmale, die un- dann weiter zu entscheiden sein, auf welche terschiedliche Erschwernisse darstellen oder Weise die Honorarempfehlungen der breiten unterschiedlich hohen Arbeitsaufwand bewir- Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt wer- ken. Für jedes Merkmal wird eine Punktzahl den können, z.B. als Veröffentlichung durch zwischen 1 und 3 vergeben. Die Einordnung den AHO (Ausschuss der Verbände und Kam- in eine bestimmte Honorarzone erfolgt nach mern der Ingenieure und Architekten für die der Gesamtpunktzahl. Honorarordnung e.V.) oder in anderer Form. Damit ist das Honorar für Grundleistungen abhängig von Die Honorarempfehlungen können bei der • der Vorhabenart BDG-Geschäftsstelle in Bonn bezogen oder • dem Vorhabenumfang über die BDG-Homepage www.geoberuf.de • der Honorarzone als pdf-Datei heruntergeladen werden. und ist auf diese Weise keinem auftragge- berseitigen Minderungsdruck ausgesetzt. Eckhard Schmidt 4 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Erarbeitet vom Ausschuss für Freiberufler und Geobüros des BDG Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V. 1. Anwendungsbereich, Anwendungsmethodik 2. Leistungsbild Hydrogeologie 3. Grundleistungen, Besondere Leistungen 4. Honorarempfehlung für Grundleistungen 5. Honorarempfehlung für Besondere Leistungen, Zeithonorar 6. Vergütung für Technische Leistungen und sonstige Aufwendungen 7. Merkmale zur Einordnung der hydrogeologischen Leistungen in die Honorarzonen In diesen Empfehlungen wird zugunsten der Lesefreundlichkeit und sprachlichen Klarheit für die generalisierende Bezeichnung von personenbezogenen Funktionen stets die männliche Form (generisches Maskulinum) verwendet. Es wird betont, dass damit lediglich die Funktion und nicht das Geschlecht der so benannten Personen bezeichnet wird. 1. Anwendungsbereich, Anwendungsmethodik Die nachstehenden Empfehlungen sollen als Grundlage für die Vereinbarung und Vergütung von eigenständigen hydrogeologischen Leistungen für Auftraggeber und Auftragnehmer die- nen. Hydrogeologische Leistungen umfassen die Beschreibung des Grundwassers, des Grundwasserhaushaltes, der grundwasserführenden und -hemmenden Gesteine, der Grund- wasserbeschaffenheit und der Auswirkung von Grundwasserbenutzungen *) sowie die damit zusammenhängenden Untersuchungs-, Planungs- und Gutachterleistungen. Die Honorare für hydrogeologische Leistungen werden für Grundleistungen und Besondere Leistungen ermittelt. Die Honorare für Grundleistungen bemessen sich aus der Kombination bzw. der Ableitung aus folgenden Größen: • Umfang des übergeordneten Vorhabens – hier bezeichnet als „honorarwirksamer Vorhaben- umfang″ (s. Abschnitt 4) • fachliche Anforderungen an die zu erbringende Leistung sowie standort- und vorhabenbezo- gene Merkmale (s. Abschnitt 7) Folgende Leistungen sind nicht in diesen Honorarempfehlungen berücksichtigt und werden nicht nach diesem Modell vergütet: • hydrogeologische Leistungen, deren Vergütung nach anderen Honorarempfehlungen geregelt ist, z.B.: – Leistungen im Rahmen der Altlastenbearbeitung (AHO-Schrift Nr. 8) – Leistungen im Rahmen der geothermischen Energiegewinnung (AHO-Schriften Nr. 26 und 30) • Leistungen, die keine hydrogeologischen Leistungen darstellen, z.B.: – Untersuchungen und Planungen, die in ihren Auswirkungen ausschließlich Oberflächen- gewässer betreffen – Planung von Ingenieurbauwerken auf dem Gebiet des Wasserbaus – Untersuchung der Auswirkung von Gewässerbenutzungen auf andere Schutzgüter als das Schutzgut Wasser Die Empfehlungen sollen nach Ablauf von einem Jahr nach ihrer Veröffentlichung unter Einbe- ziehung der mit der Thematik befassten Fachverbände einer Überprüfung unterzogen werden. *) Gewässerbenutzung im Sinne von § 9 WHG BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 5
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen 2. Leistungsbild Hydrogeologie Die Grundleistungen bei hydrogeologischen Leistungen sind in vier Leistungsphasen unterteilt und werden in Prozentsätzen wie folgt bewertet: Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung, Bestandsaufnahme): 15 Prozent, Leistungsphase 2 (Datenbeschaffung, Arbeitsplanung): 30 Prozent, Leistungsphase 3 (Überwachung von Fremdleistungen): 20 Prozent, Leistungsphase 4 (Auswertung, Planungsergebnis, Gutachten): 35 Prozent. 3. Grundleistungen, Besondere Leistungen Tabelle 1 Grundleistungen Besondere Leistungen Leistungsphase 1: Grundlagenermittlung, Bestands- •Z usätzliche Besprechungster- aufnahme mine • Klärung und Konkretisierung der Aufgabenstellung •Z usätzliche Ortstermine • Abstimmung mit den Vorhabenbeteiligten, Eingangsbe- •P rüfung und Wertung von Ne- sprechung, Ortstermin benangeboten und deren Ab- • Klärung der voraussichtlichen Genehmigungsfähigkeit rechnung bei Anträgen nach Wasserrecht •H ydrogeologische Leistungen • Sichtung der vorhandenen Unterlagen und Daten für Vorhaben mit einem Umfang • Sichtung der vorhandenen technischen Anlagen und Ein- oberhalb der für Grundleistun- richtungen im Untersuchungsraum (Wasserfassungen, gen festgesetzten Obergrenzen Messnetze) (s. Abschnitt 4) • Sichtung der vorhandenen Aufschlüsse im Untersu- •A ufstellung und Einsatz eines chungsraum mathematisch-numerischen • Bedarfsfeststellung für weitere Daten, Unterlagen, tech- Grundwassermodells, ein- nische Anlagen, Aufschlüsse schließlich des zugrunde lie- genden konzeptionellen hydro- Leistungsphase 2: Datenbeschaffung, geologischen Modells sowie Arbeitsplanung damit zusammenhängende • Recherche und Beschaffung der erforderlichen Unterla- Vor- und Nacharbeiten gen, Geodaten und Fachdaten •M arkierungsversuche • Datenaufbereitung: Sichten und Ordnen der beschafften •V erfahrensbegleitung bei was- Daten, Konvertieren von Analogdaten in digital weiter- serrechtlichen Zulassungsver- verarbeitungsfähige Formate (GIS, CAD, SEP3) fahren • Erstellung eines konzeptionellen hydrogeologischen Mo- •E rgebnispräsentation beim Auf- dells traggeber sowie in politischen • Planung von Messeinrichtungen und Messnetzen zur Gremien Grundwasser- und Oberflächengewässermessung •L angzeitüberwachung, Moni- • Planung und Dimensionierung von Einrichtungen und toring, Objektbetreuung Anlagen zur Wasserfassung, Entwässerung oder Ver- sickerung • Planung von Fremdleistungen: Vermessungs-, Bohr-, Brunnenbau- und Laborarbeiten, hydraulische, geophy- sikalische und geotechnische Feldtests und Messarbei- ten • Festlegung von Bohr- und Aufschlusspunkten • Allgemeine Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe von Fremdleistungen 6 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Grundleistungen Besondere Leistungen Leistungsphase 3: Gutachterliche Überwachung von Fremdleistungen • Überwachung von Bohr- und Brunnenbauarbeiten • Überwachung von hydraulischen, geophysikalischen und geotechnischen Feldtests und Messarbeiten • Überwachung von Wasserprobenahmen Leistungsphase 4: Auswertung, Planungsergebnis, Gutachten • Daten- und Informationsauswertung, Prüfung der Ergeb- nisse von Fremdleistungen, Einbindung in das Untersu- chungskonzept • Beschreibung der Hydrostratigraphie, Hydrodynamik und Hydrochemie im Untersuchungsraum • Ermittlung der Wasserhaushaltsgrößen, Beschreibung des Wasserhaushalts und des Grundwasserdargebotes • Beschreibung der Auswirkungen von Gewässerbenutzun gen und von Eingriffen in den Grundwasserhaushalt • Empfehlungen zu weiteren Maßnahmen und Untersu- chungen, Konzepterstellung zur hydrogeologischen Be- weissicherung • Informelle Vorabstimmung mit den zuständigen Behör- den • Antragstellung auf wasserrechtliche Zulassung zur Gewässerbenutzung (Erlaubnis oder Bewilligung gem. §§ 8, 9 WHG) • Textliche, tabellarische, zeichnerische und kartografische Darstellung, Zusammenfassung, Gesamtdokumentation Die Besonderen Leistungen können allein oder zusammen mit Grundleistungen erbracht wer- den. Werden sie zusammen mit Grundleistungen erbracht, können sie sich über alle Leistungs- phasen erstrecken. 4. Honorarempfehlung für Grundleistungen Die Empfehlungen für Mindest- und Höchstsätze der Honorare für die im Leistungsbild aufge- führten Grundleistungen sind in Tabelle 2 festgesetzt. Der Umfang des übergeordneten Vorhabens des Auftraggebers, an dem sich die Honorare für hydrogeologische Leistungen bemessen (honorarwirksamer Vorhabenumfang), wird durch eine vorhabentypische Bezugsgröße wiedergegeben. Dabei ist stets der vom Auftraggeber oder Vorhabenträger angestrebte und beantragte Umfang zu Grunde zu legen und nicht der abschliessend genehmigte oder planfestgestellte Umfang. Beim Zusammenwirken von unter- schiedlichen Leistungen aus unterschiedlichen Fachrichtungen gelten die nachstehenden Ho- norare ausschließlich für den hydrogeologischen Leistungsanteil. Die Grundleistungen sind auf eine festgesetzte Vorhaben-Obergrenze begrenzt. Die Obergren- ze entspricht der höchsten, in der nachstehenden Spalte „Honorarwirksamer Vorhabenumfang″ ausgewiesenen Vorhabengröße. Leistungen mit höherem Umfang sowie Leistungen von außer- gewöhnlicher Komplexität und Schwierigkeit sind als Besondere Leistungen frei zu vereinbaren und entsprechend zu vergüten. BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 7
8 Honorarzone I Honorarzone II Honorarzone III Honorarwirksamer Vor- einfache Anforde- mittlere Anforde- hohe Anforde- Vorhaben Bezugsgröße rungen (€) rungen (€) rungen (€) habenumfang von bis von bis von bis Entnahmerate,
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Fußnoten zu Tabelle 2, Seite 8 1 ) Wassergewinnung aus Grundwasserleitern, Mineralwassergewinnung, Grundwasseranreicherung zur Dar- gebotserhöhung sowie Einleitung in das Grundwasser 2 ) bei Vorhaben zur Erhöhung der Entnahmerate oder Einleitrate ist die gesamte angestrebte Entnahmerate/ Einleitrate anzusetzen 3 ) gutachterliche Planung, Begleitung und Auswertung (ohne technische Durchführung, ohne technische 24h- Überwachung) 4 ) ohne lagerstättenkundliche oder rohstofftechnische Begutachtung und Planung 5 ) bei Vorhaben zur Erweiterung einer Rohstoffabbaustätte im Trockenabbau ist nur das angestrebte Erwei- terungsvolumen anzusetzen 6 ) bei Vorhaben zur Erweiterung eines Stillgewässers ist das nach Abschluss vorhandene Gesamtwasservo- lumen anzusetzen 7 ) Vorhaben der Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur (Straßen-/Schienen-/Wasserwege, Wasser-/Ener- gietransportleitungen) 8 ) Vorhaben der Wohn-, Gewerbe- und Tourismusinfrastruktur (Freizeit-/Ferienparks, Vorhaben mit großflä- chiger Versiegelung) 9 ) ohne Leistungen der Fachgebiete Geotechnik, Bauingenieurwesen, Anlagenbau, Verfahrenstechnik oder TGA 10 ) hydrogeologische Planung und Begutachtung von Wiedervernässungsmaßnahmen für Renaturierungs- zwecke sowie von Überschwemmungsgebieten Die zu vereinbarende Honorarzone ergibt sich aus der in der Honorarzonentabelle (Abschnitt 7) zu ermittelnden Punktzahl. Die Honorarzonen sind wie folgt zu wählen: • für einfache Anforderungen die Honorarzone I, entsprechend 10 Punkte oder weniger • für mittlere Anforderungen die Honorarzone II, entsprechend 11 bis 20 Punkte • für hohe Anforderungen die Honorarzone III, entsprechend 21 bis 30 Punkte 5. Honorarempfehlung für Besondere Leistungen, Zeithonorar Das Honorar für Besondere Leistungen ist frei zu vereinbaren. Hydrogeologische Leistungen, die nicht unter die Grundleistungen oder Besonderen Leistun- gen fallen oder Leistungen, deren tatsächlicher Aufwand nach der Honorarempfehlung nicht oder nicht vollständig abgedeckt wird, können nach Zeitaufwand in Anlehnung an TVöD ver- gütet werden: • Büroinhaber, Sachverständiger 120,00 € bis 140,00 € je Std. • Geowissenschaftler, Senior-Consultant *) 75,00 € bis 115,00 € je Std. • Geowissenschaftler, Junior-Consultant *) 65,00 € bis 90,00 € je Std. • Technischer Mitarbeiter 50,00 € bis 65,00 € je Std. *) Senior-Consultant: Mitarbeiter mit mehr als 10 Jahren Berufserfahrung Junior-Consultant: Mitarbeiter mit 3 bis 10 Jahren Berufserfahrung 6. Vergütung für Technische Leistungen und sonstige Aufwendungen Technische Leistungen, die keine honorarfähigen hydrogeologischen Untersuchungs-, Pla- nungs- oder Gutachterleistungen darstellen, die aber die Voraussetzung oder die Grundlage für deren Erbringung bilden, ohne gewerbliche Leistungen zu sein, sind pauschal oder auf Nach- weis zu vergüten. Technische Leistungen dieser Art sind z.B.: • Geodätische Vermessungen • Geophysikalische Messungen • Kleinbohrungen • Wasserstands- und Abflussmessungen • Errichtung von Grundwassermessstellen • technische Durchführung von Kurzpumpversuchen und anderen hydraulischen Tests BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 9
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen • technische Durchführung von Markierungsversuchen • Wasserprobenahmen • Laborarbeiten (z.B. Wassergütemessungen, Siebanalysen u.ä.) Sonstige Aufwendungen wie Büroleistungen, Reisekosten u.ä. sind entweder pauschal mit ei- nem Aufschlag von 5 % bis 8 % auf die ermittelten Gesamtkosten (Honorar zzgl. Vergütung für Technische Leistungen) oder auf Nachweis zu vergüten. 7. Merkmale zur Einordnung der hydrogeologischen Leistungen in die Honorarzonen Die Anforderungen an die zu erbringenden hydrogeologischen Leistungen werden auf Grund- lage der geowissenschaftlichen Schwierigkeit sowie der standort- und vorhabenbezogenen Merkmale mit Hilfe der nachstehenden Tabelle eingeordnet. Für jede Merkmalsbeurteilung ist diejenige Anzahl von Punkten zu vergeben, die der Nummerierung der jeweiligen Honorarzone entspricht. Merkmale, die für das Vorhaben ohne Bedeutung sind oder die sich nicht einordnen lassen, bleiben unberücksichtigt. Tabelle 3 Geowissenschaftliche sowie standort- Honorarzone I Honorarzone II Honorarzone III und vorhabenbezogene Merkmale (1 Punkt) (2 Punkte) (3 Punkte) Angestrebte Entnahmetiefe oder erfor- 2 nutzungen 6) Wechselseitige Beeinflussung zwischen den zu planenden Gewässerbenutzun- nicht vorhanden gering oder stark aus- gen 6) und weiteren, bereits vorhandenen oder nicht aus- mäßig geprägt oder Gewässerbenutzungen im Untersu- geprägt ausgeprägt ungewiss chungsraum 10 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Geowissenschaftliche sowie standort- Honorarzone I Honorarzone II Honorarzone III und vorhabenbezogene Merkmale (1 Punkt) (2 Punkte) (3 Punkte) Antragsstatus 7) bei wasserrechtlichen Folge-Antrag Anträgen in Verbindung mit Änderungen mit geänder- Folge-Antrag mit im Umfang der Gewässerbenutzung tem Umfang, unverändertem Erweiterungs- Umfang antrag oder Erst-Antrag 1 ) maßgeblich ist die größere der beiden Tiefenangaben 2 ) Vorgutachten, Kartierungen, vorhandene Bohrungen, Messungen, Feldtests, sonstige Vorinformationen (ohne Berücksichtigung von großräumigen Allgemein- und Übersichts- darstellungen und von allgemeinen Erläuterungen zur Geologischen Karte GK25) 3 ) Stratigraphie, Schieferung, Klüftung, Mineralzusammensetzung, Gesteinschemie, Porosi- tät, Permeabilität, Hydrostratigraphie, Hydrochemie, Hydrodynamik, Gezeiteneinfluss 4 ) bruchlose Faltenbildung, Störungs- und Bruchbildung 5 ) Wasserschutzgebiete, Überschwemmungsgebiete, naturschutzrechtlich ausgewiesene Schutzgebiete 6 ) Gewässerbenutzungen im Sinne von § 9 WHG 7 ) Erst-Antrag, Folge-Antrag oder Erweiterungsantrag Erweist sich nachträglich im Verlauf des Vorhabens, dass bei der Ermittlung der Honorarzone eine zu geringe Punktzahl vergeben wurde, ist die Punktevergabe zu korrigieren. Fällt die Leis- tung daraufhin in eine höhere Honorarzone, ist nachträglich die höhere Honorarzone für die Gesamtleistung zu vereinbaren. Sind durch Erschwernisse, die in der vorstehenden Merkmalstabelle nicht berücksichtigt sind, zusätzliche und erhöhte Aufwendungen zur Erbringung der vollständigen Leistung erforderlich, so sind diese Aufwendungen als Besondere Leistung zu vereinbaren und zu vergüten. Stand: Oktober 2019 Zukunft der HOAI – Thema auf der AHO-Herbsttagung 2019 pm (12/19) Unter dem Motto “Wie geht es rung nicht grundsätzlich in Frage stellt, son- weiter? – Die HOAI nach dem EuGH-Urteil dern lediglich die verbindlichen Höchst- und vom 4. Juli 2019“ fand die diesjährige AHO- Mindestsätze als verhältnismäßiges Mittel Herbsttagung am 19.11.2019 in Berlin statt. der Qualitätssicherung. Hintergrund ist die Der BDG wurde durch Dipl.-Geol. Heike vom EuGH angemerkte „Inkohärenz“ bei Trepte (Berlin) und BDG-Geschäftsführer der Leistungserbringung, die besagt, dass Dr. Peter Müller (Bonn) vertreten. Während die Leistungserbringung in Deutschland der Tagung boten fachkundige Gäste in ih- momentan quasi von jedermann erfolgen ren Vorträgen spannende Einblicke und Im- kann, wodurch die qualitätssichernde Wir- pulse zu den möglichen Entwicklungen der kung der HOAI im Sand verlaufe. Rippert HOAI, die nach dem grundsätzlich ableh- hielt fest, dass die HOAI nach wie vor gültig nenden Urteil des EuGHs noch vollkommen und wirksam ist – ein umstrittener Punkt, auf offen sind. den Prof. Messerschmidt in seinem späte- Bereits in den Grußworten unterstrichen der ren Vortrag noch näher eingehen sollte. Ei- AHO-Vorsitzende Dr. Erich Rippert sowie nig war man sich dabei, dass die HOAI als der Unterabteilungsleiter des Bundesmi- ein Grundpfeiler bei der Sicherung der Aus- nisteriums des Innern, für Bau und Heimat kömmlichkeit von Honoraren „nicht einfach (BMI), Lothar Fehn Krestas, dass der EuGH weggeschmissen“ würde, sondern im Dialog in seinem Urteil die HOAI zur Qualitätssiche- zwischen Verbänden und Ministerien eine BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 11
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen tragfähige Lösung für die Zukunft aus der Empfehlungen wie es heute schon die Anla- bestehenden HOAI erarbeitet werden wird. ge 1 ist, sei in vielerlei Hinsicht schwierig und Prof. Dr.-Ing Clemens Schramm von der nicht der Wunsch des BMWi. Zustimmung Jade Hochschule Oldenburg eröffnete die kam, wie auch schon bei Prof. Schramm, Reihe der Fachvorträge zur Zukunft der von Verbänden und aus dem Auditorium. HOAI. Schramm stellte in seinem Vortrag Als naheliegender sieht auch das BMWi das vier mögliche Szenarien dar: 1) Das „Eng- „Steuerberater-Modell“, da es Analogien zu lische Modell“, in dem die HOAI ersatzlos früheren EuGH-Urteilen aufweist. Ein Fach- wegfiele und ein freier Wettbewerb als Basis planergesetz erscheint aus Sicht des BMWi für die Preisfindung dient. Sowohl Schramm ebenfalls nicht zielführend, da ein solches als auch das Auditorium waren sich in der umfangreiches Unterfangen auf viel Wider- anschließenden Diskussion einig, dass stand aus den Ländern sowie von Verbän- dies eine nicht erstrebenswerte Lösung für den stoßen würde und nicht die zeitnahe alle Parteien darstellt. 2) Eine Ergänzung Absicherung der HOAI erlaube. Grundsatz der HOAI durch ein „Fachplanergesetz“, für das BMWi ist es insgesamt, die HOAI in in welchem die Voraussetzungen für die den kommenden Monaten „minimalinvasiv“ Leistungserbringung festgeschrieben sind abzusichern, dabei aber allen Anforderungen (Personenkreis/Berufsgruppe und Qualifika- gerecht zu werden. Als Zeitraum wird seitens tionen). Insbesondere das BMI meldete bei des BMWi das Jahr 2020 angepeilt. dieser Möglichkeit große Bedenken an, da Im Anschluss an die Vorträge entwickelte dies einen sehr langwierigen Prozess dar- sich eine lebhafte und intensive Diskussion, stellen würde, in welchem in Länderkompe- in der Ingenieure, Verbandsvertreter sowie tenzen eingegriffen werden müsste. 3) Das die Ministerien unterstrichen, dass sich die „Schweizer Modell“, bei dem festgelegte HOAI in der Vergangenheit in vielerlei Hin- bzw. empfohlene Stundensätze als Berech- sicht bewährt habe und die zahlreichen In- nungsgrundlage für Honorare dienen. Un- genieurbüros auch in Zukunft Sicherheit für klar bleibt hier jedoch, wie und durch wen ihre Tätigkeiten benötigten. Auf die Frage, die Stundensätze ermittelt werden können ob im Rahmen der Überarbeitung die An- und ob mit der flächenhaften Einhaltung die- lage 1 wieder in den verbindlichen Teil der ser Sätze zu rechnen sei. Daher erschienen HOAI überführt würde, antwortete Solbach Schramm sowie den Vertretern von AHO stellvertretend für das BMWi ausweichend. und den Ministerien momentan die Option Grundsätzlich sei dies zwar denkbar, jedoch einer 4) Honorarempfehlung analog zu den sei die Anpassung von Tabellen bzw. kon- Steuerberatern als die wahrscheinlichste kreten Inhalten kompliziert und zeitaufwän- Option. Hierbei gilt - sofern von den Ver- dig und hierdurch die schnellstmögliche Er- tragspartnern nichts anderes vereinbart wird haltung der gesamten HOAI gefährdet. - die Mittelgebühr innerhalb einer Honorar Zu Beginn des Nachmittagsblockes refe- zone, welche den Gegenstandswert als rierte Prof. Dr. Burkhard Messerschmidt Grundlage nimmt. Auch in der anschließen- von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs aus den Diskussion stellte sich diese Option als Bonn über die Bedeutung des EuGH-Urteils die wahrscheinlichste dar, wenngleich auch für laufende Verträge. Messerschmidt führte hier viel Arbeit auf die beteiligten Ministerien aus, dass im Urteil des EuGHs grundsätz- und Verbände zukommt, da die HOAI um- lich die Bundesrepublik Deutschland als fangreich überarbeitet werden müsste. Gesetz- und Verordnungsgeber adressiert Die Federführung bei der Überarbeitung der worden sei und daher für die bestehenden HOAI nach dem Urteil des EuGH obliegt dem Verträge keine unmittelbare Wirkung von Bundesministerium für Wirtschaft und Ener- dem Urteil ausgehe. Aus rechtswissen- gie (BMWi). Der dafür zuständige Referatslei- schaftlicher Sicht sollten also alle Verträge ter Dr. Thomas Solbach erläuterte in seinem und auch die HOAI in Gänze nach wie vor Vortrag, welche Aspekte in die Überlegungen gültig sein, solange es seitens der Bundes- des BMWi einfließen müssen und wie der regierung keinen Ersatz dafür gibt. Jedoch aktuelle Stand ist. Solbach führte aus, dass gab es bereits in den zurückliegenden Mo- es aus Sicht des BMWi ebenfalls mehrere naten widersprüchliche Urteile seitens der Optionen gäbe: Die HOAI als unverbindliche Oberlandesgerichte (OLG). Während z.B. 12 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen das OLG Hamm mit Urteil vom 27.07.2019 „Umfrage zur wirtschaftlichen Lage der Ar- mit der oben erwähnten Begründung ent- chitekten und Ingenieure“ durch den AHO- schied, dass die HOAI einstweilen weiter Vorsitzenden Dr. Erich Rippert. Insgesamt ist gilt, urteilte das OLG Celle am 14.08.2019, die wirtschaftliche Lage gut, wenngleich die dass die HOAI nicht mehr gelte, da die Ver- Ergebnisse zeigen, dass insbesondere bei bindlichkeit mit Urteil des EuGHs entfalle. der Nachwuchsgewinnung große Heraus Messerschmidt erwartet, dass letztendlich forderungen auf die Branche warten. der Bundesgerichtshof in dieser Sache ent- Der BDG ist Mitglied des AHO und wird auch scheiden wird. Ein entsprechendes Grund- in Zukunft die Entwicklungen rund um die satzurteil sei aber nicht vor Mitte 2020 zu HOAI intensiv verfolgen. Für weitere Infor- erwarten. mationen oder Fragen wenden Sie sich bitte Abgerundet wurde die AHO-Herbsttagung an die Geschäftsstelle Bonn oder den BDG- mit der Vorstellung der Ergebnisse aus der Ausschuss Freiberufler und Geobüros. Das EuGH-Urteil zur HOAI aus Sicht des Versicherers hjw. (12/19) Das EuGH-Urteil zur HOAI be- Leistungen als auch die Honorare. Wenn schäftigt auch den BDG-Versicherungspart- das vereinbarte Honorar unterhalb der Min- ner HDI. Hier einige wichtige grundsätzliche dest- bzw. oberhalb der Höchstsätze liegt, Angaben, die wir dem HDI-IngLetter von kann nach überwiegender Ansicht weiterhin Oktober 2019 entnehmen. Den kompletten eine Aufstockung bis zu den Mindestsätzen Aufsatz von Dr. Ralf Averhaus, Rechtsan- bzw. eine Reduzierung bis zu den Höchst- walt / Fachanwalt für Bau- und Architekten- sätzen beansprucht werden. Nach der Ge- recht (Leinemann & Partner Rechtsanwälte genansicht ist dies nicht mehr zulässig. Eine mbB, Berlin) können Sie wie den gesamten Klärung durch den BGH bleibt abzuwarten. Infobrief unter www.hdi.de/ingletter im Inter- net finden. Was gilt für die Zeit, bis eine neue HOAI oder etwas Vergleichbares in Kraft getreten ist? Gilt die HOAI weiterhin und wenn ja, wie Für Verträge, die künftig bis zur Umsetzung lange noch? des EuGH-Urteils abgeschlossen werden, Die HOAI als solche bleibt vorerst von dem gilt vorerst weiterhin die HOAI 2013, soweit Urteil des EuGH unberührt wirksam. Der ihr Anwendungsbereich eröffnet ist. Nach EuGH hat nur festgestellt, dass die ver- überwiegender Ansicht sind die Mindest- bindlichen Mindest- und Höchstsätze der und Höchstsätze weiterhin verbindlich zu HOAI europarechtswidrig sind. Nach über- beachten, während das Honorar für Grund- wiegender Ansicht bleiben die Mindest- und leistungen nach anderer Ansicht schon jetzt Höchstsätze solange verbindlich, bis die frei vereinbart werden darf. Weitere Kon- Bundesregierung das EuGH-Urteil umge- sequenz dieser Auffassung ist, dass ohne setzt hat. Die HOAI könnte als unverbind- wirksame Honorarvereinbarung gemäß § licher Referenzrahmen erhalten werden. 632 Abs. 2 BGB die taxmäßige bzw. übliche Die Dauer bis zu diesem Umsetzungsakt ist Vergütung gilt, die im Einzelfall zu bestim- schwer einzuschätzen, aber im Laufe des men ist. Rechtsunsicherheit vermeidet, wer Jahres 2020 sollte die Bundesregierung das sich an die HOAI hält. Urteil befolgt haben. Hat die Entscheidung Auswirkungen auf Hat die Entscheidung Auswirkungen auf Rechtsstreite, die bereits anhängig sind? Vertragsabschlüsse, die in der Vergan- Folgen ergeben sich für bereits anhängige genheit liegen? (Wider-)Klagen auf Aufstockung des ver- Vor dem Urteil vom 4.07.2019 geschlos- einbarten Honorars zu den Mindestsätzen sene Verträge bleiben grundsätzlich unbe- (s. o. den Fall des OLG Hamm) und umge- rührt. Dies betrifft sowohl die vereinbarten kehrt für den Fall, dass ein Auftraggeber die BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 13
Schwerpunkt: Empfehlungen zur Honorarermittlung für hydrogeologische Leistungen Herabsetzung eines die Höchstsätze über- sprechung uneinheitlich und daher mit dem schreitenden Honorars geltend macht (s. o. jeweiligen Prozessbevollmächtigten im Ein- den Fall des OLG Celle). zelfall das weitere Vorgehen abzustimmen. Betroffen sind auch alle übrigen laufenden Sobald ein Revisionsverfahren beim BGH Honorarprozesse, in denen sich eine Par- läuft, ist ein Antrag auf Aussetzung des Ho- tei auf die Mindestsatzfiktion des § 7 Abs. 5 norarprozesses wegen Vorgreiflichkeit ge- HOAI stützt. Die Gerichte werden zu klären mäß § 148 ZPO zu erwägen. haben, ob diese noch eingreift (dafür: OLG Hamm und OLG Naumburg, dagegen: OLG Hat das Urteil des EUGH Auswirkungen Celle) oder dem Auftragnehmer stattdessen auf den Versicherungsschutz in der Be- das taxmäßige bzw. übliche Honorar zusteht. rufshaftpflichtversicherung der Architek- Zu dessen Bestimmung sind in der Regel ten und Ingenieure? Honorarsachverständige hinzuzuziehen. Bei der laufenden Berufshaftpflichtversiche- Sonstige anhängige Honorarprozesse zwi- rung der Architekten und Ingenieure wird schen Architekten/Ingenieuren und ihren das Honorar vom Versicherer regelmäßig Auftraggebern bleiben unberührt, so zum als Beitragsbemessungsgrundlage heran- Beispiel eine laufende Klage auf ein wirk- gezogen und darauf aufbauend die Versi- sam vereinbartes Mindest- oder Höchst- cherungsprämie kalkuliert. Die Prämienkal- satzhonorar. kulation hat aber grundsätzlich keinen Ein- fluss auf den Versicherungsschutz, soweit Wie können Honorarvereinbarungen der Versicherungsnehmer die zur Prämien- künftig wirksam getroffen werden? berechnung vom Versicherer nachgefrag- Honorare für Leistungen, die der HOAI un- ten Umstände wahrheitsgemäß beantwortet terliegen, müssen gemäß § 7 Abs. 1 HOAI hat. Eine vertragliche Regelung, die den weiterhin schriftlich bei Auftragserteilung Versicherungsschutz an die Einhaltung der vereinbart werden, um wirksam zu sein. von der HOAI vorgegebenen Mindest- und Den „sicheren Weg“ geht, wer darauf achtet, Höchsthonorare knüpft, ist den marktübli- dass das Honorar zugleich im Rahmen der chen Bedingungswerken nicht zu entneh- Mindest- und Höchstsätze der HOAI liegt, men. Ein Abweichen von den Mindest- und denn es ist nicht gesagt, dass die Vorschrift Höchstsätzen hatte demnach schon bisher seit dem EuGH-Urteil ohne den Halbsatz keine Auswirkungen für den Versicherungs- „im Rahmen der durch diese Verordnung schutz in der Berufshaftpflichtversicherung, festgesetzten Mindest- und Höchstsätze“ zu wobei es nach dem Urteil des EuGH bleibt. lesen ist. Die Entscheidung des EuGH hat auch keine Diese strengen Vorgaben für eine wirksa- Auswirkungen auf den Honorarschutz, der me Honorarvereinbarung bestehen nur im regelmäßig in den Bedingungen und Risi- Anwendungsbereich der HOAI, d. h. nicht kobeschreibungen zur Berufshaftpflichtver- außerhalb der Honorartafelwerte (z. B. bei sicherung für Architekten, Ingenieure und Gebäudeplanungen mit anrechenbaren beratende Ingenieure enthalten ist. Soweit Kosten oberhalb von 25 Mio. Euro) und Honorar wegen (von der Gegenseite be- nicht bei Verträgen über Leistungen, die haupteter) versicherter Schadensersatzan- nicht der HOAI unterliegen (z. B. Bauphysik, sprüche zurückbehalten wird, werden die Geotechnik, Besondere Leistungen usw.). diesbezüglichen Kosten der außergericht- Insoweit kann das Honorar – wie schon lichen und gerichtlichen Geltendmachung bisher – frei und mündlich oder konkludent ersetzt. Soweit darüber hinaus auch die sowie vor und nach der Auftragserteilung Höhe des Honorars im Streit steht, was vereinbart werden. ggf. Folge des EuGH-Urteils sein könnte, werden Rechtsverfolgungskosten anteilig Wo müssen Sie als Architekt/Ingenieur im Verhältnis der versicherten streitigen jetzt unbedingt handeln? Schadensersatzansprüche zu der nicht Akuter Handlungsbedarf besteht in laufen- versicherten streitigen Höhe des Honorars den Rechtsstreitigkeiten, soweit diese von übernommen. Der bedingungsgemäße Ver- dem Urteil des EuGH berührt sind (s. o. die sicherungsschutz bleibt jedoch auch hier Antwort zur Frage 4). Hier ist die Recht- vollständig erhalten. 14 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020
Innovationen xxxx xxxx aus Kunststoff Versuchsanlagen Bieten Sie Ihren wertvollen Wir liefern individuelle Proben besten Schutz Vertikal- und Horizontalstrom- vor unerwünschten Anlagen sowie vollständige Kontaminationen durch Metall, Reinräume incl. Lüftung. Korrosion oder Umwelteinflüssen. Wir erstellen für Sie die Wir verwenden Gesamtplanung und begleiten ausschließlich metallfreie Sie auf dem kompletten Weg Werkstoffe. von der Beratung über die Unsere Anlagen finden in der Konstruktion und Fertigung bis wissenschaftlichen Forschung hin zur Montage und späteren und in der Ultraspurenanalytik Wartung. der Pharmaindustrie ihre Anwendung. Metallfreier Anlagenbau – Ihr Spezialist für die Probenaufbereitung in der Spurenanalytik MK – Versuchsanlagen und Laborbedarf Tel.: +49 (0) 6400-9576030 - Fax: +49 (0) 6400-9576031 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 15 Inhaber Michael Keil info@mk-versuchsanlagen.de Stückweg 10 - 35325 Mücke-Merlau/Germany www.mk-versuchsanlagen.de
Aus dem Berufsleben Aus dem Berufsleben Alarmierende Fakten zum Sachverständigen wesen im Bereich Altlasten und Bodenschutz Vor dem Hintergrund einer Überprüfung • die 80 %-Spannbreite des Stundensatzes der zuletzt 2013 im Justizvergütungs- und liegt bei 65 – 118 € (netto), der Median -entschädigungsgesetz (JVEG) festgeleg- bei 89 €. ten Honorare und Regelungen hat das Bun- In der veröffentlichten Liste der mittleren desministerium für Justiz und für Verbrau- Stundensätze je Sachgebiet, die insgesamt cherschutz die marktüblichen Preise und 40 Sachgebiete umfasst, wird für das Abrechnungspraxen von Sachverständigen Sachgebiet Altlasten und Bodenschutz mit gegenüber Kunden in der freien Wirtschaft 89 € der zweitschlechteste Stundensatz für das Jahr 2017 abfragen lassen. ausgewiesen. Lediglich für das Sachgebiet Von insgesamt über 15.000 Angefragten Vermessungstechnik wurde mit 85 € ein aus allen Sachgebieten haben sich 4.797 noch niedrigerer Stundensatz ermittelt. In Personen an der Onlinebefragung beteiligt. 30 Sachgebieten können hingegen mittlere Für das Sachgebiet Altlasten und Boden- Stundensätze von mindestens 100 € schutz wurden die Adressaten der Befra- abgerechnet werden. Die Ursachenermittlung gung vom DIHK (Deutscher Industrie- und und Rekonstruktion von Unfällen bei Handelskammertag) und dem Verband Fahrzeugen bringt demnach einen mittleren der Landwirtschaftskammern benannt. Es Stundensatz von 162 €. Das ist in dieser wurden 60 Antworten von Sachverstän- Umfrage der höchste ermittelte Wert. digen ausgewertet und es ist davon aus- Neben den vergleichsweise geringen erziel- zugehen, dass diese Befragten sämtlich baren Honoraren ist die Altersverteilung der öffentlich bestellte und vereidigte Sachver- Sachverständigen im Sachgebiet Altlasten ständige sind, die insofern lediglich etwa und Bodenschutz besonders hervorzuhe- 20 % der laut Internetplattform Resymesa ben. Während über alle befragten Sachge- insgesamt 317 in Deutschland nach § 18 biete immerhin 21,5 % der Befragten jünger Bundesbodenschutzgesetz anerkannten als 50 Jahre sind, gibt es in unserem Sach- Sachverständigen für Bodenschutz und gebiet keine Sachverständigen, die jünger Altlasten repräsentieren. Dennoch sind die als 40 Jahre und gerade mal 5 %, die 49 Umfrageergebnisse der Marktanalyse nach Jahre oder jünger sind. Ansicht des Autors vermutlich auch auf die Es fehlen also nicht nur Frauen im Sach- Gesamtmenge der Sachverständigen für verständigenbereich, sondern generell der das Sachgebiet Altlasten und Bodenschutz Nachwuchs. Etwa Dreiviertel aller Sachver- übertragbar. ständigen sind selbständig, also vermutlich Die Ergebnisse dieser Marktanalyse offen- in einem eigenen Unternehmen tätig, was baren einige alarmierende Fakten für das höchste Gefahr für deren Fortbestand und Sachgebiet „Altlasten und Bodenschutz“, die damit verbundenen Arbeitsplätze be- die insbesondere Zukunftsfragen aufwer- deutet. fen, beispielsweise: Diese Situation wird durch die aktuellen Ab- • 95 % der Umfrageteilnehmer sind min- sichten des Gesetzgebers verschärft, der destens 50 Jahre alt, das mittlere Alter beispielsweise in dem vorliegenden Entwurf beträgt 59,5 Jahre, für eine novellierte Bundesbodenschutzver- • der Frauenanteil beträgt 9,8 %, ordnung die Rolle der anerkannten Sach- • 83,3 % der Sachverständigen üben verständigen verstärkt. Wer soll denn in ihre Sachverständigentätigkeit seit min Zukunft diese Aufgaben übernehmen, wenn destens 21 Jahren aus, der Nachwuchs ausbleibt? • 75,4 % der Sachverständigen sind Es scheint also dringend geboten, die Kräfte selbständig tätig, aller Akteure aus dem Bereich Altlasten und 16 BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020
Aus dem Berufsleben Bodenschutz zu bündeln mit dem Ziel, im • durch eine verbesserte Honorarstruktur Sachgebiet die Attraktivität des Berufes für den Nach- • generell den Frauenanteil zu erhöhen, wuchs zu verbessern. • den Nachwuchs zu fördern und für die Quelle: Marktanalyse zum Justizvergütungs- Übernahme von Sachverständigenaufga- und -entschädigungsgesetz – die Vergü- ben zu qualifizieren, tung von Sachverständigen, Dolmetsche- • zusätzliche gesetzliche Aufgabenzuwei- rinnen/Dolmetschern und Übersetzerinnen/ sungen an die Sachverständigen zu ver- Übersetzern; INTERVAL GbmH, Berlin, meiden und vielmehr die vergleichbare 01.02.2019 Sachkunde zu stärken, Thomas Jansen, Mülheim Prüfwerte für Schadstoffe in Böden hjw (10/19) Die bundesweit gültige Bundes- dass Kinder keinen erhöhten Risiken durch Bodenschutz- und Altlastenverordnung Schadstoffe im Boden ausgesetzt sind, (BBodSchV) beinhaltet Prüfwerte für ver- muss bekannt sein, wie hoch die im Körper schiedene Schadstoffe in Böden. Diese aufgenommene Dosis eines Stoffes sein Werte zeigen an, ab welcher Konzentration darf, um unter medizinischen Gesichtspunk- es bei unterschiedlichen Nutzungen von ten noch toleriert werden zu können. Flächen zu einem erhöhten Risiko kommen Seit Inkrafttreten der BBodSchV im Jahr kann. Je nach Situation kann dabei bei- 1999 hat es bei der Bewertung schädlicher spielsweise der Schutz des Grundwassers, Wirkungen von Stoffen im Boden deutli- die Produktion gesunder Lebensmittel oder che Fortschritte gegeben. Diese finden bei der Schutz von Kindern im Vordergrund ste- der Überarbeitung der Prüfwerte bei der hen. Für jeden Stoff gelten in Abhängigkeit jüngsten Novellierung der BBSchV ebenso von der geplanten Flächennutzung unter- Berücksichtigung wie vielfältige Erfahrun- schiedlich hohe Werte. gen im Umgang mit Bodenbelastungen und entsprechende wissenschaftliche Erkennt- Neubewertung der Prüfwerte nisse. Bei der Überschreitung von Prüfwerten So wurde in den vergangenen Jahren der muss in jedem einzelnen Fall entschieden Wirkungspfad Boden-Mensch bei den po- werden, ob Maßnahmen notwendig sind. lyzyklischen aromatischen Kohlenwasser- Dabei ist es gerade im Bodenschutz stoffen (PAK) diskutiert. In diese Stoffgrup- nicht möglich, mit ausreichender pe werden hunderte von Einzelsubstanzen Sicherheit zu beurteilen, ab welcher zusammengefasst. PAK entstehen bei der Schadstoffkonzentration tatsächlich Ge unvollständigen Verbrennung von orga- sundheitsgefahren drohen. So haben z. nischem Material und stellen wegen ihrer B. der Ton- und der Humusgehalt oder weiten Verbreitung und ihrer krebserregen- der pH-Wert des Bodens erheblichen den Wirkung ein erhebliches Umweltprob- Einfluss darauf, wie verfügbar Schadstoffe lem dar. Um nicht regelmäßig eine Vielzahl tatsächlich sind. Auch muss abgeschätzt einzelner PAK untersuchen zu müssen, hat werden, in welchem Umfang es überhaupt man sich darauf verständigt, Benzo(a)py- zum Kontakt zwischen belastetem Bo ren (BaP) stellvertretend zu bewerten. Das denmaterial und Schutzgütern kommt. Die krebserregende Potential dieses Stoffes Überschreitung des Prüfwertes allein gibt ist gut bekannt und es wird angenommen, also noch keine Auskunft darüber, ob mit dass BaP in einem festen Verhältnis zu an- Gesundheitsgefährdungen zu rechnen ist. deren PAK auftritt. Als Folge der veränder- Nur wenn ein Prüfwert unterschritten wird, ten Bewertung wurde für eine Novellierung kann ein solches Risiko ausgeschlossen der BBSchV eine deutliche Absenkung des werden. Prüfwertes für BaP vorgeschlagen. Weitere Einzelfaktoren spielen eine Rolle. Für die Bewertung, ob im Einzelfall eine Um beispielsweise sicherstellen zu können, Gesundheitsgefährdung besteht, wird u. a. BDG-Mitteilungen Nr. 134, Januar 2020 17
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