Moderne Genitalatrophie-behandlung - Frauenheilkunde ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
ISSN 1663-6988 (Print) ISSN 2296-441X (Internet) 3 I 20 weitere Themen Moderne Komplementärmedizin Genitalatrophie- bei Brustkrebs Mehr als eine Tubagravidität 21 16 behandlung Über Knabenchöre und Engelsflügel 24 Sonoquiz 26 Endometriose einmal anders 30 Daten Fakten Analysen
© Copyright 2020 bei den Herausgebern ISSN 1663-6988 (Print) ISSN 2296-441X (Internet) www.frauenheilkunde-aktuell.ch in Langfristige niedrig-dosierte vaginale Östrogen- out Roboterassistierte Inguinalhernien-OP: keine Vor- therapie auch bei Risikopatientinnen (Menopause teile gegenüber einem laparoskopischen Eingriff, 2020; 27:361) jedoch teurer und längere OP-Zeiten (randomisier- te RIVAL Studie) (JAMA Surg 2020; 155:380) Opportunistische Salpingektomie bei Hyster- Adjuvante Chemotherapie beim frühen muzinösem ektomie oder Sterilisation – kein Einfluss auf Ovarialkarzinom (FIGO IA – IC): in einer Kohor- das Menopauseneintrittsalter und protektiv für tenstudie wurde nachgewiesen, dass eine adjuvante Ovarialkarzinome (AJOG 2020; 223:221) Chemotherapie das Überleben nicht verbessert (Gynecol Oncol 2019; 154:302) Mammographiescreening bereits ab 40 Jahren Urinscreening auf Bakteriurie in asymptomati- reduziert Mamma-Ca Mortalität um 25 % (Lancet schen, nicht schwangeren Patientinnen ohne ge- Oncol. doi.org/10.1016/S1470-2045(20)30398-3) plante Operationen (Clin Infect Dis. 2020; ciaa274) Impressum Herausgeber Prof. Michael D. Mueller Prof. Martin Heubner Prof. Michael K. Hohl Prof. Annette Kuhn PD Dr. Cornelia Leo Kinderwunschzentrum Baden Prof. Luigi Raio Kantonsspital Baden Mellingerstrasse 207 Universitätsklinik für Frauenheilkunde 5404 Baden 5405 Baden-Dättwil Inselspital Bern Tel.: +41 56 486 35 02 mkh@kinderwunschbaden.ch Effingerstrasse 102 Fax + 41 56 486 35 09 www.kinderwunschbaden.ch 3010 Bern frauenklinik@ksb.ch Prof. Bernhard Schüssler Tel.: +41 31 632 12 03 www.frauenheilkunde-aktuell.ch St. Niklausenstrasse 75 michel.mueller@insel.ch 6047 Kastanienbaum annette.kuhn@insel.ch bernhard.schuessler@luks.ch luigi.raio@insel.ch www.frauenheilkunde.insel.ch Prof. H. Peter Scheidel Mammazentrum Hamburg DE-20357 Hamburg scheidel@mammazentrum.eu www.mammazentrum.eu Die Realisierung von Frauenheilkunde aktuell wird mit der Unterstützung folgender Firma ermöglicht: Abonnementspreis Ein Jahresabonnement (Kalenderjahr) kostet CHF 87,50 incl. MWSt. (8 %) und Versandkosten. Die Zeitschrift erscheint 4mal jährlich. Für den Inhalt außerhalb des redaktionellen Teiles (insbesondere Anzeigen, Industrieinformationen, Pressezitate und Kongressinformationen) übernimmt die Schriftleitung keine Gewähr. Eine Markenbezeichnung kann warenzeichenrechtlich geschützt sein, auch wenn bei ihrer Verwendung in dieser Zeitschrift das Zeichen ® oder ein anderer Hinweis auf etwa bestehende Schutzrechte fehlen sollte. Für Satzfehler, insbesondere bei Dosierungsangaben, wird keine Gewähr übernommen. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausschliesslich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Titelbild: Quelle: FreeImages.com
29/3/2020 Betrifft Virtuelle Kontakte Für die Herausgeber Prof. Martin Heubner 2 Thema Moderne Genitalatrophiebehandlung Prof. Annette Kuhn, Prof. Martin Birkhäuser 3 Für Sie kommentiert Niedrigeres Risiko für Zervixdysplasien bei Kupferspiralenträgerinnen?/ Prä- und intraoperative Lidocaininfusionen vermindern postoperative Schmerzen/Vertikale HPV-Übertragung/Mammographiescreening ab 40 Jahren?/Outcome der Schwangerschaft und spätere rheumatologische Erkrankungen 8 Wussten Sie schon … Antibiotika mindern Wirkung von Ovulationshemmern/Einfluss des COVID-19-Lockdowns auf die Krebsmortalität/Stillen während der Schwangerschaft erhöht Fehlgeburtsrisiko/Mütterliches Rauchen und Frakturrisiko der Kinder/Chirurgie des Descensus genitalis verbessert Lebensqualität/Beckenbodenrehabilitation bei inkontinenten Primiparae/ Langes Stillen fördert Kariesbildung/Lokalanaestetikum reduziert Schmer- zen bei ambulanter Hysteroskopie/Hypermenorrhoe: Endometriumablation wirksamer als Levonorgestrel-IUD/Bilateraler Lymphknotenbefall verschlechtert Prognose beim Vulva-Ca 12 Forum Komplementärmedizin und Brustkrebstherapie PD Cornelia Leo, Dr. Tilly Nothhelfer 16 Der spezielle Fall Mehr als eine Tubagravidität Prof. Martin Heubner 21 FHA Persönlich Über Knabenchöre und Engelsflügel Prof. Annette Kuhn 24 Sonoquiz Was ist das? Prof. Luigi Raio 26 Auflösung Sonoquiz Das Mirror-Syndrom Prof. Luigi Raio 28 Im Bild Endometriose einmal anders Prof. Martin Heubner 30 Internet News www.crd.york.ac.uk/PROSPERO www.sciencenews.org Prof. Michael D. Müller 32 1
Betrifft 29/3/2020 Virtuelle Kontakte Schon wieder ein COVID-Betrifft? Leider ja. US-Wahlkampf und Begrenzungs- initiative sind zwar nicht minder aktuelle Themen, aber doch etwas heikel. Dann also lieber etwas zu virtuellen Kontakten respektive zur virtuellen Pflege von Kontakten. Zunächst einmal mutet der Begriff „virtueller Kontakt“ allein sprach- lich seltsam an. Bedenkt man, dass das Wort „Kontakt“ etymologisch seinen Ursprung im lateinischen contingere (berühren) hat, könnte man fast von einem Oxymoron sprechen. Wie auch immer, eine bessere Umschreibung haben wir nicht. Virtuelle Veranstaltungen sind momentan omnipräsent. Online-Konferen- zen und Fortbildungen im Format von Webinars haben in den letzten Monaten eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Sie haben den Sprung vom Aus- senseitertum in unseren Alltag geschafft. Wachsende Technikaffinität aus purer Notwendigkeit hat eine Entwicklung beschleunigt, die davor nur in Ansätzen zu erkennen war. Wo stehen wir nun nach Monaten des beruflichen social distancing? Auf der Positivseite sind weniger lästige Fahrten, weniger abendliche Absenzen in der Familie und eine geringere Verkehrsdichte zu verzeichnen. Auf der Strecke bleibt der informelle Austausch vor und nach Veranstaltungen, bei Pausen und Apéros – wir alle wissen, dass auch dieser einen hohen Stellenwert hat. Wir sind, und ich denke zum Glück, auch im Beruf soziale Wesen. Im ärztlichen Beruf allemal. Es bleibt zu hoffen, dass wir uns bald wieder aussuchen können, welche Kontakte wir virtuell pflegen möchten und welche von Angesicht zu Angesicht. Bleiben Sie weiterhin gesund! Für die Herausgeber Prof. Martin Heubner 2
29/3/2020 Thema Prof. Annette Kuhn Prof. Martin Birkhäuser Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital Bern Moderne Genitalatrophiebehandlung Die Menopause und die begleitende ovarielle Funktions- Der Verlust der vaginalen Schleimhautfalten (Rugae) abnahme können vielfältige Veränderungen, die prak- und das Dünnerwerden des Epithels werden zwei bis tisch jedes Organ des Körpers betreffen, beinhalten. drei Jahre nach der Menopause bemerkt. Der Beginn Während Hitzewallungen und nächtliches Schwitzen in dieser körperlichen Befunde ist variabel. Der Verlust der westlichen Welt allgemein als die häufigsten Symp- der Fältelung ist durch ein Auseinanderbrechen der tome angesehen werden, können in anderen geografi- kollagenen Stützfasern des Vaginalepithels bedingt. schen Bereichen andere Beschwerden mehr im Vorder- Bei älter werdenden Frauen ohne Hormontherapie ist grund stehen. Unterschiede zwischen der westlichen der Kollagenstoffwechsel beschleunigt. Welt und dem Fernen Osten bestehen. Scheidentrockenheit tritt bereits in der frühen Post- Der Urogenitaltrakt kann auf das Östrogendefizit menopause auf und ist am sichtbarsten bei sexuell akti- besonders empfindlich reagieren. Schätzungsweise die ven Frauen, bei denen Geschlechtsverkehr mit Schmer- Hälfte von allen postmenopausalen Frauen wird zen oder Dyspareunie verbunden ist. Postmenopausale Symptome erleiden, die mit der urogenitalen Atrophie Frauen haben ein totales geschätztes Volumen an in Beziehung stehen und die das Sexualleben und die Vaginalsekret von 0,0825/Sammlung von 15 Min., ver- Lebensqualität beeinträchtigen: Rezidivierende Harn- glichen mit 0,214 g bei fertilen Frauen. Bei postmeno- wegsinfekte, Dyspareunie, Inkontinenz und vaginale pausalen Frauen scheint die Mehrheit der vaginalen Trockenheit können die Folge sein. Insbesondere rezi- Flüssigkeit vom Scheidenepithel sezerniert zu werden. divierende Harnwegsinfektionen können die Lebens- qualität der Patientinnen erheblich beeinträchtigen. Die weibliche Urethra und die Harnblase sind embryologisch mit der sich entwickelnden Vaginal- Die vaginale Atrophie wird klinisch meistens vier bis anlage verwandt. Die Urethra besitzt eine hohe Dichte fünf Jahre nach der Menopause manifest. Objektive von Östrogenrezeptoren, da sie sich von derselben Veränderungen und subjektive Beschwerden sind bei embryologischen Struktur ableitet wie die distale 25–50 % aller postmenopausalen Frauen vorhanden. Vagina. Postmenopausal kommt es zu einer Atrophie der Urethra mit einer relativen Zunahme von urethra- Wichtig ist, dass eine lokale vaginale Atrophie auch len epithelialen Übergangszellen und einer entspre- bei systemisch substituierten Frauen auftreten kann. chenden Abnahme von intermediären und superfiziel- len squamösen Zellen. Die Serum-Östradiolspiegel liegen bei der prä- menopausalen Frau zwischen 147 und 1468 pmol/l (40–400 pg/ml) und fallen nach der Menopause auf < 73 pmol/l (20 pg/ml) ab. Diese Verminderung der zir- kulierenden Östrogene spiegelt sich in der vaginalen Physiologie und Symptomatik. Die Vagina ist ein ein- fach zugänglicher und empfindlicher biologischer Indi- kator für die abnehmenden und tiefen zirkulierenden Östrogenspiegel bei der postmenopausalen Frau. Der Verlust der ovariellen Östrogenproduktion ist mit einer Abb. 1.Abb. 1. Vulväre Atrophie Vaginalatrophie assoziiert, die progressiv verläuft. mit Candidabesiedlung 3
Thema 29/3/2020 Für die moderne Therapie der vulvogainalen Atrophie Ein Cochrane-Review von 2016 fand für die verschie- kommen prinzipiell zwei Methoden in Frage: denen vaginalen Estrogen-Präparate keine unter- 1. Die (klassische) lokale Östrogenisierung und – in schiedliche Wirksamkeit. letzter Zeit zunehmend gefragt – 2. die lokale Lasertherapie In der Schweiz sind nur Vaginalpräparate mit Estra- diol und dem systemisch schwach wirksamen Estriol Die lokale Östrogenisierung verfügbar. Hier wird nur auf Estradiol eingegangen. Nochmals: Auch bei systemisch substituierten Frauen Zur lokalen Behandlung eines leichten bis mittel- kann eine lokale Östrogenisierung wegen symptomati- schweren GMS werden im Vergleich zur systemischen scher Atrophie notwendig sein. Therapie deutlich kleinere Dosierungen benötigt. Die dabei erreichten Steady-State-Plasmaspiegel bleiben Lokal-vaginale Estrogene können als Tabletten, Vagi- für Vaginalringe (Freisetzung von 7,5 μg Estra- nalzäpfchen/Ovula, Crèmes oder als Vaginalring ver- diol/24 h) und Estradioltabletten (25 μg und 10 μg) alle abreicht werden. im normalen postmenopausalen Bereich und sind Tab. 1. Auswirkungen der lokalen Atrophie auf die unterschiedlichen anatomischen Regionen Blase und Urethra Belastungsinkontinenz Reizblase Rezidivierende Harnwegsinfekte Abnormer urethraler Maturationsindex Störung der Kollegensynthese des periuretrhalen Gewebes Verminderte Durchblutung des periurethralen Plexus Vagina Verminderte Durchblutung Juckreiz Brennen Trockenheitsgefühl Verminderter Glykogengehalt der vaginalen Epithelzellen, Erhöhung des vaginalen pHs Vermehrte Vaginale Besiedlung mit pathogenen Keimen Leukorrhoe mit Fluor vaginalis Abflachung der vaginalen Rugae Verengung des Introitus und der Vagina, fehlende Elastizität Störung der Kollagensynthese des paravaginalen Gewebes Vulva Verkürzung des Präputiums und daraus resultierende vermehrte Exposition der Klitoris Verlust des subkutanen Fettgewebes im Bereich der Labien Schrumpfung der Labia minora und majora Verlust der Pubesbehaarung 4
Neu Vaginale Atrophie wirksam behandeln. kadefemin® estriol ovula 0.03 mg SEHR NIEDRIGE DOSIERUNG. – lokale Östrogen-Therapie H E RV O R R A G E N D E V E R T R Ä G L I C H K E I T . 1 bei postmenopausalen vaginalen KASSENZULÄSSIG. Beschwerden. www.zellerag.ch/medical Z: Estriol, 0.03 mg I: Lokale Behandlung von durch Östrogenmangel bedingten vaginalen Symptomen bei Frauen nach der Menopause D: Ovulum abends vor dem Schlafengehen tief in die Vagina einführen. Initialbehandlung: 1 Ovulum täglich während der ersten 3 Wochen; Erhaltungstherapie: 2× wöchentlich 1 Ovulum KI: Mammakarzinom, östrogenabhängige Tumoren, unbehandelte Endometriumhyperplasie, genitale Blutungen unbekannter Ursache, venöse und arterielle thromboembolische Erkrankungen, bekannte Thrombophilie, akute und vorausgegangene Lebererkrankun- gen, Porphyrie, sowie Überempfindlichkeit auf Inhaltsstoffe UW: Hypertonie, anorektale Beschwerden, Dysurie, vulvovaginaler Pruritus, brennendes Gefühl im Vulvovaginalbereich, Schmerzen im Vulvovaginalbereich, Fluor vaginalis P: 20 Ovula VK: B, kassenzulässig Zulassungsinhaberin: Zeller Medical AG, 8590 Romanshorn, Tel. 071 466 05 00 Detaillierte Arzneimittelinformationen: www.swissmedicinfo.ch (Stand der Information: März 2019) 1 Griesser H et al. (2012) Low dose estriol pessaries for the treatment of vaginal atrophy: A double-blind placebo-controlled trial investigating the efficacy of pessaries containing 0.2mg and 0.03mg estriol. Maturitas. 71(4):360–8. 1290/1230
Thema 29/3/2020 damit tiefer als die bei einer transdermalen systemi- tung unter Estrogen-Therapie muss eine endometriale schen Therapie erreichten Serumspiegel. Pathologie ausgeschlossen werden. Die allfällige Notwendigkeit einer gleichzeitigen Ges- Seit kurzem sind in der Schweiz ultraniedrigdosierte tagengabe bei Frauen unter niedrig-dosierten vagina- Estriol-Ovula (Kadefemin®) erhältlich, die zum einen len Estrogenpräparaten wurde im Cochrane-Review nicht gekühlt aufbewahrt werden müssen und zum von 2016, in der Women’s Health Initiative (WHI) anderen in Studien nachgewiesen keine Erhöhung des Observational Study (medianer Follow-Up 7,2 Jahre) Serumöstriols mit sich bringen, was eine sehr attrak- und in zwei Reviews von 2019 und 2020 analysiert. tive Art der Substitution für Patientinnen, die nur Danach erhöht sich weder das Risiko für eine Verän- niedrig dosierte Östrogene nehmen wollen, bei guter derung der Endometriumhöhe noch dasjenige für Wirksamkeit und Verträglichkeit bedeutet. Hyperplasien oder Endometriumkarzinome. Die Schlussfolgerung, dass bei niedrigdosierter vaginaler Die Lasertherapie Estrogentherapie keine Notwendigkeit für die gleich- zeitige Gabe eines Gestagens zum Endometrium- Lasertherapie ist insbesondere für Frauen, bei denen schutz besteht, ist auch in den Empfehlungen der Östrogene kontraindiziert sind, eine wirksame und IMS (International Menopause Society), der SGGG einfache, aber kostenintensivere Variante. und der NAMS (North American Menopause Soci- ety) festgelegt und wird in den Beipackzetteln Insbesondere bei Frauen mit induzierter Menopause, beschrieben. zum Beispiel nach Ovarienentfernung und bei durchge- führter Chemo- und/oder Hormontherapie bei Mam- Wie die transdermale besitzt auch die vaginale Estra- makarzinom, interessant, bei denen eine herkömmliche diol-Gabe keinen hepatischen First-Pass-Effekt. systemische Hormonsubstitution kontraindiziert ist. Deshalb und wegen der normalpostmenopausalen Mehrere Studien haben die Wirksamkeit der Laserthe- Estradiolspiegel unter Therapie ist es bei der niedrig- rapie bei vulvovaginaler Atrophie auch randomisiert dosierten vaginalen Estradiolgabe nicht zu erwarten, bewiesen, es gibt keine Sicherheitsbedenken. dass es zu einer Risikoerhöhung von kardiovaskulären Erkrankungen, Schlaganfällen, thrombo-embolischen In der Regel werden drei Lasersitzungen im Abstand Ereignissen, gynäkologischen Karzinomen inkl. von etwa vier bis sechs Wochen empfohlen, die Sitzun- Mamma-Ca oder von Demenz kommt. Die übrigen gen können ambulant durchgeführt werden und zeigen Risiken waren nicht erhöht. Damit ist die in den meis- gute Resultate. Ein Wermutstropfen sind aktuell die ten Beipackzetteln immer noch behauptete Risiko- Kosten, die von den Versicherern nicht übernommen zunahme für die in der WHI-Studie untersuchten werden und an den meisten Orten als Selbstzahlerleis- Erkrankungen formell widerlegt. Diese Fehlinforma- tung abgerechnet werden müssen. tion zu den Risiken sollte dringend entfernt werden. Zur Verfügung stehen der Neodym YAG Laser und Bei Patientinnen mit undiagnostizierten vaginalen der CO2 Laser, bei denen die gängigen Apparate ähn- Blutungen und solchen mit bekanntem oder vermute- lich benutzerfreundlich und praktisch sind. Der Neo- tem Endometriumkarzinom ist eine vaginale Östro- dym YAG Laser hat eine minimale Eindringtiefe, ist gengabe kontraindiziert. Bei unklarer vaginaler Blu- ein sehr robustes Gerät und kann für vielfältige Indi- 6
29/3/2020 Thema kationen auch im Bereich der kosmetischen Indikatio- tinnen aus Sicherheitsgründen nur im Rahmen von nen eingesetzt werden. Wir führen die Anwendungen Studien angeboten werden. mit einer lokalanästhetischen Salbe durch, die vor Behandlung durch die Patientin aufgetragen wird und In einer der nächsten Ausgaben werden wir auf die ca. 20 Minuten einwirken sollte. Lasertherapie im Detail unter dem Aspekt der ver- schiedensten Indikationen und im Sinne einer Meta- Für andere Indikationen (OAB, Belastungsinkonti- analyse eingehen. nenz, Senkungen, Lichen) als die vulvovaginale Atro- phie muss der Wirksamkeitsnachweis des Lasers noch Literatur erbracht werden; für diese Indikationen sollten Patien- Bei den Autoren erhältlich ■
Für Sie kommentiert 29/3/2020 Niedrigeres Risiko für Zervixdysplasien bei Kupfer- Prä- und intraoperative Lidocaininfusionen vermindern spiralenträgerinnen? Schmerzen nach laparoskopischen Operationen Ein Einfluss auf das Risiko für höhergradige Zervix- In einer methodisch sauberen, prospektiv randomisier- dysplasien und Zervixkarzinome durch IUD ist immer ten Doppelblindstudie bei Patientinnen, die sich einer wieder diskutiert worden. Viele Studien zeigen einen laparoskopischen Inguinalhernien-OP unterzogen, moderaten protektiven Effekt. Eine aktuelle retro- erhielt die Therapiegruppe Lidocain 2 % (zuerst einen spektive Kohortenstudie an einem nordamerikani- Bolus 1.5 mg/kg gefolgt von einer Infusion mit 2 mg/ schen Patientinnenkollektiv mit über 10 000 Patientin- kg/Stunde) zu Beginn der Anästhesieeinleitung bis hin nen beschäftigte sich nun mit der Frage, ob die Art des zur Extubation. IUD (Levenorgestrel[LNG]-IUD versus Kupfer[CU]- Der primäre Outcome Parameter war der Morphium- IUD) einen Einfluss auf diesen Effekt hat. Etwa drei verbrauch innert der ersten 24 Stunden; sekundär wur- Viertel der Patientinnen, deren medianes Alter bei den postoperative Schmerzscores, Übelkeit/Erbrechen 29 Jahren lag, hatten ein Cu-IUD erhalten. Die Fol- (PONV) sowie die Qualität der Erholung (QoR-40 low-Up-Zeit betrug für beide Kohorten etwa neun Scores) untersucht. Jahre im Median, bei 22 % (Cu) respektive 33 % Die Vergleichsgruppe erhielt das gleiche Volumen als (LNG) erfolgte im Laufe dieser Zeit die Entfernung NaCl-Lösung. des IUD. Bei der Analyse erfolgte die Adjustierung Resultate auf einige demographische und anamnestische Variab- Der Morphiumverbrauch innert 24 Stunden war (0–1) len. Im Verlauf wurde bei 0,7 % der Cu-IUD-Trägerin- mg in der Lidocaingruppe vs. 4 mg in der Kontroll- nen und bei 1,8 % der LNG-IUD-Trägerinnen eine gruppe (p
29/3/2020 Für Sie kommentiert einer relativ niedrigen und dementsprechend unbedenk- scheint als die vaginale Geburt [5, 6]. Die primäre Sec- lichen Dosierung. tio schliesst aber eine perinatale Übertagung nicht Da Lidocain mehrere Schmerzwege beeinflusst, ist es aus [7, 8]. Eine horizontale Übertragung von HPV ein interessanter Spieler in einem multimodalen beim Stillen ist ebenfalls möglich, wird aber sehr kon- Schmerzpräventionskonzept. trovers diskutiert [9]. So wurde interessanterweise Auch in einer kürzlich veröffentlichten Cochrane Studie keine Korrelation gefunden zwischen den in der Mut- zeigte sich eine signifikante Verminderung des postope- termilch und der oralen Mucosa der Säuglinge nach- rativen Opiatverbrauchs unter Lidocain (Weibel, S et gewiesenen HPV-Subtypen, wohl aber mit denjenigen al., Cochrane Database Syst. Rev.2018;6:CD009642). der Mundmucosa des Partners! [10] Die Frage ist noch unbeantwortet, ob ein Weiterführen Es gibt kaum saubere, prospektive Studien mit ver- der Lidocaininfusion nach Aufwachen der Patientinnen gleichbaren Einschlusskriterien und Labormethoden eine weitere Verbesserung bringt. zur HPV-Detektion und -Typisierung. Entsprechend Bemerkenswert ist auch die Reduktion von PONV sind die verschiedenen Metaanalysen durch eine mehr (Übelkeit/Erbrechen), wahrscheinlich, weil unter Lido- oder weniger ausgeprägte Heterogenität geprägt und cain weniger Opioide gegeben wurden. müssen entsprechend mit Vorsicht interpretiert wer- Zusammengefasst ein interessanter, einfacher Ansatz, den. In der Literatur wird von Transmissionsraten um die postoperative Phase weiter zu verbessern. zwischen 2.8 und 39.7 % berichtet [11, 12]. In einer der Michael K. Hohl letzten Metaanalysen, welche ich gefunden habe, lag die vertikale Transmissionsrate bei 4.9 % (95 % CI 1.651–9.849) und die Sectio schien hier nicht mit einer Vertikale HPV-Übertragung geringeren Transmissionsrate assoziiert zu sein (pooled RR = 0.912, 95 % CI 0.226–3.674, I2 = Bei Kindern kann das humane Papillomavirus (HPV) 24.48 %) [6]. Insgesamt scheint die vertikale Transmis- eine rezidivierende, respiratorische Papillomatose sionsrate doch geringer auszufallen, als man erwartet (RRP) verursachen, eine benigne und sehr seltene hat. Krankheit, welche fast immer durch Low-risk-HPV- Spannend wird es sein zu verfolgen, wie sich diese Subtypen (v. a. 6 oder 11) induziert wird [1]. Maligne Transmissionsrate im Zeitalter der HPV-Impfung ver- Tumoren im Mund- und Halsbereich sind in etwa halten wird. Bekanntlich verursacht diese Impfung 25 % ebenfalls mit HPV assoziiert, v. a. mit den onko- eine stärkere Antikörperreaktion als eine genuine genen Subtypen, welche auch in den Zervixdysplasien HPV-Infektion. Ein Vergleich der HPV-IgG zwischen und -karzinomen oder anogenital gefunden wer- Mutter und Neugeborenem konnte zeigen, dass eine den [1, 2]. HPV ist zweifelsohne eine sexuell übertra- hohe Korrelation besteht für die Subtypen 6, 11, 16 gene Krankheit. Im Falle der HNO-Tumoren ist dies und 18 [13]. Das spricht nicht unbedingt für eine verti- meist bedingt durch oralen Sex oder durch Selbst- kale HPV-Transmission, sondern für den physiologi- inokulation [3, 4]. Somit sind auch nicht-sexuelle schen, transplazentaren IgG-Transfer zwischen Mut- Wege der Übertragung möglich. ter und Kind. Die Antikörper verschwinden innerhalb von 12–24 Monaten nach der Geburt praktisch voll- Eine vertikale Transmission von der infizierten Mutter ständig [12]. Wahrscheinlich könnten diese Antikörper auf das Kind wurde mehrfach beschrieben, wobei die auch protektiv wirken auf die horizontale HPV-Trans- Sectio in früheren Studien eher protektiver zu sein mission bei der Geburt oder gar beim Stillen? Entspre- 9
Für Sie kommentiert 29/3/2020 chende Studien bei Frauen nach HPV-Impfung fehlen up lag bei 22.8 Jahren (IQR 21.8–24.0). Die Autoren zurzeit gänzlich. beobachteten eine signifikante Reduktion der brust- krebsassoziierten Mortalität nach zehn Jahren Follow- Literatur up: 83 Brustkrebstodesfälle in der Screening-Gruppe 1. Tumban E., Viruses 2019; 11:922. vs. 219 Brustkrebstodesfälle in der Kontrollgruppe 2. Syrjänen S., APMIS 2010; 118: 494–509. (relative rate [RR] 0.75 [95 % CI 0.58–0.97]; p = 0.029). 3. Sonnex C et al., Sex Transm Infect 1999; 75:317–9. Nach mehr als zehn Jahren Follow-up war die Reduk- 4. Winer RL, et al., Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2010; 19: 1682–5. tion der Todesfälle nicht mehr signifikant, in absolu- 5. Medeiros LR et al., Cad Saude Publica 2005; 21:1006–15. ten Zahlen jedoch weiterhin nachvollziehbar: 126 vs. 6. Zouridis A et al., Archives of Gynecology and Obstetrics 2018; 255 Todesfälle (RR 0.98 [0.79–1.22]; p =0.86) (Duffy 298:35–44. et al., Lancet Oncol 2020; 21:1165–72). 7. Chatzistamatiou K, et al., J Obstet Gynaecol 2016; 36:10–4. 8. Tseng CJ, et al., Obstet Gynecol 1998; 91: 92–6. 9. Yoshida K et al., J Obstet Gynaecol 2011; 31:503–6. Kommentar 10. Louvanto K et al., Pediatr Infect Dis J 2017; 36:627–30. Die jährliche Mammographie ab dem 40. Lebensjahr 11. Freitas AC et al., Clin Infect Dis 2013; 56:1451–6. war in der hier publizierten Studie mit einer signifikan- 12. Watts DH, et al., Am J Obstet Gynecol 1998; 178:365–73. 13. Zahreddine M et al., EClinicalMedicine 2020; 21:100334. ten Reduktion der brustkrebsassoziierten Mortalität während der Interventionsphase assoziiert (gegenüber Luigi Raio einer Kontrollgruppe, die keine MG erhielt). Ab dem 50. Lebensjahr (ab dem sowohl die Interventions- als auch Kontrollgruppe das reguläre Screening erhielten) Mammographiescreening ab 40 Jahren? war die relative Reduktion nicht mehr so ausgeprägt, aber die absolute Reduktion an Todesfällen blieb kons- Die Autoren berichten über den UK Age Trial, wel- tant. Der Effekt an „Überdiagnosen“ in den ersten zehn cher zwischen 1990 und 1997 Frauen rekrutierte, um Jahren schien nicht wesentlich erhöht zu sein, und die den Effekt des jährlichen Mammographiescreenings Autoren beobachteten auch keinen Schaden bezüglich ab dem 40. Lebensjahr zu untersuchen. Es handelt sich einer erhöhten Strahlenexposition. um eine randomisierte, kontrollierte Studie, die an Cornelia Leo 23 Brustscreening-Einheiten in Grossbritannien statt- fand. Insgesamt wurden 160 921 Frauen rekrutiert, davon wurden 53 883 in die Interventionsgruppe ran- Schlechter Outcome der Schwangerschaft und spätere domisiert (jährliche MG zwischen 40. und 48. Lebens- Entwicklung von rheumatologischen Erkrankungen jahr) und 106 953 in die Kontrollgruppe (keine MG bis 50. Lebensjahr). Ab dem 50. Lebensjahr erhielten die Die Schwangerschaft als Belastungstest für das Leben Frauen alle die in Grossbritannien übliche Einladung war schon einige Male Thema in der FHA. Dabei wis- zum regulären Mammographiescreening. Der primäre sen wir ja zur Genüge, dass speziell die hypertensiven Endpunkt dieser Studie war die brustkrebsassoziierte Erkrankungen ein deutlich erhöhtes Risiko für kardio- Mortalität während der Interventionsphase. vaskuläre Erkrankungen später im Leben darstellen. So haben Frauen mit Zustand nach schwerer Präe- In der vorliegenden Analyse werden die Daten zum klampsie ein signifikant höheres Risiko, eine Hyperto- Langzeit-Follow-up dargestellt. Das mediane Follow- nie zu entwickeln oder an einem Herzinfarkt oder 10
29/3/2020 Für Sie kommentiert Hirnschlag zu sterben als Frauen mit normalem Autoimmunprozesse kausal mit der Entwicklung einer Schwangerschaftsoutcome [1]. Wir wissen auch, dass Präeklampsie assoziiert sein können. Es stellt sich hier vorbestehende Krankheiten, welche mit einer endo- die Frage, was ist Huhn und was das Ei!? In dieser thelialen Störung einhergehen, das Risiko für eine Arbeit wurden Datenbanken und Diagnosecodes hypertensive Erkrankung in einer Schwangerschaft gekoppelt und Inzidenzen gesucht. Es ist nicht klar, ob signifikant erhöhen. Zu nennen sind dabei vorbeste- diese Frauen zum Zeitpunkt der Geburt bereits Hin- hende Hypertonie oder renale Krankheiten, metaboli- weise für autoimmune Probleme aufgewiesen haben sche Störungen wie Adipositas oder Diabetes wie auch oder nicht. Aus meiner Erfahrung der letzten 20 Jahre hämatologische und rheumatologische Erkrankungen Nachsorge von PE-Fällen sind etwa 14 % der Frauen wie v. a. ein systemischer Lupus erythematodes (SLE), bereits 6–12 Wochen nach der Geburt positiv für aPL- ein Antiphospholipidsyndrom (APS) und andere Bin- Ak und einige Prozent dieser Frauen weisen „unspezi- degewebserkrankungen. Vor allem das APS wird bei fische“ Erhöhungen der antinukleären Antikörper auf. uns in der Präeklampsie-Nachsorgesprechstunde Ich bin eher der Meinung, dass eine saubere, post- gesucht, insbesondere bei den frühen Präeklampsien natale Abklärung dieser Frauen viele solcher Prob-
Wussten Sie schon … 29/3/2020 … dass Antibiotika (AB) die die Empfehlung, dass Antibiotika rapie wurde je nach potenzieller Wirkung von Ovulationshemmern und Ovulationshemmer kein dies- Zuweisungsart (aus Routine- (OH) mindern können? bezügliches Problem hätten. Aller- Screening, über Notfallaufnahme dings basiert diese Empfehlung auf etc.) kalkuliert und der Einfluss Basierend auf einer grossen sehr kleinen Studien. auf die Prognose nach 1, 3 und Datenbank aus Grossbritannien Diese neuen Daten weisen nun dar- 5 Jahren nach Diagnose berechnet. wurden drei Gruppen verglichen: auf hin, dass Antibiotika tatsächlich Je nach Szenario wird eine Erhö- Patientinnen, die Antibiotika ein- die Wirksamkeit von OH beein- hung der Sterblichkeit an Brust- nahmen (N = 74 623) (z. B.: trächtigen können, z. B. durch krebs von 7.9 bis 9.6 %, an kolo- Amoxicillin, Ampicillin, Cefale- Beeinflussung der Östrogenauf- rektalem Karzinom von 15.3 bis xin, Ciprofloxacin, Erythromycin, nahme im Gastrointestinaltrakt 16.6 %, an Bronchialkarzinom von Metronidazol, Nitrofurantoin, (Änderung des Darmmikobioms 4.8 bis 5.3 % sowie am Ösophagus- Oxytetracyclin, Trimethoprim); durch die Antibiotika). karzinom von 5.8 bis 6.0 % nach enzyminduzierende Medikamente Die Autoren empfehlen, dass sich 5 Jahren geschätzt. An den Zahlen (z. B.: Carbamazine, Griseofulvin, Frauen mit OH während einer Anti- für Mamma- und kolorektale Kar- Phenobarbital, Phenytoin, Prifa- biotikatherapie und eine Woche zinome wird deutlich, dass insbe- butin, Rifampicin, Topiramat) darüber hinaus zusätzlich schützen sondere bei den durch Früherken- und solche mit Kontrollmedika- sollten (z. B. mit Kondomen). Die nungsprogramme entdeckte menten (N = 65 578). Erkenntnis aus dieser Studie ist von Tumorentitäten der erwartete Im Vergleich zu den Kontrollen erheblicher praktischer Bedeutung negative Effekt besonders ausge- waren unerwünschte Schwanger- und in der gynäkologischen Praxis prägt ist (Maringe C et al., Lancet schaften unter Antibiotika 7× häu- sollten wir auf diesen Zusammen- Oncology 2020; 21,8:1023–34). figer (p
29/3/2020 Wussten Sie schon … Abortes deutlicher erhöht zu sein die den Rauchstopp in und vor der parae die Inkontinenz signifikant (Molitoris J et al., Perspect Sex Schwangerschaft einmal wieder reduziert, nicht aber die Stuhl- Reprod Health 2019; 51:153–63). unterstützt. inkontinenz? Das schwedische Register erleich- Kommentar tert eine so grosse Datenanalyse Diese hochqualitative Studie aus Was mich bei der Lektüre dieser, von qualitativ hochwertigen Daten Island hat in einem aufwendigen aber auch anderer Arbeiten zum mit grossen Zahlen und kann nur Setting gezeigt, was wir schon Stillen und zur Schwangerschaft immer wieder lobenswert erwähnt lange vermuten: Postpartal inkon- überrascht hat, war, dass das Stil- werden (Brand J et al., BMJ 2020; tinente Primiparae wurde in eine len während der Schwangerschaft 368: l7057). Interventionsgruppe mit 12 konse- neben dem Abortrisiko nicht unbe- a.k. kutiven Physio-Session und eine dingt mit anderen Komplikationen Kontrollgruppe ohne Therapie wie Frühgeburtlichkeit oder Plazen- … dass die operative Korrektur des randomisiert. Als Endpunkt wur- tainsuffizienz assoziiert war. Descensus genitalis zu einer deut- den die Urininkontinenz und der l.r. lichen Verbesserung der Lebens- Störwert selbiger definiert, erfasst qualität führt? wurde darüber hinaus aber auch … dass Kinder von Raucherinnen noch die Stuhlinkontinenz. ein erhöhtes Frakturrisiko haben? Mehr als 255 Patientinnen wurden Nach 12 Monaten war Urininkon- nach operativer Korrektur eines tinenz immer noch bei 57 % der Eine Datenanalyse von knapp Descensus nach sechs Monaten Interventionsgruppe und bei 82 % 3 000 000 Kindern, die im schwedi- sowie nach zwei Jahren standardi- der Kontrollgruppe ein Problem. schen Geburtenregister prospektiv siert hinsichtlich ihrer Lebensqua- Die Stuhlinkontinenz wurde nicht erfasst wurden, hat das Frakturri- lität befragt. Bei ca. 70 % konnte positiv beeinflusst. siko von Kindern, deren Mütter in auch nach zwei Jahren eine signifi- Diese sorgfältig durchgeführte Stu- der Schwangerschaft rauchen und kante Verbesserung der Lebens- die untermauert die Verschreibung von Müttern, die während der qualität verzeichnet werden, 85 % postpartaler Physiotherapie insbe- Schwangerschaft nicht rauchen, waren langfristig zufrieden mit sondere bei Patientinnen, die analysiert. dem erreichten Ergebnis. Vor Beckenbodenprobleme haben, der Die Resultate waren sehr interes- allem die Korrektur eines apikalen Langzeiteffekt ist nicht determi- sant: Im ersten Lebensjahr und im Prolapses war mit einer guten und niert. Ein ungelöstes Problem Alter von fünf bis 32 Jahren hat konsistenten Verbesserung ver- bleibt immer noch das Training der der Nachwuchs der Raucherinnen gesellschaftet, fortgesetzter Niko- Reflexreaktivität, die in dieser Stu- ein erhöhtes Frakturrisiko, im tinabusus war dagegen ein negati- die nicht untersucht wurde (Am J Alter von einem bis vier und nach ver prädiktiver Faktor (Mattsson Obstet Gynecol 2020; 222:247). 32 Jahren hat das Rauchen auf NK et al., AJOG 2019; 222,6:588). a.k. den Nachwuchs keinen signifikan- m.h. ten Einfluss. … dass Kinder, welche über Eine – wie immer bei aus dem … dass postpartale physiotherapeu- 12 Monate gestillt werden, mit fünf schwedischen Register stammen- tisch instruierte Beckenbodenreha- Jahren signifikant mehr Karies den Studien! – informative Studie, bilitation bei inkontinenten Primi- aufweisen? 13
Wussten Sie schon … 29/3/2020 Es gibt keine bessere Ernährung führt. 100 Patientinnen wurden metriumablation zu einer starken für die Säuglinge als die Mutter- präoperativ blind in zwei Gruppen Abnahme des Menstruationsblut- milch. Da gibt es keine Zweifel. randomisiert: 50 Patientinnen wur- verlusts führen, die Endometrium- Mindestens sechs Monate wird den der Interventionsgruppe (mit ablation jedoch effektiver ist. Die empfohlen. Auch hier zeigt sich Lokalanästhetikum) und 50 in die Patientenzufriedenheit, Lebens- aber, dass mehr nicht unbedingt Kontrollgruppe zugeteilt. Ein sig- qualität und sexuelle Funktionen besser bedeutet. In dieser brasilia- nifikanter Schmerz-Unterschied waren zwischen beiden Strategien nischen Population lag die Inzi- (gemessen mittels Visual Analogue vergleichbar. Frauen, die mit dem denz von schwerem Kariesbefall Scale [VAS]) konnte in der Inter- intrauterinen Levonorgestrel- im Alter von fünf Jahren bei ventionsgruppe nachgewiesen wer- System behandelt wurden, hatten 23.9 %! Kinder, welche über den. In der Interventionsgruppe jedoch ein erhöhtes Risiko, eine 12 Monate gestillt worden waren, betrug der durchschnittliche weitere Intervention zu erhalten, hatten ein 2.4-fach höheres Risiko Anstieg des VAS-Wertes 1,9; ver- um das gewünschte Ergebnis zu verglichen mit denjenigen, welche glichen mit einem VAS-Anstieg erzielen. Die Ergebnisse erlauben
29/3/2020 Wussten Sie schon … tiven Lymphknoten im Bereich knotenbeteiligung eine schlechtere Gesamtüberleben bei Patientinnen beider Inguinae im Vergleich zu Prognose als Patientinnen mit mit Vulvakarzinome vorhersagen Patientinnen mit einseitiger bilateralem Nachweis von negati- (Papadia A et al, J Cancer Res Lymphknotenbeteiligung eine ven Lymphknoten. Ausserdem Clin Oncol 2020; doi.org/10.1007/ schlechtere Prognose haben. In sind Tumorgröße und Lymphkno- s00432-020-03196-9). ähnlicher Weise haben Patientin- tenstatus unabhängige Faktoren, m.d.m. nen mit einer einseitigen Lymph- welche die Rezidivrate und das ■ NEU: Kassenzulässig 1 MAKE HER FIRST LINE COUNT Lynparza® ist der einzige indizierte PARP-Inhibitor für die Erstlinien-Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom und BRCA-Mutation*2 * Indiziert in der 1L für somatische sowie Keimbahn-BRCA-Mutationen Referenzen 1. Spezialitätenliste, www.spezialitaetenliste.ch. 2. Fachinformation Lynparza® Filmtabletten, www.swissmedicinfo.ch; Stand der Fachinformation: Mai 2020. Konsultieren Sie bitte vor einer Verschreibung die vollständige Fachinformation publiziert auf der Homepage von Swissmedic (www.swissmedic.ch oder www.swissmedicinfo.ch). Lynparza® Z: Olaparibum; Filmtabletten zu 100 mg und 150 mg; Liste A. I: Zur Erhaltungstherapie (Monotherapie) bei Patientinnen mit BRCA-mutiertem fortgeschrittenem, high-grade serösem Ovarialkarzinom im Anschluss an eine (neo)adjuvante platinhaltige Erstlinien-Chemotherapie bei Vorliegen einer kompletten oder partiellen Remission. Zur Erhaltungstherapie (Monotherapie) bei Patientinnen mit fortgeschrittenem, platinsensitivem rezidiviertem high-grade serösem Ovarialkarzinom im Anschluss an eine platinhaltige Chemotherapie bei Vorliegen einer kompletten oder par- tiellen Remission. Monotherapie bei Patienten mit metastasiertem HER2-negativem Mammakarzinom mit gBRCA-Mutation, die zuvor mit Anthrazyklin und Taxan behandelt wurden. Zur Erhaltungs- therapie (Monotherapie) bei Patienten mit metastasiertem Adenokarzinom des Pankreas mit gBRCA-Mutation. D: 300 mg zweimal täglich. Dosisanpassung auf 250 mg bzw. 200 mg zweimal täglich möglich. Lynparza Filmtabletten dürfen nicht Milligramm per Milligramm durch Lynparza Kapseln ausgetauscht werden. KI: Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe. Schwangerschaft und Stillzeit. V: Hämatologische Toxizität. Myelodysplastisches Syndrom/akute myeloide Leukämie. Pneumonitis. Interaktionen mit starken oder moderaten CYP3A-Modulatoren. IA: Antineoplastische Substanzen. Starke und moderate CYP3A-Modulatoren. Substrate von CYP3A und Transportproteinen. UAW: Sehr häufig: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Dyspepsie, Schmerzen im Oberbauch, Fatigue, Kopfschmerzen, Dysgeusie, verminderter Appetit, Schwindel, Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie, Leukozytopenie, Husten, Dyspnoe. Häufig: Lymphozytopenie, Rash, Stomatitis, Anstieg des Kreatininspiegels. Gelegentlich, selten, sehr selten: siehe www.swissmedicinfo.ch. Weitere Informationen: www.swissmedicinfo.ch oder AstraZeneca AG; Neuenhofstrasse 34, 6340 Baar. www.astrazeneca.ch. Stand der Information: Mai 2020. AstraZeneca AG, Neuhofstrasse 34, 6340 Baar. MSD Merck Sharp & Dohme AG, Werftestrasse 4, 6005 Luzern. CH-2590 / CH-LYN-00055 / 06.2020
Forum 29/3/2020 PD Cornelia Leo1 Dr. Tilly Nothhelfer2 Frauenklinik1, Onkologie2 Kantonsspital Baden Komplementärmedizin und Brustkrebstherapie Unter dem Begriff Komplementärmedizin wird eine medizin wünschen, dass das Thema häufig aber nicht Vielzahl diverser Verfahren zusammengefasst, welche aktiv vom behandelnden Onkologen angesprochen zusätzlich und häufig parallel zur konventionellen Medi- wird. Patientinnen scheinen sich die Informationen zin Anwendung finden. Dazu gehören unter anderem aus dem Internet und von Freunden und Familie zu Therapiesysteme, wie die traditionelle chinesische Medi- holen. Auch der Hausarzt spielt eine wichtige Rolle. zin (TCM) mit u. a. Akupunktur und Akupressur, nicht Wichtig ist es, von Seiten der Onkologen/Gynäkolo- medikamentöse Therapieformen, wie Mind-Body-Medi- gen hier aktiv Gesprächs- und Behandlungsangebote zin und Yoga, aber auch der Einsatz einzelner Nah- zu unterbreiten, um einerseits sinnvolle komplemen- rungsergänzungskomponenten (z. B. Vitamin C oder tärmedizinische Therapieansätze zu integrieren und Selen) und die Misteltherapie. um andererseits zu verhindern, dass schädliche Thera- pien angewendet werden. Es ist wichtig zu wissen, Über die letzten 30 Jahre hat sich der Anteil an welche zusätzlichen Substanzen, Vitamine, Spurenele- Patienten/-innen, die komplementär-medizinische mente etc. eingenommen werden, da es zu ungünstigen Angebote im Rahmen einer Krebstherapie nutzen, Wechselwirkungen mit der Antitumortherapie kom- deutlich erhöht. Einer Metaanalyse aus dem Jahr 2012 men kann. zufolge steigerte sich dieser Anteil von ca. 25 % in den 1970er Jahren auf mehr als 30 % in den 1990er Jahren auf bis zu 49 % nach dem Jahr 2000 [1]. Unter Was sagen die Leitlinien? Brustkrebspatientinnen ist der Anteil von Frauen, die komplementärmedizinische Ansätze zusätzlich zur Die deutsche Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Standardkrebstherapie nutzen, besonders hoch [2]. Onkologie (AGO) hat Empfehlungen zur Komple- mentärmedizin in ihre Leitlinien integriert, die jährlich Aspekte der hohen Akzeptanz komplementärmedizi- nach dem aktuellen Stand der Evidenz aktualisiert nischer Methoden bei Brustkrebspatientinnen sind das werden (https://www.ago-online.de/leitlinien-empfeh- Bedürfnis, zur Verbesserung ihrer allgemeinen lungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma). Gesundheit aktiv beizutragen, der Wunsch, Nebenwir- Dort kommt v. a. den nicht-medikamentösen Mass- kungen der onkologischen Therapien zu reduzieren nahmen, wie Yoga, Akupunktur und Mindfulness sowie ihr Immunsystem zu stärken. Dabei wird die Based Stress Reduction (MBSR), eine prominente Compliance mit den konventionellen Therapien äus- Rolle zu. Für diese Verfahren liegt eine positive Evi- serst selten negativ beeinflusst. Patientinnen, die Kom- denz vor, sie können mit der Antitumortherapie gut plementärmedizin nutzen, sind in der Regel jünger, kombiniert werden und sie wirken sich auf verschie- haben einen höheren Bildungsstatus und zeigen einen dene Aspekte der tumortherapie-assoziierten Neben- aktiveren Umgang mit der Erkrankung [3]. Auf der wirkungen günstig aus. anderen Seite scheinen auch Frauen mit fortgeschritte- ner Erkrankung und stärker beeinträchtigter Lebens- Medikamentöse komplementärmedizinische Thera- qualität eher komplementärmedizinische Angebote zu pien werden nur sehr eingeschränkt empfohlen. Das nutzen [2]. liegt einerseits an der mangelnden Evidenz für einen Nutzen der Substanzen und andererseits an deren Verschiedene Studien haben gezeigt, dass sich Brust- Potenzial zu ungünstigen Interaktionen mit der Anti- krebspatientinnen Informationen zu Komplementär- tumortherapie. Gemäss AGO können beispielsweise 16
29/3/2020 Forum Mistellektine erwogen werden zur Reduktion therapie- seits, aber auch von Fatigue und Schlafstörungen assoziierter Nebenwirkungen. andererseits, konnten durch MBSR nachgewiesen wer- den [5]. Das MBSR-Programm geht über 8 Wochen Aktuell beschäftigen sich einige Studien mit dem (2–3h pro Woche), hinzu kommen ein Achtsamkeitstag Effekt des Kurzzeitfastens auf die Chemotherapiever- und tägliche Übungsaufgaben. Kurse werden z. B. über träglichkeit und es scheint hier positive Effekte zu die Krebsliga angeboten. Ausgebildete Therapeuten geben [4]. Allerdings sind die vorhandenen Studien sind auf der Homepage des MBSR-Verbandes der noch zu klein, als dass man generelle Empfehlungen Schweiz zu finden (www.mbsr-verband.ch/kursange- ableiten könnte. bote/lehrende/). MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) Yoga Für die achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung gibt es In einer aktuellen Metaanalyse wurde gezeigt, dass gute Evidenz, dass damit die Lebensqualität von Yoga v. a. bei Frauen nach Brustkrebstherapie einen Krebspatienten verbessert werden kann (Abb. 1). Ver- grossen Effekt auf die Linderung von Fatigue-Symp- minderung von Stress, Angst und Depression einer- tomen (körperliche und kognitive Fatigue) hatte. Der Abb. 1. AGO-Empfehlungen und Evidenz für Mind-Body-Medizin/MBSR 17
Forum 29/3/2020 Effekt unter einer noch laufenden Therapie war gerin- flussen, zum anderen wurde in einer randomisierten ger ausgeprägt [6]. Auch ein Cochrane Review aus klinischen Studie auch gezeigt, dass Akupunktur aro- dem Jahr 2017 kommt zu dem Schluss, dass Yoga mataseinhibitor-assoziierte Arthralgien lindern kann einen positiven Effekt hat für die Verbesserung der [8]. Auch die schwierig zu behandelnden Hitzewallun- Lebensqualität, die Reduktion von Fatigue und gen lassen sich durch Akupunktur verbessern [9]. Schlafstörungen sowie die Bewältigung von Depres- Damit kommen auch die AGO-Empfehlungen zu sion und Angst [7]. Demzufolge wird Yoga auch in einer positiven Bewertung für die Akupunktur als den AGO-Leitlinien empfohlen. komplementäre Therapie (Abb. 3). Akupunktur/Akupressur Fazit Verschiedene Studien haben in den letzten Jahren Viele Brustkrebspatientinnen haben den Wunsch, positive Evidenz für die Anwendung von Akupunktur Verfahren der Komplementärmedizin in ihre onkolo- zur Linderung therapie-assoziierter Nebenwirkungen gische Therapie zu integrieren. Die nicht-medikamen- geliefert. Zum einen kann Akupunktur chemothera- tösen Interventionen, wie MBSR, Yoga oder Aku- pie-assoziierte Übelkeit und Erbrechen günstig beein- punktur, sind mit positiver Evidenz belegt und werden Abb. 2. AGO-Empfehlungen und Evidenz für Mind-Body-Medizin/Yoga 18
1 ST IBRA LINE NCE + AI KASS VERG EN- ÜTET 1 GEMEINSAM MEHR ERREICHEN BEI FORTGESCHRITTENEM HR+/HER2- BRUSTKREBS2 1st-line 2nd-line PRÄ-, PERI- UND POSTMENOPAUSAL2,3,4 IBRANCE® ist indiziert zur Behandlung von postmenopausalen Frauen mit HR+/HER2- fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom in Kombination mit einem Aromatasehemmer, oder, falls sie zuvor eine endokrine Therapie erhielten, in Kombination mit Fulvestrant. Bei prä-/perimenopausalen Frauen kombiniert mit LHRH Analoga.2 AI = aromatase inhibitor; HR+/HER2– = hormone receptor positive, human epidermal growth factor receptor 2 negative; LHRH = luteinising hormone–releasing hormone; mBC = metastatic breast cancer; PFS = progression–free survival PP-IBR-CHE-0236 Mar 2020 Referenzen: 1. Angaben zur Spezialitätenliste des Bundesamts für Gesundheit und der Limitatio finden Sie unter www.spezialitätenliste.ch/ShowPreparations. aspx?searchType=Substance &searchValue=Palbociclibum 2. Aktuelle Fachinformation IBRANCE® (Palbociclib), www.swissmedicinfo.ch. 3. Finn RS et al. Palbociclib and Letrozole in Advanced Breast Cancer. N Engl J Med. 2016;375(20):1925-1936. 4. Cristofanilli M et al. Fulvestrant plus palbociclib versus fulvestrant plus placebo for treatment of hormone-receptor-positive, HER2-negative metastatic breast cancer that progressed on previous endocrine therapy (PALOMA-3): final analysis of the multicentre, double-blind, phase 3 randomised controlled trial. Lancet Oncol. 2016;17(4):425-39. Ibrance® (Palbociclib). Indikationen: Behandlung von postmenopausalen Frauen mit HR-positivem, HER2-negativem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom in Kombination mit einem Aromatasehemmer, oder, falls sie zuvor eine endokrine Therapie erhielten, in Kombination mit Fulvestrant. Bei prä-/perimenopausalen Frauen kombiniert mit LHRH Analoga. Dosierung: Erwachsene: 125 mg einmal täglich (mit Mahlzeit) während 21 Tagen, gefolgt von einer siebentägigen Pause. Letrozol-, Anastrozol- oder Exemestan-Dosierung gemäss entsprechender Fachinformation; Fulvestrant-Dosierung gemäss Fachinformation. Dosisanpassung abhängig von individueller Sicherheit und Verträglichkeit. Keine Dosisanpassung bei leichter oder mittelschwerer Leberfunktionsstörung; Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung 75 mg einmal täglich im Schema 3/1. Bei leichter, mässiger oder schwerer Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung erforderlich. Ungenügende Daten bei hämodialysepflichtigen Patienten. Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber Palbociclib oder Hilfsstoffen. Warnhinweise/Vorsichtsmassnahmen: Hämatologische Störungen (Blutbildkontrollen erforderlich), Infektionen, Fertilität, QT-verlängernde Co-Medikation, Schwangerschaft/Stillzeit, embryofetale Toxizität. Interaktionen: CYP3A4 Inhibitoren, Grapefruit, CYP3A4 Induktoren, Johanniskraut, CYP3A4 Substrate. Unerwünschte Wirkungen: Infektionen, Neutropenie (häufig febril), Leukopenie, Anämie, Thrombozytopenie, Appetit vermindert, Geschmacksstörung, Sehen verschwommen, Tränensekretion verstärkt, trockenes Auge, Epistaxis, interstitielle Lungenerkrankung/Pneumonitis, Übelkeit, Stomatitis, Diarrhoe, Erbrechen, ALT bzw. AST erhöht, Alopezie, Ausschlag, trockene Haut, Ermüdung, Asthenie, Fieber, u.a. Packungen: 75 mg, 100 mg und 125 mg: 21 Hartgelatinekapseln. Verkaufskategorie A. Zulassungsinhaberin: Pfizer AG, Schärenmoosstrasse 99, 8052 Zürich. Ausführliche Informationen siehe Arzneimittel-Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch. (V013)
Forum 29/3/2020 Abb. 3. AGO-Empfehlungen und Evidenz für Akupunktur zur Behandlung von Nebenwirkungen in den deutschen AGO-Empfehlungen v. a. zur Literatur Behandlung von therapie-assoziierten Nebenwirkun- 1. Horneber M. et al., Integr Cancer Ther. 2012; 11:187–203. gen empfohlen. Vorsicht geboten ist bei den medika- 2. Tautz E. et al., Eur J Cancer 2012; 48:3133–9. 3. Molassiotis A. et al., Annals of Oncology 2005; 16:655–63. mentösen Ansätzen: hier kann es zu unerwünschten 4. de Groot S. et al., J Exp Clin Cancer Res. 2019; 38:209. Wechselwirkungen mit der onkologischen Therapie 5. Elkins G. et al., Curr Treat Options Oncol. 2010; 128–40. kommen und die Evidenz bezüglich positiver Wirkun- 6. Dong B. et al., Breast Cancer Res Treat. 2019; 177:5–16. gen ist häufig nicht erbracht. 7. Cramer H. et al., Cochrane Systematic Review – Intervention Version published: 03 January 2017. https://doi.org/10.1002/ 14651858.CD010802.pub2 Uns als betreuenden Gynäkologen/Onkologen obliegt 8. Hershman D. L. et al., Jama 2018, 320:167–76. 4. es, die Patientinnen über Möglichkeiten und Grenzen 9. Lesi G. et al., J Clin Oncol. 2016; 34:1795–802. der Komplementärmedizin zu beraten und sie bei ■ Wunsch an entsprechend ausgerichtete und qualifi- zierte Sprechstunden zuzuweisen. 20
29/3/2020 Der spezielle Fall Prof. Martin Heubner Frauenkliniken Kantonsspital Baden Mehr als eine Tubagravidität Anamnese Mit der Verdachtsdiagnose einer intrabdominalen Blutung bei EUG im Sinne einer heterotopen Gravi- Eine 38-jährige Patientin wird durch die Rettungsambu- dität erfolgt die Indikation zur sofortigen Laparo- lanz mit seit drei Stunden bestehenden, stärksten Unter- skopie. bauchschmerzen ins Spital gebracht. Die Patientin ist Drittgravida und anamnestisch in der 9. Schwanger- Intraoperativ bestätigt sich der Verdacht auf ein aus- schaftswoche. Schwangerschaft spontan konzipiert, Sta- geprägtes Hämatoperitoneum. Entfernen von reichlich tus nach einer Spontangeburt, Status nach einem Abort Blut- und Koagelmaterial mit einem Gesamtvolumen in der Frühschwangerschaft. In dieser Schwangerschaft von 200 ml. Es besteht eine rupturierte Tubargravidi- war bislang eine unauffällige Kontrolle inklusive Ultra- tät rechts, es erfolgt die Salpingektomie, perioperativ schall durchgeführt worden. Keine relevanten Vorer- erhält die Patientin zwei Erythrozytenkonzentrate. krankungen, lediglich orale Eisensubstitution bei vorbe- stehender Eisenmangelanämie. Die Entlassung erfolgt am dritten postoperativen Tag, bei der Austrittsuntersuchung stellt sich eine unauffäl- Bei der Untersuchung imponiert ein akutes Abdomen lige Einlingsgravidität intrauterin dar. Der Hb-Wert mit Abwehrspannung. Die Patientin ist sichtlich liegt bei 6,6 g/dl. Eine intravenöse Eisensubstitution blass, positiver Schockindex. Per Vaginalsonographie wird bei Status nach allergischer Reaktion nicht stellt sich eine intakte Einlingsgravidität dar, gleich- durchgeführt, die orale Substitution wird fortgesetzt. zeitig massiv freie Flüssigkeit im gesamten Abdomen Sämtliche Schwangerschaftskontrollen sind unauffäl- und v. a. Blutkoagel. Im kapillären Blutbild stellt sich lig, in der 39. + 1. Schwangerschaftswoche kommt ein eine Anämie mit einem Hb-Wert von 6,5 g/dl dar. gesundes Mädchen per Spontangeburt zur Welt. 1 2 Abb. 1 und 2. Intraoperativer Situs zu Beginn (1) und nach Salpingektomie (2). 21
Der spezielle Fall 29/3/2020 Fazit nicht, dass in vielen Fällen – wie in unserem beschrie- benen – die Diagnose erst bei massiven Beschwerden Eine spontane heterotope Gravidität ist ein extrem sel- mit chirurgischem Interventionsbedarf gestellt wird. tenes Ereignis. Während das Risiko bei Patientinnen unter reproduktionsmedizinischen Massnahmen auf Literatur ca. 1 : 4000 geschätzt wird, liegt es bei spontaner Kon- Chadee A. et. al., Case Rep Obstet Gynecol 2016; 2016: 2145937 zeption bei etwa 1 : 30 000. Die Differenzialdiagnose Barrenetxea G. et al., Fertil Steril 2007; 87(2):417 wird naturgemäss durch den Nachweis einer intraute- Diallo D. et al., J Gynecol Obstet Biol Reprod (Paris) 2000; rinen Fruchtanlage erschwert. Daher verwundert es Apr;29(2):131–41 ■ 22
Sie können auch lesen