Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ

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Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Nachhaltige
Bioökonomie
in Brandenburg
Biobasierte Wertschöpfung –
regional und innovativ
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Impressum
Herausgeber:
Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt
und Klimaschutz des Landes Brandenburg
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Henning-von-Tresckow-Str. 2-13, Haus S
14467 Potsdam

bestellung@mluk.brandenburg.de
mluk.brandenburg.de
agrar-umwelt.brandenburg.de

Autoren: Johannes Rupp, Hannes Bluhm, Prof. Dr. Bernd Hirschl
(Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW));
PD Dr. habil. Philip Grundmann, PD Dr. habil. Andreas Meyer-Aurich,
Vivienne Huwe, Philip Luxen (Leibniz-Institut für Agrartechnik und
Bioökonomie (ATB))

Redaktion: Julia Tovote, Richard Harnisch
(Institut für ökologische Wirtschaftsforschung)

Titelfotos: Elijah Hail (groß), Dan Stark (klein) / unsplash

Bildnachweise: Siehe Seite 79

Satz: Angela Peter, tagein design

Druck: Druckhaus Berlin-Mitte

1. Auflage, 2020, 1.500 Stück

          UF6
                                  Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier, welches
                                  klimaneutral produziert wurde und mit dem Umwelt­
Dieses Druckerzeugnis wurde mit
dem Blauen Engel ausgezeichnet.   zeichen „Blauer Engel“ zertifiziert ist.

Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums für Land-
wirtschaft, Umwelt und Klimaschutz sowie des Ministeriums für Wissen-
schaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg. Sie wird kostenlos
abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Sie darf nicht für Zwecke
der Wahlwerbung verwendet werden. Unabhängig davon, auf welchem Weg
und in welcher Anzahl diese Broschüre dem Empfänger zugegangen ist, darf
sie, auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl, nicht in einer
Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zu­
gunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte.

Hinweis:
Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine
Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht über­
nommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote
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Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Nachhaltige
Bioökonomie
in Brandenburg
Biobasierte Wertschöpfung –
regional und innovativ
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Bioökonomie.Land.
Brandenburg
Klimaschutz, Klimawandel und die Übe­r­
nutzung natürlicher Ressourcen stellen uns
vor gesellschaftliche H
                      ­ erausforderungen, die
es in dieser globalen Dimension und Dring­
lichkeit noch nicht gegeben hat. Eine der
                                                                    Verfahren genutzt und in wirtschaftlich tragfähige
zentralen Aufgaben besteht im Wandel der
                                                                    Lösungen umgesetzt werden. Mit Blick auf die
­vorrangig fossilbasierten in eine weitest­                         heimischen Biomasseressourcen sind dabei klima-
 gehend bio­basierte Wirtschaft.                                    und umweltschonende regionale Wertschöpfungs-
                                                                    ketten insbesondere im ländlichen Raum von
                                                                    großer Bedeutung.
        ­ er Weg ist noch lang, aber die Richtung stimmt:
        D
        Mit ihrem „Grünen Deal“ zur Klimaneutralität 2050           Brandenburg ist schon heute Bioökonomieland.
        sowie ihren Aktionsplänen zur Bioökonomiestrate-            Mit seiner exzellenten Forschungs- und Hoch-
        gie und zur Kreislaufwirtschaft hat die EU bereits          schullandschaft fungiert es dazu als Impulsgeber
        signifikante Signale gesetzt. Das Erscheinen                für andere Regionen. So forschen mehr als ein
        ­dieser Broschüre ist zugleich eine Punktlandung            Drittel der außeruniversitären Forschungseinrich-
         zur noch druckfrischen Nationalen Bioökonomie-             tungen und fünf der im Land Brandenburg ansäs-
         strategie und zum Beginn des Wissenschafts­                sigen Hochschulen – größtenteils im Verbund –
         jahres 2020 – Bioökonomie.                                 zu Themen der Bioökonomie.

        Unter Bioökonomie ist dabei sowohl die Erzeu-               Mit dieser Broschüre soll das Bewusstsein für
        gung, Bereitstellung und Nutzung von biologi-               ein nachhaltiges Zusammenspiel aller Akteure,
        schen Ressourcen wie Pflanzen, Tiere, Mikro­                die sich mit der Wertschöpfungskette Biomasse
        organismen sowie deren Produkte zu verstehen                befassen, verstärkt werden. Unser Ziel ist die
        als auch ein nachhaltiges Wirtschaften unter Be-            Intensivierung der interdisziplinären Vernetzung
        achtung ökonomischer, ökologischer und sozialer             und des Wissenstransfers in die Praxis, um vor
        Aspekte. Es liegt auf der Hand, dass bei einem so           Ort ungenutzte Potenziale der Bioökonomie aus-
        komplexen Ansatz ein umfassendes Verständnis                zuschöpfen.
        biologischer Systeme und ein nachhaltiger Um-
        gang mit den natürlichen Ressourcen erforderlich            Die Diskussion über Best-Practice-Beispiele einer
        sind. Querschnittsthemen wie Biotechnologie,                nachhaltigen Bioökonomie und ihre Auswahl
        ­Digitalisierung und Automatisierung machen zu-             erfolgte unter Mitwirkung betroffener Fachmini­
         dem eine integrierte Systemforschung notwendig.            sterien, vieler Institutionen, Vereine und der
                                                                    ­Fachöffentlichkeit.
        Um Zielstellungen wie ­Ernährungssicherung,
        ­Koppelprodukt- und Reststoffnutzung zu                     Lesen Sie selbst und lassen Sie sich anregen,
         ­erreichen, müssen künftig verstärkt innovative            über Lösungen im eigenen Umfeld nachzudenken.

                                     Dr. Manja Schüle                             Axel Vogel
                                     Ministerin für Wissenschaft,                 Minister für Landwirtschaft,
                                     Forschung und Kultur                         Umwelt und Klimaschutz

    4     BIOÖKONOMIE.LAND.BRANDENBURG
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Inhalt
Einführung in die Broschüre                                                    6

Bioökonomie in Brandenburg                                                     8

Forschung und Innovation zu Bioökonomie in Brandenburg                        10

Was macht Bioökonomie nachhaltig?                                             14

Beispiele einer nachhaltigen Bioökonomie                                      18

    Land-, Fischerei- und Ernährungswirtschaft                                24

    Nachhaltiges Bauen, Forst- und Holzwirtschaft                             36

    Biotechnologie                                                            44

    Verwertung von Rest- und Abfallstoffen                                    54

    Bioenergie                                                                62

Ausblick zur Bioökonomie in Brandenburg                                       70

Weitere Beispiele einer nachhaltigen Bioökonomie                              74

Abkürzungsverzeichnis und Glossar                                             77

Strategien, Leitfäden und Potenzialanalysen                                   78

Bildnachweise                                                                 79

                                                                      INHALT
                                                                                    5
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Einführung in die Broschüre
Seit Jahrtausenden nutzen Menschen
den Reichtum biologischer Ressourcen,
den die Natur zur Verfügung stellt –
als Nahrungsmittel, Baumaterialien,
zur Energieerzeugung.                                        ökologischen Anforderungen wie dem Schutz von
                                                             Klima, Böden, Wasser und Biodiversität zählen
                                                             dazu auch ökonomische Aspekte wie Wertschöp-
       Mit Beginn der Industrialisierung wurden in den       fung und Beschäftigung sowie soziale Faktoren,
       letzten zwei Jahrhunderten immer mehr fossile         etwa die gesellschaftliche Akzeptanz.
       Ressourcen genutzt. Gravierende ökologische
       Folgen wie die Anreicherung von CO in der             Die Broschüre verfolgt weiterhin das Ziel, eine
                                              ²
       ­Atmosphäre führen derzeit unseren Planeten in        nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg zu
        eine Klimakrise. Eine Strategie, um Umwelt­          ­stärken durch:
        belastungen aus der Nutzung fossiler Rohstoffe
                                                              ▶ Förderung der fachübergreifenden
        zu verringern, ist eine nachhaltige Bioökonomie.
                                                               Zusammen­arbeit zwischen den beteiligten
                                                               Ressorts der öffentlichen Verwaltung
       Bioökonomie ist derzeit in aller Munde. Vereinfacht
       gesprochen bedeutet sie, in allen Wirtschafts-         ▶ Wissenstransfer von der Forschung
       zweigen möglichst viele natürliche statt fossile        in die Praxis
       Ressourcen zu verwenden (Definition siehe Box).
                                                              ▶ Vernetzung von Akteuren, mit dem Ziel,
       Im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit steht
                                                               neue bioökonomische Wertschöpfungs­
       gegenwärtig eine verstärkte Nutzung von:
                                                               ketten zu entwickeln
        ▶ Innovativen biotechnologischen Verfahren
        ▶ Koppelprodukten und Synergieeffekten der
         Rohstoffbereitstellung
                                                                 Bioökonomie: Eine Definition
        ▶ Rest- und Abfallstoffen aus Biomasse
                                                                 Als Grundlage für die Befassung mit Leit­
       Zwar ist Biomasse anders als fossile Ressourcen           planken einer nachhaltigen Bioökonomie und
       ein nachwachsender Rohstoff, aber auch sie steht          zur Auswahl von Best-Practice-Beispielen für
       nicht unbegrenzt zur Verfügung. Die Nutzungsan-           diese Broschüre verständigten sich die für
       sprüche und Konkurrenzen sind vielfältig – daher          Bioökonomie relevanten Ministerien in Bran­
       ist ein möglichst nachhaltiger Umgang vom Anbau           denburg auf die Definition der Nationalen
       über die Verwertung von Biomasse bis zur Rück-            Politikstrategie Bioökonomie (BMEL 2014):
       führung der Reststoffe in den natürlichen Stoff-
       kreislauf geboten.                                        Bioökonomie ist die wissensbasierte
                                                                 ­Erzeugung und Nutzung nachwachsender
                                                                  Ressourcen, um Produkte, Verfahren und
       Wie kann eine nachhaltige Bio­­                            Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen
       ökonomie aussehen?                                         Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen
                                                                  Wirtschaftssystems bereitzustellen. Das
       Diese Broschüre verfolgt das Ziel aufzuzeigen, wie         Konzept der Bioökonomie umfasst danach
       eine nachhaltige Bioökonomie aussehen kann. Sie            alle Wirtschaftssektoren und ihre zuge­
       gibt einen Einblick in verschiedene klima- und um-         hörigen Dienstleistungsbereiche, die nach­
       weltschonende bioökonomische Wertschöpfungs-               wachsende Ressourcen – wie Pflanzen, Tiere
       ketten, die es in Brandenburg bereits gibt oder die        und Mikro­organismen und deren Produkte –
       gerade entwickelt werden. Dabei wird Biomasse im           erzeu­gen­,­be- und verarbeiten, nutzen oder
       gesamten Wirtschaftskreislauf unter den Kriterien          damit handeln.
       einer nachhaltigen Entwicklung betrachtet. Neben

   6     EINFÜHRUNG IN DIE BROSCHÜRE
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Die Broschüre gliedert sich in zwei Teile. Der          der Landesregierung sowie zahlreiche wissen-
erste Teil zeigt, welche Prozesse und Aktivitä-         schaftliche Einrichtungen, Unternehmen, Verbände
ten es in Brandenburg zur Bioökonomie gibt und          und die interessierte Fachöffentlichkeit beteiligt.
stellt einen Kriterienkatalog sowie Indikatoren für     Für das Land Brandenburg stecken in der Bio-
Best-Practice-­Beispiele vor. Er gibt zudem einen       ökonomie viele Chancen. Forschungsergebnisse
Überblick zu Brandenburg als Innovations- und           können zur Gründung von Start-up-Unternehmen
Forschungsstandort der Bioökonomie.                     führen. Lokale Akteure wie Land- und Forstwirte
                                                        können in Wertschöpfungsketten eingebunden wer-
Der zweite Teil stellt 23 ausgewählte Beispiele für     den – mit positiven Effekten auf die Beschäftigung
nachhaltige Bioökonomie im Land Brandenburg             in den verschiedenen Regionen des Landes.
vor. Dazu zählen neben etablierten Wertschöp-
fungsketten sowie solchen, die derzeit entwickelt       Als zuständige Ressorts für Klimaschutz, Nach-
werden, auch Projekte aus der Forschung und             haltigkeit, Land- und Forstwirtschaft sowie für
­Entwicklung. Einem Ausblick zur zukünftigen            Wissenschaft und Forschung geht es uns nicht nur
 ­Entwicklung der Bioökonomie schließt sich ein         darum, Innovationen zu fördern. Es ist uns wichtig,
  Überblick­­ ­­zu weiteren Beispielen an.              neben neuen auch die zahlreichen existierenden
                                                        Wertschöpfungsketten zu unterstützen und weiter-
Bei der Erarbeitung der Broschüre wurden die            zuentwickeln.
für Wirtschaft, Forschung, Bauen, Nachhaltigkeit,
Land- und Forstwirtschaft zuständigen Ressorts

                                                                                      Prenzlau

                                                      Zempow
                                                                             Schwedt / Oder

                                                                   Eberswalde
                                                           Marienwerder
                                                                                            Bralitz

                                                                                                 Buckow
                                          Wustermark                         Berlin

                                                  Potsdam                 Teltow
                                                                                                  Steinhöfel
                                                     Nuthetal

                                                         Baitz
Übersicht                                              Bad Belzig
                                                                                    Baruth / Mark
Praxisbeispiele                                              Feldheim

     LAND-, FISCHEREI- UND
    ­ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT
                                                                                            Cottbus
    NACHHALTIGES BAUEN, ­
    FORST- UND HOLZWIRTSCHAFT

    BIOTECHNOLOGIE
                                                                           Senftenberg
    VERWERTUNG VON
    REST- UND ABFALLSTOFFEN

    BIOENERGIE

                                                                      EINFÜHRUNG IN DIE BROSCHÜRE
                                                                                                              7
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Bioökonomie in Brandenburg
In Brandenburg trifft eine ausgeprägte land- und
forstwirtschaftliche Primärproduktion auf eine reich
strukturierte Wissens- und Forschungslandschaft.
Durch zielgerichtete Wirtschaftsförderung verfügt das
Land über ein ausgeprägtes Innovationsgeschehen.

        Es gibt zahlreiche Bereiche, die mit Bioökonomie       der Bioökonomie werden dabei folgende Themen
        in Verbindung stehen. Diese liegen in der Zustän-      als relevant angesehen:
        digkeit verschiedener Ressorts der Landesregie-
                                                                ▶ Weitestgehend geschlossene Kreisläufe
        rung. Darunter zu fassen sind insbesondere die
        Land- und Forstwirtschaft als Primärproduzenten         ▶ Unterstützung von regionalen Erzeugungs-
        von Biomasse, aber auch der Einsatz von Bio­             und Wertschöpfungsketten
        masse als Baustoff, als biogene Alternative in
                                                                ▶ Absatz von regionalen Produkten
        Produkten oder als erneuerbarer Energieträger.
        Themen wie Umwelt- und Klimaschutz, Nachhaltig-         ▶ Ressourceneffizienz und -suffizienz
        keit, Kreislaufwirtschaft, Ressourcen- und Energie-
        effizienz, Wirtschafts- und Innovationsförderung,      2019 wurde die Nachhaltigkeitsstrategie fort-
        Forschung und Entwicklung sowie Wissenstransfer        geschrieben und auf die Sustainable Development
        in die Praxis spielen ebenfalls eine große Rolle. Im   Goals (SDGs), die Nachhaltigkeitsziele der Ver-
        Folgenden wird ein kurzer Überblick über relevan-      einten Nationen, ausgerichtet. Diese Ziele wurden
        te Strategieprozesse und Aktivitäten gegeben.          in der Fortschreibung mit konkreten Landeszielen
                                                               und Indikatoren untersetzt.
        Im April 2014 wurde die Nachhaltigkeitsstrategie
        des Landes Brandenburg verabschiedet. Eines der        Die effiziente und nachhaltige Nutzung von Bio-
        insgesamt 16 Handlungsfelder sieht vor, „Natur-        masse steht im Zentrum der im Jahr 2010 ver-
        ressourcen als wirtschaftliches Potenzial einer        öffentlichten Biomassestrategie des Landes
        nachhaltigen Regionalentwicklung“ zu betrachten.       Brandenburg. Viele Stichworte der Nachhaltig-
        Gemeinsam mit Berlin sollen eine Modellregion für      keitsstrategie wie Kaskadennutzung, Orientierung
        eine wissensbasierte Bioökonomie entwickelt und        auf Reststoffe, Bioraffinerien und geschlossene
        die Bioraffinerietechnik vorangetrieben werden.        Stoffkreisläufe wurden bereits hier aufgegriffen.
        Die natürlichen Ressourcen in Brandenburg sollen       Eine Fortschreibung der Biomassestrategie unter
        dabei schonend für Mensch und Umwelt und               Berücksichtigung der neuen Herausforderungen
        möglichst in Kaskaden, das heißt über mehrere          der Bioökonomie ist als Leitprojekt für Biomasse
        stoffliche und energetische Wertschöpfungsstufen,      im Katalog der strategischen Maßnahmen der
        genutzt werden. Die Strategie sieht auch vor, dass     Energiestrategie 2030 des Landes Brandenburg
        die Wirtschaftspolitik stärker am Leitbild der Nach-   vorgesehen.
        haltigkeit ausgerichtet werden soll. Unter Nennung
                                                               Bioökonomie ist in Brandenburg spätestens seit
                                                               der Veröffentlichung der Gemeinsamen Innova­
                                                               tionsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg
                                                               (InnoBB) im Jahr 2011 ein wirtschaftspolitisches
                                                               Themenfeld mit vielfältigen Zukunftspotenzialen
                                                               und Wachstumschancen.
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
In der InnoBB wird Bioökonomie unter dem Quer-       Formaten werden Vertreterinnen und Vertreter aus
schnittsthema „Clean Technologies“ genannt,          Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivil­
welches die Entwicklung von umwelt- und klima-       gesellschaft gleichermaßen adressiert.
verträglichen Technologien vorsieht. Die InnoBB
wurde 2019 fortgeschrieben. In der Regionalen        Ein weiteres Arbeitsfeld der Bioökonomie ist das
Innovationsstrategie des Landes Brandenburg          Planen und Bauen mit nachwachsenden Roh-
(InnoBB 2025 plus) wird die Notwendigkeit einer      stoffen. Es steht in Verbindung zu Klimaschutz,
verstärkten clusterübergreifenden Zusammen-          Ressourcenschonung und Energieeinsparung.
arbeit für eine nachhaltige Bioökonomie gesehen.     Hierzu leistet das für Bauen zuständige Ressort
Damit wird Bioökonomie als wichtiges Themenfeld      seit Jahren Öffentlichkeitsarbeit mit Broschüren
für innovative Wertschöpfungsketten stärker in       wie „Nachhaltiges Planen und Bauen in Bran­
den Fokus des Innovationsgeschehens im Land          denburg“ (2014), „Der Weg zum gesunden
Brandenburg gerückt.                                 Bauprodukt“ (2017) oder Veranstaltungen wie
                                                     dem jährlichen Tag des nachhaltigen Planens
Die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes         und Bauens. Darüber hinaus bestehen Koopera-
Brandenburg (WFBB) unterstützt die Umsetzung         tionsvereinbarungen mit der Brandenburgischen
der Innovationsstrategie. Relevant für Bioöko-       Ingenieur- und Architektenkammer zu den Themen
nomie sind insbesondere die Cluster Ernäh­           „Nachhaltiges Planen und Bauen in Brandenburg“
rungswirtschaft, Kunststoffe und Chemie,             (2017) und im Rahmen der „Baukulturinitiative
Gesundheitswirtschaft sowie Energietechnik.          Brandenburg“ (2019).
Sie stehen untereinander und mit entsprechenden
Berliner Strukturen in einem intensiven Austausch.   Forschung und Entwicklung sind wesentliche
Die Cluster setzen Schwerpunkte in ihren entspre-    Treiber der Bioökonomie. Neben mehreren Hoch-
chenden Masterplänen, geben Potenzialanalysen        schulen und außeruniversitären Forschungsein-
in Auftrag und organisieren zahlreiche Vernet-       richtungen im Land (siehe Folgekapitel) befassen
zungstreffen.                                        sich eine Reihe von Unternehmen mit der Ent-
                                                     wicklung von neuen Produkten, Technologien und
Beispielhaft seien hier die Potenzialanalyse         Verfahren. Ein zentrales Instrument, um die Er-
„BioÖkonomie in Berlin und Brandenburg“ (2011)       gebnisse in die Praxis umzusetzen, ist die Trans­
und die „Potenzialanalyse für nachhaltige poly-      ferstrategie Brandenburg (2017). Sie sieht den
mere Materialien und Spezialchemikalien“ (2015)      verstärkten Wissens- und Technologietransfer mit
genannt. In beiden Veröffentlichungen konnte auf     Fokus auf die regionale Entwicklung im Land vor.
eine große Vielfalt an Akteuren aus der Wirt-
schaft, aus Forschung und Entwicklung sowie auf
eine Reihe von Netzwerken verwiesen werden.
Aus der Netzwerkarbeit haben sich Formate für            In der Zusammenschau bieten die
verschiedene Nutzergruppen herausgebildet,               ­verschiedenen Strategieprozesse und
die regelmäßig organisiert werden. Gut besucht            Aktivitäten der Landesregierung und der
sind etwa die zweijährig stattfindende „Biobased          einzelnen Ressorts eine gute Grundlage
Economy Conference“ sowie das 2019 erstmalig              für eine ressortübergreifende Zusammen­
realisierte „Biobased Barcamp“. Gleiches gilt für         arbeit für die Entwicklung einer nach­
die jährlich durchgeführte „Innovationsakade­             haltigen Bioökonomie in Brandenburg.
mie Ligno­cellulose“ und den mehrmals jährlich
organisierten Bioökonomie-Stammtisch. Mit diesen

                                                                  BIOÖKONOMIE IN BRANDENBURG
                                                                                                         9
Nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg - Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ
Forschung und
Innovation zu Bioökonomie
in Brandenburg
Brandenburg ist gemeinsam mit Berlin ein bedeutender Forschungs-
und Innovationsstandort für Bioökonomie – für Ideen und Lösungs­
ansätze für innovative Wertschöpfungsfelder, neue regionale Produkte
und e­ ffiziente Stoffkreisläufe. Übergreifende Wissenschaftsdisziplinen
und -themen wie Biotechnologie, Digitalisierung oder Automatisierungs­
technik tragen in hohem Maße dazu bei, biobasierte Prozesse und
­Verfahren zu entwickeln und zu optimieren.

        Zahlreiche Universitäten, Fachhochschulen und
        außeruniversitäre Forschungseinrichtungen                Weiterführende Informationen
        setzen sich in ihren jeweiligen Forschungsschwer-        zu bioökonomierelevanten
        punkten mit der Bioökonomie auseinander. Im
                                                                 Aktivitäten:
        Folgenden wird eine Auswahl von Institutionen mit
        Ausrichtung auf Rohstoffproduktion und -verarbei-        Cluster Kunststoffe und Chemie:
        tung ­anhand ihrer Forschungsschwerpunkte und            www.kunststoffe-chemie-brandenburg.de
        exemplarischer Forschungsaktivitäten vorgestellt.
                                                                 Cluster Gesundheitswirtschaft:
        Manche Forschungseinrichtungen adressieren im
                                                                 www.healthcapital.de
        Sinne einer übergreifenden Forschung ­mehrere
        Themen, andere sind auf einzelne Themen                  Cluster Ernährungswirtschaft:
                                                                 www.ernaehrungswirtschaft-brandenburg.de
        ­spezialisiert. Zu den Forschungsthemen zählen:
                                                                 Cluster Energietechnik:
         ▶ Entwicklung ländlicher Räume                          www.energietechnik-bb.de
         ▶ Zukunftsfähige Agrarsysteme
         ▶ Erzeugung neuartiger Lebens- und
          Futtermittel                                        Übergreifende Forschung zur
                                                              ­Bioökonomie
         ▶ Ressourcenschonender Umgang mit dem
          Rohstoff Holz                                       Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bio­
                                                              ökonomie (ATB) in Potsdam-Bornim befasst sich
         ▶ Stoffliche und energetische Nutzung von
                                                              in allen Forschungsvorhaben mit bioökonomischen
          Biomasse
                                                              Fragestellungen. Ziel der Forschung ist eine nach-
                                                              haltige Intensivierung der Bereitstellung und eine
        Weitere Forschungseinrichtungen und Netz­werke
                                                              ganzheitliche Nutzung von Biomasse. Mit seinen
        zur innovativen Rohstoffnutzung sind auf den
                                                              Schwerpunkten Pflanzenbau und Tierhaltung,
        ­Internetseiten und in den Masterplänen der Cluster
                                                              pflanzliche und tierische Lebensmittel, Biomate-
         Kunststoffe und Chemie, Gesundheitswirtschaft,
                                                              rialien, Biogas und Biokohle betrachtet es jeweils
         Ernährungswirtschaft und Energietechnik der
                                                              Teilsysteme bioökonomischer Produktion. Diese
         Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes Bran-
                                                              sind Gegenstand von Analyse, Modellierung, Be-
         denburg zu finden (siehe Box).
                                                              wertung und Prozessgestaltung. Die Kompetenzen
                                                              des ATB liegen vor allem in den Bereichen Data
                                                              Science in Landwirtschaft, Molekular- und Mikro­
Das Projekt DAKIS –
                                                          Brandenburgische Forschungs­
biologie und in der Systemmodellierung. Beispiele
                                                          einrichtungen kooperieren
für Forschungsvorhaben sind: die Nutzung von
Reststoffströmen aus Landwirtschaft und Lebens-           Ein Beispiel, wie brandenburgische
mittelindustrie für die Produktion von biobasierten       ­Forschungseinrichtungen gemeinsam zur
Chemikalien für Kunststoffe, die Entwicklung bio-          Bioökonomie forschen, ist das Verbund­
basierter Alternativmaterialien für die Tierhaltung        vorhaben „DAKIS – Digitales Wissens- und
und als Torfersatz, eine effiziente Bereitstellung         Informationssystem für die Landwirtschaft“.
von Bioenergie aus Reststoffen und Energie-                Gefördert durch das Bundesforschungs­
pflanzen sowie die Verwertung von verschiedenen            ministerium entwickeln unter der Koordina­
Faserpflanzen. Gemeinsam mit europäischen                  tion des ZALF die Europa-Universität Viadrina,
Partnern arbeitet das ATB zudem zu Innovations-            die HNEE, das ATB und weitere Projektpart­
strategien für Technologien und Produkte in der            ner ein digitales Entscheidungssystem für die
Bioökonomie.                                               landwirtschaftliche Praxis, das die Anbau­
                                                           systeme mit Hilfe von Robotik, Sensorik und
Das Leibniz-Institut für Agrarlandschafts­                 Computermodellen ökonomisch effizienter
forschung (ZALF) in Müncheberg forscht dazu,               und ökologisch nachhaltiger machen soll.
wie Agrarlandschaften nachhaltig genutzt werden
können sowie zu übergreifenden Lösungen im
Umgang mit aktuellen Herausforderungen wie dem
Klimawandel, einer zukunftsfähigen Ernährungs-        schnellwachsender Gehölze mit Ackerkulturen in
sicherung und dem Biodiversitätsverlust. Neben        sogenannten Agroforstsystemen. Im Bereich der
Grundlagenforschung zu Funktionen und Wechsel-        Bioenergie forscht die BTU zur mechanischen,
wirkungen von Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläu-     thermischen und biologischen Behandlung von
fen in Agrarlandschaften erarbeitet das ZALF auch     Biomasse und biogenen Abfallstoffen. Darüber
Konzepte zur nachhaltigen Entwicklung und             hinaus werden Maßnahmen zur Erzeugung von
Gestaltung intensiv genutzter Agrarlandschaften.      Bioenergie abgeleitet und untersucht.
Derzeit koordiniert das ZALF das Verbundprojekt
DAKIS (siehe Box).                                    Ein Schwerpunkt der Forschungsaktivitäten der
                                                      Hochschule für nachhaltige Entwicklung
Das Forschungsinstitut für Bergbaufolgeland­          Eberswalde (HNEE) im Bereich ländlicher Räume
schaften (FIB) in Finsterwalde begleitet die          sind die Themen Nachhaltigkeit und Regionali-
forstwirtschaftliche Rekultivierung von Tagebauen,    tät. Ein Fokus liegt auf verschiedenen Nutzungs-
vor allem im Lausitzer Braunkohlerevier. Schwer-      möglichkeiten von land- und forstwirtschaftlichen
punkte der Forschung sind die Bodenbewertung,         Flächen. So werden alternative Landnutzungs-
die standortgerechte Baumartenwahl sowie              möglichkeiten wie Land- und Forstwirtschaft,
Dünge- und Waldpflegemaßnahmen. Das Institut          ­Naturschutz oder Tourismus sowie Maßnahmen
untersucht auch den Anbau schnellwachsender            zum Schutz biologischer Vielfalt bewertet. Auch zu
Baumarten wie Pappel, Robinie oder Weide, um           zukunftsfähigen Agrarsystemen forscht die HNEE
das Spektrum an Energiepflanzen zu diversifizieren.    mit einem Fokus auf die nachhaltige regionale
                                                       Produktion und Nutzung von Biomasse. Im Be-
Auch die Brandenburgische Technische Uni­              reich der Bioenergie erstellt die Hochschule unter
versität Cottbus-Senftenberg (BTU) forscht an          anderem Potenzialstudien zur Bereitstellung von
alternativen Anbausystemen zur Biomasseproduk-         Biomasse und befasst sich mit dem Anbau von
tion, mit einem Fokus auf die Bioenergieerzeu-         ­Agrarholz. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt
gung. Ein Beispiel sind Untersuchungen dazu, wie        der HNEE ist der ressourcenschonende Umgang
schnellwachsende Gehölze in innovative Land-            mit Holz. Neben einer ökologisch nachhaltigen
nutzungssysteme in der Bergbaufolgelandschaft           Waldbewirtschaftung stehen die grundlagenorien-
des Lausitzer Braunkohlereviers integriert werden       tierte Holzforschung, neuartige Verarbeitungs­
können. Dabei handelt es sich um Kurzumtriebs­          methoden und die Entwicklung holzanaloger Werk-
plantagen sowie um die Kombination des Anbaus           stoffe im Mittelpunkt der Aktivitäten der HNEE.

                                 FORSCHUNG UND INNOVATION ZU BIOÖKONOMIE IN BRANDENBURG
                                                                                                            11
Ähnliche Schwerpunkte verfolgt die Technische        das Institut für Lebensmittel- und Umweltfor­
           Hochschule Wildau (TH Wildau). Sie forscht zu        schung (ILU) in Nuthetal. Neben funktionellen
           der Bereitstellungslogistik für Waldenergie- sowie   Lebensmittelzutaten und -herstellungsverfahren
           Agrarholz und koordiniert das Innovationsnetzwerk    befasst sich das Institut mit Proteinen aus nach-
           Holzlogistik (siehe Box).                            wachsenden Rohstoffen. Diese werden für Lebens-
                                                                und Futtermittel nutzbar gemacht, ebenso wie für
                                                                chemisch-technische Anwendungen. So arbeitet es
                                                                an der Produktoptimierung von Backmischungen
Innovationsnetzwerk                                             auf Leguminosenbasis. Auch forscht das Institut
Holzlogistik (Innoholz)                                         an alternativen Futtermitteln für Aquakulturen aus
                                                                Mikroorganismen oder daran, wie Biertreber in der
Das Netzwerk „Innoholz“ besteht aus kleinen und mittel­
                                                                Tierernährung oder bioaktive Malzwirkstoffe in der
ständischen Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft,
                                                                Kosmetikindustrie eingesetzt werden können.
Forschungseinrichtungen, branchennahen Institutionen
und Fachbehörden. Ziel des Netzwerkes ist es, logistische
Beschaffungskonzepte für Rund- und Energieholz zu               Im Fokus des Instituts für Getreideverarbeitung
entwickeln sowie Maßnahmen der Informationslogistik             (IGV) in Nuthethal stehen innovative Produkte,
zur digitalen Kennzeichnung des Holzes und die Weiter­          Anlagen und Verfahren für die Lebens- und Futter-
entwicklung bestehender Transporttechnik. Auf diese             mittelherstellung aus pflanzlichen Rohstoffen.
Weise soll die Wettbewerbsfähigkeit der Branche                 Spezialisiert ist das Institut auf dem Gebiet der
stabilisiert und ausgebaut werden.                              Mikroalgenforschung. Die Produktpalette umfasst
                                                                vegane Proteinerzeugnisse auf Basis von allergen-
www.innoholz.org
                                                                und gentechnikfreien Rohstoffen sowie bioaktive
                                                                Wirkstoffextrakte auf pflanzlicher Rohstoffbasis
                                                                für die Kosmetik- und Nahrungsmittelindustrie.
           Forschung zu Bioökonomie-
                                                                Das Institut für Binnenfischerei (IfB) in Potsdam-
           Spezialthemen                                        Sacrow forscht zum Schutz und zur Förderung von
           Weitere brandenburgische Forschungsinstitute         Gewässern und Fischgemeinschaften und verfolgt
           befassen sich mit Spezialthemen, die für die Bio-    das Ziel einer nachhaltigen Fischereiwirtschaft.
           ökonomie relevant sind. Sie werden im Folgenden      Das Institut entwickelt und optimiert Technologien
           vorgestellt.                                         für eine kontrollierte Vermehrung und Aufzucht von
                                                                Fischen in Aquakultur und bearbeitet Fragestellun-
           Das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zier­           gen zur Entwicklung der gewässertypischen Fisch-
           pflanzenanbau (IGZ) in Großbeeren agiert an der      bestände und zur Nutzung künstlich entstandener
           Schnittstelle zwischen pflanzenwissenschaftlicher    Gewässer wie Tagebauseen durch die Fischerei.
           Grundlagenforschung, der Entwicklung umwelt-
           gerechter Produktionssysteme sowie nachhaltigen      Der Entwicklung von innovativen und nachhaltigen
           Anbau- und Nutzungsmethoden von Gemüse- und          Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen sowie
           Zierpflanzen. Im Projekt „Food4Future“ forscht es    Prozesshilfsmitteln und Verfahren widmet sich das
           zu Innovationen zur Produktion gesunder Lebens-      Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymer­
           mittel. Im Vorhaben „Gartenbausysteme der Zu­        forschung (IAP) in Potsdam. Im Verarbeitungs-
           kunft“ (HORTSYS) wird die Entwicklung zukunfts-      technikum Biopolymere Schwarzheide des IAP
           fähiger Gartenbausysteme untersucht.                 werden marktgängige und neue biobasierte Kunst-
                                                                stoffe verarbeitet. Mit industrienaher Anlagentech-
           Zu technologischen und anwendungsorientierten        nik können dort aussichtsreiche Forschungsergeb-
           Fragestellungen der Lebensmittelwirtschaft forscht   nisse geprüft und praxisnah umgesetzt werden.

  12         FORSCHUNG UND INNOVATION ZU BIOÖKONOMIE IN BRANDENBURG
Nachhaltig heute in Brandenburg
                                                            2017 hat die Wirtschaftsförderung Brandenburg
                                                            die Kampagne „Nachhaltig heute in Brandenburg“
                                                            gestartet. Ziel ist es, nachhaltig arbeitende Unter­
                                                            nehmen aus dem Bundesland sichtbar zu machen
                                                            sowie Impulse für neue Unternehmungen und ein
                                                            nachhaltiges Wirtschaften in Brandenburg zu geben.
In diesem Themenbereich ist auch das Helmholtz-             Im Bereich der Bioökonomie ist das Themenfeld Bio­
Zentrum für Biomaterialentwicklung in Teltow tätig.         polymere hervorzuheben. Neben den Themenfeldern
Es forscht unter anderem zu multifunktionalen,              Kunststoff-Recycling und Leichtbau werden hierzu
polymerbasierten Biomaterialien für Anwendungen             auf einer Webseite Unternehmen und Einrichtungen
in der regenerativen Medizin.                               aus Forschung und Entwicklung sowie aus dem
                                                            produzierenden Gewerbe mithilfe von Text und Videos
Internationale Klima- und                                   vorgestellt. Die Teilnahme weiterer Unternehmen und
­Geoforschung ...                                           Forschungseinrichtungen ist gewünscht. Diese haben
                                                            die Möglichkeit, sich auf der Webseite zu registrieren
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung               und Partner für die eigenen Aktivitäten in Branden­
(PIK) und das Helmholtz-Zentrum Potsdam                     burg zu finden.
Deutsches GeoForschungszentrum (GFZ), beide
auf dem Potsdamer Telegrafenberg ansässig,                  www.nachhaltigheute.de
betreiben in ihren Themenfeldern Forschung auf
internationalem Spitzenniveau.

                                                       Darüber hinaus verfügt Brandenburg in verschie-
… mit Relevanz für die Bioökonomie
                                                       denen Bereichen über eine Vielzahl relevanter
in Brandenburg                                         Netzwerke, Interessensvertretungen und Verbünde.
Das PIK untersucht disziplinübergreifend die Ent-      Beispielhaft seien hier genannt: der Kunststoff-
wicklung ländlicher Räume mit wissenschaftlich         verbund Berlin / Brandenburg (KuVBB), der Berlin-
und gesellschaftlich relevanten Fragestellungen        Brandenburgische Verband für Polymerforschung
in den Themenbereichen Globaler Wandel sowie           (BVP), der Biotechnologieverbund Berlin-Bran-
Klimafolgen und -anpassung. Mit Datenanalysen,         denburg (bbb), die Gesellschaft zur Förderung
Computersimulationen und empirischen Ansätzen          der innovativen Region Mittelostbrandenburg
werden Wissensgrundlagen, Strategien und Hand-         (FIRM), der Landesbeirat Holz Berlin-Brandenburg
lungsoptionen für eine zukunftsfähige Entwick-         (lbholzbb) sowie der Verband zur Förderung des
lung von Mensch und Umwelt erarbeitet. Für die         ländlichen Raumes (pro agro). Darin vertreten sind
Bioökonomie relevante Forschungsschwerpunkte           sowohl innovative mittelständische Unternehmen
des GFZ befassen sich mit den Wechselwirkungen         als auch Großunternehmen, Universitäten, Fach-
zwischen der Erdoberfläche und dem Klima sowie         hochschulen, außeruniversitäre Forschungsein-
mit dem Erkennen von Naturgefahren. Aus diesem         richtungen, wirtschaftsnahe Institutionen, Verbände
Wissen werden Strategien und Handlungsoptionen         und Verwaltungen. Als Multiplikatoren tragen sie
abgeleitet, die der Sicherung des menschlichen         zu einem bedarfsorientierten Technologie- und
Lebensraums dienen. Berücksichtigt werden dabei        Wissenstransfer sowie zur Vernetzung der Akteure
auch Maßnahmen zur Sicherstellung einer nach-          aus Forschung und Praxis bei.
haltigen Ressourcen- und Energieversorgung.
                                                       Mit der Vielfalt an Forschungsinstitutionen und
                                                       Netzwerken ist Brandenburg als Forschungs- und
Wissenstransfer zur Förderung einer
                                                       Innovationsstandort im Bereich der Bioökonomie
nachhaltigen Bioökonomie                               gut aufgestellt. Durch weitere Forschung und Ent-
Um die Erkenntnisse aus Forschung und Entwick-         wicklung an Hochschulen und außeruniversitären
lung zu bündeln und zu verbreiten, sind insbeson-      Forschungseinrichtungen sowie durch Aktivitäten
dere die Clusteraktivitäten der Wirtschaftsförderung   des Wissenstransfers kann das Land auch zu-
Brandenburg von Bedeutung.                             künftig eine wichtige Position beim Ausbau einer
                                                       nachhaltigen Bioökonomie einnehmen.

                                 FORSCHUNG UND INNOVATION ZU BIOÖKONOMIE IN BRANDENBURG
                                                                                                             13
Was macht
Bioökonomie nachhaltig?
Welche ökonomischen, ökologischen und sozialen Anforde­
rungen an eine nachhaltige Bioökonomie sind zu beachten,
die politisch und gesellschaftlich breit akzeptiert werden?
Diese Frage wird die öffentliche Debatte bei der Bereit­
stellung und Nutzung von Biomasse, Rest- und Abfallstoffen
sowie von Halb- und Fertigwaren fortlaufend begleiten.

        Dieses Kapitel stellt einen Kriterienkatalog vor, der    Im Januar 2020 wurde gemeinsam vom Bundes­
        in Abstimmung mit Vertreterinnen und Vertretern          forschungsministerium und Bundeslandwirtschafts-
        der betroffenen Ressorts der brandenburgischen           ministerium die Nationale Bioökonomiestrategie
        Landesregierung erarbeitet wurde, um Praxis-             herausgegeben. Diese richtet die Bioökonomie an
        beispiele für diese Broschüre auszuwählen. Die           den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung der
        Kriterien ­wurden so gewählt, dass sie relevanten        Vereinten Nationen aus. Sie führt die ­bisherige
        wissenschaftlichen Erkenntnissen und aktuellen           Nationale Politikstrategie Bioökonomie und die
        politischen Zielsetzungen entsprechen. Sie orien­        Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie
        tieren sich an folgenden drei Rahmenwerken:              2030 zusammen und entwickelt sie weiter. Ziel ist
                                                                 es, die Aktivitäten in einem kohärenten Rahmen
         ▶ Nationale Politikstrategie Bioökonomie                zu bündeln, um eine nachhaltige, kreislauforien­
          ­(siehe Box unten)                                     tierte und innovationsstarke ­heimische Wirtschaft
                                                                 zu ­fördern (siehe Ausblick Seite 70). Auf die
         ▶ Nachhaltigkeitsstrategie des Landes
                                                                 ­politischen Leitlinien und ­strategischen Ziele der
          ­Brandenburg (siehe Seite 8)
                                                                ­Nationalen Bioökonomie­strategie konnte ­während
         ▶ Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen            der Laufzeit des ­Projekts noch kein Bezug
          (siehe Boxen Seite 15 und 17)                         ­genommen werden.

        Nationale Politikstrategie Bioökonomie (BMEL 2013)

        Die Strategie beinhaltet mehrere übergeordnete Zielstellungen

        • Ernährungssicherung und Produktion gesunder Nahrungsmittel

        • Klima-, Umwelt und Naturschutz

        • Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion

        • Nachhaltige Nutzung biogener Ressourcen

        • Substitution fossiler Rohstoffe

        • Wettbewerbsfähigkeit

        • Förderung von Innovationen

        • Wirtschaftswachstum und Beschäftigung im ländlichen Raum

 14        WAS MACHT BIOÖKONOMIE NACHHALTIG?
Nachhaltige Bioökonomie:
14 Kriterien für die Bereiche Umwelt,
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft

Der Kriterienkatalog auf den Seiten 16-17 ­besteht
aus 14 Kriterien, die sich den drei Bereichen
Umwelt, Wirtschaft sowie Politik und Gesellschaft       Blick auf die einzelnen Wertschöpfungsketten in
zuordnen lassen. Die Kriterien sind mit ­mehreren       Form von Kurzporträts. Diese sollen es den
Indikatoren untersetzt und nehmen Bezug auf             ­Leserinnen und Lesern ermöglichen, den aktuellen
­einzelne Nachhaltigkeitsziele der Vereinten             Beitrag und die weiteren Entwicklungsmöglichkei­
 ­Nationen. Um die Nachhaltigkeit der Wertschöp-         ten der einzelnen Beispiele für eine nachhaltige
  fungsketten einschätzen zu können und besondere        Bio­ökonomie in Brandenburg einzuschätzen. Mit
  Aktivitäten zu erfassen, wurden Vertreterinnen und     dieser Darstellungsform dient die Broschüre dazu,
  Vertreter der ausgewählten Beispiele interviewt.       besonders nachhaltige Wertschöpfungsketten
  Um die Übertragbarkeit zu bewerten, wurde auch         sichtbar zu ­ma­chen, bei denen die Erzeugung
  nach Potenzialen und Herausforderungen gefragt.        und ­Verarbeitung biologischer Ressourcen im
  Das Ergebnis ist ein kompakter und ­differenzierter    ­Vordergrund stehen.

Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (UN 2016)
Bei den sogenannten „Sustainable Development Goals“ (SDGs) handelt es sich um die
17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Sie sollen weltweit dazu dienen, eine nach­
haltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene zu sichern. Die
SDGs folgten auf die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) und traten am 1. Januar 2016
in Kraft. Ihr Zielhorizont ist das Jahr 2030, somit umfassen sie eine Laufzeit von 15 Jahren.
Anders als die MDGs, die insbesondere Ziele für Entwicklungsländer umfassten, gelten
die SDGs für alle Staaten. Die 17 Ziele werden auf Seite 17 vorgestellt.

https://sustainabledevelopment.un.org/sdgs

                                                             WAS MACHT BIOÖKONOMIE NACHHALTIG?
                                                                                                             15
Kriterienkatalog nachhaltige Bioökonomie

KRITERIEN                    INDIKATOREN                                                     BEZUG ZU SDG

UMWELT

Substitution fossiler        • Erzeugung oder Verwendung von biobasierten Materialien        12, 13, 15
Rohstoffe                      als Alternative zu fossilbasierten Nutzungspfaden

Nutzung erneuerbarer         • Betrieb von Biogasanlagen (ggf. Abwärmenutzung),              7, 12, 13
Energien                       ­Photovoltaik, Windkraft, Biomasseheizkraftwerken

Energie- und Ressourcen-     • Kreislaufwirtschaft durch Reststoffnutzung, Recycling,        2, 7, 12, 13, 15
effizienz                      ­Kaskaden- und / oder Koppelnutzung
                             • Stoffstrom-Flexibilität

Artgerechte Tierhaltung      • Teilnahme an Qualitäts- und Tierwohlprogrammen                2, 12
                             • Prozessinnovationen in Tierhaltungssystemen

Klimaschutz                  • Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen,           7, 13, 15
                               Luftschadstoffen, Feinstaub

Umweltschutz                 • Standortangepasste, naturverträgliche Landbewirtschaftung     6, 13, 15
(Biodiversität, Boden,       • Schutz und Pflege des Bodenkohlenstoffspeichers
Wasser)
                             • Reduktion von Mineraldünge- und Pflanzenschutzmitteln
                             • Extensive Bewirtschaftung, Pflege-, Schutz- und / oder
                               ­Erweiterungsmaßnahmen biodiverser Flächen
                             • Vermeidung der Belastung von Gewässern
                             • Maßnahmen zur Einsparung, Aufbereitung und Weiter­
                               verwendung von Prozesswasser

WIRTSCHAFT

Regionale Wertschöpfung      • Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen                    4, 8, 9, 11, 12, 17
                             • Vor- bzw. nachgelagerte Stufen der Wertschöpfungs­kette in
                               ländlichen Regionen
                             • Stärkung der ländlichen Infrastruktur

Wirtschaftlichkeit           • Wirtschaftlicher Betrieb möglich                              8, 9, 17
                             • Potenziale zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit vorhanden

Förderung von Innovationen   • Etablierung neuer Verfahren                                   8, 9, 12, 17
                             • Markteintritt von Vorhaben zur Forschung und Entwicklung
                             • Patentanmeldungen
                             • Eigene Forschungsabteilung

 16           WAS MACHT BIOÖKONOMIE NACHHALTIG?
KRITERIEN                 INDIKATOREN                                                 BEZUG ZU SDG

 POLITIK & GESELLSCHAFT

 Regionalität und          • Nutzung regionaler Ressourcen                             8, 9, 11, 12, 17
 Dezentralität             • Schaffung regionaler Absatzmärkte und
                             ­Wert­schöpfungsstrukturen
                           • Replizierbarkeit und Übertragbarkeit

 Verantwortungsbewusster   • Ökologische Vorteilhaftigkeit des Produktes               12, 17
 Konsum                    • Langlebigkeit oder Wiederverwendbarkeit
                           • Einhaltung produktspezifischer Nachhaltigkeitsstandards

 Unternehmerische          • Förderung von Aus- und Weiterbildung der Angestellten     4, 8, 9, 17
 Sozialverantwortung       • Ausbildungsbetrieb für neue Fachkräfte
                           • Maßnahmen zur Inklusion und / oder Integration

 Wissenstransfer           • Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen,           4, 8, 9, 17
                             Universitäten, Schulen und Praxisbetrieben
                             (etwa durch Clusterinitiativen)

 Partizipation und         • Beteiligung an bioökonomierelevanten Aktivitäten          4, 9, 17
 Transparenz               • Information von Stakeholdern (Tag der offenen Tür,
                             ­Workshops)

Sustainable Development Goals (SDGs) –
Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (2016)

                                                     WAS MACHT BIOÖKONOMIE NACHHALTIG?
                                                                                                  17
Beispiele einer
nachhaltigen Bioökonomie
Von Algen, die zu Arzneimitteln verarbeitet werden, bis
zu Nahwärmenetzen, die ganze Dörfer mit erneuerbarer
Energie versorgen: Die Bandbreite an Beispielen für
eine nachhaltige Bioökonomie in Brandenburg ist groß.

        Über 20 Best-Practice-Beispiele für bioökono-         Im Bereich Bioenergie werden ausgewählte
        mische Wertschöpfungsketten werden in dieser          Wertschöpfungsketten zur betrieblichen und
        Broschüre vorgestellt. Dabei werden vielverspre-      kommu­nalen Energieversorgung sowie zur Bio-
        chende Forschungsergebnisse und Demonstra-            kraftstoffherstellung vorgestellt. Ob es um lokale
        tionsvorhaben präsentiert, genauso wie etablierte     Wärmenetze, Beiträge zur Vollversorgung mit
        Wertschöpfungsketten, die ganzheitliche Ansätze       erneuerbarer Energie, Nutzung von CO oder
                                                                                                        ²
        verfolgen. Die Beispiele stammen aus fünf             ­Biomethan aus Stroh geht – die Vielfalt ist groß.
        Bereichen:

        Der Bereich Land-, Fischerei- und Ernährungs­
                                                              Nachhaltigkeit als Voraussetzung
        wirtschaft widmet sich der Nahrungsmittelpro-         Bei der Auswahl der Beispiele stand Nachhaltigkeit
        duktion. Die Beispiele reichen von Biolandbau und     im Fokus: Es werden nur solche Ansätze darge-
        „Smart Farming“ über kreislauforientierte regionale   stellt, bei denen die nachhaltige Erzeugung und
        Produktion und neuartige Kooperations- und Ver-       Verarbeitung biologischer Ressourcen im Vorder-
        marktungsmodelle für Landwirtschaftsbetriebe bis      grund stehen. Im Kapitel „Was macht B  ­ ioökonomie
        zur hochtechnologischen Fischzucht.                   nachhaltig?“ werden die dafür ­zugrundeliegenden
                                                              Nachhaltigkeitskriterien und -indikatoren darge­
        Im Bereich Nachhaltiges Bauen, Forst- und             stellt. Dabei werden alle drei Dimensionen der
        Holzwirtschaft stehen die Produktion von öko-         Nachhaltigkeit betrachtet.
        logischen Baustoffen und das Bauen mit nach-
        wachsenden Rohstoffen wie Holz, Hanf und Stroh        Die ökologische Dimension wird insbesondere
        im Mittelpunkt.                                       durch Klima- und Umweltverträglichkeit abgebildet.
                                                              Beispielhaft sei hier die hohe Ressourceneffizienz
        Die Biotechnologie bietet vielfältige Möglich-        bei der Produktion von Insektenlarven genannt.
        keiten, um Mikroorganismen einzusetzen oder           Ohne Inanspruchnahme von landwirtschaft-
        tierische und pflanzliche Bestandteile zu ver-        licher Nutzfläche wird bei geringem Platz- und
        arbeiten. Die Beispiele in diesem Bereich reichen     Materialaufwand hochwertiges Eiweißfutter-
        von Biokunststoffen im Gesundheitswesen über          mittel ­produziert. Insbesondere die Möglichkeit,
        Mikroalgen als Fischfutter und Zucker aus Ligno-      Larven mit organischen Abfällen zu füttern, ist
        cellulose bis zu biobasierten Verpackungen aus        ­ressourcenschonend.
        Pflanzenfasern.
                                                              Mit Blick auf die ökonomische Dimension sind
        Auch Rest- und Abfallstoffe können zu viel­           für das Flächenland Brandenburg ­insbesondere
        fäl­tigen neuen Produkten verarbeitet werden.         ­Wertschöpfungsketten interessant, die durch
        ­Während an Rinden als Dämmstoff und inno­­            dezentral anwendbare Erzeugungs- und Verarbei­
         vativen Laubkomposten noch geforscht wird,            tungs­schritte einen Beitrag zu regionaler Wert-
         ­können bereits heute Fette und Proteine aus          schöpfung und Beschäftigung leisten. So wird
          Insekten­larven oder Faserplatten aus Holzrest­      beispielsweise Hanf im Gebiet um Prenzlau ange-
          stoffen weniger nachhaltige Produkte ersetzen.       baut, in der dort angesiedelten Anlage verarbeitet

 18       BEISPIELE EINER NACHHALTIGEN BIOÖKONOMIE
Ausgewählte Best-Practice-Beispiele einer nachhaltigen Bioökonomie in Brandenburg

 LAND-,                  NACHHALTIGES              BIOTECHNOLOGIE        VERWERTUNG             BIOENERGIE
 FISCHEREI- UND          BAUEN, FORST-                                   VON REST- UND
 ERNÄHRUNGS­             UND HOLZWIRT-                                   ABFALLSTOFFEN
 WIRTSCHAFT              SCHAFT

 • Milch aus            • Energieeffiziente    • Orthesen aus           • Mit ­Laubkompost     • Biomethan aus
  ­regionalem             ­Fertighäuser aus        ­Biokunststoff         Gewässer               Stroh
   ­Nährstoffkreislauf     Holz                 • Verpackungen aus        ­schützen             • Waldrestholz für
 • Eine Bio Ranch        • Nachhaltiges Bauen     Pflanzenfasern         • Fette und Proteine     die betriebliche
   in der Mark:            mit regionalen       • Mikroalgen als           aus Insekten           Energieversorgung
   ­Hanf, Rinder,          Rohstoffen             ­Fischfutter           • Holzfaserplatten     • Kommunale
    ­Landurlaub          • Häuser aus                                      ­aus Abfällen          Nahwärme aus
                                                • Mit Mikroalgen der
 • Atlantischer Lachs      ­Strohballen           Atmosphäre CO          • Mit Nadelholz­­        Waldrestholz
   aus dem Barnim                                                 ²
                         • Mit Hanf dämmen        entziehen               rinden dämmen         • Energieautark mit
 • Mit Agroforst           und bauen            • Zucker aus                                      Biomasse, Wind
   arme Standorte                                 ­Ernterückständen                               und Sonne
   ­aufwerten                                      und Reststoffen
 • Krummes
   Bio-Gemüse für
   Kantinen
 • Bürgeraktien für
   die Agrarwende

und auf dem selben Betriebsgelände zu vielfältigen      schaffen: sei e
                                                                      ­ s die Ausgabe von Bürgeraktien
Produkten wie Hanfdämm- und -baustoffen weiter-         für regionale Bio-Landwirtschaftsbetriebe mit
verarbeitet. Das benachbarte Architekturbüro berät      Nachhaltigkeitskon­trolle vom Feld bis zum Verkauf
Bauherren zum Einsatz der nachwachsenden                oder die genossenschaftliche Energieversorgung
­Rohstoffe und führt entsprechende Aufträge aus.        mit wirtschaftlicher Teilhabe und Stärkung des
                                                        Zusammenhalts. Auch die Thematik der Lebens-
Die soziale Dimension kommt in den Diskus-              mittelverschwendung gehört dazu – aussortiertes
sionen mit der Fach- und der breiten Öffentlich-        krummes und mit optischen Makeln versehenes
keit nicht selten zu kurz. Aufgenommen wurden           Bio-Gemüse wird für Kantinen bereitgestellt und
deshalb auch Beispiele, die unmittelbaren Bezug         sorgt durch den Aufkauf für ein Zusatzeinkommen
zur Nutzung von Biomasse haben und dabei                der Produzentinnen und Produzenten.
einen deutlichen gesellschaftlichen Mehrwert

                                                      BEISPIELE EINER NACHHALTIGEN BIOÖKONOMIE
                                                                                                             19
Beteiligung von Ressorts und                               der ressortübergreifende Austausch führten zu
          ­Fachöffentlichkeit                                        einem besseren gemeinsamen Verständnis ­davon,
                                                                     was ein nachhaltiger Umgang mit Biomasse
          Der Sammlung dieser Praxisbeispiele ging ein               ­be­deutet.
          mehrstufiger Beteiligungsprozess mit betroffe-
          nen Landesministerien und der Fachöffentlichkeit           Um relevante Akteure für das Thema ­Bioökonomie
          voraus.                                                    in Brandenburg zu sensibilisieren und die Viel-
                                                                     falt und Bandbreite der Beispiele konkreter Wert-
          Aus den Ressorts für Wirtschaft, Forschung,                  schöpfungsketten zu erfassen, wurden zwei
          Bauen sowie Umwelt und Landwirtschaft wurde                  Beteiligungsveranstaltungen durchgeführt und
          eine interministerielle Projektgruppe gebildet.            ­anschließend dokumentiert. Teilnehmende aus
          Sie verständigte sich in drei Abstimmungs­treffen           ­Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und
          und zahlreichen bilateralen Gesprächen auf                   Politik diskutierten die Lage der Bioökonomie in
          ­grundlegende Definitionen und Auswahlkriterien.             Brandenburg, ermittelten Akteure, verfügbare Res-
           Auch für die finale Auswahl der Beispiele stimmte           sourcen, Treiber und Hemmnisse. Sie benannten
           sich die interministerielle Projektgruppe ab. Das           insgesamt etwa 70 Projekte und Unternehmungen,
           ­Zusammentreffen verschiedener Sichtweisen und              die im weiteren Prozess zur Auswahl standen.

Beteiligungsprozess zur Auswahl von Best-Practice-Beispielen
einer nachhaltigen Bioökonomie in Brandenburg

Beteiligungsprozess mit …

                                                                                Zweite Beteiligungs-
                     Erste Beteiligungs-
                                                                                  veranstaltung
                       veranstaltung
                                                 Online-Erfassung               • Impulsvorträge zu den          Interviews mit
                      • Diskussion zum Status
… der Fach-                                      von Best-Practice-                Perspektiven auf die          ausgewählten
                      quo der Bioökonomie in
öffentlichkeit               Brandenburg            Beispielen                         Bioökonomie               Beispielgebern
                                                                                    • Priorisierung der
                        • Erfassung von Best-
                                                                                erfassten Best-Practice-
                          Practice-Beispielen
                                                                                         Beispiele

Oktober     November Dezember           Januar    Februar        März            April          Mai          Juni             Juli
              2018                      2019

                            Erste Ressort-                                                            Dritte Ressort-
                                                       Zweite Ressort-
                             abstimmung                                                                abstimmung
                                                        abstimmung
… den Ministerien             Verständigung                                                      Auswahl der Best-Practice-
                                                       Verständigung auf
                                                                                                     Beispiele für die
                                                     Nachhaltigkeitskriterien
                               Bioökonomie                                                              Broschüre

                                                                                              Impressionen aus den
                                                                                              Beteiligungsveranstaltungen
Auswertung der Beispielsammlung nach Entwicklungsstand und Themenbereichen
          Beispiele nach Entwicklungsstand                              Beispiele nach Themenbereichen
         Pilot- /                                            Verwertung von Rest-
       Demophase                                               und Abfallstoffen
         11 %                                                                                          Land-, Fischerei- und
                                                                     13 %
                                                                                                       Ernährungswirtschaft
                                                                                                               28 %

                                                             Biotechnologie
  Forschung &                                                     16 %
  Entwicklung
      17 %
                                               in der
                                          wirtschaftlichen         Bioenergie                           Nachhaltiges Bauen,
                                           Anwendung                  19 %                            Forst- und Holzwirtschaft
                                                72 %                                                            24 %

Die bundesweite Dimension der Bioökonomie und            Broschüre nur einen Ausschnitt der Bioökonomie
die Rolle der Nachhaltigkeit bei der Umsetzung           in Brandenburg präsentieren. In jedem der Kurz­
einer zukunftsfähigen Bioökonomie wurden bei             porträts, die im Folgenden vorgestellt werden, sind
den Veranstaltungen durch Impulsvorträge von             Kontaktdaten und weitere Informationen zum
Dr. Haiko Pieplow (Umweltbundesamt), Prof. Dr.
Daniela Thrän (Bioökonomierat) und Jochen Fritz
(Regionalwert AG) deutlich. In Kleingruppen gab
es umfassende Möglichkeiten zum fachlichen Aus-
tausch. Vielen Akteuren, die sich auf unterschied-
liche Weise mit der Erzeugung und Verarbeitung
biologischer Ressourcen befassen, wurde ihre
Rolle als Teil der Wertschöpfungskette bewusster.
Zudem sahen sie durch den Austausch die Not-
wendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit für
einen nachhaltigeren Umgang mit Biomasse.

Akteure weiter vernetzen und
Kooperationsmöglichkeiten nutzen
Ein „Mehr“ an Vernetzungs- und Austausch­­
möglichkeiten sowie an Wissen zur Bioöko­nomie           Vernetzen und Weiterlesen zu finden. Im Anhang
waren die Hauptanliegen, die Akteure aus                 werden weitere Bioökonomie-Beispiele aus
­Brandenburg immer wieder für ihr Interesse an           Brandenburg aufgeführt, die im Beteiligungs­
 den Beteiligungsveranstaltungen genannt haben.          prozess gesammelt wurden. Bereits bestehende
 Dazu gehörte auch der Austausch zu konkreten            Formate zur Vernetzung von Akteuren und zum
 Projekten und das Kennenlernen von potenziellen         Kennenlernen von konkreten Bioökonomie-­
 neuen Kooperationspartnern. Aufgrund der Vielfalt       Aktivitäten werden exemplarisch im Kapitel
 an möglichen Wertschöpfungsketten kann diese            „Bio­öko­nomie in Brandenburg“ vorgestellt.

                                                      BEISPIELE EINER NACHHALTIGEN BIOÖKONOMIE
                                                                                                                21
FORSCHUNG & ENTWICKLUNG (F&E)

                                     STATUS
PILOT- / DEMOPHASE

IN DER WIRTSCHAFTLICHEN ANWENDUNG

LANDWIRTSCHAFTLICH

                                     ROHSTOFF
FORSTWIRTSCHAFTLICH

MIKROORGANISMEN /
TIERISCHE AUSGANGSSTOFFE

REST- / ABFALLSTOFFE

BIOLOGISCH
                                     VERARBEITUNG

MECHANISCH

CHEMISCH

THERMISCH

BAUWIRTSCHAFT
                                     ANWENDUNG

KONSUMGUT

ENERGIE

HILFS- / ARBEITS- / BETRIEBSMITTEL
Informationen
zu den Porträts
Symbole ordnen die Porträts von Wertschöpfungs­
ketten und Projekten einer nachhaltigen Bioökonomie
in Brandenburg ein und geben Auskunft über:

 ▶ Das Entwicklungsstadium, also wie nahe die
  Wertschöpfungskette an der Marktreife steht

 ▶ Die Erzeugung beziehungsweise den oder
  die Ausgangsstoff(e)

 ▶ Den oder die Verarbeitungsprozess(e)
  der Rohstoffe

 ▶ Die Nutzung des Produkts oder dessen
  Anwendung

Die geografische Verortung im Land Brandenburg
zeigt den Hauptsitz des beispielgebenden Unter-
nehmens oder Projektes sowie weiterer Beteiligter.

Jedes Porträt ist einem Bioökonomie-Bereich zugeordnet

  LAND-, FISCHEREI- UND ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT

  NACHHALTIGES BAUEN, FORST- UND HOLZWIRTSCHAFT

  BIOTECHNOLOGIE

  VERWERTUNG VON REST- UND ABFALLSTOFFEN

  BIOENERGIE

                                                     INFORMATIONEN ZU DEN PORTRÄTS
                                                                                     23
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