NARRHALLA - Mainzer Carneval-Verein
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NARRHALLA DEUTSCHLANDS ÄLTESTE FASTNACHTSZEITUNG | AUSGABE 2017 | KOSTENLOS HELLER KOPF IN DUNKLER ZEIT Seppel Glückert zum 125. Geburtstag OHNE FASTNACHT KEIN LEBEN Familie Koch: Drei Generationen Narretei LEINEN LOS FÜR „HELAU CRUISES“ O Gott, MCV-Ballett macht jetzt auch Possen Herr Pfarrer! Der schärfste Kritiker des Protz- bischofs brilliert auch in der Bütt Mainzer Carneval- Verein 1838 e.V.
1 hört zu Meen NARRHALLA 2017 | PROMIS IN DEN MUND GELEGT m ge z am Rhoi, Do De „ wie Fassenacht, Weck, Worscht un Woi!“ ...na, wenigstens 99 Cent? Wer bietet Motto d 1,11 Euro? er Kampagne 2017 – unterstützt von Ihrer MVB! Ich hätte Was gibt es es gleich wissen müssen. denn heute noch Noch nicht einmal ein für 99 Cent? Narr kauft den Hahn für 99 Cent. Oh, Entschuldigung. Ich dachte, Sie sind die chinesische Delegation. Was auch immer Sie antreibt – wir helfen Ihnen, Ihre Wünsche und Ziele zu erreichen. Ich könnte Ihnen den Hahn ja vergolden. Das ist unser Grundprinzip, unsere Promis in den Mund gelegt Verpflichtung als Genossenschaftsbank. Malu Dreyer, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz Fotos: Thomas Gottfried · Text: Redaktion Wir wünschen Ihnen eine tolle, närrische Kampagne 2017! Mainzer Volksbank
2 VORWORT | NARRHALLA 2017 NARRHALLA 2017 | INHALT 3 TITELTHEMA UFF DE GASS HINTER DEN KULISSEN Liebe Närrinnen und Neues Duo am Neuer Chef, neue Ideen: Mikro: Jetzt wird’s MCV stellt sich neu auf .................. 18 Narrhallesen, Bund ...................9 Leinen los für „Helau Cruises“: Marschbefehl für drei MCV-Ballett tanzt bei Posse ........... 35 nachdem wir im letzten Jahr den 175. Geburtstag dieser deratoren, neuen Fastnachtsprodukten oder dem eher neu neue Garden: Jäger, ältesten Fastnachtszeitung aus gutem Grund mit leisen entdeckten Format einer Damensitzung. Deutschlands äl- Bohnen und Gardinen.................... 10 Großes Motto, Tönen und nicht pompös gefeiert haben, starten wir mit teste Fastnachtszeitung – mal kritisch hinterfragend, mal kleiner Pin ............... 43 Elan in die nächsten 175 Jahre. Trotz aller elektronischer satirisch persiflierend, jedoch stets sorgfältig recherchie- Bonjour Tristesse: Medien mit all der Flüchtigkeit und gleichzeitig schier rend und objektiv berichtend. O Gott, Herr Pfarrer: Der Zug fällt aus ............................ 22 unendlichen Konservierbarkeit von Informationen wollen Der Flörsheimer Geistliche wir an unserer Zeitschrift – der Narrhalla – auch weiter- Ganz besonders hoffe ich, dass Ihnen das Redaktionsge- Sascha Jung steigt an Fastnacht hin festhalten. Man kann in ihr richtig blättern, sie gefal- spräch mit dem Flörsheimer Pfarrer Sascha Jung bei der in die Bütt – und stellt sich dem SATIRE UND KOKOLORES tet oder ungefaltet mitnehmen und vor allem ohne Strom Lektüre genau so viel Freude bereitet wie mir. Ein noch Redaktionsgespräch ........................ 12 und Netzverbindung jederzeit lesen, sich informieren oder junger Geistlicher, der mit dem Anspruch in die Bütt geht, Fredi Hurtig live aus Berlin: über die Geschichten schmunzeln. munzeln. unserem Publikum ein lebendiges, frisches Bild von Neues Bundesamt macht BAFF ....34 der katholischen Kirche zu vermitteln, dabei kein NARREN IM PORTRÄT Auch in diesem Jahr finden ndden Sie wieder eine Mi- Blatt vor den Mund nimmt und blendend ankommt schung aus aktuellen Themen emen der Mainzer Fast- – den kann nicht nur sein Bistum, sondern auch un- Zum 125. Geburtstag von nacht, aber auch aus sehrr interessanten, histo- sere Fastnacht bestens gebrauchen. Seppel Glückert: Heller Kopf Schambes rischen Einblicken zu närrischen rrischen Ereignissenn in dunkler Zeit ..................................5 Happy End im Mai: Ratzegickel oder zu traditionsreichen h n Fastnachtsym- he Es ist also ein ganzes Bündel an Information, Spaß Rheinhessenumzug rockt! ............ 24 sagt, wie’s ist: bolen. Dazu gehört auch h ein Blick zurück und Vorfreude auf die Kampagne 2017 geschnürt. Kimmt e in die Kampagne 2016 mit der wetterbe- wetterbe- Ein Novum? Schon früher Stermsche… ..... 44 dingten Absage des Rosenmontagszugs, osenmontagszugs, Viel Freude beim Lesen. sind Züge ausgefallen.................... 27 aber auch mit einem wunderbaren nderbaren Umzug g und einem grandiosen Fest est zum 200. Ge- Ge- e Herzlichst, Ihr Für die kleinen Kreativen: RUBRIKEN burtstag der Region Rheinhessen. nhese sen. n. Der Jugendmaskenzug .................. 28 Reinhard Urban, Promis in den Mund gelegt ............. 1 Ein neuer Vorstand des Main- Maiin-- Präsident des Mainzer Carneval-Vereins Vorwort des Präsidenten ................. 2 zer Carneval-Vereins von 183 1838 838 GESCHICHTE FÜR NARREN Inhaltsverzeichnis/Impressum nis/Impressum .......3 e.V. ist gewählt und stellt sich vor. Die Narrhalla-Redaktion tion tio Familie Koch: Ein Leben ohne Das Eulenfass: Wie der wagt auch schon mal einen n n ne Fastnacht? Gibt’s nicht! ................. 20 komische Vogel an die Bütt kam ...38 Blick in die kommende ndde Kampagne, mit neuen Mo- M - Mo Dr. Werner Jacobs: Der Mann, „Ladies Funzel Night“: Narrheit Narr-Hallo ........................................32 ........................................32 der Säle zum Singen brachte ........ 30 war noch nie Männer-Privileg.......46 Zugente........................................... .......................................... 48 IMPRESSUM NARRHALLA – DEUTSCHLANDS ÄLTESTE FASTNACHTSZEITUNG Herausgeber, Dr. Michael Kläger, Andreas Riechert, Druck: Dank und Anerkennung Anzeigen und Vertrieb: Günter Rüttiger Westdeutsche Verlags- Besondere Anerkennung und Mainzer Carneval-Verein 1838 e.V. und Druckerei GmbH Dank für die finanzielle Unterstüt- Emmeransstraße 29, 55116 Mainz Lektorat: zung durch Spenden und Inserate Telefon (0 61 31) 23 20 11 Herbert Kirchgeßner Urheberrechte: ist der heimischen Wirtschaft aus- Nach dem Umzug Telefax (0 61 31) 22 88 96 www.mainzer-carneval-verein.de Titelbild: Eine Verwendung aller in diesem Heft erschienenen Beiträge, ins- zusprechen. Ohne ihre Hilfe ist die Gestaltung des Rosenmontagzuges ist vor dem Umzug mcv-haus@mainzer-carneval-verein.de Heiner Entgelter besondere der Vorträge, für Film, Funk und Fernsehen und andere undenkbar. Wir bitten alle Leser, diese Firmen beim Einkauf oder Helau und viel Spass uff de Gass! Chefredaktion: Illustrationen: elektronische Medien, aber auch bei Auftragsvergaben wohlwollend Jürgen Schmidt (zuständiges Vor- Peter Beckhaus, Monika Kaemper der Nachdruck in Zeitungen, Zeit- zu berücksichtigen. standsmitglied), Michael Bonewitz, schriften und anderen Printmedi- Wir sind umgezogen: Secal Amend Sicherheitstechnik Otto-von-Guericke-Ring 10a · 65205 Wiesbaden-Nordenstadt Eric Scherer, Maike Hessedenz Fotos: Promis in den Mund gelegt Anerkennung en sowie die mündliche Weiter-und Dank gilt Thomas Gottfried, Andreas Johan- gabeMalu in Veranstaltungen Dreyer ist nur ebenfalls den Ausschüssen des Mehr unter www.secal-amend.de · Telefon: 0611 / 4465600 Redaktion: nides, MCV-Archiv und weitere mit Genehmigung des Mainzer MCV, die unermüdlich an der Peter Beckhaus, Marc Bockholt, Carneval-Vereins möglich. Realisierung des Rosenmontag- Einbruch-, Brand- und Videoüberwachungsanlagen, Zutrittskontroll- und Horst Crössmann, Thomas Gestaltung und Layout: Fotos: Thomas Gottfried zuges arbeiten. Zeiterfassungssysteme. Beratung, Erstellung, Wartungs- und Servicearbeiten Gottfried, Herbert Kirchgeßner, Gedankensprung, Marc Bockholt
NARRHALLA 2017 | NARREN IM PORTRÄT 5 Wenn aus gemeinsamen Momenten besondere werden. MCV-Rednerlegende ahnte schon früh das Unheil im „Heil!“: Seppel Glückert und seine Vorträge im Dritten Reich Bitburger wünscht viel Vergnügen Heller Kopf in bei der Mainzer Fastnacht. dunkler Zeit Am 1. Juni 2016 wäre Seppel Glückert 125 Jahre alt geworden. Eine Legende der Mainzer Fastnachtrednerriege, die sich, wie es sich gehört, nie den Mund verbieten ließ, auch nicht in den unseligen Zeiten des Dritten Reichs. Allerdings setzte er seine Worte mit Bedacht. Wie hellsichtig der Junge aus der Stadthausstraße dem Geist der Zeit nachspürte und ihn auch wiedergab, verdeutlicht MCV-Archivar Dr. Michael Kläger an einigen Beispielen aus Glückerts Vorträgen. T E X T: D R . M I C H A E L K L Ä G E R H I S T O R I S C H E F O T O S : W O L F G A N G H Ü T T E N Wenn aus Bier Bitburger wird. T I T E L I L L U S T R AT I O N : T H O M A S B A U E R U N D T H I L O W E C K M Ü L L E R
6 NARREN IM PORTRÄT | NARRHALLA 2017 NARRHALLA 2017 | NARREN IM PORTRÄT 7 „Heil, ruft man hier, Heil ruft man dort, Im gleichen Vortrag findet sich aber auch die Strophe, die Ein Silbchen nur fehlt diesem Wort, als Verbeugung vor dem neuen NS-OB von Mainz, Dr. Ro- In allen unsern deutschen Landen, bert Barth aufgefasst werden kann: Ist Unheil nur daraus entstanden! „Als Dr. Barth sah frühlingsfrisch Partei und Lüge, Geld und Neid Mit Schweizern erstmals schunkeln ich, Z u den profiliertesten, prominentesten Vier Götzen sind es unsrer Zeit; Da dacht bei mir ich frohgemut: und populärsten Rednern der Mainzer Mit ihnen fühlt man sich verwandt, Der neie Ober, der wird gut.“ Fastnacht gehört Seppel Glückert, des- Und nicht mit dir, mein Vaterland. und sen Geburtstag sich am 1. Juni 2016 zum 125. „Was jahrelang wohl Tag für Tag Mal gejährt hat. Sein Elternhaus in der Stadt- Partei! Dies Wörtchen wenn auch klein, Der Führer seinem Volk versprach hausstraße 6 wurde im Zweiten Weltkrieg Schließt großes Übel in sich ein! Er hielt sein Wort, auf jeden Fall, zerstört. Nach dem Krieg war das elterliche Schreibwaren- Uns drückten Sorgen halb so schwer, Da er gesagt: Ich krieh se all“. geschäft dann in der Augustinerstraße 61 beheimatet. Die Wenn Deutschland wieder einig wär’!“ Seppel-Glückert-Passage befindet sich in unmittelbarer Differenzierte Sicht zum Machtwechsel Nähe des Elternhauses. Und ein Jahr später im Protokoll der Herrensitzung des Zu seinen Vorfahren gehörten so bedeutende Persönlich- MCV am 16.1.1932 bedauerte er den Reichskanzler, der vier In der Narrhalla von 1934 finden sich von unterschiedlichen keiten wie der Dialektdichter Friedrich Lennig (1796–1838) Monate später vom Reichspräsidenten Hindenburg fallen Rednern Texte, die alle den Machtwechsel des Jahres 1933 und sein jüngerer Bruder, der Theologe Adam Franz Len- gelassen und entlassen wurde: gutheißen: Im „Protokoll des närrischen Reichskanzlers nig (1803–1866), der Mainzer Bischof Georg Heinrich Ma- Joseph Glückert“ in der Herrensitzung des MCV heißt es: ria Kirstein (1858–1921) und der Theologe und Politiker „Wär Brüning der Kanzler jetzt unter uns hier, Christoph Moufang (1817–1890). Die Prägung durch seine Mein Regierungsprogramm zu erlauschen, Ein Glück, ich sag’s in aller Nam’ katholische Herkunft und Erziehung führte ihn als Kind in ,Ach Seppel, dät sage er sicher zu mir, Daß endlich mal ein Umschwung kam - den Domchor, und in die Jugend des Katholischen Kauf- Was dät ich so gern mit dir tauschen!“ Wir hätten hier, trotz aller Lust, männischen Vereins. Im „Schwarzen Kasino“ spielte er im Sunst nix zu redde mehr gewußt. Frankfurter Hof in Theateraufführungen mit. Schon 1933 wird das offene Wort eingeschränkt Am südlichen Ende der Stadthausstraße Richtung Schusterstraße Parteien, Notverordnung, Genf, Vorträge sind fast lückenlos dokumentiert stand bis 1944 das Stadthaus, am Nordende zwischen Einmün- Und bei der Generalversammlung des MCV am 18. „Ne- Schmarotzer, Schieber, Schwarz-Rot-Senf, dung Franziskanerstraße und Emmeransstraße das Haus Stadt- belung“ 1933 – man beachte die rasche Umstellung auf die Deß Zeug ist uns aach hier, o Graus, Seinen ersten Fastnachtsvortrag beim MCV hielt er 1925, hausstraße 6 mit dem Geschäft der Familie Glückert. neue Sprachregelung – sind die ersten Einschränkungen Gewachse bald zum Hals heraus. bevor er dort 1928 zum Protokoller wurde. Die folgenden und Gefahren für ein offenes Wort schon einkalkuliert, Vorträge sind fast lückenlos erhalten und in der Ausgaben und wurden auch von Glückert angesprochen: Diese Strophen enthalten Formulierungen, die zum der „Narrhalla“ nachzulesen. Außerdem hat sein Sohn Wil- Sprachgebrauch der Nationalen gehörten. Da sie aber von helm Glückert 1961 (2. Auflage 1962) eine Sammlung von politischen Rechten stieg sprunghaft an. Die NSDAP ver- „Zu reden hier heut’ braucht man Mut, verschiedenen Rednern benutzt wurden und Seppel Glü- Vorträgen und Anekdoten zusammen mit Ernst Falk und vielfachte ihren Stimmenanteil bei den Reichstags-Wahlen Weil, eh’ mer sich vergucke tut, ckert sich schon früh nicht nur als Patriot, sondern auch Jupp Bonewitz herausgegeben. im September 1930 von 2,44 auf 18,54 Prozent. Als Folge Als Opfer seiner närr’schen Kunst, bei verschiedenen Gele- Da die politisch-literarische Fastnacht unbestritten schon der Weltwirtschaftskrise stieg die Arbeitslosigkeit 1932 auf Kann ausquartiert wer’n ganz umsunst. genheiten als Gegner der in ihren ganz frühen Jahren zwischen 1841 und 1848 geeig- ein Maximum von über sechs Millionen – Sozialleistungen Nationalsozialisten zu net war, politische Strömungen zu glossieren, bietet sich für Arbeitslose gab es damals noch nicht. Drum hab’ vorhin ich aach ganz nah erkennen gab, drücken beim Übergang von der Weimarer Republik zum Dritten Nach den Wahlen im November 1932 verfügten KPD und Verabschied’ mich vun meiner Fraa, sie weniger Nähe zu den Reich die Gelegenheit, an Glückerts Vorträgen zu untersu- NSDAP zusammen über mehr als die Hälfte der Reichs- Und rief beim Auseinandergeh’n: neuen Herrschenden als chen, wie die Jahre 1928 bis 1938 fastnachtlich verarbeitet tagsmandate. Schon zuvor konnte Reichskanzler Brüning Wer weiß ob wir uns wiederseh’n. Erleichterung über das wurden. Denn seine Protokolle aus jenen Jahren spiegeln in den Jahren 1930 bis 1932 nur noch mit Notverordnungen Ende der Handlungsunfä- seine Einschätzungen zu aktuellen politischen Themen bis regieren, weil die Gegner der Demokratie und die Vielzahl Wenn ich bis morje früh um vier higkeit aus. in die Nachkriegszeit. der Parteien parlamentarische Mehrheiten erschwerten Im Bett nit lei’, brav newe dir, oder ganz unmöglich machten. Dass das Wort „Partei“ für Die Nachtsitzung find’, sei nit platt, Schwierig: Fastnacht im Dritten Reich Streit, Hader und Handlungsunfähigkeit stand, ist leicht Dann in der Wormser Gegend statt.“ nachvollziehbar. Zum Hintergrund: In den Jahren 1929 bis 1932 kriselte es Hier findet sich ein Hinweis auf das wohl erste bereits mächtig in der Weimarer Republik. Der so genann- Zwei Buchstaben machen aus „Heil“ Unheil auf deutschem Boden errichtete Konzentrati- Ein Foto Glückerts aus sei- te „Young-Plan“ hatte die deutschen Reparationszahlungen onslager in Osthofen, in dem zwischen Mai nem letzten Lebensjahr 1955 neu geregelt, bis 1988 sollten 112 Milliarden Reichsmark an Im Protokoll der Fremdensitzung des MCV am 8. Februar 1933 und Juli 1934 etwa 3000 Menschen inhaf- leidtragende Länder des Ersten Weltkrieges gezahlt wer- 1931 reimte Seppel Glückert im Hinblick auf die Zerstrit- tiert waren. den. Die nationalen Parteien scheiterten mit einem Volks- tenheit der Parteien im Allgemeinen und die Nationalsozi- begehren gegen diesen Plan, aber der Radikalismus auf der alisten im Besonderen:
8 NARREN IM PORTRÄT | NARRHALLA 2017 NARRHALLA 2017 | UFF DE GASS 9 Das neue Duo der Mainzer Straßenfastnacht Keine schwarze Tinte mehr? Kritik an Glückert Eugen Becker glaubte deshalb unter dem Motto „Seid ei- nig!“ reimen zu können: „Schließlich ist noch durchgesickert Jetzt wird’s Unser lieber Seppel Glückert Führt zur Zeit bei meiner Ehr Keine schwarze Tinte mehr. „So wie bei uns im Dritten Reich Ein Geist regiert, sonst keiner, Bund Auch die rote, kurz entschlosse Habt heut’ ihr einem Willen euch Hätt er restlos ausgegosse, Zu fügen – deß iß meiner.“ Moderieren gemeinsam auf den MCV-Bühnen: Hält sich nur noch hör und staun’ (Zitiert nach Mainzer Journal 19.3.1936) Thomas Neger und Lisa Bund An der Einheitsfarbe braun. (…) Im Protokoll zum Auftakt der Jubiläumskampagne am Und dies grad, wo wir doch ewe 13.11.1937 geht es auch um den Beitrag der Stadt Mainz: TEXT & FOTO: MICHAEL BONEWITZ Wolle nor in Friede lewe Wollen niemals Zank und Streit, „Aach die werte Stadtverwaltung Sondern nur die Einigkeit!“ For des Carnevalserhaltung D Dürfte sich dazu entschließen, ie deutsche Popsängerin Lisa Die Nationalsozialisten haben 1933 unter dem Motto „Ei- Mark -zigtausend zuzuschießen. Bund wird in der kommenden nigkeit“ sieben traditionsreiche Korporationen bestehen Mit der, ach so lieb unn teuer Kampagne für den Mainzer lassen, aber kleinere verboten. Man kann also schon sa- Städtischen Vergnügungssteuer Carneval-Verein (MCV) bei der ge- gen, dass die neue Regierung auch in Mainz die Fastnacht Folgte sie uff närr’schen Spuren samten Straßenfastnacht als Modera- gleichschalten wollte. Die Verhaftung des MCV-Komitees Teilnahmsvoll stets unsern Spuren, torin einsteigen. Ihre Fastnachtspre- 1935 kommentierte Glückert so: So, als näm die Lieb kää End.“ miere feierte sie am 11.11.2016 auf dem Schillerplatz und moderierte „Als im März Herr Jakob Sprenger Das Protokoll vom 28.1.1938 ist deshalb sehr aufschluss- dort gemeinsam mit Thomas Neger Nahm in Haft uns närr’sche Sänger reich, weil Glückert dort die anderen Redner namentlich ab 10:30 Uhr das Bühnenprogramm. Habe manche brave Leut’ nennt und charakterisiert. Zusammenfassend heißt es „Ich freu mich riesig auf die Mainzer Sich in Määnz zu früh gefreut. dort: Fastnacht, habe aber auch großen Re- (…) spekt“, bekennt Lisa Bund. Erstmals Bund als Nach- Hier Kritik zu üben frei „Sorgen all mit Mut und Stärk’, präsentierte der MCV am 11.11.2016 folgerin ausge- - So an Dachau knapp vorbei - Daß der Gründer edles Werk - auch ein Abendprogramm. „Wir erfül- guckt hat. „Sie Freude auslöst, immer wieder Mag’s der Sturmwind auch umweh’n, len damit einen Wunsch vieler Nar- ist schlagfertig, Auch bei euch – ich kenn’ euch Brüder.“ Nie in Mainz wird untergeh’n.“ ren, die schon seit Jahren den MCV hat Bühnenprä- bitten, auch über 17:30 Uhr hinaus senz und eine su- Seitenhiebe auch in London Ein Ventil, aus dem Verdruss weichen konnte einen Musik-Act anzubieten“, erklär- per Stimme, sie wird te MCV-Marketingleiter Rainer Step- mit ihrer erfrischenden Als Anfang Februar 1936 eine Mainzer Delegation nach Auch in den dunklen Jahren der nationalsozialistischen pich. So sorgte am 11.11. im Jahr 2016 Natürlichkeit eine Bereiche- Düsseldorf fuhr, kommentierte der „Anzeiger“ im Hin- Herrschaft, in der reglementierten Fastnacht der dreißiger die Band „Kontrollverlust“ abends bis rung für die Mainzer Fastnacht“, ist blick auf „ungesunde Witze“: „… Der närrische Protokoller Jahre, gab es Fastnachter wie Seppel Glückert, die schon 21:30 Uhr auf der Bühne am Schiller- sich Thomas Neger sicher. beim „Promi Dinner“. Ihre Eltern Seppel Glückert mag getrost den Schlag zu seinem Wagen, früh merkten, dass die Hoffnungen auf bessere Zeiten platz für Stimmung unter den Nar- Als Aktive in der Mainzer Fastnacht betreiben in der Mainzer Altstadt das der ihn in diesen Stunden nach Düsseldorf entführt, öff- nach Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit teu- ren. ist Lisa Bund, die hauptberuflich als Dessous-Geschäft „Mainzer Socken- nen. (…) Seppel Glückert wird keineswegs in Dachau lan- er erkauft waren. Die Fastnacht verstand sich – obwohl Lisa Bund will neben dem 11.11. auch Sängerin in ganz Deutschland un- & Wäsche-Eck“. den, das er so manchesmal beschworen hat. Wir glauben gleichgeschaltet – als Ventil, über das Verdruss entweichen in der Kampagne 2017 am Weiber- terwegs ist, bislang noch nicht in Ihrer Fastnachtskarriere sieht sie den Versicherungen, die uns hierin gemacht wurden und konnte. donnerstag und am Fastnachtsonntag Erscheinung getreten. Ihren Durch- ganz entspannt entgegen: „Wir schau- hoffen, im Interesse der Bevölkerung und des Ansehens Betrachtet man sich die Vorträge und Lieder der Mainzer auf der MCV-Bühne moderieren. bruch hatte sie 2007, als sie als en mal, wie sich mein Einstieg an- unseres Karneval, daß die Büttenredner allesamt ohne See- Fastnacht in den dreißiger Jahren, gibt es einiges, was man „Es wird Zeit, die Moderation in jün- Drittplatzierte in der Castingshow lässt, wenn es dem Publikum und lenpein den närrischen Stoff mixen, der uns keine Sorgen heute als unerträglich einstufen muss. Von Seppel Glü- gere Hände zu übergeben“, ergänzt „Deutschland sucht den Superstar“ mir Spaß macht, kann sich noch viel machen, sondern sie zerstreuen soll.“ ckert gehört sehr wenig in diese Kategorie. Dass zusam- Thomas Neger, der sich nach und fast über Nacht berühmt wurde. Seit entwickeln.“ Thomas Neger hat schon Auch wenn die weitaus meisten Verse im Vortrag beim men mit ihm auch Karl Moerlé, Philipp Kepplinger sen., nach aus der Moderatoren-Tätigkeit einigen Jahren tritt sie mit verschie- die eine oder andere Idee im Hinter- Kostümfest der Deutschen Kolonie in London unpolitisch Ernst Mosner, Adolf Gottron und Jakob Wucher beim Neu- für den MCV zurückziehen will. Zu- denen Band-Formationen ganzjährig kopf: „Sie hat Potential und Talent waren, Seitenhiebe wie dieser fehlten nicht: aufbau nach dem Krieg wieder dabei waren, spricht dafür, sammen mit den Humbas wird er auf, sie moderierte bereits für diverse und ist wie geschaffen für die Main- dass sich die Mehrheit der Mainzer Fastnachter zwischen allerdings auch weiterhin als Sänger Radiosender, hatte mehrere Chart- zer Fastnacht.“ Genau wie Thomas 1933 und 1945 nicht kompromittiert hat. an Fastnacht auftreten: „Bis zur Rente Platzierungen sowie Gastauftritte un- Neger und alle Aktiven des Mainzer habe ich ja noch etwas Luft“, schmun- ter anderem in „Gute Zeiten, Schlech- Carneval-Vereins übt Lisa Bund ihren zelt Neger, der sich ganz gezielt Lisa te Zeiten“, im Dschungelcamp und MCV-Job im Ehrenamt aus.
10 UFF DE GASS | NARRHALLA 2017 NARRHALLA 2017 | UFF DE GASS 11 Frauenpower für die Fastnacht Die zweitgrößte der neu gegründeten Garden hat sich der Frauenfastnacht ver- Jäger, Bohnen schrieben. Elf Aktive mischen inzwischen mit – zehn davon sind Frauen. Genau das ist Sinn und Zweck der 1. Mainzer Frauen-Garde (MFG) „Die Gardinen“: Der Fastnacht mehr Frauenpower zu verpassen. Den Damen geht es in erster Linie darum, gemeinsam Fastnacht zu feiern, in der Kampagne mitzumischen, und Gardinen Spaß zu haben. In einem anderen Verein Mitglied zu werden, war allerdings spätestens dann keine Option mehr, als die sechs Gründungsmitglieder sich in einen Namen für ihren Verein verliebt hatten. Marschbefehle für drei neue „Die Gardinen“ – dieser Name muss einfach in die Annalen der Mainzer Fast- nacht eingehen. In der aktuellen Kampagne starten die „Gardinen“ mit einem Garden sorgen für frischen kleinen Pop-up-Feldlager durch; außerdem wurde der erste Mann, die „Gardi- nenstange“, aufgenommen. Ein Mann pro Jahr darf mitmischen – allerdings Wind in der Mainzer Fastnacht nur, wenn er die Standarte der Mädels trägt. Fesche Uniformen haben sich die „Gardinen“ zugelegt, in Schwarz mit weißen Gardinen-Epauletten, handge- schneidert von einer Mainzer Designerin, berichten die Närrinnen um Vereins- Als Fastnachtsneuling in die renommierten Garden vorsitzende Maria Weyand. „Gutes Aussehen“ ist schließlich in der Vereinssat- einzutreten, um deren lange Tradition zu pflegen, ist zung klar festgeschrieben. „So sind Frauen eben.“ eine feine Sache – aber nicht jedermanns. Es gibt auch Narren, die gründen lieber ihre eigene Korporation, und auch die haben ihre Berechtigung. In jüngster ter Zeit sind es in Mainz gleich drei neue Garden. Wir haben aben mal Tannengrüne Achse nachgefragt, wer sie sind und was sie vorhaben. aben. für die Bohnebeitel T E X T: M A I K E H E S S E D E N Z F O T O S : M F G „ D I E G A R D I N E N , Die bislang größte der drei Neu-Garden M B C „ D I E B O H N E G A R D “, T H O M A S G O T T F R I E D ist in Mombach zuhause. „Mir sin‘ die Neue‘ – guten Tach! Mir habbe‘ noch mit käänem Krach, für Fastnacht sin‘ mir jetzt am Start, als: MBC – Die Bohnegard.“ MBC steht dabei für „Mombacher Bohne- Corps“. Fünf Männer waren es zunächst, Der Jäger im Narrenzirkus – die den Verein gründeten. Knapp 70 Mit- glieder – inklusive vieler Frauen – hat der eine One-Man-Show Verein inzwischen; und die wollen dafür sorgen, dass die Mombacher Bohnebeitel Steht eigentlich irgendwo geschrieben, wieviele Mitglieder eine Garde min- endlich eine passende Garde an ihrer Seite destens haben muss, um sich Garde schimpfen zu dürfen? Wenn ja, dann haben. schert das Bernd Frank trotzdem nicht. Er ist Generalfeldmarschall, Präsi- Die Idee hatte Uwe Ferger, Präsident der dent, Gardist, Standartenträger und noch so einiges andere in Personalunion. Bohnegard und langjähriges Mitglied der „Meenzer Jägergarde“ nennt sich seine Garde, und die besteht aus – genau Mombacher Bohnebeitel, schon lange, – einer Person. Damit ist sie zum einen die kleinste Garde der Stadt – je nach aber erst Jahre später wurde das Vorhaben Blickwinkel aber wohl auch eine der größten. in die Tat umgesetzt. Dann allerdings machten die Gründungsmitglieder Nägel Mit 2,04 Meter Körpergröße dürfte Bernd Frank die meisten Gardisten der mit Köpfen: Die passende Uniform in Tannengrün und Cremeweiß sollte auf Fastnachtshochburg deutlich überragen. Natürlich kann er als Ein-Mann-Gar- jeden Fall von Anfang an mit dabei sein. Bei diesem nicht unwichtigen Aspekt de keinen Verein gründen, dafür sind mindestens drei Mitglieder vonnöten. haben sich die Bohnegardisten die Kleidung der Kurmainzer Garde zum Vorbild „Das sind mir aber zwei zuviel,“ meint er. Und frönt weiter allein seiner Jä- genommen. Die nämlich habe in Mombach dem Kurfürst Emmerich Joseph von germeister-Leidenschaft. Die Jägergarde ist nämlich ganz klar einem Getränk Infos zu den Garden: Breidbach zu Bürresheim gedient, meint Ferger. Und sie hatte mit Krieg nicht verschrieben: Dem berühmten Kräuterlikör, der einen Hirschkopf im Logo www.bohnegard.de viel am Hut. Beste Voraussetzungen also für das Mombacher Bohne-Corps, das trägt. Ja, die knallorange gewandete Garde von Bernd Frank ist überschaubar inzwischen nicht nur bei den Bohnebeitel-Sitzungen, sondern auch bei der Stra- – was nicht heißt, dass er sich bei fastnachtlichen Aktivitäten zurücknimmt. www.mfg-diegardinen.de ßenfastnacht am Start ist. Orden verteilt er an verdiente närrische Gefährten, bei vielen fastnachtlichen www.jaegergarde.de Großereignissen ist er am Start. Und sein eigenes Motto hat er auch. 2017 heißt es bei ihm: „Ohne Bürokratie unn ohne Pack – Die oanzisch Meenzer Einmanngaad“.
NARRHALLA 2017 | TITELTHEMA 13 „Der Heilige Geist Herr Pfarrer, wie kommt denn ein Jun- ge, der in Niederzeuzheim im Wes- terwald aufwächst, das erste Mal mit Fastnacht in Berührung? Da war ich 13 oder 14. Später, als ich schon Klavier spielte, habe ich auch eine Gesangsgruppe übernommen. Da haben wir anfangs unsere Lieder der Kirche. Sie haben mir dann zu Weihnachten eine Gitarre geschenkt, aber aus Trotz habe ich die nie ange- fasst. Erst als sie erfuhren, dass man wird Euch eingeben, Früh, sogar sehr früh schon. Mein einfach so hintereinander weggesun- zunächst drei Jahre Klavier lernen Vater war Alleinunterhalter und über gen, bis ich sagte, jetzt müssen wir muss, ehe es an die Orgel geht, ha- die Fastnachtstage immer unterwegs. dem Ganzen auch mal einen roten ben sie ihre Einwilligung erteilt. So Meine Mutter musste in dieser Zeit Faden geben, so, wie die Mainzer begann ich eine Ausbildung zum Kir- im Wirtshaus ihrer Eltern aushelfen. Hofsänger das machen. Da sind wir chenmusiker des Bistums Limburg. was Ihr sagen sollt“ Also sind wir Kinder am Fastnachts- dann auf eine musikalische Weltrei- Bald darauf starb der Kirchenorganist freitag bei meiner Großmutter abge- se gegangen. 1998 bin ich dann aus unserer Gemeinde, und ich musste geben worden und haben dort dann meinem Heimatort weg, weil ich ihn ersetzen. Mit 16. „Mainz bleibt Mainz“ geguckt. Jahre- das Abitur nachholen wollte, aber an lang. Die Sendung wurde fester Be- Fastnacht immer noch eingependelt. Und haben dann auf diese Weise wei- standteil meines Lebens. Bis 2002. Heute gibt es den bun- terhin viele Predigten gehört, die Sie ten Abend in Niederzeuzheim nicht inspirierten… Und Klein-Sascha fand das alles auch mehr. Schade. Nicht nur. Unser Gemeindepfarrer gleich lustig? war ein guter Mann, auch wenn er viel Nicht nur. Wenn das „Heile Gänsje“ Und wann hat die Kirche begonnen, beim Predigen geschrien hat, aber gespielt wurde, hat meine Oma Rotz Sie zu faszinieren? später habe ich auch Pfarrer erlebt, und Wasser geheult. Und wenn Jockel Mit dem Vorbereitungsunterricht zur die ihren Job eher schlecht als recht Fuchs begrüßt wurde. Erstkommunion. Er wurde von der gemacht haben. Und dann hab ich Ehefrau des Diakons gehalten. Ich oben an meiner Orgel gesessen und Beim „Heile Gänsje“ können wir’s ver- war unsterblich in deren Tochter ver- gedacht, meine Güte, das geht doch stehen, aber dass Frauen bei seiner liebt und total glücklich, dass ich mit auch anders. Ich hab angefangen, Vorstellung geweint haben, hätte Jo- ihr in eine Kommunionsgruppe kam. theologische Bücher zu lesen. Parallel ckel, dem großen Charmeur, gar nicht Parallel habe ich auch meine mu- habe ich 1991 meine Ausbildung zum gefallen… sische Seite entdeckt, weil ich von der Bankkaufmann begonnen, war in al- Sie war einfach gerührt, wie herzlich Kirchenorgel fasziniert war. Bald war len möglichen Vereinen aktiv, auch an die Mainzer ihn bei seiner Vorstel- ich auch werktags in jedem Gottes- Fastnacht, hab weiter Musik gemacht, lung empfingen, obwohl er schon seit dienst, stand neben dem Organisten auch Tenorhorn und Posaune gelernt. Jahren nicht mehr im Amt war. Sie und hab mir dabei auch die Predigten war überzeugte Sozialdemokratin, angehört – und festgestellt, hey, was Bis irgendwann der Entschluss fallen neben Helmut Schmidt war Jockel ihr da gesagt wird, hat unheimlich viel musste, Priester zu werden… großes Idol. Weil er so volksnah war, mit mir zu tun. Und ich wollte selbst Ja. Ich hatte auch mal eine Priester- Wahlkampf auch in Kneipen machte. Orgel spielen. Meine Eltern waren weihe im Limburger Dom mit Bi- dagegen, hatten es auch nicht so mit schof Franz Kamphaus erlebt, das Und wie ist Klein-Sascha selbst aktiv geworden? Unsere Feuerwehr hat jedes Jahr an Fastnacht immer einen bunten Abend Ein Pfarrer in der Bütt: Sascha Jung über seine Jugend im veranstaltet. Da wollte ich unbedingt mitmachen. Also bin ich zur Jugend- Westerwald, seine Zeit in Rom, seine Kämpfe in Limburg feuerwehr. Ich hatte nur ein Problem: Ich war als Kind ziemlich dick, ein und seine Pflichten in der Kampagne Andreas Schmitt im Kleinformat, ei- gentlich mehr als Hydrant geeignet, Er nennt sich lieber „Hütehund“ statt Hirte, weil er sich dadurch eher auf Augenhöhe mit auch, weil ich schnell rot wurde. Aber sie haben mich dennoch genommen. seinen Schäfchen fühlt. Auch sonst ist Sascha Jung ein sehr ungewöhnlicher Diener Gottes. Als Kaplan in Limburg war er einst einer der härtesten Widersacher des Protzbischofes Wie sahen Ihre ersten Auftritte denn aus? Tebartz-van Elst. Und als Gemeindepfarrer von Flörsheim steigt er nun an Fastnacht Ich erinnere mich noch, wie ich mal regelmäßig in die Bütt – auch, um, wie er selbst sagt, „mal die Sau rauszulassen.“ Vor Teil des Naabtal-Duos war und den damaligen Hit „Patrona Bavariae“ allem ist der 41-Jährige eines, wie sich im Redaktionsgespräch mit der Narrhalla zeigt: Ein gesungen habe. Später gab es unter engagierter Verfechter des offenen Wortes. Und nicht zuletzt das macht ihn nicht nur zu den Aktiven mal Streit, wie er ja öfter mal vorkommt in der Fastnacht, der einem Prediger, dem man gerne zuhört, sondern auch zu einem echten Fastnachter. Schlussredner warf hin, und da ka- men die Organisatoren zu mir und F O T O S : H E I N E R E N T G E LT E R , E R I C S C H E R E R , R A I N E R S T E P P I C H sagten, das musst du jetzt machen.
14 TITELTHEMA | NARRHALLA 2017 NARRHALLA 2017 | TITELTHEMA 15 hat mich sehr beeindruckt. Ich hab großartigen Erlebnis: Mein Vater, der Funken und bei der Kolpingsfami- ich das nicht mitbekomme. Ich hab den Bischof dann auch persönlich immer dagegen war, dass ich Priester lie. Einen Pfarrer, der auch auf die das Thema in meinen Predigten auf- kennengelernt, als ich gefirmt wur- werden wollte, hat darauf bestanden, Narrenbühne ging, hatten die aber gegriffen. de und ich Jugendsprecher der Pfar- mich persönlich nach Rom zu fahren. schon, und ich wurde eigentlich nie rei war. Da wurde mir langsam klar, Ich verstand, was er mit dieser Geste gefragt. Mir hat es auch nicht gefehlt. Was dem Bischof gar nicht gefiel… dass ich das auch mal machen wollte. sagen wollte, und habe eingewilligt. Ich saß unten im Publikum, hab das Nach einem Jahr war Feindschaft Ich war auch noch eng mit den Eltern Diese Fahrt ist für mich unvergesslich Programm genossen, aber nach Rom angesetzt. Ich hab gemerkt, das geht meiner Jugendliebe verbunden, die geblieben. war so viel Zeit vergangen, da hab ich so nicht, das läuft völlig in die Irre, haben auch gesehen, dass ich eine mich einfach nicht mehr als Aktiver da leidet die Kirche, das Bistum, die Begabung dafür habe, mir aber zu- Und wie war Rom karnevalistisch auf- gefühlt. Menschen. Schließlich bin ich zum geredet, lediglich Diakon zu werden, gestellt? Rapport bestellt worden, am Tag vor damit ich den Frauen nicht verloren Das war das Allerschlimmste: das Aber Sie haben aus nächster Nähe mit- Fronleichnam, in einem Zimmer, das gehe. Aber dem stand mein Wester- nächste Notstandsgebiet. Wir hat- bekommen, wie Tebartz-van Elst zum mich an die Stasi-Zentrale in Berlin wälder Starrkopf entgegen. Wenn ich ten nicht mal deutsches Fernsehen, Thema wurde. erinnert hat. Da machte der Bischof mir was in den Kopf gesetzt habe, will ich konnte also nicht einmal „Mainz O ja. Anfangs noch vorsichtig, doch eine Mappe auf und konfrontierte ich das richtig und gut machen. bleibt Mainz“ gucken. Die Sendung mit der Zeit wurde der Ton immer mich mit zugetragenen Dingen, die er zum 50-jährigen Jubiläum hab ich schärfer. Die Fastnacht hat da, wie es über mich in Erfahrung gebracht hat- Um Theologie zu studieren, brauchten mir auf DVD besorgt und dann jeden sich gehört, versucht, ein Ventil zu te. Und da sitzen sie dann da, 36, drei Sie aber Abitur. Fastnachtsfreitag geguckt, jahrelang. sein. Die Not der Limburger wurde Jahre Priester, ein Jahr in der Dom- Da habe ich mich von Bischof Kamp- Ansonsten habe ich zum Ausgleich aber bald so groß, dass dieses Ventil pfarrei, und sehen alle Vorurteile, die haus beraten lassen. Der empfahl mir, Einmal haben wir einen Sketch insze- Bühnenprogramms. Das war natür- ein wenig Theater gespielt, aber seri- nicht mehr ausreichte. Ich war Kap- Menschen gegen Kirche jemals vor- das altsprachliche Abitur über den niert, der auf der Toilette spielt. Dazu lich was für mich. Da bin ich als Teu- ös, „Biedermann und die Brandstifter“ lan der Dompfarrei St. Georg, hab ge- gebracht haben, in diesem Moment zweiten Bildungsweg am Spätberufe- muss man wissen: In St. Pirmin gab fel über die Bühne, hab auch einen und so. Und in einem Priestersemi- merkt, wie es brodelt, da konnte ich bestätigt. Ich kann Ihnen gar nicht nenseminar St. Pirmin im badischen es nur Etagentoiletten und Duschen, Chor mitgegründet. Da hab ich auch nar, da mussten wir anfangs auch die das Thema in meinen Predigten nicht sagen, was in diesem Moment in mir Sasbach nachzuholen. Das habe ich da hat man sich über die Kabinen- das erste Mal theologische Themen in Frauenrollen spielen, das war schwie- außen vor lassen. kaputtging. gemacht. Zuvor aber musste ich noch türen hinweg unterhalten, und wenn meine Vorträge eingebaut. rig, vor allem nach dem Missbrauchs- meinen Eltern reinen Wein einschen- jemand dazu kam, hat er sich ins Ge- skandal. Später haben wir auch mit Und sind so zu einem der schärfsten Aber Sie wollten auch nicht aufgeben. ken. Und meiner Freundin – nein, spräch eingeklinkt – da spielte sich Gab’s da nicht auch mal manchmal evangelischen Theologen kooperiert, internen Kritiker des Bischofs gewor- Nein. Ich bin dann da raus und habe es war nicht die Jugendliebe aus der also ein sehr skurriler Teil unseres Ärger? so stießen zwei Frauen zur Truppe, den… gedacht, diese Kirche darf nicht unter- Kommunionsgruppe, sondern eine Alltags ab, und den haben wir in un- Schon, aber noch nicht mal wegen auch eine aus Bad Kreuznach, die in Sehen Sie, im Evangelium heißt es: gehen, ich kämpfe jetzt für die Lim- tolle Frau aus meinem Heimatort, serer Nummer widergespiegelt. Wir der Themen, die wir aufgriffen, son- ihrer Bleibe in Rom auch Deutsches Der kluge Mann baut sein Haus auf burger. Das spitzte sich immer mehr auf deren Hochzeit ich später Musik haben auf der Bühne so getan, als ob dern, wenn wir bestimmte Leute Fernsehen hatte. Da gab’s dann end- Fels und der törichte auf Sand. Wenn zu, auch über andere Grabenkämpfe. machen sollte. Ich hab ihr erklärt, wir pinkeln würden, und dafür so ein hochgenommen haben, den Regens lich wieder „Mainz bleibt Mainz“ für Sie so etwas ihrer Gemeinde vorlesen Ich hatte aber auch Glück, dass es dass ich nicht mit 40 oder 50 zuhau- Geräusch von plätscherndem Wasser zum Beispiel. Aber man konnte uns mich. Im gleichen Jahr schloss ich und spüren, wie die Leute unruhig Leute gab, die schützend die Hand se sitzen und hadern will, mir diesen eingespielt, das über zehn Minuten nicht böse sein, es war ja offiziell er- aber auch schon mein Studium ab werden und zu murmeln beginnen, über mich hielten, die mich auch ge- Traum nicht erfüllt zu haben. Und lang lief, die Wirkung aufs Publikum laubt. In einem Jahr war gerade der und bin nach Limburg zurück. dann wissen Sie: Die haben jetzt den warnt haben, aber ich habe gesagt, dass ich für diese Entscheidung frei war entsprechend. Ein anderes Mal utopische Film „Matrix“ angelaufen, Mann mit der Mitra vor Augen, der ich tue nichts, was verboten ist, ich sein muss. Sie hat das verstanden und haben wir den Auftritt von Mr. Bean da haben wir den Abend so angelegt, Wo Sie sich bestimmt gleich wieder den Domfelsen, diesen tausend Jahre bleibe nur authentisch. Ich wusste, wir haben uns in beidseitigem Einver- bei Queen Elizabeth nachgespielt, das dass wir von Auftritt zu Auftritt auf aktiv in die Fastnacht gestürzt haben… alte Stein, abfräsen lässt, ihn zerstört, dass alles, was ich sagte, von Hecken- nehmen getrennt. kam ebenfalls gut an. einer andere Ebene der Wirklichkeit Gar nicht mal. Klar gab’s in Lim- um sich da in ein Haus reinzusetzen. schützen aufgenommen und 1:1 an anlangten. Und dann präsentierten burg Fastnacht, bei den Blauweißen Da kann ich doch nicht so tun, als ob den Bischof weitergegeben wurde. In Sasbach war’s dann aber nicht nur Ganz schön schräg. Konnten Sie sich wir einen weiblichen Nikolaus, das mit der Beziehung vorbei, sondern denn in Ihrem anschließenden Theolo- hat auch nicht jedem gefallen. Ich bin auch mit der Fastnacht, oder? giestudium auch humoristisch weiter- in dieser Zeit auch mal in Frankfurt Das war zunächst einmal karnevalis- entwickeln? auf dem Umzug mitgefahren, konnte tisches Notstandsgebiet, ja, aber nun Na, was glauben Sie denn? An der St. von Frankfurt aus schnell nach Hau- war ich ja da. So begann meine erste Georgen Hochschule in Frankfurt bin se, das hat Spaß gemacht. Aber dann große Missionstätigkeit: Ich hab da ich mit der Art konfrontiert worden, kam Bischof Kamphaus und meinte, unten die Pirminsfastnacht einge- wie die Jesuiten Fastnacht feiern. Da ich solle mein Studium in Rom fort- führt, Mitstreiter um mich geschart war es üblich, dass am Vorabend des setzen. und ein vierstündiges Sitzungspro- Nikolausfestes der jüngste Novize gramm aufgezogen, für Schüler, Leh- den Oberen des Hauses für 24 Stun- Was war daran so schlimm? rer und das übrige Personal. Auch den ablöst, und zwar während der Rom ist wunderschön, aber auch ge- Leute aus dem Ort haben wir einge- liturgischen Vesper, wenn es heißt: fährlich. Wer dort länger zum Stu- laden. Die Pirminsfastnacht ist sogar Er stürzt die Mächtigen vom Thron dium ist, kann schnell das Gefühl nach meinem Weggang noch ein paar und erhört die Niedrigen. Am 6. De- bekommen, dass er nun zur Elite Jahre fortgeführt worden. zember gab es eine Art Fastnachts- gehört, und dann auch Gefahr läuft, veranstaltung, da durfte der Eintages- sich in der Schönheit der Gewänder Geben Sie uns doch einmal einen Ein- Vorsteher dann allen den Spiegel und in pontifikaler Prachtentfaltung blick in die Qualität Ihrer damaligen vorhalten, der Till lässt grüßen, und zu verlieren. Für mich allerdings be- Vorträge. das im Rahmen eines vierstündigen gann die Reise nach Rom mit einem
16 TITELTHEMA | NARRHALLA 2017 NARRHALLA 2017 | TITELTHEMA 17 Ich habe ihn auch einmal unter vier ich es als höchsten Akt der Loyalität Und in Flörsheim haben Sie die Fast- Ich greif zum Teil auf Sachen zurück, Augen zurechtgewiesen, auch einmal ansehe, einem Bischof zu sagen, dass nacht wiederentdeckt? die ich schon mal gemacht habe, an- in einer Versammlung mit jüngeren es so nicht weitergeht und er dadurch Schneller, als Sie „Helau“ sagen kön- dere Dinge kommen einfach so, ich Priestern, da war mir schon zugetra- auch persönlich Schaden nimmt. Da- nen. Das war das erste, was gefragt kann das auch nicht erklären. Das gen worden, dass die Kosten für sei- nach gabs Applaus, und zu den weni- wurde: Hat der neue Pfarrer was mit kommt übrigens auch in meinem nen geplanten Palast weitaus höher gen Leuten, die nicht klatschten, ge- Fastnacht am Hut? Denn meine Vor- Gottesdienst vor. Ich bereite eine Pre- lagen als bei den 9,85 Millionen, die hörten meine Eltern. Sie hatten Angst gänger waren auch immer in die Bütt digt vor und merke plötzlich, da ist er immer angab. Bald darauf wur- um mich. Sie bereuten, dass sie mich gegangen, meistens im Duett mit der etwas ganz anderes dran. Im Evan- de ich versetzt. Am 18. August 2013 zu einem gradlinigen Menschen erzo- Flörsheimer Fastnachtsikone Engel- gelium heißt es an der Stelle, an der nahm ich Abschied aus Limburg und gen haben. bert Hammer. Also dachte ich mir, Jesus seine Jünger auf die Notzeit der vom Limburger Dom. das wäre auch für mich der ideale Ein- Verfolgung vorbereitet: „Sucht nicht Zwei Wochen später sind Sie als Pfar- stieg. Dummer Weise aber hatte En- im Voraus schon, für eure Verteidi- Mit einer Predigt, die in den Medien rer von Flörsheim eingeführt worden. gelbert Hammer kurz zuvor erklärt, gung zu sorgen, in dem Moment wird bundesweit auf ein Riesenecho stieß. Den beschaulichen Ort muss man sich weitestgehend aus der Fastnacht euch eingegeben durch den heiligen Die FAZ hat darüber berichtet, die nicht unbedingt als Strafversetzung zurückzuziehen. Ich musste ihn also Geist, was ihr sagen sollt…“ Und das ZEIT damals geschrieben, ich hätte empfinden. überreden. Und ich hatte Glück. Ich erlebe ich in ernsten und heiteren die wichtigste Predigt meines Le- Da hatte der Bischof ausnahmswei- erfuhr, dass er als Kind selbst mal Momenten, das ist eine Gabe, für die bens gehalten, und im Nachhinein se mal auf seine Berater gehört. Die Pfarrer werden wollte. Mit der Rolle ich sehr dankbar bin. muss ich sagen, das stimmt auch. Da sagten, wenn sie den irgendwohin hab ich ihn geködert, hab ihm an- war mir längst klar, der Klerus ist ge- versetzen, was wie Diaspora aussieht, geboten, mit ihm ein Flörsheimer Damit hatten Sie Ihre Feuertaufe be- spalten, in pro und contra. Und ich wird der seine Arbeit dort trotzdem Konzil anno 2035 zu inszenieren. Da standen. Wie ging’s weiter? hab an Winston Churchill gedacht, gut machen, aber Sie werden sich konnte er nicht Nein sagen. Na wie wohl? Mein Auftritt stand in der die Deutschen gehasst hat, aber noch mehr Kritik einhandeln. Ich war der Zeitung, dann riefen die Wickerer der nach dem Zweiten Weltkrieg kaum in Flörsheim, da überschlugen Lassen Sie uns raten: Ein Thema die- an und die Weilbacher, sie hätten ei- nicht für diesen Morgenthau-Plan sich die Ereignisse in Limburg auch ses Konzils war – Tebartz? nen Ausfall, ob ich denn nicht aus- gestimmt hat, sondern gesagt hat, schon. Erst wurde bekannt, dass die Selbstverständlich. Wir sind ordent- helfen könnte, da konnte ich schlecht wir bauen Deutschland wieder auf, Baukosten nun doch 31 Millionen lich über ihn hergezogen. Am Ende Nein sagen. Und dann sollte ich na- aber auf dem Widerstand, der in der betrugen, dann kam die Meldung, haben wir unsere schwarzen Souta- türlich wiederkommen. Zum Flörs- Nazi-Zeit geleistet wurde, denn den dass die Hamburger Staatsanwalt nen fallenlassen und sind in einen heimer Carneval-Verein (FCV) muss- gab es ja auch. Da hab ich mir gesagt, ein Verfahren wegen falscher eides- Waschzuber aus Holz gestiegen, da te ich natürlich auch. (MCV), da werde ich bei der neuen dienst von mir beigewohnt oder gese- wenn hier bald ein neuer Bischof her- stattlicher Erklärung eröffnen wird. stand dick und fett der Preis drauf: „Ladies Night“ auftreten. Alex Leber hen, wie ich Kranke betreue? Damit kommt – und es war ja absehbar, dass Am 10. Oktober hat der Limburger 15.000 Euro. Unsere Badehosen Und wer beim FCV gut ankommt, wird hatte mich angefragt, auch da konn- habe ich sie allerdings nicht überzeu- der amtierende die Karre an die Wand Personalchef dem Bischof dringend waren im Stil der 20er Jahre ge- bald darauf auch vom Karneval-Club te ich schlecht Nein sagen, das ist der gen können, leider. fahren würde – dann soll er sehen, empfohlen, nach Rom zu fliegen und schnitten, ich hatte meine extra drei Kastel (KCK) angefragt… Nachteil, wenn man irgendwann die dass es auch Leute gab, die nicht nur seinen Rücktritt einzureichen, worauf Nummern größer gekauft, damit es Das war natürlich etwas Besonderes. ganzen Größen der Szene kennt, man Entmutigen lassen Sie sich dadurch geschwiegen haben. Und ich habe in er brüskiert die Sitzung verließ, dann keinen Ärger gibt. Eine Woche später Sitzung in der Rheingoldhalle, da kann ihnen schlecht was abschlagen. aber nicht… meiner letzten Predigt gesagt, dass aber genau das tat. bin ich dann bei der Sitzung der Ka- musste ich allein schon meiner Oma Auch zu Corinna Leber habe ich eine Nein. Ich denke, mit meinen Auftrit- tholischen Arbeitnehmer-Bewegung zuliebe zusagen, mit der ich als Kind ganz besondere Beziehung. Ich glau- ten in der Fastnacht kann ich man- (KAB) aufgetreten, da gab’s alles, was immer „Mainz bleibt Mainz“ geguckt be, wenn Alex nicht wäre, würde sie chen dazu bringen, sein eigenes, Fastnacht ausmacht, Büttenreden, habe. Leider ist sie im September 2014 mich heiraten wollen… vielleicht festgefahrenes Bild von Zwiegespräche, Ballett. Da musste gestorben. Und die große Gemein- unserer Kirche mal zu überdenken. ich mir was einfallen lassen. Ich sagte schaftssitzung mit dem Gonsenhei- Schön, dass Sie so erfolgreich sind. Auch finde ich das, was ich hinter mir, okay, du kannst singen und Kla- mer Carneval-Verein (GCV) musste Aber gibt es nicht auch Leute, die ei- der Bühne erlebe, ganz toll. Da sind vier spielen, das solltest du mal aus- ich kurzfristig absagen, krankheitsbe- nen Pfarrer in der Bütt unmöglich fin- einerseits Disziplin und Strenge, probieren. Schrieb was und setzte dingt. Leider. den? hohe Ansprüche, die jeder an sich mich dann erst einmal als Gast in die Das will ich nicht verhehlen. Es wur- selbst stellt, andererseits ist da aber Sitzung, ich kam ja erst am Schluss. Bevor wir jetzt alle Ihre Auftritte im den schon mal Plakate in Flörsheim auch viel Menschlichkeit zu sehen: Diese Dynamik hat mich so begeistert einzelnen aufzählen: Wie viele sind es aufgehängt, darauf stand, mit mir Jeder hilft dem anderen, man ist sich – vielleicht habe ich auch zu viel Wein denn in der kommenden Kampagne? hätte der Rauch Satans in der Ge- verbunden, achtet aufeinander. Und getrunken –, jedenfalls, als ich dann Bislang sind 43 angesagt. Mittlerwei- meinde Einzug gehalten. Und ich be- oft werde ich hinter der Bühne auf auf die Bühne kam, war es, wie wenn le muss ich auch Anfragen absagen, komme anonyme Briefe, in denen ich ganz andere, ernste Themen ange- ein Schalter umgelegt worden war. denn mehr geht nicht. Ich lasse we- beschimpft werde, die setzen einem sprochen, wenn die Leute erfahren, Auf 15 Minuten war mein Auftritt an- gen der Fastnacht keinen Gottes- schon zu. Im Mai kam eine Frau zu dass ich Pfarrer bin. Das können sie gesetzt, ich ging nach 40 runter, hatte dienst ausfallen. Bevor ich samstags mir, die sagte, ich wäre ein schlechter dann bei mir abladen, und ich nehme mal so richtig die Sau rausgelassen – abends auf die Bühne gehe, müssen Seelsorger, weil ich auf der Bühne von es mit. Am unbezahlbarsten ist aber, es hatte einfach nur Spaß gemacht. die Vorabendmessen gehalten sein, Orgasmen spreche… Ich antwortete, raus auf die Bühne zu gehen, bei null und sonntags stehe ich um neun wie- Moment mal, da müssen Sie doch un- anzufangen – und am Ende freuen Vorbereitet waren Sie aber nur auf eine der am Altar. Neu hinzu kommen in terscheiden: Sie können meine Vor- sich alle und sind begeistert. Viertelstunde. Was läuft in Ihnen ab, der nächsten Kampagne beispielswei- träge unanständig finden, okay, aber wenn Sie zu improvisieren beginnen – se der Mainzer Carneval-Club (MCC) haben Sie mich denn als Seelsorger Das sind wir nach diesem Gespräch wo holen Sie den Text her? und der Mainzer Carneval-Verein schon einmal erlebt? Einem Gottes- auch.
18 HINTER DEN KULISSEN | NARRHALLA 2017 NARRHALLA 2017 | HINTER DEN KULISSEN 19 I ch bedanke mich für den Vertrau- ensvorschuss“, freute sich der frisch gewählte MCV-Präsident, Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban, der in seiner ersten Ansprache an die Mit- glieder appellierte: „Ich weiß, dass wir viele ernste Themen haben, wenn ich an die Straßenfastnacht und an das Thema Sicherheit denke. Dessen ungeachtet ist es mein Wunsch, dass wir auch in diesen Situationen nicht vergessen, dass wir Fastnacht feiern, unseren Spaß haben wollen und un- seren Humor nicht verlieren.“ Satzungsgemäß stellte der frisch ge- wählte Präsident auf der Jahreshaupt- Reinhard Urban ist neuer MCV-Präsident – Karl-Heinz Schmidt neues Ehrenmitglied versammlung sein Team für die insge- samt acht weiteren Vorstandsposten vor. Gewählt wurden Alexander Le- ber als Vizepräsident, Guido Seitz als Schatzmeister, Jürgen Schmidt als Schriftführer, Michael Bonewitz als Für die Zukunft gerüstet Pressesprecher. Neu in den Vorstand T E X T: M I C H A E L B O N E W I T Z FOTOS: THOMAS GOTTFRIED gewählt wurden Markus Beer, Markus Perabo, Walter Born und Jürgen Gers- ter. Fall wird die diesjährige Kampagne gezwungen, den Rosenmontagszug eine adäquate Ersatzpräsentationsflä- mit dem ausgefallenen Rosenmon- aus Sicherheitsgründen abzusagen. che für die Förderer zur Verfügung „Närrischer Minister und tagszug ganz sicher auch einen Platz „Es gab bei allen Verantwortlichen nie stand, sogar mit medialer Einbindung geheimer Kartenverteiler“ in den Fastnachtsgeschichtsbüchern einen Zweifel, dass wir die richtige in den ZDF-Fernsehgarten. einnehmen“, so Richard Wagner in Entscheidung getroffen haben“, so Vor der Wahl des neuen hatte noch seiner Rückschau. Wagner, „und nach den tragischen Er- Wagner: „Ich hinterlasse ein gut der alte Vorstand sowohl einen Jah- eignissen rund um die Veranstaltung bestelltes Haus“ resrückblick als auch die Bilanz des „Absage war richtige Rock am Ring hat sich gezeigt, wel- abgelaufenen Geschäftsjahres prä- Entscheidung“ che Verantwortung auf den Schultern Trotz gestiegener Kosten und trotz sentiert und wurde ohne Gegenstim- eines Großveranstalters liegt.“ ausgefallenem Rosenmontagszug men entlastet. Im Rahmen seines Geprägt war die diesjährige Kam- Die Verluste durch den Ausfall des konnte die Einnahmensituation in Rechenschaftsberichts zeichnete pagne durch den ausgefallenen Rosenmontagszuges hielten sich für der Straßenfastnacht enorm gestei- Richard Wagner das langjährige Vor- Rosenmontagszug. Das Sturmtief den MCV in Grenzen, da alle Spon- gert werden. „Das Resümee fällt standsmitglied Karl-Heinz Schmidt Ruzika hatte die Verantwortlichen soren und Förderer der Mainzer Stra- insgesamt positiv aus“, so Wagner, als Ehrenmitglied aus, was von der rund um Polizei, Feuerwehr, städ- ßenfastnacht auf eine Rückzahlung „wir sind mit dem MCV-Haus für Reinhard Urban – entspannt, auch kurz vor seiner Wahl. Versammlung mit stehenden Ova- tische Behörden, Zugleitung und die ihres Förderbeitrags verzichtet hatten, die Zukunft gut gerüstet. Es war mir tionen begrüßt wurde. Karl-Heinz MCV-Vereinsspitze in diesem Jahr zumal mit dem Festumzug am 8. Mai ein besonderes Anliegen“, bilanziert Schmidt war seit 1995 durchgehend Wagner, „meinem Nachfolger ein gut im Vorstand aktiv als „Närrischer Mi- bestelltes Haus und einen finanziell nister und geheimer Kartenverteiler gut gerüsteten MCV zu übergeben. des MCV, Tollität des Jahres 1966 und Beide Ziele haben wir inzwischen er- Jünger Gutenbergs“. reicht. Ich danke meinen Vorstands- Geprägt war die Jahreshauptver- kollegen und vor allem den Aktiven sammlung auch durch den Rückblick des MCV für ihre tatkräftige Mithilfe.“ auf das abgelaufene Geschäftsjahr. Mit einem herzlichen Dankeschön für Mit Investitionen von rund 200.000 die jahrelange Unterstützung wurden Euro ins MCV-Vereinshaus und in Ralf-Ingo Werner und Anton Schot- die vereinsinterne Infrastruktur stellt ten aus dem Vorstand verabschiedet. der Mainzer Carneval-Verein 1838 e.V. Zum Schluss ergriff noch einmal das auf der diesjährigen Jahreshauptver- Beiratsmitglied und zugleich Mitglied sammlung im Goldsaal des Mainzer des Großen Rats, Prof. Dr. Christian Hiltons die Weichen Richtung Zu- Vahl, das Wort: „Wir bedanken uns bei kunft. „Das abgelaufene Geschäfts- Richard Wagner und auch bei seiner jahr 2015/2016 hat uns in fast all liebenswerten Frau Irene. Euch ge- MCV-Ehrenpräsident Rudi Henkel dankt Richard Wagner für seine unseren Geschäftsfeldern vor große hört der Schlussapplaus.“ So gab es rund elfjährige Präsidentschaft Herausforderungen gestellt, in jedem Bekam stehende Ovationen: Karl-Heinz Schmidt wurde zum MCV-Ehrenmitglied ernannt. noch einmal stehende Ovationen. –
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