Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont

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Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
Wirkungsbericht 2020
Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
Impressum

Erscheinungsdatum Mai 2021 | Herausgeberin Brücke · Le pont
Beiträge von
Franziska Theiler      Geschäftsleiterin
Nicole Bolliger        Programmverantwortliche Afrika
Bruno Essig            Programmverantwortlicher Zentralamerika
Andrea Gysel           Programmverantwortliche Bolivien und Brasilien
Barbara Lutz           stellvertretende Programmverantwortliche Brasilien
Fabienne Jacomet       Verantwortliche Kommunikation und Entwicklungspolitik
Redaktion & Layout Fabienne Jacomet | Bilder sofern nicht anders angegeben © Brücke · Le pont
Brücke · Le pont unterstützt mit ihrem Programm «Arbeit in Würde» die Verbesserung der Arbeits- und
Lebensbedingungen benachteiligter Menschen in Afrika und Lateinamerika und trägt so zur Überwin-
dung der Armut und zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. Das Programm wird von der Direktion für
Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenhei-
ten EDA, unterstützt. Für die Inhalte des vorliegenden Wirkungsberichts ist die Herausgeberin allein
verantwortlich.
Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
Inhaltsverzeichnis

1.      Institutionelle Entwicklungen ........................................................................................ 4
2.      Programme ...................................................................................................................... 5
     2.1.     Covid-19-Nothilfe ..................................................................................................... 5
     2.2. Regionalprogramm Togo/Benin ............................................................................. 8
       2.2.1. Kontext ............................................................................................................... 8
       2.2.1. Entwicklungen im Programm............................................................................ 10
       2.2.2. Resultate und Wirkung 2020 ............................................................................ 11
            2.2.2.1.       Zusammenfassung.................................................................................... 11
            2.2.2.2.       Reiswertschöpfungskette .......................................................................... 11
            2.2.2.3.       Geflügelwertschöpfungskette .................................................................... 13
            2.2.2.4.       Wertschöpfungskette rotes Palmöl ........................................................... 14
            2.2.2.5.       Wertschöpfungskette Brot aus einheimischen Getreidesorten ................. 15
            2.2.2.6.       Wertschöpfungskette Robusta-Kaffee ...................................................... 16
            2.2.2.7.       Transversalthemen: Gender und institutionelle Stärkung ......................... 17
     2.3. Regionalprogramm Zentralamerika ..................................................................... 20
       2.3.1. Kontext ............................................................................................................. 20
        2.3.1.       Entwicklungen im Programm............................................................................ 22
        2.3.2.       Resultate und Wirkung 2020 ............................................................................ 23
            2.3.2.1.       Berufliche Kompetenzen ........................................................................... 23
            2.3.2.2.       Einkommensförderung .............................................................................. 25
            2.3.2.3.       Arbeitsrechte ............................................................................................. 27
            2.3.2.4.       Transversalthemen: Cultura de Paz, Gender, institutionelle Stärkung und Nexus 30
     2.4. Landesprogramm Brasilien .................................................................................. 34
       2.4.1. Kontext ............................................................................................................. 34
        2.4.1.       Entwicklungen im Programm............................................................................ 35
        2.4.2. Resultate und Wirkung 2020 ............................................................................ 36
          2.4.2.1. Berufliche Kompetenzen ........................................................................... 36
          2.4.2.2. Einkommensförderung .............................................................................. 38
            2.4.2.3.       Arbeitsrechte ............................................................................................. 40
            2.4.2.4.       Transversalthemen: Gender und institutionelle Stärkung ......................... 41
     2.5. Landesprogramm Bolivien ................................................................................... 43
       2.5.1. Kontext ............................................................................................................. 43
        2.5.1.       Entwicklungen im Programm............................................................................ 43
        2.5.2. Resultate und Wirkung 2020 ............................................................................ 44
          2.5.2.1. Berufliche Kompetenzen ........................................................................... 44
            2.5.2.2.       Einkommensförderung .............................................................................. 45
            2.5.2.3.       Arbeitsrechte ............................................................................................. 46
            2.5.2.4.       Transversalthemen: Gender und institutionelle Stärkung ......................... 46
3.      Kommunikation, Sensibilisierung und Bildung ......................................................... 47
4.      Partnerorganisationen und Abkürzungen .................................................................. 50
                                                                                                                                        3
Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
1. Institutionelle Entwicklungen
Covid-19: Homeoffice und virtueller Austausch
Die Arbeit von Brücke · Le pont war 2020 sowohl in den Programmländern als auch in der
Schweiz von der Covid-19-Pandemie geprägt. Das Team der Geschäftsstellen in Fribourg und
Zürich arbeitet seit März 2020 mehrheitlich im Homeoffice. Aufgrund der Reisebeschränkun-
gen konnten auch die Projektbesuche nicht wie gewohnt vor Ort stattfinden. Dafür intensivier-
ten die Programmverantwortlichen den virtuellen Austausch mit den Partnerorganisationen
und lokalen Koordinationen, wodurch alle stets in engem Kontakt miteinander standen und
eine hohe Projektqualität beibehalten konnten.

Entwicklungsprogramm 2021–2024 und Allianz
Brücke · Le pont stärkte 2020 den Austausch mit ihrer Allianzpartnerin Solidar Suisse weiter,
um sich auf die gemeinsame Programmphase vorzubereiten. Das in der Allianz erarbeitete
Programm 2021–2024 wurde von der DEZA und von unabhängigen ExpertInnen sehr positiv
bewertet und die Allianz als relevant eingestuft. Beide Organisationen sind weiterhin über-
zeugt, dass sie als Decent Work Alliance von ihrer jeweiligen Expertise profitieren und mit
ihrem gemeinsamen Entwicklungsprogramm eine grosse Wirkung erzielen können.

Finanzen
Das Finanzjahr 2020 weist trotz Covid-19-Pandemie einen erfreulichen Abschluss auf. Die
grosse Solidarität in der globalen Krise war deutlich spürbar. Einzig bei den Pfarreien gab es
einen Einbruch, da die Kirchen zwischenzeitlich geschlossen waren. Auch die Sparmassnah-
men griffen gut und eine zweckmässige Infrastruktur sowie die Steuerungs- und Kontrollinstru-
mente in der Geschäftsstelle sorgen für eine gezielte und effiziente Aufgabenerfüllung.
Brücke · Le pont verwendete wie in den Vorjahren
einen maximalen Anteil der Mittel für die Programm-
arbeit: 88% (CHF 3'472'310) der Gesamtausgaben
flossen 2020 in das Programm. Der Aufwand für die
Administration betrug 4% (CHF 144'767) und der
für Fundraising 8% (CHF 319'080).
Der totale Ertrag 2020 beträgt CHF 4'232'586, die
Gesamtausgaben belaufen sich auf CHF 3'936'156.
Das Betriebsergebnis 2020 vor der Fondsverände-
rung beträgt CHF 296'430 und der Jahreserfolg
CHF 59'071.
Die Delegiertenversammlung von Brücke · Le pont
genehmigte die revidierte Jahresrechnung 2020 am
11.5.2021. Die detaillierte Jahresrechnung steht
online unter www.bruecke-lepont.ch/finanzbericht
zur Verfügung.

Geschäftsstelle und Freiwilligenengagement
Die Geschäftsstelle beschäftigte 2020 elf Mitarbeitende mit insgesamt 720 Stellenprozenten.
Trotz der Pandemie haben sich auch 2020 zahlreiche Freiwillige tatkräftig für Brücke · Le pont
engagiert, mit insgesamt 6000 Stunden Freiwilligenarbeit – angesichts der erschwerten Um-
stände und wenigen Anlässe eine beachtliche Leistung.

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Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
2. Programme
2.1. Covid-19-Nothilfe
Die Covid-19-Pandemie hat Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger in den Projektländern von
Brücke · Le pont verstärkt und insbesondere in Lateinamerika die bestehende Fragilität der
bedürftigsten Bevölkerungsgruppen deutlich gemacht: Arbeitslose, aber auch selbststän-
dig Erwerbende im informellen Bereich mit minimalen Einkünften und generell Personen mit
einem Familieneinkommen unter einem Mindestlohn hatten keinen ausreichenden Zugang
mehr zu Grundnahrungsmitteln oder Hygieneprodukten. Zudem waren die Gesundheitssys-
teme überlastet.
In Brasilien verschlechterte sich durch die Pandemie eine schon zuvor schwierige Situation
mit hoher Arbeitslosigkeit, dem Verlust von bisher erkämpften Arbeitsrechten und einer allge-
meinen Verarmung der Bevölkerung. Das Land kämpfte mit besonders hohen Infektions- und
Todeszahlen. In Zentralamerika konnten aufgrund langer, strikter Lockdowns Millionen von
Menschen monatelang nicht arbeiten und ihre Familien nicht mehr versorgen. Die meisten
erhielten keinerlei Unterstützung von Arbeitgebern oder vom Staat; Instrumente wie Kurzarbeit
fehlen. Westafrika traf die Pandemie weniger stark, auch weil die Region aus den verheeren-
den Ebola-Epidemien gelernt hatte und die Regierungen schnell mit Schutzmassnahmen wie
etwa Flugstornierungen und Versammlungsverboten reagierten. Mehr zu den Auswirkungen
in den einzelnen Ländern ist in den Kapiteln 2.2, 2.3, 2.4 und 2.5 geschildert.
Brücke · Le pont leistete mit ihren Partnerorganisationen (PO) rasche Nothilfe in Form von
Hilfspaketen mit Lebensmitteln, Schutz- und Hygieneartikeln. Die PO sind durch ihre lokale
Verankerung und ihre Nähe zur Bevölkerung prädestiniert, eine Auswahl der Begünstigten
vorzunehmen, die besonders dringend Nothilfe brauchen. Zudem informierten mehrere PO in
Afrika und Lateinamerika mit Radio- und WhatsApp-Kampagnen über Schutzmassnahmen
gegen das Virus.

Zentralamerika
In Zentralamerika verteilten viele der PO Lebensmit-
tel, Hygieneprodukte und Schutzmaterial an be-
sonders betroffene Begünstigte und ihre Familien.
Davon profitierten in El Salvador:
   • 10 Maquila-Arbeiterinnen (PO CEDM)
   • 160 Hausangestellte (PO SIMUTHRES)
   • 143 Heimarbeiterinnen (PO SITRABORDO)
   • 20 Jugendliche (PO SSPAS)
Und in Honduras:
   • 20 Hausangestellte (PO CEM-H)
   • 417 Jugendliche (287 durch FYA-H und 130
       durch SAN)
Zwei PO (ORMUSA und SAN) kauften zudem
Schutzmaterial wie Masken, Handschuhe und Des-
infektionsmittel für Mitarbeitende der Generalstaats-
anwaltschaft bzw. für Lehrpersonal und Mitarbeiterin-
nen, die weiterhin vor Ort tätig waren. CODEMUH

                                                                                           5
Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
leistete ausserdem psychosoziale Gruppenberatung und -begleitung für 24 Maquila-Arbei-
terinnen.
Die PO mit eigenen Berufsbildungszentren wurden dabei unterstützt, ein umfassendes
Schutzkonzept zu erarbeiten und umzusetzen, mit Dispenser für Desinfektionsgel, Tep-
pich/Fussbad zur Desinfektion der Schuhe, Sprühflaschen, Chlor, Handschuhen, Gesichts-
                                                     masken etc. sowie Informationsma-
                                                     terial und Sensibilisierung für die
                                                     Jugendlichen und Mitarbeitenden.
                                                               FYA-S und FYA-H unterstützten zu-
                                                               dem 315 bzw. 60 Jugendliche mit
                                                               dem Kauf von Mobilfunkdatenpa-
                                                               keten, damit sie an den Onlinekur-
                                                               sen teilnehmen konnten. Zuvor hat-
                                                               ten die PO evaluiert, dass der ein-
                                                               geschränkte oder fehlende Internet-
                                                               zugang für zahlreiche Jugendliche
                                                               aus armen Haushalten eine Hürde
                                                               für die Teilnahme am Fernunterricht
                                                               darstellte.
Insgesamt unterstützte Brücke · Le pont in Zentralamerika mit 67'500 CHF Nothilfemassnah-
men für 1160 Personen.

Brasilien
Die Nothilfe in Brasilien koordinierte das Netzwerk Rede Ponte, in dem alle sechs brasiliani-
schen PO von Brücke · Le pont Mitglied sind und üblicherweise für den Erfahrungsaustausch,
das gemeinsame Lernen und die Advocacy-Arbeit zusammenkommen.
Zu Beginn veranstalteten die PO über Radio, Fernsehen und Internet eine gemeinsame Sam-
melaktion für Nothilfepakete, die am 8. Mai 2020 lanciert wurde.1 Brücke · Le Pont stellte
15'000 CHF zur Verfügung, durch die Sammelaktion konnten die PO Mittel in der Höhe von
ca. 2500 CHF beisteuern. Zudem erhielten sie Sachspenden von lokalen Firmen, darunter
beispielsweise ein Hühnerfleischproduzent, ein Coiffeursalon oder eine Reinigungsfirma. Zu-
sätzlich zu den Nothilfepaketen mit Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln wie Seife, Des-
infektionsmittel und Toilettenpapier konnten so Schutzmasken, Kosmetikprodukte und ande-
res mehr verteilt werden.
Insgesamt verteilten die PO 490 Lebensmittel- und Hygienepakete (Fazenda da Paz und
FUNACI je 85, Cáritas Teresina 49, Cáritas Oeiras 151, CPT 99 und Instituto Comradio 21).
Die Pakete enthielten auch einen Flyer mit Informationen über die Ansteckung mit dem
neuen Coronavirus, Formen der Vorbeugung sowie die in der brasilianischen Gesetzgebung
verankerten Arbeitsrechte und die Rechte einer jeden Person zur Bewältigung der sozialen
Krise. Einzelne PO sammelten auf lokaler Ebene zusätzliche Mittel und führten Hilfsaktionen
ohne Kofinanzierung von Brücke · Le Pont durch. So profitierten beispielsweise über FUNACI
weitere 88 Familien von Lebensmittelkörben und Hygienesets.
Das Nothilfeprojekt war das erste gemeinsame Projekt der Mitglieder des Netzwerks Rede
Ponte. Die PO erlebten dadurch das Potenzial des gemeinsamen Handelns ganz konkret und
erreichten durch die gemeinsame Mobilisierung mehr lokale Spenden.

1
 Videoaufruf zur Sammelaktion «Ponte Solidária com o Piauí»:
https://www.youtube.com/watch?v=t1eHXD82LIg

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Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
Bolivien
Auch in Bolivien standen Nothilfe und Sensibilisierung im Zentrum: Die PO Mujeres en Acción
verteilte Lebensmittel und Seife an 138 Familien von ArbeiterInnen, die im informellen Sek-
tor tätig waren und kein Einkommen mehr hatten. Zudem sensibilisierte die PO mit WhatsApp-
Kampagnen für Schutzmassnahmen vor dem Virus und für die Prävention und Reduktion von
häuslicher Gewalt.

Togo und Benin
In Benin war Brücke · Le pont am von der DEZA unterstützten Programm ResiCovid beteiligt,
das 6 Monate dauerte. Ziel war es, die Massnahmen der Regierung zur Eindämmung des
Virus in den ländlichen Gebieten bekannt zu machen und die Bevölkerung bei der Umset-
zung der Massnahmen zu unterstützen. Für die Umsetzung vor Ort waren die PO LDLD und
CAPACITES-21 verantwortlich. Im Rahmen von ResiCovid wurden:
   •   26 Sensibilisierungsradiosendungen in
       acht Sprachen und 112 Radiospots ausge-
       strahlt
   •   204 Handwaschstationen an strategischen
       Orten der Wertschöpfungsketten installiert
   •   3500 Masken an die Begünstigten der Wert-
       schöpfungsketten verteilt
   •   66 Ansprechpersonen in den Dörfern zur
       Sensibilisierung der Dorfbevölkerung ausge-
       bildet
   •   auf 10 Märkten wurden Aktionen durchge-
       führt, um die Menschen an die Massnahmen
       gegen Covid-19 zu erinnern
   •   41 Schulbesuche für die Sensibilisierung der
       SchülerInnen (Maskentragen, Händewa-
       schen, Distanz)
   •   45 Kooperativen der Wertschöpfungsketten
       Reis, rotes Palmöl und Geflügel wurden sen-
       sibilisiert
   •   2350 Plakate gedruckt und an strategischen
       Orten in den Dörfern/Städten aufgehängt.

In Togo sensibilisierte zudem die PO PTM für Schutzmassnahmen gegen Covid-19. Sie pro-
duzierte 6 Radiospots zum Thema (3 auf Französisch und 3 in den lokalen Sprachen Kotocoli,
Kabyè und Bassar), die von drei lokalen Radiosendern regelmässig ausgestrahlt wurden. Zu-
dem produzierte PTM 5500 Schutzmasken und 150 Plakate, die sie an Beteiligte der Wert-
schöpfungskette und die Bevölkerung verteilte, unter besonderer Berücksichtigung von älteren
Menschen, Frauen und Menschen mit Behinderung.

                                                                                          7
Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
2.2. Regionalprogramm Togo/Benin
    2.2.1. Kontext
Das Afrikaprogramm von Brücke ∙ Le pont wird derzeit in Togo und Benin umgesetzt, zwei
Länder an der westafrikanischen Atlantikküste. Die Sicherheitslage in Westafrika und in der
Sahelzone bleibt ein grosses Problem. In Togo und Benin, die sich am Rande dieser Konflikt-
zone befinden, wird von einzelnen kritischen Ereignissen im Norden der Länder berichtet. Ge-
mäss dem Fragile States Index, der die Anfälligkeit von Staaten für Konflikte misst, verharrt
Togo auf Platz 38 von 178 Ländern (die Schweiz ist auf Platz 176) und Benin verbessert sich
um zwei Plätze auf Platz 77.
Die Wirtschaft wächst seit Jahren in Togo und Benin. Dazu beigetragen hat insbesondere
das starke Wachstum der Landwirtschaftssektoren. Jedoch hat die Entscheidung Nigerias,
Benins wichtigstem Wirtschaftspartner, im Jahr 2019 die Landesgrenzen zu Benin zu schlies-
sen und Reisimporte zu verbieten, die Wirtschaftsaktivität in Benin etwas gedämpft und die
Verkaufspreise von landwirtschaftlichen Produkten gesenkt2. In Togo hat die verspätete res-
pektive kurze Regenzeit die Ernteerträge schrumpfen lassen. Beide Staaten setzen in ihren
Wirtschaftsförderungsprogrammen auf eine Landwirtschaft, die maschinell und biologisch ge-
führt werden soll und vermehrt Produkte selbst weiterverarbeitet, statt bloss Agrargüter für den
Export zu produzieren. Dies soll die Landwirtschaft auch für junge Arbeitskräfte attraktiver ma-
chen.
Trotz Wirtschaftswachstum geht die Armut nur langsam zurück, insbesondere in den ländli-
chen Regionen wo die Mehrheit der Bevölkerung von Togo und Benin lebt. Die Armutsrate in
Benin betrug 2020 38,3%3 und in Togo 53%4 im Jahr 2017. Dies ist unter anderem auf das
Bevölkerungswachstum zurückzuführen, welches das Pro-Kopf-Einkommen nicht ansteigen
lässt. Unterbeschäftigung stellt das grösste Problem dar, insbesondere für junge Menschen,
Frauen und Menschen mit Beeinträchtigungen5. Der formelle Arbeitssektor kann die vielen
jungen Menschen, die jährlich auf den Arbeitsmarkt stossen, und die ArbeiterInnen des infor-
mellen Sektors (87,9 % in Togo 20176) nicht absorbieren. Zudem sind viele Beniner und To-
golesen der Überzeugung, dass Frauen sich den Haushaltstätigkeiten und der Fortpflanzung
widmen sollten. Dies hindert den Zugang der Mädchen und Frauen zu Bildung, Ausbildung,
Land und Produktionsmitteln. Die Armut hat auch Auswirkungen auf die Ernährungssitua-
tion. Aufgrund der Armutsverhältnisse sind die Familien oft gezwungen, ihre Ernte zu niedri-
gen Preisen zu verkaufen und die Menge und Qualität ihrer Nahrung zu reduzieren, was die
Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung weiter verschärft. Gemäss dem Welthunger-
Index 2020 besetzen Togo und Benin die Plätze 86 und 79 (ernste Hungersituation) von 106.
In Benin waren 9,6% der Bevölkerung von Ernährungsunsicherheit betroffen und 32% der Kin-
der unter fünf Jahren leiden unter chronischer Mangelernährung7.
Das Coronavirus erreichte im Frühjahr 2020 auch die beiden westafrikanischen Länder. Die
beiden Regierungen reagierten früh mit strengen Massnahmen, unter anderem allgemeine
Maskenpflicht, nächtliche Ausgangssperren, Schliessung von Schulen und Glaubensstätten,
Beschränkung von Versammlungen auf max. 15 Personen und Grenzschliessungen. Die In-
fektionszahlen erlangten einen ersten Höhepunkt im Juli/August 2020, mit einer relativ tiefen

2
  Nigeria öffnete die Grenzen am 16.12.2020 wieder, jedoch bleiben Reisimporte immer noch verboten,
um die nationale Reisproduktion in Nigeria zu fördern.
3
  Weltbank: https://www.banquemondiale.org/fr/country/benin/overview
4
  Weltbank: https://www.banquemondiale.org/fr/country/togo/overview
5
  Umfrage QUIBB 2015 durchgeführt durch INSEED
6
  INSEED 2019: https://www.republiquetogolaise.com/gouvernance-economique/1410-3659-87-9-des-
emplois-au-togo-sont-dans-l-informel-inseed
7
  https://www.wfp.org/countries/benin

8
Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
Zahl im regionalen und globalen Vergleich. Togo befindet sich gar unter den Top 15 Ländern,
welche die Pandemie weltweit am besten bewältigt haben8. Im Herbst wurden in beiden Län-
dern die einschränkenden landesweiten Massnahmen gelockert und dezentralisierte Mass-
nahmen eingeführt, wie z.B. Abriegelung von einzelnen Städten. Die Massnahmen führten zu
einer Isolierung der Bevölkerung und einer Instabilität der lokalen Märkte, was zu einem
allgemeinen Rückgang der Einkommen der landwirtschaftlichen ProduzentInnen führte. Ge-
mäss dem Weltbank-Bericht 2020 verbüssten 41% der landwirtschaftlichen Unternehmen in
Togo einen Umsatzrückgang von 75-100%9 und 50% der Haushalte in Benin konnten zwi-
schen März und Juli ihre Einkommensaktivitäten nicht ausführen10. Der Zusammenbruch der
nationalen und internationalen Märkte sowie der Preisanstieg von Lebensmitteln traf auf eine
bereits kritische Versorgungslage in Togo und Benin11, sodass in Togo Nothilfe durch das
Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen für 1,3 Mio. Menschen (15% der Be-
völkerung) geleistet wird12. Schlimmere Zustände wurden dadurch vermieden, dass die Land-
wirtschaft in Benin und Togo nicht auf viel Dünger und Pestizide aus dem Ausland angewiesen
ist und dadurch die Produktion nicht komplett zusammenbrach13. Von der Pandemie und den
Massnamen waren die Menschen in städtischen Gebieten am meisten betroffen14. Die togole-
sische Regierung nutzte die Gunst der Stunde und ernannte den Monat Oktober zum «Monat
des lokalen Konsums», um den lokalen Produkten Auftrieb zu verleihen.
Die Situation der Meinungsfreiheit und Arbeitsrechte hat sich in den Programmländern ver-
schlechtert. In Togo wurde im Frühjahr ein Demonstrations- und Streikverbot verhängt. Ge-
mäss dem Global Rights Index15 gehört Togo zu den fünf Ländern weltweit, in denen sich die
Rechtssituation für Arbeitnehmende verschlimmert hat. Togo wird der Kategorie «regelmäs-
sige Rechtsverletzungen» zugeordnet. Das Ende 2020 verabschiedete Arbeitsgesetz soll je-
doch Besserung bringen. Benin wird im Global Rights Index der tieferen Kategorie «systemi-
sche Rechtsverletzungen» zugewiesen. In Benin verschlechterte sich zudem die Meinungs-
freiheit weiter. Die Medien werden verstärkt von der Regierung überwacht16. In Togo existiert
eine breite und freie Medienlandschaft, welche jedoch zu Wahlzeiten stark eingeschränkt
wird17, so zum Beispiel auch im Februar 2020.
Die Präsidentschaftswahlen in Togo am 22. Februar 2020 verliefen friedlich und endeten mit
einem klaren Sieg des bisherigen Präsidenten Faure Gnassingbé. Dieser trat jedoch gegen
keinen ernstzunehmenden Oppositionskandidaten an. Es ist dies seine vierte Amtszeit. We-
gen der Coronapandemie und dem ausgerufenen Notstand wurde die neue Regierung erst
vier Monate später ernannt und vereidigt. Victoire Tomégah-Dogbé wurde als erste Frau zur
Ministerpräsidentin ernannt. Zudem ist ein Drittel der Regierungsposten von Frauen besetzt
worden.

8
  https://interactives.lowyinstitute.org/features/covid-performance/
9
  Banque mondiale, 2020
10
   https://insae.bj/images/docs/Actualit%C3%A9s/Rapport_Impact_Covid_B%C3%A9nin.pdf
11
   https://www.globalhungerindex.org/de/ranking.html#table
12
   https://www.wfp.org/countries/togo
13
      https://www.lemonde.fr/afrique/article/2021/01/04/pour-lutter-contre-la-faim-l-afrique-s-invente-de-
nouvelles-solutions_6065176_3212.html
14
   https://insae.bj/images/docs/Actualit%C3%A9s/Rapport_Impact_Covid_B%C3%A9nin.pdf
15
   https://www.ituc-csi.org/IMG/pdf/ituc_globalrightsindex_2020_en.pdf
16
   Benin liegt auf dem 113. Platz von 180 Ländern (https://rsf.org/en/benin)
17
   Togo liegt auf dem 71. Platz von 180 Ländern (https://rsf.org/en/togo)

                                                                                                        9
Wirkungsbericht 2020 - Brücke Le pont
2.2.1.          Entwicklungen im Programm
                                               Für die Programmphase 2017–2020 konsolidierte
                                               Brücke · Le pont die Arbeitsschwerpunkte Einkom-
                                               mensförderung und berufliche Kompetenzen im Afri-
                                               kaprogramm. Das Regionalprogramm konzentrierte
                                               sich auf die ländlichen Gebiete in Togo und Benin.
                                               2020 unterstützte es sechs Projekte, eine Bauernge-
                                               werkschaft, vier Nicht-Regierungsorganisationen
                                               (NGO) und ein Konsortium von zwei togolesischen
                                               NGOs, welche insbesondere zum Auf- und Ausbau
                                               von Wertschöpfungsketten arbeiten. Unsere PO
                                               GTPAL hat per 1.1.2020 mit der grossen NGO
                                               OADEL in Togo fusioniert. OADEL arbeitet seit lan-
                                               gem zum Konsum von lokalen Produkten und zur Er-
                                               nährungssouveränität. Das Projekt Kponno (Brot
                                               aus lokalem Getreide) passt daher sehr gut zu ihrem
                                               Engagement und wird wie geplant umgesetzt.
Im Zentrum des Programms stehen der Aufbau und die Förderung von Wertschöpfungsketten,
welche besonders armen Leuten eine Einkommensmöglichkeit bieten und zur Verbesserung
der Ernährungssituation in den Programmländern beitragen. In Benin wurde zu den Wert-
schöpfungsketten Reis (PO LDLD), Geflügel (PO CAPACITES-21) und rotes Palmöl (PO
CAPACITES-21)18 gearbeitet, während in Togo die Produktion, Verarbeitung und Vermarktung
von rotem Palmöl (PO Consortium VERD-Togo), Reis (PO PTM), Geflügeltieren (PO PTM),
Brot aus lokalem Getreide (PO OADEL) und grünem Kaffee (PO Consortium VERD-Togo)
verbessert wurden. Die PO MAPTO arbeitete zu den Arbeitsbedingungen von landwirtschaft-
lichen ArbeiterInnen und Saisonniers/ères und bereitet ein neues Projekt zu Kochbananen vor.
Dadurch, dass alle PO gemäss dem M4P-Ansatz zu den Wertschöpfungsketten arbeiten, be-
steht ein grosses Potenzial für Wissensaustausch zwischen den Organisationen, welches im-
mer öfter genutzt wird. Aspekte zu Arbeitsrechten fliessen in die Förderung der Wertschöp-
fungsketten ein und werden von mehreren PO als transversale Themen behandelt.

M4P – Making Markets Work for the Poor
M4P ist ein methodischer Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit, der darauf abzielt,
Marktsysteme speziell für arme Menschen nachhaltig zu verändern. Im Gegensatz zu traditio-
nellen Projektansätzen, bei denen die Begünstigten direkt
Leistungen erhalten, analysieren M4P-Projekte ganze
Marktsysteme, vermitteln verschiedene Akteure miteinan-
der und fördern den Aufbau und die Optimierung von
Dienstleistungen und Infrastrukturen zugunsten benach-
teiligter Zielgruppen.
Brücke · Le pont unterstützt ihre PO dabei, alle Projekte
nach diesem Ansatz zu konzipieren und umzusetzen.
Dadurch wird der Markt nachhaltig so verändert, dass
Marktbeteiligte und -funktionen besser aufeinander abge-
stimmt sind, den Bedürfnissen Armutsbetroffener Rech-
nung getragen wird und alle gleichermassen vom Markt-
system profitieren.

18
     Traditionell hergestelltes und unbehandeltes Palmöl wird als rotes Palmöl bezeichnet.

10
Das Consortium VERD-Togo startete im Jahr 2020 eine neue Projektphase, während MAPTO,
LDLD und CAPACITES-21 eine neue Projektphase für 2021 vorbereiteten. Zudem wurden
Abklärungen mit einer neuen PO, AFVA im Norden von Benin, getätigt für ein Wertschöpfungs-
kettenprojekt zu Karité.
Das Regionalprogramm Afrika ist heute ein konsolidiertes Programm, das die Herausforde-
rungen der beiden Länder direkt anspricht und dadurch noch einmal an Relevanz gewonnen
hat. Der langsame Rückbau der Länderprogramme Brasilien und Bolivien lässt Mittel frei wer-
den, die ab 2021 teilweise in den Ausbau des Afrikaprogramms fliessen sollen. Im Jahr 2020
wurden deshalb erste Abklärungen getroffen, in welche thematische und geographische Rich-
tung das Regionalprogramm Afrika erweitert werden soll. Jedoch konnten aufgrund der Covid-
19-Situation die Abklärungsstudien nicht wie geplant durchgeführt werden, was zu einer Ver-
zögerung des Ausbaus führt.
Das Mandat der in Cotonou, Benin,
basierten Programmkoordination
wurde 2020 fortgeführt. Die Koordi-
nation unternahm erste Schritte für
eine Akkreditierung von Brücke · Le
pont in Benin und erarbeitete ein
sechsmonatiges        Coronahilfspro-
jekt, welches zusammen mit fünf
anderen Schweizer NGOs in Benin
umgesetzt und von der DEZA über
das Kooperationsbüro (KoBü) in
Benin finanziert wurde (mehr dazu
s. Kapitel 2.1). Dies führte zu einem
verstärkten Austausch mit den
Schweizer NGOs wie Helvetas Swiss Intercooperation oder Swisscontact in Benin und mit
dem KoBü.

  2.2.2. Resultate und Wirkung 2020
    2.2.2.1. Zusammenfassung
Aufgrund der durchgeführten Programmaktivitäten erzielten insgesamt 1'562'055 Personen
einen finanziellen Vorteil, 506'308 Personen verbesserten ihre fachlichen und berufli-
chen Kompetenzen zur Sicherung und zum Ausbau ihrer einkommensfördernden Aktivitäten
und 2'886'425 Personen verbesserten ihre Kenntnisse über Arbeitsrechte.

    2.2.2.2. Reiswertschöpfungskette
Die beiden PO PTM in Togo und LDLD in Benin arbeiten zur Wertschöpfungskette des Reises
mit dem Ziel, die Armut der ReislandwirtInnen und -verarbeiterInnen zu reduzieren. 4937 Reis-
landwirtInnen profitierten 2020 von einem verbesserten Zugang zu qualitativem Dünger und
Reissaatgut. Durch die Projektaktivitäten bieten vermehrt kleine Geschäfte in den Dörfern
landwirtschaftliche Betriebsmittel an. Die Lern- und Demonstrationsfelder, welche von natio-
nalen Forschungs- und Lernzentren unterhalten werden, ermöglichen den Bauern und Bäue-
rinnen, angepasste Anbautechniken, die Herstellung von biologischem Dünger und dessen
effiziente Anwendung praxisnah zu lernen. Die Peer-to-Peer-Methode erlaubt es, danach das

                                                                                          11
Wissen weiterzugeben, sodass
möglichst viele Bauern und Bäuerin-
nen davon profitieren. Insgesamt
wurden in Benin und Togo 18’345
LandwirtInnen sensibilisiert und da-
von 11'345 direkt auf den Feldern
geschult.
In Togo ermöglichte die Vernetzung
der LandwirtInnen mit Maschinenan-
bietern und landwirtschaftlichen
Arbeitskräften ein maschinelles Pflü-
gen der Felder. Davon profitieren
insbesondere die Frauen, für welche
die physische Arbeit eine grosse Last darstellt. Dank der Maschinen und Hilfskräfte konnten
sie fast doppelt so viel Land bestellen. Insgesamt profitierten 3513 ReisproduzentInnen (davon
716 Frauen) von den 48 Pflugdienstleistungen oder vom Kauf von Pflugmaschinen. Eine zu-
nehmende Herausforderung ist das nachhaltige Wassermanagement, denn der Klimawandel
wird vermehrt zu einem Problem.
PTM stärkte zudem das Preisinformationssystem, sodass 200’000 LandwirtInnen via Radio
über die jeweiligen aktuellen Reisverkaufspreise informiert sind.
Die Nutzung von qualitativen Betriebsmitteln, der Zugang zu (maschinellen) Pflugdienstleis-
tungen und die verbesserten Anbaukenntnisse im Einklang mit dem Klima liessen die Reis-
produktion ansteigen. In Benin steigerten 4168 von 4793 ReisproduzentInnen (87%) ihre Ernte
von 3,2 Tonnen pro Hektar im Jahr 2017 auf 3,8 Tonnen pro Hektar im Jahr 2020 (19%). In
Togo steigerten 4193 der begünstigten Reisbauern und -bäuerinnen (70%) ihre Reisproduk-
tion um 10% seit 2019.
Jedoch konnten die ReislandwirtInnen in Benin wegen des Ausbleibens der nigerianischen
HändlerInnen und der sinkenden Preise ihr Einkommen im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019
nicht weiter verbessern. In Togo hingegen verbesserten 4441 Begünstigte ihr Einkommen um
25% im Jahr 2020, darunter 892 Frauen und 60 landwirtschaftliche Arbeitskräfte und junge
UnternehmerInnen.
                                                        Es ist vor allem die PO LDLD in Be-
                                                        nin, die im Projekt Savalou die Wei-
                                                        terverarbeitung des Rohreises zu
                                                        hochwertigem Dämpfreis (Par-
                                                        boiled-Reis) unterstützt. Insgesamt
                                                        wurden 345 ArbeiterInnen in Reis-
                                                        verarbeitungstechniken und hygie-
                                                        nischer Arbeitsweise ausgebildet.
                                                        Die in den Vorjahren geschulten
                                                        QualitätskontrolleurInnen wurden
                                                        begleitet und wo nötig unterstützt.
                                                        Die Projektteilnehmenden produ-
                                                        zierten und verkauften so 170 Ton-
                                                        nen qualitativ hochwertigen Par-
boiled-Reis (zum Vergleich: Im Jahr 2018 waren es 46 Tonnen). Zudem verbesserten 40
selbstständige Verarbeiterinnen dank Workshops ihre Kenntnisse zu Unternehmensentwick-
lung und -führung sowie zu Methoden der Interessensvertretung (Plädoyer). Eine Folge davon
ist die neue Produktentwicklung des Royal Reises, eine Reismischung mit getrockneten

12
Gewürzen und Gemüse. Auch das Einkommen der Verarbeiterinnen sank im Vergleich zu
2019 leicht, stieg jedoch im Vergleich zu 2017 um 27% an.
Die Vernetzung der LandwirtInnen mit den Verarbeiterinnen und von diesen mit Händlern und
Reisvertreibern sowie der Abschluss von Abnahmeverträgen ermöglicht es den ProduzentIn-
nen, zu einem vorteilhaften Preis zu verkaufen und gleichzeitig genügend finanzielle Mittel zu
haben, um die Produktion/Verarbeitung zu finanzieren. In Togo schlossen 4937 Kleinbauern
und Kleinbäuerinnen rentable Abnahmeverträge ab. Zudem wurden Finanzunternehmen für
das Projekt gewonnen, welche den Reiskooperativen Kredite gewährten, um die benötigten
Investitionen zu tätigen.
In Benin fördert das Projekt die Belieferung dreier Absatzmärkte: Den Export ins nahe Ausland,
den lokalen Markt und den Grossverteiler JINUKUN Sarl. Letzterer schloss mit den Verarbei-
terinnen Abnahmeverträge ab und konnte auch für eine grosse Vermarktungskampagne ge-
wonnen werden. Dadurch stieg die Visibilität des lokal produzierten Reises.
LDLD: Einkommenssteigerung in der Reisproduktion
Obwohl die Marktumstände im Jahr 2020 alles andere als optimal waren, verzeichnete die PO
LDLD am Ende der dreijährigen Projektphase ein bemerkenswertes Resultat. 4360 von 5225
begünstigten Haushalten (83%) steigerten ihr Einkommen um 25% im Vergleich zu 2017. Die
Verarbeiterinnen von Reis haben ihr Einkommen pro 100 kg Dämpfreis mehr als verdoppelt:
2017 verdienten sie pro 100 kg Dämpfreis 21 CHF, Ende 2020 lag der Verdienst für dieselbe
Menge bei 50 CHF. Die ReisproduzentInnen verdreifachten ihr Einkommen seit 2017, insbe-
sondere dank einer beeindruckenden Erntesteigerung pro Hektar (87% der ReisproduzentIn-
nen steigerten ihre Ernte um 19%, von 3,2 Tonnen auf 3,8 Tonnen pro Hektar).

    2.2.2.3. Geflügelwertschöpfungskette
Die Geflügelproduktionskette wird von den PO PTM in Togo und CAPACITES-21 in Benin
gestärkt. In Togo verbesserten 1145 GeflügelzüchterInnen (davon 314 Frauen) die Zuchtbe-
dingungen ihrer Tiere (Hühner, Truthähne und Perlhühner). Die ZüchterInnen wurden durch
Sensibilisierungskampagnen für die Wichtigkeit der Prophylaxe informiert und nutzten das ver-
besserte Impfangebot der HilfstierärztInnen. 184’470 Tiere wurden im Jahr 2020 geimpft, 2019
waren es noch 10'516. Um der Nachfrage gerecht zu werden, bildeten die Tierärzte weitere
35 Hilfsärzte aus, die mit den Tierapotheken und Tierärzten zusammenarbeiten.
                                                     Die verbesserten Zuchtbedingun-
                                                     gen und die Verfügbarkeit von tier-
                                                     ärztlicher Beratung und Untersu-
                                                     chung liessen die Mortalität der Ge-
                                                     flügeltiere je nach Gebiet auf 10-
                                                     22% sinken. Die Anzahl verkaufter
                                                     Tiere stieg um 75% im Vergleich zu
                                                     2018, obwohl wegen Covid-19 viele
                                                     Feste abgesagt wurden, an wel-
                                                     chen grosse Mengen Poulet konsu-
                                                     miert werden. Durch den verbes-
                                                     serten Verkauf der Geflügeltiere er-
                                                     zielten 1071 ZüchterInnen, davon
                                                     289 Frauen (insgesamt 1/3 der Be-
günstigten), 2020 ein besseres Einkommen. Dies entspricht einer Steigerung von 68% seit
2018.

                                                                                           13
In Benin wurden 135 HilfsveterinärInnen durch einen regionalen Cheftierarzt ausgebildet und
mit den notwendigen Arbeitsmaterialien ausgestatten. Sehr erfreulich ist, dass weitere Tier-
ärzte HilfsveterinärInnen ausbilden, auch ohne die Unterstützung des Projekts. Dies ist ein
Zeichen dafür, dass der angestrebte Wandel erzielt wird. 3800 Haushalte, davon 670 von
Frauen geführte, profitierten vom verbesserten Impf- und Entwurmungsangebot für ihre Geflü-
geltiere. Im Jahr 2020 wurden 41'800 Geflügeltiere von 1500 ZüchterInnen geimpft und ent-
wurmt. Zusammen mit der Schulung für artgerechte Futterherstellung und Stallpflege verbes-
serte sich die Gesundheit der Tiere. 8 von 10 Küken erreichen das Erwachsenenalter (zu Be-
ginn waren es 6 von 10). Die PO in Benin investierte auch in die Diversifizierung des Geflügel-
angebots. Der Aufbau einer Zuchtanlage garantiert die Verfügbarkeit von Perlhuhn- und Trut-
hahnküken. Bezüglich Verkauf und Vermarktung erlaubt es der Zusammenschluss von 3255
ZüchterInnen, grössere Mengen zu verkaufen, neue Absatzmärkte zu bedienen und einen
besseren Preis zu erwirtschaften. Dazu trägt auch die Schulung in Verhandlungstechniken bei,
von welcher 1540 Züchter und 131 ZüchterInnen profitieren. Zudem informierten Werbespots
über die Vorzüge des lokalen Poulets.
In Benin haben 80% der Begünstigten, was 1925 ZüchterInnen entspricht, ihre Einkommen
während des Projektes um 20% gesteigert. Dies führt dazu, dass 63% der Begünstigten drei
Mahlzeiten einnehmen und 90% der Haushalte ihre Schulgebühren und Gesundheitskosten
bezahlen können.

     2.2.2.4. Wertschöpfungskette rotes Palmöl
Das rote Palmöl wird durch die traditionelle Verarbeitung der Palmnüsse gewonnen. Die PO
CAPACITES-21 in Benin und das Konsortium VERD-Togo unterstützen die KleinproduzentIn-
nen in der Produktion und Vermarktung des roten Palmöls.
                                       Hauptproblem ist der Zugang zu geeigneten Werkzeu-
                                       gen und Maschinen für die Palmnussverarbeitung,
                                       welche in den ländlichen Gebieten oft nicht vorhanden
                                       sind. Die Projekte unterstützten die Entwicklung von
                                       Geschäften, welche die benötigten Pressmaschinen
                                       anschaffen und den Kooperativen vermieten. Zwei sol-
                                       che Geschäfte wurden Ende Jahr in Benin eröffnet.
                                       2800 ProduzentInnen lernten die Vorteile der Maschi-
                                       nennutzung kennen, haben Zugang zu den Maschinen
                                       und wissen, wie sie diese bei der nächsten Ernte nut-
                                       zen können, was das Pressen und Mahlen sehr er-
                                       leichtert. 2923 PalmölproduzentInnen achten dank ei-
                                       ner Sensibilisierung auf eine hygienische Verarbeitung
                                       der Nüsse. Die zwei Maschinenhändler wurden zudem
                                       im Maschinenunterhalt durch die Hersteller geschult.
                                       In Togo verzögert sich die Eröffnung der Geschäfte, da
                                       wegen Lieferengpässen nicht alle benötigten Teile für
                                       die Fertigstellung der Maschinen beschafft werden
konnten.
Mit einer Finanzinstitution konnten Kreditverträge abgeschlossen werden, was es 172 Produ-
zentInnen (davon 155 Frauen) und 47 jungen Unternehmern in Togo ermöglichte, einen In-
vestitionskredit zu erhalten. Mit einem zweiten Institut sind die Verhandlungen noch im Gange.
Die sechs Kooperativen in Togo handelten zwei Abnahmeverträge zu profitablen Preisen mit
grossen Vertreibern aus. Sie erarbeiteten mit Unterstützung des Projektteams ein

14
Sammelsystem, sodass das produzierte Öl der 219 Mitglieder abgeholt und in grossen Men-
gen geliefert werden kann.
In Benin haben 1767 ProduzentInnen ihr Einkommen um 20% gesteigert. Dies ermöglicht es
90% der Begünstigten, drei Mahlzeiten einzunehmen, 95% der Begünstigten, die Gesund-
heitskosten zu decken und allen Haushalten, die Schulgebühren zu bezahlen.
In Togo waren die Covid-19-Krise sowie die aufgrund der ungünstigen Regenfälle reduzierte
Palmnussmenge spürbar. 80% der PalmölproduzentInnen steigerten im Jahr 2020 ihr Einkom-
men um 5%.

    2.2.2.5. Wertschöpfungskette Brot aus einheimischen Getreidesorten
Die Wertschöpfungskette des Brots aus einheimischen Getreidesorten (Soja und Sorghum-
hirse) ist ein weiterer Wirtschaftszweig, den das Afrikaprogramm fördert. Die schlechte Soja-
und Hirsemehlqualität war lange ein Problem für die BäckerInnen. Die PO OADEL in Togo
arbeitete mit BeraterInnen und staatlichen Institutionen zusammen, um den MehlherstellerIn-
nen eine Schulung für eine hygienische und produktive Verarbeitung des Getreides zu einem
hochwertigen Mehl anzubieten. Dadurch stieg die monatliche Produktion von hochwertigem
Soja- und Hirsemehl pro MehlherstellerIn um 45% und ihr Umsatz um 48% im Vergleich zu
2018. Die Schaffung eines Verteilzentrums und Lagers vereinfacht den BäckerInnen den Zu-
gang zum Mehl und Lieferengpässe wurden behoben. Wegen der Pandemie riegelte die Re-
gierung jedoch mehrere Städte ab, was den Handel mit den Hirse- und SojaproduzentInnen
zeitweise erschwerte.
                                                             Auf Druck der PO von Brücke · Le
                                                             pont verbot 2019 die Regierung die
                                                             Verwendung von Kaliumbromat in
                                                             Togo, eine Chemikalie, welche das
                                                             Brot beim Aufgehen unterstützt und
                                                             Geschmack und Aussehen verbes-
                                                             sert, aber giftig ist. Zusammen mit
                                                             dem togolesischen Institut für Ag-
                                                             rarforschung und den Bäckereien
                                                             wurde 2020 eine neue, hochwertige
                                                             Brotmischung ohne Bromat entwi-
                                                             ckelt und der Herstellungsprozess
                                                             verbessert, um ein rentables und
                                                             schmackhaftes Brot auf den Markt
zu bringen. 33 Bäckereien testeten erfolgreich die Mischung und Herstellung. Das neue Brot
schmeckt den KonsumentInnen und findet sogar über die Grenzen hinweg in Benin Anklang.
Der Umsatz der Bäckereien stieg um 48% und der Profit um 40% im Vergleich zu 2018. Die
Nachfrage nach gesundem Brot steigt in Togo, insbesondere während der Krise legte die Mit-
telschicht mehr Wert darauf. Um den höheren Ansprüchen gerecht zu werden, erstellte die PO
zusammen mit der Abteilung Kontrolle und Hygienekontrolle des Gesundheitsministeriums
eine Informationsbroschüre für eine hygienische Brotproduktion, die sie allen Bäckereien im
Projektgebiet zugänglich machte. Zudem begann die PO, InspektorInnen auszubilden mit dem
Ziel, dass Bäckereien ihre Qualität in Zukunft zertifizieren lassen können.
Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, wurden sieben zusätzlich installierte Brot-
kioske eröffnet, der Tür zu Tür Verkauf verstärkt und Verträge mit 14 zusätzlichen Verkaufslä-
den und zwei Verteilunternehmen, welche die Brote auch im nahen Umland ausliefern, abge-
schlossen. Die Pandemie und die Abschottung der Städte liessen den Umsatz im ersten Halb-
jahr jedoch sinken. Im zweiten Halbjahr stiegen die Verkaufszahlen wieder an.
                                                                                             15
Die Erstellung eines Lehrmittels für Brot aus lokalem Getreide, die Entwicklung einer nationa-
len Bäckerausbildungsstrategie und die Kartierung der Bäckereien in Togo ebneten den Weg,
um ein Modul zu Brot aus lokalen Getreidesorten in den nationalen Bäckerausbildungslehr-
gang zu integrieren. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit dem Ministerium für techni-
sche Ausbildung und Berufsbildung, dem Ministerium für Entwicklung, Handwerk und Jugend
und dem Ministerium für Landwirtschaft, Viehwirtschaft und Fischerei.
Ein weiterer Schritt in Richtung einer nationalen Ausbildung für die Brotherstellung mit
lokalen Getreidesorten
Die erfolgreiche Advocacy-Arbeit durch OADEL im Jahr 2019 für die Ausarbeitung eines Lehr-
plans trug 2020 Früchte. Das Landwirtschaftsministerium finanzierte die Erstellung eines Aus-
bildungsplans für die Brotherstellung unter Verwendung von lokalen Getreidesorten sowie die
Ausarbeitung folgender Dokumente durch die Direktion für Pädagogik und Programme des
Ministeriums für technische Bildung und Handwerk: Charta der Kompetenzen für den Bäcker-
beruf und für die Verwendung von lokalen Mehlen in Togo, Lernleitfäden für die Brotherstellung
mit lokalem Mehl sowie Schulungsbroschüren für die Herstellung von Brot auf Maniok-, Soja-
und Hirsebasis.
OADEL erhielt zudem die finanzielle Unterstützung der Direktion für Berufsausbildung und
Lehrlingswesen für die Umsetzung der Ausbildungsstrategie in den sechs Regionen Togos.
An einer Pressekonferenz im Oktober wurde die neue Ausbildungsstrategie, welche ab 2021
umgesetzt werden soll, präsentiert.
Die mit Hilfe des Projekts gegründete Branchenorganisation übernimmt immer mehr Verant-
wortung in der Qualitätssicherung und Marktstrukturierung und entwickelte eine Strategie für
die Selbstfinanzierung ihrer Organisation. Der 2019 gegründete Verein der BäckerInnen setzte
mehrere Veranstaltungen und Schulungen für die BäckerInnen um.

     2.2.2.6. Wertschöpfungskette Robusta-Kaffee
In der Wertschöpfungskette zu Robusta-Kaffee in Togo profitierten 1220 Kaffeebauern und -
bäuerinnen von Schulungen zum Umgang mit chemischem Dünger und lernten, welche Schä-
den bei einer unkorrekten Anwendung entstehen. Der Verkauf der ersten Kaffeeernte 2020
des Projektes ist noch im Gange, weshalb noch keine Angabe über eine Einkommenssteige-
rung möglich ist. Jedoch sind erste Erfolge in der Vernetzung der Akteure sichtbar: Zwei Kaf-
feekooperativen und zwei Trocken- und Röstungsunternehmen haben Abnahmeverträge ab-
geschlossen für insgesamt sechs Tonnen rohe Kaffeebohnen und dies zu einem Preis, wel-
cher 3% höher ist als der übliche Marktpreis. Die Unternehmen sind zufrieden mit der ersten
gelieferten Kaffeebohnenqualität und bestellte noch eine zusätzliche Tonne. Der Verband der
Spar- und Darlehenskassenver-
eine passte sein Kreditprogramm
dem Kaffeeproduktionszyklus an.
Davon profitieren 242 Kaffeeprodu-
zentInnen, inkl. 36 Frauen und 25
junge Menschen, die einen Kredit
erhielten. Die Verhandlungen mit
einer weiteren Kasse sind im
Gange. Zudem unterstützte das
Projekt einen jungen Unternehmer
im Aufbau eines Degustations- und
Verkaufsladens in der Stadt Kpali-
mé. Ziel des Ladens ist es, lokal

16
verarbeiteten Kaffee zu verkaufen und die togolesische Bevölkerung für den einheimischen
Kaffee zu gewinnen.
Die PO bezieht auch Umweltaspekte in die Wertschöpfungskette mit ein. So wurden zum Bei-
spiel 120 Haushalte im Bau von effizienteren Kochstellen geschult, die beim Kochen und Rös-
ten weniger Holz verbrennen. Dies soll die Abholzung reduzieren. Die Teilnehmenden haben
seit der Schulung insgesamt 50 solcher Kochstellen gebaut.

MAPTO, PTM und VERD:
gute Arbeitsbedingungen für landwirtschaftliche ArbeiterInnen
                                                          MAPTO, PTM und VERD engagier-
                                                          ten sich im Rahmen ihrer Wert-
                                                          schöpfungsketten für die Rechte
                                                          der landwirtschaftlichen ArbeiterIn-
                                                          nen in Togo. Die drei PO arbeiteten
                                                          zusammen, um die prekäre Situa-
                                                          tion der Hilfskräfte, die tage- und
                                                          wochenweise beim Anbau und der
                                                          Ernte mitarbeiten, zu verbessern.
                                                          Sie unterstützten sie dabei, sich in
                                                          12 Kooperativen zu organisieren,
                                                          stärkten das gegenseitige Ver-
                                                          ständnis der LandwirtInnen und
                                                          Hilfskräfte für ihre jeweiligen Rechte
und Pflichten und arbeiteten mit den Beteiligten Richtpreise für die unterschiedlichen Dienst-
leistungen aus. Davon profitierten direkt 322 landwirtschaftliche ArbeiterInnen. In Radiosen-
dungen wurde zudem über Themen wie Arbeitsrechte, Arbeitsbedingungen und gute Betreu-
ung der Hilfskräfte informiert. Die Sendungen erreichten rund 760’000 ZuhörerInnen.

    2.2.2.7. Transversalthemen: Gender und institutionelle Stärkung
Alle PO des Afrikaprogramms haben Gender-Aspekte in ihrer Arbeit integriert. Die Resultate
dazu sind in den Beschrieben zu den Wertschöpfungsketten ersichtlich. Zusätzlich arbeiten
einige PO zum Thema Frauen- und Kinderrechte, so CAPACITES-21 und das Konsortium
VERD-Togo.
1200 Personen wurden durch Sensibilisierungsaktionen für die gleichberechtigte Verteilung
des Erbes, insbesondere jenes in Form von Land, zwischen den Geschlechtern sensibilisiert.
837 Personen erhielten Informationen zu den rechtlichen Schritten im Falle von geschlechter-
basierter Gewalt und zu den Folgen des Kinderhandels. CAPACITES-21 unterstützte 15 Kin-
der, davon sieben enterbte Mädchen, welche die Schule abgebrochen haben, in der Absolvie-
rung einer Berufslehre.

                                                                                             17
CAPACITES-21: Mit traditionellen Autoritäten Frauen- und Kinderrechte fördern
Die PO CAPACITES-21 sensibilisierte 2020 45 Könige, Älteste und traditionelle Führer sowie
1500 weitere Menschen an 15 Informationsveranstaltungen für den gleichberechtigten Zugang
zu Land für Frauen und Männer sowie für den Kampf gegen geschlechterbasierte Gewalt.
                                                      Ergänzend wurden je vier Radio-
                                                      sendungen in den lokalen Sprachen
                                                      ausgestrahlt, um ein breites Publi-
                                                      kum zu erreichen.
                                                        Zudem schulte die PO 100 Frauen,
                                                        die in ihren Gemeinden als Anlauf-
                                                        stellen für von Gewalt betroffene
                                                        Kinder und Frauen fungieren. Diese
                                                        Frauen unterstützten insgesamt 15
                                                        Frauen bei der Anklage gegen die
                                                        Gewalttäter und verschafften ihnen
                                                        Zugang zu den entsprechenden Be-
                                                        ratungs- und Hilfestellen.

Das Konsortium VERD-Togo führte acht Diskussionsrunden in Dörfern durch, die über Radio
ausgestrahlt wurden. Diskussionsthemen waren unter anderem Frauenrechte, Gesundheit,
Schutz und Massnahmen gegen Covid-19, Mobilität und Ausbeutung von Kindern, Schulbil-
dung und die Rolle der Eltern in der Begleitung der Schulausbildung sowie die Bedeutung von
Zivilstandsunterlagen für die Kinder. Ein Resultat dieser Diskussionsrunden war, dass 54 der
begünstigten Frauen 46 Hektaren Land von der Gemeinde und/oder Familie erhielten. Davon
sind 16 Hektaren Land für den Kaffeeanbau für 35 Frauen bestimmt, 29,75 Hektaren für den
Anbau diverser Kulturen für 15 Frauen und vier Frauen erhielten 0,25 Hektaren Land für den
Bau eines Hauses.
OADEL stellt eine Veränderung in der Brotwertschöpfungskette fest. Immer mehr Männer und
Söhne unterstützen die Bäckerinnen im Haushalt, sodass diese mehr Zeit ihrem Geschäft wid-
men können, und mehr Männer erlauben ihren Frauen an den Aktivitäten und Austauschtreffen
im Rahmen des Projektes teilzunehmen. Schön zu sehen ist auch, dass vermehrt junge Män-
ner eine Bäckerlehre absolvieren, obwohl es bis anhin als klassischer Frauenberuf galt.

Institutionelle Stärkung
2020 wurden im Regionalprogramm Afrika zwei Weiterbildungen durchgeführt, die erste davon
im Januar durch die Finanzverantwortliche der Koordination, zum neuen Buchhaltungspro-
gramm Banana. Ziel war es, dass die PO ein professionelles Buchhaltungsprogramm zur Ver-
fügung haben und dieses auch anwenden können. Dafür reiste die Finanzverantwortliche der
Koordination zu allen PO und unterstützte die PO individuell gemäss ihren Bedürfnissen. Die
Finanzabschlüsse 2020 wurden erfolgreich mit dem neuen Buchhaltungsprogramm durchge-
führt.

18
Eine fünftägige Weiterbildung zum
                                                       Thema Verhandlungstechniken und
                                                       Advocacy wurde Ende Jahr in
                                                       Lomé, Togo, durchgeführt. Die Wei-
                                                       terbildung musste wegen der Pan-
                                                       demie vom Frühjahr in den Dezem-
                                                       ber verschoben werden. Das
                                                       Thema war stark nachfrageorien-
                                                       tiert, und wurde aufgrund einer Um-
                                                       frage unter den PO 2019 ausge-
                                                       wählt. Die Relevanz der Weiterbil-
                                                       dung wurde dadurch sichergestellt,
                                                       dass die PO immer wieder eigene
                                                       Beispiele für die Rollenspiele ein-
bringen mussten und mögliche Advocacy-Arbeit konkret an Beispielen von den PO diskutiert
wurden. Die PO bewerteten die Weiterbildung als sehr nützlich für ihre Projekte. Indirekt half
die Weiterbildung auch, Synergien zwischen den PO besser zu nutzen.
Im Anschluss an die Weiterbildung fand ein zweitägiges Partnertreffen statt. Hauptschwer-
punkt war der Austausch zwischen den PO zu M4P und Geschäftsmodellen sowie das Ken-
nenlernen der neuen PO AFVA, die ab 2021 ins Afrikaprogramm aufgenommen wird.
Zudem wurden im Jahr 2020 drei
weitere Kapitalisierungsstudien19
verfasst und mit relevanten Part-
nern und Akteuren geteilt.
Die Koordination sowie die Pro-
grammverantwortliche unterstützen
die PO individuell in der Optimie-
rung interner Prozesse, Personale-
valuationen oder der Nutzung der
neuen virtuellen Kommunikations-
methoden. Die Koordination unter-
nahm 2020 insgesamt 22 Partner-
besuche.

19
  OADEL publizierte das «Schulungsprogramm für Bäckerinnen in der Herstellung von Brot mit lokalem
Getreide», LDLD das Dokument «Produktionsstandard für hochwertigen Roh- und Parboiled-Reis und
Internes Kontrollsystem» und CAPACITES-21 die Erkenntnisse zu «Familiäre, schulische und berufli-
che Reintegration von Vidomégon-Kindern in der AHEME-Region».

                                                                                               19
2.3. Regionalprogramm Zentralamerika
     2.3.1. Kontext
Die Bevölkerungen in El Salvador und Honduras leben in fragilen und instabilen Ländern und
leiden seit Jahren unter Armut, Ungleichheit und Gewalt. Die Covid-19-Pandemie verschärfte
die ohnehin schon prekären Bedingungen dramatisch. In El Salvador wurden bis Ende 2020
über 46'000 Covid-19-Fälle und mehr als 1300 Todesfälle registriert. In Honduras waren es
gar mehr als 120'000 Ansteckungen und über 3100 Tote. Gerade in Honduras dürfte die Zahl
der unentdeckten Ansteckungen hoch sein, denn es wurden nur wenige Test gemacht und
davon waren bis zu 50% positiv.

Vor der Pandemie lebten gemäss Weltbank 29% der Bevölkerung El Salvadors unter der Ar-
mutsgrenze und 9% in extremer Armut20. Gemäss einer Studie der salvadorianischen Hoch-
schule für Wirtschaft ESEN könnten neu bis zu 54% der EinwohnerInnen El Salvadors von
Armut betroffen sein21. In Honduras waren vor der Pandemie 48,3% der Bevölkerung von
Armut und 22,9% von extremer Armut betroffen22. Der Verband der honduranischen Privatun-
ternehmen COHEP schätzt, dass nach der Pandemie fast jede zweite Person von extremer
Armut betroffen sein könnte und zwei von drei Personen in Armut leben23. Menschen, die im
informellen Sektor ein Einkommen erwirtschaften, dürften besonders von dieser Entwicklung
betroffen sein. Sie verloren quasi über Nacht den Zugang zu ihren Einkommensquellen, weil
die Regierungen beider Länder drastische Massnahmen zur Verhinderung einer noch weiteren
Ausbreitung von Covid-19 ergriffen. In El Salvador galt während 100 Tagen eine allgemeine
Ausgangssperre, während der niemand ohne ausreichende Begründung sein Haus verlassen
durfte. In Honduras durften die Menschen während mehr als 4 Monaten ihr Haus nur einmal
in 14 Tagen verlassen. In Ländern wie El Salvador und Honduras, wo der Anteil der informel-
len Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft bei 68% respektive 75% liegt, haben solche
Ausgangssperren verheerende Folgen24.

Den wenigen Personen, die im formellen Sektor angestellt sind, erging es während der Pan-
demie jedoch nicht viel besser. Das salvadorianische Amt für Sozialversicherung meldete
mehr als 65'000 verloren gegangene Arbeitsstellen, mehr als die Hälfte davon betrifft Jugend-
liche25. In Honduras wird der Stellenverlust auf rund 50'000 geschätzt. Die Arbeitsverträge
von hunderttausenden ArbeiterInnen in beiden Ländern wurden temporär sistiert oder gänzlich
aufgelöst, ohne dass die Unternehmen eine Entschädigung oder Abfindung zahlten26. Diejeni-
gen, die noch arbeiten konnten, kamen oft nicht an ihren Arbeitsplatz. In beiden Ländern wurde
der öffentliche Verkehr während Monaten teilweise oder ganz stillgelegt. Gerade Menschen
der unteren Bevölkerungsschichten, die sich kein Auto leisten können, wären aber darauf an-
gewiesen gewesen. Die Arbeitslosigkeit im formellen Arbeitsmarkt wird wohl in beiden Ländern
spürbar ansteigen und besonders Jugendliche stark treffen. In Honduras verdoppelte sich die
allgemeine Arbeitslosenquote beinahe von 5,7% auf 10,9%27. Die Jugendarbeitslosigkeit lag
bereits vor der Pandemie in El Salvador bei 13,6% und in Honduras bei 11,3%.

20
   https://www.bancomundial.org/es/country/elsalvador/overview
21
   https://diario.elmundo.sv/la-mitad-de-la-poblacion-de-el-salvador-caeria-en-pobreza/
22
   https://www.sica.int/consulta/noticia.aspx?idn=120912&idm=1&ident=1461
23
   https://tiempo.hn/cohep-44-aumentado-pobreza-extrema-en-honduras/
24
   https://odi.org/en/publications/informal-is-the-new-normal-improving-the-lives-of-workers-at-risk-of-
being-left-behind/
25
   https://diario.elmundo.sv/mas-de-33600-jovenes-salvadorenos-perdieron-su-empleo-en-cinco-me-
ses/
26
   Siehe Link bei Fussnote 23.
27
   https://www.elheraldo.hn/opinion/1440840-466/el-desempleo

20
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