Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services - Praxisleitfaden Internet der Dinge BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS - Smarter ...

Die Seite wird erstellt Jannis Graf
 
WEITER LESEN
Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services - Praxisleitfaden Internet der Dinge BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS - Smarter ...
BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS

Praxisleitfaden Internet der Dinge

Neue Geschäftspotenziale
mit Smart Services

EINE STUDIE VON                     IN ZUSAMMENARBEIT MIT
Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services - Praxisleitfaden Internet der Dinge BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS - Smarter ...
Kontakt                                                        Impressum                                                                                         Mit freundlicher Unterstützung von
BERNHARD STEIMEL                                               Autoren: Bernhard Steimel, Ingo Steinhaus
Am Striebruch 38                                               Grafik: Ernst Merheim
40668 Meerbusch                                                Schlussredaktion: Astrid Schäckermann
www.mind-digital.com

Copyright: MIND, Meerbusch 2017

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die
engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung von MIND
unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen
sowie die Speicherung in elektronischen Systemen.

2                                                                        Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                   3
Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services - Praxisleitfaden Internet der Dinge BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS - Smarter ...
Inhalt
         Allgemeines........................................................... 6                           Smart Home & Building.................................................... 58             Change: Unternehmen an die Zukunft anpassen..........136
         Vorwort.................................................................................6          Trends und Potenziale                                                                    In acht Schritten zum Organisationswandel.................136
         Über die Studie....................................................................8               im Smart-Home-Bereich .................................................. 59
                                                                                                                                                                                                     Zwei Herzen in meiner Brust – Schizophrene
         Autoren.............................................................................. 10           Neue Geschäftsmodelle im Smart-Home-Bereich ......... 60                                 Strategien für die richtige Innovationskultur................139

         Herausgeber ..................................................................... 11               Smart Industry & Logistics............................................... 64             Reinfräsen statt reinschleichen:
                                                                                                                                                                                                     Marketing als Vorreiter in der agilen Transformation?.141
         Experten .....................................................................................12   Trends und Potenziale der Smart Industry ..................... 64
                                                                                                                                                                                                     Digitale Kulturrevolution statt Feigenblätter:
                                                                                                            Neue Geschäftsmodelle in der Smart Industry .............. 65
                                                                                                                                                                                                     Ernsthaftigkeit an den Investitionen messen................143
         Kernaussagen......................................................14                               Smart Insurance................................................................ 67
                                                                                                                                                                                                     Das mitarbeiterzentrierte Betriebssystem:
                                                                                                            Trends und Potenziale bei Smart Insurance ................... 68                         Software alleine löst keine Probleme...........................145
         TREND:
                                                                                                            Neue Geschäftsmodelle bei Smart Insurance ................ 69                            Flippen statt wandeln – Organisationen
         Aufbruch in die Smart
                                                                                                            Smart Mobility .................................................................. 71     konstruktiv irritieren.......................................................148
         Service Welt.........................................................20
         Das Internet verändert sich und wir mit ihm.................. 21                                   Trends und Potenziale der Smart Mobility ..................... 71                        TECHNOLOGIE:
         Viele Führungskräfte fremdeln noch .............................. 21                               Neue Geschäftsmodelle im Smart-Mobility-Bereich ..... 73                                 Die richtige Architektur von Smart Services......154
                                                                                                                                                                                                     Unter den Kiel schauen: Den IoT-Stack verstehen........155
         Smart Services verändern die Spielregeln...................... 23                                  Smart Retail....................................................................... 81
                                                                                                                                                                                                     Der IoT-Stack – Den Smart Service hochfahren............155
         Kunden werden anspruchsvoller..................................... 24                              Trends und Potenziale im Smart Commerce ................... 81
                                                                                                                                                                                                     Security By Design – Nie wieder Bad Services..............162
         Do-It-Your-Self Modus senkt Markteintrittsbarrieren ... 24                                         Neue Geschäftsmodelle im Smart Commerce ................ 83
                                                                                                                                                                                                     Angriffsvektoren ermitteln und absichern....................162
         Ein „Weiter so“ gibt es nicht mehr................................... 25                           Das 1x1 der datengetriebenen
                                                                                                            Geschäftsmodell-Muster.................................................. 86              Identity/Access-Management (IAM) ..............................163
         Starten statt warten –
         Drei Wege führen zum Ziel............................................... 25                        IOT-Geschäftsmodelle für industrielle Anwendungen... 91                                  Was ist Security by Design?...........................................164
         1. Prozessoptimierung: Die Wertschöpfungs­                                                                                                                                                 Penetration Testing und Honeypots..............................165
             perspektiveder Industrie 4.0 ....................................... 26                        STRATEGIE:
                                                                                                                                                                                                     Design for Change: Für alle Fälle gewappnet................166
         2. Verbesserung des Kundenerlebnisses:                                                            Von der Idee zum Smart Service..........................92
                                                                                                                                                                                                     Eine zukunftsfähige IoT-Plattform oder die Maximalstrafe:
             Die User Experience Perspektive................................. 28                            Explore: Smart Services entdecken.................................. 95
                                                                                                                                                                                                     Das Unternehmen hängt fest.........................................167
         3. Smart Products and Services –                                                                  Smart Services machen Kunden glücklich....................... 95
             Neue datengetriebene Geschäftsmodelle.................. 30                                                                                                                              Die vier Säulen des Design for Change.........................171
                                                                                                            Smart Service Design als iterativen Prozess starten....... 96
         Die neuen Fähigkeiten von Smart Services..................... 35                                                                                                                            Die Grundentscheidungen ............................................175
                                                                                                            Positive Kundenerlebnisse mit Lean UX gestalten.......100
         Die Transformation betrifft das                                                                                                                                                             Alte Bestände mit Retrofitting retten............................175
         ganze Geschäftsmodell.................................................... 36                       Create: Smart Services entwickeln................................104
                                                                                                                                                                                                     Verarbeitung: Embedded, Edge oder Cloud?................177
         Die Transformation erfasst                                                                         Digital Business Engineering:
                                                                                                            Schritt für Schritt zum Smart Service.............................105                    Optimale Rechenleistung zu den besten Kosten..........178
         alle Unternehmensbereiche............................................. 38
                                                                                                            Raus aus dem Büro, ab ins Innovation Lab....................110                          Die Make-Or-Buy-Entscheidung.....................................179
         Die Transformation erfasst das ganze
         Unternehmen – Ein Reifegradmodell ............................. 41                                 Folge dem Weg der Daten..............................................113                 Die eigenen Daten in Werte verwandeln......................180
         Die Evolution vom Produkt zum Ecosystem –                                                          Daten und Menschen in Einklang bringen.....................116                           Erfolgskriterien für IoT-Projekte....................................181
         Der Einstieg in die Plattform-Ökonomie......................... 45
                                                                                                            In zwei Wochen läuft’s, Agilität ist ein Mindset............119                          ANHANG.............................................................184
         IMPACT:                                                                                            Scale to Business:                                                                       Fallstudien............................................................................... 184
         Wie Smart Services Branchen verändert..............48                                              Ein Geschäftsmodell stark machen................................121
                                                                                                                                                                                                     Abbildungen........................................................................... 185
         Auf der Welle des Hypes:                                                                           Die relevanten Assets
                                                                                                                                                                                                     Literaturverzeichnis.............................................................. 186
         Das IoT als lernender Markt.............................................. 49                       in das digitale Zeitalter transformieren........................122
                                                                                                                                                                                                     Mehr Reichweite auch für Ihre
         Early Adopter in allen Branchen...................................... 50                           Plattformstrategien: Was bleibt,
                                                                                                                                                                                                     „smarten Services“?........................................................188
                                                                                                            wenn der Gewinner alles nimmt?..................................129
         Wachstumspotenziale dank IoT....................................... 52
                                                                                                            Agile Skalierung: In 30 Tagen
         Smart Health ..................................................................... 53              von Null bis Markteintritt...............................................131
         Trends und Potenziale im Smart-Health-Bereich............ 54                                       Wer neue Geschäftsmodelle will,
         Neue Geschäftsmodelle im Smart-Health-Bereich ........ 55                                          muss am Organisationsmodell arbeiten........................135

4                                           Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                       Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                                                                                                                            5
Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services - Praxisleitfaden Internet der Dinge BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS - Smarter ...
VORWORT

Wertschöpfung
statt Business-Theater

           Unternehmen als Organisationen zu bezeichnen, klingt an sich schon falsch,            die echte neue Wertschöpfung in der Wirtschaft. Interessanterweise haben
           da es so statisch anmutet. Das ist möglicherweise auch das große Missver-             dies die „Großen“ auch erkannt und schauen neidvoll auf die schnellen
           ständnis, was in den letzten Dekaden vielen Unternehmungen zugrunde                   Boote um sich herum, die sie versuchen, über Inkubatoren in ihre Häfen zu
           liegt. Dabei sind Unternehmen vielmehr Organismen, die jeden Tag neue                 bringen. Aber das nützt nichts: Unternehmen müssen lernen, Teams zusam-
           Zellen produzieren und alte abstoßen. Dass es in der Industriegeschichte              menzustellen, die keine einstudierten Managementrollen spielen und die
           seit Taylor möglich war, recht konstante Gebilde zu entwickeln – mit Aufbau           den Atem des Kunden spüren. Wichtig sind dabei die folgenden elementa-
           und Ablauforganisationen –, ist sogar möglicherweise eine Besonderheit in             ren Regeln:
           der Entwicklungsgeschichte der Wirtschaft.
                                                                                                 » Zeit nehmen und nachdenken
           Vor 1850 bestand die Wirtschaft aus hochflexiblen Playern, die dezentral              » Den agilen Rahmen schaffen
           Kleinserien von Produkten entwickelten und produzierten. Mit der Indus­               » Abteilungen aufgeben oder verschmelzen
           trialisierung kam ein Zeitalter der großen und stabilen Unternehmensorga-             » Kompetenzen physikalisch zusammenbringen
           nisationen. Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass wir wieder auf             » Hierarchiefreie Kommunikation durch gemeinsame Verantwortung
           kleinere Einheiten zurückgreifen werden müssen. Warum? Weil die Komple-                  (Shared Ownership) schaffen
           xität der Umwelt dies erfordert. Große Unternehmungen müssen sich gefühlt
           in kleine aufspalten, Neugründungen werden vielleicht nie wieder Größen               Und damit kein Missverständnis entsteht: eigentlich tickten Gruppen von
           von einer halben Millionen Mitarbeiter erreichen.                                     Menschen, die gemeinsam etwas bewegen wollen, schon immer so. Nur das
                                                                                                 Unternehmertum ist durch viele Managementlehren verschüttet worden.
           Wer diesen Praxisleitfaden intensiv studiert, insbesondere das Kapitel STRA-          Es wird Zeit, wieder Wert zu schöpfen statt Theater zu spielen.
           TEGIE , muss zu diesem Schluss kommen. Denn das entscheidende Element
           für die Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen und insbesondere
           Smart Services ist die Form und Art der Zusammenarbeit von Menschen. Und
           wer in großen Unternehmen arbeitet, weiß dabei genau, dass nicht die Erfor-
           dernisse des Marktes, sondern im schlimmsten Falle die Bedürfnisse des
           Top-Managements befriedigt werden müssen. Hier wird, wie es Lars Vollmer,             Christian Thunig
           der Begründer von intrinsify.me, dem größten offenen Thinktank für die                Stellv. Chefredakteur
           neue Arbeitswelt, so schön nennt, „Business-Theater“ gespielt. Kein Wunder,           absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing
           dass hier wenig voran geht.

           Die kleinen Startups dagegen entdecken wahre Bedürfnisse und konzen­
           trieren sich auf eine kundenzentrierte Lösung. Hier entsteht gefühlt derzeit

6                                                    Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                   7
Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services - Praxisleitfaden Internet der Dinge BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS - Smarter ...
ÜBER DIE STUDIE                                                                                                                                                                                 ÜBER DIE STUDIE

                  Was war der Auslöser?                                                                            Damit richtet sich die Studie vor allem an Unternehmens-Entscheider,
                                                                                                                die ihre Geschäftsmodelle langfristig und erfolgreich an die neue Dynamik
                                                                                                                anpassen wollen. Der Praxisleitfaden bietet praktische Hilfe, um den Fahr-
                  Im Dezember 2013 besuchte ich die LeWeb in Paris. Auf dem alljährlichen                       plan für die Produkt- und Service-Innovation zu entwickeln und zeigt mit
                  Tech-Meeting wurde die Losung für das nächste Jahr von der Internet Star-                     umfangreichen Praxisbeispielen und Experten-Tipps auf, wie man den Weg
                  tup Gemeinde ausgerufen. Ich hatte gerade die Arbeiten am Praxisleitfaden                     zum Smart Service erfolgreich geht.
                  Digital Transformation47 abgeschlossen und wollte erfahren, welche neuen
                  Angriffsziele von den Internet-Kriegern ausgerufen werden.                                    Wie sind wir vorgegangen?
                  Für Tech-Investoren wie Fred Wilson war die Share Economy mit UBER und                        Während wir uns beim Praxisleitfaden Digital Transformation damit beschäf-
                  AirBnB längst kalter Kaffee. Für ihn war klar, die Entdeckungsreise geht wei-                 tigt haben, wie Unternehmen neue digitale Kundenerlebnisse schaffen
                  ter in ferne, neue Galaxien im Internet der Dinge. Den Hauptimpuls sah er                     können, geht es nun um Produkt und Geschäftsmodell Innovation und die
                  von uns Menschen ausgehen, die mit dem Smartphone bewaffnet ihre                              Chancen datengetriebener Geschäftsmodelle.
                  Gesundheitsdaten selbst tracken und mit Unterstützung von smarten                                 Im Rahmen einer breit angelegten Metastudie wurden daher mehr als
                  ­Services zu ihren eigenen Ärzten und Gesundheitsberatern werden wollen.                      200 empirische Untersuchungen und internationale Studien ausgewertet,
                   Damals spürte ich, dass sich etwas Grundlegendes verändert, nämlich dass                     die sich mit dem Internet der Dinge auseinandersetzen. Des Weiteren wur-
                   das Silicon Valley den Aufbruch in das Hardware Business probte. Eine neue                   den über 250 Best Practice-Cases zusammengetragen und Pioniere inter-
                   Avantgarde von Hardware-Tüftlern machte sich auf den Weg, um aus dummen                      viewt. Der vorliegende Praxisleitfaden enthält mehr als 50 Fallbeispiele.
                   Produkten schlaue Smarte Services zu machen. Als dann Michael Porter 2014                        Die Studienautoren führten darüber hinaus Gespräche mit über 40 Fach­
                   in seinem Artikel „How Smart, Connected Products Are Transforming Com-                       experten, darunter Vordenker wie XXX, um Innovationsansätze zu beurteilen.
                   petition“ beschrieb, wie Tech-Unternehmen die Kundenerwartungen grund-                           Die Arbeiten an der vorliegenden Studie starteten im Sommer 2015 und
                   legend verändern, war klar, dass diese Veränderungen alle Unternehmen                        mussten mehrfach unterbrochen werden, weil immer wieder Beratungspro-
                   angehen, egal welcher Branche.                                                               jekte Vorfahrt hatten. Dadurch konnten viele Erkenntnisse auch am lebenden
                                                                                                                Objekt gewonnen und erprobt werden.
                  Die vier Apokalyptischen Reiter
                                                                                                                Was war uns wichtig und was NICHT?
                                                                                                                Die neue Ära des Internets macht das uns bisher bekannte Internet unsicht-
                                                                                                                bar. Anstatt noch einen weiteren Bildschirm in unser Leben zu integrieren,
                                                                                                                den wir bedienen müssen, treten dienstbare Geister auf. Computertechno-
                                                                                                                logie erscheint in Geräten, Fahrzeugen und deren Alltagsumgebung. Und
                                                                                                                smarte Produkte erhalten so etwas wie magische Kräfte. Das unsichtbare
                                                                                                                Internet der Dinge versteckt sich hinter Knöpfen und Schaltern und ist in
                                                                                                                intelligente Produkte eingebaut. Durch die Vernetzung und Kommunikation
                                                                                                                von allem mit jedem verschmelzen die digitale und die physische Welt und
                                                                                                                werden zu einer neuartigen Smart-Service-Welt. Das 1. Kapitel TREND gibt
                                                                                                                einen Überblick über die Entwicklungen und die Möglichkeiten für Unter-
                                                                                                                nehmen, die in der Smart Service Welt stecken.
                                                                                                                    Wir befinden uns in einem lernenden Markt und viele Anwendungsfelder
                                                                                                                werden noch von den Innovatoren und Early Adoptern dominiert. Im 2. Kapi-
                  Was waren die zentralen Fragen?                                                               tel IMPACT gehen wir der Frage nach, welche Smart Products und Services
                  Im „Praxisleitfaden Internet der Dinge“ wollen wir der Frage nachgehen, wie                   es bereits gibt und betrachten die Entwicklung in sechs Branchenfeldern
                  Smart Services helfen, neue Wertschöpfungspotenziale zu erschließen und                       mit dem höchsten wirtschaftlichen Potenzial.
                  Unternehmen zukunftssicherer zu machen. Dazu nehmen wir sechs Branchen                            Die Gestaltung eines Smart Service geschieht agil und iterativ. Dafür hat
                  aus Handel, Dienstleistung und Industrie in den Fokus und beantworten                         sich eine Lean-Enterprise-Methode durchgesetzt, die in vier Phasen aufge-
                  wichtige Zukunftsfragen für das Management:                                                   teilt werden kann: Explore, Create, Scale und Change. In Kapitel 3 STRATEGIE
                     Was steht hinter dem Trend und für welche Branchen ist er wichtig? Wie                     werden Vorgehensmodelle entlang des iterativen Prozesses vorgestellt.
                  verändern Smart Services das Kundenverhalten? Wie lassen sich Smart Ser-                      Das Internet der Dinge ist in jeder Branche und in jedem Anwendungsgebiet
                  vices entdecken, entwickeln und erfolgreich vermarkten? Welche Organi-                        ein wenig anders. Trotzdem sind allgemeine Aussagen möglich. Entlang des
                  sationsform eignet sich für die digitale Transformation? Welche digitalen                     5-Schichten-IoT-Modells diskutieren wir im abschließenden 4. Kapitel TECH-
                  Fähigkeiten müssen erworben werden?                                                           NOLOGIE das notwendige technologische Fundament für einen erfolgreichen
                                                                                                                Smart Service, stellen die wichtigsten Architekturentscheidungen vor und
                  47 Mind, Praxisleitfaden Digitale Transformation, 2013                                        arbeiten die Erfolgsfaktoren heraus.

8                                                                   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                                     9
Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services - Praxisleitfaden Internet der Dinge BERNHARD STEIMEL | INGO STEINHAUS - Smarter ...
AUTOREN                                                                                                                                                                                            HERAUSGEBER

          Bernhard Steimel                                                                                                              MIND ist das Berater-Netzwerk mit Business Development-Kom-
          MIND DIGITAL, Inhaber                                                                                                         petenz für digitale Zukunftsmärkte. Gemeinsam mit unseren
          Bernhard Steimel ist Inhaber der MIND Digital mit Sitz in Meerbusch bei                                                       Kunden entwickeln wir nachhaltige Wachstumsstrategien und
          Düsseldorf und begleitet Führungsteams, die Chancen in den digitalen                                                          unterstützen bei der erfolgreichen Umsetzung. Wir begleiten
          Zukunftsmärkten frühzeitig zu erkennen und die digitale Transformation                                                        innovationsinteressierte Unternehmen, dabei neue Geschäfts-
          erfolgreich zu meistern. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Stra-                                                   chancen in der heranbrechenden Service-Ökonomie zu entde-
          tegie- und Geschäftsentwicklung und hat in den vergangenen Jahren den                                                         cken, zu bewerten und zu erschließen. Ein Netzwerk an Top-Ex-
          technologischen Wandel in Studien-, Innovations- und Marktentwicklungs-                                                       perten und erfahrenen Beratern liefert Ihnen stets die
          projekten begleitet. Durch zahlreiche Publikationen und Vorträge gehört                                                       Kompetenzen, die Sie gerade für die digitale Transformation
          Herr Steimel zu den Vordenkern der digitalen Transformation und heran-                                                        brauchen.
          brechenden Service Ökonomie. Bernhard Steimel ist unter anderem Her-                                                          Weitere Informationen unter www.mind-digital.com
          ausgeber von smarter-service.com, Autor des Praxisleitfadens Digital Trans-
          formation sowie zahlreicher Trendstudien zu den Zukunftsmärkten der
                                                                                                                                        aus dem Fachverlag der Düsseldorfer Verlagsgruppe Handels-
          digitalen Wirtschaft. Herr Steimel erwarb das Diplom der Wirtschaftswis-
                                                                                                                                        blatt ist mit einer verkauften Auflage von rund 23.500 Exem­
          senschaften an der Bergischen Universität GH Wuppertal und den Bachelor‘s
                                                                                                                                        plaren (IVW) Deutschlands führende Monatszeitschrift für
          Degree in Economic Sciences an der Université de Paris, Sorbonne.
                                                                                                                                        Marketing. Recherchiert und geschrieben für Führungskräfte in
                                                                                                                                        den Unternehmen, deckt sie alle Praxisfragen des modernen
                                                                                                                                        Marketings und Vertriebs ab und informiert über Trends, Best
          Ingo Steinhaus                                                                                                                Practices, neue Methoden sowie die Entwicklung auf Seiten der
          Freier IKT-Journalist                                                                                                         Medien und Marketing-Dienstleister.
                                                                                                                                        Weitere Informationen unter www.absatzwirtschaft.de
          Ingo Steinhaus arbeitet seit mehr als 20 Jahren als selbständiger Autor für
          Print- und Onlinemedien. Zu seinen Themen gehören neben der Informati-
          onstechnologie im Allgemeinen und der Business-IT im Besonderen auch                                                           ist der Trend- und Innovationsblog für Digitales Marketing, Sales
          Organisationssoziologie, Management, Entrepreneurship, Innovation, digi-                                                      und Service Professionals, die Inspiration, Impulse und Ideen für
          tale Transformation, Internet of Things, Industrie 4.0 und Künstliche Intelli-                                                die Gestaltung neuer digitaler Services suchen. Wir berichten
          genz. Er veröffentlicht regelmäßig Artikel auf dem Informationsportal                                                         über Service-Innovationen, die neue Geschäftschancen in der
          it-zoom.de sowie in verschiedenen Magazinen wie Business Impact, Mobile                                                       heranbrechenden Service-Ökonomie erschließen, nachhaltig das
          Business und CEDO – Chefsache digitale Transformation. Daneben hat er                                                         Kundenerlebnis verbessern helfen und den 10 Geboten der
          Erfahrungen in der Unternehmenskommunikation und dem Content Marke-                                                           Einfachheit folgen.
          ting sowie in der Produktion und Redaktion von IT-Anwendermagazinen.                                                          Wir wollen bei Entscheidern aus Industrie, Handel und Dienst-
                                                                                                                                        leistung ein Verständnis dafür schaffen, Service als Produktbe-
                                                                                                                                        standteil und Erlösquelle für zukünftige Kaufakte zu sehen und
                                                                                                                                        Service-Innovationen fördern, die den Verbraucher und seine
                                                                                                                                        Service-Erlebnisse in den Mittelpunkt stellen. Wir wollen Auf-
          Unterstützung erhielten die Autoren von einem                                                                                 merksamkeit für gut gemachte Services schaffen. Um die
          dreiköpfigen Redaktionsteam:                                                                                                  schlechten Beispiele kümmert sich die Presse. Wir wollen so den
          Michael Ahmadi steuerte per Desk Research Zahlen und Fakten                                                                   intelligenten Einsatz von Internet-Technologien unterstützen,
          bei, Manja Baudis bearbeitete ­Interviews und war mitverantworlich                                                            der das Management der Kundeninteraktion über alle Kanäle
          für die ­Smarter-Service-Blogredaktion und Astrid Schäckermann                                                                erlaubt. Das umfasst personalisierte Services ebenso wie Self-
          bereitete ebenfalls Interviews auf und übernahm die Schluss­                                                                  service-Konzepte.
          redaktion des P­ raxisleitfadens.                                                                                             Mehr Infos auf www.smarter-service.com

10                                                    Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                                                  11
EXPERTEN                                                                                                                                                                  EXPERTEN

                                                                                                                                              Eric Schneider
                                            Stephan Grabmeier                                                Jürgen Meffert                   Head of Solution Team & Business
           Robert Andres                    Chief Innovation Evangelist                                      Leiter Global Digital Practice   Development
           CSO Eurotech Group               haufe Umantis                                                    Mc Kinsey & Company              exceet Secure Solutions

                                            Achim Himmelreich
           Henning Bauwe                    Digital Transformation Consumer                                  Jens-Uwe Meyer
           Partner Innovation & Strategic   Products & Retail                                                Geschäftsführer                  Christian Schuldt
           Growth Initiatives, KPMG         cap gemini                                                       Innolytics                       Referent Zukunftsinstitut

           Dr. Dido Blankenburg             Philipp Jussen                                                   Michael Mücke                    Sebastian Steinbuss
           Senior VP Mobilfunk Corporate    Dienstleistungsmanagement                                        Geschäftsführer                  Wissenschaftlicher Mitarbeiter
           Customers Telekom Deutschland    FIR e. V. an der RWTH Aachen                                     Mücke, Sturm                     Fraunhofer IML

                                            Michael Kemper                                                   Andre Panne
           Christian Beinke                 Digital Architekt                                                Geschäftsführer                  Christian Strobel
           Gründer The Dark Horse           Adesso                                                           Tradum                           CEO hackerbay

                                            Giordano Koch                                                    Christian Pereira
           Michael Buck                     Managing Director                                                Geschäftsführer                  Pauline Tonhauser
           CEO convidera                    Hyve                                                             Q-Loud                           Gründer Design Thinking Coach

                                            Bernhard Kölmel
           Dietmar Dahmen                   stellv. Institutsleiter                                          Niels Pfläging
           Chief Innovation Officer         IOS³ – INSTITUT FÜR SMART SYSTEMS                                Gründer                          Carlo Velten
           ecx.io An IBM company            UND SERVICES an der Uni Pforzheim                                BetaCodex Network                CEO Crisp

           Winfried Felser                  Knud Lüth                                                        Conrad Rentsch                   Sascha Wolter
           Geschäftsführer                  Managing Director                                                Senior Managing Consultant       IoT-Experte
           competence site                  IOT Analytics                                                    IBM Interactive Experience       Connected Home

                                            Wolfgang Maaß
           Roman Friedrich                  Wissenschaftlicher Direktor -                                    Lars Rückemann
           Managing Director                Forschungsgruppe Smart Service                                   Gebietsleiter                    Babak Zeini
           AlixPartners                     Engineering DFKI                                                 codecentric                      Geschäftsführer Futerest

           Florian Gäng                     Alexander Mädche
           Head of Experience Strategy      Direktor KSRI – Karlsruhe Service                                Rolf Scheuch                     Marco Zingler
           SapientRazorfish                 Research Institute                                               CTO Opitz Consulting             Geschäftsführer denkwerk

12                                             Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                             13
KERNAUSSAGEN                                                                                                                                                                           KERNAUSSAGEN

               Tech-Unternehmen verändern                                                             stark wachsen. Einen sehr starken Einfluss wird das IoT im Bereich Healthcare
                                                                                                      haben. Durch die Aufzeichnung von Körperfunktionen und anderen Daten
               Kundenerwartungen radikal                                                              mit kleinen IoT-Geräten gibt es neue Möglichkeiten in der Diagnostik und
                                                                                                      der Prävention. Wearables und smarte Kleidung gliedern sich nahtlos in den
                                                                                                      Alltag des Nutzers ein und bewirken eine engere Verzahnung von Unterneh-
                                                                                                      men in Medizin, Sport, Lifestyle und Technologie. Smarte Produkte helfen
               Das Internet, kostengünstige Sensoren und netzwerkfähige Kleincomputer                 Anwendern dabei, bestimmte gesundheitliche Ziele und Verhaltensweisen
               erlauben Unternehmen die Auswertung von Daten, die sie bisher nicht ein-               zu erreichen.
               mal ansatzweise nutzen konnten. Oft haben sie noch keine schlagkräftige
               Strategie für diese Möglichkeiten und sind gefährdet: Sie verlieren den                Das Smart Home ist eine der wichtigsten IoT-Domänen. Das Potenzial ist
               Anschluss an die vernetzte Service-Ökonomie. Die Unternehmen aus dem                   groß, auch durch das Smart Metering zur Optimierung des Verbrauchs von
               Silicon Valley dominieren bislang die Digitalisierung. Sie schaffen gut durch-         Strom, Wasser oder Gas. Das hundertprozentig smarte Haus ist ein Neubau,
               dachte, intelligent vernetzte Produkte und Services, die die Kundenerwar-              doch es gibt auch gute Marktchancen für smarte Produkte und Services, mit
               tungen radikal verändern. Unternehmen müssen über neue Geschäftsmo-                    denen Immobilien kostengünstig nachgerüstet werden können. Große Markt-
               delle nachdenken und die veränderten Kundenerwartungen zum                             chancen gibt es bei der Energiesteuerung, vor allem im gewerblichen Bereich.
               Ausgangspunkt ihrer Innovationsstrategie machen.                                       Weitere Geschäftsmodelle setzen auf die vorausschauende Wartung für
                                                                                                      Großbauten, etwa bei Rolltreppen, Aufzügen, Fensterputzsystemen, Hei-
               Smarte Produkte und Services nutzen datengetriebene Geschäftsmodelle                   zungs- und Belüftungsanlagen. Eine Standardisierungsinitiative wie QIVICON
               und sind der Kern der Entwicklung von Strategien für das Internet der Dinge.           bemüht sich, das Smart Home hersteller- und geräteübergreifend auf einer
               Sie beruhen auf innovativen smarten Produkten und Services. Es gibt drei               einzigen Plattform zu ermöglichen. Doch auch branchenfremde Unterneh-
               Möglichkeiten, neue, aktive IoT-Geschäftsmodelle zu entwickeln: 1. beste-              men steigen ein, etwa Apple mit seinem HomeKit.
               hende Produkte mit IoT-Zusatzservices versehen, 2. neue Produkte mit
               IoT-Funktionen entwickeln und 3. produktlose Smart Services gestalten.                 Für Smart Industry und Logistics wird das IoT vor allem einen bedeutenden
               Wenn smarte Services und Produkte Bestandteile eines Ecosystems werden,                Einfluss auf die operative Effizienz haben. McKinsey glaubt, dass die Produk-
               können sie im Gleichklang mit anderen Produkten und Services auch von                  tivität in der herstellenden Industrie durch das IoT um 2,5 – 5% steigen kann.
               anderen Unternehmen weiterentwickelt werden. Unternehmen können sich                   Auch die Zusammenarbeit zwischen Arbeitern kann im IoT verbessert wer-
               dadurch von einem Verkäufer einzelner Produkte zu einem Anbieter pro-                  den. Eine disruptive Innovation ist der 3D-Druck. Er wird in Zukunft verstärkt
               duktbasierter Services wandeln.                                                        die „Mass Customization“ ermöglichen. In intelligenten Industrie-Infrastruk-
                                                                                                      turen („Smart Factories“) treten intelligente Maschinen in Verbindung und
               Das IoT ist ein lernender Markt: Die Vorreiter unter den Anbietern und Her-            tauschen mit ebenso intelligenten Objekten Informationen über Aufträge
               stellern sammeln jetzt wichtige Erkenntnisse über smarte Produkte und                  und Zustände aus, um gemeinsam Abläufe zu koordinieren. Ziel dieses Netz-
               Services, die ihnen Vorteile im Markt verschaffen. Mit dem IoT beginnt die             werks aus Maschinen und Objekten ist das Erreichen eines Gesamtoptimums
               Smartification, der Aufbau von intelligenten, vernetzten Produkten und                 bei Durchlaufzeit, Qualität und Auslastung. Das macht den menschlichen
               Services. Innovationsfreudige Unternehmen erkennen frühzeitig die Bedeu-               Arbeiter aber nicht überflüssig, die smarten Geräte unterstützen den Men-
               tung für ihre Geschäftsmodelle und werden zu „Early Adoptern“. Sie wissen:             schen mit Robotertechnik und intelligenten Assistenzsystemen.
               Die Digitalisierung senkt Markteintrittsbarrieren und erlaubt es branchen-
               fremden Firmen, ihre Geschäftsmodelle anzugreifen.                                     Versicherungen haben durch das IoT erstmals die Möglichkeit, dem Versiche-
                                                                                                      rungskunden mit Technik „über die Schulter zu schauen“. Gleichzeitig haben
               Branchen unter Veränderungsdruck:                                                      Versicherungskunden heutzutage veränderte Bedürfnisse und Verhaltens-
               Spielregeln verändern sich durch Smart Services                                        weisen. Versicherungsunternehmen benötigen eine ganzheitliche Strategie,
                                                                                                      um auf diese Veränderungen zu reagieren. Sie müssen die starke Orientierung
               Das Potenzial des IoT ist enorm: Experten sprechen von bis zu 11 Billionen             an Versicherungssparten ablösen durch eine kundenzentrierte Sicht auf ihre
               Dollar Umsatz 2025. Dabei werden die einzelnen Branchen unterschiedlich                Produkte. Die Versicherungen sind bereits ins Fadenkreuz von Startups

14                                                        Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                                  15
KERNAUSSAGEN                                                                                                                                                                           KERNAUSSAGEN

               geraten, die neue Produkte anbieten: beispielsweise nutzungsbasierte Tarife,           Werkstattcharakter und nutzt dabei sechs Prozessschritte: Verstehen, Beob-
               On-Demand-Versicherungen sowie Kurzzeittarife. Möglich sind damit spon-                achten, Synthese, Idee, Prototyp und Test. Design Thinking hat die besten
               tane Reiseversicherungen oder situationsabhängige Unfallversicherungen                 Ergebnisse, wenn ein Entwicklungsteam interdisziplinär zusammengesetzt
               für bestimmte Aktivitäten. Das Versicherungsunternehmen der Zukunft wird               ist, hierarchiefrei kommunizieren darf, spielerisch und iterativ arbeiten kann
               jedem seiner Kunden kontextsensitiv und situationsabhängig personalisierte             und ausreichend Zeit zur Verfügung hat. Werkzeuge wie Bedürfnis-Persona,
               Angebote machen.                                                                       Empathy Map und Idea Map helfen beim Design eines Smart Service.
                                                                                                      Für die Phase „Create“ gibt es unterschiedliche Ansätze, zum Beispiel Digi-
               Smart Mobility bedeutet: Verkehrsmittel, Infrastruktur und Services sind               tal Business Engineering. Der modell-getriebene und methodenbasierte
               intelligent vernetzt. Jeder kann das Angebot wunschgemäß nutzen und                    Transformationsansatz unterstützt ein Unternehmen auf allen Ebenen:
               jederzeit sowie überall einen Service buchen, zahlen und Verkehrsinforma-              Strategisch bei der Neuausrichtung hinsichtlich Digitalisierung, bei der
               tionen in Echtzeit abzurufen. Zudem wird das Prinzip „Nutzen statt besitzen“           Adaption ihrer Prozesse und natürlich bei der technischen Umsetzung. Smart
               immer wichtiger: Viele Leute wollen ein Auto fahren, es aber nicht besitzen.           Services werden damit schrittweise entwickelt: Zunächst werden die Kun-
               Die Automobilindustrie wird durch die Entwicklung des IoT bedroht. Die                 denprozesse analysiert, anschließend ein Produkt-Ecosystem gestaltet und
               Hersteller müssen durch neue Geschäftsmodelle gegensteuern. Entschei-                  zuletzt ein Geschäftsmodell gestaltet.
               dende Wettbewerbsvorteile entstehen durch neuartige Bedienoberflächen,
               die Auswertung von Echtzeit-Fahrzeugdaten sowie von Geoinformationen                   Daten zu teilen schafft mehr Wert, als sie zu behalten – eine der grundle-
               wie etwa Wetter-und Verkehrsdaten. Hinzu kommt der Aufstieg der Sha-                   genden Erkenntnisse für das Smart Service Design. Sobald ein Unternehmen
               ring-Mobility über Plattformen, bei denen die Automarke weit in den Hin-               erkennt, dass die Verwertung von Daten einen sehr großen Nutzen hat, rücken
               tergrund rückt. Car Sharing oder Mitfahr-Plattformen sind entscheidende                Themen wie Sensibilität von Daten oder Gefahr des Datenverlustes in den
               Modelle.                                                                               Hintergrund. Zudem verändert bereits die Sichtbarkeit von Daten den
                                                                                                      Umgang mit dem Produkt. Nutzungsdaten geben dem Unternehmen ein
               Im Handel hat sich die “Customer Journey” dramatisch verändert. Omni-Chan-             objektives Feedback, das wiederum in die Weiterentwicklung einfließt.
               nel ist jetzt entscheidend: Die Kanäle sind nutzenoptimiert verknüpft und
               der Kunde tritt in den Mittelpunkt. Smart Commerce spielt eine entschei-               Ein datenbasierter Smart Service ist in ein komplexes sozio-technisches
               dende Rolle für die Zukunft des stationären Einzelhandels. IoT-Anwendun-               System aus Akteuren und Technologien eingebettet. Agile Vorgehensweisen
               gen und spezielle Apps für Smartphones bieten Raum für neue Absatzkon-                 passen sich daran an und beziehen kontinuierlich den Kunden ein, um einen
               zepte und Vertriebswege. Ein wichtiger Faktor für den Kunden ist die                   Mehrwert zu erzeugen. Dafür muss ein Unternehmen ermitteln, wie Anwen-
               Effizienz des Einkaufs, also die Geschwindigkeit und Unkompliziertheit der             der die Software nutzen und daraus kontinuierlich lernen. Gut dafür geeig-
               Customer Journey. IoT-Geräte und -Services bieten jetzt zahlreiche Möglich-            net sind gemischte agile DevOps-Teams aus Entwicklern und Mitarbeitern
               keiten: Smarte Buttons zum Bestellen, digitale Umkleidekabinen mit Waren-              aus dem IT-Betrieb, die dadurch eine interdisziplinäre Perspektive auf die
               korbfunktion, Auslieferung durch Roboter und vieles mehr.                              Anwender erreichen.

               Smart Service mit Lean Enterprise-Prinzipien                                           In der Phase „Scale“ wird ein agiles und digitales Geschäftsmodell entwi-
               Design Thinking, Lean UX und Agile entwickeln                                          ckelt. Dafür muss das Unternehmen die relevanten Assets identifizieren und
                                                                                                      sie in das digitale Zeitalter überführen. Ein wichtiges Erfolgskriterium sind
               Die Gestaltung eines Smart Service geschieht agil und iterativ. Dafür hat sich         übergeordnete, interdisziplinär zusammengesetzte Entwicklungsteams, die
               ein Vorgehen durchgesetzt, das in vier Phasen aufgeteilt werden kann:                  eine hierarchiefreie Kommunikation pflegen. Das Stichwort hier ist „Shared
               Explore, Create, Scale und Change.                                                     Ownership“ des Projektes. Doch dies funktioniert nur, wenn die Leitung eines
                                                                                                      Digitalisierungsteams auch ein Durchgriffsrecht hat.
               „Explore“ bedeutet, zunächst die Idee des Geschäftsszenarios zu entwickeln.
               Als Methode dafür kann „Design Thinking“ genutzt werden. Dabei arbeitet                Die Plattformstrategien der großen Internetanbieter bedrohen Anbieter und
               das Team auf agile Weise und kontrolliert sich anhand der Ergebnisse immer             Hersteller, zum Beispiel im Smart-Home-Sektor. Schnelle Reaktionen sind
               wieder selbst. Es bearbeitet ein Problem an einem festen Ort mit                       wichtig, wenn die großen US-Digitalunternehmen angreifen. Unternehmen

16                                                        Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                                  17
KERNAUSSAGEN                                                                                                                                                                           KERNAUSSAGEN

               ohne eigene Entwicklerkapazitäten können On-Demand-Entwicklungsplatt-                  Unter den Kiel schauen und
               formen wie Hackerbay nutzen. Wer eine Idee für eine App hat, kann dort ein             die richtige Architektur wählen
               Festpreisangebot einholen. Sie wird dann von oft weltweit agierenden Free­
               lancern entwickelt. Entscheidend ist hier extreme Agilität. Prototypen ent-            Wer Smart Services entwickeln und anbieten will, braucht eine leistungsfä-
               stehen in wenigen Tagen, marktfähige Produkte in einigen Wochen.                       hige technologische Basis. Dieser IoT-Stack muss eine End-To-End-Lösung
                                                                                                      sein, die allen Anforderungen gerecht wird. Mit der Wahl des richtigen
               Innovative Geschäftsmodelle entstehen nicht voraussetzungslos, sie erfor-              IoT-Stacks lassen sich die Kosten für eine IoT-Lösung optimieren, ohne Leis-
               dern auf der einen Seite innovativ denkende Mitarbeiter und auf der ande-              tungsverluste hinzunehmen. Entlang der Abschnitte Datenerfassung, Daten-
               ren Seite eine agile Organisation, die diese Mitarbeiter bei der Gestaltung            übertragung, Datenspeicherung und Datenverarbeitung gibt es jeweils
               von smarten Produkten und Services unterstützt.                                        spezifische Infrastrukturelemente: Die Geräteschicht ganz unten, anschlie-
                                                                                                      ßend die Kommunikationsschicht, darüber die Cloudservices und zum
               „Change“ ist die Konsequenz aus der Entwicklung von agilen Geschäftsmo-                Schluss die Anwendungen.
               dellen. Dahinter verbirgt sich eine strategische Neuausrichtung des Unter-
               nehmens, das in einem von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Zwei-             Beim Aufbau dieses IoT-Stacks müssen Unternehmen darauf achten, keine
               deutigkeit geprägten Marktumfeld langfristig bestehen will. Das bekannteste            Investitionsruine zu erzeugen. „Design for Change“ ist eine wichtige Anfor-
               Modell dafür stammt von John P. Kotter. Es bietet einen ganzheitlichen Ansatz          derung an den Stack, denn IoT-Projekte finden in einem lernenden Markt
               für tiefgreifenden und nachhaltigen Wandel.                                            statt. Heute ist noch unbekannt, welche Geschäftsmodelle morgen aktuell
                                                                                                      sind. Aus diesem Grund muss ein IoT-Stack möglichst zukunftssicher einge-
                  Um im digitalen Markt bestehen zu können, benötigen Unternehmen so                  richtet werden, sodass ihn auch bisher noch nicht geplante Anwendungen
               etwas wie „organisatorische Schizophrenie“. Sie benötigen sowohl die her-              nutzen können und er den Weg in die Sackgasse vermeidet.
               kömmliche Optimierung bestehender Prozesse als auch eine Kultur der
               radikalen Innovation, die disruptive Geschäftsmodelle entwickelt. Inkuba-              IoT-Security ist ein übergreifendes Thema, das alle Elemente des IoT-Stacks
               tor-Modelle haben eine große Chance, die notwendige Veränderungsge-                    umfasst. Sicherheit ist kein Anhängsel, sondern muss in der Tiefe verwirklicht
               schwindigkeit zu erreichen. Einzelne Bereiche wie beispielsweise das Mar-              werden. Unternehmen sollten bei der Gestaltung von Hardware und Software
               keting werden dabei zum Vorreiter und Brutkasten für die digitale                      darauf achten, das Prinzip „Security by Design“ in jeder Phase der Entwick-
               Transformation. Dafür müssen die Unternehmen experimentierfreudige                     lung zu berücksichtigen und Sicherheit in alle Elemente von Hardware und
               Mitarbeiter identifizieren, die sehr intensiv auf digitale Prozesse vorbereitet        Software zu integrieren. Zudem muss Sicherheit bei allen beteiligten Part-
               werden. Die Mitarbeiter haben nun den Freiraum, sich zu entwickeln, etwas              nern technisch und organisatorisch verankert werden.
               Neues zu lernen und digitales Know-how zu bekommen – das sie dann ins
               Unternehmen tragen.                                                                    Starten statt warten: Jedes Unternehmen sollte die Chance des IoT zu inno-
                                                                                                      vativen Neuentwicklungen ergreifen. Die Erfolgskriterien dafür sind bekannt,
                  Nur wenn die richtigen Menschen an den richtigen Dingen arbeiten, sind              in erster Linie Agilität. Unternehmen sollten Projekte nicht durchplanen,
               Organisationen nachhaltig und wirkungsvoll. Agile Netzwerkorganisationen               sondern iterativ und in kleinen Schritten verwirklichen. Wichtig sind zudem
               sind geprägt vom Vertrauen des Managements in die Fähigkeiten der Teams                die Architektur des IoT-Stacks und die Anwendungen, die auf dem Stack
               und Mitarbeiter, die Anforderungen des Marktes zu erkennen und eigenver-               arbeiten. Darüber hinaus ist es wichtig, das Know-how der Mitarbeiter zu
               antwortlich umzusetzen. Der Mitarbeiter in diesem System zeichnet sich                 verbessern und zusätzliche Fachkräfte einzustellen. Außerdem sollten Unter-
               durch eigenständiges, unternehmerisches Denken aus und ist in der Lage,                nehmen ihre Organisationsstruktur aktualisieren. Sie muss dem IoT ange-
               komplexe Sachverhalte zu erschließen und in für das Unternehmen nutzbare               passt werden, denn sie sind nun Serviceprovider mit neuen Geschäftsmo-
               Konzepte und Business-Ansätze zu formen. Die ultimative Herausforderung                dellen. Nur wenn diese Aspekte berücksichtigt werden, kann ein IoT-Projekt
               der Zeit ist es, weniger Energie in die formelle Struktur eines Unternehmens           erfolgreich sein.
               zu stecken und mehr in die Wertschöpfungsstruktur. Unternehmen müssen
               sich radikal dezentralisieren, wenn sie die Wertschöpfung erhöhen wollen
               und komplexitäts-robuster werden möchten.

18                                                        Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                                  19
TREND                                                                                                                                                 TREND

                                                                   Mehr als 20 Jahre nach der Entstehung des World Wide Web treten wir nun

     TREND: Aufbruch                                               in eine neue Ära der Internet-Nutzung ein, in das Internet der Dinge. Dort
                                                                   werden alle Dinge, die bisher von ihren menschlichen Benutzern gesteuert
                                                                   worden sind, mithilfe von Computern und Netzverbindungen intelligenter.

     in die Smart                                                  Durch die Vernetzung wachsen sie über ihren bisherigen Gebrauchswert
                                                                   hinaus.

     Service Welt
                                                                      Durch die Vernetzung und Kommunikation von allem mit jedem ver-
                                                                   schmelzen die digitale und die physische Welt und werden zu einer neuar-
                                                                   tigen Smart-Service-Welt. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die
                                                                   Entwicklungen und die Möglichkeiten für Unternehmen, in die Welt der Smart
                                                                   Services aufzubrechen.

                                                                   Das Internet verändert sich und wir mit ihm
                                                                   Diese Entwicklung spielt sich nicht nur im privaten Alltag ab, sie betrifft auch
                                                                   Unternehmen. Kostengünstige Sensoren und netzwerkfähige Kleincomputer
                                                                   erlauben den Unternehmen die Auswertung von Daten, die sie bisher nicht
                                                                   einmal ansatzweise nutzen konnten. Nach Ansicht zahlreicher Experten wird
                                                                   in Zukunft die Wertschöpfung durch Daten strategisch wichtiger, als es zur-
                                                                   zeit die Wertschöpfung durch die Produktion ist. Je mehr Sensoren Daten
                                                                   senden, desto größer wird auch die Bedeutung von Echtzeit-Datenanalysen,
                                                                   um eine smarte Steuerung zu ermöglichen. Dieser Veränderungsprozess
                                                                   wird oft auch als Digitalisierung bezeichnet und er führt dazu, dass ganze
                                                                   Branchen neu gestaltet werden. Zum Teil sind hier sogar Produkte möglich,
                                                                   die bisher nur schwer lösbare Probleme auf völlig neue Weise lösen, auch
                                                                   durch die Kombination unterschiedlicher Wirtschaftssektoren, etwa Bio- und
                                                                   Informationstechnologie im Umweltschutz.

                                                                   Viele Führungskräfte fremdeln noch
                                                                   Dabei liegen hier Möglichkeiten für etwas, das von einigen als „digitales
                                                                   Wirtschaftswunder“ bezeichnet wird. Nach Ansicht vieler Experten wird die
                                                                   installierte Gerätebasis in den nächsten Jahren enorm anwachsen. Nach
                                                                   Untersuchungen der Analysten von IHS waren 2015 etwa 15 Milliarden
                                                                   Geräte über das Internet der Dinge verbunden. Diese Zahl soll bis 2025 auf
                                                                   mehr als 75 Milliarden Geräte ansteigen. Auf einer IoT-Fachkonferenz, die
                                                                   im Sommer 2016 in Hong Kong stattfand, bewerteten Experten von McKin-
                                                                   sey den Gesamtmarkt im Jahr 2025 auf rund sechs Billionen Dollar.47 „Wer
                                                                   wird diese Möglichkeiten ergreifen?“ fragte McKinsey-Analyst Chris IP in
                                                                   Hong Kong.
                                                                      Viele Unternehmen haben noch keine schlagkräftige Strategie für diese
                                                                   Situation. Ihre Führungskräfte fremdeln mit der Digitalisierung, da sie außer-
                                                                   halb ihrer Erfahrungswelt stattfindet. Wenn das Management eines Unter-
                                                                   nehmens das Nutzenversprechen für die nächste Ära seines Geschäfts
                                                                   entwickeln will, darf es nicht linear vorgehen, sondern muss lernen, wie ein
                                                                   Internet-Startup zu denken. Diese beschränken sich schon lange nicht mehr
                                                                   auf Entwicklung, sondern haben begonnen, die Welt der Alltagsgegenstände
                                                                   umzugestalten und zu revolutionieren. Angesichts dieser Entwicklung läuft
                                                                   die deutsche Wirtschaft Gefahr, den Anschluss an die vernetzte Service-Öko-
                                                                   nomie zu verlieren.

                                                                   47 Chris Ip, The IoT Opportunity, Hong Kong IoT Conference 2016

20                     Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                             21
TREND                                                                                                                                                                                       TREND

        Fallbeispiel                                                                                   Smart Services verändern die Spielregeln
                                                                                                       Die neue Ära des Internets macht das uns bisher bekannte Internet unsicht-
        CityTree – Für Großstädte ohne Smog
                                                                                                       bar. Anstatt noch einen weiteren Bildschirm in unser Leben zu integrieren,
        Das Startup Green City Solutions entwickelte mit dem CityTree eine einzigartige                den wir bedienen müssen, treten dienstbare Geister auf. Computertechno-
        Kombination aus Sitzbank, Werbefläche, vertikalem Garten und Internet of Things,               logie erscheint in Geräten, Fahrzeugen und deren Alltagsumgebung. Und
        die als natürlicher Luftfilter fungieren soll. Die Konstruktion aus Draht, Solarzellen,
                                                                                                       smarte Produkte erhalten so etwas wie magische Kräfte. Das unsichtbare
        einem Raspberry Pi, einer Sitzgelegenheit und einer mit speziellen Moosen
        bewachsenen Wand soll die Großstadtluft 275 mal besser filtern als jede andere                 Internet der Dinge versteckt sich hinter Knöpfen und Schaltern und ist in
        rein biologische Lösung am Markt. Der Straßenbaum der Zukunft ist darüber hin-                 intelligente Produkte eingebaut.
        aus mobil und dank Sensor- und Fernwartetechnik unabhängig und flexibel ein-
        setzbar. Der CityTree bringt nämlich seine eigene Solaranlage und einen Wasser-
        und Nährstofftank mit und versorgt sich damit selbst. Die Solarzellen produzieren
                                                                                                       Fallbeispiel
        Strom und Regenwasser wird im Tank gesammelt. Gegossen wird immer dann,
        wenn die Sensoren einen trockenen Boden, trockene Luft oder zu hohe Tempera-                   Amazon Go – Der Supermarkt ohne Kasse
        turen melden.
                                                                                                       Wie ein Einkauf im Kundeninteresse maximal komfortabel gemacht werden kann,
        youtu.be/xGXqiJS_eTc                                                                           zeigt Amazon mit seinem neuen Ladengeschäft in Seattle, dem Hauptsitz des
                                                                                                       Unternehmens. Aus Kundensicht sieht dieser Komfort so aus: Der Kunde geht in
                                                                                                       den Supermarkt, packt seine Einkäufe ein und geht wieder hinaus. Währenddessen
            Die Frage lässt sich erweitern: Werden deutsche Unternehmen diese                          interagiert der Laden mit der Amazon-App auf dem Smartphone, füllt einen digi-
        Chance ergreifen, vor allem der traditionell starke deutsche Mittelstand?                      talen Warenkorb und veranlasst automatisch die Bezahlung. Der Kunde benötigt
        Nach einer langen Phase des Zögerns werden inzwischen in zahlreichen                           Amazon-Konto und -App. Beim Betreten des Ladengeschäfts identifiziert die App
        mittelständischen Unternehmen die ersten Projekte angegangen. Laut einer                       den Kunden. Der Laden kann nun den korrekten Warenkorb befüllen, während er
                                                                                                       über Sensoren und Kameras die Einkäufe erfasst. Beim Verlassen des Supermarkts
        Untersuchung des Marktforschungsunternehmens IDC im Auftrag von SAP48
                                                                                                       wird dann die zu bezahlende Summe für die Einkäufe über das Amazon-Konto
        haben gut 63 Prozent der kleinen und mittelgroßen Unternehmen die digi-                        verrechnet.
        tale Transformation angestoßen und modernisieren ihre Geschäftsprozesse.                       Die Kunden sollen laut Amazon keinerlei Wartezeit beim Ein- und Ausbuchen aus
            Aber: Die Studie zeigt auch, dass der Mittelstand derzeit noch sehr zöger-                 dem Amazon-Konto bemerken. Der Einkauf besteht jetzt tatsächlich lediglich in
        lich bei Investitionen ist. Er setzt auf Digitalisierungsprojekte, die ohne                    der Auswahl der Waren, wobei Amazon Go auch bemerkt, wenn ein Kunde Ware
                                                                                                       wieder zurück in ein Regal legt. Doch nicht nur der Kunde hat einen Vorteil, auch
        großen Kostenaufwand umzusetzen sind – etwa Effizienzverbesserungen
                                                                                                       Amazon kann vom Ladengeschäft profitieren: Die Kameras und Sensoren sollen
        bei bestehenden Prozessen. „Die Relevanz und Notwendigkeit zusätzlicher                        nicht nur die tatsächlich gekauften Produkte erfassen, sondern auch die Waren,
        Investitionen werden hierzulande immer noch nicht gesehen“, konstatieren                       für die sich der Kunde lediglich interessiert hat – etwa, wenn er längere Zeit vor
        die Autoren der Studie.                                                                        einem Regal steht oder ein Produkt längere Zeit betrachtet. Durch diese Daten
            Zudem verfolgt die Mehrheit der Unternehmen das Thema nur aus tech-                        kann Amazon den Nutzwert der mit einem Kundenkonto verknüpften Daten noch
                                                                                                       weiter erhöhen.
        nischer Sicht. Nach Ansicht der Management-und Technologieberatung
        Bearing Point49 besteht für den größten Teil der Unternehmen die Digitali-                     youtu.be/NrmMk1Myrxc
        sierung nur im Einsatz neuer Technologien und Tools. Die Realisierung neuer
        Geschäftsmodelle dagegen wird nur von etwa einem Drittel der Unterneh-
        men als wichtige Aufgabe in der Digitalisierung angesehen. Dass die Trans-                         Die Internet-Unternehmen aus dem Silicon Valley haben in den letzten
        formation auch einen kompromisslosen Fokus auf den Kunden bedeutet, ist                        Jahren die Digitalisierung dominiert. Ein prägnanter Vergleich: Die
        lediglich bei einer sehr kleinen Anzahl der Unternehmen angekommen: Fünf                       DAX30-Unternehmen haben etwas mehr als eine Billion Euro Marktkapita-
        Prozent der Großunternehmen, zehn Prozent der Mittelständler.                                  lisierung, die vier GAFA-Firmen (Google, Apple, Facebook, Amazon) kommen
                                                                                                       knapp auf das Doppelte. Dieser Erfolg kommt allerdings nicht von ungefähr,
          Das Internet, kostengünstige Sensoren und netzwerkfähige Klein-                              GAFA und die zahlreichen großen und kleinen Startups stellen die Kunden-
          computer erlauben Unternehmen die Auswertung von Daten, die                                  wünsche in den Mittelpunkt und verändern sie dadurch. Das bekannteste
          sie bisher nicht einmal ansatzweise nutzen konnten. Oft haben sie                            Beispiel ist Amazon: Es hat die Erwartungen der Kunden an den Service im
          noch keine schlagkräftige Strategie für diese Möglichkeiten und sind                         Handel radikal verändert. In vielen Branchen senken Internet-Technologien
          gefährdet: Sie verlieren den Anschluss an die vernetzte Service-Öko-
                                                                                                       zudem die Markteintrittsbarrieren. Frisch gegründete Unternehmen analy-
          nomie.
                                                                                                       sieren die Wünsche und Bedürfnisse von Kunden und erfüllen sie oft auf
                                                                                                       neue Art. Sie schaffen digitale Serviceprozesse, die so gut durchdacht und
                                                                                                       so einfach gestaltet sind, dass die Kundenzufriedenheit enorme Werte
                                                                                                       annimmt.

        48 IDC SMB Digital Transformation Survey 2016.
        49 BearingPoint Digitalisierungsmonitor 2016 „Die Illusion der digitalen Transformation“.

22                                                         Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                               23
TREND                                                                                                                                                                           TREND

        Kunden werden anspruchsvoller                                                              Die Internet-Unternehmen aus dem Silicon Valley dominieren bislang
        Kunden erwarten, dass ein Produkt ihre Probleme tatsächlich löst und zwar                  die Digitalisierung. Sie schaffen gut durchdachte digitale Service-
        möglichst schnell. Auch die Kommunikation muss flott sein und wenn ein                     prozesse, die eine enorme Kundenzufriedenheit bewirken. Denn die
        Produkt einmal nicht so funktioniert, wie es sollte, darf der Kunde nicht im               Nutzer werden anspruchsvoller und erwarten, dass ein Produkt ihre
                                                                                                   Probleme wirklich löst. Dies verändert das Wettbewerbsumfeld: Inter-
        Regen stehen bleiben. Dabei gibt es nur sehr wenige Unterschiede zwischen
                                                                                                   net-Technologien erlauben es, genau auf eine Zielgruppe zugeschnit-
        Privatkunden und Geschäftskunden. In beiden Segmenten sind Schnelligkeit
                                                                                                   tene Services anzubieten.
        und Komfort gefragt. Smarte Services wie das Nest-Thermostat, das Fit-
        bit-Armband oder das Sonos Sound System gestalten unser Verhältnis zu
        physischen Produkten neu. Wer sich einmal an den Komfort solcher smarten                 Ein „Weiter so“ gibt es nicht mehr
        Produkte gewöhnt hat, erwartet dies auch in anderen Lebensbereichen.                     Unternehmen, die auch in Zukunft mit ihren Produkten Geld verdienen
                                                                                                 möchten, müssen über neue Geschäftsmodelle nachdenken und die verän-
                                                                                                 derten Kundenerwartungen berücksichtigen. Es reicht nicht mehr, lediglich
        Fallbeispiel                                                                             den Status Quo zu optimieren. Unternehmen müssen jetzt mit einer Inno-
                                                                                                 vationsstrategie für die Smart Service Welt beginnen. Abwarten ist keine
        Zara – Nachschub per Klick
                                                                                                 Option mehr und kann wertvolle Geschäftschancen verhindern. Christian
        Zara setzt in einigen Filialen iPads in den Umkleidekabinen ein. Kunden der Mode-        Pereira, Geschäftsführer des IoT-Plattformanbieters Q-Loud, drückt es gerne
        kette können darüber Fragen an Mitarbeiter stellen und zum Beispiel andere               so aus: „Besser starten statt warten.“
        Größen bestellen. Sich einfach in die Umkleide zu setzen und von dort aus alle
        Modefummel in die Kabine zu bestellen, bleibt allerdings ein Traum: Denn um
        Kleidung zum Anprobieren in die Umkleide bestellen zu können, müssten die                  Unternehmen müssen über neue Geschäftsmodelle nachdenken und
        Produkte über das Tablet gescannt werden. Die iPad-Anwendung orientiert sich               die veränderten Kundenerwartungen berücksichtigen. Das Motto:
        vom Design her an der Zara-Webseite, sodass sich Kunden wie beim Online-Shop-              „Besser starten statt warten.“
        ping auf dem heimischen Sofa fühlen.

                                                                                                 Starten statt warten –
           Dies verändert auch das Wettbewerbsumfeld für Unternehmen: Inter-                     Drei Wege führen zum Ziel
        net-Technologien erlauben es, auch nur einzelne, genau auf eine Zielgruppe
        zugeschnittene und in der Nische positionierte Services anzubieten und von                          „The Internet of Things (IoT) is transforming how indivi-
        dort aus die Welt der Alltagsgegenstände zu erobern. Eine ganze Armada an                           duals and organizations connect with customers,
        Entwicklern greift mittlerweile den Finanzsektor, Versicherungen und die                            suppliers, partners, and other individuals. IoT is all
        Gesundheitsbranche an. Bei Erfolg winken hier satte Gewinne. Der Vorstoß                            about connecting sensors, actuators, and devices to a
        der Startups erfolgt auf dem Terrain der Traditionsunternehmen, aber unter                          network and enabling the collection, exchange, and
        anderen Wettbewerbsbedingungen. Praktisch jeder, der eine gute Idee und                             analysis of generated information.”
        ein wenig technisches Verständnis hat, kann nun smarte Produkte und Ser-
        vices entwickeln. Notwendige personelle Ressourcen werden einfach auf                    Die Grundidee des Internet der Dinge ist über 30 Jahre alt. Bereits 1982
        dem freien Markt eingekauft. Unternehmen wie beispielsweise Apple gelten                 verbanden Studenten an der „Carnegie Mellon School of Computer Science”
        zwar immer noch als Hardware-Hersteller, produzieren aber eigentlich keine               einen Coca-Cola-Automaten mit dem Universitäts-Netz, sodass die Nutzer
        Geräte mehr selbst, sondern vergeben Aufträge an spezialisierte Unterneh-                vom Schreibtisch aus überprüfen konnten, ob die Automaten noch befüllt
        men, meist in Asien.                                                                     und die Flaschen kalt sind.50
                                                                                                     1991 beschrieb dann der Informatik- und Kommunikationswissenschaft-
        Do-It-Your-Self Modus senkt Markteintrittsbarrieren                                      ler Mark Weiser (der an der University of Maryland dozierte) seine Vorstel-
        Die neue Rahmenbedingung heißt: Jedermann kann smarte Produkte und                       lung einer vernetzten Welt im 21. Jahrhundert.51 In seinem Aufsatz tauchen
        Services entwickeln – im Do-It-Yourself-Modus. Jedermann kann dank zahl-                 bereits viele Elemente auf, die wir heutzutage mit dem „Internet der Dinge“
        reicher frei verfügbarer Entwicklungsumgebungen Software herausgeben                     in Verbindung bringen: „Smart Home“, „Ubiquitous Computing“ (Rechner­
        (Github/Upverter) oder Prototypen von Produkten herstellen, etwa kleine                  allgegenwart) sowie damals noch wie Science-Fiction anmutende Techno-
        Kunststoff-Gehäuse per 3D-Drucker (MakerBot). Menschen können deshalb                    logien á la Tablets etc.
        per Internet Projekte starten, die früher nur mit sehr großem Aufwand mög-                   Der eigentliche Begriff „Internet der Dinge“ geht (vermutlich) auf Kevin
        lich waren. Und auch die Projektfinanzierung mithilfe des Internets ist in der           Asthon zurück, Mitgründer der RFID Development Community, welcher eine
        Lage, Marktkonstellationen auf den Kopf zu stellen. Die Smartwatch Pebble                Firmen-Präsentation für Procter&Gamble 1999 entsprechend betitelte:52
        beispielsweise ist mithilfe des amerikanischen Crowdfunding-Portals
        kickstarter.com zur Marktreife entwickelt worden.                                        50 Rothchild 2014
                                                                                                 51 Weiser 1991
                                                                                                 52 Ashton 2009

24                                                   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge   Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge                                         25
Sie können auch lesen