Neue Herausforderungen für Hersteller und Handel
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HANDEL DIREK T VERTRIEB Neue Herausforderungen für Hersteller und Handel Die zunehmende Digitalisierung hat das Kaufverhalten der Kunden grundlegend verändert. Der Automobilhandel muss sich sputen, noch mitzukommen. von Walter Missing D er Direktvertrieb nimmt Fahrt dass sich die Hersteller den Direktvertrieb vermieter werden von den meisten Her- auf und wird in seinen verschie- schon immer vertraglich vorbehalten und stellern traditionell direkt beliefert. Beim denen Facetten in der deutschen davon auch Gebrauch gemacht haben – Volkswagen-Konzern kommt das gesamte Vertriebslandschaft zunehmend sichtbar und zwar mit oder ohne das derzeit viel Großkundengeschäft dazu, bei dem die und auch im Einzelkundengeschäft real diskutierte Agenturmodell. Nicht nur Fir- Vertriebspartner schon seit Jahren „nur“ existent. Immer mehr Hersteller geben menangehörige, sondern auch Bundes- als Absatzmittler fungieren. Lediglich in bekannt, dass sie ihn ganz oder teilweise und Landesbehörden einschließlich ihrer Richtung der privaten oder gewerblichen als Vertriebsform einführen wollen. So Nachfolger wie die Telekom oder die Einzelkunden haben die Hersteller den Foto: Volvo wird zum Beispiel Volvo seine Elektromo- Deutsche Bahn sowie die großen Auto Direktvertrieb bisher ausgeklammert und delle beginnend mit dem Stromer XC 40 Recharge direkt an Kunden vermarkten. Die Volvo-Händler machen mit. Das noch für die Verbrenner bestehende klassische Vertragshändlermodell wird für die schwedisch-chinesische Premiummarke spätestens in 2030, wenn sie nur noch Elektrofahrzeuge baut und verkauft, Ge- schichte sein (AUTOHAUS Podcast mit Thomas Bauch am 2.3.2021, mehr unter www.autohaus.de/podcast). Die Händler erhalten für die Umsetzung ihrer im Zusammenhang mit dem Direktvertriebs- modell erbrachten Dienstleistungen eine Vergütung von 8,0 Prozent. Mercedes- Benz betreibt Direktvertrieb seit ewigen Zeiten über ein unechtes Agenturmodell, wie es nach ähnlichem Muster auch Volkswagen für seine ID-Modelle einge- führt hat. Nach vorne blickend gehen Mercedes-Benz und auch BMW davon aus, bis 2025 jedes vierte Fahrzeug über ihre Online-Kanäle direkt an Kunden zu verkaufen. Tesla und Polestar machen dies von Anfang an. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht und welche Marke als nächste den Direktvertrieb anpackt. Reizwort Direktvertrieb Für den Handel und seine Verbände ist Direktvertrieb immer noch ein Reizwort. Die Mehrheit der Händler lehnt diese Ver- triebsform entschieden ab und sieht darin Volvo wird seine Elektromodelle einen Angriff der Hersteller auf ihr ange- beginnend mit dem Stromer XC 40 stammtes Geschäft. Sie blenden dabei aus, Recharge direkt an Kunden vermarkten. 12
HANDEL sich auf die Bereitstellung von Leads, die KURZFASSUNG del, ist Handlungsbedarf angesagt. Die sie über ihre Websites generiert haben, an Hersteller sind gezwungen, sich neu zu ihre Händler beschränkt. In AUTOHAUS 3/2021 hat sich Walter Mis- erfinden – auch um möglichen Angriffen sing mit dem Agenturmodell als zukunfts- Das Thema Direktvertrieb steht nun von dritter Seite, gemeinhin als die neuen fähigem Geschäftsmodell im Autohandel ganzheitlich auf der Tagesordnung. Es ist auseinandergesetzt. Nun nimmt er die Player bezeichnet, zu begegnen. Sie neh- außerordentlich schade, dass der Blick des Themen Direktvertrieb und Omni-Channel- men das Heft in die Hand und beginnen, Handels und seiner Verbandsvertreter in Management in den Fokus. ihrerseits grundlegende Veränderungen der Auseinandersetzung mit diesem so einzuleiten. Sie wissen, wenn sie nicht Denn die präzise Koordination der Kanäle wichtigen Thema wie so oft nicht kon wird zu einem entscheidenden Faktor für selbst aktiv werden, dann werden es ande- struktiv nach vorne gerichtet ist, sondern ein erfolgreiches Vertriebsgeschäft. Eine re tun. Das traditionelle Vertriebsmodell einmal mehr retrospektive und eindimen- durchdachte und von Herstellern und Han- hat für sie auf Sicht ausgedient, weil es für sionale Sicht- und Beurteilungsweisen del gemeinsam getragene Omni-Channel- die Hersteller künftig um mehr geht als auszumachen sind. Sie treten auch in der Strategie schafft die besten Voraussetzun- den reinen Autoverkauf. Denn sie wollen Haltung des ZDK zur anstehenden Neu- gen für künftige Vertriebserfolge in einer zum einen auch das ganze Drumherum auflage der GVO für den Vertrieb ab 2022 digitalisierten Welt und bietet zumindest der Mobilität für die Kunden vermarkten eine gewisse Sicherheit, dass die Branche wieder zu Tage und lassen die Erinnerun- und sie müssen zum anderen für die mit Herstellern und Handel als den maß- gen an seine erfolglosen Initiativen anläss- geblichen Playern erhalten bleibt. Rücknahme und Vermarktung der ge- lich der vergangenen GVO-Neuregelun- brauchten elektrischen Autos Lösungen gen in 2002 und 2010 wach werden. Die finden. Die Prozesse im heutigen stationä- aktuelle Lobbyarbeit des Verbands in ren Handel taugen aus ihrer Sicht dafür Richtung der EU-Kommission zielt u. a. ■■ die Zuordnung der Preishoheit und der nicht. Deshalb setzen sie auf einen On- darauf ab, den Direktvertrieb möglichst Verantwortung für die Durchsetzung line-Handel unter ihrer Regie und wollen einzuschränken oder besser noch, ihn den der Preise im Markt zu den Herstellern diesen massiv ausbauen. Herstellern ganz zu verbieten. verbunden mit der Garantie der Rest- Der Direktvertrieb wird ausschließlich werte und einer integrierten Markt- All-Kanal-Vertrieb bzw. als Risiko für den Handel gesehen. Wich- und Mengensteuerung sowie Omni-Channel-Management tige Zukunftsgesichtspunkte werden aus- ■■ die Optimierung Prozessqualität auf Mit hohem Druck stricken die meisten geblendet und die Beweggründe der Her- allen Ebenen Hersteller an neuen, digital basierten Ver- steller pro Direktvertrieb und das durch in den Fokus genommen werden. triebsmodellen. Ziel ist es, die Autos über die fortschreitende Digitalisierung verän- Auch das Gebrauchtwagengeschäft, in einen „All-Kanal-Vertrieb“ zu verkaufen. derte Kundenverhalten finden keine aus- dem sich ähnlich drastische Veränderun- Dazu müssen die beiden Kanäle zum reichende Berücksichtigung in der Bewer- gen wie im Neuwagengeschäft abzeich- Kunden, der physisch-stationäre (offline) tung. Argumentiert wird stattdessen vor nen, darf nicht länger ausgeklammert und der digitale (online) Handel, nahtlos allem mit der angeblichen Konkurrenzsi- werden. Dieser Geschäftsbereich ist im miteinander verbunden und über ein effi- tuation von Herstellern und Handel im Zusammenhang mit dem Thema Direkt- zientes – neudeutsch – „Omni-Channel- Markt, obwohl bisher kaum ein Direktver- vertrieb in den Köpfen der Vordenker im Management“ betrieben werden, das den trieb der Hersteller festzustellen ist, an Handel entweder überhaupt nicht vorhan- Direktvertrieb der Hersteller explizit ein- dem der Handel nicht in irgendeiner den oder wird in der Diskussion bewusst schließt. Mit einem echten Agenturmodell Form partizipiert. ausgeblendet. Beides ist ein großer Fehler, könnten dafür sehr gute Rahmenbedin- denn auch hier muss der Handel gewaltige gungen (mehr dazu in AUTOHAUS Notwendiger Perspektivwechsel Herausforderungen bewältigen und zu- 3/2021) geschaffen werden. Der Handel Mit diesem Beitrag soll dem notwendigen nehmende Angriffe von außen auf einen erbringt dann die im Zusammenhang Perspektivwechsel zu dieser einseitigen – wenn man richtig aufgestellt ist – rendi- mit dem Fahrzeugverkauf notwendigen Bewertung der Meinungsbildner der tetragenden Geschäftsbereich befürchten Dienstleistungen und erhält dafür ent- Branche das Wort geredet werden. Denn und diesen deshalb entschlossen entge- sprechende Vergütungen. Die Klärung der Direktvertrieb ist nicht solitär zu betrach- genwirken. diesbezüglichen Details ist von entschei- ten, sondern steht im unmittelbaren dender Bedeutung. Bleiben die Dienstleis- Zusammenhang mit vielschichtigen ande- Grundlegender Veränderungsbedarf tungen im heute stationären Handel im ren Veränderungen im Automobilver- Alle wissen es, viele wollen es aber immer üblichen Umfang bestehen – wovon zu- trieb. Es geht um viel mehr. Neben den noch nicht wahrhaben oder sehen sich nächst auszugehen ist –, dann sind Vergü- ■■ Anpassungen des Geschäftsmodells an nicht betroffen: Die fortschreitende Digi- tungen von 5,0 bis 6,0 Prozent, wie sie das die digitalen Entwicklungen und Not- talisierung treibt das heutige stationäre Agenturmodell von Volkswagen aktuell wendigkeiten unserer Zeit Geschehen in den Vertriebswelten aller beinhaltet, zu niedrig, um eine auskömm- müssen vor allem Branchen zu massiven Veränderungen. liche Rendite zu erwirtschaften. Hakan ■■ die Senkung der Vertriebskosten über Der Automobilvertrieb bildet da keine Samuelsson, Präsident von Volvo Cars, alle Vertriebsstufen und Kanäle hinweg, Ausnahme. Weil die Kunden in diesem verwies in diesem Zusammenhang in der ■■ die Beseitigung des Intra-Brand-Wett- Veränderungsprozess mit ihren Vorstel- FAZ vom 3. März 2021 darauf, dass mit bewerbs und damit die Gewährleistung lungen, Erwartungen und Wünschen oft Einführung des Direktvertriebs bei Volvo einer hohen Stabilität der Preise, weiter sind als die Hersteller und der Han- „auf die Händler mehr Arbeit zukäme als 6/2021 13
HANDEL weniger“. Für diesen Fall wäre dann selbst die von Volvo geplante Dienstleistungs- vergütung von 8,0 Prozent zu gering. Denn die angemessene betriebswirt- schaftliche Größe für den heutigen Auf- wand der Händler im Neuwagenverkauf ist mit durchschnittlich rund zehn Pro- zent anzusetzen. Verzahnung von On- und Offline Die digitalen Kanäle zum Kunden stehen im Automobilvertrieb im Vergleich zu anderen Branchen immer noch ziemlich am Anfang. Die Hersteller bieten in ihren Internetauftritten bis auf wenige Ausnah- men, wo Neuwagen auch verkauft wer- den, vor allem Marken-, Produkt- und Preisinformationen bis hin zur Konfigu- ration des ausgewählten Modells an. Im Handel verweisen die heutigen Websites insbesondere auf besondere Angebote aus den vor Ort vorhandenen Fahrzeug- beständen und auf Sonderaktionen. Da- rüber hinaus ermöglichen sie Serviceter- min-Vereinbarungen, Live-Chats, Links werden. Deshalb hat das Autohaus, in Voraussetzung Big Data zu sozialen Medien und bieten Hotlines dem die vorgenannten Neuerungen dann Eine weitere große Herausforderung für die zu den Verkaufs- und Servicebereichen offline umgesetzt werden, auch weiterhin Hersteller besteht darin, die notwendige an. Die Hersteller wollen die Online- eine hohe Bedeutung. komplexe Technik für ein funktionierendes Aktivitäten beider Seiten konsequent Omni-Channel-Management aufzubauen ausbauen und erreichen, dass ihren Kun- Herausforderungen für die Hersteller und eine sorgfältige Verarbeitung und den über alle Kanäle Autos und Dienst- Mit der Entscheidung der Hersteller, über Pflege der Daten über alle Kanäle hinweg leistungen verkauft werden können – eine Omni-Channel-Strategie ganzheit- sicherzustellen. Das betrifft nicht nur die also auch direkt über sie als Hersteller. lich in den Direktvertrieb einzusteigen, Kommunikation mit den Kunden. Auch Ziel ist es, über sämtliche On- und Off- wird ein gewaltiges Projekt losgetreten. intern bei Herstellern und Handel muss line-Berührungspunkte ein durchgängi- Zweifel im Handel an einem erfolgreichen vollständige Transparenz geschaffen wer- ges und einheitliches Kundenerlebnis Gelingen sind aufgrund der hohen Kom- den – sowohl was Kunden-, Service- oder von der Informations- über die Kaufpha- plexität der Veränderungsmaßnahmen Fahrzeugdaten angeht als auch, was Abläu- se bis hin zum Service zu schaffen, keine nachvollziehbar. Dennoch ist das Vorha- fe und Schnittstellen betrifft. Ohne „Big Bruchstellen mehr zuzulassen und mit ben alternativlos. Die Hersteller sind sich Data“ und den Einsatz entsprechender di- dem Kunden rund um seine Mobilitäts- der Stärke ihrer heutigen Handelsorgani- gitaler Technologien wird das nicht funkti- wünsche Geschäfte zu machen. Durch sationen sehr wohl bewusst. Was also, onieren. Als in diesem Zusammenhang eine enge Verzahnung von online und wenn der Handel nicht mitmacht und absolut kontraproduktiv anzusehen ist, offline soll dem heutigen Verhalten der seine ablehnende Einstellung zum Direkt- dass der Handel seine Kunden- und Ser- Kunden entsprochen werden. Denn Fakt vertrieb, souffliert von den Verbänden, vicedaten noch immer nicht vollständig ist, dass die Kunden derzeit meist online nicht aufgibt und den geplanten Wandel aus der Hand geben will. Dieses Relikt aus recherchieren und anschließend im sta- vom Händler zum Dienstleister im Ver- alten Zeiten muss schnellstens aus der Welt tionären Autohaus offline kaufen. Dabei trieb verweigert? Verabschiedet sich der geschafft werden. ist entscheidend: Potenzielle Kunden Handel dann vom Vertriebsgeschäft und möchten vor ihrer Kaufentscheidung die Hersteller suchen sich neue Dienstleis- Herausforderungen für den Handel nach Belieben und nahtlos zwischen al- ter? Das wäre sicher schwierig und es wür- Ohne Veränderung keine Zukunft. Ohne len Kanälen wechseln und entscheiden de lange dauern, eine ähnlich schlagkräf- gegenseitiges Vertrauen keine konstrukti- können, was sie wo kaufen wollen. An tige Infrastruktur mit Menschen aufzu- ve Zusammenarbeit. Die Hersteller wollen allen Kontaktstellen mit dem Kunden bauen, die – wie sie von sich mehrheitlich und müssen sich neu erfinden. Daran sollen die Preise gleich sein. Der Kunde behaupten – Benzin im Blut haben. Aber führt kein Weg vorbei. Im Handel bleibt Foto: anyaberkut / stock.adobe.com steht ohne Wenn und Aber im Mittel- auch für den Handel hätte eine Abnabe- demgegenüber alles, wie es ist? Daran punkt der vernetzten Handlungen von lung vom Neuwagenverkauf weitreichen- glaubt doch hoffentlich niemand! Ein Per- Herstellern und Handel. Trotzdem ist so de Folgen. Grund genug, aufeinander spektivwechsel ist deshalb auch im Handel schnell nicht damit zu rechnen, dass zuzugehen und tragfähige Kompromisse dringend erforderlich. Ist er auch realis- Neuwagen ausschließlich online gekauft zu finden. tisch möglich? Solange eine nicht uner- 14 6/2021
HANDEL lässt es sich zunächst nicht in einen unmit- Reise eines potenziellen Kunden, durch- telbaren Zusammenhang mit dem Direkt- läuft von der ersten Information über den vertrieb der Hersteller stellen. Schaut man Kauf des Fahrzeuges und dessen Ausliefe- jedoch genauer hin, dann treten vergleich- rung bis hin zum Aftersales viele Stationen bare Szenarien zu Tage, die dazu führen beider Welten. Daher wird die präzise Ko- könnten, dass ein Teil des Geschäftes dem ordination der Kanäle und der Stationen zu Markenhandel verloren geht. Höchste einem entscheidenden Faktor für ein er- Wachsamkeit ist daher angesagt. Denn das folgreiches Vertriebsgeschäft. Eine durch- Gebrauchtwagengeschäft ist, wenn es pro- dachte und von Herstellern und Handel fessionell betrieben wird, der Renditebrin- gemeinsam getragene Omni-Channel- ger Nr. 2 für den Handel. Neue finanzkräf- Strategie und ein professionelles Manage- tige Player, wie z. B. Auto1 (Wir kaufen ment der unterschiedlichen Kanäle schafft Dein Auto.de), treten nach dem Verkauf an die besten Voraussetzungen für künftige Wiederverkäufer nun auch in den Markt Vertriebserfolge in einer digitalisierten für private und gewerbliche Einzelkunden Welt und bietet zumindest eine gewisse Si- ein und liefern ihren Kunden die Autos bis cherheit, dass die Branche als Ganzes, mit an die Haustür. Heute verdient das börsen- Herstellern und ihren Vertriebs- und Ser- notierte Unternehmen wegen hoher tech- vicepartnern als den maßgeblichen Play- Mit hohem Druck stricken die meisten nischer Investitionen noch kein Geld. Das ern, erhalten bleibt. Die nahtlose Verzah- Hersteller an neuen, digital basierten wird sich sicher bald ändern. Wenn dieses nung aller Kanäle macht es Kunden einfa- Vertriebsmodellen. von seinem grundsätzlichen Ansatz und cher, sich für eine Marke zu entscheiden seiner Einkaufs- und Vermarktungslogik und ihr treu zu bleiben – schlichtweg, weil her neue Geschäftsmodell dauerhaft Erträ- sie sich dann dort gut aufgehoben fühlen. ge erwirtschaftet, dann werden schnell Fol- Wenn dabei auch noch weitere wichtige hebliche Anzahl von Händlern mit mar- lower mit gleichen oder ähnlichen Konzep- Ziele wie die Senkung der Vertriebskosten kenfremden Playern wie „Mein Auto.de“, ten kommen – vielleicht sogar die Herstel- oder die Reduzierung des Intra-Brand- „Sixt“ oder Lidl im Neuwagengeschäft ler selbst. Sie haben bereits heute teilweise Wettbewerbs und die damit einhergehende kooperiert, nur um Stückzahlen für die große Mengen an Gebrauchtfahrzeugen zu Erhöhung der Preisstabilität erreicht wer- Realisierung von Mengenboni zu generie- vermarkten (schwerpunktmäßig Jahreswa- den, dann könnte man tatsächlich von ei- ren, bleibt das Fragezeichen leider berech- gen, Dienstwagen und Mietwagenrückläu- nem Erfolgsmodell sprechen. tigt. Dieser Art Selbstmord muss abge- fer), die aktuell meist über Drehscheiben Den Herstellern ist die Stärke der vor- schworen werden. Unverständlich ist aber an ihre jeweiligen Handelsorganisationen handenen Vertriebsnetze bewusst. Sie auch, dass die Überlegungen der Herstel- gehen. Nun kommen die Elektro-Rückläu- werden sie jedoch nicht um jeden Preis ler zum Direktvertrieb bei den Meinungs- fer hinzu. Sie werden die Hersteller wahr- und nicht unter den heutigen Rahmenbe- trägern im Handel auf eine stark verbrei- scheinlich selbst vermarkten müssen, weil dingungen erhalten. Künftig gehört aus tete Ablehnung stoßen, die wenig rational sie ansonsten die Restwerte nicht mehr Sicht der Hersteller definitiv mehr Direkt- begründet ist. Mit einer solchen Verwei- garantieren und eigenständig steuern kön- vertrieb dazu. Das muss nicht unbedingt gerungshaltung lassen sich notwendige nen. Ob sie dann nicht der Versuchung eine Bedrohung für den Handel sein. Wo- Veränderungen nicht abwenden. Für den erliegen, den – wenn er richtig aufgestellt möglich könnte das echte Agenturmodell Handel wäre es außerordentlich wichtig wird – lukrativen Verkauf aller Rückläufer mit Direktvertrieb der Hersteller als sys- und auch taktisch klug, sich proaktiv zu an Endkunden selbst zu übernehmen, temimmanenten Bestandteil sogar in eine beteiligen. Nur so kann er mitgestalten bleibt abzuwarten. Nicht übersehen werden Win-win-Situation für die Branche mün- und an Lösungen zur Bewältigung der darf dabei, dass auch den Gebrauchtwagen- den, wenn über die Höhe und die Moda- unbestrittenen neuen Herausforderungen kunden neben dem Auto die gesamten litäten der Vergütung des Handels für die mitarbeiten. Dabei muss sich der Handel Mobilitätdienstleistungen der jeweiligen von ihm erbrachten Dienstleistungen Ei- klar positionieren und deutlich machen, Marke verkauft werden sollen. Und auch nigkeit erzielt und damit die grundsätzli- was aus seiner Sicht notwendig ist, damit das geht grundsätzlich auf der Schiene Di- che Renditefähigkeit des Handels im Neu- er seine neue Rolle als Dienstleister anzu- rektvertrieb. wagenvertrieb sichergestellt wird. ■ nehmen bereit und in der Lage ist. Dazu wird vor allem eine faire Bezahlung mit Fazit: Mehr Direktvertrieb Autor Walter Missing einem angemessenen Renditeanspruch ist nicht aufzuhalten kennt den Autohandel seit gehören, den die Hersteller für die Erbrin- Die zunehmende Digitalisierung hat das Jahrzehnten aus Herstel- gung der Neuwagen-Dienstleistungen Kaufverhalten der Kunden grundlegend ler- und aus Handelssicht. werden erfüllen müssen. verändert. Der Automobilhandel muss sich Mit „Missing Manage- ment“ hat er sich auf Stra- sputen, noch mitzukommen. Auch seine tegieberatung, Sanierung Direktvertrieb im Kunden werden immer stärker sowohl ana- und Restrukturierung, Gebrauchtwagengeschäft loge (offline) als auch digitale (online) Management-Vermittlung Da der Verkauf von Gebrauchtwagen ein Wege gehen, um ein Auto zu erwerben. Die und das M&A-Geschäft im sogenanntes Eigengeschäft des Handels ist, sogenannte „Customer Journey“, d.h. die Autohandel fokussiert. 6/2021 15
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