Neue Praxis auf dem Land - aok-bw-presse.de

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AOK Baden­-Württemberg
Die Gesundheitskasse.

3/2022

Neue Praxis
auf dem Land
Wie ländliche Regionen Hausärztinnen und
Hausärzte für sich gewinnen können

18 Prävention &      Die Software CovidCare   22 Alter &   Modellkommunen für die Pflege
   Innovation        entlastet HZV-Praxen        Pflege    ­müssen solide finanziert werden
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Inhalt

08                                     17                                        20                                                  04   Treffpunkt
                                                                                                                                          Nachrichten, Positionen, Meinungen
                                                                                                                                          aus dem Gesundheitswesen

                                                                                                                                     08   Seismograf
                                                                                                                                          Hausärztinnen und Hausärzte
                                                                                                                                          ­fehlen. Ideen gegen den Mangel

                                                                                                                                     12   Gesundheit & Versorgung
                                                                                                                                          Eine Schlafapnoe kann die
                                                                                                                                          Lebensqualität beeinträchtigen

Landarztmangel:                         Gesund leben: Schlafen                   AOK-DigitalBeratung:
Lösungen für die Lücke                  ist die beste Medizin                    Ein neuer Kontaktkanal                              14   Hier & Jetzt
                                                                                                                                          Modellprojekte und Erfahrungen
                                                                                                                                          aus Baden-Württemberg

                                                                                                                                     16   Standpunkt
                                                                                                                                          Der Verwaltungsrat der AOK Baden-
                                                                                                                                          Württemberg bezieht Stellung

          500.000
            ZAHL DER AUSGABE
                                                                                                                                     18   Prävention & Innovation
                                                                                                                                          Die Software CovidCare entlastet
                                                                                                                                          Praxen im AOK-HausarztProgramm

                                                                                                                                     20   Versorgung & IT

            Patientenakten
                                                                                                                                          AOK-Kundinnen und -Kunden
                                                                                                                                          ­werden jetzt auch digital beraten

                                                                                                                                     22   Alter & Pflege
            Nach Angaben der gematik sind ­bundesweit                                                                                     Modellkommunen für die Pflege
            bis Ende Mai rund 500.000 elektronische                                                                                       müssen solide finanziert werden
            Patientenakten (ePA) eingerichtet worden.
            Wöchentlich kommen 20.000 Akten hinzu.                                                                                   24   Recht & Gesundheit
            Das Sozialministerium Baden-­Württemberg                                                                                      Das Gutachten zum Innovations-
            erwartet einen deutlichen Anstieg bei der                                                                                     fonds liegt vor
            Nutzung der ePA, sobald ­der Mehrwert mit
            dem Ausbau weiterer Funktionen zunimmt.                                                                                  26   Rede & Antwort
            Laut der Kassenärztlichen Vereinigung                                                                                         Die Folgen von Lichtverschmutzung
            Baden-Württemberg wurden von ihren                                                                                            sind das Thema von Sabine Frank
            21.229 Mitgliedern 19.501 Mitglieder an­
            gebunden. Das entspricht einem Anteil                                                                                    28   Gesundheit & Wirtschaft
            von fast 92 Prozent.                                                                                                          Wie der Sozialstaat vor existenz­
                                                                                                                                          bedrohenden Risiken schützt

                                                                                                                                     30   Websnacks & Termine
                                                                                                                                          Welche Apps trenden und was das
                                                                                                                                          ­Forum GSBW macht

                                                                                                                                     31   Aus & Einsicht
                                                                                                                                          Silvia Schifferer trainiert
                                                                                                                                          ­Kinaesthetics in der Pflege
Impressum
Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: AOK Baden-Württemberg, Presselstraße 19, 70191 Stuttgart; Verlag:
­KomPart ­Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Rosen­thaler Straße 31, 10178 Berlin; Geschäftsführer: Frank Schmidt, Martin
 Gosen; ­Creative ­Director: Sybilla Weidinger; Redaktionelles Konzept: Robin Halm, Anne Wäschle; Koordination: Stefan
 Rösch; Chefredaktion: Anne ­Wäschle (awa), Telefon: ­030 22011 121; Redaktion: Caroline Friedmann (cf), Stephan Funk (stef),
 Robin Halm (roha), Grit Horn (gh), Fabian Obergföll (fob), Stefan Rösch (srö), Thomas Rottschäfer (toro), ­Katja Stiegel (sti);
 Grafisches Konzept und Umsetzung: Katharina Doering; Nachdruck oder Weiterverwendung von Inhalten nur mit Genehmi-
 gung des Herausgebers. Der Redaktionsschluss für die Ausgabe 03/2022 war der 16. Mai 2022. Nächster ­Redak­tionsschluss:
 24. Oktober 2022. Adressänderungen per E-Mail an agendagesundheitmagazin@bw.aok.de 
                                                                                                               Ident.-Nr. 22-0249

Seite 2        Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
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Einblick
Bild: AOK

            Grüner   Klimaneutral leben? Wie das gelingen kann, will die NachhaltICHkeitsarena Schülerinnen
                     und Schülern der 7. bis 9. Klassen näherbringen. Die interaktive Wanderausstellung der

            Dialog
                     AOK Baden-Württemberg vermittelt ein Bewusstsein für eine gesunde und nachhaltige
                     Lebensweise. Bei dem kostenfreien Angebot werden die Themen klimafreundliche Er-
                     nährung, Mikroplastik, Einkaufsverhalten, Haltbarkeit und Lagerung von Lebensmit-
                     teln und Mobilität und Klimawandel interaktiv umgesetzt.  sciencekids.de/nachhaltigkeit/

                                                                                Agenda Gesundheit Magazin 03/2022    Seite 3
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Treffpunkt

                           MENSCH MIT MISSION                                                                                SPÄTAUSLESE

                           Smarte Lösung fürs Herz
                                                                                                                             UNZENSIERTER GEDANKEN

                           Deutschland steckt bei Innovationen im Gesundheitswesen teilweise noch in                          »
                           der Steinzeit. Enise Lauterbach treibt die Digitalisierung voran
                                                                                                                              Der Mensch:

                           »
                           Wir sehen die
                                                                   Diese Frau hat nichts mit dem Gesundheitsminister
                                                                   zu tun und versteht trotzdem viel vom Thema: ­Enise
                                                                   Lauterbach. Die Kardiologin entwickelte eine ­digitale
                                                                                                                              Er opfert seine
                                                                                                                              Gesundheit,
                           Digitalisierung
                                                                   und KI-basierte Gesundheitsanwendung für Patientin-
                                                                   nen und Patienten mit Herzschwäche. Dieser tragbare
                                                                                                                              um Geld zu
                           mit ihrem                               Herzmonitor mit dem Namen Herz-Held sammelt und            verdienen.
                                                                   überwacht per Smartwatch oder Smartphone Gesund-
                           technologischen                         heitsdaten. „Wir sehen die Digitalisierung mit ihrem       Wenn er es
                           Potenzial als                           technologischen Potenzial als einen großen Fortschritt
                                                                                                                              hat, opfert er
                           einen großen
                                                                   für die Medizin und wollen mit dem Herz-Held eine
                                                                   Versorgungslücke schließen“, sagt sie und ist gleich-      es, um s­ eine
                           Fortschritt für                         sam überzeugt, dass die Digitalisierung Ärztinnen und
                                                                                                                              Gesundheit
                           die Medizin                             Ärzte nicht ersetzen kann. Aber durch neue Techno-
                                                                   logien würden Diagnostik und Therapien besser. „Die
                                                                   präzise Analyse und die Verknüpfung von Daten spie-
                                                                                                                              zurückzu­
                           Dr. Enise Lauterbach
                           Geschäftsführerin des Start-ups
                                                                   len eine wichtige Rolle. Nur so kann ein profundes Ver-    erlangen. Er
                                                                   ständnis von Krankheiten gewonnen und eine indivi-
                                                                                                                              ist so auf die
                           Lemoa Medical, Kardiologie
                                                                   duelle Behandlung auf den Weg gebracht werden“, so
                                                                   Lauterbach.
                                                                       Mit ihrem Mann Michael gründete sie das Start-up
                                                                                                                              Zukunft fixiert,
                                                                   ­Lemoa Medical. Das Unternehmen entwickelt auch den        dass er die
                                                                    Messenger-­Dienst Consil!um, der einen schnellen Aus-
                                                                    tausch zwischen behandelnden Ärztinnen und Ärz-           Gegenwart
                                                                                                                              nicht genießt.
                                                                    ten in Kliniken und Praxen ermöglicht – datenschutz­
                                                                    sicher und DSGVO-konform. „Das ist erst der Anfang“,
                                                                    sagt sie. „Wir arbeiten mit Hochdruck an Audio- und       Im Ergebnis
Bild: Michael Lauterbach

                                                                    Videocalls. Dann kann unser Dienst seine Stärken rich-
                                                                          tig ausspielen.“                                    lebt er we-
                                                                                                                              der die Gegen-
                                                                               Von der Industrie- und Handelskammer
                                                                            Trier wurde sie bereits 2019 mit dem
                                                                              erstmals vergebenen Gründerinnen-
                                                                                                                              wart, noch die
                                                                               preis ausgezeichnet. srö
                                                                                                    lemoa-medical.de         Zukunft. Er
                                                                                                                              lebt, als wür-
                                                                                      Dr. Enise Lauterbach
                                                                                                                              de er nie ster-
                                                                                    Sie war Fachärztin für Kardiologie        ben, und stirbt,
                                                                                     mit Spezialisierungen in Rhythmolo-
                                                                                    gie und Herzinsuffizienzbehandlung
                                                                                                                              ­ohne jemals
                                                                                   in einem Akutkrankenhaus. Dann              richtig gelebt
                                                                                  baute sie als Chefärztin die kardiolo-
                                                                                 gische Abteilung des Zentrums für am-         zu haben.
                                                                                bulante Rehabilitation in Trier auf und
                                                                               führte es bis 2019. Heute leitet sie das
                                                                              Start-up Lemoa Medical, das digitale Ge-        Dalai Lama
                                                                                                                              geistiges Oberhaupt Tibets
                                                                             sundheitsanwendungen zur Therapie von
                                                                            Herzinsuffizienz entwickelt.

                           Seite 4      Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
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Treffpunkt

                                                         UMFRAGE         WIRD BETROFFENEN DAS LEBEN DURCH DIE ABSCHAFFUNG DES TRANSSEXUELLEN-GESETZES ERLEICHTERT?

                                                         Soll das Transsexuellen-Gesetz (TSG) abgeschafft werden? Mit einem Selbstbestimmungsgesetz würde
                                                         trans* Menschen eine einfache Selbsterklärung reichen, um den Geschlechts-Eintrag zu ändern.

                                                                                    Gesetz muss verbessert werden                                                                                 Unterschiedliche Positionen
                                                                                    Nein, die Abschaffung des TSG wür-                                                                            In unserem Verein gibt es zwei Positi-
                                                                                    de Transsexuellen das Leben schwe-                                                                            onen zum Selbstbestimmungsgesetz.
                                                                                    rer machen. Wer Transsexuellen hel-                                                                           Die Fürsprecherinnen begrüßen die
                                                                                    fen will, muss sie und ihr Leiden ernst                                                                       geplanten Regelungen, weil die Patho-
                                                                                    nehmen und Transsexualität klar defi-                                                                         logisierung von trans* Personen und
                                                                                    nieren, um Missbrauch zu vermeiden,                                                                           die ­medizinisch-psychologische Prü-
                                                         Prof. Dr. Monika Barz                                                                                              Kerstin Rudat
                                                         Frauen- und Geschlech-     der schon jetzt negativ auf Transsexu-                                                  Vorstandsmitglied     fung so viel Leid gebracht haben. Die
                                                         terforschung, Reutlingen   elle zurückfällt. Das TSG muss verbes-                                                  des LSVD Baden-­      ­K ritikerinnen fordern Präzisierungen
                                                                                                                                                                            Württemberg
                                                                                    sert, aber nicht abgeschafft werden.                                                                           und Nachbesserungen.

                                                         Demütigungen beenden                                                                                               Noch schutzloser
Bild: Martina Waiblinger; Privat; Bundestag; PhotoBlur

                                                         Die Personenstandsänderung nach                                                                                    Auf keinen Fall. Wir Transsexuellen
                                                         dem TSG ist langwierig und teuer. Bis                                                                              müssen zunehmend ungefragt für Zie-
                                                         sie vollzogen ist, müssen sich trans*                                                                              le von Gruppen, die sich als trans* be-
                                                         Personen rechtfertigen, weil sie keinen                                                                            zeichnen, herhalten, was zum Beispiel
                                                         korrekten Ausweis besitzen. Die psy-                                                                               an einer exponentiell gestiegenen Zahl
                                                         chologischen Zwangsgutachten mit in-           Tessa Ganserer
                                                                                                                                                                            angeblicher Transsexueller zu sehen          Dr. med. Renate
                                                         timsten Fragen sind übergriffig. Mit           MdB, Bündnis90/­                                                    ist. Eine Abschaffung des Transsexuel-       Försterling
                                                                                                        Die Grünen                                                                                                       Ärztin für Innere Medizin,
                                                         einem Selbstbestimmungsgesetz been-                                                                                lengesetzes würde die Transsexuellen         ­Psychotherapie, Sexual­
                                                         den wir diese Demütigungen.                                                                                        noch schutzloser zurücklassen.                medizin, Berlin

                                                                    FALSCHNACHRICHT                                                                                  Frauen und Männer leben
                                                                                                                                                                     hierzulande gleichberechtigt
                                                                                                                                                                     Frauen und Männer haben in allen Lebensbereichen gleiche
                                                                                                                                                                     Rechte, heißt es im Grundgesetz. Eine schöne Vorstellung

                                                                                                                                                                     Gleichberechtigung ist in Deutschland längst nicht die Realität. Für
                                                                                                                                                                     die tatsächliche Gleichstellung muss noch viel getan werden – zum
                                                                                                                                                                     Beispiel in puncto Lohngerechtigkeit. Frauen verdienen bundesweit
                                                                                                                                                                     im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Das hat das Statistische
                                                                                                                                                                     Bundesamt für 2021 berechnet. Als „Gender Pay Gap“ wird diese
                                                                                                                                                                     prozentuale Differenz zwischen dem durchschnittlichen Brutto-
                                                                                                                                                                     stundenlohn der Männer und dem durchschnittlichen Bruttostun-
                                                                                                                                                                     denlohn der Frauen im Verhältnis zum durchschnittlichen Brutto-
                                                                                                                                                                     stundenlohn der Männer bezeichnet. Frauen verdienten demnach
                                                                                                                                                                     2021 mit durchschnittlich 19,12 Euro brutto in der Stunde 4,08 Euro
                                                                                                                                                                     weniger als Männer mit 23,20 Euro. Ein Teil dieser Lohnlücke lässt
                                                                                                                                                                     sich auf sogenannte strukturelle Unterschiede zurückführen: Vie-
                                                                                                                           Bild: iStockphoto.com © nadia_bormotova

                                                                                                                                                                     le Frauen erlernen Berufe, die schlechter bezahlt sind, arbeiten sel-
                                                                                                                                                                     tener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit oder in Mini-
                                                                                                                                                                     jobs. Doch selbst wenn man diese Faktoren herausrechnet, selbst bei
                                                                                                                                                                     gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen
                                                                                                                                                                     beträgt der Entgeltunterschied immer noch sechs Prozent.
                                                                                                                                                                     Ein klarer Hinweis auf versteckte ­Benachteiligung von
                                                                                                                                                                     Frauen am Arbeitsmarkt. gh                    equalpayday.de

                                                                                                                                                                                                    Agenda Gesundheit Magazin 03/2022      Seite 5
Neue Praxis auf dem Land - aok-bw-presse.de
Treffpunkt

               KREUZVERHÖR
                                                                                                            TATEN & TATSACHEN

           Wir stehen
                 KREUZ vor einem
                        VERHÖR                                                                                  Pendler aufs Rad bringen

           überproportionalen Anstieg                                                                           Das Pendeln mittels nachhal-
                                                                                                                tiger Mobilitätslösungen wie

           der Gesundheitsausgaben                                                                              dem Rad zu fördern, hat sich
                                                                                                                das Projekt PendlerRatD, das
               Professor Jürgen Wasem rät, die Kostenzuwächse mit dem                                           auch von der AOK unterstützt
               Rasenmäher zu bekämpfen und sich ansonsten abzufinden                                            wird, zum Ziel gesetzt. „Über-
                                                                                                                zeugte Autofahrer sollen zum
                                                      Herr Wasem, Sie beschäftigen sich                         Umstieg bekehrt und beim ge-
                                                      mehr als 30 Jahre mit Gesund­                             samten Pendelprozess be-
                                                      heits­ökonomie und haben seit-       Dr. Jana Heimel      gleitet werden“, ­erklärt Pro-
                                                                                           Professorin für
                                                      her alle Regierungen beraten.        Internationales      jektleiterin Professorin J
                                                                                                                                         ­ ana
                                                      Was ist das Credo: Das deutsche      Management &         Heimel. „Es ist aber auch
Bild: Privat

                                                      Gesundheitswesen muss effizien-      Controlling an der
                                                                                                                wichtig, gemeinsam mit den
                                                                                           Hochschule
                                                      ter werden, um die Kosten für die    Heilbronn            Arbeitgebern ein Anreizsys-
                                                      Solidargemeinschaft im Rahmen
                                                                                                                tem zu entwickeln, welches
                                                      zu halten oder Gesundheit wird

           »
                                                                                                                die Mitarbeiter zum Umstieg
                                                      auf Dauer teurer, darauf muss sich
                                                      jede und jeder einstellen?                                motiviert.“

                                               Beides stimmt. Wir müssen die Ef-           Hürden abbauen
                                                                                           Die Akteure des Gesundheits-
           Strukturelle
                                               fizienz in der Versorgung verbes-
                                               sern. Ich nenne beispielhaft die            systems zusammenbringen,
           Reformen                            Strukturen der Krankenhausland-             Menschen ins Gespräch brin-
                                                                                           gen, Brücken bauen und Hür-
           wirken nicht                        schaft oder die Schnittstelle zwi-
                                               schen der ambulanten und der sta-           den abbauen will Franziska
           sofort                              tionären Versorgung. Aber wir               Engehausen, die neue Ge-
                                               stehen auch vor einer erheblichen           schäftsführerin beim Aktions-
                                               Veränderung des Altersaufbaus               bündnis Patientensicherheit.
           Prof. Dr. Jürgen Wasem
           Leiter des Lehrstuhles für Medizin-                                             „Das Bild der Plattform für ei-
                                               der Gesellschaft. Der Altenquoti-
           management an der Universität                                                   ne sichere Gesundheitsversor-        Franziska
           Duisburg-Essen und Politikberater   ent steigt in den nächsten 25 Jah-                                               Engehausen
                                                                                           gung in Deutschland motiviert        Geschäftsführerin
                                               ren deutlich an, das führt zu
                                                                                           mich. Gern bringe ich Themen         beim Aktionsbünd-
           einem überproportionalen Anstieg der Gesundheitsausgaben.                                                            nis Patienten­
                                                                                           gegenüber Mitarbeitern, Mit-         sicherheit
                                                                                           gliedern, Medien und Stake­
           Die Finanzlücke, die sich in der GKV für 2023 auftut, ist enorm.
           Momentan wird sie auf 17 Milliarden Euro geschätzt. Müssten                     holdern auf den Punkt und mit-
           allein die Beitragszahler die Lücke schließen, was würde das für                einander ins Gespräch“, so die
           den Beitragssatz bedeuten?                                                      Expertin für Gesundheits- und
                                                                                           Sozialpolitik.
           Die 17 Milliarden Euro entsprechen 1,1 Beitragssatzpunkten. Die
           Zusatzbeiträge müssten also von durchschnittlich aktuell 1,3 auf                                     Mehr Schutz für Kinder
           2,4 Prozentpunkte ansteigen. Und zwar nicht einmalig, sondern                                        Ein Koordinierungsbüro soll
           dauerhaft. Und sie würden auch dann in den Folgejahren nur stabil                                    helfen, Kinder und Jugendli-
           bleiben, wenn die Ausgaben nicht stärker wachsen als die Einkom-                                     che im Land besser vor sexu-
           men der Versicherten.                                                                                alisierter Gewalt zu schüt-
                                                                                                                zen. „Es ist eine erschreckend
           Der Bundesgesundheitsminister schließt Leistungskürzungen                                            hohe Zahl, die wir nicht ge-
           aus. Was würden Sie ihm raten, wie er die Löcher stopft?                                             nau beziffern können, denn die
           Da strukturelle Reformen zumeist nicht sofort wirken, bleibt nur                                     Dunkelziffer ist hoch“, sagt
           eine Kombination von höherem Bundeszuschuss, Beitragssatzan-                                         Martina Huck von der neu ge-
                                                                                           Martina Huck         gründeten Landeskoordinie-
           stieg und Kostendämpfung. Ich würde mit dem Rasenmäher über
                                                                                                                                                    Bilder: HS-Heilbronn; APS; Wildwasser Esslingen e.V.

                                                                                           Vorstandsmitglied
           alle Leistungsbereiche die Ausgabenzuwächse begrenzen – wie das                 der Landeskoor-      rungsstelle spezialisierter
           etwa beim letzten Kostendämpfungsgesetz 2010 geschehen ist.
                                                                                           dinierungsstelle     Fachberatung bei sexualisier-
                                                                                           spezialisierter
                                                                                           Fachberatung bei     ter Gewalt. Schulsozialarbei-
                                                                                           sexualisierter       terinnen und -arbeiter sowie
           Stichwort Digitalisierung: Synergieeffekte und schnellere Pro-                  Gewalt in Baden-
           zesse sollen zur Kostenersparnis führen. Stimmt das überhaupt?                  Württemberg          Lehrkräfte sollen gemeinsam
                                                                                                                überprüfen, wo es Risiken für
           Bei den vielen Fehlschlägen, die wir mit der Digitalisierung bisher
                                                                                                                sexualisierte Gewalt gibt.
           erlebt haben, gebe ich dazu keine Prognosen mehr ab. roha

               Seite 6      Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
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Treffpunkt

                                                       ZEITSPRUNG

                                                       100 Jahre Insulin
                                                       Lebenswichtiges Hormon reguliert
                                                       den Stoffwechsel
                                                       Am 23. Januar 1922 bekam der         den Experimenten der deut-
                                                       13-jährige Leonard Thomp­            schen Mediziner ­Josef von Me-
                                                       son aus Kanada die erste In-         ring und O­ skar Minkowski
                                                       sulinspritze der Welt – ­eine        im Jahre 1889 war klar, dass

                                                                                                                              Bild: istockphoto.com © mathisworks
                                                       medizinische Revolution, mit         die Bauchspeicheldrüse ei-
                                                       der Diabetes seinen tödlichen        ne Substanz produziert, die
                                                       Schrecken verlor. Zuvor hat-         den Zucker aus dem Blut in die
                                                       ten die beiden Mediziner und         Körperzellen schleust. Doch
                                                       Forscher ­Frederick Banting          es brauchte noch einmal drei
                                                       und Charles Best – die als Ent-      Jahrzehnte, um einen sterilen
                                                       decker des Insulins gelten –         und konzentrierten Extrakt
                                                       monatelang Versuche an Hun-          herzustellen, der unter die                                         Die in den 1950er-Jahren üb-      Heute können Menschen mit
                                                       den durchgeführt.                    Haut injiziert werden konnte.                                       lichen Urinzuckerteststreifen     Diabetes Typ 1 ein nahezu
                                                           Ihrem Institutskollegen,            In den folgenden Jahrzehn-                                       wurden in den 1960er-Jah-         normales Leben führen. Dies
                                                       dem Biochemiker James Col-           ten wurde die Insulinthera-                                         ren durch Blutzuckermess-         betrifft in Deutschland et-
                                                       lip war es gelungen, ­Insulin        pie immer weiterentwickelt,                                         streifen ergänzt. 1983 wur-       wa 341.000 Erwachsene so-
                                                       aus den ­Bauchspeicheldrüsen         um die gestörte Körperfunkti-                                       de erstmals tierisches Insulin    wie zirka 32.000 Kinder und
                                                       von Schlachttieren zu isolie­        on zu ersetzen und die chroni-                                      durch Humaninsulin ersetzt        Jugendliche. Sie und auch ein
                                                       ren. Er legte damit den Grund­       sche Überzuckerung des Blu-                                         und außerdem die erste Insu-      Teil der 8,5 Millionen Men-
                                                       stein für die erste wirksame         tes zu verhindern. Schon 1924                                       linpumpe vorgestellt. Die In-     schen mit Diabetes Typ 2
                                                       Behandlung des Diabetes mel-         kam die erste Insulinspritze                                        novation ist aber längst nicht    werden hierzulande täglich,
                                                       litus, der sogenannten Zu-           auf den Markt, 1934 dann das                                        beendet. Viele Firmen tüfteln     häufig auch lebenslang, mit
                                                       ckerkrankheit. Bereits seit          erste Verzögerungsinsulin.                                          an immer neuen Lösungen.          Insulin behandelt. stef

                                                                                                                     PRO                                            KONTRA

                                                                                                        Verpflichtendes
                                                                                                        Dienstjahr für
                                                                          Pastor Ulrich Pohl                                                                                                      Lasse Rebbin
                                                                          Vorstandsvorsitzender der                                                                                             Stellvertretender
                                                                          v. Bodelschwinghschen                                                                                               Bundesvorsitzender

                                                                                                        junge Menschen?
                                                                          Stiftungen Bethel                                                                                                             der Jusos

                                                          »Solidarität sichert den Frieden« »Zwang löst die Probleme nicht«
                                                             Der Krieg in der Ukraine zeigt es schmerzlich: Europa ist in                                  Immer wieder begegnet uns Jusos die Diskussion um ein
                                                           seiner Existenz bedroht. Wir spüren eine Spaltung der Völker                                    verpflichtendes soziales Jahr für junge Menschen. Als Jugend-
                                                        und der Gesellschaften. Das beste Mittel zum Schutz sozialen                                       organisation berühren uns diese Fragen, denn wir setzen uns
                                                       Friedens ist Solidarität. Es ist die Pflicht jedes Einzelnen, unsere                                für die Interessen junger Menschen ein und streiten für ein
                                                          Gesellschaft gegen Angriffe zu stärken. Deshalb plädiere ich                                     gerechtes Leben ebendieser. Für uns ist dabei völlig klar, dass
                                                          für ein Allgemeines Soziales Jahr (ASJ) für alle. Das ASJ wird                                   die sozialen Berufe gestärkt werden müssen. Wir brauchen
                                                          gesellschaftliche Solidarität stärken, weil es den Austausch                                     gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie eine gerech-
Bilder: . Bodelschwinghschen Stiftungen; Max Neudert

                                                              aller sozialen Gruppen und Schichten ermöglicht. Es hilft,                                   tere Entlohnung. Es sind die sozialen Berufe, die unsere
                                                       soziale Kompetenz und Intelligenz zu fördern und Bürgeridenti-                                      Gesellschaft tragen und im alltäglichen Leben unverzichtbar
                                                         tät zu entwickeln. Zudem wird es den Pflegenotstand lindern.                                      sind. Der Weg dorthin führt aber nicht über Verpflichtung. Diese
                                                           Laut einer Umfrage, die Bethel 2016 in Auftrag gegeben hat,                                     schränkt die individuelle Entscheidung über die eigene Zukunft
                                                            sind drei Viertel der Bevölkerung für die Einführung des ASJ.                                  ein und löst auch nicht die Probleme. Wenn wir mehr junge
                                                          „Neue große Nöte bedürfen neuer, mutiger Gedanken“, sagte                                        Menschen für soziale Berufe begeistern wollen, müssen wir die
                                                              der Bethel-Namensgeber Friedrich von Bodelschwingh.                                          Bedingungen verbessern, statt mit Zwang vorzugehen.

                                                                                                                                                                                          Agenda Gesundheit Magazin 03/2022      Seite 7
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                                              Bild: Ferdinando Iannone

          Neue Praxis
          auf dem Land
Seite 8   Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
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Schon heute fehlen in Baden-Württemberg rund 130 Hausärztinnen und Hausärzte, ­
vor allem in ländlichen Regionen. Mehr als ein Drittel der Praktizierenden ist über
60 Jahre alt und wird in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Konzepte für die
Nachfolge sind gefragt – so wie sie die Gemeinde Mögglingen im Ostalbkreis gefunden hat

   E
                   s war höchste Zeit, dass   richtet Bürgermeister Schlenker. Mit da-    Schon heute mangelt es in Baden-Würt-
                   wir hier eine Praxis be-   bei waren auch die Fachärztin für Inne-     temberg an Hausarztpraxen. 2021 war
                   kommen“, sagt die Pa-      re und Allgemeinmedizin Janja Jerak,        der Kassenärztlichen Vereinigung zu-
                   tientin, die im Warte­     die mit einer Mögglinger Gemeinderä-        folge mit 37 Prozent bereits mehr als ein
                   zimmer der neuen           tin befreundet ist, und der Facharzt für    Drittel der Hausärztinnen und -ärzte in
Mögglinger Hausarztpraxis auf ihre Be-        Innere, Notfall- und Palliativmedizin       Baden-Württemberg über 60 Jahre alt.
handlung wartet. „Vorher bin ich im-          Julian Seitzer, der im Nachbarort Bö-       Wenn dieser Anteil in den wohlverdien-
mer nach Schwäbisch Gmünd gefah-              bingen lebt. „In den Gesprächen wur-        ten Ruhestand geht, wird die Lücke von
ren, wenn ich zum Arzt musste – so wie        de deutlich, dass die Ärzte gern in einem   aktuell 130 fehlenden Hausärzten im
viele andere auch. Vor allem für älte-        Angestelltenverhältnis und in einem         Land noch weiterwachsen und den nie-

                                              »
re Leute war das schon eine Belastung.“                                                   derschwelligen und wohnortnahen Zu-
Ebenso wie sie sind viele Menschen in                                                     gang zu hochwertiger medizinischer
Mögglingen froh, dass sich mit ­Janja­­                                                   Versorgung weiter erschweren.
­Jerak und Julian Seitzer eine neue
 Hausärztin und ein -arzt für ihren Ort       Das Ärzteteam ist ­                         Eine innovative Einrichtung
 gefunden haben.
                                              im MVZ ­angestellt­                         Durch den demografischen Wandel feh-
    Denn bevor das medizinische Versor-                                                   len aber nicht nur immer mehr Ärztin-
 gungszentrum (MVZ), in dem die beiden        und wird bei                                nen und Ärzte. Auch unter den Pati-
 angestellt sind, im November 2021 eröff-     ­bürokratischen und                         entinnen und Patienten gibt es immer

                                               Personalthemen
 net wurde, gab es für die 4.300 Einwoh-                                                  mehr Ältere mit unterschiedlichen Er-
 ner der Gemeinde im Ostalbkreis lange                                                    krankungen, die eine gute medizinische
 nur einen Hausarzt. „Für so viele Men-        entlastet                                  Versorgung benötigen. Hier gilt es Lö-
 schen reicht das natürlich nicht aus“,                                                   sungen zu finden – etwa mit innovati-
 sagt Adrian Schlenker, der seit 2014 Bür-                                                ven Versorgungseinrichtungen wie dem
                                              Adrian Schlenker
 germeister von Mögglingen ist. „Deshalb                                                  MVZ in Mögglingen. Auch in Calw wird
                                              Bürgermeister von Mögglingen
 mussten wir uns was überlegen.“ Weil                                                     derzeit ein neuer Gesundheitscampus
 sich niemand fand, der sich als selbst-                                                  gebaut, der 2023 fertiggestellt werden
 ständige Hausärztin oder Hausarzt in         Team arbeiten möchten und von büro-         soll. Dort entsteht neben einem Kreis-
 Mögglingen niederlassen wollte, ent-         kratischen und personalverantwortli-        krankenhaus und Facharztpraxen auch
 schied sich die Gemeinde für ­einen bis-     chen Themen entlastet sein wollen“, so      ein Hausärztliches Primärversorgungs-
 lang eher ungewöhnlichen Weg: Als            Schlenker. „Mit dem MVZ konnten wir         zentrum, das als Modellprojekt vom ba-
 erste Gemeinde in Ostwürttemberg             das möglich machen.“                        den-württembergischen Sozialministe-
 gründete Mögglingen ein medizinisches            Für Jerak und Seitzer war die Gele-     rium gefördert wird.
 Versorgungszentrum, das zu 100 Pro-          genheit, als unbefristet angestellte Ärz-      Die Robert-Bosch-Stiftung setzt sich
 zent der Gemeinde gehört.                    te für das MVZ zu arbeiten, eine attrak-    mit dem Programm „PORT – Patien-
    „Bevor wir die ersten Schritte Rich-      tive Alternative zu ihren vorigen Jobs      tenorientierte Zentren zur Primär- und
 tung MVZ gegangen sind, haben wir            in Nürnberg und Mutlangen. „Das MVZ         Langzeitversorgung“ für die Einführung
 Ärzte nach Mögglingen eingeladen, die        ist ein gutes Modell, in das man als Arzt   und Weiterentwicklung von lokalen, in-
 einen Bezug zur Gemeinde hatten und          leicht einsteigen kann ohne finanziel-      haltlich umfassenden und hochwerti-
 die gefragt wurden, was es braucht, da-      les Risiko“, findet der 39-jährige Haus-    gen Gesundheitszentren in Deutschland
 mit sie sich eine hausärztliche Tätigkeit    arzt. „Und man hat trotzdem viel Gestal-    ein. Ein wichtiger Aspekt: Die künftigen
 in Mögglingen vorstellen könnten“, be-       tungsspielraum.“                            PORT-Gesundheitszentren sind auf den

                                                                                             Agenda Gesundheit Magazin 03/2022   Seite 9
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regionalen Bedarf abgestimmt, um eine
bestmögliche Versorgung der Menschen
vor Ort zu gewährleisten.
                                                 »
                                                 In den Nachbarorten
                                                                                                                         Nicht nur infolge der Coronapandemie
                                                                                                                         stehen die Krankenkassen finanziell un-
                                                                                                                         ter Druck und es sind in Zukunft massive

                                                 haben in den letzten
                                                                                                                         Zuschüsse aus Steuergeldern notwendig,
Die erste A
          ­ nlaufstelle                                                                                                  um das Gesundheitssystem zu finanzie-
Für unser Gesundheitssystem und für              Monaten fünf Ä­ rzte                                                    ren. Die HZV gibt es bei der AOK Baden-

                                                 aufgehört, nur wir
die Gesundheit der Bevölkerung ist die                                                                                   Württemberg inzwischen seit 14 Jahren
hausärztliche Versorgung von zentraler                                                                                   – und die Erfahrungen aus dieser Zeit
Bedeutung. Das hat sich nicht nur wäh-           haben neu eröffnet                                                      zeigen, dass Hausärzte als effektive Steu-
rend der Coronapandemie gezeigt, in der                                                                                  erer in puncto Patientenversorgung einen
Hausärztinnen und -ärzte ihre Patien-            Janja Jerak                                                             positiven Einfluss auf die Effektivität des
tinnen und Patienten durch mehr oder             Fachärztin für Innere und Allgemeinmedizin                              Gesundheitssystems und die Gesund-
weniger schwere Krankheitsverläufe be-                                                                                   heit ihrer Patientinnen und Patienten ha-
gleitet haben. Auch aus der Versicher-             Alle gesetzlichen Krankenkassen müs-                                  ben. So gibt es im HausarztProgramm
tenbefragung 2020 der Kassenärztlichen           sen ihren Versicherten eine HZV anbie-                                  der AOK Baden-Württemberg nachgewie-
Bundesvereinigung (KBV) geht eindeu-             ten. Dabei schließen die Krankenver-                                    senermaßen nicht nur 1,38 Millionen we-
tig hervor, dass die Menschen die Arbeit         sicherer Direktverträge mit besonders                                   niger unkoordinierte Facharztkontakte
ihrer niedergelassenen Haus- und Fach-           qualifizierten Hausärztinnen und                                        und bei Herzpatienten 21.000 Kranken-
ärztinnen und -ärzte und deren Teams             ­-ärzten ab, die die Rolle eines medizi-                                haustage weniger pro Jahr, sondern auch
sehr schätzen und die Hausarztpraxis              nischen Koordinators übernehmen. Sie                                   rund 1.700 vermiedene Todesfälle inner-
meist die erste Anlaufstelle bei medizi-          ­besprechen mit ihren Patientinnen und                                 halb von fünf Jahren.
nischen Fragen ist.                                Patienten die nächsten Behandlungs-                                      Diese positiven Ergebnisse machen
   Um dem immer größer werdenden                   schritte und überweisen sie bei Bedarf                                deutlich, wie wichtig eine koordinier-
Mangel an ärztlichem Personal zu be-               an eine Facharztpraxis. So gewährleistet                              te Versorgung für die Menschen und ih-
gegnen, ist es sinnvoll, diese Rolle der           die Hausarztzentrierte Versorgung eine                                re Gesundheit ist. Im Rahmen des AOK-
Hausärztinnen und -ärzte als erste An-             kontinuierliche Langzeitbetreuung der                                 HausarztProgramms versorgen derzeit
sprechpartnerinnen und -partner kon-               Patientinnen und Patienten. Und dank                                  etwa 5.300 Haus-, Kinder- und Ju-
sequent und strukturiert auszubauen –              des vertraglich geregelten Behandlungs-                               gendärztinnen und -ärzte 1,76 Millio-
so wie es in Versorgungsformen wie der             und Vergütungskonzepts in der HZV ha-                                 nen HZV-Versicherte der AOK Baden-
Hausarztzentrierten Versorgung (HZV)               ben die teilnehmenden Hausärztinnen                                   Württemberg. Am darauf aufbauenden
bereits gelebt wird. Die HZV ist AOK-Ver-          und -ärzte mehr Zeit, um die Patientin-                               AOK-FacharztProgramm nehmen 3.100
sicherten besser bekannt unter dem Na-             nen und Patienten intensiv zu betreuen                                Fachärztinnen und -ärzte sowie Psycho-
men ­HausarztProgramm.                             und zu beraten.                                                       therapeutinnen und -therapeuten teil.

                                                                                                                         Digitale Helfer für den Praxisalltag
                                                                                                                         Gerade in ländlichen Gegenden ist der
                                                                                                                         Hausärztemangel bereits spürbar. „In
                                                                                                                         den Nachbarorten haben in den letz-
                                                                                                                         ten Monaten fünf Ärzte aufgehört, nur
                                                                                                                         wir haben als einzige neu eröffnet“, er-
                                                                                                                         zählt Hausärztin Janja Jerak. „Wir ha-
                                                                                                                         ben etwa 3.000 Patienten aufgenom-
                                                                                                                         men und im ersten Quartal circa 1.700
                                                                                                                         behandelt.“ Unterstützung im Praxis-
                                                                                                                         alltag bekommen Jerak und ihr Kolle-
                                                                                                                         ge von insgesamt fünf medizinischen
                                                                                                                         Fachangestellten und einer Hilfskraft.
                                                                                                                         Für den Praxisbetrieb sei nicht ärztli-
                                                                                                                         ches Personal sehr wichtig, so Jerak.
                                                                                                                         Deshalb sei es positiv, dass in der HZV
                                                                                                                         etwa die Qualifizierung und Anstellung
                                                                                                                         von Versorgungsassistentinnen in der
                                                                                              Bild: Ferdinando Iannone

                                                                                                                         Hausarztpraxis – sogenannte VERAHs –
                                                                                                                         ­gefördert werden. „Aber es fehlt einfach
                                                                                                                          an Bewerberinnen für den Job der Medi-
                                                                                                                          zinischen Fachangestellten, so wie gene-
Sehnsüchtig erwartet in Mögglingen: Das Ärzteteam Julian Seitzer und Janja Jerak                                          rell im Gesundheitswesen.“

Seite 10     Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
Seismograf

Die Akzeptanz stärken
Zu einer Verbesserung der hausärzt-
lichen Arbeitsbedingungen könn-
te auch die Digitalisierung beitragen
– ­beispielsweise in Form von Video-
sprechstunden, die vor allem während
der Coronapandemie von vielen Praxen
angeboten wurdne. Künftig, meint Juli-
an Seitzer, werde die Videosprechstun-
de immer relevanter werden – „gerade,
wenn Praxen einen größeren Einzugsra-
dius haben. So könnte man den Patien-
ten zum Teil weite Wege und den Ärzten
Hausbesuche ersparen“.
    Im Rahmen des AOK-HausarztPro-
gramms gibt es großzügige Regelun-
gen bei der Videosprechstunde. Im Ver-
gleich zur Regelversorgung können hier

                                                                                                                                                   Bild: Ferdinando Iannone
ohne Mengenbeschränkung oder Ab-
schläge auf die Vergütung Videosprech-
stunden durchgeführt werden.
    Für mehr Effizienz in den Praxen
soll zudem die Telematik-Infrastruk-         Fand eine Lösung für die Versorgung seiner Gemeinde: Bürgermeister Adrian Schlenker

                                             »
tur (TI) sorgen, in der die elektronische
Patientenakte bereits seit Juli 2021 ver-
fügbar ist. Bald sollen elektronische Re-                                                         terbildung steigt. Janja Jerak „kann gar
zepte und die elektronische Arbeits-                                                              nicht verstehen“, weshalb sich nicht
unfähigkeitsbescheinigung (eAU) über         Wenn P ­ raxen einen                                 mehr Menschen für eine hausärztliche

                                             großen Einzugs­radius
die TI Pflicht für alle Praxen werden.                                                            Tätigkeit auf dem Land entscheiden.
Mit der eAU hat man im MVZ Mögglin-                                                               „Die Hausarztmedizin ist einfach span-
gen bisher gute Erfahrungen gemacht,         ­haben, könnten                                      nend, weil man die Menschen ganzheit-
das elektronische Rezept nutzt die Pra-
xis aber noch nicht. Hier seien umfas-
                                              Videosprechstunden                                  lich betrachtet und sie über Jahre hin-
                                                                                                  weg begleitet“, sagt sie. „Außerdem hat
sende Schulungen für das Personal und         weite Wege ersparen                                 man in ländlichen Regionen eine stär-
die entsprechende Infrastruktur not-                                                              kere Bindung zu den Menschen als in
wendig, meint Janja Jerak. Es gelte aber     Julian Seitzer                                       der Stadt. Und eine bessere Work-Life-
auch, die Patienten aufzuklären und in       Facharzt für Innere, Notfall- und Palliativmedizin   Balance.“    cf

puncto Digitalisierung mitzunehmen.
„Die Hälfte unserer Patienten ist über

                                                  Wachstum auf hohem Niveau
70 Jahre alt“, erklärt Julian Seitzer. „Da
ist die Frage, wie gut das eRezept ange-
nommen wird.“
                                                  An der Versorgung in den Haus- und Facharztverträgen der AOK Baden-
                                                  Württemberg haben 2021 genau 8.509 Ärztinnen und Ärzte teil­genommen.
Bessere Work-Life-Balance
                                                  Das entspricht einem Plus gegenüber 2020 von insgesamt 2     ­ ,7 Prozent.
Damit Menschen wie die Mögglinger­                ­Davon entfallen 5.396 auf Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte sowie
in Patientin auch in ländlichen Regi-              3.113 auf Fachärztinnen und -ärzte und Psychotherapeutinnen und -thera-
onen medizinisch gut versorgt sind,                peuten. Sie versorgen 1,76 Millionen HZV-Versicherte, ein Plus von 2,1 Pro-
braucht es aber nicht nur die digita-              zent. Die Zahl im AOK-FacharztProgramm wächst um 5,2 Prozent auf
le Infrastruktur sowie neue oder ergän-            814.000. Im J
                                                               ­ uli 2021 startete der neue Facharztvertrag Pneumologie.
zende Angebote der Primärversorgung,                   Auch das Honorar für die erbrachten Leistungen stieg. Es liegt 2021 bei
sondern auch genügend Hausärztin-                  708 Millionen ­Euro und damit 4,4 Prozent über dem Vorjahr. 537 Millionen
nen und -ärzte, die sich dort niederlas-           Euro, ein Plus von 3,9 Prozent, entfallen auf den HZV-Vertrag und 171 Mil-
sen. Bereits heute gibt es Programme               lionen Euro – plus 6,2 Prozent – auf die Fachärztinnen und -ärzte sowie
der Krankenkassen oder des Landes,                 Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Die Vertragspartner sind mit
mit denen die Allgemeinmedizin geför-              der Entwicklung zufrieden und setzen auf die bessere und wirtschaftli-
dert wird. Die Zahl der Ärztinnen und              chere Versorgungsform.
Ärzte mit allgemeinmedizinischer Wei-

                                                                                                     Agenda Gesundheit Magazin 03/2022      Seite 11
Gesundheit & Versorgung

                                                                                                                                   Bild: istockphoto.com © AntonioGuillem
Obstruktive Schlafapnoe: Die Gefahr eines Infarktes oder Schlaganfalls ist erhöht

Wenn nachts der Atem stockt
Die Auswirkungen des Schlafs auf die Gesundheit sind unbestritten. Ihre Versicherten
unterstützt die AOK Baden-Württemberg mit verschiedenen Präventionsmaßnahmen

     V
                     or 15 Jahren hörte        Erkrankung betroffen sein. „Viele Men-       Präventionsmaßnahmen, wie die Schlaf-
                     sich Andre Bromber-       schen mit einer Schlafapnoe schnarchen       qualität verbessert werden kann. „Lang-
                     ger zum ersten Mal        und haben im Schlaf Atemaussetzer –          fristig erhöht eine Schlafapnoe auch das

                                               »
                     schnarchen. „Mei-         meistens ohne es zu merken“, sagt Lydia      Risiko für andere Erkrankungen, die
                     ne Freundin war ge-                                                    die Lebensqualität stark beeinträchti-
nervt, nahm es auf und spielte es mir                                                       gen können“, verdeutlicht die Fachfrau.
vor.“ Er war schockiert. Diese Geräusche                                                    Dazu gehören unter anderem nächtli-
sollte er von sich geben? Heute weiß der
43-Jährige, dass er an einer Schlafap-
                                               Speziell Patienten                           che Herzrhythmusstörungen, Bluthoch-
                                                                                            druck, erhöhtes Risiko für Herzinfarkt
noe leidet, einer Erkrankung, bei der die      mit Komorbiditäten                           bis hin zum Schlaganfall.
Muskulatur in den oberen Atemwegen
                                               wie einer                                       Der Facharztvertrag Pneumologie,
während des Schlafs erschlafft. Die Fol-                                                    den die AOK Baden-Württemberg ge-
gen können lebensbedrohlich sein.              Schlafapnoe                                  meinsam mit ihren Vertragspartnern
Eine Nacht im Schlaflabor brachte die          benötigen häufig                             Medi Baden-Württemberg sowie dem

                                               eine intensivere
Erkenntnis: 37 Atemaussetzer pro Stun-                                                      Berufsverband der Pneumologen in Ba-
de wurden bei Andre Bromberger ge-                                                          den-Württemberg (BdP) im vergange-
messen. Die Lösung war ein Gerät, das          Betreuung                                    nen Jahr auf den Weg gebracht hat, setzt
die Raumluft filtert und in eine Atem-                                                      genau hier an. „Insbesondere Patien-
maske pumpt. CPAP heißt das System                                                          ten mit pulmologischen Komorbiditäten
                                               Dr. Frank J. Heimann
und steht für „continuous ­positive air-       Erster Vorsitzender des Berufsverbands der   wie beispielsweise einer Schlafapnoe be-
way pressure“, also kontinuierlicher           Pneumologen in Baden-Württemberg             nötigen häufig eine intensivere Betreu-
Atemwegsüberdruck.                                                                          ung. Der Vertrag trägt dieser Anforde-
   Schätzungen zufolge leiden etwa drei        Jungkind, BGM-Koordinatorin bei der          rung in besonderer Weise Rechnung und
Prozent der Frauen und fünf Prozent der        AOK-Bezirksdirektion Mittlerer Ober-         ermöglicht eine qualifizierte bedarfs-
Männer an einer obstruktiven, das heißt        rhein. Die 29-Jährige ist eine von insge-    orientierte Versorgung, die eine umfas-
verengter oder verschleißenden Schlaf-         samt 41 Schlafmentorinnen und -men-          sende biopsychosoziale Anamnese und
apnoe. Wer eigentlich genug schläft,           toren bei der AOK Baden-Württemberg.         Behandlung umfasst“, sagt Frank J. Hei-
sich tagsüber aber trotzdem sehr schläf-       Seit zwei Jahren berät sie Betriebe auch     mann, erster Vorsitzender des BdP in
rig und erschöpft fühlt, kann von dieser       über die Bedeutung des Schlafs sowie zu      Baden-Württemberg. srö

Seite 12   Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
Gesundheit & Versorgung

Wenn Mann nicht kann
                                                                                                                             STANDPUNKT

Impotenz ist nicht selten. Rund fünf Prozent der Männer in Deutschland
sind von einer sogenannten erektilen Dysfunktion betroffen. Für sie ist

                                                                                                                              Bild: AOK
das oftmals mit Scham und Versagensängsten verbunden.                                                                                                        Stella Dammbach
                                                                                                                                                             Spezialistin medizinische

 A
                                                                                                                                                             Beratung,
           ls sich die Eheleute Anna      betroffen. Über alle Altersgruppen                                                                                 AOK Baden-Württemberg
           Maria und Peter Seiz aus       hinweg entspricht das 3,1 Prozent al-
           Schwäbisch Gmünd im            ler Männer.
                                                                                                                                          EREKTILE DYSFUNKTION
Jahre 1770 scheiden lassen wollten,          Die Ursachen sind vielfältig. Meis-
wurden beide vor das Bischöfliche         tens kommen mehrere Auslöser zu-
Ehegericht nach Augsburg geladen. In      sammen. Für die Betroffenen ist es                                                              Warnzeichen
der Befragung gab er unter anderem
zu Protokoll, seine Frau hätte vor
                                          wichtig, nicht zu schweigen. Zu-
                                          nächst sollte mit der Partnerin oder                                                            des Körpers
Fremden „von ihm schamlos und är-         dem Partner darüber gesprochen wer-                                                             Dass Erektionsstörungen am Selbstbe-
gerlich“ geredet. Er hätte kein rechtes                den. Dann hilft es, sich                                                           wusstsein kratzen können, liegt auf der
männliches Glied und „dass seine                          an einen Spezialisten                                                           Hand. Die betroffenen Männer durch-
Mannschaft gantz unvollkommen                            zu wenden. Mit dessen                                                            laufen eine Abwärtsspirale aus Selbst-
sey“. Eine Begrifflichkeit, mit der in                 Hilfe kann auch die Ur-                                                            beobachtung, Versagensangst und
der Frühen Neuzeit Impotenz                           sache erörtert und die pas-                                                         schließlich realem Versagen. Doch ge-
beschrieben und von                                 sende Behandlung gefunden                                                             legentliche Potenz- und Erektionsprob-
Günther H. Jacobi in                              werden.                                                                                 leme bedeuten noch keine medizinische
seinem Buch „Praxis                                  Es gibt eine Reihe indi-                                                             Auffälligkeit. Treten sie jedoch regel-
der Männergesund-                                    vidueller Therapieoptio-                                                             mäßig auf, sollten die Gründe ärztlich
heit“ eingeordnet                                        nen. Welche im Einzel-                                                           abgeklärt werden.
wurde.                                                   fall die geeignete ist,                                                             Denn die Ursachen sind durchaus
                                                                                                                                          vielfältig und meistens kommen meh-
   Die Wort-                                         hängt von der Ursache und
                                                                                                                                          rere Auslöser zusammen. Grundsätz-
wahl hat sich                                 der Einstellung des Betroffenen
                                                                                                                                          lich ist davon auszugehen, dass bei
geändert, die                             zu verschiedenen Therapieformen ab.
                                                                                                                                          jüngeren Männern psychische Gründe
grundsätzliche Problemlage jedoch         Grundsätzlich lassen sich Erektions-
                                                                                                                                          überwiegen, während mit zunehmen-
nicht. Wenn es im Bett nicht mehr         störungen medikamentös, mit Psycho-
                                                                                                                                          dem Alter häufiger vor allem körper-
klappt, kann das für eine Beziehung       therapie, mechanischen Hilfsmitteln
                                                                                                                                          liche Erkrankungen zugrunde liegen.
sehr belastend sein.                      oder operativ behandeln.
                                                                                                                                          Erektile Dysfunktion ist oft ein Früh-
   Von einer sogenannten erektilen           Betroffene können bei Potenzstö-                                                             warnzeichen für ernste Erkrankun-
Dysfunktion (ED) spricht man, wenn        rungen auch selbst einiges tun, insbe-                                                          gen der Blutgefäße oder tritt als Be-
es über einen längeren Zeitraum nicht     sondere indem sie Lebensgewohnhei-                                                              gleiterscheinung im Zusammenhang
                                                                                    Bild: Adobestock.com © Trifonenko Ivan

möglich ist, eine für einen befriedi-     ten verändern. Unter anderem durch                                                              mit anderen Erkrankungen wie bei-
genden Geschlechtsverkehr ausrei-         einen Rauchstopp, Gewichtsreduktion                                                             spielsweise Diabetes auf. Auch eini-
chende Erektion des Penis zu errei-       bei überschüssigen Kilos, regelmäßi-                                                            ge Medikamente können Auslöser sein.
chen und aufrechtzuerhalten. 2020         ger körperlicher Bewegung, eine Nor-                                                            Deshalb sollten Männer, bei denen
waren bei der AOK Baden-Württem-          malisierung erhöhter Blutzuckerwerte                                                            Erektionsprobleme häufiger auftreten,
berg immerhin 68.620 Männer ­davon        oder von erhöhtem Blutdruck. srö                                                                dies bei ihrem nächsten Arztbesuch
                                                                                                                                          auch unbedingt ansprechen. Sind die
                                                                                                                                          Ursachen bekannt, lassen sich Erekti-
                                                                                                                                          onsstörungen meist gut behandeln.

   Angebote der AOK                                                                                                                          2016 wurde das FacharztPro-
                                                                                                                                          gramm der AOK Baden-Württemberg
   Eine Lebensstiländerung kann einen positiven Einfluss auf eine erekti-                                                                 gemeinsam mit den Vertragspart-
   le Dysfunktion haben. Die AOK Baden-Württemberg unterstützt ihre                                                                       nern um das Fachgebiet Urologie er-
   ­Versicherten mit vielseitigen Programmen und Aktivitäten für die Förde-                                                               weitert. Seither profitieren Teilnehmer
    rung eines gesunden und entspannten Lebens. So gibt es beispielsweise                                                                 von einer ganzheitlichen Versorgung
    unter anderem Kurse für mehr Gelassenheit im Berufs- und Privatleben,                                                                 und bei der Therapie von einer ge-
    körperliche Aktivität oder eine gesundheitsfördernde Ernäh-                                                                           meinsamen Entscheidungsfindung
    rung. N
          ­ eben den Kursen und Programmen vor Ort werden auch                                                                            auf Basis aktueller wissenschaftli-
    Onlinekure angeboten.                 aok.de/bw/gesundheitsangebote
                                                                                                                                          cher Erkenntnisse.

                                                                                                                                   Agenda Gesundheit Magazin 03/2022      Seite 13
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MELDUNGEN MODELLPROJEKTE & ERFAHRUNGEN                                                                                           Allianz gegen
                                                                                                                                 Nierenerkrankungen
                                                                                                                                 FACHARZTVERTRAG. Nephrologinnen und
                                                                                                                                  Nephrologen früh und rechtzeitig einbin-
                                                                                                                                 den, um das Fortschreiten einer chronischen
                                                                                                                                 Nierenerkrankung zu verzögern, ist das Ziel
                                                                                                                                 des Facharztvertrags Nephrologie. Zwei Jah-
                                                                                                                                 re nach seinem Start ziehen die AOK, der
                                                                                                                                 Medi-Verbund und der Verbund nephrologi-
                                                                                                                                 scher Praxen (VNP) in Baden-Württemberg
                                                                                                                                 ein positives Fazit. 5.000 Versicherte werden
                                                                                                                                 so pro Quartal betreut. 130 Nephrologinnen
                                                                                                                                 und Nephrologen sind mit an Bord. „Wich-
                                                                                                                                 tig ist, dass wir die Patientinnen und Pati-

                                                                                       Bild: Adobestock.com © Syda Productions
                                                                                                                                 enten jetzt deutlich früher sehen, was deren
                                                                                                                                 Prognose verbessert und den Dialysebe-
                                                                                                                                 ginn mitunter um Jahre verzögert“, so VNP-
                                                                                                                                 Vorstandsvorsitzender Dieter Baumann. In
                                                                                                                                 ­Verbindung mit dem Dialysesachkostenver-
                                                                                                                                  trag der AOK sei der Facharztvertag in punc-
                                                                                                                                  to Lebensqualitätsverbesserung und Wirt-
Damit es nicht an die Nieren geht: Der Facharztvertrag Nephrologie leistet einen Beitrag                                          schaftlichkeit bundesweit einmalig. 

Projekt mit                                           Wohnortnahe Versorgung sichern
Vorbildcharakter                                      PRIMÄRVERSORGUNGSZENTREN. Überall dort, wo kleine Kliniken schließen,
                                                      will das Land Baden-Württemberg regional angepasste sektorenübergreifen-
VERSORGUNGSZENTRUM. Das Gesundheits-                  de Angebote schaffen, die weiterhin eine gute Versorgung in ländlichen Regio-
zentrum Spaichingen im ehemaligen Kran-               nen sicherstellen. Dazu sollen künftig neben den Hausarztpraxen auch Primär-
kenhaus soll ein innovatives Erweitertes              versorgungszentren als erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen eine
Ambulantes Versorgungszentrum (EAV) er-               wichtige Rolle spielen, wie diese bereits mit Unterstützung der AOK bei der Med-
halten. Das EAV soll ein Projekt mit Vorbild-         nos eG in Calw umgesetzt werden. Für deren Ausbau stellt das Land weitere zehn
charakter werden und die Lücke zwischen               Millionen Euro zur Verfügung. Ärztinnen und Ärzte sowie Fachkräfte aus ande-
stationärer Versorgung und Versorgung zu              ren Gesundheitsberufen arbeiten dort im Team eng zusammen. Das ermöglicht
Hause schließen. Ein Ärztezentrum mit in-             eine kontinuierliche Behandlung mit längeren Öffnungszeiten und vermeidet
tegriertem ambulanten OP, dem Schlafla-               Wartezeiten und Doppeluntersuchungen. Neben einer Erstberatung und medi-
bor, eine Tagesklinik für Psychiatrie und Psy-        zinischen Grundversorgung bieten die Zentren auch präventive, gesundheitsför-
chotherapie des Vinzenz von Paul Hospitals            dernde, kurative, pflegerische, ­rehabilitative oder palliative Angebote an.
und weitere Einrichtungen sind Teil des Ge-
sundheitszentrums Spaichingen. Das Modell
sieht zehn bis 15 Betten mit Überwachung
                                                      Zeichen für Strukturwandel
und Behandlung von kurzzeitig pflege- und             FALLZAHLEN. Nach Auswertungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK
behandlungsbedürftigen Patientinnen und                (WIdO) haben sich die Fallzahlen in den Krankenhäusern in Baden-Würt-
Patienten vor. Diese können dort für eine             temberg im vergangenen Jahr etwa auf dem Niveau von 2020 eingependelt.
Aufenthaltsdauer von bis zu fünf Tagen vor-           ­Danach sank 2021 die Zahl der stationär behandelten AOK-Versicherten um ­­
rangig pflegerisch versorgt werden. Bei der            13 Prozent gegenüber 2019, nachdem bereits 2020 ein Rückgang um 13 Prozent
Unterzeichnung der gemeinsamen Willens-                gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 zu verzeichnen war. Verantwortlich für
erklärung hob Sozialminister Manfred Lu-               diese Entwicklung waren die hohen Infektionszahlen in der Bevölkerung wäh-
cha angesichts des Strukturwandels im Ge-              rend der Omikron-Welle. In der Folge gab es auch Personalengpässe in den
sundheitswesen und des Ärztemangels die                Krankenhäusern aufgrund von Erkrankungen und der Quarantäne-Regelun-
Bedeutung solcher Projekte hervor. Die Lan-            gen. Das führte zur Absage von planbaren Behandlungen und Operationen.
desregierung will sich dafür einsetzen, die            Diese Erfahrung, dass ein Teil der ambulant-sensitiven Krankenhauseinwei-
rechtlichen Voraussetzungen für solche sek-            sungen bei vorausschauender ambulanter Versorgung vermeidbar ist, könnte
torenübergreifenden Modelle zu schaffen.              nach Angaben der AOK einen dauerhaften Strukturwandel befördern. 

Seite 14       Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
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                                                                                             Wir leben auf zu großem Fuß
                                                                                             Deutschland verbraucht immer mehr Ressourcen als die Natur zur Verfügung stellt.
                                                                                             Der deutsche Erdüberlastungstag fiel in diesem Jahr bereits auf den 4. Mai.
                                                                                             RESSOURCENVERBRAUCH. Die Non-Profit-Organisation Global Footprint Network berechnet jährlich das Datum des Earth Over­
                                                                                             shoot Day. Dem Tag, an dem die Menschheit aufgebraucht hat, was der Planet Erde eigentlich bis Ende des Jahres zur Verfügung
                                                                                             stellt. Mit dieser Berechnung soll die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen veranschaulicht werden. Der Tag findet immer
                                                                                             früher im Jahr statt. Während der weltweite Erdüberlastungstag voraussichtlich im Hochsommer erreicht wird, fällt der deutsche
                                                                                             Overshoot Day dieses Mal schon auf den 125. Tag des Jahres. In Deutschland sind dafür der stetig steigende Energieverbrauch,
                                                                                             unser ausschweifendes Konsum- und Ernährungsverhalten sowie unsere aktuellen Mobilitätsgewohnheiten verantwortlich.
                                                                                             Auch die Verunreinigung von Böden, Luft und Grundwasser spiegeln sich in unserem CO2-Fußabdruck wider. Wenn alle Länder
                                                                                             so „­haushalten“ würden wie Deutschland, bräuchte es mehr als drei Erden.

                                                                                             Earth Overshoot Day immer früher

                                                                                              Dezember
                                                                                              November
                                                                                               Oktober
                                                                                             September
                                                                                                 August
                                                                                                    Juli
                                                                                                    Juni
                                                                                                    Mai
                                                                                                   April
                                                                                                   März
                                                                                                Februar
                                                                                                 Januar
                                                                                                        70

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                                                                                                                                                                                                                                    6

                                                                                                                                                                                                                                                  10

                                                                                                                                                                                                                                                                14

                                                                                                                                                                                                                                                                       18
                                                                                                                                                   82

                                                                                                                                                                                                                            2

                                                                                                                                                                                                                                                                                    1 2
                                                                                                                                                                                                                              0

                                                                                                                                                                                                                                     0

                                                                                                                                                                                                                                                                     20
                                                                                                                                                                                                                                                              20

                                                                                                                                                                                                                                                                                   20
                                                                                                                                                                                                                                                20
                                                                                                                     19
                                                                                                      19

                                                                                                                                     19

                                                                                                                                                   19

                                                                                                                                                                                                                           20
                                                                                                                                                                 19

                                                                                                                                                                                                             19
                                                                                                                                                                                                19
                                                                                                                                                                                     19

                                                                                                                                                                                                                                  20

                                                                                             Der Erdüberlastungstag wird immer früher erreicht. Seit Dezember 1970 hat sich unser Verbrauch an natürlichen Ressourcen verdoppelt

                                                                                             Earth Overshoot Day 2022 in anderen Ländern                                                                                          Eine Erde ist nicht genug

                                                                                                                                                                                                                                  So viele Erden bräuchten wir, wenn alle so
                                                                                                                                                                              Katar | 10.2.2022                                   leben würden wie die Bewohnerinnen und
                                                                                                                                        De z
                                                                                                                                                    Jan                                                                           Bewohner in ...
                                                                                                Ägypten | 11.11.22                                                Fe
                                                                                                                                ov                                                        Kanada,
                                                                                                                                                                                                                                  USA                   5.1
                                                                                                                            N

                                                                                                                                                                   b

                                                                                                                                                                                          Vereinigte Arabische Emirate,
                                                                                                                                                                                          Vereinigte Staaten von Amerika          Australien            4.5
                                                                                                                                                                                          | 13.03.22
                                                                                                                                                                           Mä r
                                                                                                                     Okt

                                                                                                                                                                                                                                  Russland              3.4
                                                                                                                                                                               z

                                                                                                                                                                                           Dänemark | 28.03.22
                                                                                                                                                                                                                                  Deutschland           3.0
                                                                                                                                                                                           Österreich | 06.04.22
                                                                                                                                                                           A p ril
                                                                                                                     Se p

                                                                                                                                                                                           Norwegen, Niederlande | 12.04.22       Frankreich            2.8
                                                                                                                                                                                           Russland | 19.04.22
                                                                                                                                                                                                                                  Italien               2.7
                                                                                             Algerien | 04.09.22
                                                                                                                                                                                           Deutschland | 04.05.22
                                                                                                                            g

                                                                                                                                                                       M

                                                                                                                                                                  ai
                                                                                                                            Au
                                                                                                                                                                                                                                  China                 2.4
Quelle: National Footprint and Biocapacity Acounts 2022 Edition; data.footprintnetwork.org

                                                                                                                                                                                           Frankreich | 05.05.22
                                                                                                Namibia | 19.08.22                          Juli
                                                                                                                                                        Ju n i
                                                                                                                                                                             Südafrika | 30.05.22                                 Brasilien             1.6

                                                                                                                                                                                                                                  Indien                0.8
                                                                                                               Bolivien | 05.07.22                               Türkei | 22.06.22

                                                                                                                                                                                                                                  Welt                  1.75

                                                                                                   Umweltprogramm der AOK                                                                              eine saubere und zukunftsfähige Umwelt ein. Dazu er-
                                                                                                                                                                                                       mittelt sie unter anderem seit 2019 ihren unternehmens-
                                                                                                   Für die Gesundheit des Menschen ist eine intakte Umwelt                                             eigenen CO2-Fußabdruck, um auf dieser Grundlage eine
                                                                                                   von größter Bedeutung. Deshalb spielen Nachhaltigkeit                                               wirksame Klimastrategie ableiten und ihren
                                                                                                   und Umweltschutz im Unternehmensmodell der AOK Ba-                                                  Ressourcenverbrauch reduzieren zu können.
                                                                                                   den-Württemberg eine zentrale Rolle. Mit ihrem Umwelt-                                              Das Ziel: bis 2030 klimaneutral werden. 
                                                                                                   programm greenAOK setzt sie sich bereits seit 2013 für                                                                            aok.de/bw/greenaok

                                                                                                                                                                                                                                        Agenda Gesundheit Magazin 03/2022      Seite 15
Standpunkt

         STATIONÄRE VERSORGUNG

      Sprint mit offenem Ausgang
      Das Bundesgesundheitsministerium hat neue Gesetze zur medizinischen Versorgung
      ­angekündigt. Ein wichtiges Thema ist die Reform der Klinikstrukturen und -finanzierung

                                                                                                   aktuell rund vier Milliarden       tionen und ambulant-sensiti-
                                                                                                   Euro pro Jahr stehen Bund und      ve­Indikationen müssen die Er-
                                                                                                   Länder dabei in einer besonde-     fahrungen der Pandemiejahre
                                                                                                   ren gemeinsamen Verantwor-         den Strukturwandel vorantrei-
                                                                                                   tung. Eine Strukturreform ist      ben. So hat sich beispielsweise
                                                                                                   dringend erforderlich.             im Südwesten die Überversor-
                                                                                                      Laut Koalitionsvertrag ist      gung bei Mandelentfernun-
                                                                                                   das Ziel der Klinikreform, die     gen relativiert und Eingrif-
                                                                                                   Krankenhausversorgung bes-         fe, die ohne Qualitätsverlust
                                                                                                   ser zu planen und stärker nach     auch ambulant möglich sind,
                                                                                                   sogenannten Versorgungsstu-        gingen im stationären Bereich
                                                                                                   fen zu ordnen. Genannt sind        ebenfalls zurück. Dass ein Teil
                                                                                                   eine Primär-, Grund-, Regel-       ambulant-sensitiver Kran-

                                                                                                   »
                                                                                                                                      kenhauseinweisungen bei vo-
                                                                                                                                      rausschauender ambulanter
                                                                                                                                      Versorgung vermeidbar ist, hat

                                                                                                   In der Kranken­                    sich in Baden-Württemberg be-
                                                                                                                                      reits in den Evaluationen von
                                                                       Bilder: AOK BW/Studio M42

                                                                                                   hausversorgung                     Haus- und FacharztProgramm

                                                                                                   ist eine                           gezeigt. Jetzt sollten diese
                                                                                                                                      Erkenntnisse auch bei der an-
                                                                                                   ­Konzentration                     stehenden Krankenhaus-Re-
                                                                                                    von Leistungen                    form aufgegriffen werden.

                                           E
                                                                                                    notwendig
                                                                                                                                          Ob die einberufene Kom-

»
                                                   s sind gleich meh-                                                                 mission die Weichen für eine
                                                   rere groß angelegte                                                                moderne und bedarfsgerechte
                                                   Reformen, die Bun-                              und eine Maximalversorgung         Krankenhausversorgung stellt,
                                        desgesundheitsminister Karl                                sowie Unikliniken. Immer mit       bleibt abzuwarten. Dass das
Nur mit der                             Lauterbach bis zum Herbst auf                              im Blick sollte dabei sein, dass   Gremium vielfältig mit Medizi-
Beteiligung                             den Weg bringen möchte. Unter                              es in Deutschland Regionen         nern, Wissenschaftlern, Phar-

­aller Akteure­                         anderem stehen neben der
                                        Finanzierung der gesetzlichen
                                                                                                   mit einer medizinischen Über-
                                                                                                   und andere Ge­biete mit einer
                                                                                                                                      mazeuten, Pflegefachkräften,
                                                                                                                                      Ökonomen sowie Juristen be-
 kann die                               Krankenkassen, der Digitalisie-                            Unterversorgung gibt. Eine         setzt wird, ist zu begrüßen. Kri-
 stationäre                             rung des Gesundheitswesens,                                Analyse des Wissenschaftli-        tisch sei angemerkt, dass die

 Versorgung
                                        Verbesserungen der Arbeits-                                chen Instituts der AOK über-       Krankenkassen, Krankenhäuser
                                        bedingungen in der Pflege                                  mittelt eine klare Botschaft: In   und Ärzte lediglich durch An-
 zukunfts­                              auch ein Pandemiekonzept                                   der Krankenhausversorgung          hörung beteiligt werden sollen.

 sicher                                 für den kommenden Herbst                                   sind mehr Spezialisierung von      Gerade im komplexen Klinik-

 ­gestaltet
                                        auf der Agenda. Und dann ist                               Kliniken und eine Konzentra-       sektor wäre es jedoch wichtig,
                                        da noch die Regierungskom-                                 tion von Leistungen notwen-        alle relevanten Protagonisten an
  werden                                mission zum Thema Kranken-                                 dig. Nicht nur für herausfor-      einen Tisch zu holen. Denn nur
                                        haus-Reform, die mittlerweile                              dernde Krankheitsbilder wie        mit der Unterstützung und Be-
Peer-Michael Dick                       eingesetzt wurde und vor einer                             Covid-19 braucht es eine Ver-      teiligung aller Akteure kann ei-
Alternierender Vorsitzender             besonderen Herausforderung                                 sorgung durch spezialisierte       ne solche Reform gelingen und
des Verwaltungsrates der
AOK Baden-Württemberg,                  in dieser Legislaturperiode                                Behandlungsteams an gut aus-       die stationäre Versorgung in
Arbeitgeberseite                        steht. Angesichts eines Defizits                           gestatteten Kliniken. Auch im      Deutschland zukunftssicher ge-
                                        bei den Investitionskosten von                             Hinblick auf planbare Opera-       staltet werden.

      Seite 16      Agenda Gesundheit Magazin 03/2022
Standpunkt

GESUND LEBEN

Schlafen ist die beste Medizin
Fehlender Schlaf kann sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken.
Die AOK unterstützt deshalb mit verschiedenen Angeboten ihre Versicherten

  F
                                                                                                                  »
            ür die meisten gehört   Empfehlung, mindestens auf          sogenannte Schlafapnoe (mehr
            ausreichend Schlaf      acht Stunden Schlaf kommen          dazu auf Seite 12). Bei ­dieser
            zu einem zufriede-      zu müssen, sollte man sich frei-    Erkrankung kommt es im
nen Leben. Kein Wunder, denn        machen. Hier gilt: Fühle ich        Schlaf zu Atemaussetzern mit
ein guter Tag folgt in der Regel    mich am nächsten Tag fit und        zum Teil gravierenden Folgen.             Ausreichend
einer guten Nacht. Leider ist       leistungsfähig, war die Dauer       Langfristig kann eine Schlaf-             Schlaf ist
                                                                                                                  für die
es aber mit der Schlafqualität      ausreichend.                        apnoe die Lebensqualität stark
in unserer Gesellschaft nicht          Auch für die Unterneh-           beeinträchtigen und das Risiko
gut bestellt. Rund 25 Prozent       men im Land spielt das The-         für andere Erkrankungen wie               Gesund­­heit
der Erwachsenen leiden laut
Robert Koch-Institut an Schlaf-
                                    ma Schlaf eine wichtige Rolle.
                                    Ausgeschlafene Mitarbeiterin-
                                                                        beispielsweise Herzrhythmus-
                                                                        störungen, Bluthochdruck bis
                                                                                                                  wichtig. Er
störungen – Frauen sind mehr        nen und Mitarbeiter kommen          hin zum Schlaganfall erhöhen.             wirkt sich
betroffen. Das ist bedenk-          offensichtlich besser durch den     Mit dem Facharztvertrag Pneu-             positiv auf
lich, denn Schlaf ist an vielen
Funktionen in unserem Körper
                                    Arbeitstag, treffen leichter Ent-
                                    scheidungen und verringern
                                                                        mologie, den die AOK Baden-
                                                                        Württemberg gemeinsam mit
                                                                                                                  das Immun-
beteiligt und fungiert als          zudem ihre persönliche Un-          ihren Vertragspartnern auf den            system aus
wichtiges Regenerations- und        fallgefahr. Die 41 Schlafmento-     Weg gebracht hat, werden ins-
Reparaturprogramm. Schlaf           rinnen und -mentoren bei der        besondere Patientinnen und

                                    »
stärkt das Immunsystem und          AOK Baden-Württemberg be-           Patienten mit pulmologischen              Monika Lersmacher
wirkt sich positiv auf das Ge-                                          Begleiterkrankungen, wie bei-             Alternierende Vorsitzende des
                                                                                                                  Verwaltungsrates der
dächtnis und die Organe aus.                                            spielsweise einer Schlafapnoe,            AOK Baden-Württemberg,
Er ist zudem wichtig für die                                            mit verschiedenen Maßnah-                 Versichertenseite

Zellteilung und -bildung und        Ausgeschlafene                      men unterstützt.
die Ausschüttung von Wachs-
tumshormonen.
                                    Beschäftigte
     Dass Schlafmangel das          kommen besser
­Risiko für Herz-Kreislauf-­
 Erkrankungen, Diabetes, Par-
                                    durch den
 kinson oder Alzheimer erhöht,      Arbeitstag
 ist ebenfalls gut untersucht.
 Darüber hinaus ist sich die For-   raten deshalb im Rahmen des
 schung einig, dass die ­Dauer      Betrieblichen Gesundheits-
 und der Zeitraum der Nacht-        managements mit welchen
 ruhe individuell sind. Es liegt    Präventionsmaßnahmen die
 an den Genen, ob wir eine Ler-     Schafqualität verbessert wer-
 che sind, also früh zu Bett ge-    den kann.
 hen und zeitig aufstehen, oder        Fakt ist auch, dass inzwi-
 eine Eule, die spät den Schlaf     schen ein großer Anteil der Be-
 sucht und morgens schwer aus       völkerung den eigenen Schlaf
 den Federn kommt. An den Ge-       unterstützen muss. 1,55 Milli-
 nen liegt es auch, ob wir ein      onen Menschen ab 14 Jahren
 Kurz- oder Langschläfer sind.      nehmen täglich oder fast täg-
 ­80 Prozent der Erwachsenen        lich Beruhigungs- oder Schlaf-
  haben ein Schlafbedürfnis zwi-    mittel. Damit werden aber nur
  schen sechs und acht Stunden.     die Symptome und nicht die
  Die anderen 20 Prozent brau-      Ursachen von Schlafstörungen
  chen weniger Schlaf. Von der      behandelt. Das gilt auch für die

                                                                                              Agenda Gesundheit Magazin 03/2022   Seite 17
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