Neuer Förderaufruf Projektskizze einreichen bis 01.06.2022 - Forschungseinblicke und Informationen zur Forschungsförderung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Neuer Förderaufruf Projektskizze einreichen bis 01.06.2022 Forschungseinblicke Bauen im Klimawandel, und Informationen zur Material, Ressourcen, Prozesse, Forschungsförderung experimentelles Bauen ZUKUNFT BAU 1
Inhalt 08 Bodengebundene Fassadenbegrünungen 03 Mehr als Potenziale – Forschung für eine neue Praxis 04 Die Zukunft Bau Forschungsförderung 06 Bauen im Klimawandel © Susanne Herfort 10 Aus der Forschung für die Praxis Zukunft Bau Forschungsprojekte 18 Ausblick: Zukunft Bau Pop-up Campus Temporäre Plattform für experimentelles Bauen Zellulose als Umwandler von Sonnenenergie 19 Handlungsempfehlungen Variowohnungen Gespräch mit Professorin Dr.-Ing. Uta Pottgiesser von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe 20 Rückblick: Zukunft Bau Kongress 2021 BAUWENDE: klimabewusst erhalten, erneuern, bauen 22 Zukunft Bau Veröffentlichungen aus dem BBSR © Desy/Christian Schmidt 12 23 Impressum 16 Neubau aus Rückbau Zukunft Bau Pop-up Campus POP-UP © ARGE agn-heimspielarchitekten CAMPUS 18 © BBSR 2
Mehr als Potenziale – Forschung für eine neue Praxis Die Vermeidung der Erderwärmung ist die aktuell wohl wichtigste Menschheitsaufga- be. Deutschland hat sich international und Zukunft Bau hat in den letzten national zur Klimaneutralität verpflichtet. Die Jahren erheblich dazu beigetragen, den syste- Herausforderung ist nun, die gesetzten Ziele mischen und sektorenübergreifenden Ansatz möglichst schnell und effizient zu erreichen. zur Reduktion der Treibhausgase im Handlungs- Gleichzeitig müssen wir Klimaanpassungsmaß- feld Gebäude wissenschaftlich zu begleiten. nahmen vornehmen. Der Gebäudebereich hat hier umfassend beizutragen. In den letzten Jahrzehnten wurden im Gebäudesektor für den Klimaschutz anwachsende Anstrengungen mit werden, andererseits muss eine möglichst erheblichem Mitteleinsatz sowohl auf privater umfassende Umstellung der Versorgung der als auch auf staatlicher Seite (Fördermittel) rund 19 Millionen Wohn- und rund 3,5 Millionen unternommen. Seit 1990 konnten damit die CO2- Nichtwohngebäude auf eine dekarbonisierte Emissionen um rund 43 Prozent abgesenkt Energieversorgung gelingen. Doch diese werden. Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz sektorale Betrachtungsweise verhindert den wurden die Klima- und Sektorziele Deutschlands Blick auf die weitaus umfassenderen Potenziale im Jahr 2019 erstmals in einem Gesetz verbind- des Handlungsfelds Gebäude, zur Treibhausgas- lich geregelt und 2021 verschärft. Das Klimaziel minderung beizutragen, da dem Gebäudesektor 2030 von 67 Millionen Tonnen CO2 wird mit dem lediglich die direkten Emissionen in der Phase derzeitigen Maßnahmenset jedoch wahrschein- des Betriebs zugerechnet werden, also im lich verfehlt. Zur erforderlichen umfassenden Wesentlichen die Verbrennung fossiler Brenn- Senkung der Emissionen muss einerseits die stoffe zu Zwecken der Gebäudebeheizung und Effizienz der Gebäude deutlich gesteigert der Trinkwassererwärmung. Demgegenüber setzt die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie mit einem über die Betriebsphase hinausreichenden und damit deutlich weiteren Blickwinkel an. Sie fordert eine Begrenzung der im Lebenszyklus © Mo Wuestenhagen von Gebäuden verursachten Treibhausgasemis- sionen und, damit verbunden, auch eine verbesserte Ressourceneffizienz. Verursacht werden circa 40 Prozent der nationalen Z U R P E R SO N Treibhausgasemissionen durch Nachfrage aus Als technischer Regie- dem Gebäudebereich. Das geht von der rungsdirektor leitet der Herstellung von Baustoffen über den Strom- Bauingenieur André und Fernwärmebedarf bis zum Abbruch. Hempel das Referat BW I 5 Zukunft Bau hat in den letzten Jahren erheblich im Bundesministerium für dazu beigetragen, den systemischen und Wohnen, Stadtentwicklung sektorenübergreifenden Ansatz zur Reduktion und Bauwesen, das für der Treibhausgase im Handlungsfeld Gebäude nachhaltiges Bauen und Bauforschung zuständig ist. wissenschaftlich zu begleiten. Dazu kommen in den nächsten Jahren weitere Aufgaben, um eine echte Bauwende zu initiieren. 3
Zu kunf t B au Fors c h u n gsfö rde r u n g Zukunft Bau Förderaufruf Neue Impulse für Planung und Baupraxis Ein zentrales Anliegen von Zukunft Bau ist es, die Das Bauen steht an einem gewonnenen Erkenntnisse und Impulse in die Praxis Wendepunkt. Nicht zuletzt zeigen zu tragen und damit die Bauwende als Gemein- die Ereignisse der jüngsten schaftsaufgabe von Forschung, Praxis und Politik Vergangenheit – wie das bemer- aktiv voranzutreiben. kenswerte Urteil des Bundesverfas- sungsgerichtes zur Erreichung der Klimaziele, die Flutkatastrophe im Sommer in Deutschland oder Ein derartiges Umdenken ist in Die Zukunft Bau Forschungsförderung zunehmende Ressourcen- und einem Bereich, der sich durch Fachkräfteknappheiten –, dass Traditionalismus und gleichzeitig Sie interessieren sich für Innovationen im bloße Effizienzsteigerung und hohe Komplexität auszeichnet, alles Hochbau oder aktuelle Forschungsergebnis- Optimierung bestehender Struktu- andere als leicht. Genau hier setzt se im Bereich des Bauens? Sie forschen in ren nicht mehr ausreichen, um das die Zukunft-Bau-Forschungsförde- Architektur, Ingenieurwesen oder anderen Bauwesen klima- und generatio- rung als das Bundesprogramm im Bereichen des Planens und Bauens von nengerecht auszurichten. Vielmehr Bereich der Architektur- und Gebäuden? Wir geben Ihnen gerne einen stellt sich die Frage, was wir heute Bauforschung an. Zukunft Bau Überblick über die Fördermöglichkeiten und verändern können, welche Konven- fördert die Entwicklung neuer Informationswege im Rahmen der Zukunft tionen oder Regularien wir über- Ansätze und dient als Wissensquel- Bau Forschungsförderung! denken oder gar aufgeben müssen, le. Dabei werden in interdisziplinä- um eine neue Ausrichtung des ren Teams und unter Einbeziehung Was ist Zukunft Bau? (Um-)Bauens zu schaffen. der Praxis sowohl spezifische Themen wie Materialentwicklungen Zukunft Bau fördert als wichtige Institution mit nachwachsenden Rohstoffen der deutschen Architektur- und Baufor- oder Rezyklaten als auch systemi- schungslandschaft Forschungsprojekte, sche Fragestellungen, z. B. zum vernetzt Forschende und stärkt den Innovati- Umgang mit dem Bestand, ons- und Wissenstransfer in die Bauwelt. erforscht. Ein zentrales Anliegen Durchgeführt wird das Innovationsprogramm © Blende11 von Zukunft Bau ist es, die gewon- im Auftrag des Bundesministeriums für nenen Erkenntnisse und Impulse in Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen die Praxis zu tragen und damit die vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und ZUR P ERSO N Bauwende als Gemeinschaftsauf- Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Die Architektin Helga gabe von Forschung, Praxis und Bauwesen und Raumordnung (BBR). Kühnhenrich leitet das Politik aktiv voranzutreiben. Mit Ministerium und BBSR unterstützen hiermit Referat Forschung im Zukunft Bau stehen allen Interes- aktiv den Klimaschutz, die Energie- und Bauwesen im Bundesinstitut sierten ein weitreichendes, interdis- Ressourceneffizienz, das bezahlbare Bauen, für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das ziplinäres Netzwerk und ein die Gestaltungsqualitäten im (städte-) für die Umsetzung der reichhaltiger Wissensspeicher zur baulichen Kontext sowie die Bewältigung des Zukunft Bau Forschungsför- Verfügung. Wir laden Sie herzlich demografischen Wandels. Übergeordnetes derung verantwortlich ist. ein, dieses Wissen und die Kontakte Ziel ist, eine nachhaltige Entwicklung des zu nutzen! Gebäudebereichs zu befördern. 4
Was wird gefördert? über aktuelle Veranstaltungen und www.zukunftbau.de stehen ab diesem Kongresse informiert. Abonnieren Sie Zeitpunkt alle nötigen Informationen und Gefördert werden wissenschaftlich den Newsletter einfach über: Dokumente zur Verfügung. fundierte Forschungs- und Entwick- www.zukunftbau.de lungsleistungen in der angewandten Gebäudeforschung. An Projekten, die An wen richtet sich die Förderung? Innovationen in den Bereichen Bauwe- Wer kann gefördert werden? A N W E N KA NN I C H MI C H sen, Architektur sowie Bau- und BE I F RAG E N W E ND E N ? Wohnungswirtschaft erwarten lassen, Für die Förderung eines Forschungspro- Bei allgemeinen Fragen rund um die besteht ein erhebliches Bundesinteresse. jekts können sich Einrichtungen für Antragstellung können Sie sich an Im Förderaufruf werden hierzu Themen- Forschung und Wissensverbreitung das Beratungstelefon wenden: schwerpunkte genannt. Darüber hinaus (z. B. Universitäten und Hochschulen) Tel.: +49 228 99401-1616 ist die Zukunft Bau Forschungsförde- sowie Unternehmen (kleine, mittlere, rung offen für alle Themen, die einen sonstige Unternehmen, Büros etc.) Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung bewerben. Möglich sind auch For- des Bauwesens leisten und ein öffentli- schungsverbünde beziehungsweise Forschungsergebnisse nutzen ches Interesse bedienen. Gefördert Kooperationen mehrerer Forschungs- werden Projekte der angewandten partner. Zum Zeitpunkt der Auszahlung Ein zentrales Anliegen von Zukunft Bau Forschung, im Grundlagenbereich sowie einer gewährten Zuwendung muss der ist es, den Transfer von Forschungsergeb- im industriellen Forschungsbereich. Antragsteller über eine Betriebsstätte nissen in die Praxis zu befördern und Dabei werden wissenschaftliche Leistun- oder Niederlassung in der Bundesrepub- damit die Innovationskraft des Bauwe- gen unterstützt. Eine Förderung von lik Deutschland verfügen. sens zu stärken. Verbindlicher Bestandteil (Bau-)Investitionen ist nicht möglich. jedes geförderten Projekts ist die Wie ist der Weg zur Förderung? Erstellung eines wissenschaftlichen Wie/Wo kann ich mich über die Wie läuft das Antragsverfahren ab? Forschungsberichts, der der Öffentlich- Forschungsergebnisse beziehungs- keit nach Projektabschluss zur Verfügung weise laufende Forschungsprojekte Das Verfahren ist zweistufig aufgebaut. gestellt wird. Je nach Forschungskatego- informieren? rie bietet Zukunft Bau darüber hinaus Stufe 1 (Projektskizze): Nach Veröffent- zahlreiche weitere Formate zur Verbrei- Die Zukunft Bau Forschungsförderung lichung des Förderaufrufs wird das tung der Forschungsergebnisse an. bietet eine Plattform, um innovative Onlineverfahren auf www.zukunftbau.de Ansätze zu konzipieren, zu erproben freigeschaltet und es kann bis zum und zu vermitteln sowie die Zukunft des 01.06.2022 eine Projektskizze für das Bauens mit der Fachöffentlichkeit zu geplante Forschungsprojekt eingereicht Informieren Sie sich über die Möglichkeiten und abonnieren Sie diskutieren. Auf der Webseite werden. unseren Newsletter auf: www.zukunftbau.de informieren wir Sie www.zukunftbau.de über die aktuelle Forschung und Stufe 2 (Zuwendungsantrag): Wird das Fördermöglichkeiten. Hier finden Sie skizzierte Projekt für eine Förderung auch alle Hinweise zur Antragstellung ausgewählt, erhalten die Antragstellen- und Bearbeitung von bewilligten den die Aufforderung, einen detaillier- Projekten. ten, förmlichen Zuwendungsantrag einzureichen. Unter dem Stichwort Publikationen stehen für Sie die Zukunft Bau-Veröf- Ab wann kann ich einen Antrag ein- fentlichungen des Bundesbauministe- reichen? riums und des BBSR zum Download oder zur Bestellung in Papierform bereit. Die neue Förderrunde startet voraus- Über den Newsletter bleiben Sie stets sichtlich am 15.02.2022. Auf der Website 5
Zu kunf t B au D i s ku rs Bauen im Klimawandel A E XKU R S us dem Bereich der Klimafor- schung liegen seit vielen Jahren City Climate Canopies Erkenntnisse zur globalen Kli- maerwärmung vor. Nicht nur extreme Wetterereignisse nehmen in ihrer Intensi- tät und Häufigkeit, aber auch in ihrem Schadensausmaß, zu. Im Rahmen der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) werden im Teilbe- reich Bauwesen die aktuellen Klimafolgen wie Hitze, Starkregen, Hochwasser, aber auch Sturm und Tornados mit ihren Aus- wirkungen auf das Bauwesen betrachtet; auch die Veröffentlichung des Weltklima- rates IPCC bestätigt diesen Zusammen- hang. © Ata Chokhachian Wie also müssen Bauwerke heute be- FORSCHUNGSINSTI T U T ION schaffen sein, um dem Klimawandel und Universität Kassel, Fachbereich seinen direkten Folgen zu begegnen? Mit Tragwerksentwurf (TWE) dieser Fragestellung müssen sich nicht nur Technische Universität München, die Gesellschaft, der Gesetzgeber, sondern Lehrstuhl für Gebäudetechnolo- Die verschärfte klimatische Situation auch die planenden Berufe verstärkt aus- gie und klimagerechtes Bauen bildet den Ausgangspunkt für die Frage, einandersetzen. Alle stehen in der Verant- PR OJEKTLEITUNG ob und wie das Stadtklima, und im wortung, sich intensiver als in der Vergan- Prof. Dr.-Ing. Julian Lienhard, Speziellen die Vermeidung von Hitze- genheit mit den Auswirkungen extremer Prof. Dipl.-Ing. Thomas Auer inseln (Urban Heat Island – UHI), mit Wetterereignisse auseinanderzusetzen und PR OJEKTM ITARBEIT punktuellen architektonischen Maßnah- mögliche Risiken bereits vorausschauend M.Sc. Liu Dongyuan, men verbessert und beeinflusst werden in den Blick zu nehmen. Bauen für den M.Sc. Ata Chokhachian, kann. Erkenntnisse aus lokalen Lowtech- Klimawandel ist eine Querschnittsaufgabe, M.Sc. Gregor Grünkorn Lösungen aus verschiedenen dicht die diverse Politikfelder betrifft. Ihre Be- besiedelten Regionen werden im wältigung benötigt daher auch adäquates Forschungsprojekt übertragen, um die zunehmend auch in Europa Querschnittsdenken. Dieses Wissen zu auftretenden Hitzeinseln mit architektonischen Eingriffen in den städti- Klimafolgen und Anpassung an den Kli- schen Raum zu regulieren. Die Entwicklung von City Climate Canopies (C³) mawandel stärker aus der Forschung für erzeugt stadträumliche, gesellschaftlich-soziale und klimatische Mehrwerte die Praxis zu bündeln, ist Aufgabe der For- – im kleinen Maßstab, aber mit größtmöglicher Wirkung. Konkret handelt schung von BBSR und Zukunft Bau. Hier es sich dabei um leichte, klimaadaptive und flexible Membranüberdachun- werden die Schnittstellen und Abhängig- gen, die durch ihre reflektierende Wirkung Hitzeinseln entgegenwirken, keiten zwischen den unterschiedlichen Schatten spenden und urbane (Begegnungs- und Nutz-)Räume erhalten Ebenen Bau, Stadt und Raum mit ihren und schaffen. So werden moderne Methoden der Klimaanalyse verbunden jeweils komplexen Logiken der Akteure und es wird ein Interpretationsspielraum für Lowtech-Ansätze geschaffen. und Rahmenbedingungen aus einer ganz- heitlichen Perspektive betrachtet. 6
K l i m a s c h u t z u n d K l i m a a n p a ss u n g sich ergänzende Herangehensweisen der Deutschland beitragen kann, denn der- Klimastrategie. Beide müssen im Sinne zeit sind Gebäude noch für bis zu 40 Pro- Die sich ändernden Prognosen zu den des nachhaltigen Bauens zusammen ge- zent der nationalen Treibhausgasemissio- Folgen des Klimawandels müssen heute dacht werden, denn ohne die konsequen- nen verantwortlich. Städte und Regionen schon für morgen Berücksichtigung fin- te Verfolgung von Klimaschutzzielen werden sich wandeln, um bis 2045 einen den. Nachhaltigkeit kann eine Doppel- nimmt der Anpassungsbedarf noch mehr nahezu klimaneutralen Gebäudebestand strategie sein, um zum einen über die zu. Viele Planungsfragen und -lösungen, zu erreichen. Es ist an der Zeit, das Klima- Umsetzung eines umwelt- und klimage- die nun unter dem Begriff klimaange- angepasste Bauen ganzheitlich als ein rechten Bauens die negativen Wirkungen passtes Bauen zusammengefasst werden, System zu denken. Denn Anpassung soll- auf das Klima zu minimieren, und zum wurden bislang einzeln und vor allem te viel mehr sein als „nur“ Objektschutz. anderen Gebäude an den Klimawande nicht unter dem Aspekt erhöhter Gefähr- Robuste, gut geplante Gebäude können anzupassenl, die Schäden an den Gebäu- dung betrachtet. Der Fokus Klimaschutz am Ende sogar Anpassungsdruck abmil- den so gering wie möglich zu halten. Kli- blickt darauf, wie der Gebäudesektor dern. Lokale Umwelt- und Klimapoten- maschutz und Klimaanpassung sind zwei maß gebl i ch z u m K l i mas chut z i n ziale müssen verstanden und genutzt werden. Nur so können Klimaanpassung und Klimaschutz Hand in Hand gelingen. Bautechnische Lösungen und innovative E X KU R S Bauprodukte sind weitreichend vorhan- den. KLIBAU – Weiterentwicklung M a ß st a b Q u a r t i e r des klimaangepassten Bauens In Deutschland sind die meisten Gebäude Das Bauwesen muss auf die Verände- bereits gebaut. Die Auswirkungen extre- FO R SC H U N G S I N ST I T U T I O N rungen im Zuge des Klimawandels mer Wetterereignisse spüren die Men- reagieren. Das klimaangepasste Bauen Werner Sobek Green schen besonders in dicht bebauten, inner- betrachtet darüber hinaus auch die Technologies GmbH städtischen Quartieren und Ortsteilzen- Auswirkungen der gewählten ProOkios tren. Und gerade hier wird weiter Konstruktionen auf die lokale und Hochschule Augsburg nachverdichtet. Zur Erhöhung der Wi- globale Umwelt. Die Forschungsarbeit derstandsfähigkeit und zur Minderung CST CumSolTec GmbH zeigt die einzelnen Vulnerabilitäten von Folgeschäden müssen sich Städte der baulichen Infrastruktur gegenüber deshalb auf Wetterextreme vorbereiten. den verschiedenen Folgen des Klimawandels und bautechnische Lösungsan- Klimaanpassung stellt die Kommunen sätze hierfür auf. Die im Projekt betrachteten Klima- und Umweltpotenziale sind gerade in bestehenden Stadtquartieren auf Bauteilebene die Reduktion des Treibhauspotenzials, die Einsparung grauer vor deutlich größere Herausforderungen Energie und die sortenreine Rückbaubarkeit. Auf der Umweltebene werden als bei der Neuplanung. Anpassungen in Maßnahmen zum Schutz vor Klimaereignissen wie Starkregen und Hochwasser, gebauten Strukturen sind aufwendig, die Verbesserung des Mikroklimas durch Gebäudebegrünung sowie die Erhöhung Eigentümer- und Nutzerstrukturen viel- von Biodiversität und Reduzierung der Schadstoffbelastung der Luft durch fältig und die Veränderungsmöglichkei- Bepflanzung überprüft. Ein Handlungsleitfaden fasst die Erkenntnisse zusam- ten durch Planungsinstrumente be- men und bietet ein Konzept, mit dem das klimaangepasste Bauen einfach und schränkt. Um die Qualität des Lebens- effizient umgesetzt werden kann. und Wohnumfelds zu erhalten und 7
Zu kunf t B au D i s ku rs Klimarisiken vorzubeugen, müssen Stadt- Gebäuden, sondern auch um klimaange- ereignissen, wie etwa überdurchschnitt- planer die künftigen Effekte des Klima- passte im Freiraum. lich heiße Tage, Stürme oder Starkregen, wandels berücksichtigen. Urbane Räume in Deutschland wird Städte und Gebäude sind hochkomplexe Strukturen, die sich M a ß stab G eb äud e und deren Entwicklung, Anpassungs- gegenseitig beeinflussen und deren Ge- und Widerstandsfähigkeit zunehmend samtwirkung nur so gut ist wie ihre Ein- Die Resilienz des Gebäudebestands ist im vor bislang ungekannte Anforderungen zelteile auf Gebäudeebene. Beim klima- Hinblick auf das sich wandelnde Klima stellen. Wie kann also die Resilienz von resilienten Stadtumbau geht es aber nicht von substanzieller Bedeutung. Die prog- Neubauten klug umgesetzt werden und nur um bautechnische Maßnahmen an nostizierte Zunahme von Extremwetter- die Anpassungsfähigkeit von Bestands- gebäuden erkannt, genutzt und erhöht werden? Da Gebäude für eine lange Zeit errichtet werden, müssen wir jetzt schon E XKU R S in die Zukunft schauen und entsprechend planen und bauen, auch um Quer- Bodengebundene Fassadenbegrünungen schnittsthemen wie Nachhaltigkeit, Bar- rierefreiheit und die Senkung der Bau- kosten gleich mitdenken zu können. Die Forschung unterstreicht die herausgeho- bene Bedeutung des Gebäudebereiches und kann somit die Diskussion unter- stützen, mit welchen Maßnahmen in wel- chen Bereichen die deutlichsten Fort- © Susanne Herfort schritte erzielt werden können. Frei raum /Stad tg rün Stadtgrün ist systemrelevant und liefert FOR SCH UNG SI NSTI TU TI O N einen wertvollen und messbaren Beitrag Institut für Agrar- und Stadtöko- zur Erreichung von Klimaschutzzielen logische Projekte an der Hum- boldt-Universität zu Berlin (IASP) und für die Gesundheitsvorsorge in den Städten: als Aufenthaltsraum, wertvoller Bundesverband GebäudeGrün Fassadenbegrünungen erfüllen e. V. (BuGG) innerstädtischer Naturraum oder Reten- sowohl bauphysikalische als auch tionsfläche für Starkregenereignisse. Die PR OJE KT LE I TU N G bioklimatische und ökologische Frage ist, wie der Zugang zu und die Qua- Funktionen und tragen insbesondere Dipl.-Ing. Susanne Herfort lität von Stadtgrün vor dem Hintergrund in Städten zur Wohnumfeldverbes- knapper Flächen und von Zielkonflikten serung bei. Für eine hohe Nachhaltigkeit sind eine fachgerechte Installa- bei Nutzungen verbessert werden kön- tion sowie eine regelmäßige Pflege und Wartung unbedingt erforderlich. nen. Wie sehen Strategien und konkrete Ziel des Forschungsprojekts ist es, die Wechselwirkung von Begrünungs- Lösungen aus? Hilft das Denken und Pla- system und Fassadengestaltung im Hinblick auf Pflegeaufwand, Nachhal- nen auf Quartiersebene oder sogar in tigkeit des Systems und optimalen Schutz der Gebäudehülle hinsichtlich städtischen Dimensionen, um wirksame einer zusätzlichen Wärmedämmung aufzuzeigen, aber auch hinsichtlich Klimaschutzmaßnahmen kosteneffizien- Schattierungsmöglichkeiten und anderer positiver klimatischer Effekte. ter umzusetzen? Neben dem (Um)Bauen Messtechnische Untersuchungen verschiedener Begrünungssysteme und muss der Blick auch auf die Ertüchtigung Fassadenaufbauten sollen valide Ergebnisse liefern, welche Fassaden mit „grüner“ Stadtquartiere gelegt werden. welchen Pflanzen und Kletterhilfen eine optimale Begrünung gestatten, Ansätze dazu sind Flächenumverteilung, das Gebäude thermisch am besten schützen können und bezüglich der Dach- und Fassadenbegrünung, klima- stadtökologischen Forderungen die größten Vorteile mit sich bringen. resiliente Stadtbäume, Wasserwiederge- winnungsmaßnahmen etc. 8
PRAXI ST IPPS AU S DE R FO RSC H U N G D E S BBSR: Sprechen wir über Risiko?! Die globale Pandemie, aber auch die Flutkatastrophe im Juli 2021 haben gezeigt, wie gravierend die Folgen von Katastrophen sind und wie verwundbar die Gesellschaft oder auch die Infrastruktur ist. Das Vertrauen in ein Hochtechnologieland kann sich dabei als trügerisch erweisen, denn gerade die große technische Abhängigkeit, die unseren Alltag prägt, macht uns durchaus empfindlich gegenüber Störungen. Trotz des Sicherheitsbedürfnisses ist das Thema „Risiko“ in der Öffentlichkeit nicht sehr präsent. Das ist eine Chance, um die interdisziplinäre Forschung in diesem Bereich voranzutreiben, daraus konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten und die Akteure des Bevölkerungsschutzes zu stärken. Das Heft gibt einen Überblick, wie es darum in Deutschland bestellt ist. Klimaresilienter Stadtumbau Die Broschüre zielt darauf ab, Kommunen bei der Einbindung von Anpassungsmaßnahmen in ihre Planungs- und Stadtumbauprozesse zu unterstützen. Sie liefert Argumente, warum sich Kommunen mit dem Thema Klimaanpassung auseinandersetzen sollten, und zeigt Handlungsansätze auf, wie das Thema besonders im Stadtumbau beziehungsweise in der Städtebauförderung berücksichtigt werden kann. In kompakter Form werden dabei unter anderem rechtliche Rahmenbedingungen, Prüffragen und Praxishinweise für verschiedene Planungsverfahren beschrieben und gute Beispiele aus der Praxis sowie weiterführende Informationsangebote vorgestellt, um die Recherche zu erleichtern. Hochwasserschutzfibel – Objektschutz und bauliche Vorsorge Trotz Fortschritten bei der Früherkennung, Prognose und Schadensabwehr werden wir auch zukünftig mit dem Naturereignis Hochwasser leben müssen. Deshalb sind überall große Anstrengungen not- wendig, um den Gefahren wirksam entgegenzuwirken. Lokale Lösungsansätze, aber auch weitflächige Vorsorge unter Einbeziehung der unterschiedlichen Nutzungen und Anforderungen sind zu diskutieren. Die Hochwasserschutzfibel gibt Tipps und Hinweise, welche Gefahren im Hochwasserfall zu erwarten sind, und, wenn das Hochwasser ein Haus erreicht, mit welchen Schadensbildern zu rechnen ist. Sie zeigt auf, welche verschiedenen hochwasserangepassten Bauweisen helfen, Schäden zu minimieren, welche Materialien und Bauweisen welche Eigenschaften haben und mit welchem Trocknungsverhalten zu rechnen ist. Leitfaden Starkregen – Objektschutz und bauliche Vorsorge Der Leitfaden zeigt typische Schwachstellen an Gebäuden auf und erklärt, welche Wirkung Überflu- tungen auf die verschiedenen Baustoffe haben. Mit dem Wissen zur eigenen Gefährdung lassen sich Schutzmaßnahmen gezielt und effektiv planen. Früh bedacht, lassen sich Maßnahmen einfach und günstig umsetzen. Auch im Bestand gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Gebäude vor der Überflutung zu schützen und mögliche Schäden gering zu halten. Neben Checklisten und Empfehlungen zur baulichen Vorsorge gibt die Praxishilfe auch Hinweise zum richtigen Verhalten im Starkregenfall. Wege zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes 2050 Im Rahmen dieser Studie wurde untersucht, welche Entwicklungen im Gebäudebereich hierfür not- wendig sind. Hierzu wurden simulationsgestützt ein Trendszenario und ein Zielszenario entwickelt und gegenübergestellt. Die durchgeführten Simulationen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen weisen im Trendszenario eine deutliche Zielverfehlung für das Jahr 2030 aus, im Zielszenario werden dagegen durch eine konsequente Umstellung auf erneuerbare Wärmeversorgung und Wärmenetze die Ziele des Klimaschutzgesetzes für den Gebäudesektor im Jahr 2030 übererfüllt und die Treibhausgas- neutralität bereits im Jahr 2045 annähernd erreicht. Downloads und Bestellungen über https://www.bbsr.bund.de/veroeffentlichungen 9
Zu kunf t B au P ro j e kte Material/Forschung HOME – Holz-Myzelium-Verbundbauweise I n Innenräumen ist die Verwendung von Verbundmaterialien besonders hoch, z. B. werden Trägerplatten dort © Experimentelles und Digitales Entwerfen und Konstruieren, Universität Kassel mit dekorativen Oberflächen oder funktio- nalen Schichten versehen, die den Brand- und Schallschutz gewährleisten. Oft be- steht der Verbund aus einem natürlichen Material mit einem technischen Stoff wie Kleber, der eine Kreislauffähigkeit der Ver- bundmaterialien verhindert. Derzeit gibt es nur eine begrenzte Auswahl an alterna- tiven biobasierten, leistungsfähigen und bezahlbaren Materialien. Zugleich ist der ökologische Fußabdruck durch die hohe Anzahl von Innenausbauten mit einer kur- zen Lebensdauer von fünf bis sieben Jahren sehr hoch. Hier setzt das Forschungspro- jekt an, die Lücke mit einer neuartigen, zirkulären Bioverbundbauweise als Kom- bination von additiven Fertigungstechni- ken und Bio-Fabrikation zu schließen. keit besitzt, steht die Verbundbauweise von Ausgehend von dem Potenzial des Pilz- Holz und Myzelium als zukunftsfähige Techno- FO RSC H U N G SI NSTI TU TI O N myzeliums als schnell erneuerbarer, rege- logie im Fokus. Hierzu werden in automatisier- Universität Kassel nerativer, erschwinglicher kohlenstoffar- ten Verfahren effiziente 3D-Gitterstrukturen Fachbereich Architektur, mer Baustoff, werden in Verbindung mit aus heimischen Holzsorten entwickelt, die als Stadtplanung, Landschafts- additiven, holzbasierten Herstellungsver- Bewehrungs- und Formgerüst für das Bio- planung fahren Bioverbundbauweisen für Innen- wachstum dienen. Das so hergestellte Verbund- KIT Karlsruher Institut für raumanwendungen erforscht. Da Myzeli- material wird durch Versuchsreihen hinsicht- Technologie um hervorragende schallabsorbierende lich der Tragfähigkeit, der mechanischen Be- Arup Eigenschaften, aber eine geringe Tragfähig- lastbarkeit und der Raumakustik charakterisiert. P ROJ E KTLE I TU N G Diese neue, nachhaltige Bauweise soll zu- Prof. Philipp Eversmann künftig einen wirtschaftlichen, technischen, © Experimentelles und Digitales Entwerfen und Konstruie- ökologischen und gestalterischen Mehrwert Prof. Dirk Hebel bringen und zugleich das Wohlbefinden der Dr. Jan Wurm Menschen in den Mittelpunkt stellen. Die Fer- tigungsverfahren werden auf Grundlage von in Deutschland verfügbaren landwirtschaftlichen Rest- und Abfallstoffen entwickelt. Die Auf- wertung dieser Materialien von geringem wirt- ren, Universität Kassel schaftlichem Wert zu leistungsfähigen Elemen- ten mit hohem Gestaltungspotenzial eröffnet neue lokale und regionale Wertschöpfungs- ketten.
Biobeton – Ansätze für die Herstellung CO2-neutraler Bauteile 8 Prozent der globalen CO2-Emissionen freien Systemen. Durch Schalungen, Extru- entstehen durch das Brennen von Ze- sion oder andere additive Fertigungsmetho- FO RSC H U N G SI NSTI TU TI ON ment. Die Nutzung natürlicher Pro- den wird der mit den Enzymen vermengte Universität Stuttgart zesse (mikrobiologisch induzierte Calcitaus- Sand in eine stabile Form gebracht. Um die Institut für Leichtbau Entwerfen fällung, MICP) zur Verfestigung der Ge- Kristallbildung zu initiieren, wird den Enzy- und Konstruieren (ILEK) steinskörnung stellt dabei eine potenziell men Harnstoff und Calcium zugeführt. Die Institut für Mikrobiologie (IMB) CO2-neutrale Alternative zu zement- Enzyme spalten den Harnstoff und set- Institut für Steuerungstechnik gebundenem Beton dar. Im zen eine chemische Reaktion bei der Werkzeugmaschinen und Forschungsprojekt werden Raumtemperatur in Gang, Fertigungseinrichtungen (ISW) Verfahrensprinzipien die CO2 in Form von Cal- P ROJ E KTLE I TU N G zur Herstellung von ciumcarbonat bindet. Prof. Dr.-Ing. Lucio Blandini Bauteilen aus Biobeton Während Calcium aus Ab- © Institut für Leichtbau Entwerfen entwickelt, um die An- fallstoffen anderer Indust- W E BSI TE wendungsmöglichkei- rien entnommen wird, https://www.ilek.uni-stuttgart. und Konstruieren (ILEK) ten in der Bauindustrie kann das benötigte Am- de/forschung/gradientenwerk- zu erweitern. Ausgangs- monium für den Harnstoff stoffe/biobeton/ stoffe sind lose Sandkör- als Nebenprodukt aus der ner und Enzyme in Form M IC P- R e a kt i on d e n von zellulären oder zell- Kreislauf schließen. TERA X – technisches FO RSC H U NG S Radialflechten von I N STI TU TI O N Universität Kassel Massivholzstrukturen Fachbereich Architek- tur, Stadplanung, Land- U m die Materialeffizienz im Bauwesen schaftsplanung zu steigern, rücken zunehmend textile Forschungsplattform Bauweisen in den Fokus. Ein Disruptor BAU KUNST ERFINDEN ist der Holzfaden, auf dessen Grundlage das For- Hochschule Hof, Institut © BAU KUNST ERFINDEN schungsprojekt das Potenzial tubularer Geflechte für Materialwissen- zu leistungsfähigen Halbzeugen für Bauteile schaften untersucht wird. Tangential geschnittene Einzel- P ROJ E KTLE I TU NG abschnitte von Strauchweiden werden stirnseitig Prof. Heike Klussmann zu einem Endlosfaden gefügt. Ziel ist die Schaf- Dipl.-Des. Stefanie fung neuer konstruktions- und gestaltungsrele- Silbermann vanter Strukturen für das Bauwesen. Auf diese Komplexität werden im iterativen, experimentel- Prof. Dr. Claus-Ekkehard Weise verschmilzt das Leichtbaupotenzial von len Prozess entworfen und 1 : 1 umgesetzt. Diese Koukal Textil und Holz, das durch den ressourceneffizi- Geflechte bieten aufgrund der Differenzierbarkeit enten, nachhaltigen Flechtprozess und die Her- ihrer physikalischen und ästhetischen Eigen- stellbarkeit endkonturnaher Strukturen mit ge- schaften ein hohes Maß an Materialkontinuität ringen Abfallmengen einen zusätzlichen Einsatz- bei Formübergängen sowie Variabilität innerhalb vorteil erfährt. Tubulare Formen mit steigender von Ebenen. 11
Zu kunf t B au P ro j e kte Ziegelsand ohne Brand – Herstellung eines Recycling-Wandbaustoffs I m Rahmen einer mehrjährigen Ver- sammenhang beschäftigten sich die Ent- bundforschung entwickelten die Leip- wickler mit der Analyse von potenziellen finger-Bader Ziegelwerke einen inno- Stoffströmen, dem Marktpotenzial, der vativen Wandbaustoff unter Verwendung Weiterentwicklung des Fertigungspro- © Leifpinger Bader recycelter Ziegelmaterialien (Kaltziegel). zesses und der ökonomischen bezie- Diese nachhaltige Neuentwicklung zeich- hungsweise ökologischen Bilanzierung. net sich durch eine hohe Druckfestigkeit und Rohdichte sowie durch einen geringen Energieeinsatz in der Herstellung aus. Da- FOR SCH U NG SI NSTI TU TI O N durch eignet sich der Kaltziegel insbeson- Leipfinger-Bader GmbH dere für tragende Innenwände mit speziel- © Leifpinger Bader PR OJE KTLE I TU NG len Schallschutzeigenschaften und hohe Lasten. Auf Basis der positiven Resultate Dr. Valentin Heizinger wird derzeit eine Durchführbarkeitsstudie Thomas Bader realisiert. Ziel der aktuellen Studie ist die Erarbeitung der Rahmenbedingungen für die großtechnische Herstellung dieses in- novativen Wandbaustoffs. In diesem Zu- Zellulose als Umwandler von Sonnenenergie Z iel von „Sunny Cellulose“ ist es, ein zeugen. Neben der Herausforderung, ein biobasiertes Material mit sogenann- Produktionsverfahren auf Basis der grünen ten funktionalisierten Eigenschaf- Chemie zu entwickeln, soll das Produkt ten herzustellen. Dafür werden neuartige eine hohe Langzeitstabilität haben und zu- Zellulosefasern großflächig verwendet und dem leicht recycelbar sein. Auch der Ein- mit aufgesprühten Nano-Schichten zu einer satz von Fasern aus recyceltem Material Solarzelle kombiniert. wird überprüft. Mithilfe der Röntgenlichtquelle PETRA III des DESY wurde ein Verfahren entwi- FO RSC H U NG SI N STI TU TI O N ckelt, aus Nanocellulose stabile Holzfäden Deutsches Elektronen-Synchro- zu spinnen. Die mechanischen Eigenschaf- tron DESY ten von Cellulose-Nanofibrillen werden auf Wallenberg Wood Science Center eine Faser übertragen, wodurch ein starkes © Desy/Christian Schmidt KTH Royal Institute of Technology Biomaterial entsteht. Der Wissenstransfer Kopenhagen in die Baubranche liegt nah: Mit dem Bio- material können in Zukunft Bauteile aus P ROJ E KTLE I TU NG dem 3D-Drucker gefertigt werden oder, wie Dr. Arik Willner in diesem Forschungsprojekt, über aufge- Prof. Stephan Roth sprühte Solarzellen nachhaltig Energie er- 12
6dTEX – Leichtbauteile aus 3D-Textilien in Kombination mit 3D-Druck lagen und Zwischenräumen eignet sich, um im Zusam- © Frankfurt University of Applied Sciences menspiel mit additiven Druckverfahren resiliente Ver- bundelemente aus sortenreinen, recycelbaren Materialien zu generieren. In Verbindung mit polymerbasierten oder wahlweise mineralischen 3D-Druckstrukturen auf oder im Textil ergibt sich eine Symbiose von Massiv- und Leicht- bau. Es entstehen neue strukturbildende Möglichkeiten in der Architektur, zum Beispiel bei nicht tragenden Sekun- därbauteilen in der Gebäudehülle wie Fassade, Dach oder Sonnenschutz. D as Forschungsprojekt 6dTEX führt die zwei unter- schiedlichen Technologiefelder des 3D-Druck- FO R SC H U N G S I N ST I T U T I O N verfahrens und der Herstellung von 3D-Textilien Frankfurt University of Applied Sciences zusammen, um Erkenntnisse für recycelbare Leichtbau- RWTH Aachen, Institut für Textiltechnik (ITA) verbundmaterialien und -bauteile zu erlangen. Zum Ein- satz kommen spezielle steh- und schussfadenverstärkte P R OJ E KT L E I T U N G 3D-Abstandsgewirke. Ihre dreidimensionale, textile Sand- Prof. Claudia Lüling wichstruktur mit optional unterschiedlich porösen Deck- Gipsgebundene Bauplatten aus Rezyklat-Porenbeton-Brechsand B ei der Entwicklung neuer ressour- den nach ihrer Prüfung gesammelt und ceneffizienter Baustoffe müssen aufbereitet, um in einem zweiten Recyc- zukünftige Deponiekapazitäten lingzyklus ähnliche, sulfatisch gebundene und Verwertungswege aus der Bauschutt- Baustoffe herzustellen. aufbereitung mitgedacht werden. Gleich- zeitig muss der erwarteten Verknappung des Rohstoffes Gips Rechnung getragen FO R SC H U N G S I N ST I T U T I O N werden. Beide Aspekte kombiniert das For- Leibniz-Institut für Werkstofforien- © Ulrich Reiß (Leibniz-IWT) schungsprojekt mit dem Ziel, die Grund- tierte Technologien – IWT, Bremen lagen zu erforschen für einen bautechnisch Prof. Dr.-Ing. Daniel Ufermann-Wall- interessanten gipsgebundenen Innenbau- meier stoff unter Verwendung von Porenbeton- Hochschule Nordhausen/Thüringer bruch. Neben marktüblichem Gipsbinder, Innovationszentrum für Wertstoffe der verwendet wird, kommt auch ein Re- Prof. Dr. Jörg Wagner cycling-Gips (gebrannt zu Anhydrit) zum Einsatz. Bei erfolgreichem Verlauf werden P R OJ E KT B E A R B E I T U N G Produktionstests auf Anlagen eines Indus- Hakan Aycil triepartners durchgeführt. Sämtliche Pro- Dr. Simon Eichhorn ben aus dem Laboratoriumsmaßstab wer- 13
Zu kunf t B au P ro j e kte Prozesse/Forschung Tactile Robotic Assembly E in Baustein zur Transformation des Bauwesens ist die Nutzung nach- haltiger und produktivitätsstei- gernder Potenziale durch die Digitalisie- rung. Maschinelles Lernen und Sensorik helfen dabei, Bauaufgaben, die derzeit auf- grund ihrer Komplexität nicht vorab zu programmieren sind oder eine permanen- te Anpassungsfähigkeit des Systems erfor- dern, autonom durchzuführen. Dazu ist es notwendig, dass Maschinen nicht nur die architektonisch-konstruktiven Aspekte des Bauens, sondern auch das Fügen und De- montieren von modularen Konstruktionen © Yuxi Liu/DDU, 2021 mittels taktiler Sensoren lernen. Die Füge- prinzipien des Holz- und Stahlbaus werden FOR SCH U NG SI NSTI TU TI O N unter Berücksichtigung der gewünschten Technische Universität Kraftübertragung auf ihre Übertragbarkeit Darmstadt auf andere Materialien untersucht, um eine Digital Design Unit (DDU) Material- und Funktionsdifferenzierung Intelligent Autonomous Roboter zusammengefügt. Das vollständi- (Tragfähigkeit, Feuchteregulierung, Licht- Systems Group (IAS) ge sequenzielle Zusammenfügen zu einer lenkung etc.) von Elementen innerhalb PR OJE KTLE I TU NG Struktur (Demonstrator) inklusive aller einer Konstruktion zu ermöglichen. Montageschritte erfolgt auf der Grundlage Prof. Dr.-Ing. Oliver Tessmann Im nächsten Schritt werden prototy- einer abstrakten Beschreibung (3D-Mo- pisch modulare Bausysteme aus seriell, Prof. Jan Peters, PhD dell). Roboter bestimmen dabei ihre Be- industriell und wirtschaftlich hergestellten W E B S ITE wegungsabläufe selbst und „begreifen“ Elementen entwickelt und durch autonome https://www.dg.architektur.tu- Gewicht, Dimension und Oberflächenei- darmstadt.de/fachgebiet_ddu genschaften von Bauteilen durch visuotakt- ile Sensorik. Auch lernt der Roboter, über KI und Reinforcement-Learning ein Ver- ständnis für Konstruktion und stabile Bau- zustände zu entwickeln. Auf diese Weise werden stabile Konstruktionen belohnt, während instabile Elemente „bestraft“ wer- den. Auf diese Weise entstehen algorithmi- sche Entwurfswerkzeuge für elementierte Konstruktionen, mit denen die neu gewon- nenen gestalterischen und konstruktiven Möglichkeiten autonom bauender Roboter © Yuxi Liu/DDU, 2021 vollumfänglich ausgeschöpft werden kön- nen. Automatisierung kann so schrittweise und sozialverträglich erfolgen und in einer extrem kleinteiligen Industrie angemessen implementiert werden. 14
Robotergestützter Rückbau zur Wiederverwendung D ie gängige Methode des Abbruchs schinen nun mit abstrakten Programmier- beruht auf der reinen Demontage befehlen gesteuert werden können. Für die FO RSC H U NG SI NSTI TU TI ON mit manuell gesteuerten Maschinen kooperative Zusammenarbeit wird eine Bau- RWTH Aachen ohne eine baustoffliche Trennung zur Wie- maschine mit einer Betonsäge ausgestattet, Lehrstuhl für individualisierte derverwertung. An dieser Stelle setzt das For- die einen minimalinvasiven Zuschnitt des Bauproduktion (IP) schungsprojekt an, um anstelle von individu- Wandbauteils ermöglichen soll, während die P ROJ E KTLE I TU NG ellen Sonderlösungen zwei ferngesteuerte andere Maschine im Schneideprozess unter- Joo Lee Abbruchmaschinen für den Einsatz im Rück- stützend mitwirken und das Bauteil greifen bauprozess zunächst von Beton zu befähigen. kann. Das ermöglicht eine präzise Material- Christoph Heuer Für den akkuraten Rückbau werden die Ab- behandlung, Reduzierung von Staub, Lärm Victoria Jung bruchmaschinen teilautomatisiert, sodass die und physischer Belastung der ursprünglich ferngesteuerten Abbruchma- Arbeiter. © Joo Lee IP RWTH circularWOOD – Kreislaufwirtschaft im Holzbau FO RSC H U NG SI NSTI TU TI O N M Technische Universität München, D it der digital gesteuerten, großformatigen Vorfertigung bietet der Holzbau optimale Voraussetzungen für die School of Engineering and Design Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Für Lehrstuhl für Architektur und holzbau die Anwendung und die Skalierung in der Praxis fehlen bislang Hochschule Luzern, CH entsprechende Regularien, Logistikprozesse und Verfahrenstech- Institut für Architektur niken sowie neue Herangehensweisen auf Bauteilebene. Hier setzt circularWOOD an und eruiert Potenziale und Hin- CC Typologie & Planung in Architektur (CCTP) dernisse des Baustoffes Holz für eine zirkuläre Bauwirtschaft. P ROJ E KTTE AM circularWOOD analysiert die Handlungsfelder auf Bauteil-, Ge- Sandra Schuster (TUM) bäude- und Akteursebene, entwickelt Prinzipien für das Design Sonja Geier (HSLU) for Disassembly (DfD) und beschreibt Szenarien für Re-Use von W E BSI TE Bauteilen. http://www.circularwood.net Die zielgruppenorientierte Kommunikation umfasst Hand- lungsempfehlungen für verschiedene Stakeholder und Zukunfts- https://www.arc.ed.tum.de/holz/forschung/ circularwood/cw-home/ szenarien, die webbasiert publiziert werden. 15
Zu kunf t B au P ro j e kte Bestand/Forschung Neubau aus Rückbau © ARGE agn-heimspielarchitekten A m Beispiel des Rathauses der higkeit auf. Es wurden zunächst die not- FO RSC H U NG SI NSTI TU TI O N Hansestadt Korbach wurden bei- wendigen Indikatoren zur Bewertung der Universität Kassel spielhaft die Bedingungen eru- Umweltverträglichkeit und Ressourcenef- Center for Environmental iert, unter denen Urban Mining zur klima- fizienz im Baubereich festgelegt und die zu Systems Research (CESR) schonenden Nettoeinsparung von stoffli- ihrer Berechnung notwendigen Daten be- P ROJ E KTLE I TU NG chen Ressourcen im Hochbau beitragen stimmt. Auf Grundlage der vorliegenden Prof. Dr. Stefan Bringezu kann. Der Rückbau des bestehenden Rat- Planungen wurden Modelle der Stoff-, hausanbaus aus den 1970er-Jahren und die Energie- und Wasserflüsse für die Bereit- Dr.-Ing. Clemens Mostert Errichtung eines Ersatzneubaus an gleicher stellung der Recyclingbaustoffe entwickelt Dr.-Ing. Husam Sameer Stelle wurden wissenschaftlich begleitet, und validiert. Hierfür wurden zunächst die Dilan Glanz analysiert und bewertet. Die Planung und Planzahlen für den modellhaften Rathaus- P ROJ E KTMI TARBE I TE R Umsetzung des selektiven Rückbaus des rückbau berechnet und dann durch einen Anbaus, die Aufbereitung des Betonbruchs Soll-Ist-Vergleich der verwerteten bzw. ent- Prof. Dr. Anja Rosen und die Bereitstellung von Recyclingbeton sorgten Mengen mit den kalkulierten Men- P U BLI KATI O N für den Neubau im Sinne eines Urban Mi- gen abgeglichen und die Prognose- bzw. ning wurden hierfür in allen Schritten do- Berechnungssystematik validiert. Über die kumentiert, qualitativ und quantitativ be- Berechnung der Indikatoren ermöglichten schrieben und ausgewertet. Dabei wurde die Modelle eine Bewertung der Umwelt- praxisnah geklärt, welche Informationen verträglichkeit und Ressourceneffizienz der benötigt werden, um Ressourceneinspa- geplanten und durchgeführten baulichen rungen einerseits und mögliche gegenläu- Maßnahmen. Die Modellierung erfolgt Autorinnen und Autoren Dr. Clemens Mostert fige Umweltbelastungen andererseits zu mithilfe einer Softwarelösung für die Er- Dr. Husam Sameer Dilan Glanz Prof. Dr. Stefan Bringezu Dr. Anja Rosen quantifizieren und zu bewerten. Die For- stellung von Ökobilanzen sowie entspre- Neubau aus Rückbau schungsarbeiten bauen auf bereits durch- chender LCA-Datenbanken. Die Ergeb- BBSR- Online-Publikation 15/2021 geführten Untersuchungen hinsichtlich des nisse sind im Forschungsbericht „Neubau Materialbestands und seiner Recyclingfä- aus Rückbau“ zusammengefasst. 16
HochhausBestand D as Forschungsvorhaben Hoch- sonderen Bestand messen lassen müssen. tieren. Letztlich interessiert der Planungs-, hausBestand befasst sich mit Stra- Dabei geht das Vorhaben von der These Abwägungs- und Umbauprozess, durch tegien für einen bestandsgerech- aus, dass eine langfristige nachhaltige und den diese besonderen Bauzeugnisse der ten und nachhaltigen Umgang mit Büro- denkmalpflegerische Erhaltung durch be- Boomjahre und architektonischen Ikonen hochhäusern der 1950er- und wusste Instandhaltung und kontinuierliche für heutige Anforderungen und Bedürf- 1960er-Jahre. Obwohl seit den frühen bauliche Erneuerung des Gesamtbauwerks nisse sinnvoll erhalten und weitergenutzt 1990er-Jahren Gegenstand des denkmal- durch minimierte Eingriffs- und Verände- werden können. pflegerischen wie planerischen Diskurses, rungstiefe gewährleistet werden kann, hat sich bis heute keine einheitliche bau- ohne dass andere und neue Anforderungen denkmalpflegerische Best Practice im Um- an den Bestand und seine Nutzung unbe- FO R SC H U N G S I N ST I T U T I O N gang mit Bürohochhäusern der 1950er- rücksichtigt bleiben müssen. /1960er-Jahre in Deutschland herausge- Im Rahmen des Vorhabens sollen kürz- Technische Universität München stellt. Gleichartige Objekte werden – mit lich abgeschlossene und laufende Instand- Professur für Neuere Baudenkmal- und ohne Unterschutzstellung – abgerissen setzungs- und Modernisierungsvorhaben pflege, Prof. Dr. Andreas Putz oder aber mit hohem Austausch materieller identifiziert und analysiert sowie die Po- Lehrstuhl für Gebäudetechnologie Substanz erneuert. Einzelne Beispiele ver- tenziale aus städtebaulicher, baudenkmal- und klimagerechtes Bauen, Prof. weisen jedoch auf Vorgehensweisen, die die pflegerischer, konstruktiver, bauphysikali- Dipl.-Ing. Thomas Auer historische und technologische Integrität scher und gebäudetechnischer Perspektive Lehrstuhl für Bauphysik, Prof. Dr. des Bestands durch minimierte Eingriffs- aufgezeigt werden. Darüber hinaus wird Klaus Sedlbauer und Veränderungstiefe bewahren können. ein Netzwerk von Experten aufgebaut, um P R OJ E KT L E I T U N G In der Abwägung verschiedener Schutz- unterschiedliche, fachübergreifende Er- Dipl.-Ing. Hanne Rung und Erhaltungsziele sind Kompromisse fahrungen und Erkenntnisse aus aktuellen notwendig, die sich an der verfügbaren Erneuerungs- und Instandsetzungsvor- Best Practice im Umgang mit diesem be- haben zusammenzuführen und zu disku- Haus der Werbung, Commerzbank, Berlin Düsseldorf Plärrerhochhaus, Nürnberg Schweizer National, Frankfurt a. M. © Professur für Neuere Baudenkmalpflege, TUM Siemens-Hochhaus, Erlangen Hahn-Hochhaus, Stuttgart Siemens-Hochhaus, München 17
Zu kunf t B au ex p e r i me nte l l e s B a u e n POP-UP CAMPUS Ausblick: Zukunft Bau Pop-up Campus Temporäre Plattform für experimentelles Bauen I n diesem Jahr erprobt Zukunft Bau seren Umgang mit Ressourcen im Bau- Beiträgen bespielen, auf ihm arbeiten und erstmalig ein neues Format, das eine wesen aufzuzeigen. Unter dem Motto „Save gegebenenfalls wohnen. Die zahlreichen Brücke schlägt zwischen den neuesten Material – Save the Planet“ soll das mate- Aktionen vor Ort werden vorbereitet durch Erkenntnissen aus der Wissenschaft, deren rialeffiziente und -effektive Konstruieren ein deutschlandweites Hochschulnetzwerk, © BBSR Übersetzung in baupraktische Anwendun- im Vordergrund stehen. Dabei soll vor al- innerhalb dessen im Sommersemester 2022 gen sowie der Vermittlung an ein breites lem aufgezeigt werden, wie der Gebäude- Forschung und Lehre in verschiedenen For- Publikum. Für den Zeitraum von circa drei bestand genutzt und verbessert werden maten eng verzahnt werden. In Kürze wird Monaten wird im Sommer/Herbst 2022 ein kann, mit den Zielen, Materialknappheit ein Call for Projects gestartet – Forschungs- bestehendes Areal in einen Experimentier- entgegenzuwirken, Bauweisen zirkulär aus- teams können sich dann für eine Förderung raum verwandelt werden, der ein kreatives zurichten sowie Bauabfälle und Emissio- bewerben, um vor Ort konkrete For- und niederschwelliges Ausprobieren neuer nen zu vermeiden. Auf dem Zukunft Bau schungsarbeiten durchzuführen oder Proto- baulicher Ansätze ermöglicht: der Zukunft Pop-up Campus treffen sich Forschungs- typen zu errichten. Über die Forschungs- Bau Pop-up Campus. Mit dem Fokus auf teams verschiedener Hochschulen, aus arbeiten und Workshops hinaus sind für das die Zielstellung des klimaneutralen Ge- Start-ups beziehungsweise der Baupraxis Fachpublikum eine Tagung und mehrere bäudebestands im Jahr 2045 sollen hier sowie Studierende. Den Höhepunkt bildet kleinere öffentliche Veranstaltungen in Pla- innovative Ansätze für das Bauen der Zu- die Campuswoche im Spätsommer in 2022, nung. Die aktuellsten Neuigkeiten zum Zu- kunft generiert und demonstriert werden. in der übergreifende größere Events statt- kunft Bau Pop-up Campus finden Sie auf Zentrale Aufgabe des Zukunft Bau Pop-up finden und die Studierenden beziehungs- www.zukunftbau.de – seien Sie in diesem Campus ist es, Lösungswege für einen bes- weise Absolventen den Campus mit ihren Sommer dabei! 18
Handlungsempfehlungen für Variowohnungen Im Gespräch mit Professorin Dr.-Ing. Uta Pottgiesser von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe Was sind für Sie die wichtigsten es Bad sein. Insofern ist unser Fazit Erkenntnisse aus dem Programm hier, wie man es grundsätzlich schaffen Variowohnungen? kann, mit geringen Eingriffen inklusiv Diese Frage ist nicht einfach zu be- und anpassbar zu bauen. Und die antworten, denn die 18 Modellvor- nächste Frage ist, wie die Bildung einer haben unterscheiden sich in Bezug Gemeinschaft räumlich gefördert wer- auf den Kontext, die Größe der An- den kann. Wie realisiert man Gemein- lage sowie die Mischung aus Neu- schaft, Kommunikation und soziale und Bestandsbauten stark. Doch alle Interaktion in einem Wohngebäude? Projekte weisen trotz ihrer Hetero- Hier setzt das Programm Variowoh- genität Ansätze und Lösungen zur nungen wichtige Impulse – von spe- Umsetzung von Anpassbarkeit auf. ziellen Angeboten wie Gemein- Neben einer geringen Anzahl tragen- schaftsküchen bis zur Gestaltung der der Innenwände und einer Skelettbau- Erschließungsflächen und Außen- weise ermöglicht eine flexible Planung räume. und Auslegung der technischen Ge- bäudeausrüstung die vereinfachte An- Brauchen wir prinzipiell mehr passbarkeit von Wohnungszuschnit- Experimente und Mut für Innova- ten. Einige Projekte haben mit vorge- tionen, auch beim Wohnen? fertigten Bauteilen und Raummodulen Die Bandbreite der Varioprojekte gearbeitet. Werden mögliche Durch- geht von klassischen Planungen bis brüche für Türen sowie Installationen und Leitungsführungen zu Konzepten, die Planungs- und Bauprozesse neu gedacht haben. bereits im Entwurf mitgedacht, können praktikable Lösungen Aber alle funktionieren für sich gesehen. Das Collegium Acade- entstehen. mium in Heidelberg ist in der Art, wie das Thema Partizipation, Suffizienz und Flächenreduzierung umgesetzt wurde, das extrems- Die Anpassbarkeit wurde nicht nur aus konstruktiver Sicht te Projekt. Auch das Thema des Selbstausbaus aus Kostenaspekten untersucht. Wurde bei den Projekten an Wohnformen für Jung wurde hier integriert. Andere Projekte zeigen, dass die Frage der und Alt gedacht? Beteiligung und die Frage, wie Gemeinschaftsflächen genutzt und Der Hintergrund von Variowohnungen war die Frage, wie die organisiert werden, die Toleranz für neue Wohnformen und neue Zielgruppen der Studierenden und Auszubildenden mit wenig Wohnmodelle erhöht. Mehr Auskunft darüber wird die noch Einkommen, aber auch die Gruppe der älter werdenden Menschen laufende sozialwissenschaftliche Begleitforschung geben. bedient werden können. Inwiefern unterscheiden sich diese Le- Auch der Blick auf die nationalen und internationalen Bench- bensweisen – und kann man die Wohnungen hierfür umnutzen? mark-Projekte, die in der Publikation vorgestellt werden, lohnt Ein zentraler Punkt war daher die Reduzierung von Individual- sich. Wir denken, dass viele der dort gezeigten Lösungen übertrag- flächen zugunsten der Flächen für die Gemeinschaft. Konkrete bar sind, zum Beispiel die Umnutzung der Bestandsgebäude aus Nutzungsangebote in den Gemeinschaftsbereichen sollen den den 1960er-/1970er-Jahren. Auch diese Bauten können durch privaten Wohnraum daher gezielt erweitern, um die Balance zwi- geschickte Eingriffe reaktiviert werden. So kann mit vernünftigen schen dem Bedürfnis nach Privatsphäre und dem Leben in Ge- Nutzungs- und Finanzierungskonzepten die Revitalisierung der meinschaft zu unterstützen. Im Fokus stand daher die Frage, was vormals ungeliebten und als schwierig angesehenen Bauten ge- tatsächlich anpassbar sein muss. Das kann schon ein barrierefrei- lingen, wie auch einige der Varioprojekte zeigen. 19
Sie können auch lesen