IN DIE ZUKUNFT INVESTIEREN - AHS Aktuell
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
IN DIE ZUKUNFT INVESTIEREN GEWERKSCHAFT ÖFFENTLICHER DIENST FOTO: JOVANMANDIC / ISTOCK DIE ZEITSCHRIFT DER AHS-GEWERKSCHAFT 68. jahrgang november/dezember 2019 nr. 6
zugespitzt inhalt Pädagogische Freiheit top thema IST DURCHSCHNITT 4 statt Gängelung durch GUT GENUG? Von Mag. Herbert Weiß Kompetenzraster! gut zu wissen „Stellt einen Schredder in den Postausgang des ABGELTUNGEN FÜR 8 Ministeriums und stopft da alle neuen Auflagen SCHULVERANSTALTUNGEN hinein!“ Diesen provokanten Wunsch äußerte Univ.-Prof. Dr. Stefan Thomas Hopmann, Profes- sor für Bildungswissenschaften an der Universität Von Mag. Georg Stockinger VERGÜTUNGEN IM LEHRAMT 10 4 Wien, in einem höchst lesenswerten Artikel in der Wochenzeitung „Die Furche“ vom 16. Oktober Von Mag. Georg Stockinger 2019. Hopmanns Wunsch wird wohl weitgehend ungehört verhallen, gibt es doch eine Unzahl von ES IST DA, DAS NEUE 12 Menschen, die in die ohnehin glühenden Reform- DIENSTRECHT „PD“ turbinen unseres Bildungssystems permanent Treib- Von MMag. Mag. iur. stoff pumpen. Hopmann mahnt die Politik, sich Gertraud Salzmann weniger an den PISA-Siegern Finnland, Hongkong oder Singapur zu orientieren als an Neuseeland, MEDIZINISCHE TÄTIGKEITEN 16 Schottland oder Schweden, wo laut Hopmann mit DURCH LEHRER/INNEN offenen Augen und ohne OECD-Scheuklappen Von MMag. Mag. iur. die Frage gestellt wird: „Worauf kommt es in der Schule an? Qualifizierung zu Spitzenleistungen Gertraud Salzmann oder Kultivierung der Fähigkeit, in Gemeinschaft und Gesellschaft mitzuwirken? Einer ihrer Schlüs- im fokus selbegriffe ist nicht wie bei PISA & Co. individuelle WEIL’S MANCHE IMMER NOCH 19 ‚Kompetenz‘, sondern ‚Knowledge‘, das sozial NICHT WISSEN (WOLLEN) geteilte Wissen und Können.“ Gelten Wissen und Von Mag. Gerhard Riegler Können in einer auf Kompetenz gebürsteten Bil- dungslandschaft als Störfaktoren, die mittels Kom- menschen petenzrasterfahndung aufgespürt werden sollen, AUSZEICHNUNGEN UND 21 um sie ruhigzustellen? ERNENNUNGEN Wer würde Hopmann widersprechen, wenn er eine neue Schulkultur fordert, deren oberste Maxi- me es ist: „Schule so zu gestalten, dass die Kinder und Jugendlichen gern dort hinkommen und stolz facts statt fakes Von Mag. Gerhard Riegler 22 16 auf genau ihre Schule sind.“ Dazu bedarf es keiner detailreichen Kompetenzraster, sondern Wert- aktuelle seite schätzung für die PädagogInnen und die Freiheit, „Lernsieg“ 23 den für die jeweilige Schulgemeinschaft richtigen Von Mag. Herbert Weiß Weg ungestört gehen zu dürfen. Gebt den LehrerInnen endlich wieder die Freiheit nachgeschlagen 24 REDAKTIONSSCHLUSS zurück, ihrem pädagogischen Sensorium vertrau- Redaktionsschluss für die en zu dürfen statt durch Kompetenzraster gegän- Nr. 1/2020: gelt zu werden! Sorgt für einen Schulklimawandel! 7. Jänner 2020 2
top thema SEHR GEEHRTE FRAU KOLLEGIN! SEHR GEEHRTER HERR KOLLEGE! editorial Bei einem meiner ersten Termine als Vorsitzender der AHS-Gewerkschaft wurde ich gegen Ende des Kalenderjahres 2016 in das damalige Unterrichtsministerium eingeladen, um über die Adaptierung der NOST zu sprechen. Wir waren uns von Anfang an einig, dass es an der Zeit sei, Verbesserungen des Systems möglichst schnell festzulegen und ins Laufen zu bringen … Inzwischen habe ich gelernt, dass eine Einigung über Verbesserungsvorschläge nicht automatisch zu deren Umsetzung führt – schon gar nicht zu einer schnellen. Damals hätte ich nicht zu träumen gewagt, dass die NOST auch auf höherer Ebene generell in Frage gestellt werden könnte. An der Basis war das längst der Fall. Auf politischer Ebene wur- de uns die NOST aber noch als das heilbringende System für jene verkauft, die im alten System aufgrund von Schwächen in einzelnen Fächern Klassen wiederholen müssten oder sogar zum Aufgeben gezwungen würden. Inzwischen hat man im Bildungsministerium aber umgedacht. Die NOST wird nun auch dort nicht mehr ganz so unkritisch gesehen. Im Frühjahr 2018 wurde die Möglichkeit einer weiteren Verschiebung der Einführung bzw. des Ausstiegs eröffnet. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass das System bis spätestens Ende 2019 zu evaluieren sei. Verbesserungen der Rechtslage sollen so zeitgerecht vorgeschlagen werden, dass sie bis zur endgültigen Einführung der NOST in Kraft gesetzt werden können. Auch unsere Forderung nach der Übertragung der NOST in die Schulautonomie wurde inzwischen als ernsthafte Lösungs- möglichkeit akzeptiert. Nun ist es allerhöchste Zeit für weitere Schritte. Da in die Evaluation zum Glück auch die- jenigen einbezogen wurden, die davon wirklich betroffen sind, werden sich die Ergeb- nisse, die dem Ministerium vorliegen, wohl nicht allzu stark von denen unterscheiden, die uns vorliegen. Unsere Forderungen liegen auf der Hand: • Die Ergebnisse der Evaluierung müssen ernst genommen werden und zu einer Verbesserung des Systems führen. • Um für die Planung bzw. Umsetzung von Verbesserungen Zeit zu haben, ist als erster Schritt unbedingt die Verlängerung der Übergangsregelungen um ein weiteres Jahr erforderlich. Dieser Beschluss muss noch in diesem Kalenderjahr erfolgen. • Die kommende Regierung sollte endlich den Mut aufbringen, die von uns schon lange geforderte Verlagerung in die Schulautonomie in die Wege zu leiten. Gleichzeitig muss weiter an der Beseitigung der „Kinderkrankheiten“ der NOST gearbeitet werden, was auch von jenen wenigen Schulen dringend eingefordert wird, die die NOST FOTOS: TAKASUU, ANGELACOLAC / ISTOCK positiv sehen. Mag. Herbert Weiß Vorsitzender der AHS-Gewerkschaft impressum gymnasium. Zeitschrift der AHS-Gewerkschaft in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Herausgeber: Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Dr. Norbert Schnedl. Medieninhaber: Die GÖD Wirtschaftsbetriebe Ges. m. b. H., 1010 Wien, Teinfaltstraße 7. Chefredaktion und für den Inhalt verantwortlich: Mag. Gudrun Pennitz, 1090 Wien, Lackierergasse 7, Tel.: 01/405 61 48, Fax: 01/403 94 88, E-Mail: office.ahs@goed.at. Redaktion, Produktion, Konzeption und Anzeigenverwaltung: Modern Times Media Verlagsges. m. b. H., 1030 Wien, Lagergasse 6/35, Tel.: 01/513 15 50. Chefin vom Dienst: Mag. Aldina Dolic. Grafik: Thomas Frik. Hersteller: Druckerei Berger, 3580 Horn, Wiener Straße 80. Verlagsort: Wien. Herstellungsort: Horn. DVR-Nr.: 0046655. Namentlich gekennzeichnete Beiträge unterliegen der Verantwortung des Autors. Die Redaktion behält sich das Recht der Kürzung vor. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben in dieser Zeitschrift trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Herausgebers und Medieninhabers, der Redaktion oder der AutorInnen ausgeschlossen ist. 3
top thema MAG. HERBERT WEISS VORSITZENDER DER AHS-GEWERKSCHAFT herbert.weiss@goed.at Ein Plädoyer für eine Erweiterung des Blickwinkels. Ist Durchschnitt 4
top thema Im Bildungsreformgesetz 2017 wurde festgelegt, dass mark, Kanada, Norwegen und Schweden. Finnland bei der Zuteilung der Realstunden an die Schul befand sich auf Platz 7, Österreich nur knapp über standorte unter anderem der sozioökonomische dem OECD-Mittelwert auf Platz 17.4 Hintergrund der SchülerInnen sowie die im Alltag ge- Die fünf OECD-Staaten, in denen die Eltern 15-Jähri- brauchte Sprache zu berücksichtigen sind.1 Manche ger das höchste berufliche Niveau aufweisen, waren PolitikerInnen und „BildungsexpertInnen“ scheinen bei PISA 2015 Norwegen, Island, Israel, Kanada und das aber nicht als Aufforderung für die längst über- Schweden. Finnland befand sich auf Platz 13, Öster- fällige Erhöhung des Schulbudgets zu verstehen, reich knapp unter dem OECD-Mittelwert auf Platz sondern als willkommene Chance, dem ungeliebten 20.5 Besonders schlecht schneidet Österreich ab, Gymnasium weitere Ressourcen wegnehmen zu kön- wenn man die Verteilung des wirtschaftlichen Wohl- nen.2 Ob sie dabei aus Unwissenheit handeln oder stands innerhalb der Gesellschaft betrachtet. Ähnlich bewusst die Faktenlage ignorieren, sei dahingestellt. wie beim Blick auf die unterdurchschnittlichen Res- Eine gründliche Beschäftigung mit diesem Thema sourcen für das Schulwesen drängt sich auch dabei wäre jedenfalls dringend nötig. Doch internationale die Frage auf, ob Österreichs Wohlstand auch in der Vergleiche als Basis für die Betrachtungen heranzu- Zukunft gesichert werden kann: ziehen, ist in gewissen Kreisen nur dann beliebt, wenn man damit die eigenen Aussagen über das angeb- lich so teure und ineffiziente Schulwesen Österreichs Anteil der Armutsgefährdeten (nach Alter; Stand 2018) untermauern oder Österreichs Schulen bzw. uns Leh- 20 insgesamt 0- bis 18-Jährige rerInnen schlechtmachen kann. 19,2 15 16,0 gut genug? 14,3 14,5 10 12,0 11,1 5 Prozent GESAMTGESELLSCHAFTLICHER KONTEXT Österreich Finnland Deutschland In Österreich wird gerne so getan, als lägen die Grün- Eurostat-Datenbank, Abfrage vom 20. Oktober 2019 de für das nur durchschnittliche Abschneiden unserer SchülerInnen bei internationalen Testungen im „Ver- sagen“ unseres so bösen differenzierten („selektieren- Anteil der Armutsgefährdeten 0- bis 19-Jährigen in Österreich den“) Schulsystems. „Übersehen“ wird dabei völlig, 40 (nach Haushaltsform; Stand 2018) dass Bildung nicht auf die Schule beschränkt werden 30 kann und Schule in einem gesamtgesellschaftlichen 27 Kontext stattfindet, den ich im Folgenden betrachten 20 insgesamt (19%) möchte. Doch vorneweg noch zwei Anmerkungen: 10 13 14 1. Wir LehrerInnen wären schon froh, würden die Ressourcen, die Österreichs Schulwesen zur Ver- Prozent fügung gestellt werden, zumindest internationales Mehrpersonen- Mehrpersonen- Mehrpersonen- Eineltern- haushalt haushalt haushalt mit drei haushalt Mittelmaß erreichen. Zur Erinnerung: Im OECD-Mit- mit zwei Kindern mit einem Kind oder mehr Kindern tel fließen 7,9 Prozent aller öffentlichen Ausgaben Statistik Austria online am 26. April 2019 ins Schulwesen, in Österreich aber nur 6,2 Prozent.3 2. Österreichs SchülerInnen schneiden bei eben die- sen internationalen Testungen mit 10 (PIRLS, TIMSS) Anteil der Armutsgefährdeten 0- bis 17-Jährigen (nach dem Geburtsort; Stand 2018) schlechter ab als mit 15 (PISA). Aus den internatio- 30 31,9 Inland Ausland nalen Testungen ein Argument gegen Österreichs FOTO: ANGELACOLAC / ISTOCK differenzierte Sekundarstufe I abzuleiten, beweist 20 daher Ignoranz oder freches Vertrauen darauf, 19,4 dass das Gegenüber ignorant ist. 14,4 13,7 10 10,7 9,5 WERTE IM OECD-VERGLEICH Die fünf OECD-Staaten, in denen die 15-Jährigen aus Prozent den wirtschaftlich, sozial und kulturell stärksten Eltern- Österreich Finnland Deutschland häusern stammen, waren bei PISA 2015 Island, Däne- Eurostat-Datenbank, Abfrage vom 20. Oktober 2019 5
top thema Auch die Wohnungssituation, in der sich nicht so we- nige unserer SchülerInnen befinden, entspricht nicht dem Spitzenplatz im Wohlstand, zu dem Österreich im Lauf der letzten Jahrzehnte aufgestiegen ist. Einmal mehr nur Durchschnitt: Anteil der Menschen, die in überbelegten Wohnungen leben (Stand 2018) 20 Haushalte ohne abhängige Kinder 20,6 Haushalte mit abhängigen Kindern 15 10 10,1 7,3 7,1 7,5 5 5,4 Prozent Österreich Finnland Deutschland Eurostat-Datenbank, Abfrage vom 20. Oktober 2019 Falls jemand ernstlich glauben sollte, dass sich die familiäre Situation nicht auf die Leistungen in der Schule auswirkt, sollte er sich die folgende Aufstel- lung genau ansehen: Anteil der 10-Jährigen in Österreichs 22 Schulen, in deren Haushalt sich höchstens 10 Bücher 18 befinden (Stand 2016) 10 die zu Benachteiligungen führen. Es ist vielmehr die 5 5 Kombination dieser zwei Faktoren mit einem dritten, nämlich dem ökonomischen Hintergrund des Eltern- Prozent ohne Migrations- zugewandert in Österreich mit hintergrund Migrationshintergrund hauses und dessen Bildungshintergrund. Kommen die geboren drei Faktoren zusammen, dann hat ein Kind in Öster- BIFIE (Hrsg.), Lesekompetenz der 10-Jährigen im Trend (2019), S. 165 reich einen erheblich erschwerten Start ins Leben.“7 Hier sind wir wieder bei der Meinungsmache, die un- Mit den Problemen, die sich durch die zunehmende seren „BildungsexpertInnen“ leider oft wichtiger zu Heterogenität in unseren Schulen ergeben, hat sich sein scheint als bildungswissenschaftliche Evidenz. Es vor kurzem auch ein Artikel in der Online-Ausgabe ei- ist wieder einmal von der „Benachteiligung durch das ner österreichischen Zeitung befasst.6 Überraschend Schulsystem“ die Rede, obwohl im Anschluss klar fest- war für mich, dass dort offen ausgesprochen wurde, gestellt wird, wo das Problem tatsächlich liegt. dass die zweite Generation an MigrantInnen weit Den folgenden Aussagen schließe ich mich vollin- langsamer bei uns „ankommt“ als in vergleichbaren haltlich an: „Um diese für Österreich beschämende Ländern. Unter anderem war dort zu lesen: „Es ist al- Situation nachhaltig zu verbessern, müsste an vielen so höchste Zeit, dass wir endlich genauer hinschauen, Hebeln angesetzt werden, beginnend bei aufsu- FOTO: ANGELACOLAC / ISTOCK was hierzulande im Zusammenhang mit Migration und chender Elternarbeit bald nach der Geburt, wie sie Bildung/Schule falsch läuft beziehungsweise auch, etwa in skandinavischen Ländern gängige Praxis ist. warum bei uns die soziale Benachteiligung im und Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle durch das Schulsystem im internationalen Vergleich wäre dringend notwendig, und die Rahmenbedin- besonders hoch ist. Dass das so ist, wissen wir seit etwa gungen in diesen Einrichtungen müssen endlich inter- 20 Jahren, seit es internationale Bildungsvergleichsstu- nationalen Standards angepasst werden. […] Durch- dien gibt. Es ist jedenfalls nicht alleine der sogenannte gängige Sprachförderung mit dafür ausgebildeten Migrationshintergrund oder die andere Erstsprache, Lehrerinnen und Lehrern wäre ein weiterer wichtiger 6
top thema Faktor. Je größer und vielfältiger die Herausforderun- wesens erfolgen. Österreichs Schulen brauchen drin- gen an Schulen sind, desto mehr Ressourcen brau- gend zusätzliche Investitionen, um im Interesse der chen diese Schulen.“8 Dass am Ende wieder einmal Zukunftschancen unserer Kinder und Jugendlichen die „ganztägige gemeinsame, inklusive Schule“ als und damit der unseres Landes alles leisten zu können, Idealbild hingestellt wird, spricht leider nicht für die was Schule leisten kann. Qualität der obigen Aussagen. Sie wird auch von vie- Wer nicht sät, wird nicht ernten. Österreich ist nicht zu- len Experten widerlegt. Stellvertretend dafür sei nur letzt wegen seines leistungsstarken Bildungswesens in Helmut Fendt zitiert: „In Österreich, der Schweiz und die Gruppe der Staaten mit dem größten Wohlstand Deutschland ist die Chancenungerechtigkeit nicht der Welt aufgestiegen. Als politisch verantwortungs- größer als in England, den USA und Finnland – alles volles Handeln empfände ich es, einen angemesse- Länder mit einer gemeinsamen Sekundarstufe für alle nen Teil dieses Wohlstands in die Zukunft zu investie- Schüler.“9 Viele weitere wissenschaftliche Erkenntnis- ren. Eine Politik, die anders handelt, hat zu verantwor- se zu diesem Thema sind auf www.bildungswissen- ten, wenn wir uns künftig nicht nur bei PISA & Co mit schaft.at nachzulesen. Mittelmäßigkeit begnügen müssen. n INVESTITIONSBEDARF 1 Siehe § 8a Abs. 3 SchOG. Ein Bedarf an zusätzlichen Ressourcen für das 2 Siehe Gymnasien: Stadt Wien verteilt um, Presse online vom 22. Jänner 2019. 3 OECD (Hrsg.), Education at a Glance 2019 (2019), Table C4.1. Bildungssystem resultiert auch aus dem sozioökono- 4 Siehe OECD (Hrsg.), PISA 2015 Ergebnisse. Exzellenz und Chancengerechtigkeit mischen Hintergrund unserer SchülerInnen. Seit der in der Bildung (2016), Tabelle I.6.2a. 5 Univ.-Prof. Dr. Kristina Reiss u. a., PISA 2015. Eine Studie zwischen Kontinuität und Jahrtausendwende wurden die Investitionen in den Innovation (2016), S. 293. 6 https://www.derstandard.at/story/2000109768378/schlechtes-deutsch-warum- vorschulischen Bereich in Österreich verdreifacht. Ich das-bildungssystem-hier-versagt. halte diese Offensive für richtig. Der vorschulische 7 A. a. O. 8 A. a. O. Bereich legt in Ergänzung zum Elternhaus die Basis. 9 OECD (Hrsg.), Bildung auf einen Blick 2018 (2018), S. 363. Diese Offensive darf aber nicht auf Kosten des Schul- 7
gut zu wissen Abgeltungen für Schulveranstaltungen MAG. GEORG STOCKINGER Abweichend von der Vergütung von Reisegebühren für Dienstreisen STV. VORSITZENDER UND BESOLDUNGSREFERENT DER gelten für Schulveranstaltungen folgende Regelungen: AHS-GEWERKSCHAFT georg.stockinger@goed.at Es werden zwei Arten von Abgeltungen unterschieden, nämlich einerseits für die pädagogisch-inhaltliche Betreuung und andererseits für die pauschalierten Reisegebühren. ABGELTUNG FÜR PÄDAGOGISCH-INHALTLICHE BETREUUNG ABGELTUNG FÜR DEN LEITER EINER MEHRTÄGIGEN Dem Lehrer1 gebührt nach § 63a Gehaltsgesetz SCHULVERANSTALTUNG (GehG) für die Teilnahme an mindestens zweitägigen Zusätzlich zur Betreuungsabgeltung bekommt der Schulveranstaltungen mit Nächtigung, sofern er die Leiter einer mehrtägigen Schulveranstaltung mit ei- pädagogisch-inhaltliche Betreuung einer Schüler- ner mindestens viertägigen Dauer und Nächtigung gruppe innehat, eine Abgeltung.2 Im Jahr 2019 be- als Leiterzulage trägt sie im alten Dienstrecht für jeden Tag • im alten Dienstrecht 4,33 Stunden der Lehrverpflich- • in den Verwendungsgruppen L PH und L 1 € 45,56 tungsgruppe III (4,33 x 1,05 = 4,547 Werteinheiten) in • in den Verwendungsgruppen L 2 € 36,90 der Woche, in der die jeweilige Schulveranstaltung • in der Verwendungsgruppe L 3 € 23,72 endet, in die Lehrverpflichtung eingerechnet, also Im neuen Dienstrecht gebührt der Vertragslehrper- als Überstunden vergütet.3 son seit dem 1. 1. 2019 pro Tag eine Abgeltung in der • im neuen Dienstrecht erhält er € 201,80 (nach § 47a Höhe von € 41,00 (nach § 47a Vertragsbediensteten- VBG). gesetz [VBG]). Die Tagesgebühr bei Schulveranstaltungen beträgt für Lehrer an AHS in Euro: Dauer Pauschgebühr steuerfrei Lehrausgang, Exkursion, Wandertag bis 5 Stunden4 – – Halbtagswandertag, Sporttag über 5 bis 8 Stunden € 11,22 zur Gänze über 8 Stunden € 19,80 Ganztagswandertag, Sporttag über 9 Stunden € 23,10 € 22,00 über 10 Stunden zur Gänze pro Tag bis 3 Tage € 23,10 zur Gänze Projektwochen pro Tag ab 4 Tagen € 25,34 zur Gänze FOTO: ALEXSAVA / ISTOCK Sommersportwochen pro Tag € 27,72 € 26,40 Wintersportwochen pro Tag € 31,94 € 26,40 Exkursionen über 5 bis 8 Stunden € 6,86 zur Gänze Exkursionen im Schulort über 8 bis 12 Stunden € 13,33 zur Gänze Exkursionen im Schulort über 12 bis 24 Stunden € 20,06 zur Gänze 8
gut zu wissen Nächtigung skosten des Lehrers und den Nächti- gungspreis für Schüler zu enthalten. Die Belegpflicht gilt auch bei Verrechnung von Lift- fahrten, Schifffahrten etc. und Eintrittsgebühren. Die Inanspruchnahme eines Freiplatzes ist nur inso- weit zulässig, als dadurch keine Mehrkosten für Schü- ler entstehen bzw. der Verzicht auf einen Freiplatz keinen Kostenvorteil für die Schüler bringen würde. Ansonsten ist der Kostenvorteil eines Freiplatzes auf die teilnehmenden Schüler aufzuteilen. Werden vom Dienstgeber Mahlzeiten direkt oder in- direkt (z. B. durch den Quartiergeber) zur Verfügung gestellt bzw. pauschal finanziert, so sind diese vom Lehrer in Anspruch zu nehmen. Das mindert seinen Anspruch auf die pauschalierten Reisezulagen (mi- nus 15 Prozent Frühstück, je minus 40 Prozent für Mit- tag- und Abendessen), da sich der „notwendige Mehraufwand“ für Verpflegung dadurch reduziert. VORSCHÜSSE Dem Lehrer ist auf Verlangen zeitgerecht vor Antritt der Dienstreise ein in der Reiserechnung abzurech- REISEGEBÜHREN FÜR SCHULVERANSTALTUNGEN nender Vorschuss auf die ihm zustehenden Gebüh- Zusätzlich zu den oben beschriebenen Abgeltungen ren im notwendigen Ausmaß, allenfalls in Etappen, zu erhält sowohl der Leiter als auch der Begleitlehrer die gewähren. Auf einen Vorschuss unter € 72,70 besteht Reisegebühren nach § 49a RGV ersetzt. Diese setzen kein Anspruch. sich aus der Reisekostenvergütung und der Reise Der Lehrer hat den Anspruch auf Reisegebühren zulage zusammen. schriftlich unter Verwendung eines amtlichen Vor Die Reisekostenvergütung bemisst sich nach den druckes (Reiserechnung) bei seiner Dienststelle gel- notwendigen Auslagen für die Fahrt (wie Bahnfahrt tend zu machen und diesen eigenhändig zu unter- 2. Klasse, Autobus, billigste Schifffahrtsklasse); von all fertigen. Er hat die ihm zustehenden Reisegebühren fälligen Tarifermäßigungen ist Gebrauch zu machen. selbst zu berechnen, soweit sie nicht automations Bei Benützung eines Flugzeuges wird der Flugpreis für unterstützt ermittelt werden können. das zur Benützung vorgeschriebene Flugzeug vergütet. Der Anspruch auf Reisegebühren erlischt, wenn er Die Reisezulage dient der Bestreitung des notwendi vom Lehrer nicht innerhalb von sechs Kalendermona gen Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft ten, beginnend mit dem Kalendermonat, in den das sowie zur Deckung der Reiseauslagen, für die keine Ende der Dienstreise fällt, bei seiner Dienststelle gel besondere Vergütung festgesetzt ist, und umfasst die tend gemacht wird. Die anweisende Dienststelle hat Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr. Die Reise- die Reiserechnung zu überprüfen und die Auszahlung zulagen sind nicht steuerpflichtig, solange sie die im des dem Rechnungsleger gebührenden Betrages zu Einkommensteuergesetz festgelegten Grenzen nicht veranlassen. Wird von den Angaben des Beamten ab- überschreiten. gewichen, ist ihm dies mitzuteilen (dies erfolgt über die Nehmen Lehrer an Exkursionen oder Berufsprakti- Darstellung der Abrechnung im Portal Austria). ▲ schen Tagen, die mehr als acht Stunden dauern und außerhalb des Dienstortes geführt werden oder mehr als 24 Stunden dauern, oder an einem Schüleraus- tausch teil, werden die Reisekosten nach der Reise 1 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen gleichermaßen Personen gebührenvorschrift (RGV) abgegolten. männlichen und weiblichen Geschlechts. Wenn für den Lehrer Auslagen für die Nächtigung an- 2 Vertragslehrer der Entlohnungsschemata I L und II L erhalten diese Abgeltung gemäß den §§ 90e Abs.4 und 90t VBG in derselben Höhe wie Beamte als fallen (kein „Freiplatz“), so ist dieser Betrag je Nacht fester Promill-Satz des Gehalts der Gehaltsstufe 8 der Verwendungsgruppe L 1 gestaffelt nach Verwendungsgruppen. in der Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Ausla- 3 § 2 Nebenleistungsverordnung; diese Einrechnung wird auf dem Lohnzettel als gen (Beleg), höchstens aber bis zum Doppelten des Mehrleistung ausgewiesen. 4 Anzugeben ist der Zeitraum zwischen dem Treffpunkt und dem Entlassen der Betrages, den die Schüler je Nacht zu tragen haben, Schüler – meist in der Schule. zu ersetzen. Daher hat der Beleg die tatsächlichen 9
gut zu wissen BEISPIELE FÜR DIE ABGELTUNG FÜR SCHULV ERANSTALTUNGEN (Altes Dienstrecht, Basis 2019) • Beispiel 1: Leiter eines Schikurses, L1-Lehrer vollbe- – Pauschgebühr für Wintersportwochen: 7-mal schäftigt; 14. Gehaltsstufe; Dauer der Wintersport- € 31,94 = € 223,58 für 7 Tage, sofern für das Essen woche 7 Tage (inklusive An- und Abreisetag, die selbst bezahlt wurde für die Abgeltung voll zählen): Zusätzlich gebührt allenfalls Ersatz der Reisekosten – Leitungsabgeltung: 4,33 Wochenstunden der und Nächtigungskosten gegen Nachweis. Lehrverpflichtungsgruppe III als Mehrdienstleis- Insgesamt erhält der Leiter der siebentägigen Win- tungen in der Woche, in der die Schulveranstal- tersportwoche in diesem Beispiel € 542,50 + die tung endet. 4,33 Stunden LVGr. III = 4,55 MLS = Leitungsabgeltung als MDL-Vergütung sowie all 4,55-mal 1,3 % des Gehaltes L1/14 fälligen weiteren Ersatz nachgewiesener Kosten. – Betreuungsabgeltung gem. GehG 63a: für L1 12,1 % von L1/8 pro Tag = 7-mal € 45,56 = € 318,92 • Beispiel 2: PD-Begleitlehrer bei einer Sommersport- für 7 Tage woche (Neues Dienstrecht – Gehaltsstufe spielt Vergütungen im Lehramt Für eine Reihe von Tätigkeiten erhalten Lehrpersonen im alten und neuen Dienstrecht teils unterschiedliche Vergütungen. Hier sind drei der aktuell häufig hinterfragten Vergütungen: FÜR BETREUUNGSLEHRER IM SCHULPRAKTIKUM Höchstgesamtdauer anzurechnen. Die Vergütungen Dem Lehrer der Verwendungsgruppe L 1 (Entloh- für die schulpraktische Ausbildung sind semester nungsgruppe l 1), der mit der Betreuung von Studen- weise im Nachhinein abzurechnen. tInnen im Rahmen der schulpraktischen Ausbildung Sofern ein Teil der schulpraktischen Ausbildung durch des Lehramtsstudiums betraut ist, gebührt für diese die Universität abgegolten wird, entfällt für diesen Teil Tätigkeit eine Vergütung nach Maßgabe der folgen- die oben genannte Vergütung. Gleiches gilt für be- den Absätze. Die genannten Vergütungen gebühren gleitende universitäre Veranstaltungen zur schulprak- grundsätzlich für eine maximale Höchstgesamtdauer tischen Ausbildung. der schulpraktischen Ausbildung von 150 Stunden. Mit der oben genannten Vergütung sind sämtliche im Zusammenhang mit der Betreuung von StudentInnen Zahl der Studierenden € pro Stunde (2019) in der schulpraktischen Ausbildung stehenden Tätig- 1 11,80 keiten abgegolten. 2 17,30 3 22,70 FÜR MENTOREN IN DER INDUKTIONSPHASE 4 und mehr 25,90 Die Regelung für BetreuungslehrerInnen im Unter- richtspraktikum sind mit dem 31. August 2019 außer Auf die für die Höhe dieser Vergütung maßgeben- Kraft getreten. An Stelle des Unterrichtspraktikums de Zahl der Studierenden sind alle Studierenden der tritt seit 1. September 2019 die Induktionsphase. Diese Gruppe anzurechnen, die zumindest während des dient der berufsbegleitenden Einführung in das Lehr- gesamten ersten Viertels der jeweiligen Phase der amt und endet nach erstmaligem Dienstantritt (ggfs. schulpraktischen Ausbildung tatsächlich teilnehmen. mit Unterbrechungen) nach insgesamt 12 Monaten. Sofern in einzelnen Studienplänen bzw. Curricula Die Vertragslehrperson in der Induktionsphase hat vorgesehen ist, dass die schulpraktische Ausbildung • mit dem Mentor zusammenzuarbeiten, auch eine begleitende Orientierungs- und Refle- • die Tätigkeit nach dessen Vorgaben auszurichten, xionseinheit jeweils unter kooperativer Leitung mit • nach Möglichkeit den Unterricht anderer zu beob- UniversitätslehrerInnen umfasst, sind diese auf die achten, 10
gut zu wissen beim Begleitlehrer keine Rolle); Dauer der Sport- – Pauschgebühr: 8-mal 96 % der Tagesgebühr woche 6 Tage: nach Tarif 1 gemäß RGV = 8-mal € 25,34 = – Betreuungsabgeltung gem. GehG 63a: € 202,72 6-mal € 41,00 = € 246,00 Zusätzlich allfällige nachgewiesene sonst. Kosten. – Pauschgebühr gemäß RGV: Insgesamt erhält der Begleitlehrer mithin € 497,92. 6-mal € 27,72 = € 166,32 Der Begleitlehrer erhält mithin € 412,32 für die • Beispiel 4: Ein Begleitlehrer einer Projektwoche, sechstägige Sommersportwoche. Allfällige zusätz- Dauer 5 Tage, in der die überwiegende pädago- liche Kosten (Nächtigung, Fahrt) werden ersetzt. gisch-inhaltliche Betreuung über einen Reiseveran- stalter gebucht wird, erhält • Beispiel 3: Begleitlehrer bei einer Projektwoche, – Pauschgebühr: 5-mal 96 % der Tagesgebühr Dauer 8 Tage; IL/12a2 – Vertragslehrer: nach Tarif 1 gem. RGV = 5-mal € 25,34 = € 126,70 – Betreuungsabgeltung gemäß GehG 63a: Zusätzlich Ersatz allfälliger weiterer nachgewiese- 8-mal 9,8 % von L1/11 – 8-mal € 36,90 = € 295,20 ner sonstiger Kosten. • im Rahmen ihrer Fortbildung spezielle Induktions- Anzahl der zu betreuenden Vergütung lehrveranstaltungen an der Pädagogischen Hoch- Vertragslehrpersonen in der monatlich in € (2019) schule oder an der Universität zu besuchen. Induktionsphase Vertragslehrpersonen in der Induktionsphase sind 1 117,60 durch eine Mentorin / einen Mentor zu begleiten. Die 2 157,50 Mentorin oder der Mentor hat die Vertragslehrperson 3 196,50 in der Induktionsphase bei der Planung und Gestal- tung des Unterrichts zu beraten, mit ihr deren Tätig- ABGELTUNG FÜR ADMINISTRATIVE AUFGABEN keit in Unterricht und Erziehung zu analysieren und zu Für die Besorgung von administrativen Aufgaben an reflektieren, sie im erforderlichen Ausmaß anzuleiten der Schule ist für LehrerInnen eine Vergütung vorge- und sie in ihrer beruflichen Entwicklung zu unterstüt- sehen. Diese Vergütung wird zweimal je Schuljahr zen. Die Mentorin oder der Mentor hat den Unterricht ausbezahlt, und zwar in den Monaten September der Vertragslehrperson in der Induktionsphase im und Juni, und gebührt der folgenden Anzahl von Leh- erforderlichen Ausmaß zu beobachten, ein Entwick- rerInnen: lungsprofil der Vertragslehrperson in der Induktions- a) an Schulen mit nicht mehr als 11 Klassen einer phase zu erstellen und bis spätestens drei Monate vor Lehrerin / einem Lehrer, Ablauf der Induktionsphase ein Gutachten zu deren b) an Schulen mit 12 bis einschließlich 21 Klassen zwei Verwendungserfolg zu erstatten. LehrerInnen, Zu MentorInnen können nur jene LehrerInnen bestellt c) an Schulen mit mehr als 21 Klassen drei werden, die eine mindestens fünfjährige Berufser- LehrerInnen. fahrung als Lehrperson aufweisen und den Hoch- schullehrgang „Mentoring, Berufseinstieg professio- Verwendungs-Entlohnungsgruppe 2x jährlich in € (2019) nell begleiten“ absolviert haben. Bis zum Schuljahr L PH / l ph 536,85 2029/30 dürfen auch Lehrpersonen als MentorInnen L1/l1 478,03 eingesetzt werden, die zu Betreuungslehrkräften im L 2a 2 / l 2a 2 417,54 Unterrichtspraktikum oder im Rahmen der schulprak- L 2a 1 / l 2a 1 379,51 tischen Ausbildung bestellt sind oder einen einschlä- L 2b 1 / l 2b 1 322,67 gigen Lehrgang im Umfang von mindestens 30 ECTS L3/l3 275,51 absolviert haben. Lehrkräfte, die sich im Altrecht befinden und die Vor- Nach § 9 Abs. 1 lit. f PVG obliegt dem DA die Mit aussetzungen gemäß der oa. Übergangsphase erfül- wirkung bei der Erstellung von Grundsätzen über die len, müssen der Bestellung ausdrücklich zustimmen. Gewährung von Belohnungen. Die gewährten Beloh- Seit dem 1. September 2019 gebührt MentorInnen fol- nungen sind nach § 9 Abs. 3 lit. f PVG schriftlich mit gende monatliche Vergütung: zuteilen. n 11
PD gut zu wissen MMAG. MAG.IUR. GERTRAUD SALZMANN DIENSTRECHTSREFERENTIN DER AHS-GEWERKSCHAFT gertraud.salzmann@goed.at Es ist da, das neue Dienstrecht „PD“ Mit 1. September 2019 beginnen alle neu eintretenden Lehrpersonen im Dienst- und Besoldungsrecht „Pädagogischer Dienst“. In das im Jahr 2013 beschlossene neue Lehrerdienstrecht wurden eintretende Lehrkräfte bisher nur auf Wunsch eingereiht, wobei in den höheren Schulen die Zahl derer, die in das neue Dienstrecht optierten, sehr überschaubar war.1 Wichtig ist: Alle Lehrpersonen, die bisher im alten Mit abgeschlossenem Bachelorstudium kann eine/ Lehrerdienstrecht sind, bleiben nach derzeit gelten- ein BewerberIn2 beschäftigt werden, wenn sie/er sich der Rechtslage auch im alten Dienstrecht. Ein – auch verpflichtet, das Masterstudium berufsbegleitend in- freiwilliger – Wechsel ist beidseitig nicht vorgesehen. nerhalb von fünf Jahren abzuschließen, ansonsten Das neue Dienstrecht bringt eine völlige Gleichstel- ist dies ein Kündigungsgrund. Ab 2029 ist das absol- lung von LehrerInnen der Pflichtschule (Neue Mittel- vierte Masterstudium vor Dienstantritt verpflichtend. schule) mit jenen in den höheren Schulen und korre- Voraussetzung für den Einsatz in allgemeinbilden- spondiert somit auch mit der Lehrerausbildung neu, den Unterrichtsgegenständen in der Sekundarstufe die auf das System Bachelor und Master aufbaut und II (Oberstufe) ist gemäß § 41 VBG der Abschluss des in Summe nunmehr 12 Semester dauert: 8 Semester Masterstudiums. FOTO: NICOELNINO / ISTOCK Bachelor- und 4 Semester Masterstudium. Vertragslehrerinnen und Vertragslehrer, die nach den am 31. August 2015 geltenden Bestimmungen DIE ANSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN IM NEUEN die Voraussetzung für die Entlohnungsgruppe l1 oder DIENSTRECHT (§ 38 ff VBG) l2a2 erfüllen, erfüllen auch die Zugangserfordernisse Voraussetzung für die Anstellung ab Schuljahr 2019/20 zur Entlohnungsgruppe pd. Dies sind insbesondere sind der Abschluss eines Bachelorstudiums (Lehramt) die AbsolventInnen der Lehramtsstudien alt (Magis- und der Abschluss eines Masterstudiums (Lehramt). terium). 12
gut zu wissen UNTERRICHTSVERPFLICHTUNG „22 + 2“ • Koordination der Individuellen Lernbegleitung an Die Unterrichtsverpflichtung einer vollbeschäftigten der Schule Vertragslehrperson beträgt 24 Wochenstunden. Von • Koordination der Umsetzung von Unterrichtsprinzi- dieser Unterrichtsverpflichtung sind 22 Wochenstun- pen (z. B. Wirtschaftserziehung und Verbraucher/- den in der Klasse im klassischen Unterricht zu leisten. innenbildung, Umweltbildung) Gemäß § 40a Abs. 3 VBG sind 2 der 24 Wochenstun- • Koordination von Fachgruppen den in folgenden Tätigkeitsbereichen zu erbringen • Koordination der Kommunikation Schule – Erzie- (Punkte 1–4 zählen als je 1 Wochenstund): hungsberechtigte (z. B. KEL-Gespräche/iKPM-Rück- 1. KV-Aufgaben meldungen) 2. Tätigkeit als Mentor (tritt mit 1. 9. 2019 in Kraft), • Mitarbeit an der Vorbereitung und Durchführung unabhängig von der Anzahl der zu betreuenden von Mobilitätsprogrammen Junglehrer (bis zu drei sind möglich) • Koordination von Wettbewerben an der Schule 3. Unterricht an Praxisschulen der PH • Wissensmanagement: Unterstützung beim Zugang 4. Aufgaben im Sinne der Anlage 3 zu § 40: zu und Umgang mit Fachwissen, Multiplikation von • Verwaltung von Lehrmittelsammlungen Wissenszuwachs aus der Fortbildung (derzeit Cash-Kustodiat) • Wissensmanagement zu außerschulischen Aktivitä- • Qualitätsmanagements in der Schule (SQA) ten (Informationen zu Exkursionen, Lehrausgängen • Fachkoordination an Schulen mit musischem werden allen Kolleg/-innen bekannt gemacht) oder sportlichem Schwerpunkt • Buddy-Funktion für Kolleg/-innen, Know-how-Börse • Studienkoordination an Schulen für Berufstätige, (z. B. im Bereich E-Learning) Kollegs und Vorbereitungslehrgängen für jeweils In diesem Bereich können mehrere Lehrkräfte pd 18 zu betreuende Studierende beauftragt werden, wobei eine Überschneidung Eine Beauftragung mit einer Funktion aus Punkt 1 bis mit „bezahlten“ Leistungen (im alten Dienstrecht) zu 4 darf nur erfolgen, wenn ein Beschäftigungsausmaß vermeiden ist. von mind. 50 Prozent gegeben ist, eine Beauftragung mit zwei dieser Aufgaben nur bei Vollbeschäftigung. DIE QUALIFIZIERTE BERATUNGSTÄTIGKEIT Wenn die Lehrperson keine Tätigkeiten der Punkte 1 bis Die qualifizierte Beratungstätigkeit umfasst 72 Stun- 4 ausübt, sind im Rahmen der „qualifizierten Beratungs- den im Jahr (Einheiten zu 50 Minuten) und muss von tätigkeit“ 72 Stunden zu erbringen. Liegt 1 Wochen- der Lehrkraft zusätzlich zu den 22 Wochenstunden stunde Tätigkeit aus den Punkten 1 bis 4 vor, reduziert Unterrichtsverpflichtung geleistet werden, wenn aus sich die Verpflichtung auf 36 Stunden pro Schuljahr. den Bereichen 1 bis 4 (siehe oben) keine Tätigkeit Liegt eine Beauftragung mit zwei der oben angeführ- oder Funktion übernommen wird. Wird eine Tätig- ten Auf gaben (Funktionen) vor, ist keine Beratungs keit im Ausmaß von 1 Wochenstunde übernommen, tätigkeit im Sinne des § 40a Abs. 4 VBG zu erbringen.3 bleiben 36 Stunden im Jahr, die im Rahmen der Bera- Da die 23. und 24. Wochenstunde, vor allem die tungstätigkeit zu leisten sind. Aufgaben im Sinne der Anlage 3 zu § 40 sowie die Die Beratungsstunden dienen insbesondere der Be- qualifizierte Beratungstätigkeit, in der Praxis bereits ratung von Schülern, z. B. bei Lernproblemen, Bega- zahlreiche Fragen aufgeworfen haben, soll die Um- bungsförderung, Bildungsberatung, und sind in der setzung der gesetzlichen Vorgaben hier eingehender Lehrfächerverteilung auszuweisen sowie die Ange- thematisiert werden. bote für die Schüler bekannt zu machen. Diese Be- ratungsstunden sind zusätzlich zu den Sprechstunden WAHRNEHMUNG DES QUALITÄTSMANAGEMENTS AUF und Sprechtagen regelmäßig, eventuell in geblock- SCHULEBENE Was gehört nun zu den Aufgaben des schulischen Qualitätsmanagements? Es sind dies die Schulkoordi- nation, die kollegiale Beratung und Koordination so- 1 Vgl. Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten im Pädagogischen Dienst – Durchführungsbestimmungen PD (Stammfassung), BMBF-722/0013- wie die umfeldbezogene Koordination und Beratung III/8/2015 vom 10. 8. 2015. 2 Personenbezogene Bezeichnungen gelten in gleicher Form für beide (z. B. Aktivitäten zur Schulkultur, Aktivitäten zur Stär- Geschlechter. kung der Außenbeziehungen wie etwa für den Tag 3 Dienst-und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten im Pädagogischen Dienst – Durchführungsbestimmungen PD (2. Änderung) bezüglich § 40a Abs. der offenen Tür, Firmentage, Bildungsmessen).4 3 VBG („23./24. Wochenstunde“), BMBWF-722/0015-II/11/2019 vom 2. 7. 2019. 4 Im Erlass „Dienst-und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten im Folgende Bereiche fallen in die kollegiale Beratung Pädagogischen Dienst –Durchführungsbestimmungen PD (2. Änderung)“ hat und Koordination im Schulqualitätsmanagement: sich das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit den praktischen Fragen der Umsetzung der Unterrichtsverpflichtung eingehend • Koordination von Maßnahmen zur sprachlichen auseinandergesetzt, vgl. BMBWF-722/0015-II/11/2019 vom 2. 7. 2019. Bildung 13
gut zu wissen ter Form zu erbringen. Bei der Festsetzung der Bera- Die Dokumentation für den Einsatz für die + 2 Stunden tungsstunde ist auch auf die Vorhersehbarkeit für die erfolgt im Untis. Dafür sind die Kürzel „QBGL“, „QBIB“ Lehrperson zu achten. Fällt eine Stunde aus, weil der bzw. „QBBE“ vorgesehen. Lehrer erkrankt ist oder der Schüler nicht kommt, ist sie nicht einzubringen, und Vertretungen sind nicht SONSTIGE LEHRAMTLICHE TÄTIGKEITEN einzuteilen. Zur Dienstverpflichtung (22 + 2) kommen noch sonsti- Folgende Bereiche können durch die qualifizierte ge lehramtliche Tätigkeiten, die hier nur exemplarisch Beratungstätigkeit umfasst sein: erwähnt werden. Dazu zählen 1. Gruppenbezogene Beratungen und Lernbeglei- • maximal 15 Stunden institutionelle Fortbildung auf tung als Angebot für Schülergruppen – diese Stun- Anordnung in unterrichtsfreier Zeit, den müssen jedenfalls in Abgrenzung zu Förderun- • Erzieherdienst bis zur halben Lehrverpflichtung, terricht, unverbindlichen Übungen oder Freigegen- • fachfremder Unterricht bei Vorliegen von wichti- stände gehalten werden: gen dienstlichen Gründen bis zu einem Semester, • Lesetraining • verpflichtender Unterricht an beliebigen Schul • Legasthenie-/Dyskalkulietraining arten auch gegen den Willen der Lehrperson bis zu • Förderung in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) einem Jahr. • Vermitteln von Lernstrategien Aus wichtigen Gründen kann die Vertragslehrper- • individuelle Lernbegleitung in der neuen son gemäß § 40a Abs. 7 VBG verpflichtet werden, Oberstufe über das Ausmaß von 22 Wochenstunden hinaus • Begabungs- und Begabtenförderung regelmäßigen Unterricht im Ausmaß von bis zu drei 2. Individuelle oder gruppenbezogene schülerinnen- weiteren Wochenstunden (Mehrdienstleistungen) zu zentrierte Beratung erteilen. Zu 24 Vertretungsstunden pro Schuljahr (bei • vertiefende Maßnahmen zu unterschiedlichen Teilbeschäftigung aliquote Anzahl) kann man ohne Themen von Punkt 1 zusätzliche Bezahlung verpflichtet werden, danach • persönliche, vertrauliche Gespräche mit den gibt es einen fixen Betrag je Stunde. n SchülerInnen in schwierigen Situationen mit Verweis auf weiterführende Stellen (z. B. Krisen situation) WST./22 Besch.-Ausm. weitere Aufg./W weitere Aufg./J • Betreuung von Peer-Mediatoren und Buddies 25 2,000 72,000 3. Vertiefende Beratung von Erziehungsberechtigten, 24 2,000 72,000 auch in Ergänzung zur schülerzentrierten Beratung 23 2,000 72,000 22 100,000 2,000 72,000 WIE IST BEI TEILBESCHÄFTIGUNG VON LEHRPERSONEN 21 95,455 1,909 68,727 VORZUGEHEN? 20 90,909 1,818 65,455 Für die vollbeschäftigten Kollegen sind die Aufgaben 19 86,364 1,727 62,182 der 23./24. Wochenstunde mit zwei Wochenstunden 18 81,818 1,636 58,909 festgelegt. Dies reduziert sich bei Teilbeschäftigung 17 77,273 1,545 55,636 aliquot, wie in der Tabelle gut ersichtlich ist. 16 72,727 1,455 52,364 15 68,182 1,364 49,091 Fallbeispiel 1: Eine junge Kollegin unterrichtet 6 WSt. 14 63,636 1,273 45,818 bei einer 22-stündigen Lehrverpflichtung. Dafür muss 13 59,091 1,182 42,545 sie aliquot 0,545 Wochenstunden (im Jahr 19,636 Stun- 12 54,545 1,091 39,273 den) an qualifizierter Beratungstätigkeit erbringen. 11 50,000 1,000 36,000 10 45,455 0,909 32,727 Fallbeispiel 2: Ein Kollege reduziert auf Teilzeit, unter- 9 40,909 0,818 29,455 richtet 13 Wochenstunden und ist Klassenvorstand. 8 36,364 0,727 26,182 Er hat aliquot bei einer Lehrverpflichtung von 22 Wo- 7 31,818 0,636 22,909 chenstunden 1,182 Wochenstunden qualifizierte Be- 6 27,273 0,545 19,636 ratungstätigkeit zu erbringen (gesamt im Jahr 42,545 5 22,727 0,455 16,364 Stunden). Da er in der Funktion als Klassenvorstand 4 18,182 0,364 13,091 jedoch 1 Wochenstunde aus den Bereichen 1 bis 4 3 13,636 0,273 9,818 bereits erbringt, bleiben ihm nur noch 0,182 Stunden 2 9,091 0,182 6,545 pro Woche (gesamt 6,545 Stunden pro Jahr, abge- rundet 6 Stunden pro Jahr). 1 4,545 0,091 3,273 14
service FOTO: MEDIAPHOTOS / ISTOCK Tauschurlaub – Gratisurlaub … … wenn Sie bereit sind, für den Urlaub Ihr Heim oder Ihren Zweitwohnsitz zu INTERVAC AUSTRIA tauschen. Sie wohnen kostenlos. Ihr Heim ist behütet. Tausende Angebote OSR HS Dir i. R. Johann Winkler aus Europa und Übersee. Sie finden diese in unserem Internet-Tauschbuch: Pestalozzistraße 5 www.intervac.com. 9100 Völkermarkt Tel.: 0677/61 18 79 16 Nützen Sie für 7 Tage unverbindlich unser kostenloses Probierangebot! E-Mail: winkler@intervac.at Bitte geben Sie zur Erhaltung Ihrer Ansprüche ÄNDERUNGEN IHRER ADRESSE, IHRES NAMENS ODER KARENZURLAUBE möglichst rasch unserem Büro bekannt. Adresse: AHS-Gewerkschaft, Lackierergasse 7, 1090 Wien Bei Karenzurlauben bitten wir um Angabe der Art (bezahlt oder unbezahlt), der voraussichtlichen Dauer und des voraussichtlichen Geburtstermines. Service für unsere Mitglieder HABEN SIE FRAGEN? BRAUCHEN SIE HILFE? Tel.: 01/405 61 48, Fax: 01/403 94 88, E-Mail: office.ahs@goed.at In allen dienst- und besoldungsrechtlichen Angelegenheiten beraten wir Sie gern oder suchen für Sie eine Lösung! Anfragen können nur bei Angabe der Mitgliedsnummer behandelt werden! Adresse: AHS-Gewerkschaft, Lackierergasse 7, 1090 Wien 15
gut zu wissen Medizinische MMAG. MAG.IUR. Tätigkeiten durch LehrerInnen? GERTRAUD SALZMANN DIENSTRECHTSREFERENTIN DER AHS-GEWERKSCHAFT gertraud.salzmann@goed.at Medizinische Laientätigkeit und Übertragung ärztlicher Tätigkeiten an Lehrpersonen: In den Schulen sind Lehrkräfte immer häufiger damit konfrontiert, dass SchülerInnen an Krankheiten oder Allergien leiden, für die sie auch im Laufe des Tages unter Umständen medizinische Hilfe brauchen. Zudem sind die SchülerInnen gerade in den Ganz- AD 1) AUF ALLGEMEINWISSEN BERUHENDE TÄTIGKEITEN, tagsbetreuungseinrichtungen sehr lange aus ihrer DIE VON JEDEM MEDIZINISCHEN LAIEN ERBRACHT gewohnten familiären Umgebung herausgenom- WERDEN DÜRFEN men und haben so tagsüber bei der medizinischen Tätigkeiten, die Durchschnittsmenschen ohne beson- Versorgung oft keine Unterstützung durch Familien- dere Einschulung durchführen können, sind für Lehr- mitglieder. kräfte zumutbare Tätigkeiten, die zu ihren lehramt Wie sollen die Schulen nun auf die geänderte Sach- lichen Obliegenheiten im Sinne des § 211 BDG zählen. lage reagieren, was können Lehrkräfte zur Unter- Sie gelten im Sinne der Aufsichtsführung als gesetzlich stützung tun, und können die LehrerInnen sogar zu angeordnet. Sollte eine Schülerin bzw. ein Schüler zu bestimmten Tätigkeiten verpflichtet werden? Ein ak- Schaden kommen, greift die Amtshaftung, d. h., es tuelles Rundschreiben des Ministeriums für Bildung, haftet nicht die Lehrperson, sondern die Republik. Wissenschaft und Forschung beantwortet anstehen- Zu diesen Tätigkeiten zählen z. B. das Überwachen de Fragen. der selbstständigen Medikamenteneinnahme durch Wesentlich ist, dass die unter Anweisung übertragene das Kind, das Erinnern an die Blutzuckermessung, das Tätigkeit der Lehrperson der Amtshaftung unterliegen Holen ärztlicher Hilfe, das Erinnern an die Einnahme und die/der LehrerIn, wenn sie/er sich an die Vorga- der Jause bei Diabeteserkrankung. ben hält, nicht persönlich für einen Schaden haftbar gemacht werden kann. AD 2) ÄRZTLICHE TÄTIGKEITEN, DIE EINER ÜBERTRAGUNG DURCH DEN ARZT BEDÜRFEN GRUNDSÄTZLICH WERDEN DREI SITUATIONEN Wenn es sich nicht um auf Allgemeinwissen beruhen- UNTERSCHIEDEN: de Tätigkeiten handelt, kann eine Ärztin bzw. ein Arzt 1. Einfache Tätigkeiten, die auf einem Allgemeinwis- oder eine Schulärztin bzw. eine Schulärztin im Einzel- sen beruhen und von jedem medizinischen Laien fall eine ärztliche Tätigkeit nach vorhergehender An- erbracht werden dürfen. Die Ausübung solcher leitung an Lehrpersonen übertragen. Dazu gehören Tätigkeiten ist für Lehrkräfte verpflichtend. z. B. aktive Medikamentenverabreichung, Blutzucker- 2. Tätigkeiten, die ÄrztInnen vorbehalten sind. Ge- messung beim Kind, aktive Bedienung der Insulin- FOTO: FERTNIG / ISTOCK mäß § 50a Ärztegesetz können solche ärztlichen pumpe, oder Handlungen an der Ernährungssonde. Tätigkeiten an einen medizinischen Laien über- Die Entscheidung, ob eine solche Tätigkeit übertra- tragen werden, sofern er sich dazu bereit erklärt. gen werden kann, liegt bei der Ärztin bzw. dem Arzt. Lehrpersonen können diese Tätigkeiten freiwillig Die Lehrperson darf die Übernahme dieser Tätigkeit übernehmen. ablehnen, da eine Übernahme nur freiwillig erfolgen 3. Handeln in Notfallsituationen. kann, sodass dazu auch keine Weisung erteilt werden 16
gut zu wissen kann. Der betroffene Schüler sowie die Eltern müs- reichend, wenn weitere Maßnahmen zur Verfügung sen der Übertragung ebenfalls zustimmen. Sollte ei- stehen und erkennbar ist, dass die Hilfe nicht recht- ne Lehrperson eine ärztliche Tätigkeit übernehmen, zeitig eintreffen wird. Beispielsweise kann die Verab- wird diese zur Dienstpflicht, sodass für einen Schaden reichung eines Notfallmedikamentes bei schweren al- nicht die Lehrperson haftet, sondern gemäß Amts- lergischen Reaktionen, massiver Unterzuckerung oder haftung die Republik Österreich. bei epileptischen Anfällen lebensnotwendig sein. Die Achtung: Die Lehrperson muss sich an den Arzt wen- LehrerInnen sind bei betroffenen Kindern rechtzeitig den, wenn sie weiß oder wissen müsste, dass sie eine von den Eltern zu informieren und müssen sich vorab Tätigkeit nicht mit der gebotenen Sorgfalt ausführen über die Handhabung kundig machen (lehramtliche kann. Obliegenheit). Die Gabe des Medikamentes im Not- fall geschieht im Rahmen der Aufsichtsführung und AD 3) HANDELN IM NOTFALL unterliegt auch der Amtshaftung. Die Schulärztin bzw. In medizinischen Notfällen trifft alle Lehrpersonen im der Schularzt wird die Einschulung der Lehrperson Rahmen ihrer Dienstausübung die Verpflichtung zur über die Handhabung eines Notfallmedikamentes in Hilfeleistung (unterliegt auch der Amtshaftung). Die Absprache mit den Eltern vornehmen. Tätigkeiten sind im Bereich der Erste-Hilfe-Leistung Für alle Fälle gilt, dass die Eltern die Geräte und Medi- zu sehen und haben dort auch ihre Grenzen. Ein kamente bereitstellen, warten und die Schule recht- Unterlassen der Erste-Hilfe-Leistung bedeutet auch zeitig informieren. Eine regelmäßige Kommunikation das Risiko der unterlassenen Hilfeleistung gemäß § 95 und gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten StGB und stellt einen Straftatbestand dar. Lediglich – Kind, Eltern, Lehrperson(en), Schulärztin/Schularzt – die Ärztin bzw. den Arzt zu verständigen, ist nicht aus- ist zum Wohle des Kindes absolut notwendig. n 17
im fokus Weil’s manche MAG. GERHARD RIEGLER MITGLIED DER BUNDESLEITUNG noch immer nicht wissen (wollen) gerhard.riegler@goed.at „Wir haben ein besonders teures Schulsystem und schneiden international besonders schlecht ab.“ So glaubt es Dr. Helmut Brandstätter, der ehemalige Chefredakteur des „Kurier“, zu wissen oder behaupten zu müssen.1 Statt darüber zu spekulieren, ob der NEO(S)-Politiker bewusst sein. Darin sehe ich eine der Hauptursachen wirklich glaubt, was er da von sich gibt, oder nicht, für unglaublich falsche Aussagen wie die oben zitier- seien dieser ebenso alten wie falschen Behauptung te, die mindestens so regelmäßig auftauchen wie Fakten gegenübergestellt – selbstverständlich samt Meldungen über die Sichtung des Ungeheuers von Quellangaben, damit es nicht nur Herr Dr. Brandstät- Loch Ness. ter, sondern alle überprüfen können, die es noch im- Nur wenige Tage später glaubte auch der ehemalige mer nicht wissen oder nicht glauben wollen. Finanzminister Österreichs, Dr. Hannes Androsch, me- „In den OECD-Ländern belaufen sich die öffentlichen dial verkünden zu müssen, wir würden „überdurch- Gesamtausgaben für Bildung im Primar- bis Tertiär schnittlich viel Geld in unsere Schulen investieren“.5 bereich im Durchschnitt auf 11 Prozent der öffent Da durfte natürlich auch „Bildungsexperte“ Salcher lichen Gesamtausgaben, die Bandbreite reicht von nicht nachstehen. Er behauptete, Österreich habe rund 7 Prozent bis rund 17 Prozent.“2 innerhalb der Europäischen Union das zweitteuerste Österreichs Politik ist das Bildungswesen nur 9,7 Pro- Bildungssystem.6 zent der öffentlichen Ausgaben wert. Mit 13,5 Prozent In Wahrheit wurde an Österreichs Schulen seit der der öffentlichen Gesamtausgaben wird z. B. in der Jahrtausendwende leider noch weit rigoroser ge- Schweiz von einer Bildungsoffensive nicht nur gespro- spart als im Bildungswesen insgesamt. Der Anteil chen.3 Während der Anteil der Gesamtausgaben für am Bruttoinlandsprodukt, der dem SCHULwesen zur das Bildungswesen am Bruttoinlandsprodukt im so oft Verfügung gestellt wird, war zur Jahrtausendwende beschworenen Norden Europas seit der Jahrtausend- noch um ein Drittel größer. Wollen Brandstätter, An- wende deutlich erhöht wurde, sank er in Österreich drosch und Salcher die Fortsetzung dieses dramati- um ein Zehntel. schen Ressourcenentzugs? Gesamtausgaben für das Bildungswesen Gesamtausgaben für das Schulwesen als 1999 2016 1999 2016 als Anteil am BIP4 Anteil am BIP7 Norwegen 6,6 % 8,5 % Norwegen 4,0 % 4,6 % FOTO: PUSTEFLOWER9024 / ISTOCK Schweden 6,7 % 7,3 % Finnland 3,6 % 3,9 % Finnland 5,8 % 6,8 % Schweden 4,4 % 3,8 % Österreich 6,3 % 5,6 % Österreich 4,2 % 3,1 % Dass das BILDUNGswesen nicht nur aus dem Schulwe- Der Rückstand auf Schweden entspricht 2,7 Milli- sen besteht, sondern neben den Schulen auch den arden Euro, der auf Finnland 3,1 Milliarden und der vorschulischen und den tertiären Bereich umfasst, auf Norwegen sogar fast 5,8 Milliarden Euro, jährlich! dürfte PolitikerInnen und JournalistInnen nicht immer Die Begründung für dieses Aufklaffen des Ressour- 18
Sie können auch lesen