Gewalt Wissenschaftliche Jahrestagung Online 2021 aus dem Saarland - besser - Bundeskonferenz für ...
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Gewalt Wissenschaftliche Jahrestagung Online 2021 aus dem Saarland Kreisstadt Saarlouis Mittwoch, 27. 10. bis Freitag, 29. 10. Saarlouis: Impression aus dem ursprünglich geplanten Tagungsort 4 Schirmherrschaft Vorbereitungsgruppe 5 Grußwort Renato Barachino 7 Vorwort Eva-Maria Brachmann 8 Das Programm Peter Bruna 12 Vorträge Lena Fischer 17 Arbeitsgruppen M1-M12 Kai Götzinger Mittwoch, 27. 10. Sylke Oberdörfer-Weingärtner 25 Arbeitsgruppen D1-D12 Alexander Penth Donnerstag, 28. 10. Dörte Saamann 33 Aktuelle Stunde Elke Schratz 34 Referentinnen und Referenten Susanne Tinnemeier 37 Anmeldung Theresia Wagner 38 Datenschutz Susanne Weyand 39 Impressum Marina Wilhelm von der Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehungs- und Familienberatung im Saarland e.V.
Grußwort Schirmherrschaft Sehr geehrte Fachkräfte der Erziehungs- und Familienbera- tung, sehr geehrte Damen und Herren, sehr gerne habe ich die Schirmherrschaft Ihrer Wissen- schaftlichen Fachtagung übernommen. Gerne hätte ich Sie im letzten Jahr zu der Veranstaltung im Saarland begrüßt; leider war dies wegen der Pandemie nicht möglich und auch in diesem Jahr kann Ihre Bundeskonferenz nur im Format einer Videokonferenz stattfinden. Dennoch bin ich der bke sehr dankbar, dass Sie nun die Durchführung dieser Konferenz ermöglicht haben, und ich begrüße es sehr, dass Sie den Fokus Ihres Kongresses auf das Schwerpunktthema »Gewalt« richten. Gewalt an Kindem und Jugendlichen, Gewalt in Familien, aber auch Gewalt von Kindern und jungen Menschen stellen Monika Bachmann eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft dar. Sie Ministerin für Soziales, sind ein Thema, das an Gegenwärtigkeit leider nicht verloren hat. Hierbei geht es auch längst nicht mehr nur um körper- Gesundheit, Familie liche Gewalt, Gewalt ist heute und Frauen des noch vielschichtiger geworden Saarlandes hat die – ich nenne nur das Stichwort Schirmherrschaft über »Cybermobbing«. Die in der Familienberatung die Wissenschaftliche tätigen Fachkräfte erleben in Jahrestagung der bke ihrer täglichen Arbeit nur zu oft, 2021 übernommen. wie weit gesetzlich verankerte Schutzbestimmungen im Gegen- satz zur Realität in einzelnen Familien stehen. Zu ihnen kom- men Eltern, die Hilfe suchen, weil sie bei der Erziehung ihrer Kinder ratlos sind oder sich überfordert fühlen. Sie werden konfrontiert mit allen Formen von Gewalt, mit körperlicher und psychischer Misshandlung, mit sexuellem Missbrauch oder häuslicher Gewalt zwischen Vater und Mutter. Wir dürfen deshalb nicht nachlassen in unseren Bemühun- gen, die Beratungs- und Hilfsangebote zu verbessem und weiterzuentwickeln. Hierbei gilt der Grundsatz: Je früher wir ansetzen, desto wirksamer sind diese – Prävention ist besser als Intervention. Auch Normen und administrative Strukturen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie zur Unter- stützung und Beratung müssen ständig überprüft und bei Bedarf novelliert werden. 4 5
Ich bin daher sehr froh darüber, dass wir im Saarland schon im Jahr 2007 das Landesprogramm »Frühe Hilfen – Vorwort Keiner fällt durchs Netz« gestartet haben. Unser Ziel war es, Gewalt birgt Schrecken. Menschen leiden unter Gewalt, sie frühe Zugänge zu belasteten Familien und niedrigschwellige fliehen vor ihr. Menschen üben Gewalt aneinander aus – Beratungs- und Unterstützungsangebote für Eltem zu schaf- auch dann, wenn sie in Familien als Partner oder als Eltern fen. Das Saarland war das erste Bundesland, das flächende- miteinander leben. Gewalt präsentiert sich in unterschied- ckend ein solches Netzwerk Früher Hilfen vorgehalten hat. lichsten Erscheinungsformen, von struktureller Gewalt, über Als weiteren Baustein haben wir seit 2020 an allen Geburts- körperliche Schädigung bis hin zu subtiler psychischer Ge- kliniken »Frühe-Hilfen-Lotsendienste« implementiert, damit walt in Form von Abwertung und Manipulation. noch mehr Familien präventiv erreicht werden können. Zugleich scheint von Gewalt eine Faszination auszugehen Mit einer gewachsenen Vernetzung und einem guten Mit- – sie ist Inhalt menschlicher Phantasien und Gegenstand einander aller relevanten Akteurinnen und Akteure im Be- von Kunst und Unterhaltungsindustrie. Kinder, Jugendliche reich Kinderschutz konnte in den vergangenen Jahren damit und Erwachsene werden im Verlauf ihres Lebens in den bereits eine gute Grundstruktur aufgebaut werden. unterschiedlichsten Rollen mit Gewaltphänomenen in allen Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung im Kinder- Lebenswelten konfrontiert. Aus dieser alltäglichen Gegen- schutz haben für uns weiterhin oberste Priorität und sie wärtigkeit, der Bedeutsamkeit wie dem Facettenreichtum sind Daueraufgabe, d.h. wir dürfen bei dem Erreichten nicht des gesamten Themenfeldes »Gewalt« ergeben sich zahl- stehenbleiben. Kitas, Schulen, Kirchen, die Wohlfahrt, der reiche Fragen an das Arbeitsfeld der Erziehungsberatung, Sport, Internate oder auch Kliniken und Einrichtungen aus die zu einer intensiven Auseinandersetzung im Rahmen der dem ambulanten medizinischen und therapeutischen Be- Wissenschaftlichen Jahrestagung der bke 2021 anregen. Und reich stehen nach wie vor in der Verantwortung, den Schutz dies angesichts der Corona-Virus-Pandemie dieser Zeit umso der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt weiter zu verbes- mehr: Familien wurden auf sich selbst zurückgeworfen, sie sern und betroffenen Mädchen und Jungen schneller und haben sich zeitweise in weitgehende Isolation von ihrem passgenauer zu helfen. sozialen Umfeld und ihren Beziehungen begeben. Die Funk- Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung im Au- tionalität der Familien war extrem gefordert und überforder- gust 2019 die Kommission Kinderschutz im Saarland einge- te viele. In engen Bewegungs- und Handlungsräumen wurde richtet. Mit der Einrichtung der unabhängigen Expertenkom- eine Zunahme der zwischenmenschlichen Spannungen bis mission verfolgt die saarländische Landesregierung das Ziel, hin zur häuslichen Gewalt sichtbar. So ist ein differenzierter die Herausforderungen eines zeitgemäßen, effektiven Kinder- Blick auf Gewalt sowie die Diskussion ihrer Phänomene schutzes im Bereich des sexuellen Missbrauchs, aber auch geboten. bei Misshandlung und Vernachlässigung aktiv anzugehen und die bestehenden Strukturen und Angebote auf den Prüf- Gewalt und Gesellschaft – der Makrokosmos der Gewalt stand zu stellen und einem Kinderschutz-Check zu unterzie- Im Bemühen um eine definitorische Klärung des Begriffs hen. Denn: Kinder sind das Wertvollste, was uns anvertraut »Gewalt« erscheint eine begriffliche Annäherung über Ag- ist, sie bedürfen unseres ganz besonderen Schutzes. gression als Gruppe von Verhaltenssystemen, »um sich Der bke und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der gegen andere mit schädigenden Mitteln zu behaupten und Fachtagung 2021 wünsche ich einen guten Erfahrungsaus- durchzusetzen« (Wahl 2013) angezeigt. In einem nächsten tausch, interessante Diskussionen und wertvolle Erkenntnis- Schritt gilt es, »gesellschaftliche und staatliche, zeit- und se für Ihre Arbeit. kulturabhängige Normierungen« (ebd.) zu berücksichtigen. Schlaglichter auf gesellschaftliche Entwicklungen im Kon- Mit herzlichen Grüßen text Gewalt deuten das Spannungsfeld an, vor dessen Hin- Monika Bachmann tergrund sich die individuelle Entwicklung von Emotionsre- Ministerin für Soziales, Gesundheit, gulation und Verhaltenskontrolle bei Aggressivität vollzieht, Familie und Frauen des Saarlandes 6 7
und welchen Herausforderungen Erziehende wie Heranwach- Ebene auf psychosoziale Formen (Mobbing, Cyber-Mobbing, sende begegnen. Cyber-Bullying, u.a.) verlagert und hier neue Strategien von So zeigt sich seit der im Jahr 2000 verabschiedeten ge- allen an der Erziehung Beteiligten erarbeitet werden müs- setzlichen Regelungen zur gewaltfreien Erziehung ein signi- sen. fikanter Rückgang in der Akzeptanz (von ca. 53,7% auf 17% für »leichte Ohrfeigen«) sowie in der Häufigkeit tatsächlich Wenn aus Aggression Gewalt wird – der Mikrokosmos der berichteter körperlicher Bestrafungen (von 65,1% auf 30,8% Gewalt für »leichte Ohrfeigen«) (Plener, Rodens, Fegert, 2016). Bei »Survival of the fittest« – das aller Evolution zugrunde allem Rückgang ist es dennoch höchst alarmierend, dass liegende Prinzip gibt bereits einen klaren Hinweis auf die annähernd ein Drittel der befragten Kinder weiterhin von zu- Bedeutung von Konkurrenz, Durchsetzungsvermögen und mindest leichten Formen körperlicher Bestrafung berichtet. Suche nach dem eigenem Vorteil. Dabei gilt es als unbe- Vor dem Hintergrund einer gesamtgesellschaftlichen stritten, dass ein interindividuell unterschiedliches Aggres- Tendenz, körperliche Auseinandersetzung immer weniger sionspotenzial von Natur aus veranlagt ist, aus dem sich zu tolerieren, agieren Erziehende bei kindlichem körperbe- die Tendenz zu aggressivem Verhalten ableitet. Prosoziale zogenem Spielverhalten wie raufen, sich körperlich messen, Verhaltensweisen gilt es, obwohl auch diese teilweise als kämpfen, zusehends unsicher. biologisch veranlagt gelten, in der Erziehung zu erlernen. In diesem Zusammenhang kann auch vermutet werden, Als beste Gewaltprävention gelten eine gelingende Ent- dass sich die Ausübung von Gewalt von der körperlichen wicklung, eine sichere Bindung, das Erlernen von Impuls- Das Programm Mittwoch Donnerstag Freitag 27. Oktober 28. Oktober 29. Oktober Die Eröffnungsveranstal- 9.15 Eröffnung 9.15 Dr. Heinz Kindler 9.15 Eva Borries tung sowie die Vorträge Hintergründe familiä- Sichtbare und werden aus einem Stu- 10.30 Dr. Rita Steffes-enn rer Gewalt und unsichtbare dio in Saarbrücken in Gewalt und Handlungsstrategien Gewalt in digitalen HD-Qualität gestreamt. gesellschaftlicher Wandel in der Beratung Medienwelten. Die Arbeitsgruppen wer- Was tut weh? den mit einem Videokon- 12.00 Jun.-Prof. Dr. 10.45 Jun.-Prof. Dr. ferenztool durchgeführt. Lisa Wagels Catherine 10.45 Prof. Dr. Psychobiologie Gunzenhauser Jörg M. Fegert aggressiven Verhaltens Ein ganz normaler Gewaltfreie Erziehung Wutanfall Wut und Aggression bei typisch entwickelten Kindern 13.00 Mittagspause 12.00 Mittagspause 12.00 Ende der Tagung 15.00 Arbeitsgruppen 14.00 Arbeitsgruppen bis bis 18.00 17.00 8 9
kontrolle, Herstellung guter Beziehungen zu Gleichaltrigen, Aggression und Gewalt in Beratungssituationen geschützt? Empathie und pro-sozialem Verhalten, usw. Umgekehrt Wie gehen sie mit eigener Aggressivität um? erhöht sich bei schwierigen Entwicklungsverläufen, der Ku- Vor diesem Hintergrund will die Wissenschaftliche Jahres- mulation sozialer Belastungsfaktoren und unsicheren Bezie- tagung eine vielfältige reflektierte Betrachtung von Aggres- hungen das Risiko, gewalttätiges Verhaltens zu zeigen. sion und Gewalt ermöglichen, welche die zugrunde liegen- Sowohl für die Unterstützung gelingender Entwick- den Mechanismen, äußere Auslöser, ihre innere Logik, ihre lungsverläufe als auch für die Intervention bei schwierigen neuro-biologischen Grundlagen und ihre gesellschaftliche Entwicklungsverläufen hält Erziehungsberatung ein breites Verteilung berücksichtigt. Angebot bereit. Gerade angesichts der Erfahrungen in Zeiten der Corona- Pandemie erscheint es uns wichtig, den Blick auf unsere Gewalt im Kontext der Erziehungsberatung humanistischen Werte und unseren Alltag im Zusammenle- Kinder und Jugendliche leiden unter den Belastungen mit ben in Familie und Gesellschaft zu richten. Gewalt assoziierter Erfahrungen. An Kindern wird körper- Sehr gerne hätten wir Sie, liebe Kolleginnen und Kolle- liche, körperlich sexualisierte und psychische Gewalt aus- gen, zur Wissenschaftlichen Jahrestagung im Saarland be- geübt. Sie erleiden Herabwürdigungen oder werden zum grüßt. Die Entwicklung der Pandemie war zu dem Zeitpunkt, Spielball erwachsener Interessen im Umfeld von eskalierten als wir endgültig unsere organisatorische Planung/Vorberei- Trennungs- und Scheidungskonflikten. Kinder und Jugend- tung abschließen mussten, nicht vorhersehbar. Wir haben liche üben aber auch in körperlicher wie in psychischer uns für die sowohl für die Teilnehmenden als auch für die Hinsicht Gewalt aneinander aus. Sie prügeln sich, verleiten Referierenden »sichere« Maßnahme der Studioveranstaltung andere zu exzessivem Alkoholkonsum, sie denunzieren sich im Online-Format entschieden. und stellen sich bloß, sie trachten nach gesellschaftlicher Dennoch hoffen wir, dass es uns gelingt, Ihnen neben Ausgrenzung anderer und vieles mehr, was als »Gewalt« allen fachlichen Erkenntnissen und Informationen auch et- verstanden werden muss. was von der saarländischen Lebensart und Herzlichkeit zu Eltern wiederum erscheinen vor dem Hintergrund alltäg- vermitteln. licher Erziehungsherausforderungen immer wieder verun- An dieser Stelle danken wir dem ehemaligen Vorsitzen- sichert und zögerlich in ihren Erziehungsbotschaften und den der saarländischen Landesarbeitsgemeinschaft, Kai -praktiken. Sie benötigen eine klare Trennung zwischen Götzinger. Er hat das Projekt Wissenschaftliche Jahrestagung Tatkraft und Durchsetzungsvermögen gegenüber Kindern im zum Thema »Gewalt« angeregt und gemeinsam mit der Erziehungsalltag und einer die persönlichen Grenzen verlet- Vorbereitungsgruppe inhaltlich und organisatorisch voran- zenden Aggressivität. getrieben. Auch der Entwurf für dieses Vorwort stammt von Für das professionelle Feld der Erziehungsberatung und ihm. Er hat sich Ende 2020 beruflich neu orientiert und den angrenzender Arbeitsfelder ergibt sich eine permanente Arbeitsbereich Erziehungsberatung verlassen. Danke für die Auseinandersetzung mit Facetten von Aggressivität und gute Vorarbeit Kai! Gewalt. Welches aggressive Verhalten bei Kindern ist Be- standteil einer gesunden Entwicklung? Wie begegnen Eltern Theresia Wagner Bodo Reuser dem aggressivem Verhalten Ihrer Kinder? Wie erkennen Er- Vorsitzende der Landes Vorsitzender der ziehende ihre eigenen aggressiven Impulse und verhindern, arbeitsgemeinschaft für Bundeskonferenz für dass sie in Erziehungssituationen handlungsleitend werden? Erziehungs- und Familien Erziehungsberatung e.V. Bedeutet »gewaltfreie Kommunikation« Verzicht auf jegliche beratung im Saarland e.V. Form von Ärger in Erziehungskontexten? Wie können die durch Gewalt entstandenen Wunden heilen? Wie erkennen professionell Helfende Gewaltkonstellationen in Familien? Welche Maßnahmen zur Gewaltprävention haben sich als wirksam erwiesen? Sind Fachkräfte ausreichend gegenüber 10 11
Vorträge gebungsstudien zeigen hier bereits erste Ergebnisse. Durch ein besseres Verständnis der biologischen Schaltstellen entstehen auch vermehrt Möglichkeiten so genannte Neu- Vortrag 1 Mittwoch, 27. 10. 10.30 Uhr rostimulationsverfahren einzusetzen. Anhand verschiedener Dr. Rita Steffes-enn Studienergebnisse werden einerseits verschiedene biolo- Gewalt und gesellschaftlicher Wandel gische Einflussfaktoren für Aggression näher erläutert und andererseits Möglichkeiten zu biologischer Modulation von Inwieweit ist Gewalt Ausdruck von Kultur und/oder Trend? aggressiven Reaktionen aufgezeigt. Hat sich die Gewalt gewandelt und/oder die Gesellschaft? Oder ist Gewalt gar ein soziales Konstrukt? Um diese Vortrag 3 Donnerstag, 28. 10. 9.15 Uhr Fragen möglichst breit diskutieren zu können, werden Dr. Heinz Kindler gesellschaftliche Einflussfaktoren auf das Phänomen Hintergründe familiärer Gewalt und »Gewalt« und den Umgang mit diesem vorgestellt. Darüber hinaus werden ausgewählte kriminologische Handlungsstrategien in der Beratung Erklärungsansätze zur Entstehung von Gewaltkriminalität Da in Fällen familiärer Gewalt für betroffene Kinder, Eltern erörtert. und Fachkräfte viel auf dem Spiel stehen kann, ist ein gu- ter Informationsfluss zwischen Forschung und Praxis hier Vortrag 2 Mittwoch, 27. 10. 12.00 Uhr besonders wichtig. Im Vortrag werden vor diesem Hinter- Jun.-Prof. Dr. Lisa Wagels grund vier Themen behandelt: eine Heuristik für die Un- terscheidung zwischen Kindesmisshandlung als Form von Psychobiologie aggressiven Verhaltens Kindeswohlgefährdung und Erziehungsgewalt als »bloßem« Aggressives Verhalten hat multifaktorielle Ursprünge. Wäh- Hilfeanlass, die Befundlage zu Risikoeinschätzungen nach rend erste Modelle für Aggression eher einen einfachen Kindesmisshandlung und Partnerschaftsgewalt, Weiterent- Zusammenhang zwischen Frustration und der Wahrschein- wicklung des Verständnisses der Ursachen von Kindes- lichkeit einer aggressiven Reaktion sahen, sind wissen- misshandlung jenseits der ökologischen Theorie multipler schaftstheoretische Modelle heute komplexer. Zusätzlich zur Belastungen und, darauf aufbauend, der Wissensstand zu Auslösesituation sind es vor allem Emotionen, Gedanken eher erfolgversprechenden Beratungsstrategien nach Erzie- und der Erregungszustand der Person, die bedingen, ob hungsgewalt oder Kindesmisshandlung. jemand aggressiv reagiert (Anderson & Bushmann, 2001). Hier zeigt die moderne Forschung deutlich, dass biologische Vortrag 4 Donnerstag, 28. 10. 10.45 Uhr Faktoren eine erhebliche Rolle spielen. Dazu gehören Verän- Jun.-Prof. Dr. Catherine Gunzenhauser derungen im Hormonspiegel. Beispielsweise das Stresshor- Ein ganz normaler Wutanfall mon Cortisol, das Neuropeptidhormon Arginin-Vasopressin Wut und Aggression bei typisch entwickelten Kindern und natürlich Testosteron können Ärger und Aggression antreiben. Befunde aus den Neurowissenschaften deuten Eine wichtige Entwicklungsaufgabe in der frühen und mittle- an, dass die Hormone bestimmte Gehirnnetzwerke, die für ren Kindheit besteht darin, emotionales Erleben und emoti- soziale Kognition eine wichtige Rolle spielen, modulieren. onalen Ausdruck den sozialen Anforderungen entsprechend Dazu zählen ein Emotionsnetzwerk, ein Regulationsnetzwerk zu regulieren. Insbesondere adaptive Strategien zur Regula- und auch das Belohnungsnetzwerk, das entscheidend für tion von Wut sind unerlässlich, um Konflikte und Meinungs- Appetition und Motivation ist. Die Komplexität biologischer verschiedenheiten im sozialen Miteinander gewaltfrei klären Einflussfaktoren zeichnet sich auch dadurch ab, dass diese zu können. Diese Fertigkeit wird bereits ab dem frühen Netzwerke und auch die Effektivität der Hormone zusätzlich Kindesalter gelernt und maßgeblich durch die Interaktion durch genetische Faktoren beeinflusst werden können. Bild- mit primären Bezugspersonen wie den Eltern, aber auch pädagogischen Fachkräften und auch Gleichaltrigen sozia- 12 13
lisiert. Gerade in Entwicklungsphasen, die auch bei typisch enwelten erleben. Dabei geht es neben den »offensicht- entwickelten Kindern durch einen gesteigerten Ausdruck lichen« Formen von Gewalt in Videos und Online-Spielen von Wut und Aggression geprägt sind, gelangen Eltern nicht auch um die Erfahrung von sexualisierter Gewalt. Daneben selten an ihre eigenen emotionalen Grenzen. Viele Eltern stehen Gewalterfahrungen in der digitalen Kommunikation fühlen sich in solchen Phasen verunsichert und suchen nach und solche Erlebnisse, die Außenstehende nicht gleich als Antworten auf die Frage, ob das Verhalten ihres Kindes »Gewalt« begreifen würden – die aber für den Betroffenen (noch) normal ist, und wie sie auf Wutausbrüche ihres Kin- nicht minder schmerzlich sind. Wo fängt Gewalterleben in des reagieren sollen. Im Vortrag werden zunächst entwick- digitalen Medienwelten eigentlich an, und wie reagieren wir lungspsychologische Grundlagen zu Wut und Aggression in darauf? Die Erziehungsberatung steht vor der Herausforde- der typischen Entwicklung zusammengefasst und es wird rung, Betroffene in diesen Gewalterfahrungen zu begleiten näher beleuchtet, welche Rolle verschiedene Faktoren im El- und zu beraten. Die Beratung steht und fällt mit der Haltung ternhaus sowie im Umgang mit pädagogischen Fachkräften der Beratenden zu digitalen Medienwelten einerseits und hierbei spielen. Anschließend wird das emotionsfokussierte der Annahme andererseits, dass jedes Erleben im digitalen Elterntraining »Tuning in to Kids« vorgestellt, welches diese Raum ernst zu nehmen ist. Der zweite Teil des Vortrags Grundlagen aufgreift und zur Vorbeugung sowie Behandlung widmet sich der Frage, wie die praktische Erziehungsbe- von emotionalen und Verhaltensproblemen bei Vor- und ratung zu diesem Thema aussehen kann. Was brauchen Grundschulkindern eingesetzt werden kann. In einem ver- Erziehungsberater/innen, um konkreten Beratungsheraus- tiefenden Workshop können ausgewählte Übungen dieses forderungen gerecht zu werden und kompetent beraten zu evidenzbasierten Trainings näher kennengelernt und prak- können? Und welche Impulse, Gedanken und Hilfestellungen tisch ausprobiert werden. brauchen Betroffene, Opfer, ihre Familien und die Täter? Vortrag 5 Freitag, 29. 10. 9.15 Uhr Vortrag 6 Freitag, 29. 10. 10.45 Uhr Eva Borries Prof. Dr. Jörg M. Fegert Sichtbare und unsichtbare Gewalt in digitalen Gewaltfreie Erziehung Medienwelten. Ellen Key (1849-1926) bezeichnete das 20. Jahrhundert Was tut weh? Bestandsaufnahme und praktische hoffnungsvoll als das »Jahrhundert des Kindes«. Schon Impulse für den Erziehungsberatungsalltag sie formulierte ein Recht aller Kinder auf eine gewaltfreie Kinder und Jugendliche verbringen einen großen Teil ihrer und liebevolle Erziehung. Erstmals stieß missbräuchliche Freizeit online. Scheinbar nichts geht mehr ohne WhatsApp, elterliche Gewalt mit der Verrechtlichung des Kindeswohl- Instagram, Youtube und Tiktok und Co. Dabei steht erstmal gedankens im Deutschen BGB Anfang des 20. Jahrhunderts Spaß, Vernetzung und Unterhaltung im Vordergrund. Die an staatliche Grenzen. Dennoch dauerte es ein ganzes Jahr- Corona-Pandemie gilt nochmal als Beschleuniger und hat hundert, bis u. a. die Vorgaben des Bundesverfassungsge- die digitale Welt unweigerlich noch mehr in den Fokus von richts und die Vorgaben aus der UN-Kinderrechtskonvention, Heranwachsenden und Familien gerückt. Die Zeit im digi- welche 1989 verabschiedet wurden, in Deutschland im Bür- talen Raum ist bei allen deutlich gestiegen – und auch die gerlichen Gesetzbuch ihren Niederschlag fanden. Während in Konfrontation mit unterschiedlichen Formen von digitaler Österreich sofort 1989 Gewalt an Kindern verboten wurde, Gewalt. In ihrem Vortrag nimmt die Medienpädagogin Eva wurde erst nach der Jahrtausendwende, am 2.11. 2000, § Borries unterschiedlichen Formen von digitaler Gewalt aus 1631 Abs. 2 BGB, von der Rot-Grünen Koalition in der Amts- der Sicht Heranwachsender in den Blick und ordnet das zeit der Bundesfamilienministerin Dr. Christine Bergmann Thema für die praktische Erziehungsberatungsarbeit ein. Der gegen heftigen Widerstand geändert. Eine der Hauptkritik- Blick richtet sich dabei zuerst auf die Frage, welche Formen punkte damals war, dass es sich dabei nur um symbolische von (digitaler) Gewalt Heranwachsende in digitalen Medi- Gesetzgebung handele, die ohne entsprechende Sanktio- 14 15
nen nicht Wirkung entfalten könne. Bussmann führte 2005 (veröffentlicht 2010) eine Elternstudie durch und konnte Arbeitsgruppen M1–M12 5 Jahre nach der Einführung der gewaltfreien Erziehung Mittwoch 27.10 15.00–18.00 Uhr eine deutliche Reduktion der Akzeptanz von Körperstrafen M1 Jörg Ewering aufzeigen. Unsere eigene Untersuchung etwas mehr als 10 Deeskalation im Beratungskontext Jahre nach Bussmann zeigt, dass die Akzeptanz für Kör- M2 Marco Flatau perstrafen in der Allgemeinbevölkerung weiter drastisch Cybergrooming abgesunken ist. So hielten 2005 noch drei Viertel der Be- Schutz vor sexualisierter Gewalt aus dem Internet fragten einen Klaps auf den Po in der Erziehung für legitim, während dies 2016 weniger als die Hälfte der repräsentativ M3 Dorothee Lappehsen-Lengler befragten Personen bejahten. Während 2005 über die Hälfte Tatort Familie eine leichte Ohrfeige als ein angemessenes Erziehungsmittel M4 Dr. Ulrike Lux hielten, waren 2016 noch 17% der Befragten. Eine Reana- Eltern werden zwischen Wunsch und Wirklichkeit lyse dieser Daten zusammen mit Daten der in der gleichen Beratung junger Familien bei Regulationsproblemen Stichprobe erhobenen »Mittestudie« zum Autoritarismus des Kindes zeigte signifikante Zusammenhänge zwischen politisch auto- M5 Andreas Schrappe ritaristischer Einstellung und der Präferenz für Körperstrafen. Psychische Erkrankung und Misshandlung Signifikante Prädiktoren für die Befürwortung von Körper- Das Wohl von Kindern psychisch und suchterkrankter strafen waren neben rechtsextremer Ideologie das männ- Eltern sichern liche Geschlecht und höheres Alter. Der zentrale Prädiktor M6 Dr. Lieselotte Simon-Stolz mit weitaus größtem Gewicht war aber die Frage, ob man Gewalterfahrungen in der frühen Kindheit als Kind selbst Körperstrafen erlebt hat. In einer noch nicht Ursachen – Formen – Folgen – Präventiver veröffentlichten Untersuchung zeigten wir, Clemens et. al., Kinderschutz under Review, dass, je stärker Autoritarismus befürwor- M7 Dr. Rita Steffes-enn tet wird, desto stärker der Zusammenhang zwischen dem Cybercrime eigenen Erleben von körperlicher Gewalt in der Kindheit Sexueller Missbrauch und sexuelle unter Befürwortung von Körperstrafen im Erwachsenenalter Missbrauchsabbildungen heute ist. Dies ist wichtig für die Beratung von Eltern, die selbst M8 Jun.-Prof. Dr. Lisa Wagels Gewalt erlebt haben. Denn der so genannte Transgeneratio- Aggression – klinische Störungsbilder, nale Circle of Violence ist kein unumstößliches Naturgesetz, Diagnostik und Gesprächsführung sondern die elterliche Einstellung und Reflexion der eigenen erfahrenen Erziehung. M9 Christine Wanjura Durch Worte Brücken bauen statt Mauern Gewaltfreie Kommunikation nach M. Rosenberg M10 Rita Weber-Stehr Wohin mit den Gefühlen? Wenn Ärger und Wut gegen sich selbst gerichtet werden MD12 Gabriele Kremer, Heidemarie Stehr, Alexandra Scheel Stopp! Wo sind meine Grenzen und wie setze ich sie klar und deutlich durch? Arbeitsgruppe für Teamassistentinnen im Sekretariat der Beratungsstelle. Diese Arbeitsgruppe wird am Donnerstag fortgesetzt. 16 17
M1 Vernachlässigungen, Diebstahl, Schikanen, sexuelle Ge- Jörg Ewering walt. Sie leben mit denen, die ihnen dies antun, in einem Haushalt. Es sind Mutter, Vater, Stiefmutter, Stiefvater, Deeskalation im Beratungskontext (Stief-Geschwister), die sie schädigen. Oft haben die Kinder/ Im Beratungskontext treffen Berater/innen immer wieder auf Jugendlichen eine längere Leidensgeschichte hinter sich, bis Personen, deren Nerven blank liegen und die einen Un- ihnen geholfen wird, sie wirksam geschützt werden und sie terstützungsbedarf haben. Hohe Stressbelastung stellt ein die notwenige Unterstützung bekommen, um sich wieder bedeutendes Risiko für eine Eskalation da. Besonders bei zu erholen. Was brauchen diese Kinder? Was brauchen die Beratungen im Zwangskontext ist dies eine große Heraus- Sorgeberechtigen, um wirksam zu schützen und Heilung ein- forderung für das Fachpersonal. In diesem Workshop soll es zuleiten? Was brauchen diejenigen, die schikanieren? Diese einen Austausch darüber geben, welche Faktoren eine Be- Fragen werden in dem Workshop untersucht und praktische ratungssituation beeinflussen, und an welchen »Stellschrau- Lösungen werden erarbeitet. ben« Sie drehen können, um ein Beratungsgespräch sicher zu gestalten und, wenn notwendig, wieder zurück auf einen M4 konstruktiven Weg zu führen. Dr. Ulrike Lux Eltern werden zwischen Wunsch und Wirklichkeit M2 Beratung junger Familien bei Regulationsproblemen Marco Flatau des Kindes Cybergrooming Schutz vor sexualisierter Gewalt aus dem Internet Der Übergang zur (Erst-)Elternschaft stellt für die meisten Paare eine bedeutsame Herausforderung dar, die nicht im- Die Gefahr online und über neue Medien im Kindesalter se- mer ohne Spannungen bleibt. Kommen dazu Kinder mit Re- xuell belästigt oder angegriffen zu werden, ist in den letzten gulationsproblemen, wie z.B. exzessivem Schreien, Ein- und Jahren dramatisch angestiegen. Die Vorgehensweisen der Durchschlafstörungen oder starker negativer Affektivität, Täter werden dabei immer vielfältiger und undurchschauba- sind interparentale Konflikte und Überlastungsreaktionen rer für Kinder und Jugendliche sowie für besorgte Erwachse- die Folge. Nicht umsonst fokussieren Aufklärungskampag- ne und Eltern. In der Arbeitsgruppe werden essenzielle Ba- nen auf die Prävention von Schütteltraumata in Folge des sisinformationen zum Thema sexuelle Gewalt aus den Neuen unstillbaren Schreiens von Säuglingen. Vor diesem Hinter- Medien vermittelt. Hierzu wird thematisiert, warum gerade grund betrachtet der Workshop die Interventionsmöglich- das Internet so viele Angriffsmöglichkeiten bietet, und wel- keiten der Erziehungsberatung als Frühe Hilfe bei Eltern von che Strategien dabei von den Tätern angewandt werden. Kindern, die erhöhte Anforderungen an die Fähigkeiten von Sensibilisierung für Grenzen, Datenschutz und virtuelle Ge- Eltern stellen. Ausgehend von einer systemisch-entwick- fahren sind wichtige Bausteine in der präventiven Arbeit mit lungspsychologischen und bindungstheoretischen Perspek- Kindern und Jugendlichen. Was man zum eigenen Schutz tive werden die Herausforderungen im Übergang zur Eltern- tun kann und wie man sich als Opfer verhalten sollte, wird schaft und die Bedeutung der emotionalen Verfügbarkeit mit den Teilnehmer/innen besprochen. Eine Vorstellung der von Eltern für eine gelingende kindliche Affektregulation eigenen präventiven Arbeit dient hierbei als anschauliches herausgearbeitet. Im Austausch mit den Teilnehmenden wird Beispiel. ein mögliches Vorgehen für die Elternarbeit erarbeitet, das Erziehungs- und Beziehungskompetenzen von Eltern fördert M3 und dabei die Bedeutung von Selbstfürsorge und Bindungs- Dorothee Lappehsen-Lengler bedürfnissen im Elternpaarsystem mit berücksichtigt. Tatort Familie Zu viele Kinder und Jugendliche werden in Familien ge- schädigt durch Schläge, entwürdigende Bestrafungen, 18 19
sundheit. Dabei gilt: je früher, desto mehr, je länger, desto M5 mehr. Eine besonders vulnerable Gruppe stellen die jungen Andreas Schrappe Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern dar. Sie sind Psychische Erkrankung und Misshandlung vielfältigen, teils pränatalen, oft chronischen Belastungen Das Wohl von Kindern psychisch und suchterkrankter und Entwicklungsrisiken ausgesetzt. Daher gelten sie als Eltern sichern Hochrisikogruppe für eine eigene psychische und/oder Such- terkrankung sowie für Vernachlässigung und Misshandlung. Da müssen wir schon hinschauen: Einige psychische Er- Kindeswohlgefährdung in der frühen Kindheit ist oft nicht krankungen, einschließlich Sucht, zählen zu den schwersten das Resultat einer feindseligen Haltung, sondern von Über- Beeinträchtigungen von uns Menschen. Zumindest soweit sie forderung und Unwissenheit. Notwendig ist daher ein früh- ein starkes Ausmaß entwickelt haben und nicht gut behan- zeitiges, unter Umständen sogar pränatal startendes und delt werden können. Wenn bei einem psychisch erkrankten breites Spektrum von individuell angepassten Hilfen der Elternteil die Steuerungsfähigkeit und das Fürsorgeverhal- unterschiedlichsten Leistungssysteme. Wirksame Prävention, ten verringert sind, oder wenn die Einfühlungsfähigkeit Unterstützung und Schutz der betroffenen Kinder und ihrer durch harsche innere Impulse ausgehebelt wird, kann es Eltern erfordert Vertrauen, Transparenz und Beteiligung der zur Misshandlung von Kindern kommen. Wir können da an Familien und ist nur interdisziplinär in Kooperation mit an- Vernachlässigung oder körperliche bzw. sexuelle Gewalt deren Professionen und Institutionen fachlich adäquat und denken – noch häufiger ist die psychische Misshandlung. erfolgreich zu bewältigen. Mögliche Interventionsstrategien Neben der Behandlung der psychischen Erkrankung der Mut- werden diskutiert. ter oder des Vaters gibt es viele weitere Ansatzpunkte, wie wir das Wohl der Kinder sicherstellen können. In aller Regel M7 mit den Eltern, selten ohne oder gar gegen die Eltern, aber Dr. Rita Steffes-enn immer mit den und für die Kinder. Beratungsstellen können Cybercrime eine wichtige Rolle im Kinderschutz spielen, da sie mit dem psychiatrischen Versorgungsbereich vernetzt sind und über Sexueller Missbrauch und sexuelle ein klares Vorgehen bei Anhaltspunkten für eine Kindeswohl- Missbrauchsabbildungen heute gefährdung verfügen. In dem Workshop wird erarbeitet, bei »Ich weiß auch nicht, wie das auf meinen Rechner ge- welchen Formen und Verläufen psychischer Erkrankungen die kommen ist …« – Kinderpornografische Sammlungen ent- Wahrscheinlichkeit für die Misshandlung von Kindern erhöht stehen ebenso wie nicht-pornografische Bildsammlungen ist und sie erkannt wird. Es wird gezeigt, wie die Fachkräfte von Kindern keinesfalls zufällig. Vielmehr spiegeln sie die aus Beratungsstellen für den Schutz der Kinder sorgen kön- Persönlichkeit des Klienten und seine (kriminogenen) Be- nen. Schließlich trägt auch hier die Kooperation der beteilig- darfe wider. Im Umgang mit Konsumenten sexueller Miss- ten Berufsgruppen und Versorgungssysteme wie Jugendhilfe, brauchsabbildungen, stellt sich daher auch immer die Frage, Psychiatrie usw. zum Gelingen des Kinderschutzes bei. ob von diesen Klienten auch eine Gefahr des Begehens pädosexueller Hands-On-Handlungen ausgeht. Da online M6 die Grenzen vom ideologisch-überzeugten Pädophilen bis Dr. Lieselotte Simon-Stolz hin zum situationsmotivierten Konsumenten fließend sind, Gewalterfahrungen in der frühen Kindheit wird die (Online-)«Pädo-Szene« eingehender betrachtet und Ursachen – Formen – Folgen – Präventiver die spezifischen Auswirkungen auf Opfer sexueller Miss- Kinderschutz brauchsabbildungen werden erörtert. Abschließend wird mit den Teilnehmenden der Arbeitsgruppe der Nutzen dieses Gewalterfahrungen in der frühen Kindheit, d.h. Vernachläs- Wissens für die alltägliche Arbeit diskutiert. Und zur Vorab- sigung, Misshandlung und Missbrauch haben gravierende information: Wir kommen ohne das Betrachten entsprechen- lebenslange Folgen für die körperliche und seelische Ge- der Bildmaterialien in die gemeinsame Diskussion. 20 21
M8 keine Routine im Erwachsenwerden. Wir alle erinnern uns Jun.-Prof. Dr. Lisa Wagels an diese Empfindsamkeit und Verwundbarkeit unserer Ju- gend. Warum richten Jugendliche und vor allem Mädchen Aggression – klinische Störungsbilder, Diagnostik ihren Ärger, ihre Wut gegen sich selbst? Warum fühlen sie und Gesprächsführung sich schneller bedroht und können ihre Emotionen kaum In dem Workshop werden zunächst theoretische Grundla- regulieren? Und warum haben sie wenig Vertrauen in gen der Aggressionsforschung weiter vertieft und vor allem Menschen, die helfen könnten, die eigenen Gefühle bes- verschiedene klinische Störungsbilder thematisiert, bei de- ser zu regulieren? Es sind nicht alleine ihre individuellen nen aggressives Verhalten ein häufiges (Begleit-) Symptom Erfahrungen, aber sie besonders: Z.B. wenn sie als Kinder darstellt. Im Hinblick auf die Diagnostik werden klassische abgelehnt, entwertet und unkontrollierbaren Stress ausge- Diagnosestellungen den so genannten Research Domain setzt waren, wenn sie keine Hilfe bekamen, ihre erregen- Criteria (RDoC) gegenüber gestellt. In einem praxisorientier- den Empfindungen oder gar traumatische Erlebnisse zu ten Teil werden Gesprächsführungselemente und Instrumen- beruhigen. Dann sind sie schlecht ausgerüstet, besonders te, die zur Einschätzung aggressiven Verhaltens verwendet ihr Leben in der Adoleszenz zu bewältigen. Welche Ängste, werden können, näher betrachtet. welcher Stress oder gar Selbsthass werden mit Drogen, Alkohol, selbstverletztem Verhalten, Essstörungen versucht M9 zu betäuben? Der eigene Körper wird zur Angriffsfläche. Christine Wanjura Statt das Vertrauen in Beziehungen zu entwickeln, breiten Durch Worte Brücken bauen statt Mauern sich Selbstanklagen und Selbstverachtung aus. Die stärks- Gewaltfreie Kommunikation nach M. Rosenberg te Form der Selbstverachtung ist die Selbstzerstörung im Suizid. Korrigierende gute emotionale Erfahrungen und sei Wo fängt Gewalt an? Nach M. Rosenberg entsteht Gewalt es nur mit einem Menschen, sind von enorm großer Bedeu- schon in unseren Gedanken und dann erst in unseren tung diesen destruktiven Prozessen entgegenzuwirken. z. Worten. Wir tun uns und anderen mit unserem alltäglichen B. dass man lernt, Konflikte zu ertragen und zu lösen, ohne Sprachgebrauch oft Gewalt an, meist ohne es zu wissen. Wir Beziehungen sofort zu beenden. Dabei spielen professionel- wundern uns, dass ein Gespräch entgleist, obwohl wir viel- le Betreuer; Erzieher und Lehrer eine entscheidende Rolle. leicht das Beste im Sinn hatten. Die Gewaltfreie Kommuni- Neben dieser individuellen Perspektive gibt es aber auch kation bietet einen Ansatz, mit uns selbst und mit anderen eine ebenso wichtige Sicht auf die Gesellschaft, in die jede Menschen in Verbindung zu kommen, ein tieferes Verständ- individuelle Entwicklung eingebettet ist. Wir werden uns in nis für uns und andere zu entwickeln und die Möglichkeit, dem Workshop mit dem Spektrum fremd- und autoaggres- so auch schwierige Situationen mit einem neuen Blick an- siver Emotionen beschäftigen und mit den Faktoren, die zugehen. Durch praktische Übungen werden die Teilnehmer/ destruktive Haltungen und Handlungen sich selbst gegen- innen selbst die Möglichkeit haben, Erfahrungen mit der über verstärken. Dabei werden transgenerationale Aspekte, Methode zu machen. Wechselwirkungen von Beziehungen in den familiären Mili- eus und besonders gesellschaftliche Einflüsse, wie aktuelle M10 Erziehungsideale, einbezogen. Wir werden uns auch mit den Rita Weber-Stehr zeitgeistigen Entwicklungen, wie der Rolle des Körpers, das Wohin mit den Gefühlen? Konsumverhalten, der Rolle des Internets beschäftigen und Wenn Ärger und Wut gegen sich selbst gerichtet damit, durch welche Faktoren sie beeinflusst werden. werden Jugend ist, wenn Flügel wachsen aber auch Schmerzen un- erträglich werden können. Alles ist intensiv und das erste Mal: schön und schrecklich. Es gibt noch keine Erfahrungen, 22 23
MD12 Arbeitsgruppen D1–D12 Gabriele Kremer, Heidemarie Stehr, Alexandra Scheel Stopp! Wo sind meine Grenzen und wie setze ich sie Donnerstag 28.10 14.00–17.00 Uhr klar und deutlich durch? D1 Hagen Berndt Prävention von (Cyber-) Mobbing Arbeitsgruppe für Teamassistentinnen im Sekretariat D2 Eva Borries der Beratungsstelle »Sexting« – oder: Der Austausch erotischer Bilder Unzufriedenheit, Aggressivität, sogar Gewalt: Sind das auch Worum geht’s? Themen für Sie als Teamassistentin? Wahrscheinlich werden D3 Dr. Inés Brock auch Sie schon damit Erfahrung gemacht haben, z.B. so, Grenzverletzungen unter Geschwistern wie Sie gelegentlich angesprochen werden: Der Ton ist zu Destruktive Rivalität verstehen und vermeiden laut, Sie kommen nicht zu Wort, Ihr Gegenüber ignoriert Sie. D4 Udo Brossette Oder Ihre Grenzen werden nicht akzeptiert, und Sie wissen Autorität durch Beziehung nicht, bzw. fragen sich, wie Sie darauf reagieren können. Elterliche und professionelle Präsenz in der Beziehung Ist das alles schon Gewalt? Was bedeutet Gewalt für jede zu Kindern und Jugendlichen Einzelne? In unserer Arbeitsgruppe wollen wir uns vor allem D5 Harald Conrad mit verbaler und nonverbaler Gewalt oder auch körperlicher Deliktpräventive Therapie für sexuell übergriffige Gewalt beschäftigen. Wir besprechen Möglichkeiten, wie Jugendliche darauf angemessen reagiert werden kann und wie wir in D6 Jun.-Prof. Dr. Catherine Gunzenhauser verschiedenen schwierigen Situationen unsere Grenzen set- Tuning in to Kids Ein Elterntraining zur Förderung zen und einfordern können. Mit unterschiedlichen Methoden der Emotionssozialisation im Vor- und Grundschulalter wollen wir vielfältig und kreativ dieses Thema erarbeiten, D7 Dr. Heinz Kindler z.B. Gewaltfreie (wertschätzende) Kommunikation (Rosen- Unterstützung von Kindern nach miterlebter berg) einüben. Bitte bringen Sie dazu Beispiele aus Ihrer Partnerschaftsgewalt Arbeit mit. Für einen kollegialen Austausch besteht selbst- verständlich auch die Möglichkeit. Alexandra Scheel, die D8 Andrea Dixius, Prof. Dr. med. Eva Möhler Stress-Arousal-Regulation-Treatment Fachrichtungsvertreterin für Teamassistenz im bke-Vorstand, Ein skillsbasiertes Programm zur Förderung der wird sie über fachpolitische Entwicklungen informieren und Emotionsregulation (START und START-Kids) ihre Wünsche und Anregungen entgegennehmen. Diese Arbeitsgruppe wird am Donnerstag fortgesetzt. D9 Donata Oerke Für Teamassistentinnen und -assistenten gilt eine ermäßig- Konstruktiver Umgang mit Aggression te Tagungsgebühr in Höhe von nur EUR 125,– D10 Prof. Dr. Roland Weierstall-Pust Aggression im Kontext frustrierter Grundbedürfnisse verstehen lernen Eine schematherapeutische Perspektive D11 Dr. Andreas Zimmer, Angela Dieterich Prävention sexualisierter Gewalt als Thema für Erziehungsberatungsstellen? Konzeption und Erfahrungen bei der Lebensberatung im Bistum Trier MD12 Gabriele Kremer, Heidemarie Stehr, Alexandra Scheel Stopp! Wo sind meine Grenzen und wie setze ich sie klar und deutlich durch? Arbeitsgruppe für Teamassistentinnen im Sekretariat der Beratungsstelle. Fortsetzung der Arbeitsgruppe vom Mittwoch 24 25
D1 D3 Hagen Berndt Dr. Inés Brock Prävention von (Cyber-) Mobbing Grenzverletzungen unter Geschwistern (Cyber-) Mobbing ist mittlerweile die häufigste Form der Destruktive Rivalität verstehen und vermeiden schulischen Gewalt. Aber nicht nur im Schulkontext führt Der ständige Wechsel von Liebe und Rivalität unter Ge- das Phänomen bei den Betroffenen zu großem Leid, auch schwistern, die miteinander aufwachsen, stellt Eltern vor weil Präventions- und Interventionsstrategien nicht bekannt besondere Herausforderungen, denn oft ist nicht leicht zu sind. Inhalt des Workshops sind allgemeine Informationen verstehen, was noch normal und was schon dysfunktional zum Thema. Möglichkeiten der Verhinderung von (Cyber-) ist. Geschwisterrivalität kann die Grenzen des Akzeptablen Mobbing, sowie erprobte und evaluierte Gegenmaßnahmen überschreiten und einzelne Kinder psychisch beeinträch- werden zudem vorgestellt. tigen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen Brüdern und Schwestern, zwischen leiblichen, Halb- und Stiefgeschwis- D2 tern. Der Altersabstand, der Erziehungsstil von Vater und Eva Borries Mutter, die Temperamente der Geschwister und die Lebens- »Sexting« – oder: Der Austausch erotischer Bilder verhältnisse tragen dazu bei, dass es zu Grenzverletzungen, Worum geht’s? Mobbing und auch zu Gewalt kommen kann. Dabei sind die frühen Formen der Eifersucht nach der Geburt von der laten- »Sexting« beschreibt den Austausch erotischer Bilder mit- ten Existenz eines benachteiligten Schattenkindes zu unter- tels digitaler Medien. Das Phänomen wird vor allem im scheiden. Auch inzestuöse Geschwisterbeziehungen können Zusammenhang mit Heranwachsenden immer wieder medial die Grenzen des sexuellen Missbrauchs überschreiten. Im thematisiert und sowohl aufgeregt als auch skandalisierend Workshop werden zunächst theoretische Implikationen von diskutiert. Die Medienpädagogin Eva Borries beschäftigt sich grenzverletzendem Verhalten und Gewalt unter Geschwistern seit Jahren intensiv mit dem Phänomen und hat als Refe- erörtert und Formen von Geschwisterschaft mit entsprechen- rentin in unterschiedlichen Kontexten mit Fachkräften aus den Gefährdungspotenzialen vorgestellt. Prävention und ganz Deutschland zu dem Thema gearbeitet. Der Workshop Vermeidung dieser innerfamiliären Gewaltformen werden – greift das Thema nicht nur wissenschaftlich, sondern auch auch anhand von Fallgeschichten – diskutiert. praktisch auf und widmet sich u.a. den folgenden spannen- den Fragen: Was ist Sexting eigentlich (nicht)? Was passiert, D4 wenn Sexting, also der Austausch privater, erotischer Bil- Udo Brossette der, schief geht? Wie ordnet man das Phänomen vor dem Autorität durch Beziehung Hintergrund der Entwicklung Heranwachsender (richtig) ein? Welche Macht haben die Geschlechter bei der Bewertung Elterliche und professionelle Präsenz in der des Themas? Wie beeinflusst unsere Haltung zu dem Thema Beziehung zu Kindern und Jugendlichen unser Handeln als Berater/innen in der Erziehungsberatung? Kinder und Jugendliche brauchen erwachsene Präsenz. Diese Das Ziel des Workshops ist neben der Vermittlung von fun- Haltung ist hilfreich für die unmittelbare Beziehungsgestal- diertem Wissen aus Forschung, Wissenschaft und Praxisar- tung der Erwachsenen zu ihnen. Anhand von Fallbeispielen beit das Angebot, in die Arbeit mit der eigenen Haltung zu aus dem familiären und pädagogischen Alltag können die dem Thema zu gehen und eine Haltung »mitzunehmen«, die Strategien des Konzeptes der Neuen Autorität betrachtet in konkreten Beratungssituationen einen beschützende und werden. Wie können Erwachsene anders handeln, wenn die respektvolle Beratung auf Augenhöhe ermöglicht. bisherigen Versuche sich immer wieder als unwirksam her- ausstellen, wenn aus diesem Erleben Ohnmacht oder sogar Gleichgültigkeit erwachsen? Wie können aus Scham und 26 27
Ohnmachtserfahrung Erwachsene wieder zu verantwortli- entwickelt, welches kognitiv-verhaltenstherapeutische und chem Handeln gelangen, ohne dabei Macht oder gar Gewalt dialektisch-behaviorale Prinzipien kombiniert und zur Vor- einzusetzen? Dabei wird besonders auf die Bedeutung von beugung sowie Behandlung von emotionalen und Verhal- Präsenz geschaut und anhand einiger Beispiele können tensproblemen bei Vor- und Grundschulkindern eingesetzt eigene Erfahrungen mit einfließen. Welche Arten von Eska- werden kann. In dem Training werden elterliche emotions- lation gibt es und welche Wirkung erzielen sie? Schließlich bezogene Einstellungen (Metaemotionen) verändert und sollen erste Schritte aus diesem Teufelskreis nachgezeichnet entwicklungsförderliche Reaktionen auf kindliche Emotionen werden und sie können anhand praktischer Übungen vertieft (Emotionscoaching) praktisch eingeübt und zudem Wege werden. Die Methoden sind: Vortrag, Falldarstellung aus der aufgezeigt, mit eigenen Emotionen adaptiv umzugehen. praktischen Arbeit, Übungen und Diskussion. In randomisiert-kontrollierten Studien zeigten sich positi- ve Effekte auf elterliche emotionsbezogene Einstellungen D5 und Verhaltensweisen sowie auf kindliche emotionale und Harald Conrad Verhaltensprobleme, die vergleichbar mit der Effektivität Deliktpräventive Therapie für sexuell übergriffige des Elterntrainings Triple P waren. Im Workshop wird die Jugendliche deutsche Version von »Tuning in to Kids« vorgestellt und die Teilnehmer/innen erhalten die Gelegenheit, ausgewählte »Sind noch Kinder und schon Täter.« – In diesem Workshop Elemente genauer kennenzulernen und Übungen aus dem wird das therapeutische Vorgehen mit jugendlichen sexuel- Training selbst auszuprobieren. len Grenzverletzern vorgestellt. Es wird die Möglichkeit ge- ben, über Berufs- oder Tätigkeitsgrenzen hinweg jugendliche D7 Sexualität in Normbereich, kritische Verhaltensweisen und Dr. Heinz Kindler strafrechtliche Relevanz einzuordnen. Hierzu werden ano- Unterstützung von Kindern nach miterlebter nymisierte Fallbeispiele eingesetzt, um möglichst praxisnah Partnerschaftsgewalt arbeiten zu können. In den letzten beiden Jahrzehnten ist miterlebte Partner- D6 schaftsgewalt zunehmend klarer als Kindeswohlthema her- Jun.-Prof. Dr. Catherine Gunzenhauser vorgetreten, so dass die Bereitschaft gewachsen ist, Formen Tuning in to Kids von Unterstützung bzw. Intervention zu erproben. Im Work- Ein Elterntraining zur Förderung der shop werden daher aufbauend auf Befunden zu Möglichkei- Emotionssozialisation im Vor- und Grundschulalter ten der Unterstützung betroffener Kinder Handlungsoptio- nen für Beratungsstellen besprochen. Im Einzelnen wird auf Ein angemessenes emotionsbezogenes Erziehungsverhalten Kindergruppen, Einzelberatungen gewaltbelasteter Elterntei- der Eltern leistet einen zentralen Beitrag zur Entwicklung le, Stellungnahmen in Gerichtsverfahren und auf die Zusam- sozial-emotionaler Kompetenz und zur Vorbeugung von dys- menarbeit mit Opferschutzeinrichtungen eingegangen. regulierter Wut und Aggression bei Kindern. Gerade intensi- vere Emotionen bei Kindern können jedoch auf Eltern auch D8 erschreckend oder verunsichernd wirken. In entsprechenden Andrea Dixius, Prof. Dr. med. Eva Möhler Ratgebern und Trainings wird häufig vorrangig thematisiert, Stress-Arousal-Regulation-Treatment wie problematischen Situationen, die mit starken Emotionen Ein skillsbasiertes Programm zur Förderung der einhergehen, auf der Verhaltensebene entgegenzuwirken Emotionsregulation (START und START-Kids) ist. Dabei wird außer Acht gelassen, dass häufig berechtigte Emotionen Auslöser von Problemverhalten sind. Basierend Kinder haben vielfältige Anforderungen in Schule, Freizeit auf diesen Annahmen wurde in Australien vor einigen Jahren und Familie zu bewältigen. Auseinandersetzungen, Mobbin- das emotionsfokussierte Elterntraining »Tuning in to Kids« gerfahrungen, Gewalterlebnisse oder traumatische Erlebnis- 28 29
se erzeugen Stress. Häufig führt dies zu vulnerablen Beein- men und seine Bedeutung zu verstehen, um angemessen trächtigungen in der Entwicklung und zur Aufrechterhaltung damit umgehen zu können. Die Grundlagen dafür, wie wir von psychischen und emotionalen Belastungen. Frühe mit Ärger und Wut umgehen, werden in der Kindheit gelegt. Interventionen und präventive Ansätze können hingegen So betrachtet, ist es sehr lohnend, diesem Gefühl Aufmerk- die Entwicklung positiv beeinflussen. START ist ein niedrig- samkeit zu widmen. In diesem Workshop können Sie Ihr schwelliges und kulturintegratives Stabilisierungskonzept Wissen erweitern: Welche Stufen vom kleinen Ärger bis zur für Kinder und Jugendliche mit starkem Stresserleben oder Mordswut gibt es und wie kann ich sie erkennen? Aggressi- Traumafolgen und schweren emotionalen Belastungen, das on und Trauma. Wie unterstütze ich Kinder, die Signale der im Gruppen- wie auch im Einzelsetting eingesetzt werden kleinen und großen Wut wahrzunehmen? Welche Hilfe und kann. Ursprünglich im Rahmen der praktischen Arbeit mit Begleitung gebe ich Kindern bei Wutausbrüchen? Wann und hoch gestressten, unbegleiteten minderjährigen Flüchtlin- wie muss ich einschreiten? Wie übe ich mit Kindern Impuls- gen in Clearing- und Erstaufnahmekontexten und in der kontrolle ein? Welche Rituale zum Entladen von Ärger und klinischen Versorgung der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wut ohne Selbst- und Fremdverletzung kann ich Kindern entwickelt, ist es mittlerweile auch bei deutschen Kindern anbieten? und Jugendlichen sehr beliebt und evaluiert. Im Workshop werden neben dem international etablierten START-Konzept D10 für Jugendliche im Alter von 13 bis18 Jahren auch die neuen Prof. Dr. Roland Weierstall-Pust Module von START-Kids für Kinder im Alter von 6 bis 12 in Aggression im Kontext frustrierter Grundbedürfnisse Theorie und Praxis vorgestellt. Die Interventionen sind für verstehen lernen ein breites Anwendungsfeld von Therapie und Pädagogik Eine schematherapeutische Perspektive konzipiert und beinhalten altersentsprechende, spielerische- re Übungen und Skills zum Umgang mit Stress, emotionalen Wie jede andere menschliche Verhaltensweisen auch wird Belastungen, und zur Stabilisierung und Förderung von aggressives Verhalten durch die individuellen Ziele und Resilienz. (Weitere Infos: www.startyourway.de.) Bedürfnisse eines Individuums motiviert. Die Sanktionierung von aggressivem Verhalten birgt jedoch die Gefahr, dass die D9 der Aggression zugrundeliegenden Grundbedürfnisse nicht Donata Oerke versorgt oder befriedigt werden können. In der Folge nimmt Konstruktiver Umgang mit Aggression zwar das beobachtbare aggressive Verhalten ab, nicht je- doch die motivationale Energie, welche durch die anhalten- Einen lebensförderlichen, nicht verletzenden Umgang mit de Frustration der Bedürfnisbefriedigung sogar noch zuneh- Aggression zu erlernen, ist ein lebenslanger Gewinn, sowohl men kann. In dem Workshop wird der Zusammenhang von für sich selbst als auch für alle Menschen mit denen man in frustrierten Grundbedürfnissen und aggressivem Verhalten Beziehung steht. Wie wäre eine Welt, in der Kinder schon anhand von praktischen Beispielen erläutert. Als theoreti- frühzeitig einen angemessenen Umgang mit diesem schwie- scher Rahmen dient das schematherapeutische Störungs- rigen Gefühl lernen? In der sie lernen, für ihren Standpunkt modell. Den Teilnehmer/innen soll hierdurch ein Werkzeug einzustehen und gleichzeitig lösungsorientiert zu sein? In an die Hand gegeben werden, welches es Ihnen ermöglicht, der Gewinner-Gewinner-Lösungen zum Alltag gehören und in der eigenen Arbeit funktionaler mit aggressiven Klienten Konflikte als Botschaft verstanden werden: »Du bist mir umgehen zu können und sich komplementär zu den frust- wichtig.« Ein konstruktiver Umgang mit Aggression meint rierten Grundbedürfnissen des Gegenübers zu verhalten. keineswegs, Ärger und Wut zu unterdrücken, nach dem Motto »das lohnt sich doch nicht« oder »das ist es nicht wert.« Vielmehr bedeutet es, den eigenen Ärger wahrzuneh- 30 31
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