Neurologische Komplikationen des systemischen Lupus Erythematodes (SLE) - Prof. Dr. Martin Stangel
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22. Sept. 2010 Neurologische Komplikationen des systemischen Lupus Erythematodes (SLE) Prof. Dr. Martin Stangel
Der systemische Lupus Erythematodes Pävalenz: 20-50/100.000 Inzidenz: 5/100.000 Häufigste systemische Bindegewebserkrankung in Deutschland 90% Frauen, nach Menopause fast vollständig rückläufig Umwelteinflüsse • Sonnenlicht • Infektionen • Medikamente (z.B. Sulfonamide) Genetische Einflüsse • ~100 Gene • häufiger bei „African Carribean“ und „Asian“
Diagnosekriterien des SLE (Am. College of Rheumatol.) Tan et al., Arthritis Rheum 1982;25:1271 Wenn 4 der 11 Kriterien erfüllt sind, kann die definitive Diagnose gestellt werden. 1. Schmetterlingserythem 2. Diskoide Hautveränderungen 3. Photosensibilität 4. Orale Ulzera Orale oder nasopharyngeale Ulzerationen, meist schmerzlos 5. Arthritis Nicht-erosive Arthritis an zwei oder mehr Gelenken 6. Serositis a) Pleuritis oder b) Perikarditis 7. Nephritis a) Persistierende Proteinurie > 0,5 g/d oder b) Zylindrurie oder Erythrozyturie 8. ZNS-Beteiligung a) Anfallsleiden oder b) Psychosen 9. Hämatologische Symptome a) hämolytische Anämie oder b) Leukozytopenie oder c) Lymphozytopenie oder d) Thrombozytopenie 10. Immunologische Befunde a) Nachweis von LE-Zellen b) Nachweis von anti-dsDNA-Antikörper c) Nachweis von anti-SM-Antikörpern d) Anti-Kardiolipin-Antikörper 11. Antinukleäre Antikörper
Die neurologische Beteiligung gehört zum SLE Tan et al., Arthritis Rheum 1982;25:1271 Wenn 4 der 11 Kriterien erfüllt sind, kann die definitive Diagnose gestellt werden. 1. Schmetterlingserythem 2. Diskoide Hautveränderungen 3. Photosensibilität 4. Orale Ulzera Orale oder nasopharyngeale Ulzerationen, meist schmerzlos 5. Arthritis Nicht-erosive Arthritis an zwei oder mehr Gelenken 6. Serositis a) Pleuritis oder b) Perikarditis 7. Nephritis a) Persistierende Proteinurie > 0,5 g/d oder b) Zylindrurie oder Erythrozyturie 8. ZNS-Beteiligung a) Anfallsleiden oder b) Psychosen 9. Hämatologische Symptome a) hämolytische Anämie oder b) Leukozytopenie oder c) Lymphozytopenie oder d) Thrombozytopenie 10. Immunologische Befunde a) Nachweis von LE-Zellen b) Nachweis von anti-dsDNA-Antikörper c) Nachweis von anti-SM-Antikörpern d) Anti-Kardiolipin-Antikörper 11. Antinukleäre Antikörper
Neuropsychiatrische Symptome des SLE ACR ad hoc committee, Arthritis Rheum 1999;42: 599-608 ZNS PNS Aseptische Meningitis Guillain-Barré Syndrome Zerebrovaskuläre Syndrome Autonome Neuropathie Demyelinisierende Syndrome Mononeuropathie Kopfschmerz Myasthenia gravis Bewegungsstörungen Kranielle Neuropathie Myelopathie Plexopathie Epileptische Anfälle Polyneuropathie Akutes delirantes Syndrome Angststörungen Kognitive Störungen Affektive Störungen Psychosen
Neurologische Symptome bei SLE sind häufig Klinische Symptome Häufigkeit Kopfschmerz 24 – 72% Kognitive Störungen / Demenz 55 - 80% Neuropsychiatrische Symptome 14 - 57% Psychose Angststörung Depression Epileptische Anfälle 6 – 51% Polyneuropathie 3 – 28% Cerebrovaskuläre Symptome 5 – 18% TIA Schlaganfall Myelopathie 1 – 2% Optikusneuritis (bds., ggf. mit Myelitis) Bewegungsstörungen Ca. 1% Chorea Parkinson Syndrom Meningitis, aseptisch < 1% Pseudotumor cerebri < 1% Delirantes Syndrom (Enzephalopathie) Nach: Jennekens & Kater, Rheumatology 2002; Hanly, Curr Rheumatol Rep 2007
Neuro-Lupus ist fokal, diffus, primär oder sekundär Aus: Hanly, Curr Rheumatol Reop. 2007;9:116
Bei V.a. Neuro-Lupus auf Begleiterkrankungen achten Organbeteiligung Achten auf Haut Erythem Photosensitivität Gelenke Arthritis im Röntgen meist nicht destruktiv Niere Krea-Clearance Nierensono Herz Endokarditis (Libman-Sacks) TEE Lunge Pleuritis Dyspnoe Normale Befunde schliessen Neuro-Lupus nicht aus !
Allgemeine Laboruntersuchungen Laborwert Achten auf BSG, CRP Entzündungszeichen Serumeiweisselektrophorese Albumin ↓ , Gammaglobulin ↑ Diff.-Blutbild Reaktive Anämie/Thrombozytopenie Krea, Harnstoff, E'lyte Nierenbeteiligung ? Leberenzyme Leberschädigung ? "Autoantikörper" ANA, ENA, anti-ds-DNA, Lupus-Antikoagulans
ANA sind nicht spezifisch Erkrankungen mit positiven ANA Systemischer Lupus erythematodes (SLE) 95-99% Arzneimittelinduzierter Lupus 95-100% Mixed connective tissue disease (MCTD) 95-100% Sklerodermie 31-90% Sjögren Syndrom 50-95% Rheumatoide Arthritis 10-60% Panarteriitis nodosa 15% Poly-/Dermatomyositis 40% Multiple Sklerose 25% Myasthenia gravis 35-50% Sarkoidose 5-30% Chronisch aktive Hepatitis 25-33% Alkoholinduzierte Leberzirrhose 30% Diverse Neoplasien 10-30% Gesunde Verwandte von Patienten mit SLE 15-25% Schwangere 50% Gesunde über 60 Jahre 5-30%
Weitere Antikörper bei SLE Hiepe & Burmester, Dtsch Med Wochenschr 1996;121:1095 Antikörper gegen Häufigkeit Spezifität ANA 96% Niedrig dsDNA 78% Hoch Histon 70% Niedrig Nicht-Histon-Proteine - Sm 10-30% Hoch - U1RNP 13-32% Niedrig - Ro (SS-A) 25-60% Niedrig - La (SS-B) 19-30% Niedrig - PCNA (Cyclin) 3% Hoch - Ku 19% Niedrig - ribosomales P 11-38% Hoch - RA 33 20% Niedrig Zellmembranen - Erythrozyten 65% Niedrig - Lymphozyten 47% Niedrig - Thrombozyten Häufig Niedrig - Neurone 34% Hoch Rheumafaktor 18% Niedrig Cardiolipin (Phospholipid) 24% Niedrig C1q 17-58% Niedrig
Das Antiphospholipid Syndrom Muscal & Brey, CurrRheumatolRep 2008;10:67
Liquorbefunde bei Neuro-Lupus Laborwert Häufigkeit Kommentar Pleozytose 10-27% Schrankenstörung 5-85% Intrathekale IgG Synthese 17-75% Nimmt unter Therapie ab (?) IgA und/oder IgM Synthese 24-100% Positive oligoklonale Banden 8-97% bis 21% auch bei SLE ohne neurologische Symptome MRZ Reaktion 18% Es gibt keinen spezifischen Liquorbefund ! Ein normaler Befund schliesst Neurolupus nicht aus Liquor ist für Differentialdiagnose wichtig
Bildgebung beim Neuro-Lupus MRT mit FLAIR-Wichtung, Diffusionswichtung, Gd Befunde sind nicht spezifisch Multilokuläre Veränderungen Infarkte Oft ähnlich MS (Balken meist aber nicht betroffen) MR-Angio ist nicht indiziert (ebenso wie CT-A oder DSA; erfassen die kleinen Gefässe nicht)
Therapie des Neuro-Lupus Es gibt keine kontrollierten Studien ! Steroide, z.B. Beginn mit 1 mg/kg für 2 Wochen, dann Reduktion Bei schwerer Klinik (z.B. transverse Myelitis) Induktion mit Steroidstoss (1000 mg für 3-5 Tage) Kombination mit Immunsuppresion Meiste Erfahrung mit Cyclophosphamid: z.B. Pulstherapie mit 750 mg/m2 KO monatlich für 1 Jahr, dann 3-monatlich Zur Remissionserhaltung alternativ Azathioprin
Weitere Therapie des Neuro-Lupus Antikoagulation bei thrombembolischen Ereignissen zusätzlich zur Immunsuppression insbesondere bei Antiphospholipid-Syndrom Bei hohen Antiphospholipid-Ak kann Primärprophylaxe mit ASS erwogen werden Bei katastrophalem Antiphospholipid-Syndrom ggf. Plasmapherese Symptomatische Therapie mit Antiepileptika Neuroleptika Antidepressiva
Immer an Differentialdiagnosen denken Symptom Differentialdiagnosen Kopfschmerz Vaskulitis Aseptische Meningitis Infektiöse Meningitis bei Immunsuppression Inzidentelle Migräne Epileptische Anfälle Medikamentös induzierter Lupus durch AE Anfälle erste Symptome des Neuro-Lupus Psychose Neuro-Lupus NW der Steroidtherapie Schlaganfall Antiphospholipid-Syndrom Akzelerierte Arteriosklerose Endokarditis (Libman-Sacks)
Work-up bei V.a. Neuro-Lupus Diagnose Therapie Immun- • Steroide Klinische • Cyclophosphamid Symptome suppression • Azathioprin Weitere Organ- • Niere Anti- Antiphospho- manifestationen ? •• Herz Lunge koagulation lipidsyndrom • Antiepileptika Symptomatisch • Neuroleptika Labor • Antidepressiva cMRT Differential- diagnose Liquor EEG NLG
Fazit Klinisch ist der SLE ein Chamäleon Beweisende Befunde für einen Neuro-Lupus fehlen Die Diagnose beruht auf individuell sehr unterschiedlich ausgeprägten Bausteinen Ursächliche Mechanismen sind heterogen (Vaskulitis, Atheromatose, direkte Wirkung auf Neurone) Die klinische Symptomatik kann primär durch SLE verursacht sein, auf sekundären Komplikationen beruhen oder indirekt durch die Therapie hervorgerufen werden Evidenzbasierte Therapierichtlinien gibt es nicht Immunsuppression mit Steroiden und Cyclophosphamid bzw. Azathioprin sind Standard
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