Neuromuskuläre Erkrankungen - Symptome und Syndrome Diagnostische Maßnahmen Klassifikation neuromuskulärer Erkrankungen Ausgewählte ...

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Neuromuskuläre Erkrankungen - Symptome und Syndrome Diagnostische Maßnahmen Klassifikation neuromuskulärer Erkrankungen Ausgewählte ...
Neuromuskuläre Erkrankungen

         • Symptome und Syndrome
        • Diagnostische Maßnahmen
• Klassifikation neuromuskulärer Erkrankungen
 • Ausgewählte Erkrankungen und Therapien
Neuromuskuläre Erkrankungen - Symptome und Syndrome Diagnostische Maßnahmen Klassifikation neuromuskulärer Erkrankungen Ausgewählte ...
Neuromuskuläre Erkrankungen
                  -Syndrome-

Myopathisches Syndrom
  Paresen, Muskelatrophie oder (Pseudo-)hypertrophie,
  Muskeleigenreflexe abgeschwächt (gemäß Muskelmasse), Myalgien,
  Muskelsteife, Dekontraktionshemmungsphänomene (Myotonie),
  Muskelcrampi, rippling, mounding, oft proximale Betonung,
  Muskelenzyme oft erhöht (CK, LDH, GOT, GPT), keine
  Sensibilitätsstörungen

  Typische Erkrankungen:
  Myopathien (entzündlich, degenerativ, hereditär, metabolisch)
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Neuromuskuläre Erkrankungen
            -Syndrome-

Neuromuskuläre Übertragungsstörungen
     Belastungsabhängige Muskelschwäche, positives
     Dekrement, „warming-up“-Phänomen, positives Inkrement,
     selten trophischen Störungen des Muskels

     Läsionsort:
     Motorische Endplattenregion

     Typische Erkrankungen:
     Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-Syndrom (LEMS)
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Bei welchen anamnestischen Hinweisen
 sollte man an eine Myopathie denken?

• Vorbekannte „Leberwerterhöhung“
• Auffällige motorische Entwicklung als Kind
• Ungewöhnliche Muskelkater- oder Krampfneigung
• Muskuläre Belastungsintoleranz
• Unklare kardiale Erkrankung/respiratorische Einschränkung
• Myoglobinurie-Episoden
• Narkosezwischenfälle (Maligne Hyperthermie?)
• Familienmitglieder mit CK-Erhöhung, Narkosezwischenfall
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Worauf ist bei Erhebung des
    neurologischen Status besonders zu achten?

•   Distale, proximale oder generalisierte Paresen?
•   Muskelatrophien? Hypertrophien?
•   Faszikulationen? Myotonie?
•   Fazies myopathica? Externe Ophthalmoplegie? Ptosis?
    Hoher gotischer Gaumen? Makroglossie?
•   Dysphagie? Dysarthrie?
•   Dyspnoe? Paradoxe Atmung?
•   Skoliose? Kontrakturen?
•   Scapula alata?
•   Sensibilitätsstörungen?
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Klinische „Tests“/ Leitbefunde
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Moderne diagnostische Maßnahmen

Anamnese, klinische Untersuchung!
Labor (ggf. mit Biochemie)
CK mit Isotypisierung, Trockenbluttests,
Acylcarnitinprofil/Carnitinstatus im Plasma,
Antikörperbestimmungen, Schilddrüsenhormone, etc.

Elektrophysiologie
Muskel-/Nervensonografie
Muskel-MRT (Art/Ausmaß der Muskelaffektion)
T1 Fett, Trophik; T2, STIR  Ödem-ähnliche Veränderungen
Diagnostische Zuordnung (Befallsmuster), Richtung der genetischen Aufarbeitung, Auswahl einer
geeigneten Biopsiestelle

Muskelbiopsie
Genetik                                                                  ?
Einzelgen-Sequenzierung nach Sanger →
NGS-Techniken mit PANEL-Diagnostik, WES/WGS
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Diagnostik bei neuromuskulären Erkrankungen
               -Elektrophysiologie-

 1. EMG

 2. Elektroneurographie

 3. Dekrement/Inkrement
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Diagnostik bei neuromuskulären Erkrankungen
         -Indikation zur Muskelbiopsie-

     V.a. entzündliche Muskelerkrankungen

       V.a. bestimmte erbliche Myopathien

    V.a. bestimmte metabolische Myopathien
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Biopsieverarbeitung - Einfrieren
Einfrieren in tauendem Isopentan,
dann in flüssigem Stickstoff
Unauffälliger Skelettmuskel

  H&E
Myositisches Gewebssyndrom

H&E
Symptomatische Therapien
Kardiologie
EKG, 24h-EKG, TTE, Kardio-MRT und ggf. frühzeitig Medikation (z.B. ACE-Hemmer)

Pneumologie
Lungenfunktion/BGA, kardiorespiratorische Polygrafie, Schlaflabor,
non-invasive/invasive Heimbeatmung, Expektorationshilfen, Impfungen

Orthopädie (Skoliose, Kontrakturen)
Bildgebung („Skoliosimetrie“), Physiotherapie, ggf. OP

Ernährungssicherung (Logopädie, ggf. PEG)
Hilfstechnische/sozialmedizinische Versorgung
Verhaltensempfehlungen
Keine extremen Belastungen (eher konzentrisch als
exzentrisch), keine myotoxischen Medikamente ohne
zwingende Indikation

Physio-, Ergotherapie; Logopädie
Aufklärung Narkoserisiko (Ausweis)!
Spezifische Therapiekonzepte

   Implementierung von Patientenregistern und sog. standards of care
       Unmittelbarer Patientennutzen
       Schaffung optimaler Voraussetzungen für die Durchführung klinischer Studien

   Entwicklung von Orphan drugs für Orphan Diseases 
       “Orphan drugs expected to be ~20% of worldwide prescription sales by 2020 (excluding generics)”

   Diätetische Maßnahmen, Antioxidantien, Enzymersatztherapien, Chaperone
   Modulatoren der Autophagie, Proteasom-Regulation, mitochondrialen Biogenese

   Gentherapieansätze von herausragender Bedeutung:
       Genome Editing mit Reparatur von Gendefekten auf DNA-Ebene (Transcription activator-like effector-Nukleasen
       TALEN, sequenzspezifische Restriktionsenzyme; CRISPR/Cas-Systeme)
       Antisense Oligonukleotid (AON) Strategien (zielen auf mRNA, liegen sog. Exon Skipping Techniken zugrunde)
       in Erforschung weit fortgeschritten, in klinischer Entwicklung

   Zahlreiche klinische Studien!
Patientenregister

Myotone Dystrophien Typ 1/2                                     Mitochondriale Erkrankungen
Treat-NMD Patientenregister; Deutschland, Schweiz, Österreich        mitoNET mit mitoREGISTER

Dystrophinopathien, SMA, FKRPopathien, CMT                                  Pompe Registry
Treat-NMD Patientenregister
                                                                           GNE-Myopathien
Klassifikation nach klinischen Schwerpunkten
                                                              Biopsie (Genetik,
                                                                Biochemie?)
       „Blickdiagnose“, direkt Genetik!           Biopsie   Einzelfallentscheidung

    DM1?              FSHD?               OPMD?    sIBM?     LGMD?

   Proximal, distal, axial, fazial, bulbär?
   Extramuskuläre Symptome?
Andere Klassifikationsmöglichkeiten

Nach Muskel-Histologie
 dystroph
 myopathisch
 neurogen
 entzündlich
 spezielle Strukturstörung
 spezielle Speicherung

 Enzymhistochemie (Aktivitätsnachweise)
 Immunhistochemie (Proteinnachweise)

Nach genetischem Befund
Klassifikation der Myopathien

   Muskeldystrophien (z.B. Dystrophinopathien Duchenne/Becker, FSHD)

   Strukturmyopathien (kongenitale/Proteinaggregat-Myopathien)

   Endokrine/toxische Myopathien

   Myotone Dystrophien (z.B. Myotone Dystrophie Typ 1)

   Ionenkanalerkrankungen (Myotonien)

   Metabolische Myopathien (z.B. M. Pompe)

   Mitochondriale Erkrankungen

   Entzündliche/immunvermittelte Myopathien (Myositiden)
Dystrophinopathien

       Häufigste Muskeldystrophien
          X-chromosomal rezessiv

          Phänotypen:
           DMD, Muskeldystrophie Typ Becker BMD,
           symptomatische Konduktorinnen

          Prävalenz DMD 1:3.500 m Neugeborene
          Prävalenz BMD 1:30.000 m Neugeborene
          Manifeste Konduktorinnen ca. 10%
Dystrophinopathie - Histologie

Muskeldystrophes Gewebssyndrom
Muskeldystrophie Typ Duchenne (DMD)
• Symptome vor dem 3. LJ beim Erlernen von Stehen/Gehen
• CK stark erhöht v.a. im frühen Verlauf
• Motorische Entwicklungsverzögerung
• Progrediente, proximal betonte myatrophe Paresen
• Trendelenburgzeichen („Watschelgang“), Gowers-Manöver
• Pseudohypertrophien der (Waden)Muskulatur
• Lähmungskoliose und Kontrakturentwicklung (oft 6.-10.LJ)
• Progrediente Verschlechterung der Respirationsleistung ab ca. 8.–10. LJ
• Obligate Kardiomyopathie mit Arrhythmien
• Intelligenzminderung (30-40% IQ < 75)
• Tod meist kardiorespiratorisch 2. – 3. Dekade, heute oft längeres Überleben
   Transition in die Erwachsenen-Neurologie!
Muskeldystrophie Typ Becker (BMD)

• Motorische Einschränkung nach dem 8. LJ
• Progrediente, proximal betonte myatrophe Paresen
• teilw. Lähmungskoliose- und Kontrakturentwicklung
• mgl. Verschlechterung der Respirationsleistung
• mgl. Kardiomyopathie mit Arrhythmien
• CK stark erhöht
Genetik der Dystrophinopathien
                                                                Die häufigsten Mutationen, die zu einem
                                                                Verlust des ORF führen, sind Deletionen.

Mutationstypen
 out-of-frame Deletion/Mutation  frame-shift, early stop codon, keine Proteinexpression
                                 instabile mRNA, nonsense-mediated mRNA decay (DMD)
 in-frame Deletion/Mutation         trunkiertes Protein (BMD)

      Therapiekonzept: Exonskipping (AON, zielen auf prä-mRNA und modulieren das Spleißen)
       Wandel einer out-of-frame in eine in-frame Mutation (Wiederherstellung des Leserahmens)
       Duchenne- zu Becker-Phänotyp
DMD – Exon Skipping
                               Proof-of-concept trials:
                               Exon 51 skipping, Exon 45-52 Del., 13%
                               Substanz PRO051 (Drisapersen, AON: 2OMePS)
                               Prosensa (Leiden, NL)/GSK → BioMarin

                               Substanz AVI-4658 (Eteplirsen, AON: PMO)
                               AVI BioPharma, UK → Sarepta, USA

                               Klinische Studien, Stand 05/2017:
                               BioMarin:
                               Drisapersen in Phase 3, neg. Ergebnisse
                               Zulassung 01/16 negativ bewertet (FDA);
                               Market Authorization Application bei der EMA 05/16 zurückgezogen
                                Programm 2016 eingestellt

                               Sarepta Therapeutics:

                               Eteplirsen in Phase 2b, pos. Ergebnisse
                               04/16 FDA advisors: negative Bewertung, weitere Daten verlangt

                               19.09.2016: FDA - accelerated approval (Exondys 51),
                               Surrogat-Endpunkt Dystrophinexpression im Muskel, nicht Klinik
                               Confirmatory Study of Eteplirsen in DMD: 4658-301 (PROMOVI), Phase 3
Etabliert, bedingt effektiv:   (n=160, 09/14-05/19)

Steroide, Kreatinmonohydrat    Seit 01/2017: Antrag auf conditional approval von der CHMP/EMA geprüft
DMD - Gentherapie
Ataluren (TranslarnaTM): „Stop codon read-through“ Mechanismus, small-molecule compound
EU-weite Zulassung zur Behandlung der DMD; seit 12/2014 in Deutschland verfügbar

Für folgende Patienten zur Behandlung zugelassen:
   Patienten mit genetisch gesicherter DMD und
   dem Nachweis einer sogenannten Nonsense-Mutation (stop codon, ca. 13% aller DMD) und
   Alter von mindestens 5 Jahren und erhaltener Gehfähigkeit

Datenlage:
Internationale Phase 2b/3-Studie
n=174, 48 Wochen, 2 Dosen von Ataluren (40 mg/kg/d und 80 mg/kg/d), 6MWT
Initiale Analysen keine signifikanten Ergebnisse, Subgruppen-Analysen:
Gehfähigkeit unter niedrigerer Dosis zu einem geringeren Ausmaß verschlechtert als unter Placebo

„Zulassung unter besonderen Bedingungen“ (conditional marketing authorization) in der EU
→ Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit noch zu bestätigen
 Observational Study/Registry 2015-2022 (n=200)
Myotone Dystrophie Typ 1 (DM1)
                 Curschmann-Steinert-Erkrankung

Erstbeschreibung:
  1909 (Steinert)
  1912 (Curschmann)

Prävalenz:
  5-15/100.000 (Europa),
  Canada (Quebec) 200:100.000

   häufigste Form der Muskeldystrophie im Erwachsenenalter,
     aufgrund der hohen phänotypischen Variabilität wahrscheinlich stark
     unterdiagnostiziert
Kraniale Manifestationen der DM1

• Stirnglatze, leichte Ptosis
• Facies myopathica („myotonica“)
• Reduzierte Mimik, fehlende mimische
  Expression
• Temporale Muskelatrophie
• Leichte Dysarthrie/Dysphagie
Katarakt bei DM1
• Juvenile Katarakt
 irisierend, multicolor, posterior,
 subkapsulär:
 „Christbaumschmuckkatarakt“,
 „myotone“ Katarakt;
 meist junges Erwachsenenalter
Hoher gotischer Gaumen

Defekte des Zahnschmelzes, „tented“ upper lip v.a. bei kongenitalen Formen
Multisystemcharakter der DM1
                          Skelettmuskulatur
                          Distale Muskelschwäche, Atrophien, Myotonie

Magen-Darm-Trakt
Affektion der glatten Muskulatur,
Mega-Colon, Obstipation,
Pseudo-Obstruktion, Cholelithiasis
Neuromuskuläre Bildgebung bei DM1
Fettige Degeneration des anterioren > posterioren Oberschenkelkompartiments
Multisystemcharakter der DM1
Hautveränderungen:
  gehäufte Pilomatrixome

Herz
  Reizleitungsstörungen/Arrhythmien > Kardiomyopathie,
  maligne Arrhythmien und plötzlicher Herztod fatalste Komplikationen und
  häufigste Todesursache!
Multisystemcharakter der DM1
Endokrines System
 Diabetes mellitus (Insulinresistenz), primärer Hypogonadismus,
 Hodenatrophie, Infertilität, Menstruationsstörungen,
 hypothalamische Störungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen

Respiratorisches System
 Zwerchfell- und Atemmuskelschwäche,
 obstruktives und zentrales Schlaf-Apnoe-Syndrom,
 Aspirationspneumonien (bei Dysphagie, häufige Todesursache)

Labor
 CK (oft nur leicht, auch normal), -GT, IgG,
 Testosteron , IGF-1 , FSH 
Zerebrale Beteiligung bei DM1
   Fatigue, Tagesmüdigkeit, Hypersomnie!
Zerebrale Beteiligung bei adult-onset DM1

 Neuropsychologische Defizite, kognitive Dysfunktion
      Störungen der Exekutivfunktionen, kognitive Verlangsamung („slowing“)

 Vermeidendes/passives Verhalten
 Spez. Persönlichkeitszüge (Apathie, Indifferenz, Antriebsminderung)
 „Lack of self-awareness“, „Theory-of-mind“-Probleme
 Depression

 Kinder: Autismus-Spektrum-Störungen!
Zerebrale Bildgebung bei DM1

      Marklagerveränderungen (white matter lesions,
   besonders typisch: anterior-bitemporale sog. ATWML);
          Hirnatrophie, Hyperostose der Kalotte
Beteiligung der weißen Substanz
Strukturelles MRT (incl. VBM und DTI):
  Reduktion der weißen Substanz in allen Hirnregionen (VBM, s.u.)
  Ubiquitäre Degradation von Faserverbindungen (DTI)
  Corpus callosum, limbisches System und Frontallappen „hot spots“?

               Primäre Erkrankung der weißen Substanz?

                                                         3.0T-MRI; Minnerop et al. 2011
                                                        22 DM1 Patienten vs. Kontrollen
Genetik der DM1
                               Beschreibung des Gendefektes 1992

Instabile CTG-Repeat Expansion
in 3` UTR des Dystrophia-Myotonica-Proteinkinase-Gens (DMPK) auf Chromosom 19
Transkribiert, evtl. sogar translatiert: sense und antisense Repeat-assoziierte Non-ATG Translation,
RAN-Translation  Proteinpathologie ähnlich HD, SCA8, FXTAS, C9orf72 ALS/FTD

Repeat-Anzahl  Erkrankungsalter, -schwere
Instabilität der Repeat-Expansion in Mitose/Meiose
Antizipation (~ 2.9 Dekaden)
Kongenitale Form (maternal)
Molekulare Pathogenese der DM1
                                     RNA-Pathologie

                      Toxic gain-of-function der RNA(CUG)n
                        nukleäre (und zytoplasmatische) Akkumulation
                                der expandierten RNA-Transkripte
 Bindung und Funktionsstörung von RNA-Bindeproteinen (Spleiß-/Translations-Faktoren MBNL1/2
  und CUGBP/CELF1)
 Sequestrierung und loss-of-function von MBNL1/2 ()
 Hochregulation und gain-of-function von CUGBP/CELF1 ()
 „Spleißopathie“: RNA-Instabilität und aberrantes alternatives Spleißen der prä-mRNA anderer Gene

 Störung der zellulären Proteinsynthese:
          Insulin Rezeptor, CLCN1, CaV1.1 Calcium Kanal, Cardiac Troponin T, RYR-1,
          Myotubularin MTM1, SERCA, muscular bridging integrator-1 BIN1, NMDA-Rezeptor 1, APP, Tau
Gentherapie der DM1

Gentherapie-Ziel: Pathogene RNA-Foci (upstream der Pathologie)
 AON binden an RNA-Expansionen,
  inhibieren die Bindung von Spleiß-Faktoren oder setzen sie wieder frei; ggf. Degradation der mutierten RNA

 RNA-Silencing (RNAi/RNA-Interferenz)-Techniken (DMPK knockdown)
 Gute Erfolge in Zellkultur- und Tiermodellen (Maus, Primaten; dosisabhängige Reduktion von DMPK-Transkripten)
Therapiekonzepte/Studien - DM1
Tideglusib: Glykogensynthase-Kinase-3-Beta (Seronin/Threonin-Kinase, GSK3b)-Inhibitor
korrigiert die Aktivität der RNA-Bindeproteine wie CUGBP1 in DM1-Tiermodellen;
präklinische Wirksamkeit in transgenen Modellen und DM1 ex vivo Muskelgewebe

Klinische Studien:
OPTIMISTIC: Kognitive Verhaltenstherapie und körperliches Training, www.optimistic-dm.eu
Rekrutierung abgeschlossen, n = 250

IONIS-DMPKRx, Biogen/Ionis, generation 2.5 chimeric AON design
“Phase 1/2a blinded, placebo-controlled study to assess the safety, tolerability, and dose-range finding of multiple ascending doses of
ISIS 598769 administered s.c. to adult patients with Myotonic Dystrophy Type 1”, n=48, 12/14-11/16 (study completed)

01/2017: “Ionis has decided not to advance its IONIS-DMPK-2.5Rx program”. Neue Technologie für DM1 in Entwicklung.

AMO 2, Tideglusib, AMO Pharma Limited
“A single-blind, phase 2 study to evaluate the safety and efficacy of Tideglusib 400mg or 1000mg for the treatment of adolescent and
adult congenital and juvenile-onset Myotonic Dystrophy Type 1”, 08/16-12/17
Spinale Muskelatrophie
              Spinale Muskelatrophie (SMA)
                                     - SMA

                             Diagnosestellung:
                              Anamnese, Symptome,
                              CK-normal/leicht erhöht
                              → Genetik: SMN1-Gen

                             Klinischer Verlauf:
                              Typ 1: Kein Sitzen
                              Typ 2: Kein Gehen
                              Typ 3: Gehverlust
                              Typ 4: Adulte Form

                             Therapie:
                              Symptomatisch,
                              bisher nicht kausal

Folie 42      Titel
SMADefinition
                                     - Genetik
 Autosomal rezessiv, Ursache sind pathogene Mutationen
  des Survival Motor Neuron 1 (SMN1) Gens auf Chromosom 5
 95% der SMA: Exon 7 des SMN1 Gens ist homozygot deletiert
 2% der Bevölkerung sind heterozygot (Anlageträger) für eine
  SMN1 Deletion (1:50), SMA Inzidenz 1:10.000 Neugeborene

 Homologes SMN2 Gen in direkter Nachbarschaft

 SMN2 ist im Verlauf der Evolution durch Genduplikationen aus SMN1
  entstanden. Die meisten Menschen haben mehrere SMN2 Kopien. SMN2 wird
  bei Gesunden nicht benötigt, Genfehler sind häufig. Eine häufige Mutation
  führt dazu, dass beim Spleißen Exon 7 übergangen wird. Das dann gebildete
  SMN-Protein ist weitgehend funktionslos.

 Bei Patienten mit SMA kann SMN2 zum teilweisen Rescue führen

 Die Ausprägung einer SMA ist weitgehend davon abhängig,
  über wie viele SMN2 Kopien die Betroffenen verfügen

 AON Nusinersen verhindert durch Blockade eines repressiven
  Genabschnitts,
    Folie 43     dass  das Exon 7 beim Spleißen übersprungen wird
                    Titel
Nusinersen
                                                  30.05.2017
                      Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat Nusinersen (Spinraza)
                          für die Behandlung der SMA für alle Verlaufsformen zugelassen
                            Das Präparat befindet sich seit dem 03.07.2017 im Handel.

   FDA-Zulassung seit Ende 2016 für Säuglinge und Erwachsene mit SMA in den USA

   Intrathekal appliziert – Tag 1, 14, 30, 60 und danach alle 4 Monate
Morbus Pompe
               Glykogenose Typ II, Saure Maltase-Mangel,
                      Glycogen Storage Disease Typ 2 (GSD2)

   Mangel an lysosomaler saurer α-1,4-Glukosidase-Aktivität
    („Saure Maltase“, GAA)

   Häufigste Glykogenspeicherkrankheit

   Geschätzte Inzidenz 1:40.000–1:250.000 Lebendgeburten

   Infantile, juvenile/adulte Verlaufsformen (LOPD; u.a. abhängig von
    Enzymrestaktivität); große phänotypische Varianz

   α-1,4-Glukosidase:
    Enzym, das in Lysosomen langkettige Polysaccharide (Glykogen als zu verwertendes Makromolekül)
    im Rahmen der Autophagie („Makro-Autophagozytose“) zu Glukose abbaut

   Dysfunktion der Autophagie, lysosomale Glykogenakkumulation,
    Lysosomen-Ruptur, intrazelluläre Glukoseverarmung
M. Pompe
Morbus      – Muskelbiopsie
       Pompe: Muskelbiopsie

                   HE; vakuoläre Myopathie

                   Kann auch unauffällig sein!
M. Pompe: Muskelbiopsie

PAS-positive Vakuolen; pathologische Glykogenspeicherung
M. Pompe – Infantile Form
• Floppy infants
• Muskuläre Hypotonie und motorische Retardierung
• Hypertrophische Kardiomyopathie mit Rhythmusstörungen
• Respiratorische Insuffizienz
• Evtl. Hepatopathie
• In der Regel Tod im 1. Lebensjahr
• Enzymrestaktivität < 1%
Late-onset Morbus Pompe (LOPD)
Klinische Symptomatik variabel, meist Gliedergürtelmuskelschwäche
    Beginn sehr variabel, oft 3.-4. Lebensjahrzehnt
    Frühe Beteiligung der Atemmuskulatur und Zwerchfellparese
     (oft Erstsymptom, paradoxe Atmung)!
    Proximal/axial betonte Muskelschwäche (LGMD-Phänotyp, > 80%)
    „Skoliose, rigid spine, Kachexie“ als weiterer Phänotyp (ca. 10%)
    Selten arterielle Aneurysmata, IOS
    Diarrhoen > Stuhlinkontinenz > Urininkontinenz:
     häufig, 33-56%
    Äußerst selten Herzbeteiligung ( Kindern)
    Enzymrestaktivität oft 2-25% (< 30%)
M. Pompe
               Morbus      – Diagnostik
                      Pompe: Diagnostik
•   Anamnese und Klinik
•   Muskelenzyme im Serum meist (leicht) erhöht
•   EMG: myopathisch, auch SPA

•   Biochemie: Enzymaktivitätsbestimmungen, Proteinanalyse
         Trockenbluttest als Screening
         Biochemie aus Lymphozyten, Fibroblasten, Muskelgewebe
         CRIM-Status in Fibroblasten („cross reactive immunological material“,
         Western-Blot-Analyse): CRIM-positiv oder-negativ (Kinder)

•   Muskelbiopsie bei unklaren Fällen (mit Biochemie)

•   Genetik!
Kausal orientierte Therapie des Morbus Pompe:
             Enzymersatztherapie (ERT)

Alglucosidase Alfa (Myozyme™)
   Rekombinant hergestelltes humanes Enzym (rhGAA),
    100-kDa Precursor mit Mannose-6-Phosphat (M6P)-Gruppen

   M6P-Rezeptor-gebundene Aufnahme über die Zellmembran, intrazelluläres
    Verhalten wie endogenes Precursor-Protein

   Seit April 2006 durch FDA und EMA zugelassen

   Infusionstherapie alle 2 Wochen

   Körpergewichts-adaptierte Dosis (20mg/kg KG)
Bisherige Ergebnisse der EET
• Erwiesener Nutzen bei Kindern:
  überleben z.T. viele Jahre, Ansprechen variabel, andere Probleme können hervortreten
  (Dysarthrie, Dysphagie, dilatative statt hypertrophe Kardiomyopathie, ZNS?)
       -in Deutschland unter EET mind. 50% verstorben
       -mind. 25% aller therapierten Kinder invasiv beatmet

• Bei adulten Formen (LOPD) positive Tendenzen in allen Studien
    A), B) LOTS- (open-label extension) Studie (Sanofi-Genzyme);
    C), D) eigene Investigator-initiierte Beobachtungsstudie über 12-36 Monate

          A), B) n = 90/81, Therapie über 78/104 Wochen:
          VK stabil, Gehstrecke  (Median) im 6 Minuten-Gehtest

          C), D) n = 44/38, Therapie über 12/36 Monate:
          VK stabil, Gehstrecke  (Median) im 6 Minuten-Gehtest nach 12 und
          24 Monaten, wieder leichte Verschlechterung nach 36 Monaten

          Review-Arbeit 2016 (J Neurol, Schoser et al.):
          22 Studien; 438 Patienten; ~45.7 Monate
          “improvements in survival and ambulation, prevention of deterioration in respiratory function”
Probleme der EET

   Hohe Proteinmenge, teils schwere allergische Reaktionen
         Haut, Bronchien, Kreislauf (z.T. erst nach 1-2 Jahren)

   Geringe Bioverfügbarkeit in Lysosomen

   Im Skelettmuskel Vakuolisierung und Destruktion irreversibel
          Autophagie-Problematik, früher Therapiebeginn

   Bildung von Antikörpern gegen Alglucosidase Alfa
         Neutralisierend? Wirkungsabschwächend? Erhöhtes Risiko für Allergien?

   Keine Heilung, Wirkungsreduktion im Verlauf?

   Milde Verlaufsformen: Risiko-Nutzen Abwägung
           Registry-Programm („natural history“)

   Kosten!
Entzündliche Myopathien/Myositiden
                                - Klassifikation -

 Polymyositis (PM)
    -überdiagnostiziert, nur 2-9% aller entzündlichen Myopathien
    -oft Einschlusskörpermyositis, noch öfter Overlap-Myositis

 Begleitmyositis bei Kollagenosen = Overlap-Myositis

 Dermatomyositis (DM)

 Immunvermittelte nekrotisierende Myopathien
 (z.B. anti-SRP-, anti-HMGCR-Antikörper)

 Sporadische Einschlusskörpermyositis (sIBM)
Entzündliche Myopathien/Myositiden

Zusatzbefunde:
• CK: normal oder erhöht (teilweise sehr hoch)

• EMG:
    • „irritative Myopathie“
    • kleine, kurze, polyphasische Potentiale
    • Fibrillationen, positive scharfe Wellen

• Autoantikörper bei 50% aller Patienten mit Myositiden:
    • Myositis-spezifische Autoantikörper
        in erster Linie bei Pat. mit Myositis (aber nicht ausschließlich)
    • Myositis-assoziierte Autoantikörper
        meist bei systemischen Immunerkrankungen/Overlap/Kollagenosen
Myositisches Gewebssyndrom (Polymyositis)
  Entzündliche Erkrankung der Skelettmuskulatur durch Autoimmunreaktion gegen intakte
Muskelfasern; vorwiegend T-Zell-vermittelt (zytotoxische T-Zellen gegen unbekanntes Muskel-
                Antigen, Invasion nicht-nekrotischer Fasern durch T-Zellen)

                      Endomysiale und interstitielle Rundzellinfiltrate
                                   Faserinvasionen
Dermatomyositis (DM)
Entzündliche Erkrankung der Skelettmuskulatur durch Autoimmunreaktion gegen muskuläre
Kapillaren und interstitielles Bindegewebe (humoral vermittelte Muskelentzündung, CD4-
positive T-Zellen, CD20-positive B-Zellen); Ablagerung von MAC an den Muskelkapillaren
→ Mikroangiopathie
→ sekundäre Muskelischämie

Epidemiologie:
 Ca. 40% Beginn nach dem 40. LJ, 20-30% im Kindesalter
 häufigste inflammatorische Myopathie des Kindesalters
 Assoziation mit Malignomen häufig (v.a. nach dem 50. LJ,
  v.a. Mamma-/Ovarial-/Bronchial-Karzinome)
 Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen sehr selten
Dermatomyositis

• Perivaskulär betonte Entzündungsreaktion
• Perifaszikuläre Atrophie
• MAC-Ablagerung an Muskelkapillaren, intramuskuläre Mikroangiopathie
• Kapillarrarefizierung
Dermatomyositis - Klinik
• Proximal betonte Muskelschwäche (in Wochen/Monaten)
• Dysphagie bis zu 50%
• Fieber, Gewichtsverlust gelegentlich
• oft Schwellungen/Überwärmung der Oberarmmuskulatur
• viel Ödem im Muskel-MRT ( Polymyositis)
• Myokarditis: 40% !
• Myositis-spezifische AK bei adulten DM-Patienten:
         z. B. Anti-Mi2, Anti-p155/140, Anti-CADM140 (oft amyopathische DM), Anti-PL12

• Hautveränderungen:
    • Heliotropfarbenes Erythem: Dekolleté, Gesicht, Augenlider (Ödeme!)
    • Gottronzeichen (schuppiges Erythem über Fingerknöcheln)
    • Keinig-Zeichen (Mikroaneurysmen und kleine Blutungen an Nagelfalz)
    • Subcutane Kalzifikationen (juvenile Dermatomyositis)
Therapie immunvermittelter
               Myopathien/-sitiden
• Kortikosteroide
   • Foudroyante Verläufe: Hochdosis i.v., dann oral
   • Sonst langfristig hochdosiert oral, über Monate/Jahre 

• Immunsuppressiva
       AZT, MTX, Rituximab
       MMF, Ciclosporin A, Cyclophosphamid, etc.

• IVIG (auch als add-on) bei schweren und therapierefraktären
        Verläufen oder Kontraindikationen gegen Steroide

• Physiotherapie, supportive Maßnahmen

• Tumorbehandlung!
Herzlichen Dank
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