NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK

Die Seite wird erstellt Silvia Schiller
 
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NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
No. 19//Winter   € 5,50
                                                                         2020

       Die grüne Weihnacht S. 2       24 x Menschlichkeit S. 10
              Weihnachtsprogramm – alle Sendungen S.12
Best of „Unser Beethoven“ S. 20       Don Giovanni als Mörder? S. 48
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
GRAFENEGG 2021
                                 10. Juni–5. September
                                     Münchner Philharmoniker · Valery Gergiev
                             Zubin Mehta · Joyce DiDonato · Christian Tetzlaff
                                        Wiener Philharmoniker · Paavo Järvi
                   Filarmonica della Scala · Semyon Bychkov · Sol Gabetta
                              Piotr Beczała · Hélène Grimaud · Renée Fleming
         Tonkünstler-Orchester · Rudolf Buchbinder · Toshio Hosokawa

                                                                                 © Alexander Haiden

                                                grafenegg.com

Wir danken unseren Hauptsponsoren:
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+

                           EDITORIAL
      Weihnachten steht vor der Tür. Ein Weihnachten,
      das wahrscheinlich ganz anders wird, als wir uns
      jemals vorstellen konnten. Wird es überhaupt ein
      gemeinsames Feiern geben, in den Familien, in
      den Kirchen?

                                                                                                           Liebe Leserinnen und Leser von magazin KLASSIK,

                                                                                                            diese Ausgabe hatte einmal den Übertitel „Wunder –
                                                                             No. 19//Winter
                                                                                       2020
                                                                                              € 5,50
                                                                                                        Weihnachten – Staunen – Schenken“. Während ich diese

                                                                                                                                                                       1
                                                                                                        Zeilen schreibe, greift der zweite Lockdown dieses Jahres
                                                                                                        erneut in unser Leben ein und wir haben in den vergan-
                                                                                                        genen Wochen und Monaten über ganz andere Dinge
                                                                                                        gestaunt und uns gewundert. Mit unserem Radioprogramm
                                                                                                        und diesem dennoch stimmungsvollen Magazin, wollen
                                                                                                        wir Ihnen einen Funken weihnachtlicher Normalität
                                                                                                        weitergeben.
                                                                                                            Freuen Sie sich außerdem auf den Jahresrückblick
                                                                                                       „Unser Beethoven“, auf Notizen eines Möchtegern-Ös-
                                                                                                        terreichers und auf einen musikalisch-juristischen Brief-
                                                                                                        wechsel zum Thema „Don Giovanni“!
                                                                                                            Im Advent präsentieren wir Ihnen Rainer Maria
                     Die grüne Weihnacht S. 2       24 x Menschlichkeit S. 10
                            Weihnachtsprogramm – alle Sendungen S.12
                                                                                                        Rilkes Weihnachtsbriefe an seine Mutter – gelesen von
                                                                                                        Michaela Krauss. Im neuen Jahr wird Martin Haselböck
              Best of „Unser Beethoven“ S. 20       Don Giovanni als Mörder? S. 48

         Cover:                                                                                         seine RESOUND-Sendereihe einmal im Monat mit den
         Der Baum am Titel ist eine Interpreta­                                                         Sinfonischen Dichtungen von Franz Liszt fortsetzen.
         tion der gezeichneten Vorlagen                                                                     Ich wünsche Ihnen eine ruhige Adventzeit, gesegnete
         des Gugginger Künstlers Heinrich
         Reisenbauer (siehe Artikel auf                                                                 Weihnachten und einen guten Rutsch in ein besseres Jahr!
         der nächsten Seite). studio VIE
         hat den Tannenbaum für diese Jahres­                                                               Ihr Christoph Wellner
         zeit vergoldet.
                                                                                                                Chefredakteur

                                                                                                                    P.S.: Selbstverständlich überträgt radio klassik
                                                                                                                      Stephansdom alle wichtigen Weihnachts-
                                                                                                                       Gottesdienste aus dem Wiener Stephans-
                                                                                                                       dom! Bitte entnehmen Sie diese Termine
                                                                                                                       dem vollständigen Weihnachtsprogramm
                                                                                                                       auf S. 12.
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
magazin KLASSIK     Winter
                    2020

DIE GRÜNE
WEIHNACHT.

 2

                  Jasmin Wolfram im Gespräch mit Nina Katschnig,
                  managing director galerie gugging.
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+

                                                                                                          JW:
                                                                                         In wenigen Tagen wird die Tanne ein
                                                                                   symbolischer Mittelpunkt des Weihnachtfests sein.

.
                                                                                     In der künstlerischen Auseinandersetzung der
                                                                                   Gugginger Künstler ist die Tanne als Weihnachts-
                                                                                          motiv sehr beliebt. Woran liegt das?

                                                      Interview – Jasmin Wolfram
                                                                                             Das liegt wohl daran, dass es Tradition ist,

                                                                                      NK:
           Der Tannenbaum                                                                    das Weihnachtsfest mit einem geschmück-
           in der Art Brut.                                                        ten Baum zu feiern, und da die Künstler Jahreszeiten
                                                                                   bezogene Themen immer wieder gerne aufgreifen,
                                                                                   kommt es zu diesen Arbeiten. Es wird auch zumeist
                                                                                   ein Christbaum gezeichnet, weil das unserer Kultur
                                                                                   entspricht und weil sich die Künstler ganz einfach
                                                                                   jedes Jahr auf Weihnachten freuen. Das Weihnachts-
                                                                                   fest im Haus der Künstler ist eines der schönsten ge-
                                                                                   meinsamen Feste des Jahres.

                                                                                                           JW:
                                                                                            Auf den ersten Blick verleiht die
                                                                                                kindliche Anmutung eine
                                                                                         Leichtigkeit des Seins. Der zweite Blick
                                                                                              oftmals jedoch ein schweres
                                                                                                 persönliches Schicksal.
                                                                                                       Ist dem so?

                                                                                             Sowohl die vermutete kindliche Anmutung
                                                                                      NK:

                                                                                             als auch das schwere persönliche Schicksal
                                                                                   sind Interpretationen des Betrachters. Wie man etwas                                                  3
                                                                                   betrachtet und in weiterer Folge auch bewertet, hat
                                                                                   immer mit einem selbst zu tun. Kunstwerke stellen
                                                                                   oftmals Projektionsflächen für die Rezipienten dar
                                                                                   und das nochmals verstärkt, wenn es sich um Werke
                                                                                   von Künstlern mit besonderen Vorzeichen handelt.
                                                                                   Da blüht die Fantasie bei vielen so richtig auf. Wenn
                                                                                   man wirklich wissen möchte was/wer hinter den
                                                                                   Werken steht, so müsste man die Schöpferin/den
                                                                                   Schöpfer dazu befragen.

                                                                                                            JW:
                                                                                                      Bitte um Ihre
                                                                                                   Begriffserklärung von
                                                                                                        „Art Brut“.
                                                                                                                                              Foto – Heinrich Reisenbauer, Tannen, 2012, Bleistift, Farbstift

                                                                                              Der Begriff „Art Brut“ wurde vom franzö-
                                                                                      NK:

                                                                                              sischen Künstler Jean Dubuffet, der auch
                                                                                   ein einflussreicher Kunstschriftsteller war, in den
                                                                                   1940er Jahren begründet. Dubuffet, der vor seiner
                                                                                   künstlerischen Karriere als Weingroßhändler tätig
                                                                                   war, hat sich dabei vom „brut“ – das meint trocken
                                                                                   ausgebauten, unverfälschten, ungesüßten Wein und
                                                                                                                                                                                                                © Privatstiftung – Künstler aus Gugging

                                                                                   Champagner – inspirieren lassen. Er meint damit
                                                                                   eine Kunst, die frei, unbeeinflusst, nicht intellektuell
                                                                                   und roh ist. Dubuffet selbst sammelte diese Kunst
                                                                                   und fand sie an ungewöhnlichen Orten wie etwa auf
                                                                                   der Straße, in der Volkskunst, in Gefängnissen oder
                                                                                   in psychiatrischen Kliniken inner- und außerhalb
                                                                                   Europas. Art brut meint seit jeher eine Kunst jenseits
                                                                                   etablierter Strömungen und Formen.
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
magazin KLASSIK                                                                                                   Winter
                                                                                                                  2020

                                                                                                               JW:
                                                                                                Arbeiten der Gugginger Künstler                                So wie jedes Jahr werden wir gemeinsam

                                                                                                                                                       NK:
                                                                                          werden von der heimischen Szene bewundert                            am 24. Dezember ab 13.30 Uhr Weihnach-
                                                                                               und vom internationalen Publikum                     ten feiern. Zuerst gibt es ein Lagerfeuer vor dem Haus
                                                                                         mit großem Interesse aufgenommen. Wie gehen                der Künstler, wo Weihnachtslieder gesungen werden
                                                                                             die Künstler mit dieser Popularität um?                und es gibt Tee und Kekse.
                                                                                                                                                    Dann gehen wir hinein, wo schon ein schön ge-
                                                                                                   Das ist ganz unterschiedlich, wie wohl sonst     schmückter Baum auf uns wartet, und es wird wieder
                                                                                           NK:

                                                                                                   auch. Dem einen ist der Erfolg und die           gesungen, Gedichte werden vorgetragen und Heinrich
                                                                                        damit verbundene Popularität wichtig, dem anderen           Reisenbauer liest das Weihnachtsevangelium. Nach-
                                                                                        nicht so sehr. Prinzipiell ist es aber so, dass ich einen   dem dann die Geschenke verteilt wurden, sitzen wir
                                                                                        sehr „entspannten“ Umgang damit bemerke. Johann             noch gemütlich zusammen und genießen ein feines
                                                                                        Garber beispielsweise ist sich seines Erfolges als Künst-   Essen, das sich die Künstler zuvor gewünscht haben.

                                                                                                                                                                                                              Foto – Johann Garber, Ein Gesenk Christbaum, 2012, Tusche
                                                                                        ler sehr bewusst und genießt ihn auch. Es hat ihm           Weihnachten mit den Künstlern zu erleben ist ein-
                                                                                        große Freude bereitet, zu seinem 70. Geburtstag in          fach schön!
                                                                                        der galerie gugging seine eigene Ausstellung zu kura-
                                                                                        tieren. Ihn interessiert es, wo er steht und was die                                JW:
                                                                                        anderen Künstler um ihn herum machen und so hat               5 Tannen, 5 unterschiedliche Arbeiten und den-
                                                                                        er auch ganz gezielt die Werke für seine Ausstellung         noch charakteristisch für den jeweiligen Künstler.
                                                                                        „curated by Johann Garber“ ausgewählt. Generell                       Würden Sie dem zustimmen?
                                                                                        glaube ich jedoch, auch wenn es vielleicht nicht im-

                                                                                                                                                                                                                                                                          © Privatstiftung – Künstler aus Gugging
                                                                                        mer sofort erkennbar ist: Es freuen sich die meisten           NK:     Ja, dem stimme ich absolut zu! Jede/r
                                                                                        Künstler, wenn ihre Werke gesehen werden und                           Künstler/in hat seinen/ihren eigenen, un-
                                                                                        Anerkennung finden. Das ist auch bei den Gugginger          verwechselbaren Stil. Da ist wunderbar dieses innere
                                                                                        Künstlern der Fall.                                         Ausdrucksbedürfnis zu erkennen, das einer jeweilig
                                                                                                                                                    ganz eigenen Formensprache folgt und nichts an-
                                                                                                                                                    derem. Das ist für mich faszinierend. Die Künstler
                                                                                                                                                    arbeiten zwar jeder für sich, aber doch sind sie jetzt

 4                                                                                                                                                  räumlich nicht alle getrennt während sie arbeiten.
                                                                                                                                                    Sie sehen sehr wohl wie die anderen Künstler arbei-
                                                                                                                                                    ten, aber es interessiert sie nicht, sich davon etwas
                                                                                                                                                    abzuschauen bzw. in ihre eigene Arbeit zu integrie-
                                                                                                                                                    ren. Heinrich Reisenbauer wird seine Tannen immer
                                                                                                                                                    so zeichnen oder malen und nicht anders. Da ist er
                                                                                                                                                    der nüchternste von allen. Im christlichen Glauben
                                                                                                                                                    erzogen, sind die von den anderen KünstlerInnen
                                                                                                                                                    abgebildeten Arbeiten „Christbäume“. Johann Gar-
 Foto – Helmut Hladisch, Ein Christbaum, 2013, Bleistift

                                                                                                                                                    ber liebt an Weihnachten auch, dass es Geschenke
                                                                                                                                                    gibt und deshalb integriert er sie auch in seine klas-
                                                                                                                                                    sisch mit Feder und Tusche ausgeführte Zeichnung.

                                                                                                                                                                            JW:
                                                                                                                                                           Ein dekorativer Christbaum-Bausatz,
                                                                                                                                                     ein lebender Christbaum zum Mieten, oder doch
                                                                                                                                                             die klassische Nordmann-Tanne?
                                                                                                                                                       Wonach werden Sie heuer Ausschau halten?
                                                           © Courtesy galerie gugging

                                                                                                                                                               Ehrlich gesagt, weiß ich das noch nicht!
                                                                                                                                                       NK:

                                                                                                                                                               Nachdem ich immer zuerst mit den Künst-
                                                                                                                                                    lern und dann mit meiner Familie feiere, bin ich schon
                                                                                                                                                    mit zwei schön geschmückten Christbäumen „ver-
                                                                                                                                                                                                                                                                       Bleistift, Farbstifte © Courtesy galerie gugging

                                                                                                                                                    sorgt“. Ich glaube aber, dass es dieses Jahr nicht viel
                                                                                                                                                                                                              Foto – Laila Bachtiar, Christbaum, 2011,

                                                                                                                                                    anders sein wird als in den letzten Jahren. Irgendwie
                                                                                                                                                    hätte ich dann doch gerne auch einen Baum zu Hause
                                                                                                                                                    und so wird der dann quasi in letzter Minute bei
                                                                                                                                                    einem Christbaumstand in einem Park gekauft. Da
                                                                                                              JW:                                   sind dann zumeist die Bäume noch da, die etwas
                                                                                            Wie werden Laila Bachtiar, Johann Garber,               seltsam gewachsen sind … unregelmäßig und nicht
                                                                                             Helmut Hladisch, Heinrich Reisenbauer                  so gerade. Da finde ich dann immer ein nicht so
                                                                                              sowie Günther Schützenhöfer dieses                    großes, „brutes“ Bäumchen, das ich dann mit großer
                                                                                                   Weihnachten verbringen?                          Freude schmücke und so auch in Weihnachtsstimmung
                                                                                                                                                    komme.
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+

                                                                                                 Bleistift, Farbstifte © Privatstiftung – Künstler aus Gugging
                                                  Foto – Günther Schützenhöfer, Christbaum, 2016,
                                                  5

      Kulturtipp

      galerie gugging
      nina katschnig
     „überdrüber … leopold strobl
      & arnulf rainer“
      19. November 2020 –
      7. März 2021

      Die galerie gugging lädt mit „über­
      drüber …“ zum Gipfeltreffen zweier
      österreichischer Ausnahmekünstler
      der Übermalung und Überzeich­
      nung. Der Altmeister Arnulf Rainer
      trifft hier auf den Shootingstar
      Leopold Strobl, der dieses Jahr
      seinen 60. Geburtstag feiert und
      von der Galerie mit einer 60 Arbeiten
      umfassenden Werksschau be­
      schenkt wird.

      www.galeriegugging.com
      Di – Fr 10.00 bis 18.00 Uhr
      Sa 12.00 bis 18.00 Uhr
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
AUF
       AUGENHÖHE
NIKOLAUS
    EIN

   Josef Oberleithner schlüpft
   seit 47 Jahren in die Rolle des
   Bischofs von Myra.
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+
Alice Bˆsch Österreich, 1896 © Salzburger Weihnachtsmuseum
Foto – Gemälde Öl auf Holz Sign.

                                                                   Sein weißer Bart hat bereits die Nikolaus-Länge er-                                  Wenn der gelernte Bäcker als Nikolaus auftritt, so
                                                                   reicht. Denn Anfang Dezember ist Josef Oberleithner                                  will er vor allem eines: „Freude schenken.“ Auch
                                                                                                                             Text – Marlene Groihofer

                                                                   rund um St. Pölten stets unterwegs. Dann reiht sich
                                                                   Termin an Termin, es geht vom Kindergarten zur
                                                                                                                                                        alte, einsame Menschen, besuchte er stets. Und er
                                                                                                                                                        bekommt viel zurück. Als er an Krebs erkrankt war,
                                                                                                                                                                                                              7
                                                                   Niederösterreichischen Landesregierung, von der                                      erreichte ihn Post aus dem Kindergarten: „Nikolaus,
                                                                   Schule zum Hausbesuch. Samt Bischofsstab, Mütze                                      bitte werd’ wieder gesund.“
                                                                   und Kostüm: Josef Oberleithner stellt den Heiligen
                                                                   Nikolaus dar, seit mittlerweile 47 Jahren. Wie seine
                                                                   Besuche heuer aussehen, in Corona-Zeiten? „Ich
                                                                   nehme die Situation wie sie kommt“, sagt der 81-Jäh-
                                                                   rige. Wohl wird der Abstand eine Rolle spielen, der
                                                                   Händedruck entfallen, die Pandemie ein offensicht-
                                                                   licher Begleiter sein.
                                                                       „Schau, der sieht aus wie der echte Nikolaus“, wird
                                                                   um ihn herum getuschelt. Denn Josef Oberleithners
                                                                   Haar und Bart erstrahlen weiß – und sind natur.
                                                                       Gefestigt ist der Niederösterreicher in seinen
                                                                   Grundsätzen: „Ich bin kein ‚Erziehungsnikolaus‘“,
             Foto – Josef Oberleithner © Marlene Groihofer

                                                                   sagt Josef Oberleithner. Manche Eltern würden sich
                                                                   Verbote wünschen, „die gibt’s von mir aber nicht.“
                                                                   Wichtig sei ihm, sich auf Augenhöhe mit den Kindern
                                                                   zu begeben. „Ich bin ein Meister im ‚Runterhockerln‘
                                                                   geworden.“
                                                                       Seine eigene Kindheit war eine Zeit der Ent-
                                                                   behrungen und des Schuftens. „Teufelskind“, wurde
                                                                   er als „lediger Bub“ einer jungen Mutter in Schule
                                                                   und Pfarre gerufen. Das Ministrieren war ihm lang
                                                                   verboten. „Das alles hat sehr wehgetan“, sagt der
                                                                   81-Jährige, der seine ersten Lebensjahre bei einer                                                     Radiotipp
                                                                   Ziehmutter verbrachte. „Bis heute stelle ich mich
                                                                   deshalb bei Ungerechtigkeiten auf die Füße.“                                                            Lebenswege
                                                                       Dennoch blieb Josef Oberleithner der Kirche
                                                                                                                                                                                  06.12., 17.30 Uhr
                                                                   treu, war über Jahrzehnte hinweg Mesner, Vorbeter,
                                                                   Kommunionspender und Leiter von Wortgottesfeiern.                                                      Eine Sendung von Marlene
                                                                   Und er ist glühender Marienverehrer: „53 Jahre lang                                                    Groihofer über den Nikolaus
                                                                   bin ich nach Mariazell gepilgert.“                                                                     Josef Oberleithner.
NO. 19//WINTERWINTER 20202020 - RADIO KLASSIK
magazin KLASSIK                Winter
                               2020

      „DIE
                                          KRIPPE
                                                                                      STEHT
                                                       FÜR

 8

       In alten Gemäuern
       im Weinviertel befindet
       sich ein weihnacht­
       licher Schatz. In Sitzen­
       dorf an der Schmida
       hat Familie Schreiber
       über 1.000 Krippen aus
       der ganzen Welt ge­
       sammelt.

                                                                                      Krippen in allen möglichen Formen und Darstellungen
                                                                                      gesammelt. „Mein Vater hatte eine burgenländische
                                                                                      Kastenkrippe geerbt, mit einem Storch und Menschen
                                                               Text – Stefan Hauser

                                                                                      in regionaler Tracht, damit wurde früher bei uns die
       Das Haus atmet Geschichte. Ein ehemaliges Refekto-                             Verkündigung nach Hause gebracht“, schildert Ro-
       rium aus dem 12. Jahrhundert wurde zum Refugium                                switha Schreiber-Jetzinger. Sie verwaltet nach dem
       von Hiltigund und Gerhard Schreiber. Hiltigund                                 Tod ihres Vaters und der Erkrankung ihrer Mutter
       war jahrelang Diözesankonservatorin der Erzdiözese                             den Krippenschatz im Haus. Der ganze Wohntrakt
       Wien und leitete das Referat für kirchliche Kunst und                          und die ehemaligen Werkstätten einer Sattlerei sind
       Denkmalpflege. Das Ehepaar hat über Jahrzehnte                                 bis auf den letzten Platz mit Krippen aller Art gefüllt.
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+

                                                              Darstellen der Texte                                  Dank haben sie ihm diese Krippe geschenkt“, erzählt
                                                              Warum Krippen seit jeher einen wesentlichen Platz     Roswitha Schreiber-Jetzinger. Nicht nur die weih-
                                                         in Kirchen und in Familien haben, erklärt Roswitha         nachtliche Darstellung steht in den Schreiberschen
                                                         Schreiber-Jetzinger so: „Dadurch, dass früher die Messen   Sammlungen im Mittelpunkt, sondern auch Fasten-
                                                         auf Latein gelesen wurden, war es für die Leute sehr       krippen. Sie stellen die letzten Lebenstage Jesu dar
                                                         schwierig zu verstehen, was im Zentrum der Liturgie-       und seine Auferstehung.
                                                         texte zur Geburt Jesu stand. Die Kunst und vor allem           Ein Glanzstück der Sammlung Schreiber ist eine
Foto – Krippe aus Maiskolben © Stefan Hauser

                                                         Weihnachtskrippen hatten die Aufgabe, den Menschen         Weihnachtskrippe aus einer aufgelassenen Klosterkirche.
                                                         das darzustellen, was der Pfarrer gerade vorliest. Das     „Aus dieser haben meine Eltern die Figuren bekommen,
                                                         ist es, wovon wir sprechen.“                               allerdings fehlte Maria mit dem Jesuskind. Die hat mein
                                                              Ihre Mutter Hiltigund hat sogar zahlreiche            Vater dann gebastelt und meine Mutter angemalt.“
                                                         Krippen selbst gebastelt: „Meine Mutter ist geprüfte
                                                         Krippenbaumeisterin, sie hat Landschaften gebaut,              Tradition geht weiter
                                                         Höhlen, Tempel und andere Krippenhintergründe“,                Eine große Papierkrippe aus tschechischer Pro-
                                                         so Tochter Roswitha. Ihre Eltern haben bei Ausflügen       venienz darf in der Sammlung nicht fehlen. „Mein
                                                         immer in Kirchen nachgefragt, ob es nicht eine Weih-       Vater ist jährlich vor Weihnachten zu einem Künstler
                                                         nachtskrippe gibt, die nicht mehr gebraucht wird,          über die Grenze gefahren und kam dann mit einigen
                                                         so haben sie etliche in ihren Bestand bekommen.            neuen Papierfiguren zurück.“ Die beiden Schreiber-
                                                         „Mama hat auch leidenschaftlich auf Flohmärkten            schwestern malten die Handwerker, Bauern oder
                                                         Ausschau gehalten“, so Schreiber-Jetzinger. Selbstver-     Kulissen an und rechtzeitig zum Weihnachtsfest war
                                                         ständlich stellten Krippen für sie und ihre Schwester      die Papierkrippe wieder ein Stück größer.“
                                                         einen wesentlichen Bestandteil der Weihnachtszeit in           Die Schreibers schenkten der Gemeinde Sitzen-
                                                         ihrer Kindheit dar. „Wir hatten eine große Krippe mit      dorf an der Schmida eine große Krippe. Diese wird
                                                         rund 40 Zentimeter großen Figuren. Jährlich haben          jährlich in der Weihnachtszeit auf dem Hauptplatz
                                                         unsere Eltern bei einem Südtiroler Krippenbauer            ausgestellt. Damit ist gesichert, dass die Tradition des
                                                         eine weitere Figur in Auftrag gegeben. Die Über-           Kripperlschauens weitergeht. Roswitha Schreiber-Jet-
                                                         raschung für uns Kinder war immer: Was kommt               zinger hofft, geeignete Räumlichkeiten für die über
                                                         heuer dazu? So wurde die Krippe mit Hirten, oder           1.000 Krippen der Sammlung zu finden, um sie der
                                                                                                                                                                                        9
Foto – Tschechische Papierkrippe © Stefan Hauser

                                                         auch einem Haflinger-Pferd ergänzt.“ Als Roswitha          Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
                                                         heiratete, bekam sie von ihren Eltern diese Krippe als
                                                         Hochzeitsgeschenk. Schreiber-Jetzinger ist in ihrem
                                                         Brotberuf Reitlehrerin und freut sich besonders über
                                                         die Pferdefigur in ihrer Hauskrippe. Selbstverständlich
                                                         hat sie die von ihren Eltern erlernte Krippentradition
                                                         an ihre drei Kinder weitergegeben.

                                                             Krippen mit unterschiedlichem Flair
                                                             Bei einer Führung durch die Krippensammlung                                                                       Foto – Heilige Drei Könige aus Blech © Stefan Hauser
                                                         zeigt sich deren Internationalität und Unterschied-
                                                         lichkeit. In einer mexikanischen Krippe, in der die
                                                         Hirten nicht Schafe hüten, sondern Lamas, tragen die
                                                         Figuren typische Tracht, Männer haben einen Som-
                                                         brero auf. Lehmmandlkrippen, aus Lehm gefertigt,
                                                         finden sich genauso in der Sammlung, wie Figuren
                                                         aus Maisstroh. „Wenn man das äußere Grün eines
                                                         Maiskolbens trocknet, kann man die Blätter biegen und
                                                         formen“, schildert Roswitha Schreiber-Jetzinger. Auch
                                                         Wachs eignet sich für Formgestaltung. Den Beweis
                                                         dafür bringt eine edle Krippe, deren Figuren barockes
                                                         Gewand mit Brokat tragen. „Auch Josef und Maria
                                                         sind prunkvoll gekleidet, allerdings übertreffen die
                                                         Heiligen Drei Könige das traute Paar“, sagt Roswitha
                                                         Schreiber-Jetzinger augenzwinkernd.

                                                             Dank von Priestern
                                                             In den Holzschränken der Krippensammlung               Radiotipp
                                                         finden sich auch Heilige Drei Könige, die aus Blech
                                                         gefertigt wurden. Eine spezielle Krippe in der Samm-
                                                         lung stammt aus dem afrikanischen Uganda. Eine
                                                                                                                              Perspektiven
                                                         Art Kugel zum Auseinandernehmen zeigt das Ge-                                30.12., 17.30 Uhr
                                                         schehen zu Bethlehem. „Unser Vater hat über Jahre
                                                         zwei Priesterstudenten aus Uganda unterstützt. Zum         Die 1.000 Krippen der Schreibers.
                                                                                                                    Eine Sendung von Stefan Hauser.
magazin KLASSIK                                                                        Winter
                                                                                       2020

                                                                 Peter
 Foto – Erlacher Madonna, um 1320-1330

                                                                 Nach meiner Abendsendung ging ich zur U-Bahn-
                                                             Station Stephansplatz. Viele Eilige, die alle wohin
                                                             wollten: nach Hause, zum Essen oder zum Treffen.
                                                             Darunter ich. Da fiel mein Blick auf einen Mann,

                                                                                                                        Text – Arabella Fenyves
                                                             der mit geschlossenen Augen auf der Bank am Bahn-
                                                             steig lag. Aus seiner Manteltasche ragte eine Flasche
                                         © Dom Museum Wien

                                                             Hochprozentiges. Es war Ende November und kalt.

                                                                 Ich hatte Mitleid.
                                                                 Ich fragte nach. „Entschuldigen Sie, geht es Ihnen
                                                             gut?“ Der Mann öffnete die Augen und blinzelte mich
                                                             an. Er freute sich. Wir stellten uns einander vor. Er
                                                             hieß Peter.

                                                                Tun, was man kann
                                                                Wir wechselten ein paar Worte und
                                                             unaufgefordert steckte ich ihm einen
                                                             Geldschein zu. Nicht originell, aber
                                                             hoffentlich hat es Peter gefreut. Er war
                                                             schon wieder eingeschlafen.

                                                                                                MENSCH-
                                                                                                                                                                                                                                                     Bildergruppe, um 1415 © Dom Museum Wien
                                                                                                                                                                                                            Foto – Geburt Christi aus einer gotischen
                                                                                                LICHKEIT
                                                                 Ich dachte nach: Peters Probleme kann ich nicht
                                                             lösen. Aber es gibt Leute, die sich da besser auskennen.
                                                                                                                                                      24 x Menschlichkeit
                                                                                                                                                      24 x Menschlichkeit bietet unter anderem kleinen
                                                             Und die könnte ich unterstützen.                                                     Vereinen und Initiativen eine Plattform. Der Grundge-
                                                                 So ging ich am nächsten Tag in den Sender, beseelt                               danke ist, Aufmerksamkeit zu schenken, denn vielleicht
                                                             von dem Gedanken, eine Weihnachts-Benefiz-Sendung                                    braucht jemand die Hilfe dieser Organisation oder will
                                                             zu gestalten. Das Echo der Kolleginnen und Kollegen                                  diese sogar unterstützen. Mitten im Vorweihnachts-
                                                             war enorm. Aus der Idee wurde ein täglicher Advent-                                  stress entstand diese spontane Idee. Es war tatsächlich
                                                             kalender, der auf verschiedenste Hilfsorganisationen in                              nicht einfach, sie so kurzfristig umzusetzen aber: wo
                                                             Wien und Graz und sogar weltweit aufmerksam macht.                                   ein Wille, da ein Weg.
                                                                                                                                                      Hören Sie zu! Ihre Arabella Fenyves
                                                                                                                                                                                                            Foto – Hans Schwathe, Monstranz, 1919

                                                                                                                                                  Radiotipp

                                                                                                                                                              24x
                                                                                                                                                                                                                                                        © Dom Museum Wien

                                                                                                                                                          Menschlichkeit
                                                                                                                                                  Zweimal täglich im Advent

                                                                                                                                                              1. bis 24. Dezember 2020
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DEZ                                                       Fr.   25
                                                          10.15 Uhr

                                               NIKOLAI-MESSE
                                                                                                     Do.   31
                                                                                                     09.05 Uhr

      24                                                                                                  MISSA
                                                   Joseph Haydn
                                               Live aus dem Stephansdom mit Kardinal
Do.                                                     Christoph Schönborn                        SOLEMNIS
09.05 Uhr                                                16.30 Uhr                                      OP. 123
A CEREMONY                                             VESPER                                       Ludwig van Beethoven
                                                                                                   Laura Aikin, Bernarda Fink,
OF CAROLS                                           Johann Baptist Gänsbacher
                                               Live aus dem Stephansdom mit Kardinal
                                                                                          Johannes Chum, Ruben Drole, Arnold
                                                                                                 Schoenberg Chor, Concentus
OP. 28                                                  Christoph Schönborn                Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt

                                                                26
Benjamin Britten
Choir of Clare College Cambridge,                                                                    14.00 Uhr
Graham Ross
                                                         Sa.                                    SILVESTER-
14.00 Uhr                                                10.15 Uhr
                                                                                                KLASSIKER
WEIHNACHTS­                                             MESSE                                              Moments Musicaux
                                                                                                                   aus Wien

LIEDER                                                INFranz
                                                           B-DUR
                                                              Schubert
                                                                                                     16.30 Uhr
AUS GANZ                                            Live aus dem Stephansdom
                                                                                                    JAHRES­
ÖSTERREICH
                                                                27
Vom Andachtsjodler bis Still, Still, Still …
                                                                                                   SCHLUSS­
                                                         So.
                                                                                                   ANDACHT
                                                                                                   Live aus dem Stephansdom
16.30 Uhr
                                                         10.15 Uhr                           mit Kardinal Christoph Schönborn

VESPERAE                                           PASTORAL-
SOLENNES DE                                           MESSE
                                                                                                     18.00 Uhr

CONFESSORE                                          Johann Baptist Vanhal                 SYMPHONIE
Wolfgang Amadé Mozart
Live aus dem Stephansdom mit
                                                    Live aus dem Stephansdom
                                                                                           NR. 9 (ARR.
Kardinal Christoph Schönborn
                                                                                           FRIEDRICH
19.00 Uhr
                                                                                       KALKBRENNER)
                                                                                             Ludwig van Beethoven

STILLE NACHT,                                                                                   Etsuko Hirose (Klavier), Chœur
                                                                                              Philharmonique d’Ekaterinbourg,
HEILIGE NACHT
Chöre, Stars, Hits und Raritäten
                                                                                                              Andreï Petrenko

zum Heiligen Abend
                                                                                                     20.00 Uhr

24.00 Uhr                                                                                    DIE FLEDER-
CHRISTMETTE                                                                                           MAUS
                                                                                                 Johann Strauß Sohn
Live aus dem Stephansdom
mit Toni Faber                                                                                      Herbert von Karajan, 1960

         PROGRAMM
Das Weihnachtsoratorium
                                                                         von Johann Sebastian Bach.

JAN
                                                                             Alle sechs Kantaten an den passenden Tagen in
                                                                               sechs Besetzungen. Jeweils um 09.05 Uhr.
                                                                           25.12. J. S. Bach: Kantate „Jauchzet, frohlocket" BWV 248/1
                                                                                Paul Schweinester, Daniel Schmutzhard, Wiltener
                                                                         Sängerknaben, Academia Jacobus Stainer, Johannes Stecher
                                                                               26.12. J. S. Bach: Kantate „Und es waren Hirten in

                 01
                                                                                             derselben Gegend" BWV 248/2
                                                                                            Regula Mühlemann, Wiebke Lehmkuhl,
           Fr.                                                                         Sebastian Kohlhepp, Michael Nagy, Gächinger
           10.15 Uhr                                                                        Kantorei, Hans-Christoph Rademann
                                                                                 27.12. J. S. Bach: Kantate „Herrscher des Himmels,
HOCHAMT                                                                                 erhöre das Lallen" BWV 248/3

MIT ORGEL­-                                                                        Dorothea Röschmann, Andreas Scholl,
                                                                                                Werner Güra, Klaus Häger, RIAS
MUSIK
Live aus dem Stephansdom
                                                                                           Kammerchor, Akademie für Alte Musik
                                                                                                   Berlin, René Jacobs
                                                                                   1.1. J. S. Bach: Kantate „Fallt mit Danken,
                                                                                    fallt mit Loben" BWV 248/4
                                                                             Christine Schäfer, Bernarda Fink,

                 03
                                                                       Werner Güra, Gerald Finley, Arnold
                                                                     Schoenberg Chor, Concentus Musicus
                                                                          Wien, Nikolaus Harnoncourt
          So.                                                         3.1. J. S. Bach: Kantate „Ehre sei Dir,
          10.15 Uhr                                                           Gott gesungen" BWV 248/5
MISSA IN                                                         Dorothee Mields, Elvira Bill,
                                                                Markus Schäfer, Klaus Häger,
NATIVITATE                                                  Thomanerchor Leipzig, Gewand­

DOMINI
Joseph Gabriel Rheinberger
                                                              hausorchester, Gotthold Schwarz
                                                             6.1. J. S. Bach: Kantate „Herr, wenn die
                                                                  stolzen Feinde schnauben" BWV 248/6
Live aus dem Stephansdom
                                                             Juliane Banse, Cornelia Kallisch, Robert Swensen,
                                                                    Thomas Quasthoff, Windsbacher
                                                               Knabenchor, Münchner
                                                            Bachsolisten, Karl-Friedrich

                 06
                                                                        Beringer

          Mi.
          10.15 Uhr                                 (Weihnachts)oratorien
KRÖNUNGS­                                            einmal anders.
                                                        Jeweils um 19.00 Uhr.
MESSE
Wolfgang Amadé Mozart
                                                        25.12. G. F. Händel: Messiah
                                                         La Capella Reial de Catalunya, Le Concert des Nations,
                                                         Jordi Savall
„OMNES DE                                                 26.12. Joseph Eybler: Weihnachtsoratorium
SABA VENIENT“
Joseph Eybler
                                                           Sabine Ritterbusch, Waltraud Hoffmann-Mucher, Harry
                                                            van Berne, Jelle Draijer, Alsfelder Vokalensemble Bremen,
                                                             Bremer Domchor, I Febiarmonici, Wolfgang Helbich
Live aus dem Stephansdom mit Kardinal
Christoph Schönborn
                                                             [Beginn 17.00 Uhr!!]
                                                              27.12. Carl Heinrich Graun: Weihnachtsoratorium
                                                               Monika Mauch, Marion Eckstein, Georg Poplutz,
          Weihnachtsfenster.                                   Raimund Nolte, Arcis-Vocalisten München,
                          Jeweils um 13.05 Uhr                  Barockorchester L’Arpa Festante, Thomas Gropper
                   24 Gedanken von Menschen                      1.1. Joseph Haydn: Die Schöpfung
            zum Advent und zu Weihnachten hin.
                                                                  Judith Belgen, Thomas Moser, Kurt Moll, Lucia Popp,
       25.12. Away In A Manger – Krippenklassiker                  Kurt Ollmann, Chor des Bayerischen Rundfunks, Symphonie­
      26.12. Adeste fideles – O come, all ye faithful              orchester des Bayerischen Rundfunks, Leonard Bernstein
          27.12. In dulci jubilo – In Süßer Freude                  3.1. Heinrich von Herzogenberg: Die Geburt Christi
                         3.1. Joy To The World –                     Ensemble Oriol, Kammerchor der Hochschule der Künste
                           Frohe Weihnachten                          Berlin, Staats- und Domchor Berlin, Christian Grube
                   6.1. The Three Kings –                              6.1. Hector Berlioz: L’enfance du Christ, Trilogie sacrée op. 25
                Omnes de Saba                                           Karen Cargill, Yann Beuron, William Dazeley, Matthew Rose,
                                                                         Peter Rose, London Symphony Orchestra, Tenebrae Choir,
                                                                          Colin Davis. [Beginn 20.00 Uhr!!]
magazin KLASSIK                                        Winter
                                                       2020

                             KAMMER-                                                     ORCHESTER                                                       ALTERNATIV
                              MUSIK                                                         UND
                          Fauré
                                                                                          SOLISTEN

                                                                                                                                                                                               CDs IM WINTER
                             Interpreten – Fauré Quartett                                                                                                Herbert Pixner
                             Label – Berlin Classics                                     Bruckner: 8. Symphonie                                          Symphonic Alps Live
                             EAN – 885470014227                                             Interpreten – Wiener                                            Interpreten – Herbert Pixner
                                                                                            Philharmoniker, Christian                                       Projekt & Berliner Symphoniker
                                                                                            Thielemann                                                      Label – Three Saints Records
                          Wenn ein Kammermusikensemble                                                                                                      EAN – 9120095920166
                                                                                            Label – Sony Classical
                          25 Jahre in der gleichen Beset-                                   EAN – 194397865820
                          zung musiziert, darf man davon                                                                                                 Der Akkordeonist und Trompeter
                          ausgehen, dass unter den Mitglie-                                  „… ein Triumph, wie ihn ein                                 Pixner ist bekannt für seine spe-
                          dern eine gewisse Harmonie und                                 römischer Imperator nicht schö-                                 ziellen Projekte. Die Aufnahme

                                                                                                                              Text – Christoph Wellner
   Text – Michael Gmasz

                                                                  Text – Michael Gmasz

                          Zuneigung, und ein gemeinsa-                                   ner wünschen konnte.“ Mit diesen                                mit den Berliner Symphonikern
                          mes Verständnis für Klang und                                  Worten bedachte Hugo Wolf die                                   gehört zu den ungewöhnlichsten
                          Interpretation herrscht. Wie beim                              Uraufführung der 8. Symphonie                                   Hörerlebnissen der letzten Monate.
                          Fauré Quartett, das sein 25-jähriges                           von Anton Bruckner in ihrer zwei-                               Wie charmant Volksmusik und Or-
                          Jubiläum nun mit einer, dem Na-                                ten Fassung von 1892. Ein ähn-                                  chesterklang harmonieren, hätten
                          mensgeber gewidmeten CD feiert.                                licher Triumph war den Wiener                                   wohl wenige vermutet. Und wie bei-
                          Nebst einiger Liedbearbeitungen                                Philharmonikern unter Christian                                 läufig erklingt in „Hiatabua“ eines
                          stehen die Klavierquartette Nr. 1                              Thielemann mit ebendiesem Werk                                  der spektakulärsten E-Gitarren-Soli
                          & 2 im Mittelpunkt. So facetten-                               im Oktober 2019 gelungen, der auf                               des heurigen Jahres.

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                          reich Faurés Musik ist, so bunt und                            CD nun den Beginn eines gesam-                                  Memorabilia
                          abwechslungsreich ist auch die                                 ten Bruckner-Zyklus markiert. Ein                               Interpreten – Mats Eilertsen
                          Interpretation des Fauré Quartetts.                            monumentales Werk, große Bögen                                  Trio & Trio Mediaeval
                                                                                                                                                            Zwei Trios musizieren zusam­
                          Von tiefer Traurigkeit bis hin zu ab-                          prägen die Interpretation, der Zug                                 men: drei Frauenstimmen
                          soluter Leichtigkeit und frischem                              nach vorne ist immanent spürbar.                                   mit Schwerpunkt alter Musik
                                                                                                                                                            und ein Klaviertrio aus
                          Frohsinn reicht die Palette, von                               Thielemann ist jedoch entgegen                                     dem Jazz. Verarbeitet werden
                          Dramatik pur bis „streichelweich“                              weit verbreiteter Meinung auch ein                                 norwegische Poesie und
                          das Spiel des Fauré Quartetts.                                                                                                    Kirchenmusik. Ein aufregen­-
                                                                                         Freund der leisen Töne. Philharmo-                                 des Experiment!
                                                                                         nischer Goldstandard in jeglicher                                  Label – NXN Recordings
                          Beethoven: Trios                                               Hinsicht!                                                          EAN – 7090052640036
                          Interpreten – Philippe Cassard,
                          Anne Gastinel, David Grimal                                    Goldmark: Symphonic                                             Lia Pale
                             Ein spätes CD-Debüt nach                                                                                                    Sing My Soul
                             15 Jahren Zusammenarbeit                                    Poems Vol. 2
                             präsentieren Philippe Cassard,                              Interpreten – Bamberger                                         Interpreten – Lia Pale, Dominik
                             Anne Gastinel und David                                     Symphoniker, Fabrice Bollon                                     Fuss, Tobias Faulhammer,
                             Grimal mit zwei Meisterwerken                                  Im Frühling, in Italien, das                                 Gregor Aufmesser
                             Beethovens. Geister- und                                       Götz-Vorspiel und noch einige                                   Nach dem deutschen Kunst­
                             Erzherzogtrio, klanglich frisch                                weitere Tondichtungen von                                       lied (mit Schubert, Schumann
                             aufbereitet.                                                   Karl Goldmark. Inklusive des                                    und Brahms) haben sich Lia
                             Label – la dolce volta                                         „recht magyarischen“ sym­                                       Pale (Gesang) und mathias
                             EAN – 3770001903989                                            phonischen Tonstückes Zrinyi                                    rüegg (Arrangement) nun dem
                                                                                            Op.47.                                                          barocken Klang von Händel
                                                                                            Label – cpo                                                     verschrieben. Neue Besetzung,
                          Schumann                                                                                                                          neuer Schwung: Das beste
                                                                                            EAN – 761203525126
                          Interpreten – The Erlkings                                                                                                        Album von Lia Pale so far.
                             Nach den Schubert-Liedern                                                                                                      Label – Lotus Records
                             widmen sich Bryan Benner                                    Legendary Eterna Recordings                                        EAN – 9005321200598
                             und seine Erlkings nun zwei                                 Interpreten – Staatskapelle
                             großen Zyklen von Robert                                    Berlin, Otmar Suitner, Günther
                             Schumann. Liederkreis und
                             Dichterliebe auf Englisch im                                Herbig
                             einzigartigen Erlkings-Sound.                                  Mit einer fünf CDs umfassen­
                             Label – Rhythmic Dog
                                                                                            den Sonderedition als Hom­
                             EAN – 9120071700188
                                                                                            mage an die Ära Otmar Suitner,
                                                                                            feiert die Staatskapelle Berlin
                                                                                            ihr 450-Jahr-Jubiläum. 26
                                                                                            prägende Jahre von Mozart bis
                                                                                            Pfitzner.
                                                                                            Label – Berlin Classics
                                                                                            EAN – 885470016061
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+

                                   KLAVIER                                                                OPERN                                                           WEIH-
                                                                                                                                                                         NACHTEN
                                                                                                  G.F. Händel
                                                                                                  Rinaldo                                                            It’s Christmas
                                                                                                     Interpreten – Accademia                                            Interpret – Jonas Kaufmann
                             Bach/Brahms/Feldman:                                                                                                                       Label – Sony Classical
                                                                                                     Bizantina, Ottavio Dantone
                             Encounter                                                                                                                                  EAN – 0194397868227
                                                                                                     Label – HDB Sonus
                                 Interpret – Igor Levit
                                                                                                     EAN – 0806891579300
                                 Label – Sony Classical
                                 EAN – 0194397865721                                                                                                                 Das erste Weihnachtsalbum des
                                                                                                  Mit diesem Werk hat 1711 Hän-                                      beliebten deutschen Tenors. Und
                             Dieses Album ist ein Corona-Pro-                                     dels großartige Londoner Opern-                                    dann gleich ein Doppelalbum! 40
                             dukt. Igor Levit reflektiert seine Ein-                              Karriere begonnen. Die Vorlage                                     Mal Kitsch, 40 Mal Weihnachten
  Text – Christoph Wellner

                                                                       Text – Christoph Wellner

                                                                                                                                          Text – Christoph Wellner
                             samkeit während des Lockdowns.                                       von Torquato Tasso war damals                                      – von alten Kirchenliedern bis zu
                             Das Repertoire zeigt, dass es ihm                                    gerade in Mode. 1731 hat Händel                                    modernen Popklassikern. „Denk
                             nicht gut ging. Choralvorspiele von                                  den Rinaldo überarbeitet und ihn                                   ich an Weihnachten, dann steigen
                             Bach und Brahms sowie dessen „Vier                                   noch prächtiger gestaltet. Ottavio                                 viele Erinnerungen in mir hoch“,
                             ernste Gesänge“. „Palais de Mari“ von                                Dantone präsentiert eine Mischfas-                                 schreibt Kaufmann im Beiheft. „So
                             Morton Feldman zeigt mit knapp                                       sung, die gleichzeitig auch die erste                              wird es jedem ergehen. Weihnach-
                             29 Minuten Dauer, dass sich dieser                                   Produktion des neuen Labels der                                    ten ist das Fest des Innehaltens, des
                             amerikanische Exzentriker in seinem                                  Accademia Bizantina ist. Man darf                                  Sich-Erinnerns. Es ist das Fest der
                             Spätwerk auch „kurz“ fassen konnte.                                  auf Fortsetzungen gespannt sein!                                   Freude und der Lichter.“ Festlich!

                                                                                                                                                                                                             15
                             Bach: Goldberg Variationen                                                                                                              Johann Sebastian Bach
                             Interpret – Lang Lang                                                Carl Heinrich Graun                                                Weihnachtsoratorium BWV 248
                                 Viele Musikfans haben sich                                       Polydorus                                                          Interpreten – Münchener
                                 darauf gefreut, viele haben                                      Interpreten – barockwerk                                           Bach-Chor, Münchener
                                 sich davor gefürchtet. Kann
                                 das gutgehen? Lang Lang                                          hamburg, Ira Hochman                                               Bach-Orchester, Karl Richter
                                 spielt Goldberg. Und die                                            Die Opern von Graun (1704-                                         Wiederauflage der legendären
                                 Mehrheit ist – zu Recht – der                                       1759) waren bereits Ende des                                       zweiten Einspielung des
                                 Meinung: Das hätten wir                                             19. Jahrhunderts vergessen.                                        Weihnachtsoratoriums unter
                                 ihm nicht zugetraut. Wird                                           Langsam kommen sie wieder                                          Karl Richter (auch auf Vinyl er­­-
                                 nicht in die Top 5 der Interpre­                                    ins allgemeine Bewusstsein.                                        hältlich!). Von der Interpre­
                                 tationsgeschichte eingehen,                                         Ira Hochman tut ihren Teil mit                                     tation her, natürlich für heutige
                                 aber immerhin. In der Limited                                       der Einspielung des Polydo­-                                       Ohren gewöhnungsbedürftig.
                                 Edition mit einer Liveauf­                                          rus aus dem Jahr 1726. Man                                         Aber diese Solisten versprü­
                                 nahme auf insgesamt vier                                            spürt förmlich, wie wichtig                                        hen bis heute die festlichste
                                 CDs.                                                                Graun für die Entwicklung der                                      Stimmung: Christa Ludwig,
                                 Label – Deutsche Grammophon                                         Deutschen Oper werden                                              Franz Crass, Gundula Janowitz
                                 EAN – 0028948189717                                                 sollte. Es wird Zeit, ihn neu zu                                   und natürlich: Fritz Wunderlich!
                                                                                                     entdecken!                                                         Label – Archiv Produktion
                                                                                                     Label – cpo                                                        EAN – 0028948391769
                             Schubert: Klaviersonaten                                                EAN – 0761203526628
                             D 959 & D 960                                                                                                                           Chanticleer Sings Christmas
                             Interpret – Hans-Jürg Strub                                          Camille Saint-Saëns                                                Interpreten – Chanticleer
                                 Die letzten beiden Klaviersona­                                                                                                        Die Weihnachtskonzerte von
                                 ten von Schubert sind stets                                      Le Timbre d’argent
                                                                                                  Interpreten – Les Siècles,                                            Chanticleer sind in den USA
                                 ein Prüfstein für Pianistinnen                                                                                                         legendär. Das neue Weih­
                                 und Pianisten. Der Schweizer                                     accentus, François-Xavier Roth                                        nachts-Album beweist nun
                                 Klavierprofessor Strub in­ter­                                      1864 entstanden, 1877 urauf­                                       auch auf Tonträger, wie gut
                                 pretiert sie meisterhaft –                                          geführt, Erfolge zu Beginn                                         dieses Ensemble sich um Weih­
                                 am Klavier und im Beiheft. An­                                      des 20. Jahrhunderts – dann                                        nachten annehmen kann:
                                 spieltipp: das Andante soste­                                       vergessen. Dabei ist diese                                         Traditionelle Weihnachtslieder
                                 nuto aus D 960.                                                     Oper von der Anlage mit Hof­                                       und Gospel-Songs, gregoria­
                                 Label – Ars Produktion                                              manns Erzählungen zu ver­                                          nische Choräle, europäische
                                 EAN – 4260052383070                                                 gleichen und blickt mit einer                                      und mexikanische Musik
                                                                                                     Art cineastischem Flash­-                                          des 16. und 17. Jahrhunderts
                                                                                                     back im Finale weit in die Zu­                                     sowie festliche Werke von
                                                                                                     kunft. Anhören!                                                    Komponisten und Arrangeuren
                                                                                                     Label – Palazzetto Bru Zane                                        der Gegenwart werden mitein­
                                                                                                     EAN – 9788409201907                                                ander vereint.
                                                                                                                                                                        Label – HDB Sonus
                                                                                                                                                                        EAN – 0190295228880
magazin KLASSIK                      Winter
                                     2020

       BIO­GRAPHIE                                     BIO­GRAPHIE                                            MUSIK I
             I                                              II                                         Eleonore Büning
                                                                                                       Warum geht der Dirigent so
       Gregor Demblin                                  Hilde Berger                                    oft zum Friseur?
       Wie ich lernte, Plan B zu lieben                Die Windsbraut                                  Antworten auf die großen und
                                                       Die Geschichte von Oskar                        kleinen Fragen der Musik
                                                       Kokoschka und Alma Mahler
       Die ganz besondere Geschichte
                                                                                                       Über die Frage, die im Titel gestellt
       eines besonderen Menschen. Dem-
                                                        Benannt nach einem Gemälde Ko-                 wird, machen sich wahrschein-
       blin beschreibt sehr direkt wie sich
                                                        koschkas ist dieser biographische              lich nicht so viele Menschen
       sein Leben nach einem Unfall als
                                                        Roman eine wunderbare Nach-                    Gedanken wie über viele andere
       Querschnittgelähmter geändert hat.
                                                        erzählung einer großen Liebesge-               in diesem humorvollen Buch der
       Er macht Mut für die Herausforde-
                                                        schichte. Das Buch ist auch Vorlage            Grande Dame der deutschsprachi-
       rungen im Leben. „Mir wurde klar,
                                                        für den gerade entstehenden Film:              gen Musikkritik. Eine amüsante
       dass das Leben keine Generalprobe
                                                       „Alma und Oskar“.                               Sammlung für jeden Musikfan.
       ist. Es ist schade um jeden Tag, an
                                                                                                       Geschenkverdächtig!
       dem wir nicht zufrieden sind.“

                                                                                                                              ISBN: 978-3-71090-099-0
                             ISBN: 978-3-90371-502-8

                                                                             ISBN: 978-3-20521-116-7

                                                                             gebunden | 28,00 EUR

                                                                                                                              gebunden | 20,00 EUR
                             gebunden | 14,00 EUR

                                                                             Böhlau Verlag Wien

                                                                                                                              Benevento Verlag
                             story.one Verlag

                                                                                                                              224 Seiten
                                                                             196 Seiten
                             80 Seiten

16
                                        BÜCHER
               LESEN                                         „DYLAN“                                             KRIMI
       Carsten Henn                                    Stefan Kutzenberger                             Hans-Otto Thomashoff
       Der Buchspazierer                               Jokerman                                        Im Wahn gefangen.
                                                                                                       Ein Wien-Krimi
       Der Weinjournalist und ehemalige                Die schönste Verschwörungstheo-
       Radiomoderator Carsten Henn hat                 rie seit langem (wenn nicht über-               Inspektor Sperling ist Bohemien,
       mit dem Buchspazierer ein fanta-                haupt): Die Welt wird von Bob                   Opernliebhaber und Dackelbesitzer.
       sievolles und zu Herzen gehendes                Dylan-Fans gesteuert, weil sie als              Als die junge Alice ihn bittet, ihren
       Plädoyer für die Literatur, die Bü-             einzige Gruppe in allen Ländern,                Vater zu schützen, der ein Heilmit-
       cher und das Lesen geschrieben.                 Parteien, Religionen etc. vorkom-               tel für Schizophrenie gefunden hat,
       Verpackt in eine Geschichte um                  men. Nicht nur für Dylanologen                  weshalb ein Pharmakonzern ihn
       den Buchhändler Carl und das                    ein Pflichtprogramm!                            und das Medikament vernichten
       vorlaute Mädchen Schascha.                                                                      will, erkennt er, welch grauenvoller
                                                                                                       Plan hinter all dem steht.
                                                                             ISBN: 978-3-82701-424-5

                                                                                                                              ISBN: 978-3-8392-2721-3
                             ISBN 978-3-86612-477-9

                             gebunden | 14,40 EUR

                                                                                                                              gebunden | 12,00 EUR
                                                                             gebunden | 22,70 EUR

                                                                                                                              Gmeiner Verlag
                             Pendo Verlag

                                                                             Berlin Verlag
                             224 Seiten

                                                                                                                              282 Seiten
                                                                             352 Seiten
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+

                    MUSIK II                                               MUSIK III                                      MUSIK IV
            Richard Kurdiovsky / Stefan                               Daniel Ender                                   Jochen Köhler
            Schmidl (Hg.)                                             Zuhause bei Helene und Alban                   Arturo Benedetti Michelangeli
            Das Wiener Konzerthaus                                    Berg. Eine Bilddokumentation                   Auf der Suche nach dem
            1913-2013                                                                                                Vollkommenen
                                                                      Ein Vierteljahrhundert verbrachte
            Wie so oft bei wissenschaftlichen                         Alban Berg mit seiner Ehefrau                  Sehr persönlicher Zugang eines Fans,
            Publikationen dauert es ein wenig,                        Helene in ihrer Wohnung in                     der sich mit Zeitzeugen austauscht.
            bis die gesammelten Schriften                             Wien-Hietzing, drei Sommer                     Der Klavierprofessor aus Halle lässt
            veröffentlicht werden. Mit ein wenig                      konnten sie gemeinsam im Kärnt-                Schüler, Klavierbauer und Aufnah-
            Verspätung liegt nun der Jubiläums-                       ner „Waldhaus“ genießen. Ein                   meleiter zu Wort kommen und run-
            band des Wiener Konzerthauses vor,                        Bildband mit vielen modernen                   det den Band mit einem Beitrag zur
            der sich der künstlerischen Nutzung,                      Fotografien sowie zeitgenössischen             musikalischen Interpretation des
            als auch Aspekten der Repräsenta-                         Aufnahmen und Dokumenten gibt                  italienischen Pianisten ab. Zum
            tion und politischen Instrumenta­                         einen reichhaltigen Einblick in                100. Geburtstag von ABM veröf-
            lisierung des Hauses widmet.                              den Alltag des Künstlerehepaars.               fentlicht, musste heuer schon eine
                                                                                                                     Zweitauflage gedruckt werden!
                                        Verlag der Österreichischen

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                                                                                                                                           ISBN: 978-3-95593-045-5
                                        ISBN: 978-3-70018-440-9

                                        gebunden | 115,00 EUR

                                                                                           gebunden | 30,00 EUR
                                        Akademie der Wissen­

                                                                                                                                           gebunden | 28,00 EUR
                                                                                           Böhlau Verlag

                                                                                                                                           Wolke Verlag
                                                                                           218 Seiten
                                        232 Seiten

                                                                                                                                           216 Seiten
                                        schaften

            IM WINTER                                                                                                                                                17

                                                                                                        01 / 505 48 55
                                                                                                       www.oikocredit.at

„Ich bin bei Oikocredit, weil es                                                                 Geld, das
für mich als Biobauer eine Form
von Dank ist an andere, denen
es nicht so gut geht. Mein Geld
                                                                                                 dem Leben
ist keine Spende, sondern eine
Starthilfe für den Neubeginn.”                                                                   dient
Mag. Franz Egger
Biobauer aus Salurn
Mitglied und Anleger bei Oikocredit

Hinweis: Werbeanzeige der Stichting Oikocredit International Share Foundation,
Wertpapierprospekt samt allfälligen Nachträgen abrufbar unter www.oikocredit.at.
magazin KLASSIK                  Winter
                                 2020

      EIN          BUCHHALTER
NAMENS       LEONARD
           BERNSTEIN                                                                    antworten. Der Mann drehte sich zu mir um und be-

                                                                                                                                                 Foto – Radek Knapp © Herbert Zotti
                                                                                        trachtete mich genauer: „Sind Sie wegen der Karten
                                                                                        für die Abendvorstellung hier?“, fragte er. „Über-
                                                                                        haupt nicht. Ich sitze nur so da.“ Ich zeigte auf den
                                                                                        Musikverein hinter mir und fügte hinzu: „In dieses
                                                                                        Monster gehe ich sicher nicht freiwillig hinein. Da
                                                                                        muss man mich schon mit Gewalt hineinschleppen.“
                                                                                        Meine gespielte Abneigung gegen den Musikverein
                                                                                        amüsierte ihn aus irgendeinem Grund. „Warum?
                                                                                        Mögen Sie keine Musik?“ „Schon. Aber bestimmt
                                                                                        nicht genug, um sich um einen Platz zu prügeln.“
       Wie sogar die größten                                                            Er nickte ein paar Mal, als hätte etwas von meinem
       Musikbanausen in                                                                 Geplapper einen Nerv bei ihm getroffen. „In diesem
       Wien auf ihre Rechnung                                                           Fall hätte ich eine perfekte Lösung.“ Er holte aus
                                                                   Text – Radek Knapp

                                                                                        seiner Jackentasche eine CD heraus und reichte sie
       kommen.
18     Eine wahre Begebenheit
                                                                                        mir. „Hier, für Sie“, sagte er, „damit Sie auch in Zu-
                                                                                        kunft dieses Haus erfolgreich meiden können.“ Ich
       aus dem Leben des                                                                nahm die CD entgegen und bedankte mich. Es war
                                                                                        bestimmt eine von diesen Werbe-CDs, die der Mu-
       Autors Radek Knapp.                                                              sikverein in Massen produzierte, um Abonnenten zu
                                                                                        ködern. Er hatte bestimmt noch zehn davon in der
       Das Musikzentrum in meinem Gehirn ist so minimal                                 Tasche. „Genießen Sie die Aussicht“, sagte der Mann
       geraten, dass ich nicht einmal wage, unter der Dusche                            zum Abschied und ging wieder hinein. Als ich allein
       zu summen. Sogar die einfachste Melodie verwandelt                               war, drehte ich die CD um, um die Rückseite zu be-
       sich in meinem Mund zu einer akustischen Katast-                                 gutachten. Dort war ein Foto, auf dem ein Dirigent
       rophe. Die Zahl jener Menschen, die deswegen den                                 sich mit sonderbar konzentriertem Gesicht über sein
       Raum verließen, ist beträchtlich und steigt laufend.                             Orchester beugte. Ich musste zwei Mal hinschauen.
       Ich werde auch nie eine Querflöte oder eine Geige                                Es war der alte Mann von gerade eben. Nur ohne
       spielen und kann mit größter Sicherheit behaupten,                               Zigarette und in einem Frack. Darunter stand in roten
       sollte ich jemals ein Instrument in die Hand nehmen,                             Buchstaben: „Leonard Bernstein dirigiert Chopin“.
       dann nur, um es von A nach B zu tragen. Trotzdem
       oder gerade deshalb war das Universum an meiner
       musikalischen Weiterbildung interessiert und be-
       scherte mir einen horizonterweiternden Moment.
       Eines Morgens saß ich zufällig auf den Stufen des
       Musikvereins und langweilte mich. Plötzlich öffnete                              Buchtipp
       sich die Tür hinter mir und ein älterer Herr kam he-
       raus. Er sah aus wie ein Buchhalter, der gerade eine
                                                                                                                 ISBN: 978-3-99050-181-8

       kurze Mittagspause einlegte. Er setzte sich nicht weit
                                                                                                                 gebunden | 20,00 EUR

       von mir und zündete sich eine Zigarette an. Dann
                                                                                                                 Amalthea Verlag

       machte er eine Handbewegung, die die umliegenden
       Gebäude miteinschloss, und sagte halb zu sich selbst,
                                                                                                                 160 Seiten

       halb zu mir: „Es ist nicht leicht, in dieser Stadt in die
       Ferne zu schauen. Finden Sie nicht?“ Er hatte einen
       eigenartigen Akzent. Wie Tewje, der Milchmann aus
                                                                                        Radek Knapp
       Anatevka. „Deshalb schaue ich nie weiter weg als auf
                                                                                        Von Zeitlupensymphonien
       meine Füße“, versuchte ich möglichst geistreich zu                               und Marzipantragödien.
                                                                                        Notizen eines Möchtegern-
                                                                                        Österreichers
© Felix Broede

                      REBEKKA BAKKEN
                      WINTER NIGHTS

                                                     Do, 17.12.2020
                                                          19:30 Uhr
                 Informationen & Tickets
                 t +43 2682 719 1000
                                  kulturzentren.at
magazin KLASSIK                 Winter
                                2020

       EIN WAND-
       		 SCHRANK IN

                                                                                                                                           Foto – Sascha Becker als „Unser Beethoven“
           KÄRNTEN                                                                                     Ein Best Of
                                                                                                       „Unser Beethoven“

                                                                                                                                                                                        © Michaela Krauss-Boneau
                              382. So viele Zitate von und                            werden (Stichwort: ein Wandschrank in Kärnten als

                                                                Text – Monika Jaroš
                              über Beethoven sollen es                                „Aufnahmestudio“!). Möglich war das nur dank eines
                              schlussendlich sein, wenn die                           hochmotivierten Kern-Teams um Michaela Krauss-
                              am 16. Dezember 2019 gestar-                            Boneau, Sascha Becker und Clemens Janout sowie
                              tete Reihe „Unser Beethoven“                            meinen MusikredaktionskollegInnen Ursula Magnes
                              mit 31. Dezember 2020 ihren                             und Michael Gmasz. Danke für euer Engagement
                              Abschluss findet. Dabei stand                           und Durchhaltevermögen!
       die Fortführung des Projekts mehr als einmal in Frage.                            Im Folgenden finden Sie eine bunte Auswahl
       Corona-bedingte Studiosperren mussten mit teils                                der besten Zitate von und über Beethoven. Nach-
       abenteuerlichen Home-Office-Lösungen kompensiert                               zuhören sind sämtliche Beiträge im Podcast auf
                                                                                      www.radioklassik.at.

               Aufsehenerregender Auftritt des jungen Beethoven in Wien.
               Pianisten-Wettstreit mit Abbé Gelinek:
          „Ich erinnere mich noch jetzt, als eines Tages Gelinek meinem Vater erzählte,
                   er sey für den Abend in eine Gesellschaft gebeten, wo er mit
         einem fremden Clavieristen eine Lanze brechen sollte. ‚Den wollen wir zusam

20
              menhauen‘, fügte Gelinek hinzu. Den folgenden Tag fragte mein Vater
         den Gelinek, wie der gestrige Kampf ausgefallen sey? ‚O!‘ ‒ sagte Gelinek ganz
                    niedergeschlagen, ‚an den gestrigen Tag werde ich denken!
            In dem jungen Menschen steckt der Satan. Nie hab’ ich so spielen gehört!
                         Er fantasierte auf ein von mir gegebenes Thema,
             wie ich selbst Mozart nie fantasieren gehört habe. Dann spielte er eigene
         Compositionen, die im höchsten Grade wunderbar und großartig sind, und er
                    bringt auf dem Clavier Schwierigkeiten und Effecte hervor,
           von denen wir uns nie haben etwas träumen lassen.‘ ‚Ey‘, sagte mein Vater,
                ‚wie heißt dieser Mensch?‘ ‚Er ist‘, antwortete Gelinek, ‚ein kleiner,
            häßlicher, schwarz und störrisch aussehender junger Mann, den der Fürst
          Lichnowksy vor einigen Jahren aus Deutschland hierhergebracht, um ihn bey
              Haydn, Albrechtsberger und Salieri die Composition lernen zu lassen,
                                     und er heißt Beethoven…‘“
                                                        (Czerny, S. 69 f.)

                                                                                                              Johann Wolfgang von Goethe
                                                                                                              über Beethoven:
          Unprätentiös an seinen                                                                              „Sein Talent hat mich in
          Leipziger Verleger Breitkopf & Härtel:                                                                  Erstaunen gesetzt;
        „sie erhalten Morgen eine anzeige von kleinen                                                          allein er ist leider eine
           Verbesserungen, welche ich während der                                                                 ganz ungebändigte
        Aufführung der Sinfonien machte; ‒ als ich sie                                                        Persönlichkeit, die zwar
                 ihnen gab, hatte ich noch keine                                                                gar nicht unrecht hat,
            davon gehört ‒ und man muß nicht so                                                                   wenn sie die Welt
          göttlich seyn wollen, etwas hier oder da in                                                        detestabel findet, aber sie
             seinen Schöpfungen zu verbessern.“                                                                freilich dadurch weder
                                    (Briefwechsel Bd. 2, S. 45)                                                    für sich noch für
                                                                                                                 andere genußreicher
                                                                                                                        macht.“
                                                                                                                             (Fiebig, S. 18)
Wien: 107,3 | Graz: 94,2 | Österreichweit: DAB+

              Liebenswürdige Antwort auf Fanpost
              einer kleinen Verehrerin von ca. 8-10 Jahren:
                         „Nicht entreiße Händel, Haydn, Mozart ihren Lorbeerkranz;
                            ihnen gehört er zu, mir noch nicht. Deine Brieftasche
             wird aufgehoben unter andern Zeichen einer noch lange nicht verdienten Achtung
                       von manchen Menschen. Fahre fort, übe nicht allein die Kunst,
                   sondern dringe auch in ihr Inneres; sie verdient es, denn nur die Kunst
                       und die Wissenschaft erhöhen den Menschen bis zur Gottheit.
                                Solltest Du, meine liebe Emilie, einmal etwas
                            wünschen, so schreibe mir zuversichtlich. Der wahre
            Künstler hat keinen Stolz. Betrachte mich als Deinen und als Freund Deiner Familie.“
                                                                   (Briefwechsel, Bd. 2, S. 274 f.)

              Auf der Suche nach einem Bedienten
              mit speziellen Fähigkeiten;
              Adressat: Freund Nikolaus Zmeskall:                             Missglückte Druckfahnen-
                                                                              Kontrolle:
           „[...] unterdessen hat sich der Bediente bey mir
                  gemeldet [und] sagte mir, daß er bey                             „stellen sie sich vor,
           ihnen gewesen, und daß sie nichts auszusezen                        ich finde gestern, daß ich
                   an ihm gehabt, als daß er sie nicht                              im Verbessern der
            recht frisiren könne. ‒ sollten sie sonst nichts                  Fehler von der Violonschell
              ärgeres, welches ich sie mir bitte aufrichtig                       Sonate selbst wieder
                  zu sagen, an ihm auszustellen haben,                       neue Fehler gemacht habe! ‒
           so würde ich dabey bleiben, denn die Frisur ist                     sie mögen hieraus sehen,
                wie sie wissen, mein leztes augenmerk,                               daß ich in einem
           Es müste denn seyn, daß man meine Finanzen                        wirklichen solchen zustande
                      Frisiren und Tappiren könnte“                                  bin, wo es heißt
                                    (Briefwechsel, Bd. 2, S. 323)                 ‚Herr in deine Hände
                                                                             befehle ich meinen Geist‘ ‒“
                                                                                        (Brief an Breitkopf & Härtel
                                                                                                                        21
               Ohne Starallüren:                                                bzgl. der Violoncellosonate op. 69,
                                                                                   zit. n. Briefwechsel, Bd. 2, S.76)
       „Bei einer andern Gelegenheit kam die Unterhaltung auf
         den Ruhm, den sein Name in der Welt erlangt hätte.
      ‚Ach, Unsinn!‘ sagte er, ‚ich habe niemals daran gedacht,
                für den Ruf und die Ehre zu schreiben.
             Was ich auf dem Herzen habe, muß heraus,
                      und darum schreibe ich.‘“
                        (Czerny, zit. n. Briefwechsel, Bd. 2, S. 184)

                    Einmal gipfelte Beethovens rigorose Ahndung von Druckfehlern in den Ausruf:
                                   „Fehler ‒ Fehler ‒ sie sind selbst ein einziger Fehler!“
                                               (Beethoven an Breitkopf & Härtel, zit. n. Briefwechsel, Bd. 2, S. 187)

         Äußeres Erscheinungsbild:
                             „Der damals übliche Filzhut, den er beim
                                     Nachhausekommen, wenn
                            auch von Regen triefend, nur nach leichtem
                        Ausschwenken (eine Gewohnheit, die er auch wohl
                                  bei uns, unbekümmert um alle
                         Zimmereinrichtung, übte) über die oberste Spitze
          des Kleiderstockes schlug, hatte in Folge dessen in seinem Deckel die Ebene
             verloren und war davon gewölbt nach oben ausgedehnt. Vor wie nach
        dem Regen nur selten oder gar nicht gebürstet und dann wieder einmal bestaubt,
          hatte der Hut ein bleibend verfilztes Aussehen. Dazu trug er denselben nach
               Thunlichkeit aus dem Gesichte hinaus, um die Stirne frei zu haben,
          während beiderseits die grauen wirren Haare, wie Rellstab bezeichnend sagt:
                    ‚nicht kraus, nicht starr, sondern ein Gemisch von Allem‘,
                                        nach Außen flogen.“
                                                   (Breuning, S. 64 ff.)
magazin KLASSIK                Winter
                               2020
          Beethovens Faktotum Anton Schindler
          über eine von dessen seltsameren Angewohnheiten:
                   „Ging er während der Arbeit in den                       Zärtlich-leidenschaftliche Bekenntnisse gegenüber
           Vormittagsstunden nicht aus, um sich wieder zu               seiner „Unsterblichen Geliebten“:
           sammeln, so stellte er sich, oft im tiefen Negligé,
              ans Waschbecken und goß große Krüge voll                     „die Liebe fordert alles und ganz mit
            Wasser auf seine Hände, dabei die ganze Skala                       Recht, so ist es mir mit dir,
           auf- und abwärts heulend oder zu Abwechslung                 dir mit mir ‒ nur vergißt du so leicht, daß
                 brummend; bald durchschritt er wieder                        ich für mich und für dich leben
             mit rollenden oder stieren Augen das Zimmer,                   muß ‒ wären wir ganz vereinigt, du
         notierte einiges und setzte dann das Aufgießen und                     würdest dieses schmerzliche
                           Heulen weiter fort.                            eben so wenig als ich empfinden. [...]
            Dies waren Momente tiefster Meditation, davon                   Bleibe mein Treuer einziger schaz,
             kein besonderes Aufhebens zu machen wäre,                  mein alles, wie ich Dir, das übrige müßen
         hätten sie nicht nach zwei Seiten hin unangenehme                die Götter schicken, was für unß seyn
                 Folgen gehabt. Zunächst bewirkten sie                              muß und seyn soll.“
              oft Lachen bei seinen Dienstleuten, und dies                          (Beethoven, zit. n. Gruber, S. 21 f.)
               gewahrend, geriet der Meister in Zorn, der
         ihn bisweilen zu lächerlichen Ausbrüchen gebracht.
                Oder er geriet mit den Hauseigentümern                              Kreatives Chaos?
                                                                                    Harfenfabrikant Johann Andreas
            in Konflikt, wenn das Wasser durch den Boden
                                                                                    Stumpff über seinen Besuch
              gedrungen, was leider oft vorgekommen ist.
                                                                                    bei Beethoven:
                Dies war ein Hauptgrund, daß Beethoven
           allenthalben ein unbeliebter Einwohner gewesen.                          „Beethoven beklagte sich
                 Der Boden seiner Wohnstube hätte mit                              über die Unvollkommenheit
         Erdpech belegt sein müssen, um das Durchdringen                            des Flügels, worauf man
               des vielen Wassers zu verhindern. Und von                         in dem gegenwärtigen Zustand
          diesem Überfluß an Begeisterung unter den Füßen                              nichts mit Kraft und

22                     merkte der Meister nichts!“
                                        (Schindler, S. 401 f.)
                                                                                     Effekt vortragen könne.
                                                                                      ,Ich besitze selbst ein
                                                                                      Londoner Instrument,
    Was stören ein Genie negative Musikkritiken?                                  welches aber nicht das leistet,
    Beethoven an die Herausgeber der                                                  was man von dorther
    „Allgemeinen Musikalischen Zeitung“ über eine                                 erwarten sollte. Kommen Sie,
    Rezension seiner „Eroica“:                                                       hier steht es im Neben-
                                                                                    zimmer, in einem höchst
         „Ich höre, daß man in der Musikalischen
                                                                                         elenden Zustand.‘
    Zeitung so über die Sinfonie, die ich ihnen voriges
                                                                                    Als ich solches eröffnete,
           Jahr geschickt, und die sie mir wieder
                                                                                    welch ein Anblick trat mir
    zurückgeschickt, so loßgezogen hat, gelesen habe
                                                                                       entgegen! Der obere
     ich’s nicht. Wenn sie glauben, daß sie mir damit
                                                                                     Teil war tonlos und die
    schaden, so irren sie sich, vielmehr bringen sie ihre
                                                                                         zerrissenen Saiten
            Zeitung durch so etwas in Mißkredit“
                                    (Briefwechsel, Bd. 1, S. 287)
                                                                                    waren ineinander verwirrt,
                                                                                       wie ein Dornstrauch
                                                                                   vom Sturmwind gegeißelt!“
              Kaffee-Zubereitung                                                            (Johann Andreas Stumpff,
              als eigene Wissenschaft:                                                  handschriftliche Erinnerungen
                                                                                               1824, zit. n. Hürlimann,
                  „Zum Frühstück nahm er Kaffee,
                                                                                                               S. 141 f.)
                      den er sich meist selbst in
           einer Glasmaschine bereitet hat. Kaffee scheint
                sein unentbehrlichstes Nahrungsmittel                 Ein Zeitgenosse über Beethovens Wesen:
                   gewesen zu sein, womit er denn                        „Sobald sich sein Gesicht zur
                 auch so skrupulös verfuhr, wie von                 Freundlichkeit aufheiterte, so verbrei
              den Orientalen bekannt. Sechzig Bohnen                 tete es alle Reize der kindlichen Un
                  wurden auf eine Tasse gerechnet                    schuld; wenn er lächelte, so glaubte
              und oft abgezählt, besonders wenn Gäste               man nicht blos an ihn, sondern an die
                         anwesend waren.“                             Menschheit: so innig und wahr war
                                    (Schindler, S. 402)                er in Wort, Bewegung und Blick.“
                                                                          (Anonyme Aussage „eines Zeitgenossen“,
                                                                                        zit. n. Breuning, S. 33 f.)
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