www.aaku.ch März 2019 Nr. 23 - Aargauer Kulturmagazin

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       März 2019
        Nr. 23

     MÖRDERISCH

    Die Ausstellung
 «Im Visier» widmet
 sich Schusswaffen in
  Kunst und Design

     EXZENTRISCH

Die Walliser Rapperin
 KT Gorique verwan-
delt sich auf der Bühne
  in eine Superheldin

     SARKASTISCH

Mit derbem Witz und
 spitzer Zunge fei­ert
Patti Basler Premiere
  von «Nachsitzen»
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Fotomuseum Winterthur
Anne Collier:            KULTUR & KONGRESSHAUS AARAU
                         DIENSTAG / 26. MÄRZ 2019 / 20.00 UHR

Photographic             19.15 Uhr / Einführung zum Stück

23.02.–26.05.2019        THE WHO
SITUATIONS/              AND THE WHAT
                         Stück von Ayad Akhtar
Foto Text Data           Produktion Theater
                         Orchester Biel Solothurn
                         TOBS
23.02.–02.06.2019
Fotostiftung Schweiz
Salvatore Vitale –
How to Secure
a Country
23.02.–26.05.2019
                                                                          VORVERKAUF

                                                                       www.theatergemeinde.ch
                                                                             aarau info
                                                                          Tel. 062 834 10 34

                                                    Cocoon Dance

                                                     Mo
                                                     men
                                                     t um
                                                    Tanzstück von Rafaële Giovanola
                                                    Di 9. April 2019, 20 Uhr
                                                      WERKK, Baden

                        www.kurtheater.ch
                        Vorverkauf 056 200 84 84
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Herausgegeben von der IG Kultur Aargau                             März 19   Aargauer Kulturmagazin                     Editorial

                                         Witz und Waffen
                                         «Ich besitze Waffen aus demselben Grund, wie ich Feuerlöscher besitze. Ich erwarte
                                         kein Worst-Case-Szenario, aber wenn es eines geben sollte, bin ich bereit, eine aktive
                                         Rolle in der Sicherung des Überlebens meiner Familie einzunehmen.» Nein, diesen
                                         Satz habe ich nicht voller Übermut kürzlich auf Facebook gepostet. Nicht einmal auf
                                         meinem Fake-Profil bei der Waffenlobby-Gruppe. Ich habe mir sowas noch gar nie über-
                      Corinne Rufli      legt, bis gerade eben.
                   Redaktionsleiterin    Donno jedoch hat sich Gedanken dazu gemacht. Denn er ist der Mann, der das gesagt
               corinne.rufli@aaku.ch     hat. Er ist – mit schönem Anzug und grosser Waffe – auf dem Titelbild zu sehen. Er
                                         will Frau und Kind beschützen. Obwohl die Frau, Judi, sich sichtbar selbst verteidigen
                                         kann. Aber so will es das Bild des Vaters, dem Beschützer der Familie. Nur ist leider nicht
                                         selten der Vater – mit oder ohne Schusswaffe – der Zerstörer der Familie.

                                         So verstörend das Titelbild auch sein kann, so sehr zeigt es einen Alltag. In diesem Fall
                                         ist es ein US-amerikanischer Alltag. Das Bild ist Teil einer Reportage des Fotografen
                                         Kyle Cassidy. Sein Ziel war es, den (geschätzt 70 Millionen) Waffenbesitzer*innen der
                                         USA ein Gesicht zu geben. Dazu fotografierte er diese in ihrem Haus mit ihren Waffen.
                                         Die eindrückliche Bildstrecke ab Seite 26. Einige dieser Fotografien sind nun im Forum
                                         Schlossplatz in Aarau zu sehen. Dort wird die Ausstellung «Im Visier. Die Schusswaffe
                                         in Kunst und Design» eröffnet. Künstler*innen aus dem In- und Ausland setzten sich
                                         mit diesem polarisierenden Objekt auseinander und zeigen ihre unterschiedlichen Posi-
                                         tionen – zwischen Kriegsinstrument, Sportgerät, Design­objekt, Spielzeug und
                                         dem Symbol für Freiheit. Ab Seite 22.
                                         Apropos Freiheit: Der eidgenössische Lieblingsfreiheitskämpfer darf in diesem Kontext
                                         nicht fehlen: «Mir fehlt der Arm, wenn mir die Waffe fehlt», lässt Schiller Wilhelm Tell
                                         sagen. Dies und weiterer Pathos führte zur Legende eines wehrhaften Schweizer Volks,
                                         das glaubt, Waffen seien da, um die Freiheit zu verteidigen. Welche Freiheit war das
                                         schon wieder? Wessen Freiheit? Die Freiheit, was bitte schön, tun zu können? Ob diese
                                         Legende auch geschichtlich was hergibt, erläutert der Historiker Romed Aschwanden
                                         in seinem Essay zur Schweizer Waffentradition ab Seite 30.

                                         Aber keine Angst, in diesem Heft gehts nicht nur um Gewaltpotenzial. Wir befassen
                                         uns auch mit Witzpotenzial. Haben wir hier in der Schweiz ein Problem mit lustig?
                                         Sind wir unbegabt in Sachen Humor? Dass das nicht stimmt, zeigt uns Hazel Brugger,
                                         der gefeierte Star unter den intelligenten Witzbold*innen. Sie kommt mit ihrem neuen
                                         Programm in den Aargau, und wir verlosen Tickets, ab Seite 6. Auch eine Premiere
                                         feiert die Comedienne und Slam-Poetin Patti Basler mit «Nachsitzen» auf Seite 11.
                                         Die beiden Heldinnen des bösen und witzigen Worts fahren in ihren neuen Shows mit
                                         starkem Geschütz auf.

                                         Da bedauere ich den kleinen Superman auf dem Titelbild, denn der muss für seine
                                         Verteidigung auf seine Superkräfte hoffen – und auf seine bewaffneten Eltern. Obwohl
                                         es auch Gewehre für ihn gäbe – bunt und auf kleine Fingerchen zugeschnitten. Ein
                                         solches Gewehr, ein rosarotes «Mädchengewehr», darf in der Ausstellung «Im Visier»be-
                                         wundert oder erschreckt betrachtet werden.

                                         Ich habe für den Moment genug Waffen gesehen und gegoogelt. Nun sind Sie dran,
                                         blättern Sie sich durch das Heft und bleiben Sie friedlich.

                                                                                                                                  3
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VORSCHAU
                                                                                                        VORSCHAU HERBST:
ODEON BRUGG
das Kulturhaus beim Bahnhof                                                                              2019
                                                                                                        21.09.2018 Taubitz/Dobler Swing Quartett
                                                                                                        22.09.2018 Crazy Diamond
CINEMA                         BÜHNE                     BAR                                            19.10.2018 The Creole Clarinets
Info 056 450 35 65             Vorverkauf          Mo – Do 17.30 – 23 Uhr                               02.11.2018 20 Jahre Salzhaus Special Concert
Tickets                        Mo bis Fr ab 14 Uhr Fr + Sa 17.30 – 24 Uhr
odeon-brugg.ch                 Sa/So ab 10 Uhr     Sonntag 17.30 – 22 Uhr                               23.11.2018 Wawau Adler Group Sandor Roy
                                                                                                        30.11.2018B.B.
                                                                                                    25.01.2019     8 x 15, 8 Bands
                                                                                                                       & THE  BLUESje 15 Minuten
                                                                                                                                      SHACKS
                                                                                                    01.03.2019       THREE WISE MAN & SCOTT HAMILTON
CINEMA                                                   BÜHNE                                      15.03.2019       MARC SWAY
DONNERSTAG 7. MÄRZ 18 UHR                                FREITAG 1. MÄRZ 20.15 UHR                  05.04.2019       INTERNATIONAL HOT JAZZ QUARTETT
      FILMREIHE FRAUEN                                   CAFÉ-SÄTZE: GESCHICHTEN VOM                30.03.2019       FRANK POWERS
PERSEPOLIS                                               NEBENTISCH
F 2007 95 Min. F/d ab 12 J.                              Das Tanztheater Baden präsentiert in       27.04.2019       DUKE SPECIAL MEETS DAVID FORD
                                                         Zusammenarbeit mit Simon Libsig            04.05.2019       SINA
Regie: Vincent Paronnaud, Marjane Satrapi
Berührendes Porträt einer kompro-                        eine Verschmelzung von zeitgenös-
misslosen und unangepassten Frau,                        sischem Tanz und Slam Poetry.
die mit viel Humor und Herzenswär-
me ein aussergewöhnliches Leben                          DIENSTAG 5. MÄRZ 19.15 UHR
führte.                                                  GIANNA MOLINARI
                                                         Der Debütroman «Hier ist noch alles
MITTWOCH 13. MÄRZ 18 UHR                                 möglich» von Gianna Molinari war ein
                                                                                                    www.salzhaus-brugg.ch
DIE JUNGS VON QARABAGHI                                  literarischer Paukenschlag und lan-
CH 2017 73 Min. O/d ab 12 J. Regie: Dölf Duttweiler      dete auf der Longlist des Deutschen
Drei jugendliche Afghanen sind jah-                      und auf der Shortlist des Schweizer
relang auf der Flucht. In der Schweiz                    Buchpreises.
finden sie sich wieder.
                                                         FREITAG 8. MÄRZ 20.15 UHR
MITTWOCH 20. MÄRZ 17 UHR                                 JAAP ACHTERBERG
      ODEONKINOREIF?                                     Achterberg singt ausgewählte Chan-
DENEN MAN NICHT VERGIBT                                  sons, umrahmt mit Anekdoten und                               Aarauerstrasse 26 I 5200 Brugg
USA 1959 121 Min. E/d ab 12 J. Regie: John Huston        Wissenswertem aus dem Leben des
Westernklassiker mit Audrey Hepburn                      Künstlers Jacques Brel.
und Burt Lancaster.
                                                         FREITAG 15. MÄRZ 20.15 UHR
                                                         MASHA DIMITRI – FIL ROUGE                            FR 01/03/19
                                                         Eigentlich möchte sie gar keine Ge-
                                                         schichten erzählen, da sie Seiltänzerin              WORLDMUSIC MIT

                                                                                                             BANOU AZANIA
                                                         ist und ihre Nummer vorführen sollte.
                                                         Aber sie liebt Geschichten und so
                                                         fädelt sie eine nach der anderen auf
                                                         ihr rotes Seil.
                                                                                                                                            Sechs aussergewöhnliche Frauen
                                                         DONNERSTAG 21. MÄRZ 19 UHR                                                         schreiben hier ein kleines Stück
MITTWOCH 27. MÄRZ 18 UHR                                      EIN (W)ORT FÜR DIE LYRIK                                                      Jazzgeschichte!
THE CLEANERS                                             TANDEM-LESUNG
D 2018 90 Min. O/d ab 12 J.                              Raphael Urweider und Michael Fehr
Regie: Hans Block , Moritz Riesewieck                                                                                                       Marlyn Chimombo – Vocals (Malawi)
                                                         lesen aus ihren Werken, berichten                                                  Sheila Maurice-Grey – Trumpet (UK)
Der Film enthüllt eine gigantische
                                                         aus ihrer Werkstatt und tauschen sich                                              Siya Makuzeni – Trombone (RSA)
Schattenindustrie digitaler Zensur
                                                         über beobachtete Gemeinsamkeiten                                                   Micah Miyanda – Guitar (Zambia)
in Manila, dem weltweit grössten
                                                         und Gegensätze aus.                                                                Isobella Burnham – Bass (UK)
Outsourcing-Standort für Content
Moderation.                                                                                                                                 Kasiva Mutua – Drummer (Kenya)
                                                         FREITAG 22. MÄRZ 20.15 UHR
                                                         DUO FLÜCKIGER–RÄSS                                  Bar 20 Uhr | Konzert 21 Uhr | WWW.DAMPFSCHIFFBRUGG.CH
DONNERSTAG 28. MÄRZ 18 UHR                               Markus Flückiger und Nadja Räss spie-
FILMREIHE LEBEN AM LEBENSENDE                            len Melodien, die aus der traditionellen
APFEL UND VULKAN                                         Form des Jodelns fallen, aber dennoch

                                                                                                    ZIMMERMANN
CH 2018 81 Min. D ab 12 J. Regie: Nathalie Oestreicher
                                                         stark mit ihr verbunden bleiben.
Ein berührender Film über Tod, Fami-
                                                         Ab 18 Uhr Raclette im FORUM ODEON.
lie und Freundschaft.

                                                                                                    HAUS19.01.
                                                                                                          BRUGG
                                                         SONNTAG 24. MÄRZ 11 UND 14 UHR                                     KUNST & MUSIK
                                                         ANDREW BOND
                                                                                                                            AUSSTELLUNG
                                                                                                               — 10.03.2019
                                                         ab 4 Jahren 60 Minuten

                                                                                                    KUNST&MUSIK
                                                         Passend zum Frühlingsbeginn spielt
                                                         Andrew Bond «Oh, wär ich nur mee i
                                                         de Natur!». Und zwar am liebsten als
                                                         Forscher und Entdecker der einheimi-
                                                         schen Tiere und Pflanzen.
FREITAG 29. MÄRZ 20.15 UHR                               DIENSTAG 26. MÄRZ 20.15 UHR                                        KAMMERMUSIK V
                                                                                                    ZIMMERMANNHAUS
        ODEON OPERA
ARIADNE AUF NAXOS
                                                         GARDI HUTTER – GAIA GAUDI                  BRUGG
                                                                                                    KUNST&MUSIK             02.03.2019
3 H 13 Min. D Dirigent: Daniel Harding
Regie: Sven-Eric Bechtolf
                                                         Glücklicherweise sterben wir. Es
                                                         herrschte sonst ein wüstes Gedränge
                                                         auf Erden. Und die Theaterplätze für
                                                                                                    VORSTADT 19             ORION STREICHTRIO
Eine Oper in zwei Akten von Richard                                                                 5200 BRUGG
Strauss. Aufzeichnung von den Salz-                      heute Abend hätten Sie wohl schon vor      WWW.ZIMMERMANN          T 056 441 96 01, INFO@ZIMMERMANNHAUS.CH
burger Festspielen.                                      Jahren reservieren müssen.                 HAUS.CH                 MI–FR 14.30–18, SA–SO 11–16
www.aaku.ch März 2019 Nr. 23 - Aargauer Kulturmagazin
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau                           März 19   Aargauer Kulturmagazin                      Inhalt

                                                     VORSCHAU

                Speerspitze der Schweizer Comedy 6
               Hazel Bruggers Bühnenauftritte sind oft restlos
            ausverkauft. Mit ihrem neuen Programm «Tropical»
                                                                     MAGAZIN
                   kommt die Comedienne nun in den Aargau.
                                                                     22 Waffen aus Stahl und Klopapierrollen
                                                                         Das Forum Schlossplatz zeigt internationale und nationale Positionen
                                                                         von Künstler*innen, die sich mit Schusswaffen beschäftigen. Der
                                                                         junge Genfer Fotograf Lucas Olivet ist dabei und spricht im Interview
                                                                         über Marshmallow-Munition.

                                                KT Gorique 8
                                     Die Walliser Rapperin im Kiff

                                              Boogie-Woogie 9
                    Thomas Scheytt in der Alten Kirche Boswil

                                             Doppelgesichter 9       26 Kyle Cassidy
           Margot Bergmans Malereien im Museum Langmatt                  Bildstrecke «Bewaffnetes Amerika»
                                       Runder Geburtstag 10          30 Die Schweiz, ein einig Volk von Waffennarren?
Der Orchesterverein Bremgarten feiert sein 100-Jahr-Jubiläum             Der Historiker Romed Aschwanden untersucht die Schweizer Waf­
                                                                         fen­tradition und blickt auf die aktuellen Diskussionen um den Export
                     Patti Basler und Philippe Kuhn 11
                                                                         von Kriegsmaterial sowie die Anpassung des Waffengesetzes.
           Ihr neues Programm «Nachsitzen» feiert Premiere

                                    Literatur im Diskurs 12          34 Olga Tucek
                                                                         Kolumne
    Simone Meier zu Gast bei «Wortschatz» in der Stanzerei

                                   Tschernobyl im Fokus 13           34 Backstage
                                                                         Kolumne von Patti Basler
                 «Chronik der Zukunft» im Theater Tuchlaube

                                                «Cupiditas» 14       35 Das Objekt
                                                                         Sammlerstücke von Rudolf Velhagen
                Nina Staehli über Gier im Kunsthaus Zofingen

                                                   Ziv Ravitz 15     35 Frehiowts Welt
                                                                         Kolumne
                        Der israelische Drummer im Pflegidach

                                      Wahrheit oder Fake 16          36 Tour de Kaff
                                                                         Nächster Halt: Stetten
              Zwei neue Veranstaltungsreihen im Stapferhaus

                                               Familienseite 17
                                              Kultursplitter 18
                                                    Filmtipps 19
                                                     Hörtipps 20     AGENDA

                                                    Lesetipps 21     38	Kultur im Aargau auf einen Blick
                                                                         Veranstaltungen im März

                                                                     Cover: Kyle Cassidy, Armed America: portraits of gun owners in their
                                                                     homes, 2007. Uzi, Judi and Donno, Pennsylvania © Kyle Cassidy

                                                                                                                                 5
www.aaku.ch März 2019 Nr. 23 - Aargauer Kulturmagazin
TEXT PHILIPPE NEIDHART | FOTO ZVG

Seiltanz auf der
  Gürtellinie
 BÜHNE Hazel Brugger ist ein Phänomen. Von diversen Medien als «böseste
Frau der Schweiz» bezeichnet, tourt sie zurzeit erfolgreich mit ihrem zweiten
   Soloprogramm, «Tropical», quer durch den deutschsprachigen Raum.
                   Ihr erklärtes Ziel: Grenzen ausloten.
www.aaku.ch März 2019 Nr. 23 - Aargauer Kulturmagazin
März 19   Aargauer Kulturmagazin                Vorschau

     Die Schweiz gilt gemeinhin nicht als Land des blühen-              Auch auf Youtube ist die Wahlkölnerin aktiv. Bei «Deutsch-
     den Humors – zu sehr seien die Eidgenoss*innen auf ihre            land Was Geht» reist sie zusammen mit ihrem Kollegen
     Zurückhaltung fixiert und sähen Ernsthaftigkeit als oberstes       Thomas Spitzer quer durch das Land und besucht skurrile
     Credo. Bissige Satire? Fehlanzeige. Gewiss, unsere Late-           Orte und Veranstaltungen.
     Night-Shows sind mitnichten so (politisch) pointiert wie                Doch wie lässt sich das Hazel-Phänomen erklären?
     deren deutsche oder amerikanische Pendants, doch gerade            Bös, böser, Brugger, könnte man meinen, würde man den
     der Schweizer Nachwuchs sorgt mit intelligenten und                zahlreichen Medienberichten zur Schweizer Ausnahme-
     bisweilen politischen Auftritten für Hoffnung und tritt der        künstlerin Glauben schenken. Auch das busterkeatoneske
     helvetischen Biederkeit und dem allzu verbreiteten Stamm-          Stoneface der Comedienne – selbst bei derben Aussagen –
     tisch-Schenkelklopfer-Humor entgegen.                              gilt als Garant für Lacher. Doch es sind in erster Linie ihre
                                                                        Schlagfertigkeit und der kreative Umgang mit der Sprache,
                                                                        die Brugger auszeichnen. So auch beim zweiten Bühnen-
«Ich teste ein bisschen                                                 programm, «Tropical»: Politische Themen werden höchstens
                                                                        in Nebensätzen erwähnt, auch die Moralkeule wird nicht
eure Grenzen»                                                           geschwungen; stattdessen glänzt die 25-Jährige in jenen
                                                                        Momenten, wenn sie Alltagssituationen temporeich auf
                                                                        humorvolle Art bis aufs Äusserste zuspitzt und ad absurdum
          Als Speerspitze dieser neuen Generation an Humoris­           führt. Dabei gleicht das Programm einem Seiltanz auf der
     tinnen und Comedians kann zweifellos Hazel Brugger                 Gürtellinie – oder wie sie bei der Premiere in Luzern sagte:
     bezeichnet werden. Geboren als Tochter einer Lehrerin und          «Ich teste ein bisschen eure Grenzen.» Selbst wenn gewisse
     eines Neuropsychologen im kalifornischen San Diego, be-            Themen – wie die Unterschiede zwischen Deutschen und
     gann Bruggers steile Karriere mit 17 Jahren als Slam-Poetin.       Schweizern oder Mann und Frau – in der Comedy zum alten
     Mehrere Auftritte im TV und der Titel als Schweizer Meisterin      Eisen gehören, scheint das Konzept vollends aufzugehen:
     im Poetry-Slam machten sie national bekannt – 2015 tourte          Viele ihrer Auftritte sind bereits Monate im Voraus ausver­
     sie überaus erfolgreich mit ihrem ersten Soloprogramm              kauft – so auch ihr Auftritt in Möriken-­W ildegg. Brugger
     quer durchs Land. Zudem hat sie etwas geschafft, was nur           selbst kann sich ihren Erfolg nicht erklären. In einem Inter­
     den wenigsten Schweizer Comedians gelungen ist: Auch               view sagte sie einst, ihr Humor sei einmalig, da ihn viele
     bei unserem nördlichen Nachbar hat Brugger Erfolg. Nebst           nicht lustig fänden – ausser «unrettbar depressive Halb­
     dem Bayrischen Kabarettpreis und dem Deutschen Klein-              intellektuelle».
     kunstpreis wurde sie bereits mit dem Salzburger Stier sowie
     dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet. Bekanntheit
     erlangte sie dort in erster Linie durch ihre Auftritte als         MÖRIKEN-WILDEGG Gemeindesaal
     schlagfertige Aussenreporterin mit Pokerface in der ZDF-­          Sa, 30. März, 20 Uhr
     Satiresendung «heute-show» oder als Gast bei «Die Anstalt».

                                 KULTURBLINDDATE
                           Die etwas andere Ticketverlosung
                                               Gewinne ein Ticket und ein Blinddate …

                        … für «Tropi­cal» von Hazel Brugger im Gemeindesaal
                            Möriken-Wildegg am Sa, 30. März 2019, 20 Uhr
                      Wir verlosen 2 × 2 Tickets an Personen, die sich an der Veranstaltung zum ersten Mal treffen.
                                Die Verkupplung dient der absichtslosen Teilung gemeinsamer Interessen
                            mit fremden Menschen. Romantischer Nebeneffekt möglich. Aber ohne Garantie.

                                                      Teilnahmebedingungen
                       Miteinander hingehen, gemeinsames Foto schiessen, zwei Sätze über das Treffen schreiben,
                                         an uns schicken. Wird auf www.aaku.ch veröffentlicht.

                                            Mail mit Name, Adresse, Telefonnummer und mit
                                 Stichwort «Hazel» bis am Do, 7. März 2019, 14 Uhr, an redaktion@aaku.ch

                                         Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Teilnahme nur für Volljährige.

                                                                                                                                    7
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Vorschau                       März 19   Aargauer Kulturmagazin

            Walliser Multitalent
            SOUNDS Den Stoff für ihre blitzgescheiten Texte nimmt die Walliserin KT Gorique aus dem Leben –
            dieses bietet Inspiration genug! Sie ist Schauspielerin, Tänzerin, Schreiberin und Rapperin und wird
            von ihren Fans zu Recht als «couteau suisse» – als Schweizer Sackmesser bezeichnet.

            Vor jedem ihrer Auftritte schminkt sich die Walliserin KT Go-      gewonnen habe. Aber eine Frau zu sein, hat mich noch nie
            rique, um in sich zu gehen und sich auf die kommende Show          davon abgehalten, irgendetwas zu tun oder zu gewinnen;
            zu konzentrieren. Ist sie fertig, hat sie sich in ihr Bühnen-Ich   daher wäre ich als Mann wohl genau gleich glücklich gewe-
            Kunta Kita verwandelt, der sie auch ihr neustes Album ge-          sen.» Schöner als sich mit dem Titel zu schmücken, findet
            widmet hat. «Das Schminkritual ist ein Weg, um mich schön          sie, dass sie seit dem Gewinn mehr Konzerte geben kann:
            zu fühlen. Ich schminke mich nur zu speziellen Anlässen und        Leute aus der Underground-Hip-Hop-Szene wurden auf ihre

Durch ihr Schminkritual
verwandelt sich die
Rapperin KT Gorique in ihr
Bühnen-Ich «Kunta Kita».
Foto: Jeremie Carron

            dazu gehört, auf der Bühne zu stehen. So zeige ich meinen          Musik aufmerksam, und sie hat ihre Fühler über die Romandie
            Respekt gegenüber den Menschen, die zum Konzert gekom-             hinaus nach Frankreich und Belgien ausgestreckt. Durch ihre
            men sind, um meine Musik zu feiern», erklärt die 27-Jährige.       Nomination für den SRF Swiss-Talent-Award 2019 schaffte sie
            Sie ist in Côte d’Ivoire geboren und kam mit elf Jahren in die     den Sprung über den Röstigraben und bekommt nun auch
            Schweiz. Beide Kulturen lassen sich aus ihrer Musik heraus-        in der Deutschschweiz Anerkennung für ihre Musik, deren
            hören, und wenn die stärksten Eigenschaften von KT Gorique         Texte sie selber verfasst. «Ich schreibe über Dinge, die mich
            zusammenkommen, entsteht eine Superheldin: Kunta Kita.             bewegen. Mein Leben, die Menschen um mich herum, alles!»
            «Sie schlummert immer in mir drin und zeigt sich, wenn ich         Von Gianna Rovere
            auftrete.» Mit 21 Jahren hat sie aus Spass und um ihre Skills
            auf die Probe zu stellen in New York am «End of the Weak» –
            Freestylerap-Battle mitgemacht und prompt gewonnen –               AARAU Kiff
            als erste Frau überhaupt. Auf die Frage, ob sie das beson-         Fr, 1. März, 21 Uhr
            ders ehrt, meint sie: «Ich war unglaublich glücklich, dass ich

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März 19   Aargauer Kulturmagazin                    Vorschau

Vom Rollen der Bässe
SOUNDS Nichts gegen Beethovens «Für Elise»                         alles drauf, was es braucht, um den Flügel rollen und flirren
oder das «Ave Maria» von Bach, nur damit kann                      zu lassen und so sein Publikum zu begeistern. Die Wände
der Klavierschüler, die Jung­pianistin höchstens                   werden zittern in der Alten Kirche in Boswil … Von Beat Blaser
den Grosseltern eine Freude machen. Wer bei den
Gleichaltrigen im Skilager punkten will, hat eine
schärfere Waffe: den Boogie-Woogie!                                BOSWIL Alte Kirche
                                                                   So, 24. März, 17 Uhr
Boogie-Woogie, das ist dieser Klavierstil mit
den rollenden Bässen in der linken und den
flirrenden Figuren in der rechten Hand, ziemlich
kräftig und über alle 88 Tasten der Klaviatur
rasend. Seine Wurzeln hat er in den «Barrel-
houses», den Spelunken der Eisenbahnarbeiter
im amerikanischen Süden. Nebst Alkohol und
anderen Vergnügungen gabs dort Musik, und
die klang wie das Stampfen der Lokomotiven.
Später dann wurde diese Form des Blues an
den Rent Parties in den Grossstädten des
Nordens gespielt, bei denen ein Pianist helfen
sollte, die Kasse für die nächste Monatsmiete
zu füllen. Pianisten wie Meade Lux Lewis oder
Albert Ammons im Harlem der 1920er-Jahre
setzten den Tarif: Boogie-Woogie wurde bei ih-
nen zur hochvirtuosen Musik für ambitionierte
Tastenlöwen. Der Siegeszug rund um die Welt
war nicht mehr aufzuhalten.
     Der in Freiburg i. B. lebende Thomas Scheytt
gehört zu denen, die diese reiche Tradition wei­
tertragen und so das Erbe des Boogie-­Woogie-
Pianos­ erhalten, und immer wieder neu für
sich erfinden. Er ist ein brillanter Techniker und
                                                       Thomas Scheytt weiss, wie man aus dem Flügel eine Lokomotive macht. Foto: Jobst Fiedler
zugleich ein gefühlvoller Blueser, und er hat

Verschmelzungen
KUNST Die amerikanische Künstlerin Margot Bergman ist              und arbeitet diese malerisch aus ihrer Umgebung heraus.
zum ersten Mal mit einer Einzelausstellung in Europa. In           Es entstehen mitunter unheimliche Doppelgesichter, die
einer Kooperation mit Urbane Künste Ruhr in Deutschland            zu einem einzigen Motiv verschmelzen, das abwechselnd
kann im Museum Langmatt das erstaunliche Spätwerk der              verspielt, melancholisch und meist surreal erscheint. In den
1934 in Chicago geborenen Kunstschaffenden entdeckt                Porträts der letzten Jahre verzichtet sie auf Übermalungen
werden. Sie ist seit den späten 1950ern in der Kunstszene          und zeigt fiktive Gesichter mit Verformungen, die aber eine
von Chicago präsent und hat sich                                                                            verwunderliche Gelas-
seitdem mit zwei verschiedenen                                                                              senheit und kindlich
Werkzyklen befasst: mit «Wonder-                                                                            unbeschwerte Heiter-
land»-Gemälden und ihrer Serie                                                                              keit ausstrahlen. gro
«Other Reveries». Letzteres ver-
folgt sie seit den 1990er-Jahren:
Sie geht von vorhandenen Werken                                                                             BADEN Museum
unbekannter Künstler*innen aus,                                                                             Langmatt
die sie auf Flohmärkten und in Se-                                                                          Vernissage:
condhandläden sucht und findet.                                                                             Sa, 2. März, 17 Uhr
In den oft Landschaftsmalereien                                                                             Bis 28. April
entdeckt sie verborgene Gesichter

                                          Aprikosenhaut wird in Margot Bergmans
                                          Malerei «Nanette» (2003) zur Realität.
                                                                                                                                    9
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Vorschau                        März 19      Aargauer Kulturmagazin

            Ein Grund
            zum Feiern
            KLASSIK Gründe zum Feiern fand der Orches­ter­
            verein Bremgarten schon immer – in diesem Jahr
            erst recht: Er feiert seinen 100. Geburtstag.

            Man hat den rund 40 Mitwirkende zählenden Orchesterverein
            Bremgarten und den Dirigenten Hans Zumstein auch schon
            als Marathonläufer bezeichnet. Weshalb? Weil die Partner-
            schaft mittlerweile 39 Jahre Bestand hat. 1980 übernahm der
            Wettinger Organist, Pianist und Chorleiter das Ensemble, probt
            seither mit ihm im Zeughaussaal und stellt in drei (mitunter
            auch mehr) Konzerten pro Jahr vor, was während Monaten
            erarbeitet wurde: Werke, die auf die spezifischen Möglichkei-
            ten der Amateurmusiker*innen zugeschnitten sind – wie zum
            Beispiel die Tradition und Zeitgeist harmonisch verbindende
            «Intrada Helvetia». Der 2001 verstorbene St. Galler Paul Huber
            hat sie eigens zum 75-Jahr-Jubiläum des Ensembles kompo-
            niert. «Also passt sie doch auch hervorragend zum 100. Ge-
            burtstag», sagt Hans Zumstein, der in diesem Jahr die letzten
                                                                                   Bereit für das Geburtstagsständchen. zvg
            Konzerte mit «seinem» Orchester dirigieren wird.
                An Abschied denkt derzeit allerdings niemand, denn
            vorerst wird ausgiebig gefeiert: im Frühlingskonzert mit den          das die Zuhörer*innen in der Introduktion noch lange im
            blutjungen Bremgarter Solist*innen Cristina Beng und Jonas            Ungewissen lässt, wohin der Weg führen wird: ins Drama-
            Achermann (Violine) sowie Jamin Streit (Violoncello). Die             tische oder ins Komödiantische? Aber nach den ersten
            Jüngste nimmt sich Vivaldis Cellokonzert h-Moll RV 424 –              Klarinettentönen wird dann sofort klar: Hier handelt es sich
            eine wahre Wunderkiste – vor; Cristina Beng und Jonas                 um ein leichtes, heiteres und unterhaltsames Stück – wie
            Achermann spielen Bachs Doppelkonzert, d-Moll, von dem                geschaffen für den 100. Geburtstag des Orchester­ver­eins
            die Geigerin Isabelle Faust sagt: «Dieses Konzert ist eines           Bremgarten. Von Elisabeth Feller
            von diesen Stücken, die man so gerne vom Blatt spielt – mit
            Kollegen und Freunden.» – 18-jährig war Franz Schubert,
            als er seine 3. Sinfonie D-Dur schrieb. Ein spannendes Werk,          BREMGARTEN Stadtkirche, So, 17. März, 17 Uhr

            Keine Angst vor Neuer Musik
            KLASSIK «Neue Musik muss man nicht verstehen, son-                    ren, die die Holliger-Komposition «Der zwanzigfingerige
            dern fühlen und: Musik ist sehr sinnlich. Sie kann gar nicht          ChineSenn für Klavier zu vier Händen» ins Zentrum stellt.
            unsinnlich sein», sagt der Schweizer Komponist, Oboist und            Piano-District-Mitgründer Oliver Schnyder wird am Flügel
            Dirigent Heinz Holliger. Das ist in einer Matinee zu erfah-           sitzen und … Heinz Holliger. Das ist schon beinahe eine
                                                                                  Geburtstagshommage: Der Schweizer wird im Mai 80 Jahre
                                                                                  alt. Er nimmt zudem auch bei György Kurtágs «Játekok»
                                                                                  (Spiele) für Klavier zu vier Händen die Rolle des Pianisten
                                                                                  ein; sein Partner ist wiederum Oliver Schnyder. Weil sich
                                                                                  Heinz Holliger seit jeher leidenschaftlich für die junge Mu-
                                                                                  sikergeneration einsetzt, kommt diese auch in Baden – in
                                                                                  den Klavierquintetten von Mozart und Beethoven – zum
                                                                                  Zug: Sérgio Fernandes Pires (Klarinette), Pascal Deuber
                                                                                  (Horn) und der 21-jährige Andrea Cellacchi (Fagott), der seit
                                                                                  2019 die Solo-Fagott-Stelle beim Luzerner Sinfonieorchester
                                                                                  innehat. Von Elisabeth Feller

                                                                                  BADEN Druckerei
                                                                                  So, 17. März, 11 Uhr
Er setzt sich für seine musikalischen Nachkommen ein:
der Schweizer Oboist Heinz Holliger. Foto: Dániel Vass
März 19   Aargauer Kulturmagazin                    Vorschau

Mit Hirn und Eiern                                                                                      Patti Basler und Philippe Kuhn
                                                                                                        belohnen das Publikum mit
                                                                                                        «Nachsitzen». Foto: Tibor Nad

BÜHNE Patti Basler hat es mit viel Witz und Ausdauer in die Comedy-Elite geschafft. Nun feiert sie mit
Musiker Philippe Kuhn und «Nachsitzen», ihrem zweiten abendfüllenden Programm, Premiere in Baden.

Patti Basler ist sarkastisch, sie ist grob, und sie schafft es,   Steinzeit stehen geblieben ist.» Wir seien Gefangene unserer
aus jedem Gespräch einen Pointen-Contest zu machen,               genetischen Determination und das halte uns vor einem
bei dem man nur verlieren kann. Aber das ist nicht weiter         zivilisierten Leben ab. «Der Mensch ist zwar ein lernendes
schlimm, da sie ja die Queen of Humor ist. Und manchmal           Wesen, um aber das geistige Erbe zu internalisieren, hilft oft
auch ein Polteri, mit Hang zu Vulgaritäten. Doch wer genau        nur noch Nachsitzen. Und Gründe dafür gibt es zur Genüge.»
hinhört, erkennt unschwer, dass eine sensible Viel- und                Im Laufe des Programms kommen diese Gründe zur
Schnelldenkerin am Werk ist, die neben einem bäurischen           Sprache. Als ehemalige Lehrerin und studierte Erziehungs­
auch einen akademischen Hintergrund vorzuweisen hat.              wissenschaftlerin weiss Patti Basler mit ihrem sexy autoritären
Eine Frau jedenfalls mit viel Brain. Und: Eiern. Diese braucht    Stil auch, wie der Stoff an Zöglinge zu bringen ist. Lingu-
sie gelegentlich, wenn sie sich auf SVP-Parteigrössen an          istische Nacherziehung durch das Deklinieren dialektaler
der Albisgüetli-­Tagung einlässt, und sogar einen Spruch          Variationen des Schweizerdeutschen gehört ebenso zum
hinkriegt, wenn alles verloren scheint, oder auch wenn sie        Programm wie der Cervelat, AC/DC und Mutter Erde: Letztere
aus dem Geschwätz der «Arena» noch einen amüsanten                sagt dem Menschen – in einer poetischen Auseinanderset-
Abschluss kreiert.                                                zung Baslers mit der Zerstörung unseres Planeten: «Während
    Patti Basler ist gegenwärtig auf vielen Bühnen daheim,        ich blute, sammelst du Zaster.»
ihre Agenda zum Bersten voll, darum heisst es auf ihrer Web­           Beim «Nachsitzen» kommt es auch zu Aufklärung für
site auch: «Bis am 20. August 2019 ausgebucht.» Alle wollen       alle tief im heteronormen Lebensstil verankerten Mitmen-
ein Stück vom Kirschenkuchen der gebürtigen Fricktalerin.         schen bezüglich sexueller und identitärer Vielfalt. Basler:
Richtig so. Sie hat sich ihre Position erarbeitet und ist ver­    «Viele verstehen oft rein terminologisch, um was es bei
diente Trägerin des Salzburger Stiers 2019. Die Spoken-­Word-     LGBTIQ geht, oder was eigentlich nonbinär bedeutet.» Dem
Poetin kann moderieren, kabarettistische Protokolle und           verleiht sie mit dem Protagonisten Urs ein Gesicht, der
Kolumnen schreiben und abendfüllend unterhalten. Sie kann         seine Unsicherheiten aussprechen darf. «Urs macht, wie
TV, Bühne und Papier.                                             das so vorkommt in Bildungsromanen oder Kabarettpro-
    Bald steht die Wahlbadenerin auf ihrer heimischen Bühne       grammen, eine Entwicklung durch», erzählt Basler. «Er ist
im Thik. Die Premiere ihres zweiten Programms steht an:           nachgesessen, und er hat was gelernt.» Wer also ebenfalls
«Nachsitzen. Aus Gründen» knüpft am erfolgreichen Vorgän-         Lernfortschritte machen möchte, soll, so die Comedienne,
ger «Frontalunterricht» an. Das bewährte Bühnen-Duo Patti         das Programm schauen kommen. Von Corinne Rufli
Basler und Philippe Kuhn, Musiker mit komödiantischem Flair,
kriegt also seine Forstsetzung. Der schulische Touch steht
diesmal jedoch im Hintergrund. Das Nachsitzen – bekannt           BADEN Thik
als Strafe – bekommt eine neue Bedeutung, ja ein Upgrade.         Fr, 1. März, 20.15 Uhr: Premiere
Patti Basler erklärte das spätabends nach dem Try-out im Fe-      Sa, 2. März, 20.15 Uhr; So, 3. März, 17 Uhr;
bruar folgendermassen: «Das ganze Leben ist ein Nachsitzen,       Di, 5. März, 20.15 Uhr
wir müssen das ausbügeln, was bei uns genetisch noch in der

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Vorschau                         März 19   Aargauer Kulturmagazin

            Karge Küsse
            LITERATUR Simone Meier, die Frau mit dem
            Talent für das Exzessive, diskutiert bei
            «Wortschatz – Textessenz» über Bücher.

            Sie hat einen Hang zur Obsession. Sie liebt das Vulgäre. Und
            sie feiert die Biederkeit. Autorin und Journalistin Simone
            Meier schreibt ausschweifende Texte, die einen gleichzeitig
            anziehen und abtörnen. Nun ist ihr zweiter Roman «Kuss»
            erschienen, in dem ein Heteropaar prüde lebt und flirrend
            träumt. Von «schmutzigen» Fantasien verfolgt, steigern
            sich die beiden in ein Dilemma aus Sein und Schein hinein,
            aus dem sie sich kaum mehr befreien können. Doch die
            Hoffnung auf wilde Sexszenen – wie sie in Meiers letztem
            Roman «Fleisch» (in allen Kombinationen) anzutreffen wa-
            ren – wird in «Kuss» etwas enttäuscht.
                Simone Meier ist nun Gast bei «Wortschatz» in der be-
            liebten Reihe «Endlich Mittwoch» in der Stanzerei. Da dreht
            sich zwar auch alles um Sprache und Geschichten, aber es
            geht nicht um das Selbstgeschriebene: Die Protagonist*in-
            nen stellen Literatur vor, die sie geprägt hat. Mit Meier bilden
            Schauspielerin Suly Röthlisberger (u. a. in «Der Bestatter»)
            und Autor und Wortakrobat Beat Gloor ein Literaturgrüppli,
            in dem über Lieblingsbücher philo­sophiert wird. Moderiert
            wird der illustre Zirkel von Bettina Spoerri, Leiterin des Lite-
            raturhauses Lenzburg. Von Corinne Rufli

            BADEN Stanzerei
            Mi, 20. März, 20.15 Uhr
                                                                                  Simone Meier ganz brav. Foto: André Wunstorf

            Das Gurren der irischen Tauben
            SOUNDS Saftig grüne Wiesen und Weiden, urige Pubs und be­                  tionsquelle für die Musik von Pigeons on the Gate. Nun hat die
            eindruckende Steilküsten – die Natur und Kultur Irlands fasziniert.        Winterthurer Band um das Frontpaar Lajescha und Roger O’Dubler
            So diente eine Reise entlang der Westküste der Insel als Inspira­          mit «Chasing Suns» ihr drittes Studioalbum veröffentlicht. Zwar
                                                                                                           ist der Sound noch immer tief im Irish Folk
                                                                                                           verwurzelt, wenngleich das Ganze an vielen
                                                                                                           Stellen überaus poppig und etwas gar glatt
                                                                                                           daherkommt; gerade die Leadvocals von
                                                                                                           Lajescha und Roger tragen hier ihren Teil dazu
                                                                                                           bei. Nichtsdestoweniger versprühen Pigeons
                                                                                                           on the Gate eine gute Portion Lebens­freude –
                                                                                                           dank dem intelligenten Einsatz von Akkordeon,
                                                                                                           Tin Whistle und Mandoline lassen sie den Geist
                                                                                                           der grünen Insel auf authentische Art und
                                                                                                           Weise aufleben. Hymnische Wohlfühlmusik mit
                                                                                                           Hitpotenzial. phn

                                                                                                           SCHÖFTLAND Härdöpfuchäuer
                                                                                                           Sa, 2. März, 20.15 Uhr

Folkpop zwischen Irland und Winterthur: Pigeons on the Gate. Foto: Nicolas Brun
März 19   Aargauer Kulturmagazin                   Vorschau

           «Wir sind nicht                                                  «Öko-Jesus» Yanna Rüger über Tschernobyl und die Stellung
                                                                            des Menschen in der Natur. Foto: Philipp Klemm

           an der Spitze
           der Schöpfung»
           BÜHNE Das Theaterstück «Chronik der Zukunft»
           thematisiert das Atomreaktorunglück in
           Tscherno­byl und wirft dabei Fragen zur Stellung
           des Men­schen in der Natur auf.

           Alleine sitzt sie auf der Bühne und feiert ihren Geburtstag.
           Denn ein dunkler Schatten verhängt diesen Tag: Am 26. April
           1986 explodierte in Tschernobyl der Reaktor eines Kern-
           kraftwerks – 2000 Kilometer entfernt wird Yanna Rüger ge-
           boren. Die Nuklearkatastrophe hat die Welt und das Leben
           der Performerin geprägt; Rügers persönliche Geschichte
           ist mit der universellen Katastrophe verstrickt. Darauf baut
           das Stück «Chronik der Zukunft» von Yanna Rüger und ihrer      nen haben. «Es findet eine Bewusstwerdung der eigenen
           Theatertruppe Infinite Cooperation auf.                        Position im Gefüge statt: Wir befinden uns eben nicht aus-
               In sieben Kapiteln lässt die Schauspielerin Menschen zu    serhalb oder an der Spitze der Schöpfung, sondern mitten-
           Wort kommen, deren Leben vom Unglück in Tschernobyl            drin, verwoben mit allem», so Rüger. Diese Geschichten will
           geprägt wurde – Grundlage für das Theaterstück bildet das      das Stück «Chronik der Zukunft» weitertragen.
           gleichnamige Buch von Swetlana Alexijewitsch von 1997.             Auf der Bühne übernimmt Yanna Rüger die Verantwor-
           Dafür hat die weissrussische Schriftstellerin und Literatur-   tung, stellvertretend für die Menschheit. «Ich bin sozusagen
           nobelpreisträgerin Hunderte von Interviews mit Betroffenen     eine Art ‹Öko-Jesus›. Ich nehme die Schuld auf mich», sagt
           geführt, um den Einfluss der Katastrophe auf deren Leben       Rüger. Unterstützt wird die Schauspielerin dabei von einem
           aufzuzeigen. So kommt unter anderem ein Liquidator zu          Puppen-Double, gespielt von Marius Kob. Die Figur tritt direkt
           Wort, der von den Aufräumarbeiten erzählt, ein Jäger muss      und per Livevideo auf. Dabei bebildert der Film die Erzäh-
           zurückgelassene Haustiere erschiessen, und eine Rentnerin      lungen aber nicht, sondern erzählt eine eigene Geschichte.
           kämpft mit alten Kriegserlebnissen.                            Musikalisch untermalt wird die Produktion von Thomas Jeker,
               Die Produktion soll die Zuschauer*innen zum Nachden-       der das Stück auf seinem elektronischen Banjo mit einer
           ken anregen: «Wir machen nicht wirklich ein Stück über         melancholischen Tonspur begleitet. Von Barbara Scherer
           Tschernobyl, sondern eins über die Stellung des Menschen
           in der Natur», sagt Yanna Rüger. Viele Leute würden sich
           nicht mehr als Teil des Ganzen wahrnehmen. Auf der Bühne       AARAU Tuchlaube
           kommen nun Personen zu Wort, die durch die Ereignisse um       Mi, 13. März, 20.15 Uhr (mit Podiums­diskussion)
           Tschernobyl einen völlig neuen Blick auf die Natur gewon-      Fr/Sa, 15./16. März, 20.15 Uhr

                                                 Besungene Liebe
                                                 LITERATUR Kommt zuerst die Melodie, oder doch der Text? Der Brugger Schriftsteller Urs Augst-
                                                 burger hat für die aktuelle Single der Mundartsängerin Sina «Ich süächu dich» den Text geschrie-
                                                 ben. Entstanden ist ein Duett, das Sina mit dem Badener Sänger und Pianist Hendrix Ackle performt.
                                                 Im Lied geht es um die vollkommene Liebe, von feinen akustischen Tönen untermalt, die Adrian
                                                 Stern beigetragen hat. Dieser hat auch das dazugehörige Album «Emma» produziert, das im Februar
                                                 erschienen ist. Augstburger und Sina werden im Literaturhaus in Lenzburg über die Kunst des
                                                 Songwritings und den Zusammenhang von Musik und Geschichte philosophieren: «Wie bringt man
                                                 Buchstaben das Singen bei?» gro

                                                 LENZBURG Literaturhaus
                                                 Di, 19. März, 19.15 Uhr
Sina in inniger Umarmung mit Hendrix Ackle
im schmachtend romantischen Musikvideo.
Foto: Videostill «Ich süächu dich»
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Vorschau                        März 19   Aargauer Kulturmagazin

           Gier als Organ
           KUNST Wir sind leidenschaftlich gierig, und «Cupiditas» schlummert in allen von uns. «Cupiditas»?
           Die Künstlerin Nina Staehli geht der Ursache von Gier auf den Grund und zeigt die Resultate ihrer
           Forschung im Kunsthaus Zofingen.

           Die Künstlerin bietet mir lachend einen Kaffee per Skype an.              haben.» Die Kunstschaffende spricht hier über eine Ent-
           Nina Staehli ist in Berlin, wo sie auch arbeitet. Kaffee trinkt           wicklung der Gesellschaft, deren Geschwindigkeit durch die
           sie aber gerade in ihrer Wohnung, denn im Atelier hat sie                 Fortschritte der Kommunikationsmittel angekurbelt wird.
           kein gutes Netz. Findet sie auch gut so. «Manchmal muss                        Das Jahresprogramm vom Kunsthaus Zofingen dreht
           ich mich abschotten», sagt Staehli. «Wir sind süchtig gewor-              sich um das ungleiche Geschwisterpaar «Gier und Leiden-
           den nach Informationen, und Unwissenheit lässt uns nicht in               schaft» und zeigt als Auftakt die Einzelausstellung «Battle-
           Ruhe. Hier in Europa haben wir Zugriff auf eine unendliche                fields of Cupiditas», in der Nina Staehli ihre Forschung zum
           Fülle an Informationen, die wir masslos für uns beanspru-                 Gier-­Organ präsentiert. Vielleicht haben Sie noch nie von
           chen. Wir bekommen mehr und wollen immer noch mehr                        diesem Organ gehört, aber es sicherlich gespürt. Die Re-
                                                                                                   cherche der Zuger Kunstschaffenden begann
Die Künstlerin Nina Staehli vor einer Malerei aus ihrem Werkzyklus «Glory Land». zvg               damit, dass sie verschiedene Menschen nach
                                                                                                   dem Gier-­Organ im Körper gefragt hat. Welche
                                                                                                   Farbe und welche Form hat es? Laut Staehli
                                                                                                   ist es länglich und hat röhrenförmigen Ausstül-
                                                                                                   pungen, die an einen Mäuseschwanz erinnern.
                                                                                                   Die Künstlerin nennt das Organ «Cupiditas»,
                                                                                                   was mehr Spielraum bietet als das plakative
                                                                                                   Wort «Gier».
                                                                                                        «Cupiditas» kann mit Verlangen, Begier-
                                                                                                   de und Lust, aber auch mit Habsucht oder
                                                                                                   Geldgier in Verbindung gebracht werden. Alles
                                                                                                   Sinnessüchte, die mit der Überlebensstrategie
                                                                                                   des Körpers zusammenhängen. Alles Dinge, die
                                                                                                   den Menschen antreiben und oft mit gros-
                                                                                                   sen Gefühlen, wie dem Verlangen nach dem
                                                                                                   Geliebtwerden, verbunden sind. In «Battlefields
                                                                                                   of Cupiditas» geht die Künstlerin von der
                                                                                                   fiktiven Behauptung dieses Organs aus und
                                                                                                   erklärt es mit medizinischem Fachjargon. Die
                                                                                                   verschiedenen Auswüchse von Gier bezeichnet
                                                                                                   sie fachgerecht als Involution, Atrophie und
                                                                                                   Hypertrophie. Beim Begriff «Vomitus» würden
                                                                                                   aber einige stutzig werden und sich fragen, was
                                                                                                   dieses Wort hier zu suchen hat. Will die Künst-
                                                                                                   lerin damit eine Referenz zu den alten Römern
                                                                                                   aufzeigen, die sich in Ess-Orgien masslos über-
                                                                                                   fressen haben und auch nach dem Erbrechen
                                                                                                   noch immer mehr wollten?
                                                                                                        In der Ausstellung bekommen die Betrach-
                                                                                                   ter*innen Einblick in das künstlerische For-
                                                                                                   schungslabor und können sich in der narrativen
                                                                                                   Gesamtinstallation Nina Staehlis Resultate in
                                                                                                   Form von Skulpturen, pneumatischen Objekten,
                                                                                                   Malerei, Video, Performance und Texten selbst
                                                                                                   vom eigenen «Cupiditas»-Organ überzeugen
                                                                                                   lassen. Von Gianna Rovere

                                                                                              ZOFINGEN Kunsthaus
                                                                                              Vernissage: Sa, 2. März, 17 Uhr
                                                                                              Bis 16. Juni

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März 19   Aargauer Kulturmagazin                      Vorschau

            Das Lehrgeld bezahlt
            SOUNDS «Payin’ the Dues» nennt man im Jazz                           Der New Yorker Schlagzeuger Ziv Ravitz spielt in der obersten Jazzliga. zvg
            das, was in helvetischer Politik despektierlich
            «Ochsentour» heisst: Man fängt klein und
            bescheiden an, lernt dazu, macht Erfahrungen,
            bringt sich in unterschiedlichsten Kontexten
            ein, erweitert sein Netzwerk, macht sich unent-
            behrlich, um schliesslich an den Schaltstellen
            der Macht zu landen. Nun, Schaltstellen der
            Macht gibt es im Jazz wenige, wie überhaupt
            Jazz eine demokratische Kunst ist. Aber dort,
            wo der Schlagzeuger Ziv Ravitz heute steht,
            kann er zumindest in der obersten Liga mittun
            und so musikalisch einiges bewegen.
                Ziv Ravitz ist 43-jährig, geboren wurde er in
            Israel, und wie viele seiner jazzenden Landsleu-
            te ist er in Brooklyn, NY, gelandet. Sein Spiel auf
            Trommeln und Becken, das er damals in den
            Clubs Tel Avivs erstmals gezeigt hat, ist heute
            bei den angesagten Musiker*innen im Big
            Apple gefragt.
                Der grosse alte Mann des Saxofons Lee
            Konitz (*1927) war Ravitz’ erster Förderer;
            mit gleichaltrigen Kollegen, meistens ebenfalls
            aus Israel stammend, etablierte er sich in der
            Szene – als Schlagzeuger für die Pianisten
            Yaron Herman und Shai Maestro, den Trompeter Avishai           musikalische Sicht der Dinge, das Kondensat seiner Lehr-
            Cohen, auch den Zürcher Saxofonisten Christoph Irniger.        und Wanderjahre. Von Beat Blaser
                Heute, mit 25 Jahren Berufserfahrung, fühlt sich Ziv
            Ravitz reif für sein eigenes Ding. Mit dem Keyboarder und
            Saxofonisten Will Vinson und dem Gitarristen Nir Felder        MURI Pflegidach
            präsentiert er unter der Affiche «No Man Is an Island» seine   So, 24. März, 20.30 Uhr

            Jammen ohne Grenzen
            SOUNDS Die Jazzszene ist noch immer von Männern domi-          British Council mit dem Ziel, junge Künstlerinnen aus Afrika
            niert – daran will die Formation Banou Azania etwas ändern.    und Grossbritannien zusammenzubringen und ihnen eine
            Entstanden ist das musikalische Projekt auf Initiative des     Platt­form zu bieten, auf der sie ihre Geschichten erzählen
                                                                           können. Im September des ver­gang­enen Jahres trafen die
                                                                           sechs Musikerinnen aus Malawi, Sambia, Kenia, Südafrika
                                                                           und Grossbritannien erstmals aufeinander. Eine Woche lang
                                                                           wurde intensiv gejammt und experimentiert – entstanden
                                                                           ist eine unverwechselbare Mischung aus panafrikanischer
                                                                           Musik und traditio­nellem Jazz. Der Kopf hinter dem Projekt
                                                                           ist die südafrikanische Posaunistin, Songwriterin und Musik-
                                                                           produzentin Siya Makuzeni. Mit Banou Azania will sie nicht
                                                                           nur Frauen für die Musik begeistern, sondern deren Sicht-
                                                                           barkeit in den Künsten im Allgemeinen erhöhen. phn

                                                                           BRUGG Dampfschiff
                                                                           Fr, 1. März, 21 Uhr
Banou Azania: Die afrikanisch-britische Formation
fördert Frauen in der Musik. zvg

                                                                                                                                            15
Vorschau                        März 19   Aargauer Kulturmagazin

                                                                                                                      Lügt der Journalismus? Tom Kummer zu Gast
                                                                                                                      im Stapferhaus. Illustration: Stapferhaus

             Die Ware Wirklichkeit
             AUSSTELLUNG Zwei neue Veranstaltungsreihen                         Die zweite Reihe «Expedition Wahrheit» führt hinaus in
             beschäftigen sich mit Wahrheit und Lüge                            die ganze Schweiz. Besucht werden Schauplätze rund um
             im Rahmen von «Fake». Journalist und ver­                          Wahrheit und Lüge. Im März geht es vor Gericht – an eine
             meintlicher Hochstapler Tom Kummer ist                             Strafverhandlung des Obergerichts. Gerichte bringen ja
             einer der Gäste.                                                   vermeintlich die Wahrheit ans Licht. Aber welche Wahrheit
                                                                                eigentlich? Die des Klägers, der Anwältin, des Richters – oder
             «Die Faktentreue wird heute eh angezweifelt, was in Ord-           eine «höhere» Wahrheit? Haben vor Gericht alle die gleiche
             nung ist, denn es liegt in der Natur der Menschheit, Wirklich-     Chance auf Wahrheit? Von Corinne Rufli
             keit unwahr zu vermitteln», sagte Tom Kummer kürzlich in
             einem Interview. Er ist der Mann, der in den 90er-Jahren zu-
             erst durch seine Interviews mit Mike Tyson, Pamela Ander-          LENZBURG Stapferhaus
             son oder Bruce Willis berühmt wurde und danach den tiefen          «Stunde der Wahrheit» mit Tom Kummer
             Fall erlebte, als ihm nachgewiesen wurde, dass diese Artikel       So, 17. März, 11.15 Uhr
             erfunden waren. In der öffentlichen Wahrnehmung galt er
             als Hochstapler und Fälscher – ähnlich wie aktuell Relotius.       AARAU Obergericht
             Für Kummer ist es aber der Journalismus an sich, der lügt,         «Expedition Wahrheit»: Besuch am Gericht
             weil er so tut, als vermittle er die Wirklichkeit. Darüber wird    Mi, 6. März, 7.30 Uhr bis ca. 12.30 Uhr
             er in der neuen Veranstaltungs­reihe die «Stunde der Wahr-         Anmeldung erforderlich:
             heit» im Rahmen der Ausstellung «Fake» im Stapferhaus              www.stapferhaus.ch
             sprechen.

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                                                                                                                     Christina Viragh liest aus
                                                                                 Literatur-Apéro                     «Eine dieser Nächte»
                                                                                 Sonntag, 24. März
                                                                                 11.00 Uhr

                                                                                                        Aula
                                                                                                        Pestalozzischulhaus
                                                                                                        Bahnhofstrasse 46
                                                                                                        Aarau
    Fabrikpalast.
                                                                                 Vorverkauf:
    Das Theater mit dem etwas anderen Blick.                                     Buchhandlung Kronengasse, Aarau
                                                                                 062 824 18 44, www.kronengasse.ch

    fabrikpalast.ch | Haus für innovatives Figurentheater Aarau                 www.literarischeaarau.ch
März 19   Aargauer Kulturmagazin                    Vorschau

           Verspielte                                                                          Justine Macadoux ist Meisterin des sonnengelben
                                                                                               Materials. Foto: Benoit Schupp

           Material­forschung
           BÜHNE Ein Eimer flüssiges Wachs. Mehr braucht es nicht, um die Fas­
           zination von Kindern zu gewinnen. Die Darstellerin Justine Macadoux
           ist Meisterin des Materials und experimentiert rund um eine Geschichte
           mit den fliessenden, cremigen und zähen Eigenschaften von Wachs. Im
           Wechsel der Aggregatzustände scheint der Körper der Darstellerin mit
           ihm zu verschmelzen. Das Stück «Wax» wird im Rahmen des Prima-Fes-
           tivals gezeigt. Prima findet unter dem Motto «Kunst kennt kein Alter» in
           sechs verschiedenen Theaterhäusern in der Schweiz und Liechtenstein
           statt. Seit 2014 ermöglicht der Verein Prima qualitative Bühnenkunst für
           die Kleinsten in der Gesellschaft. Mit dem TJP Centre Dramatique National
           aus Strassburg und ihrem Stück «Wax» kommt eine der führenden Pro-
           duktionsstätten für zeitgenössisches Figurentheater nach Aarau.
           Ab 3 Jahren. gro

           AARAU Fabrikpalast
           Sa, 9. März, 15 Uhr; So, 10. März, 11 Uhr

           Yeeeehaaw!
                                                                               die Reise durch den Wilden Westen. Die Aargauer Cowboys
                                                                               konnten sich mit ihrem ersten Album «S’ Glückshufise»
                                                                               einen festen Platz in den Schweizer Kinderzimmern erspie-
           SOUNDS Zusammen mit seinem treuen Begleiter, dem Pony               len. Auf der neuen Platte mit Namen «Hilfssheriff Tom bi de
           Häxeschuss, macht sich Hilfssheriff Tom ein weiteres Mal auf        Indianer» machen die Zuhörer*innen nun ein weiteres
                                                                               Mal Bekanntschaft mit dem gewitzten Banditen Babyface
            Hilfssheriff Tom bi de Indianer. zvg                               Hugo oder dem Totengräber Charly. Doch auch neue Figuren
                                                                               wie Manitu oder Häuptling Roter Pfeffer (mit einer verblüffen-
                                                                               den Affinität zum Fussball) gibt es in den Countryliedern zu
                                                                               entdecken. Dabei wurde das erfolgreiche Konzept
                                                                               des kurzweiligen musikalischen Hörspiels zwi-
                                                                               schen kindlicher Verspieltheit und erwachse-
                                                                               nem Schalk beibehalten. phn

                                                                               AARAU Kiff, So, 3. März, 15.30 Uhr:
                                                                               Plattentaufe
                                                                               REINACH Tab, So, 24. März, 16 Uhr

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                                       DAVID ORLOWSKY                                                                            Donnerstag, 28. März 2019
                                                                                                                                       Stahlrain 2 in Brugg
                                              Klarinette                                                                                  12.00 Uhr Buffet
                                                                                                                                 12.30 – 13.15 Uhr Konzert
                               Kabbala, Kultus, Klezmer                                                                 Jazz        mittagsmusik-gleis1.ch
                                          wahlweise mit Tavolata Musicale
                                       von Kulturbeiz Chappelehof Wohlen       STING OPERATION + DEVI REITH
                                               Alte Kirche Boswil
                                                                               DEVI REITH (VOC), MATTHIAS SIEGRIST (GIT), PETER LEUZINGER (BASS), PETER
                                                                               PREIBISCH (DRM), FELIX STRAUMANN (SAX)

                                               27. April 2019 19h              Das legendäre Woodstock-Festival von 1969 gilt als Urknall der Rock- und
                                                                               Festivalkultur. 50 Jahre später wagt die Schweizer Jazzformation «Sting
                                                      Konzertticket Fr. 50.-   Operation» zusammen mit der niederländischen Sängerin Devi Reith einen
                                                  Tavolata Musicale Fr. 65.-   völlig neuen Blick auf das ungewöhnliche Ereignis – mit überraschenden,
                                                  Tickets&Infos: chaarts.ch    im Jazz geerdeten Interpretationen von Songs, die am Openair aufgeführt
                                      Tel. freitags 9-12 Uhr: 078 637 21 44    wurden.
Vorschau                     März 19   Aargauer Kulturmagazin

Bewegte Bilder                        Frauen an den Bass                     «Wohin, Flüchtling?»                   1. Liechtensteiner Jazzfestival
Die Oscars waren gestern: Die         Ester Poly, Weird Beard, Aul: Dies     In den letzten Jahren waren auf        Die Tangente und das TAK Thea­
Albert Koechlin Stiftung vergibt in   sind nur einige der Bands, bei de-     der Beiruter Flarniermeile Corniche    ter Liechtenstein richten 2019
diesem Jahr die Innerschweizer        nen die Bündner Musikerin Martina      diese Worte omnipräsent: «Gibst        gemeinsam das 1. Liechtensteiner
Filmpreise an mehrere Zentral-        Berther mitwirkt. Die experimen-       du mir Geld? Ich bin aus Aleppo».      Jazzfestival aus. Ziel des Festivals
schweizer Filmemacher*innen.          tierfreudige Bassistin bewegt sich     Aleppo – Mantra des Schreckens.        ist, Liechtensteiner Jazzkünst-
In diesem Rahmen finden während       mühelos zwischen Pop, Jazz und         Die Stadt ist seit kurzem wieder       ler*innen zusammenzubringen
zweier Tage öffentliche Diskus­       Noise. Von Bee-­flat im Progr erhält   erreichbar, doch nun besteht die       und ihrem weitgefächerten
sionsrunden und Vorträge statt;       sie für drei Kon­zerte eine Carte      Gefahr des Vergessens. Das Kino        Schaf­fen eine Plattform zu bieten.
und es werden alle prämierten         Blanche. Am ersten Anlass der Rei-     Nische erinnert mit der Filmreihe      Das Publikum kann so an diesem
Filme gezeigt. Zudem gibts ein        he formiert sie sich zusammen mit      «Wohin, Flüchtling?» einen Monat       Wochenende in die vielfältige Jazz-
Podium zur Frage «Wozu Film­          den Musikerinnen Vera Kappeler         lang die grösste Flüchtlingskrise      szene Liechtensteins eintauchen
kritik?», präsentiert vom «041».      und Camille Emaille und dem Musi-      seit dem Zweiten Weltkrieg.            und geballte Festivalatmosphäre
                                      ker Hans Koch zum Miniorchester.                                              erleben.
LUZERN Bourbaki                                                              WINTERTHUR Kino Nische
Filmpreis: Sa/So, 9./10. März         BERN Turnhalle im Progr                10./17./24./31. März                   ESCHEN/SCHAAN
Podium «Wozu Filmkritik?»:            Mi, 27. März, 20.30 Uhr, Reihe         www.kinonische.ch                      Sa/So, 23./24. März
Sa, 9. März, 12.30 Uhr                bis 12. Mai, www.bee-flat.ch                                                  www.tak.li, www.tangente.li

Problematik des Sammelns              Lily Horn Is Born                      Primavera-Festival                     Laut, Luise, Lechts und Rinks
Museen sind gefordert: Was früher     Zwischen 2000 und 2007 spielten        Ziellos durch die Nacht stolpern,      Das St. Galler Literaturfestival
für eine Sammlung unverzichtbar       die vier Saxofonistinnen Konzer-       und überall spielt die Musik: Das      Wortlaut findet zum 11. Mal statt.
schien – etwa eine Schädelsamm-       te in der Schweiz, in Europa und       Zuger Primavera-Festival dauert        Während vier Tagen werden
lung –, gilt heute als problema-      in Japan. Diese mit viel Herzblut      zwar nur einen Abend, aber packt       Geschichten wieder zu lauten,
tisch. Gegenstände wurden ihrem       unterlegte Kontinuität beflügelte      Konzerte für einen ganzen Frühling     klingenden Worten: Da lassen
Kontext entnommen, Objekte aus        das Quartett zu charmanten und         aus. In 15 Bars und Restaurants in     Comic-Autorin­nen ihre Zeichnun­
kostbaren Materialien wie Elfenbein   witzigen Improvisationen inner-        der Zuger Altstadt spielen Bands       gen zu Wort kom­men, es reden
lösten Begehrlichkeiten aus. Die      halb ihrer Eigenkompositionen          aus Zug (im Bild: der Künstler         und singen Kabarettisten, Spoken-
Ausstellung «Wissensdrang trifft      und Arrangements. Und dann war         Etienne Merula), der Schweiz und       Word-Poe­ten performen die
Sammelwut» geht den Motiven           plötzlich Schluss. Zehn Jahre später   Übersee jeweils den ganzen Abend       Sprache und Autorinnen – wie
der Sammelwut nach und stellt         treffen sie sich spontan zum Pro-      lang. Also eintauchen und mitfeiern,   Anna Stern (Bild) – lesen aus ihren
Fragen zum Umgang mit sensiblen       ben, und Lily is re-born again.                es ist Frühling!               aktuellen Werken. Ein Fest, das zu
Objekten.                                                                                                           literarischen Entdeckungen und
                                      OLTEN Vario Bar                                     ZUG Altstadt              Grenzüberschreitungen einlädt.
BASEL Museum der Kulturen             17. März, 20 Uhr                                     Fr, 29. März, ab
Do, 21. März, 18.30: Vernissage                                                            17 Uhr                   ST. GALLEN Diverse Orte
www.mkb.ch, Bis 26. Mai                                                                                             28. bis 31. März, www.wortlaut.ch

             18
März 19   Aargauer Kulturmagazin                    Vorschau

Die Kraft der Fantasie
«Supa Modo» von Likarion Wainaina, Kenia

Vom Europäischen Kinderfilmverband als bester Kinderfilm
des Jahres ausgezeichnet, erzählt er von der neunjährigen
Jo, die Actionfilme liebt. In ihrer Fantasie vergisst das Mäd-
chen völlig, dass es unheilbar krank ist. Irgendwann kann
Jos Schwester nicht mehr mitansehen, wie das lebensfrohe
Kind die kostbare Zeit, die ihm noch bleibt, einfach im Bett
          verbringt. Sie ermutigt Jo, an ihre magischen Kräfte
              zu glauben. Der junge kenia­ni­sche Filmemacher
                 erzählt von der Kraft der Fantasie und von
                  einem ungewöhnlichen Weg des Abschied-
                  nehmens. Ein unterhaltsamer Film, der Er-
                  wachsene und Kinder gleichermassen in den
                  Bann zieht und berührt. Ab ca. 8 Jahren

         AB 28. FEBRUAR im Kino

                                                                   Das Leben, eine Soap
                                                                   «Tel Aviv on Fire» von Sameh Zoabi, Palästina/Israel

                                                                   «Ich denke, dass die Form der Komödie es ermöglicht, sehr
                                                                   ernste Angelegenheiten auf subtile Weise zu diskutieren»,
                                                                   sagt Sameh Zoabi in einem Interview, und tatsächlich gelingt
                                                                   es dem Palästinenser, mit Witz und Einfallsreichtum Fiktion
                                                                   und Realität geschickt ineinander zu verweben. Salam hat ein
                                                                   Praktikum bei der erfolgreichen TV-Soap «Tel Aviv on Fire»
                                                                   angetreten. Um das Studio zu erreichen, muss er täglich den
                                                                   Checkpoint zwischen seinem Wohnort Jerusalem und Ramal-
                                                                   lah passieren. Dort trifft er auf Assi, den israelischen Chef des

Der Tanz des Lebens
                                                                   Grenzübergangs, der nicht schlecht staunt, einem Macher
                                                                   der Lieblingsserie seiner Frau gegenüberzustehen. Um seiner
                                                                   Liebsten zu imponieren, übt er zunehmend Druck auf Salam
«Yuli» von Icíar Bollaín, Spanien/Kuba                             aus, die Serie nach seinen Vorlieben zu gestalten. «Tel Aviv
                                                                   on Fire» ist geprägt von herrlichen Dialogen und feinem Hu-
Carlos Acostas internationale Karriere begann 1990 mit einer       mor – und macht garantiert Lust auf Hummus!
Goldmedaille beim Prix de Lausanne, einem Auftritt, der in
der bescheidenen Stube in Havanna nur mit Unterbrüchen
über die alte Kiste flimmert und seinen ehrgeizigen Vater          AB 7. MÄRZ im Kino
mit Stolz erfüllt. In der Autobiografie «Kein Weg zurück»
beschrieb Carlos Acosta seinen sensationellen Aufstieg zum
gefeierten Ballettstar und den Preis, den er dafür bezahlen
musste. Filmisch breitet Icíar Bollaín das Drama um Yuli –
wie ihn sein Vater nach einem afrikanischen Kriegsgott
nannte – auf drei Ebenen aus: Yuli heute als er selbst, Yuli als
Kind und Jugendlicher in inszenierten Rückblenden – und,
zum besonderen Genuss, Yuli tanzend und beim Umsetzen
seiner Choreografie des Lebens.

AB 14. MÄRZ im Kino
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