OForum - Pro Bahn Schweiz

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                                                               www.pro-bahn.ch

         Pro Bahn Schweiz • Pro Rail Suisse • Pro Bahn Svizzera
         Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs
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                                                                                                  Designskizze: SBB

                                  Quantensprung in Zürich
                                           Im Juni wird der erste Teil der Durchmesserlinie eröffnet
                                            Grosses Aufatmen nach der Annahme der FABI-Vorlage

                                                           Schwerpunkt zur Durchmesserlinie Zürich ab Seite 3
                                                                                   Schwerpunkt 2/2011 InfoForum 1
OForum - Pro Bahn Schweiz
Editorial

                                                                                                         Inhalt

                                                                                                         Durchmesserlinie Zürich
                                                                                                         Neue Kapazitäten unter der Erde................. 3-4
                                                                                                         Der lange Weg zur Durchmesserlinie ........... 4-5
                                                                                                         ZVV-Verkehrsplaner Dominik Brühwiler zu
                                                                                                         den 4. Teilergänzungen der S-Bahn..................6
                                                                                                         Zürcher S-Bahn als Opfer ihres Erfolgs..............7
                                                                                                         Höchste Ansprüche an die Bahntechnik....... 8-9
                                                                                                         Wie es noch besser sein könnte............... 10-11
                       Kurt Schreiber
                                                                                                         Aktuell
                       Präsident                                                                         Das fabelhafte Ja zu FABI ...............................12
                       Pro Bahn Schweiz                                                                  Ein öV-Lobby-Trio im Welschland....................13
                                                                                                         Aufstieg und Fall des Depots Erstfeld..............14
                                                                                                         Uri plant Kantonalbahnhof in Altdorf..............15
                                                                                                         Südostbahn SOB im Gotthard-Fieber..............16
                                                                                                         Wenn Billettautomaten überfordert sind........17
      Langsam aber sicher
D     Entscheide in der Schweiz bräuchten sehr viel Zeit – so eine oft gehörte Feststellung, bei
      der auch leise Kritik über unser Staatssystem mitschwingt. Die Planung und Realisierung der
                                                                                                         Hoffnung für Ferrovia Mendrisio–Varese.........18
                                                                                                         Zum Wort des Jahres: Stellwerkstörung..........19
                                                                                                         Langes Warten auf neues SBB-Rollmaterial.....20
      Durchmesserlinie in Zürich haben zwar fast zwei Jahrzehnte in Anspruch genommen. Aber              Nicht alles ist golden am GoldenPass..............21
      ab dem 15. Juni wird diese Linie befahren und ein weiteres Kapitel zur Erfolgsgeschichte der
      Zürcher S-Bahn – und später auch zu derjenigen des Fernverkehrs – hinzugefügt.                     Pro Bahn intern
      Auch die nationale Erfolgsgeschichte des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz kann fortge-         Präsidentenkonferenz in Erstfeld ....................22
      schrieben werden: Dank einem kräftigen Ja zur Finanzierung und zum Ausbau der Bahn-                Umfrage zu Minibars in Zügen........................23
      infrastruktur (FABI) durch das Schweizer Volk. Zum einen gehört hier ein herzliches „Dan-
      keschön“ für das Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr hin. Zum andern bedeutet es aber              Frontbild: Der neue Bahnhof Löwenstrasse in
      auch die Verpflichtung, dass die Angebote so gestaltet werden, dass Bahn, Tram, Bus und            Zürich (Designskizze: SBB)
      Schiff nach wie vor freiwillig und gerne benützt werden. Hier sind alle gefordert – Pro Bahn
      Schweiz gehört auch dazu.

                                                                                                         Impressum
      Lentement mais sûrement
F
                                                                                                         InfoForum 1/2014, Versand: 13. März 2014

      En Suisse, le processus de prise de décision est lent. Ce constat et une critique sous-jascente    Herausgeber
                                                                                                         Pro Bahn Schweiz (PBS)
      du fonctionnement de nos institutions qui sont récurrents. Et pourtant, la planification           Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des
                                                                                                         öffentlichen Verkehrs
      et la réalisation de la ligne diammétrale Altstetten – Zurich gare centrale – Oerlikon             Postfach 2224, 8021 Zürich
                                                                                                         T 044 741 49 90, M 079 401 05 40
      (Durchmesserlinie), et bien qu’elle aura duré près de deux décennies, pourra être inaugurée        www.pro-bahn.ch, info@pro-bahn.ch
                                                                                                         Postkonto: 82-4920-4
      le 15 juin prochain et compléter ainsi l’histoire à succès de la S-Bahn (RER zurichois) et à
                                                                                                         Redaktion
      terme, celle de l’extension du réseau ferroviaire national.                                        Gerhard Lob (gl)
                                                                                                         cp 361, 6604 Locarno
      Le réseau national n’est pas en reste. Lui aussi a franchi un grand pas avec le «oui» massif       T 091 752 38 29
      du peuple au financement et aménagement de l’infrastructure ferroviaire (FAIF). Cela               cescato.lob@ticino.com
                                                                                                         Mitarbeit Pro Bahn
      signifie qu’il faut dire un «grand merci» pour cette reconnaissance à l’égard des transports       Jean-Pierre Baebi, Jens Bornand, Marcel Burlet, Edwin
      publics, mais cela suppose aussi que les offres devront être mises en oeuvres de telle sorte       Dutler, Kurt Schreiber, Andreas Theiler, Kaspar P. Woker.
                                                                                                         Gastbeiträge: Dominik Brühwiler (ZVV), Paul Schneeberger
      que les usagers continueront à emprunter les divers trains, trams, bus et bateaux avec             (NZZ)
      plaisir. Un défi qui s’adresse à tous – Pro Rail compris.                                          Bilder
                                                                                                         Pressedienste, Redaktion, soweit nicht anders erwähnt
                                                                                                         Korrektorat
                                                                                                         Stefan Schweizer
                                                                                                         Inserate und Druck
                                                                                                         Rub Media AG
      Chi va piano va sano e va lontano
 I
                                                                                                         Seftigenstrasse 310, 3084 Wabern
                                                                                                         Postfach 6364, 3001 Bern
      Si sente spesso dire che in Svizzera i processi decisionali richiedono molto tempo, constata-      T 031 380 14 95, F 031 380 14 91
      zione che lascia trapelare una lieve critica al nostro sistema politico. Per la pianificazione e   zeitschriftenverlag@rubmedia.ch
                                                                                                         Grafisches Konzept und Layout
      la realizzazione della linea di transito Altstetten – Zurigo HB – Oerlikon (Durchmesserlinie)      mbDesign Marco Bernet, Konzept und Gestaltung
      ci sono voluti quasi vent’anni ma a partire dal 15 giugno di quest’anno questa tratta sarà         Holderbachweg 24, 8046 Zürich
                                                                                                         T 044 362 76 77, M 079 472 35 62
      attiva scrivendo così un nuovo capitolo della storia di successo della S-Bahn di Zurigo e in       marco.bernet@bluewin.ch
      un secondo tempo anche per il traffico di lunga distanza.                                          Auflage
                                                                                                         2000 Exemplare, 4 x jährlich
      La storia di successo del trasporto pubblico in Svizzera può continuare, anche grazie alla ul-
                                                                                                         Mitgliedschaften
      tima votazione quando il popolo ha espresso un chiaro sì al finanziamento e all’ampliamen-         Europäischer Fahrgastverband, Europäischer Verband für
                                                                                                         die Entwicklung des Schienenverkehrs
      to dell’infrastruttura ferroviaria (FAIF). Desideriamo esprimere qui il nostro ringraziamento
                                                                                                         Nächste Ausgaben
      a tutti coloro che si sono apertamente dichiarati a sostegno dei trasporti pubblici sottoline-
                                                                                                         InfoForum 2/2014 13. Juni 2014
      ando la necessità di proseguire l’impegno a favore della realizzazione di offerte interessanti     Inserate- und Redaktionsschluss 21. Mai 2014
      che permettano alla popolazione di scegliere spontaneamente i mezzi pubblici rinunciando           InfoForum 3/2014 11. September 2014
                                                                                                         Inserate- und Redaktionsschluss 20. August 2014
      ai mezzi privati. È una sfida per tutti, anche per Pro Bahn Svizzera.

2 InfoForum 1/2014 Editorial
OForum - Pro Bahn Schweiz
Durchmesserlinie Zürich DMZ

Schneller von Ost nach West: Die Durchmesserlinie verläuft mitten durch die Metropole Zürich.                                                            Grafik: SBB

Neue Kapazitäten unter der Erde
Mitte Juni 2014 wird der erste Teil der neuen Durchmesserlinie in Zürich eröffnet. Herzstück ist der
unterirdische Bahnhof Löwenstrasse.

Gerhard Lob Gut 15 Jahre ist es her, seit die Idee              verkehren dann auch Fernverkehrszüge auf der       das Dienstleistungs- und Einkaufsangebot im
für den Durchgangsbahnhof Löwenstrasse un-                      Durchmesserlinie. „Dank häufigerer Verbindun-      Hauptbahnhof: In der Passage Gessnerallee und
terhalb des Hauptbahnhofs Zürich geboren                        gen und besserer Anschlüsse rückt die ganze        der Halle Löwenstrasse entstehen rund 2900
wurde. Nun ist es soweit: Am 15. Juni 2014                      Schweiz näher zusammen“, versprechen die           Quadratmeter neue Ladenflächen, gleichzeitig
wird dieser Bahnhof in Betrieb genommen,                        SBB in ihren Werbebroschüren zum Bahnhof           wird die gesamte ShopVille-RailCity Zürich mo-
zeitgleich mit der ersten Etappe der Zürcher                    Löwenstrasse. Profitieren wird vor allem die       dernisiert. Auch im Bahnhof Oerlikon erstellen
Durchmesserlinie (DML). Diese Linie verbindet                   Achse Genf–Bern–Zürich Flughafen–St. Gallen.       die SBB neue Geschäftsflächen.
die Bahnhöfe Zürich Altstetten, Hauptbahnhof                    Insgesamt misst die Durchmesserlinie 9,6 Kilo-     Mit der Durchmesserlinie werden somit neue
und Oerlikon.                                                   meter. Die Gesamtbauzeit wird rund acht Jahre      Transportkapazitäten in einer stark wachsen-
    Die ersten S-Bahn-Züge verkehren ab Juni                    betragen.                                          den Agglomeration geschaffen, da in einem
von Wiedikon über den Bahnhof Löwenstras-                                                                          Kopfbahnhof wie in der Perronhalle des Haupt-
se nach Oerlikon. Passagiere im Fernverkehr                     Gleise und Shops                                   bahnhofs deutlich weniger Züge pro Gleis und
müssen sich noch ein wenig gedulden. Erst im                    Das DML-Herzstück ist der neue viergleisige        pro Stunde verkehren können als in einem
Dezember 2015 steht die Eröffnung und Inbe-                     Bahnhof Löwenstrasse: 16 Meter unter der           Durchgangsbahnhof. Es geht aber auch da-
triebnahme des zweiten Teils der Durchmesser-                   Erde und unterhalb des Flusses Sihl – eine ar-     rum, Verkehr zu entflechten und eine höhere
linie von Altstetten bis zum Bahnhof Löwen-                     chitektonische Meisterleistung. Parallel zur Er-   Fahrplanstabilität zu schaffen. Denn Zürich ist
strasse an. Dank der neuen Brückenbauwerke                      öffnung der Durchmesserlinie erweitern die SBB     der wichtigste Bahnverkehrsknoten im Land.           >>>

                                                                                                               Durchmesserlinie Zürich DML 1/2014 InfoForum 3
OForum - Pro Bahn Schweiz
Szenarien zur
>>> „Wenn Zürich erkältet ist, hustet die ganze
                                                      Verkehrsbewältigung
     Schweiz“, pflegt SBB-Chef Andreas Meyer
     zu sagen. Die Auswirkungen der DML sollten
                                                      Ein langer und steiniger Weg führte vom „Schikanierbahnhof“ zur
     daher auch ausserhalb Zürichs positiv zu spü-    Durchmesserlinie.
     ren sein.
                                                      Kurt Schreiber1990 wurde die Zürcher S-Bahn                     Volksmund „Nebenwil“ oder „Schikanierbahn-
     Zürich, Genf, Tessin                             mit dem Bahnhof Museumsstrasse eröffnet,                        hof“ genannt) wurden von der Bevölkerung ak-
     Als es darum ging, der Durchmesserlinie in       was den Beginn einer Erfolgsgeschichte son-                     zeptiert. Die Häuser wären durch den Ausbau
     Bundesbern zum Durchbruch zu verhelfen,          dergleichen darstellte. Sehr bald aber stellte                  der Brücke noch näher ans Bahntrassee gekom-
     verbündete sich Zürich mit Genf und dem          sich heraus, dass die Hallengeleise im Zürcher                  men und je nach Stockwerk hätte sich genau
     Tessin. Gemeinsam und mit Erfolg trieben die     Hauptbahnhof nicht in der Lage waren, den                       eine Aussicht auf die Abortrohre der Bahnwa-
     drei Kantone ihre jeweiligen S-Bahn-Projekte     zusätzlichen Verkehr zu bewältigen. Ein Aus-                    gen geboten, was den Widerstand noch mehr
     voran – im Tessin die Ferrovia Mendrisio–Sta-    bau der Zufahrtslinie für die Züge aus Richtung                 verstärkt hat. Kam dazu, dass in einer weiteren
     bio–Varese (FMV), die auf italienischer Seite    Ostschweiz sollte Abhilfe schaffen, indem die                   Etappe möglicherweise ein weiterer Tunnel
     mittlerweile ins Stocken geraten ist, sowie in   Wipkingerbrücke auf vier Geleise ausgebaut                      durch den Käferberg notwendig geworden
     Genf die Bahnverbindung Cornavin–Eaux-Vi-        werden sollte, die sich dann bis zum Eingang                    wäre.
     ves–Annemasse (CEVA). Als sich abzeichne-        des Käferbergtunnels auf die bestehenden zwei
     te, dass die östliche Hälfte der Schweiz vom     Spuren reduziert hätten.                                        Nicht möglich …
     nächsten grossen Ausbauschritt der Bahn             Daneben galt es auch, die Hallengeleise zu                   Das war die Antwort auf alle Vorschläge, wel-
     wenig zu erwarten hat, schmiedete der Zür-       entlasten. Die Züge der S2 und S8 vom linken                    che dahingehend lauteten, die negativen Fol-
     cher Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker      Zürichseeufer nach Flughafen und Winterthur                     gen des Bahnhofs Sihlpost zu mildern. Auch im
     die Bahnallianz. Ihr gehören alle 15 Kantone     sowie diejenigen der S14 aus Uster – Düben-                     Zürcher Kantonsrat gab die Neukonzeption des
     der Zentral- und der Ostschweiz sowie der        dorf sollten nicht mehr in die Bahnhofshalle                    Bahnhofs Zürich zu reden. Verschiedene Vor-
     Aargau an.                                       selbst, sondern nur noch bis zu einem Neben-                    stösse wurden eingereicht, um für die betroffe-
                                                      bahnhof auf der Höhe der Sihlpost fahren. Als                   nen Passagiere die negativen Auswirkungen des
                                                      Folge davon wurde der Weg für die betroffenen                   „Schikanierbahnhofs“ zu mildern. Beispielswei-
      Zeitplan für die DML                            Reisenden gleich um etwa fünfhundert Meter                      se wurde vorgeschlagen, den Bahnhof „Neben-
                                                      verlängert. Mit diesem Projekt, auch „fil rouge“                wil“ mit einem Laufband analog zu denjenigen
                                                      genannt, hätte das künftige Verkehrsaufkom-                     in den Flughäfen zu erschliessen, was aber von
      Die 9,6 Kilometer lange Durchmesserlinie
                                                      men in Zürich HB bewältigt werden sollen.                       den SBB abgelehnt wurde, weil dafür zu wenig
      wird Mitte 2014 beziehungsweise Ende
                                                         Weder der Vierspurausbau der Wipkinger-                      Platz vorhanden sei. Weitere Vorstösse betrafen
      2015 eröffnet. Die wichtigsten Etappen des
                                                      brücke noch der Bau des Bahnhofs Sihlpost (im                   die Einführung zweier Geleise unter den Haupt-
      2-Milliarden-Franken-Projekts:

      2005–2008     Behindertengerechter
                    Ausbau Passage Sihlquai
      2007–2014     Bauarbeiten Durchgangs-
                    bahnhof Löwenstrasse
      2007–2014     Erstellen Weinbergtunnel
      2007–2014     Erweiterung
                    Bahneinschnitt
                    Oerlikon
      15. Juni 2014 Eröffnung und Inbetrieb-
                    nahme erster Teil Durch-
                    messerlinie von Wiedikon          Unter der Sihl: Längsschnitt des neuen Bahnhofs Löwenstrasse.                                         Grafik: SBB

                    über Bahnhof Löwenstrasse
                    bis Oerlikon
      2008–2015     Erstellen Letzigraben- und
                    Kohlendreieckbrücke
      Dezember 2015 Eröffnung und Inbetrieb-
                    nahme zweiter Teil Durch-
                    messerlinie von Altstetten
                    bis Bahnhof Löwenstrasse
      Mitte 2016    Abschluss Bahnhofausbau
                    Oerlikon
                                                      Querschnitt des Hauptbahnhofes Zürich.                                                                Grafik: SBB

4 InfoForum 1/2014 Durchmesserlinie Zürich DML
OForum - Pro Bahn Schweiz
Offene Gleisarbeiten an der DML.         Bilder: SBB

bahnhof, was einen zusätzlichen unterirdischen
Kopfbahnhof bedeutet hätte. Auch diese Idee
wurde verworfen. Bald einmal kam die Idee auf,
die betroffenen S- Bahn-Linien unter den beste-
henden Hauptbahnhof einzuführen und dann
in einem Bogen mit einem Weinbergtunnel
Richtung Oerlikon zu führen. Damit würde ne-
ben dem Bahnhof „Museumsstrasse“ ein zwei-
ter Durchgangsbahnhof bei der Löwenstrasse
entstehen, daher die Bezeichnung „Bahnhof
Löwenstrasse“. Die Reaktion der SBB war eher
kritisch – zu teuer, betrieblich nicht machbar,
lautete damals die Antwort.

Durchbruch dank Durchmesserlinie
Schliesslich nahm ein parlamentarischer Vor-
stoss trotz der geäusserten Bedenken die Idee
der Durchmesserlinie auf und verlangte vom              Gewaltige Dimensionen: Einbau einer Rolltreppe im Bahnhof Löwenstrasse.

Zürcher Regierungsrat, die Realisierung die-
ses Vorhabens zu prüfen. Und tatsächlich: Für
einmal kam kein Antrag auf Ablehnung des                Züge, beispielsweise zwischen St. Gallen und                 stand. Trotzdem: Beide Partner, der Kanton Zü-
Postulats sondern die Ankündigung der Bereit-           Aarau, fahren lassen. Damit liess sich der Nutzen            rich und der Bund, zogen in der Folge am glei-
schaft, das Anliegen weiter zu verfolgen. Das           dieses Bauwerks massiv steigern, was aber auch               chen Strick und erst noch in der gleichen Rich-
waren neue Töne. Mehr noch: Auch die Sek-               wesentlich höhere Investitionskosten erforderte.             tung, indem dann doch noch Mittel und Wege
tion Zürich des Verkehrsclubs der Schweiz war                                                                        gefunden wurden, um die Finanzierung des
nicht untätig geblieben und hatte dieser For-           Positive Volksabstimmung, harzige                            Bundesbeitrags sicherzustellen. In diesem Zu-
derung mit der Lancierung einer Volksinitiative         Bundesfinanzierung                                           sammenhang soll eine lustige Anekdote nicht
massiv Auftrieb gegeben. Die ursprüngliche              Alle diese Anstrengungen haben der Idee der                  unerwähnt bleiben: In den neunziger Jahren
Idee sah übrigens vor, dass nur S-Bahn-Züge             Durchmesserlinie zum Durchbruch verholfen,                   weilte eine Delegation des Zürcher Kantonsrats
der betroffenen Linien S2, S8 und S14 diese             die Vorlage passierte den Zürcher Kantons-                   in Stuttgart beim Baden-Württembergischen
neue Linie benutzen sollten, denn zwischen der          rat ohne Gegenstimme und in der kantonalen                   Landtag. Es wurden verschiedene Probleme
Langstrasse-Unterführung und dem Niveau des             Volksabstimmung 2001 sagten 82 Prozent der                   besprochen – unter anderem stellten Vertreter
künftigen Tiefbahnhofs waren bedeutende Hö-             Stimmbürgerinnen und Stimmbürger „ja“ zu                     der Deutschen Bundesbahn stolz ihr Projekt
henunterschiede zu überwinden, was zu einer             dieser Vorlage. In der Folge ergaben sich dann               „Stuttgart 21“ vor, das vorsah, den Stuttgarter
Steigung von fast 40 Promille führte. Schliesslich      einige Querelen über die Finanzierung durch                  Kopfbahnhof mit einem Durchgangsbahnhof
liessen die SBB ihr ursprüngliches Projekt fallen       den Bund. Im Vorfeld der Abstimmung hiess es,                zu ersetzen. Kleinlaut meinte damals ein Zür-
und schwenkten auf den Durchgangsbahnhof                die Finanzierung durch die Eidgenossenschaft                 cher Parlamentarier: Wenn ein solches Projekt
„Löwenstrasse“ um, wollten dort aber nicht nur          sei gesichert, später dann stellte es sich heraus,           in Zürich entstehen sollte, müsste man es wohl
Züge der S-Bahn sondern auch interregionale             dass diese Sicherheit auf wackeligen Füssen                  als „Zürich 3000“ bezeichnen. Es kam anders.

                                                                                                                Durchmesserlinie Zürich DML 1/2014 InfoForum 5
OForum - Pro Bahn Schweiz
Herausforderungen in einem gesättigten Netz
     Dominik Brühwiler, Leiter Verkehrsplanung beim Zürcher Verkehrsverbund, über die 4. Teilergänzungen der
     Zürcher S-Bahn.

         Das Einzugsgebiet der Zürcher S-Bahn ist ein
     dynamischer und wachsender Lebens- und Wirt-
     schaftsraum. Allein im Kanton Zürich ist die Ein-
     wohnerzahl innert zwölf Jahren um 200 000 ge-
     stiegen. Hinzu kommt eine wachsende Zahl von
     Arbeitsplätzen und die zunehmende individuelle
     Mobilität der Bevölkerung. Daraus ergeben sich
     überproportionale Nachfragesteigerungen auf
     der S-Bahn. Überlastete Züge in den Hauptver-
     kehrszeiten gehören zum Alltag der Pendlerin-
     nen und Pendler und verlangen nach Lösungen.
         Eine erste Antwort darauf liefern der Bund
     und der Kanton Zürich in diesem Sommer: Die
     Durchmesserlinie (DML) mit dem Bahnhof Lö-
     wenstrasse und dem Weinbergtunnel nach              Einfahrt der S7 auf Gleis 8 in Zürich Oerlikon: Das zukünftige Gleis 7 gleicht noch einer Baustelle.    Bild: Marcel Burlet

     Oerlikon. Ursprünglich war der Ausbau der be-
     stehenden Wipkingerlinie geplant, was jedoch        tungsbauwerke Hürlistein und Dorfnest (Kloten),                    für die neuen Doppelstocktriebzüge sowie die
     an politischem Widerstand scheiterte. Mittels       der 4-Spur-Strecke Hürlistein–Effretikon sowie                     Anpassungen an bestehenden Fahrzeugen fest.
     Volksinitiative wurde die „Ersatzlösung“ DML        die umfassenden Umbauten der Gleisanlagen                          2010 stand der erste RV-Dosto auf den Schie-
     lanciert, anschliessend mit einem Anschluss nach    in Effretikon und Winterthur unter Betrieb dar.                    nen.
     Altstetten ergänzt und letztlich von der Zürcher
     Regierung 2001 zur Volksabstimmung gebracht.        Komplexe Finanzierung                                              25 Prozent Mehrleistung
     Die überwältigende Zustimmung von 82 Prozent        Die Finanzierung der Ausbauten stammt aus                          Im Jahr 2013 wurden an der Stadtgrenze Zü-
     verleiht dem Projekt eine hohe Legitimation.        Bundesmitteln (Leistungsvereinbarungen SBB,                        rich knapp 430 000 Fahrgäste in den S-Bahnen
                                                         ZEB- und HGV-Gesetz, Infrastrukturfonds) und                       gezählt. 55 Kurse auf 12 Linienästen galten als
     Sieben Jahre Fahrplanstudien                        Kantonsbeteiligungen. Der Beitrag des Kantons                      überlastet. Die 4. Teilergänzungen schaffen hier
     Dank der DML entstehen im Zürcher Haupt-            Zürich an die DML und die 4. Teilergänzungen                       Abhilfe: Die grosse Mehrheit dieser Engpässe
     bahnhof zusätzliche Kapazitäten. Die nächste        liegt teuerungsbereinigt bei rund 1 Milliarde                      kann mit den Ausbauten und dem zusätzlichem
     Herausforderung bestand darin, einen stabilen       Franken. Insgesamt mussten bei Bund und Kan-                       Rollmaterial behoben werden. Insgesamt er-
     Fahrplan für die Durchmesserlinie auf einem ge-     tonen 16 Parlamentsbeschlüsse erwirkt werden.                      lauben die 4. Teilergänzungen gut 25 Prozent
     sättigten Netz zu erstellen. Nach sieben Jahren     Ein Sonderfall stellt die im Jahr 2008 bereitge-                   Mehrleistung gegenüber dem Fahrplan 2013.
     intensiver Planungszeit konnte das Angebots-        stellte Vorfinanzierung von bis zu 500 Mio. Fr.                        Die Leistungssteigerung erfolgt jedoch nicht
     konzept der 4. Teilergänzungen fixiert werden.      durch den Kanton Zürich mit Beteiligung aller                      von heute auf morgen. Die schrittweise Inbe-
     Damit war auch klar, welche zusätzlichen Inf-       Nachbarkantone dar. Dadurch konnte der dro-                        triebnahme der Durchmesserlinie sowie die
     rastrukturausbauten nebst der DML notwendig         hende Baustopp der DML verhindert werden.                          2018 abgeschlossene Leistungssteigerung der
     sein würden.                                            Der geplante dichtere Fahrplan erfordert                       Strecke Flughafen–Winterthur bedingen eine
        Insgesamt sind es im gesamten S-Bahn-            auch zusätzliches Rollmaterial für die Zürcher                     Etappierung der Angebotsausbauten der 4. Teil-
     Netz 39 Projekte, welche die Umsetzung des          S-Bahn: Insgesamt 49 neue Kompositionen von                        ergänzungen.
     definierten Fahrplankonzepts ermöglichen. Es        150 Metern Länge sowie 121 Niederflurzwi-
     handelt sich um Bahnhofsausbauten, Perron-          schenwagen für die Eingliederung in die Dop-                       Nahtlos weiterplanen
     verlängerungen und Leistungssteigerungen der        pelstockzüge der ersten Generation. Damit lie-                     Insbesondere auf den Achsen Winterthur–Zü-
     bestehenden Strecken. Besondere Herausfor-          sse sich ein elf Kilometer langer Zug formieren.                   rich und Oberland–Zürich werden Engpässe
     derungen stellen die Realisierung der Entflech-     Bereits Ende 2006 standen die Anforderungen                        auch nach 2018 verbleiben. Umfangreiche Ab-
                                                                                                                            klärungen haben ergeben, dass für die nachhal-
                                                                                                                            tige Behebung dieser problematischen Stellen
      Zürcher S-Bahn: Etappierung der Angebotsausbauten                                                                     zwei zusätzliche, netzbestimmende Erweite-
      Ausbauschritt        Zusätzliche Zugskilometer		            Anteil in %                                               rungen erforderlich sind: der Brüttener Tunnel
                                                                                                                            und das vierte Gleis im Bahnhof Stadelhofen.
      Juni 2014            + 650 000 		                           14%
                                                                                                                            Die Arbeiten müssen schon bald in die Hand
      Dezember 2015        + 1 935 000		                          43%
                                                                                                                            genommen werden, damit auch die künftige
      Dezember 2018        + 1 945 000		                          43%
                                                                                                                            Nachfragesteigerung rechtzeitig abgedeckt
      Total                + 4 530 000		                          100%
                                                                                                                            werden kann.

6 InfoForum 1/2014 Durchmesserlinie Zürich DML
OForum - Pro Bahn Schweiz
Zürcher S-Bahn als Opfer ihres eigenen Erfolgs
Erleichterung nach dem Ja zu FABI: Weitere, dringend nötige Ausbauten der Bahn-Infrastruktur im Kanton
Zürich sind jetzt klar gesichert.

Marcel Burlet Die Durchmesserlinie ist nur ein
Zwischenschritt, wenn auch der aktuell wich-
tigste zum weiteren Ausbau des Zürcher öVs.
Und ein Durchstarten braucht es dringend; eine
Fortsetzung der Ausbauten ist nötig: Stichwor-
te sind der Ausbau des Bahnhofs Zürich Sta-
delhofen (viertes Gleis), der Brüttener Tunnel,
zusätzliche Kapazitäten auf der Strecke Zürich
– Winterthur und so weiter.
   Es wirkt grotesk: die Zürcher S-Bahn wird
zum Opfer ihres eigenen Erfolgs! Die Frequen-
zen im Regionalverkehr sind massiv gestiegen:
Pendelten vor 33 Jahren pro Werktag 160 000
Passagiere über die Stadtgrenze von Zürich, sind
es heute rund 410 000 Reisende. Kein Wun-
der, dass diese massive Steigerung von über
150 Prozent das Zürcher S-Bahn-System an sei-
ne Grenzen stossen lässt. Auf gewissen Zürcher
S-Bahn-Linien sind in der Hauptverkehrszeit
höchstens „Sardinen-Stehplätze“ garantiert.
Passagiere mussten schon auf dem Perron zu-
rückgelassen werden, weil sie schlicht keinen      Platzt aus allen Nähten: Der Bahnhof Zürich Stadelhofen besitzt nur 3 Gleise.                      Bild: Marcel Burlet
Platz mehr im Zug oder Bus fanden! Unter den
acht Bahnhöfen mit dem höchsten Passagier-         sich. Der Zürcher öV läuft generell in der Haupt-               Das bedeutet, wenn der öV ständig teurer wird,
aufkommen in der Schweiz liegen vier im Gross-     verkehrszeit am Limit.                                          dann steigen irgendwann die Leute wieder aufs
raum Zürich: Der Zürcher HB mit über 414 000                                                                       Auto um, weil oft nur die Benzinkosten berech-
Reisenden, Winterthur mit knapp 100 000 und        Sorge tragen                                                    net werden und es somit billiger erscheint.
Zürich Oerlikon sowie Zürich Stadelhofen mit je    Der öffentliche Verkehr stellt einen sehr wichti-
über 76 000 Passagieren. Tendenz steigend.         ger Pfeiler des Service public dar. Tragen wir ihm              Kostenwahrheit gilt
                                                   speziell Sorge! Im Zürcher Kantonsrat kamen zu                  Kostenwahrheit heisst hier das Stichwort. Pro
Das effizienteste Verkehrsmittel ...               Jahresbeginn 2014 plötzlich Diskussionen über                   Bahn fordert mindestens gleich lange Spiesse
Der öV bleibt das effizienteste Transportsystem    den Kostendeckungsgrad und die Frage „Was                       für den öV wie für den MIV. Wenn ehrlicher-
in einem Kanton, der immer dichter besiedelt       darf uns der öV kosten?“ auf. Und auch die                      weise sämtliche Umwelt- und Gesundheitskos-
wird. Eigentlich handelt es sich um das einzig     NZZ bezeichnete zum Jahreswechsel in einem                      ten eingerechnet würden, dann könnte der MIV
vernünftige Verkehrsmittel, wenn man den           kritischen Grundsatzartikel den öffentlichen                    dem öffentlichen Verkehr nicht das Wasser rei-
Raumbedarf pro transportiertem Passagier be-       Verkehr in der Schweiz als eine heilige Kuh, was                chen. Es braucht ein vernünftiges Nebeneinan-
trachtet. Ein Zürcher Tram mit einer Länge von     immer das heisst.                                               der von beiden Verkehrsträgern.
36 Metern vermag 238 Menschen zu trans-                Die Zürcher S-Bahn ist eine Erfolgsgeschich-                    Ob die Politik das so einsieht? Das Volk hat
portieren, ein Auto ist im Stossverkehr mit        te sondergleichen. Die grosse Euphorie der                      mit der Zustimmung zur FABI-Vorlage weise
durchschnittlich 1,2 Passagieren besetzt und       80er- und 90er-Jahre hingegen ist vorbei. Die                   entschieden, dass weites Pendeln nicht weiter-
braucht mindestens vier Meter Strassenlänge.       Kostenschere greift auch bei Zug und Bus. Ak-                   hin mit einem hohen Steuerabzug belohnt wird.
Das ergäbe eine Autokolonne von über einem         tuelles Beispiel: Wie will der ZVV (Zürcher Ver-                Die Politik der kurzen Wege zwischen Wohnen
halben Kilometer, um gleichviele Menschen zu       kehrsverbund) bis ins Jahr 2019 rund 25 Pro-                    und Arbeit ist zu fördern, und Arbeiten zu Hau-
transportieren! Wundert es da, dass Verkehrs-      zent Mehrleistung im Betrieb erbringen mit                      se („Home Office“) dämpft die Mobilitätsbe-
techniker von einer vielfachen Effizienz des öVs   praktisch gleich vielen finanziellen Mitteln aus                dürfnisse in Zukunft. Das ist gut so. Im dicht
gegenüber dem motorisierten Individualverkehr      dem Rahmenkredit des Kantons? Widrige Be-                       besiedelten Kanton Zürich gelingt es dank der
(MIV) sprechen?                                    dingungen im öV-Portemonnaie heissen, dass                      kompromisslosen öV-Förderung seit 30 Jahren,
   Wir wissen jedoch: das System ist anfällig.     die Benutzerinnen und Benutzer mit regelmäs-                    die Mobilität auf effiziente und umweltfreund-
Eine kleine Weichenstörung, ein kurzfristiger      sigen Preiserhöhungen überproportional zur                      liche Bahnen zu lenken. Und die Durchmesser-
Ausfall eines Stellwerks oder eine Türblockie-     Kasse gebeten werden. In Zukunft gilt regelmäs-                 linie ist ein logischer Schritt dieser Erfolgsge-
rung, die einen Zug im Bahnhof am Ausfahren        sig: SBB und ZVV erhöhen die Preise. Ja, „der                   schichte. Weitere Infrastrukturausbauten – u.a.
hindert, und Tausende von Reisenden verspäten      Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht.“                  im Bahnhof Stadelhofen – müssen folgen.

                                                                                                               Durchmesserlinie Zürich DML 1/2014 InfoForum 7
OForum - Pro Bahn Schweiz
Sicherer Bahnbetrieb dank modernster Bahntechnik
     Für die bahntechnischen Anlagen bei der Durchmesserlinie Zürich gelten höchste Ansprüche.

     Jean-Pierre Baebi Die Grösse des Bahnhofs Lö-     len, der sich vom Bahnhof Oerlikon über fünf       schränkt sich im Vergleich zu konventionellen
     wenstrasse und die besondere geographische        Kilometer bis zum Seilergraben erstreckt. Auf      Schotterstrecken auf ein Minimum.
     Situation des Weinbergtunnels stellen hohe An-    einem Grossteil der Strecke verläuft er parallel      Der Weinbergtunnel unterquert Gebäude
     sprüche an die bahntechnischen Anlagen. Der       zum Weinbergtunnel und ist alle 470 Meter          des Universitätsspitals Zürich und der ETH, di-
     Tunnel unterquert Wohngebiete und sensible        mittels eines Querschlags mit dem Bahntunnel       verse Wohn- und Geschäftsgebäude sowie das
     Bauten wie die ETH und das Universitätsspital     verbunden. Die Reisenden gelangen bei einem        Radiostudio in Oerlikon in teilweise geringer
     Zürich.                                           Nothalt im Tunnel über den seitlich angeordne-     Tiefe. Damit der zukünftige Bahnbetrieb keine
        Der unterirdische Durchgangsbahnhof Lö-        ten, beleuchteten Fluchtweg bis zum nächsten       störenden Immissionen verursacht, bauen die
     wenstrasse und der rund fünf Kilometer lange      signalisierten Notausgang und anschliessend        SBB in diesen Bereichen des Tunnels komple-
     Weinbergtunnel sind Kernstücke der Durch-         über den Flucht- und Rettungsstollen ins Freie.    xe, elastisch gelagerte Fahrbahnbrücken, so
     messerlinie, die in einem grossen Bogen von       Der Flucht- und Rettungsstollen dient gleich-      genannte Masse-Feder-Systeme, ein. Bei einer
     Altstetten über den Hauptbahnhof Zürich bis       zeitig als Zugriffspunkt für die Rettungskräf-     Zugsüberfahrt werden diese Federsysteme bis
     nach Oerlikon führt.                              te und ist für den Einsatz von Krankenwagen        zu 15 Millimeter eingedrückt und verhindern so
        Die Ansprüche an die bahntechnischen An-       oder kleineren Transportfahrzeugen ausgelegt.      störende Erschütterungsübertragungen. Dank
     lagen in den unterirdischen Abschnitten der       Im Flucht- und Rettungsstollen installieren die    fein ausgearbeiteten Übergängen merken die
     Durchmesserlinie sind hoch. Bahntechnik muss      SBB eine Überdruckventilation, damit bei einem     Reisenden nichts von dieser Absenkung.
     zuverlässig und langlebig sein, soll wenig Auf-   Brand kein Rauch in den Stollen gelangt.
     wand im Unterhalt beanspruchen und den Zü-                                                           Fahrleitung
     gen grösstmögliche Laufruhe garantieren. Im       Fahrbahn                                           Die konventionelle Fahrleitung der Durchmes-
     Notfall gewährleisten die bahntechnischen An-     Auf den unterirdischen Abschnitten der Durch-      serlinie endet an den Tunnelportalen beim
     lagen die Sicherheit der Reisenden.               messerlinie bauen die SBB eine feste Fahrbahn      Hauptbahnhof und in Oerlikon. Im Bahnhof Lö-
                                                       vom Typ „Low Vibration Track“ mit insgesamt        wenstrasse und im Weinbergtunnel installieren
     Selbstrettung                                     16 Weichen ein. Dieses Unterbausystem zeich-       die SBB stattdessen eine Deckenstromschiene.
     Kernelement des Sicherheitskonzepts im Wein-      net sich durch eine optimale Gleislage und eine       Die Deckenstromschiene besteht aus einem
     bergtunnel ist der Flucht- und Rettungsstol-      sehr lange Lebensdauer aus. Der Unterhalt be-      Aluminium-Profil, in dem ein herkömmlicher

8 InfoForum 1/2014 Durchmesserlinie Zürich DML
OForum - Pro Bahn Schweiz
Kupfer-Fahrdraht eingeklemmt ist. Die Schiene       Im Flucht- und Rettungs-                      Datengruppe neu geladen und anhand der ent-
ist aufgrund ihrer geringen Bauhöhe beson-                                                        sprechenden Änderungen und Abweichungen
ders platzsparend und ermöglicht dadurch eine
                                                    stollen installieren die                      vom Jahresfahrplan wie Bauarbeiten, Gleisän-
Reduktion des Tunnelquerschnittes. Sie wird         SBB eine Überdruckven-                        derungen und Extrazüge korrigiert.
zugkraftlos aufgehängt; Abspannungen an die         tilation, damit bei einem
Tunnelwände sind nicht erforderlich. Trotz der                                                    Stellwerk Löwenstrasse
kompakteren Bauform fliesst durch die Decken-
                                                    Brand kein Rauch in den                       Mehrere verschiedene Stellwerktypen steu-
stromschiene gleich viel Strom wie durch eine       Stollen gelangt.                              ern die Signale und Weichen im Hauptbahn-
normale Fahrleitung. Ausserdem kann der Fahr-                                                     hof Zürich. Die Gleisanlagen im Bereich des
draht einer Deckenstromschiene einfach ausge-                                                     S-Bahnhofs Sihlpost, der Station Wipkingen,
wechselt werden.                                                                                  des Vorbahnhofs sowie der Abstellanlage Her-
    Insgesamt haben Deckenstromschienen                                                           dern werden von modernen, elektronischen
gegenüber herkömmlichen Fahrleitungen ge-                                                         Stellwerkrechnern der Bauart „eStw Siemens“
ringere Unterhaltskosten, sind weniger stö-      nicht jedes Signal und jede Weiche manuell       gesteuert. Die Hallengleise 3 bis 18, der un-
rungsanfällig und sicherer bei Kurzschlüssen.    bedient werden muss, steuert eine Datenbank      terirdische Bahnhof Museumstrasse sowie der
Allerdings sind Deckenstromschienen deutlich     anhand der programmierten Daten die Fahrwe-      Bahnhof Hardbrücke werden von Spurplan-
teurer als herkömmliche Fahrleitungen.           ge der Züge, beachtet eventuelle Konflikte und   Drucktasten-Stellwerken der Bauart “Siemens &
                                                 Anschlüsse von anderen Zügen und bedient die     Halske 1960“ bedient. Die elektronischen Stell-
Sicherungsanlagen und Leittechnik                Fahrgastinformationsanschriften auf den Per-     werke werden ausschliesslich mit Tastatur und
Auch heute bedienen mehrere Fahrdienstleiter     rons.                                            Maus über die Bedienoberfläche ILTIS bedient.
die Gleisanlagen. Sie steuern und überwachen        Bei Unregelmässigkeiten wie Verspätungen      Drucktasten-Relaisstellwerke können über das
sämtliche Züge, bestimmen beispielsweise Um-     oder Streckenunterbrüchen können die Fahr-       Stellpult durch Drücken der einzelnen Tasten
wegfahrstrassen und sind verantwortlich für      dienstleiter jederzeit die nötigen Änderungen    oder ebenfalls über ILTIS gesteuert werden.
das zeitgerechte Einschieben oder Rückstellen    in der Zugdatenbank vornehmen. Täglich wird         Für die Durchmesserlinie kommt ein moder-
von Reisezügen und Rangierfahrten. Damit         diese Zugdatenbank von Fahrdienstleitern der     nes Stellwerk vom Typ „Simis W“ zum Einsatz.
                                                                                                  Das Mikrocomputersystem der Marke Siemens
                                                                                                  garantiert höchste Sicherheit und Verfügbarkeit
                                                                                                  sowie einen wirtschaftlichen Betrieb. Das neue
                                                                                                  Stellwerk „Löwenstrasse“ umfasst 42 Zugsig-
                                                                                                  nale mit Zugbeeinflussung, 37 Zwergsignale,
                                                                                                  18 Weichen und 69 Gleisfreimeldungen. Zur
                                                                                                  Bedienung und Anzeige des Stellwerks richten
                                                                                                  die SBB Rechnerarbeitsplätze ein.
                                                                                                     Das neue Betriebskonzept der SBB sieht vor,
                                                                                                  dass ab 2016 alle SBB-Stellwerke aus einer von
                                                                                                  schweizweit vier Betriebszentralen gesteuert
                                                                                                  werden. Das neue Stellwerk „Löwenstrasse“
                                                                                                  wird aus der Betriebszentrale Ost am Flugha-
                                                                                                  fen Zürich bedient werden. Um das Stellwerk
                                                                                                  bei einem Ausfall der Betriebszentrale trotzdem
                                                                                                  steuern zu können, richten die SBB zusätzliche
                                                                                                  lokale Bedienplätze ein.

                                                                                                  Einbau von Bahntechnik und
                                                                                                  Beschilderungen im Weinbergtunnel:
                                                                                                  Höchste Präzision. 
                                                                                                  Bilder: SBB

                                                                                              Durchmesserlinie Zürich DML 1/2014 InfoForum 9
OForum - Pro Bahn Schweiz
Die Hardware stimmt, die Software noch nicht
     Wie die Investitionen in die Durchmesserlinie und die 4. Teilergänzungen der S-Bahn besser genutzt werden
     könnten.

     Jens Bornand Wer einen neuen leistungsfähigen        pro Stunde verkehren sollen, ist für verschiede-   le zeigt. Auch andere Varianten wurden zur
     Computer kauft, kann diese Investition nur rich-     ne Abschnitte weiterhin geplant, überlagerte       Diskussion gestellt. Trotzdem möchte der ZVV
     tig nutzen, wenn auch die installierte Software      Linien je nur stündlich verkehren zu lassen, so    ohne vertiefte Prüfung von Alternativen an den
     auf dem neusten Stand ist. Das Gleiche gilt für      dass ungleichmässige Abstände zwischen den         bestehenden Planungen festhalten.
     die Bahn: Die Hardware ist hier die Infrastruktur,   Fahrten, sogenannte Hinketakte resultieren.
     die Software der Fahrplan. Im Grossraum Zürich          In Winterthur soll die historisch gewachsene    Ein eingefrorenes Konzept
     wird die Infrastruktur mit der Durchmesserlinie      Aufsplitterung der S12 in zwei nur stündlich be-   Das für 2019 nach Abschluss der 4. Teilergän-
     und weiteren Ausbauten im Rahmen der 4. Teil-        diente Aussenäste sogar noch auf zwei weitere      zungen vorgesehene S-Bahn-Angebot wurde
     ergänzungen S-Bahn sowie Projekten für den           S-Bahn-Linien ausgedehnt werden. Teilweise         etwa 10 Jahre vorher aufbauend auf historisch
     Fernverkehr auf den neuesten Stand gebracht.         wird dabei wegen der beschränkten Perron-          gewachsenen Strukturen definiert und in den
     Das nach Abschluss dieser Ausbauschritte im          längen und geringeren Nachfrage im Aussen-         Grundzügen nicht mehr weiterentwickelt. Es
     Jahr 2019 geplante Bahnangebot entspricht            bereich ein Zugteil in Winterthur abgehängt.       ist natürlich sinnvoll, wenn der Planung von
     aber in Bezug auf Fahrgastnutzen und Wirt-           Naheliegend wäre nun, auch diesen zweiten          neuen Infrastrukturen bereits detaillierte Vor-
     schaftlichkeit noch nicht überall dem, was mög-      Zugteil als sogenannten Flügelzug weiterfahren     stellungen des zukünftigen Fahrplanangebots
     lich und nötig wäre.                                 zu lassen, so dass alle Aussenabschnitte halb-     zugrunde liegen. Wenn dieses Angebot aber
                                                          stündlich statt nur stündlich direkte Züge nach    nicht in einem ständigen Optimierungsprozess
     Erfolgsrezept Halbstundentakt wird nicht             Zürich erhielten. Ausgehend von einem Auftrag      weiterentwickelt wird, ist dies, wie wenn man
     konsequent umgesetzt                                 der Stadt Wil wurde vom Planungsbüro Jud für       den neu gekauften Computer mit 10 Jahre alter
     Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Zürcher S-Bahn       den Korridor Zürich–Winterthur–Ostschweiz ein      Software ausstattet.
     und des Fernverkehrs ist der leicht merkbare         entsprechend optimiertes Angebotskonzept für
     Halbstundentakt je Linie. Ein solcher ist im Kern-   den Zeithorizont 2019 ausgearbeitet. Dieses        Vielzahl von Akteuren
     netz der S-Bahn und auf Fernverkehrsachsen           würde bei der S-Bahn und im Fernverkehr mit        Wie die Entwicklung von anspruchsvoller Soft-
     wie Zürich–Bern seit Jahren selbstverständlich.      konsequent halbstündlich verkehrenden Linien       ware ist die Angebotsplanung für den S-Bahn-,
     Obwohl im Grossraum Zürich in Zukunft auf al-        bei etwa gleichen Kosten deutliche Verbesse-       Fern- und Güterverkehr im Grossraum Zürich
     len Streckenabschnitten mindestens zwei Züge         rungen bringen, wie die untenstehende Tabel-       aufgrund zahlreicher Rahmenbedingungen und
                                                                                                             Abhängigkeiten eine sehr komplexe Angelegen-
                                                                                                             heit. Nicht einfacher wird dies durch die grosse
       Verbesserungsmöglichkeiten im Korridor                                                                Zahl von involvierten Akteuren wie ZVV, SBB-
       Zürich–Winterthur–Ostschweiz 2019                                                                     Regionalverkehr, SBB-Fernverkehr, SBB-Cargo,
                                                                                                             SBB-Infrastruktur, Kantone und Gemeinden.
         Fahrplan 2013                                          Bisherige Planungen     Optimiertes          Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass man
       		                                                       ZVV/SBB 2019            Konzept 2019         an einer einmal gefundenen Lösung festhalten
                                                                                                             möchte, auch wenn sie noch Mängel aufweist.
       Ostschweiz
                                                                                                                 Um Planungssicherheit zu erhalten, insbe-
       Fahrzeit St. Gallen–Zürich          62 Min.              59 Min.                 53 Min.
                                                                                                             sondere auch für die Planung der Buslinien
       Taktintervall schnelle Verbindungen
                                                                                                             als Feinverteiler, ist es sicher von Vorteil, wenn
       Wil–Zürich und Frauenfeld–Zürich 30 Min.                 30 Min.                 15 Min.
                                                                                                             möglichst früh feststeht, wie der künftige Bahn-
       Region Winterthur
                                                                                                             fahrplan aussieht. Heute werden einzelne Ele-
       Anzahl direkte Züge nach Zürich pro Stunde
                                                                                                             mente des Bahnfahrplans aber eindeutig zu
       Andelfingen                            2                 2                       4                    früh als gesetzt deklariert. Die für eine laufende
       Seuzach                                1                 1                       2                    Optimierung nötige Flexibilität fehlt.
       Oberwinterthur                         2                 2                       4
                                                                                                                 Wenn gute Elemente des Fahrplans, wie bei-
       Winterthur Grüze                       1                 2                       4
                                                                                                             spielsweise das Konzept des Anschlussknotens
       Aadorf                                 0                 1                       2
                                                                                                             Wetzikon über Jahrzehnte Bestand haben, ist
       Kollbrunn                              0                 1                       2
                                                                                                             dies vernünftig. Für unbefriedigende Angebo-
       Längste Wartezeit zwischen zwei Abfahrten Richtung Winterthur                                         te, wie beispielsweise der bestehende und auch
       Andelfingen                            25 Min.           26 Min.                 20 Min.              für die nächsten 10 Jahre geplante „Hinketakt”
       Seuzach                                31 Min.           30 Min.                 16 Min.              im Weinland zwischen Winterthur und Schaff-
       Oberwinterthur                         27 Min.           24 Min.                 13 Min.              hausen, gilt dies aber nicht. Im Weinland umso
       Winterthur Grüze                       22 Min.           25 Min.                 15 Min.              mehr, als hier auf der bestehenden Infrastruktur
       Aadorf                                 30 Min.           30 Min.                 30 Min.              eine Lösung mit zwei halbstündlich verkehren-
       Kollbrunn                              39 Min.           30 Min.                 17 Min.
                                                                                                             den Linien möglich wäre.

10 InfoForum 1/2014 Durchmesserlinie Zürich DML
Engpässe im Zürcher S-Bahn-Netz: Zum Beispiel im Bahnhof Stadelhofen.                                                                                Bild: Marcel Burlet

    Ein bekanntes Opfer des eingefrorenen                    beträge in die Infrastruktur investiert, hier wäre   schiedene Ansätze zur Verfügung. Es ist nicht
Konzepts ist der Bahnhof Zürich Wipkingen,                   dieser Gewinn gratis zu haben und es würden          nötig, die ganzen bisherigen Planungen über
wo das Angebot ab Juni 2014 auf einen Drittel                sogar Betriebskosten gespart.                        den Haufen zu werfen, es sollten aber auch kei-
reduziert wird. Diesem Bahnhof mit grossem                      Auch das eingefrorene S-Bahn-Konzept ist          ne Tabus in Form von Angebotselementen, die
Potenzial und wichtiger Vernetzung der S-Bahn                bezüglich Wirtschaftlichkeit unbefriedigend:         nicht mehr verändert werden dürfen, bestehen.
mit den Buslinien 33 und 46 wurde bei den                    Der Anteil der unproduktiven Standzeiten der         Das Angebot sollte überall dort überprüft wer-
damaligen Planungen zu wenig Beachtung ge-                   Züge an den Endstationen ist hoch. Damit ver-        den, wo die folgenden drei Planungsgrundsätze
schenkt und heute ist man nicht mehr bereit,                 puffen finanzielle Mittel, die den Fahrgästen in     nicht eingehalten werden:
etwas zu ändern. Dabei wäre hier auch kurz-                  Form eines attraktiveren Angebots zugutekom-         – Der Fahrplan im Grossraum Zürich wie-
fristig zumindest ein alternierender 10/20-Mi-               men könnten.                                            derholt sich halbstündlich, dies gilt für die
nutentakt statt des vorgesehenen 30-Minuten-                                                                         S-Bahn, den Fernverkehr und die Güterver-
takts möglich.                                               Der Weg zu einem besseren Angebot                       kehrs-Trassen.
    Der Stillstand im Optimierungsprozess des                Die Planung des Bahnangebots im Grossraum            – Auf Abschnitten mit mehreren Linien im
S-Bahn-Systems hat auch negative Auswirkun-                  Zürich ist zwar komplex, dank vorhandenem               Halbstundentakt wird eine gleichmässige
gen auf den Fernverkehr. Ab 2019 werden pro                  Know-how und technischen Hilfsmitteln ist es            Verteilung angestrebt: Bei zwei Linien der
Stunde sechs Fernverkehrszüge bzw. drei Linien               aber noch nicht zu spät, das S-Bahn-Konzept             Viertelstundentakt, bei drei Linien der 10-Mi-
im Halbstundentakt Zürich mit der Ostschweiz                 und den Fernverkehr ab 2016 (Eröffnung Zu-              nutentakt.
verbinden. Aufgrund der festgeschriebenen                    fahrt Altstetten der Durchmesserlinie) und           – Der Anteil der Wendezeiten an den Endsta-
S-Bahn-Trassen sollen alle drei Linien via Flugha-           2019 (Abschluss weiterer Infrastrukturausbau-           tionen beträgt höchstens 20% der Umlauf-
fen verkehren, obwohl nur eine Minderheit der                ten im Korridor Zürich–Ostschweiz) noch ein-            zeit.
Fahrgäste aus der Ostschweiz zum Flughafen                   mal gründlich zu überarbeiten. Erforderlich ist
möchte. Angebracht wäre, wenn eine der drei                  eine gemeinsame Planung der Angebote für                 Die Fahrgäste haben an der Urne hohe Inves-
Linien ohne Halt von Winterthur nach Zürich                  die S-Bahn, den Fern- und den Güterverkehr           titionen in die Hardware bewilligt und erwarten
verkehren würde und so 6 Minuten schneller                   mit schweizweiter Abstimmung. Neben der              nun auch eine adäquate Software. Ein Update
wäre. Andernorts werden für einen Fahrzeit-                  erwähnten Konzeptvariante für den Korridor           mit Behebung der vorhandenen Mängel sollte
gewinn von 6 Minuten dreistellige Millionen-                 Zürich–Ostschweiz stehen dazu bereits ver-           deshalb nicht erst mit der S-Bahn 2G erfolgen.

                                                                                                            Durchmesserlinie Zürich DML 1/2014 InfoForum 11
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       Volle Züge?!                                   KS/GL    Der eidgenössische Urnengang zu Fi-                       Mit grosser Freude und Genugtuung hat Pro
       Gerhard Lob Der Ausgang der FABI-Ab-           nanzierung und Ausbau der Infrastruktur des                     Bahn Schweiz vom Endresultat Kenntnis ge-
       stimmung sorgte nicht nur bei Pro Bahn,        Schweizerischen Eisenbahnnetzes (FABI) am                       nommen. Denn der Vorlage wehte insbesonde-
       sondern auch bei den SBB für Freude.           9. Februar dieses Jahres stand im Schatten der                  re seit Anfang Januar ein scharfer Gegenwind
       SBB-Chef Andreas Meyer sagte am Abstim-        Masseneinwanderungsinitiative. Gleichwohl hat                   entgegen. Das Votum der Bürger hat bestätigt,
       mungssonntag: „Mit FABI bekommen wir           er für das Bahnland Schweiz eine wegweisende                    dass die Eisenbahn als umweltfreundliches Ver-
       für die Zukunft nun eine solide Grundla-       Bedeutung. Denn es wird nun ein Fonds ein-                      kehrsmittel anerkannt wird, welches seinen
       ge, um unseren Kunden und künftigen            gerichtet, aus dem Unterhalt und Ausbau der                     Preis Wert ist.
       Generationen gute Angebote und Service-        Bahnanlagen bezahlt werden. Dem Unterhalt
       leistungen sowie eine gute Infrastruktur       wird in den kommenden Jahren eine gewisse                       Pendlerabzug plafoniert
       anbieten zu können. Der Wert unserer           Priorität gegenüber dem Ausbau eingeräumt.                      Mit FABI wird die Finanzierung des schweizeri-
       Infrastrukturerhaltung darf nicht unter-                                                                       schen Eisenbahnnetzes auf eine sichere Grund-
       schätzt werden, auch in der kombinierten       Hohe Zustimmung in Westschweiz                                  lage gestellt, Budgetkürzungen aufgrund von
       Mobilität. Ich danke allen, die für diese      62 Prozent der Stimmenden und alle Kantone                      Parlamentsbeschlüssen gehören der Vergan-
       Jahrhundertvorlage gestimmt und diese          mit Ausnahme von Schwyz sagten Ja zu FABI.                      genheit an. Ebenso konnte in Bezug auf Steu-
       aufgegleist haben“. Das Ja zu FABI sei nicht   Besonders hoch war die Zustimmung in den                        ergerechtigkeit die Gleichstellung zwischen
       nur ein eindrücklicher Vertrauensbeweis,       Kantonen Genf (76,6 Prozent), Waadt (73,9),                     Auto- und Bahnbenutzung bei der direkten
       sondern auch eine Verpflichtung, „heute        Basel-Stadt (72,2) und Tessin (71,7). Dies dürfte               Bundessteuer erzielt werden. Der Pendlerabzug
       und in Zukunft Tag für Tag hohe Qualität       die Tatsache widerspiegeln, dass in der West-                   beträgt neu maximal 3000 Franken, unabhän-
       und Leistung zu erbringen.“ Bahnkunden         schweiz (Genfersee-Bogen) und in der Süd-                       gig davon, ob das Auto oder der Zug benützt
       werden die SBB im Falle der Notwendigkeit      schweiz der Nachholbedarf nach effizientem                      wird. Einmal mehr hat es sich klar als Vorteil er-
       gerne an diese Verpflichtung erinnern.         Bahnverkehr besonders hoch ist. In einigen klei-                wiesen, dass alle Regionen von Ausbauten pro-
                                                      nen Kantonen der deutschen Schweiz dürfte                       fitieren werden. Dem Prinzip der Solidarität auch
       Weniger zufrieden war Andreas Meyer            das Abstimmungsverhalten eine gewisse Skep-                     mit Randregionen ist also nachgelebt worden.
       ganz offensichtlich über den Ausgang der       sis gegenüber dem Bahnausbau spiegeln. So                           Pro Bahn Schweiz war Teil der Allianz für
       Abstimmung zur SVP-Einwanderungsini-           fielen in Unterwalden, Uri, Appenzell, Schaff-                  den öffentlichen Verkehr, welche sich aktiv am
       tiative, auch wenn eine ähnliche Vorlage       hausen und Solothurn die Ja-Mehrheiten sehr                     Abstimmungskampf im Lager der Befürworter
       seiner Meinung nach in anderen euro-           knapp aus.                                                      beteiligte.
       päischen Ländern das gleiche Resultat
       gebracht hätte. Dies machte er bei einem
       Treffen mit Schweizer Bahnjournalisten
       im Februar deutlich. Denn bei den SBB
       arbeiten sehr viele Ausländer, insbesondere
       im Gleisbau und Unterhalt. Diese fühlten
       sich offenbar vom Abstimmungsergebnis
       betroffen, auch wenn es wahrscheinlich
       gar nicht ihnen galt.

       Schon die Abstimmungskampagne machte
       Meyer überhaupt keine Freude: Ständig
       wurden „volle Züge“ als Argument ange-
       führt, um Ja zu stimmen und die Einwan-
       derung zu bremsen. Das hat ihn geärgert.
       Denn volle Züge sind verständlicherweise
       ganz im Interesse von Meyer, leere Züge
       hingegen nicht. Und Meyer weiss, dass
       gerade ausserhalb der Stosszeiten viel
       zu viele Züge halbleer durch die Gegend
       fahren. Er sei auch schon mal in einem Zug
       gestanden, merkte er an; so schlimm sei
       das nicht.
                                                      Ja zu FABI: Eine gute Nachricht für Bahnkunden (hier im Bahnhof Basel SBB).                         Bild: Gerhard Lob

12 InfoForum 1/2014 Aktuell
Ouestrail – Citrap – Transports Romands
Ein Lobby-Trio im Welschland setzt sich für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs ein.

Kaspar P. Woker  Das Programm zur Finanzie-
rung und zum Ausbau der Bahninfrastruktur
(FABI, französisch FAIF), das am 9. Februar
vom Stimmvolk angenommen wurde, legt ein
Schwergewicht auf Ausbauten im Raum Genf/
Lausanne/Bern. Ist das richtig, sind nicht im
Grossraum Zürich die Kapazitätsengpässe auf
dem Schienennetz viel gravierender als in der
Westschweiz? Für Romands ist doch das Auto
der Standard im Berufsverkehr. Falsch.
   In der Westschweiz besteht ein Nachholpo-
tenzial beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs,
doch die „concitoyens/concitoyennes outre
Sarine“ haben den öV als starkes Gegenmittel
zur Eindämmung der täglichen Autolawinen
ebenfalls entdeckt. Lausanne mit der ersten
Stadtbahn (m1) und der ersten Metro (m2) der
Schweiz sind dafür die Paradebeispiele genau
wie Genf mit dem forcierten Wiederaufbau des
Tramnetzes.
   Ein gut ausgebautes öV-Netz ist ein unbe-        Werbung für FABI/FAIF in der Romandie.                                                Bild: Kaspar P. Woker
dingter Standortfaktor. Dies versichert auch
Staatsrat Jacques Melly (VS) im Gespräch. Da-       Effektvolles Lobbyieren                                Zur Trilogie der PR-Lobby im welschen öV ge-
bei gibt er unumwunden zu, dass es in seinem        Die erwähnte Veranstaltung fand im Rahmen           hört zweifellos das Heft „Transports Romands –
Kanton viel Überzeugungsarbeit brauchte, um         des zehnten Geburtstages der Lobby-Organisa-        La revue francophone sur les transports publics
für ein „Oui à FAIF“ zu werben. FAIF oder FABI      tion „Ouestrail“ statt, welche die öV-Interessen    suisses“, welches in vier Nummern pro Jahr das
– welch unmögliche Kunstwörter – bringt aber        der Kantone Jura, Neuenburg, Bern, Freiburg,        Geschehen rund um westschweizerische Schie-
dem Wallis den längst ersehnten Ausbau der Li-      Waadt, Genf und Wallis mit leisen aber effekti-     nen kompetent darstellt.
nie Lausanne – Brig, damit Doppelstöcker wei-       ven Tönen vertritt. Pro Bahn Schweiz ist an de-
ter als bis nach Vevey verkehren können. Der        ren Anlässen regelmässig vertreten.                 Unterhalt statt „Stellwerkstörung“
dortige Tunnel kann nur mit diesen Mitteln er-         Leicht auszumachen an diesem Anlass war          Richtigerweise wurde an der obigen Veranstal-
weitert werden.                                     der grossgewachsene, weisshaarige Professor         tung auch viel Gewicht auf die Tatsache gelegt,
                                                    Daniel Mange als Autor der Studie „Bahn-Plan        dass mit FABI eben nicht nur ausgebaut wird,
Zum Beispiel Vevey–Blonay                           2050“. Darin wird das Netz von zusammen-            sondern vor allem das Bahnnetz auch genügend
Auch die erste Strecke, die mit FABI-Mitteln aus-   hängenden Schnellstrecken zwischen Genf und         Mittel für den Unterhalt zugesprochen erhält
gebaut werden soll, die steigungs- und kurven-      dem Bodensee propagiert, um jeweils in einer        und die ganze Finanzierung langfristig auf eine
reiche Linie Vevey–St-Légier–Blonay, liegt in der   halben (allenfalls Viertel-) Stunde Genf und Lau-   sichere Basis gestellt wird. Genau darum würden
Westschweiz und wird ab 2019 als S-Bahn im          sanne, Bern und Zürich, Winterthur und Zürich       uns die Politiker im benachbarten Frankreich und
15-Minuten-Takt bedient. Heute wird bedauert,       zu verbinden.                                       den andern umliegenden Ländern beneiden,
dass die „Hauptlinie“ der einstigen Chemins de         Einiges tönt utopisch, doch vermisst Mange       betonten Nuria Gorritte, die Waadtländer Regie-
fer Veveysans von St-Légier nach dem freiburgi-     das grosszügige Denken in der Schweiz. Bahn-        rungsrätin, und Bundesrätin Leuthard unisono.
schen Châtel-St-Denis im Zuge des Autobahn-         ausbau ist für ihn immer noch zu starke Pfläs-      Solche Überlegungen stossen auch bei Pro Bahn
baus (A12) abgebrochen wurde.                       terlipolitik; nur gerade dort, wo man heute (und    Schweiz auf volle Zustimmung, wie Kurt Schrei-
    Die Strasse leidet unter dauernden Staus und    gestern) Engpässe ortet, wird investiert. Dieser    ber, Präsident, während des Apéros auf dem Aus-
die Busse von tpf/VMCV bleiben in den auto-         ehemalige Informatik-Professor ist aber kein        sichtsberg Les Pléiades ob Vevey betonte. Nur mit
mobilen Pendlermassen stecken. Vielleicht ge-       Überflieger, denn mit „Citrap Vaud“ hat er eine     einem gut unterhaltenen Bahnnetz lassen sich
rade darum fand Mitte Januar in Blonay eine         „Communauté d‘intérêts pour les transports          die berüchtigten „Stellwerkstörungen“ im Griff
grosse Werbeveranstaltung für ein „Oui à FAIF“      publics“ aufgebaut, welche die Kundeninter-         behalten. Schreiber will auch das Gespräch mit
mit Bundesrätin Doris Leuthard als Protagonis-      essen gegenüber den Transportunternehmen            Daniel Mange von Citrap suchen, denn die An-
tin statt. Dort zirkulierte auf den Schienen der    wahrnimmt. Also ein welsches Pendant zu Pro         liegen der Kunden im öffentlichen Verkehr sind
Transports Montreux–Vevey–Riviera ein Ge-           Bahn – warum nicht zusammenspannen, da Pro          dies- und jenseits der Saane dieselben.
lenktriebwagen mit entsprechender Abstim-           Bahn der Sprung über den Röstigraben noch
mungspropaganda auf dem Traktionscontainer.         nicht gelungen ist?                                 Internet: www.ouestrail.ch; www.citrap-vaud.ch

                                                                                                                            Aktuell 1/2014 InfoForum 13
Aufstieg und Fall eines Depots
     Erstfeld ist kein klassischer Ferienort. Aber für Bahnfreunde lohnt sich ein Ausflug.

     Gerhard Lob Erstfeld hat eine lange Eisenbahn-
     tradition. Alles begann 1882 mit der Eröffnung
     der Gotthardlinie. Damals verwandelte sich der
     Ort am Nordfuss des Gotthards von einem un-
     bedeutenden Bauerndorf in einen namhaften
     Eisenbahnstandort an der Nord-Süd-Achse. Die
     Bahn brachte viele qualifizierte Arbeitskräfte ins
     Urner Reusstal. Die neuen Angestellten prägten
     die Erstfelder Dorfgeschichte nachhaltig. Sie or-
     ganisierten sich unter anderem in Vereinen und
     Parteien. Die Bahn führte eine eigene Sekun-
     darschule ein, und in Erstfeld entstand die erste
     reformierte Kirche im Kanton Uri.
         Zeuge dieser Pionierzeit ist das Bahndepot
     Erstfeld. Die Gemeinde Erstfeld stellte Land und
     Wasser gratis zur Verfügung, bis heute übrigens,
     wie uns Bruno Lämmli auf einer Tour durch das
     Depot Erstfeld erklärt. Lokführer Lämmli gehört
     zu einem Team von Freiwilligen (Verein SBB His-
     toric, Team Erstfeld), welche sich in ihrer Freizeit
     um historische SBB-Fahrzeuge kümmern.
         Praktisch alle historischen Loks im Erstfel-
     der Depot sind betriebsbereit. Das gilt auch für
                                                                                                                              SBB Historic bündelt
     Prachtexemplare wie die Ce 6/8 II 14253, die
                                                                                                                              die Kräfte
     älteste betriebsfähige Elektrolok in der Schweiz
                                                                                                                              PD  Die Lagerkapazitäten von SBB Historic
     mit Baujahr 1919, bekannt unter dem Namen
                                                                                                                              sind erschöpft und es werden dringend
     Krokodil. Oder für die Ae 8/14 11801: Die
                                                                                                                              neue Lagerflächen benötigt. Deshalb hat
     schwerste und imposanteste Lok im Park von
                                                                                                                              sich SBB Historic entschieden, die Kräfte
     SBB Historic bringt satte 240 Tonnen auf die
                                                                                                                              der Stiftung zu bündeln und auf einen
     Waage.
                                                                                                                              neuen zentralen Standort zu konzentrie-
         Um das Depot von Erstfeld ranken sich aller-
                                                                                                                              ren: Archive, Sammlungen, Bibliothek und
     lei Geschichten. „Erstfeld wurde zur Strafkolo-        Das Depot Erstfeld und eines seiner beliebtesten Stücke:
                                                            Das Krokodil.                                                    Geschäftsstelle der Stiftung werden nach
     nie für die Depots Basel, Olten und Luzern. Wer                                                    Bilder: Gerhard Lob
                                                                                                                              Brugg verlegt – ins ehemalige Gebäude des
     aufmüpfig war, wurde nach Erstfeld versetzt“,
                                                                                                                              SBB-Materiallagers. Die bisherigen Standor-
     erzählt Lämmli. Doch die wenigsten Versetzten
                                                                                                                              te im Grossraum Bern werden aufgehoben.
     hätten um eine baldige Rückkehr an die andern
                                                                                                                              Nicht betroffen von diesem Umzug sind
     Standorte gebettelt. Wer das Depot einmal ken-         Denkmalschutz eine Zukunft haben. Wer weiss,
                                                                                                                              die dezentralen Standorte des historischen
     nen gelernt habe, habe sich nur schwer davon           vielleicht besuchen die Fans statt dem Lokomo-
                                                                                                                              Rollmaterials von SBB Historic.
     trennen können.                                        tivdepot das Museum eines Depots im Depot“,
                                                                                                                              Mit der Zusammenlegung der Standorte in
         Im Depot herrschte Hochbetrieb bis in die          sagt Lämmle.
                                                                                                                              Brugg ist kein Stellenabbau verbunden. Al-
     1970er Jahre. Doch in den vergangenen Jahr-               Für Erstfeld geht eine Epoche zu Ende. Wenn
                                                                                                                              len 23 Mitarbeitenden wird eine Stelle am
     zehnten ist es ruhiger geworden. Erstfeld hat          im Dezember 2016 der Gotthard-Basistunnel
                                                                                                                              neuen Standort angeboten. Die Stiftung
     viele Arbeitsplätze verloren, die Einwohnerzahl        eröffnet wird, werden nur noch wenige Züge
                                                                                                                              Historisches Erbe der SBB – kurz SBB Histo-
     ging zurück. Für das Depot sieht es jetzt düster       in Erstfeld halten. Es gibt aber einen Lichtblick:
                                                                                                                              ric – ist eine Stiftung der SBB und seit 2001
     aus. SBB Cargo hat den Einsatz der Lokführer           Für den Betrieb des Gotthard-Basistunnels wer-
                                                                                                                              verantwortlich für das historische Erbe der
     im Güterverkehr auf der Nord-Süd-Achse neu             den in Erstfeld und Biasca je ein Erhaltungs- und
                                                                                                                              Schweizer Bahn. Die Stiftung hat es sich
     geordnet. Das Depot Erstfeld wird 2017 nach            Interventionszentrum für rund 80 Mitarbeiter
                                                                                                                              zur Aufgabe gemacht, die Bahngeschichte
     der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels auf-           gebaut.
                                                                                                                              in all ihren Facetten für die Fachwelt und
     gehoben.
                                                                                                                              für die interessierte Öffentlichkeit erlebbar
         „Die Schliessung ist beschlossen und so            Info: Auf Wunsch wird für Gruppen von mind.                       zu machen.
     bleibt dem Personal nur noch eine beschränk-           10 Personen ein geführter Rundgang angeboten.
     te Zeit, sich an dem grünsten aller Depots zu          Preis pro Person: 5 Fr. Buchung: Tel. 051 220 91 15,              Internet: www.sbbhistoric.ch
     erfreuen. Die Gebäude werden wohl dank                 E-Mail: geschaeftsstelle@sbbhistoric.ch

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