HESSEN SCHIENE - 4:ml - Pro Bahn & Bus eV

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HESSEN SCHIENE - 4:ml - Pro Bahn & Bus eV
HESSEN
SCHIENE
Nr. 110   Januar - März 2018

• Mehr Züge zum Fahrplanwechsel
• Jubiläum 120 Jahre Horlofftalbahn
• Spezial: Schienenverkehr in/um Wiesbaden

                                ZKZ 04032   D: 2,80 Euro

                               4:ml
HESSEN SCHIENE - 4:ml - Pro Bahn & Bus eV
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                                                                                    Karikatur: Jürgen Janson

                                                    Impressum
Herausgeber         Pro Bahn & Bus e.V.                  Erhältlich bei den Bahnhofsbuchhandlungen Bad
                                                         Kreuznach, Bad Nauheim, Darmstadt Hbf, Frankfurt
Redaktionell        Friedrich Lang                       (M) Hbf, Frankfurt (M) Süd, Frankfurt (M) Höchst,
verantwortlich      hessenschiene@probahn-bus.org        Friedberg (Hessen), Fulda, Gießen, Göttingen, Hanau
Layout              Jürgen Lerch                         Hbf, Kassel Hbf, Kassel-Wilhelmshöhe, Limburg,
                                                         Koblenz Hbf, Mainz Hbf, Marburg, Offenbach (M) Hbf,
Kontakt             Bahnhofstraße 102                    Rüsselsheim, Wiesbaden Hbf
                    36341 Lauterbach
                    Tel. & Fax (06641) 6 27 27           Abonnement: Acht Ausgaben 18,00 Euro
                    info@probahn-bus.org                 (Deutschland); 26,00 Euro (Ausland / Luftpost).
                    www.probahn-bus.org                  Der Bezug ist für Mitglieder von Pro Bahn & Bus
                    AG Gießen VR 3732                    kostenfrei.

Druck               Druckhaus Gratzfeld, Butzbach        Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8 vom 1. Dez. 2010
Auflage             1400 Exemplare                       Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmi-
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Hermann Hoffmann,            gung des Herausgebers. Der Herausgeber ist
Friedrich Lang, Jürgen Lerch, Hans-Peter Günther,        berechtigt, veröffentlichte Beiträge in eigenen
Jürgen Schmied, Andreas Christopher, Oliver              gedruckten und elektronischen Produkten zu
Günther, Lars Kühnemund, Horst Lorenz                    verwenden und eine Nutzung Dritten zu gestatten.
                                                         Eine Verwertung urheberrechtlich geschützter
Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 25.02.2018            Beiträge, Abbildungen etc. ist unzulässig, soweit sich
Erscheinungsweise: vierteljährlich                       aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt.

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Vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
um Bahnprojekte wird heute genauso gestritten wie um andere Großprojekte. Das ist
Ausdruck einer jahrzehntelang praktizierten Abkehr vom Obrigkeitsprinzip und Hinweis
auf das Wachsen einer gefestigten Demokratie. Und doch ist es nötig, auf die vielfach
miserable Qualität der Auseinandersetzung hinzuweisen. Getrieben werden die Proteste
meistens von persönlicher Betroffenheit. Oft geht es um Lärm, seltener um andere
Emissionsarten. Das ist in Ordnung, niemand muss sich nach Jahrzehnten des exzessiven
Ausbaus von Verkehrswegen eine Autobahn oder eine Bahnstrecke ohne ausreichenden
Schallschutz vor das Fenster setzen lassen.
    Problematisch wird es, wenn mit allen Mitteln eine Fundamentalopposition herbei-
argumentiert wird, weil man ein von allen Seiten akzeptiertes Projekt am liebsten ganz
verhindern möchte. Da kommen schnell Halb- oder Unwahrheiten ins Spiel. So be-
schwören z.B. die Gegner des viergleisigen Ausbaus der Main-Weser-Bahn Frankfurt –
Friedberg gerne den angeblichen Anstieg des Güterverkehrs herauf, wohl wissend, dass
der Knoten Frankfurt kaum weitere Güterzüge verkraftet und traditionell die Um-
gehungsstrecke Friedberg – Hanau für diese Verkehrsart am stärksten genutzt wird. Flott
wird dann mal eine völlig neue Bahn entlang der A5 ins Spiel gebracht, die angeblich
dem System Schiene nutze und Güterzugfahrten ermögliche. Nun zeigt der Blick auf eine
Landkarte, dass die A5 an kaum einer Stelle natürlichen Flusstälern folgt. Selbst da, wo
parallel ausreichend Platz bestanden hätte, wurde die Fernstraße an den Berghängen
entlang trassiert. Übrigens ein Umstand, der auch dem PKW- und besonders dem LKW-
Verkehr vielfach Probleme bereitet. Aber genau diese Trasse soll sich für Schienen-
Güterfernverkehr eignen – glaubt man den Gegnern der viergleisigen Main-Weser-Bahn.
    Oder es wird der akkubetriebene Elektrobus ins Gespräch gebracht, wenn es darum
geht, eine Schienenstrecke vor der eigenen Haustür zu verhindern. In Sachen E-Mobili-
tät auf der Straße stehen wir heute etwa da, wo die Fluggerätkonstrukteure an der Wende
vom 19. zum 20. Jahrhundert standen. Damals wurde die Frage diskutiert, ob dem
Prinzip „leichter als Luft“ oder „schwerer als Luft“ die Zukunft gehört. Heute geht es um
Dinge wie „Brennstoffzelle als Alternative“ oder „in motion-charging“, worunter beim E-
Bus vor allem die Aufladung unter der bewährten Oberleitung zu verstehen ist. E-Bus
klingt nach E-Mobilität, und die ist momentan hip, vor allem in der Politik. Aktuell wird
der E-Bus von einzelnen Politikern des Lumdatals ins Gespräch gebracht, verbunden mit
dem absurden Vorschlag, die Schienen der Bahn durch ein Asphaltband zu ersetzen.
    Auch Pro Bahn & Bus besteht zu einem Großteil aus interessierten Laien. Durch
lange Beschäftigung mit komplexen Themen rund um Bahn und Bus ist aber einiges an
Wissen entstanden. Initiativen, die sich primär um Lärmschutz kümmern, könnten
davon profitieren, wenn sie zur Zusammenarbeit bereit wären. Viele von ihnen verbrei-
ten aber lieber kaum erprobte Rezepte zur angeblich besseren Gestaltung des Massen-
verkehrs – und untergraben so ihre eigene Glaubwürdigkeit.

  Wolfgang Klapdor, Vorsitzender Pro Bahn & Bus e.V.
       HS Nr. 110                                                              3
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Buchfahrplan

          Pinwand ................................................................................................................ 4
          Tipps und Infos ...................................................................................................... 6

          NVV: Erstmals mit Preissenkungen ......................................................................... 7
          10 Jahre Tunnel für die RegioTram im Hauptbahnhof Kassel .................................. 10
          Mehr Züge auf der Edertalbahn ............................................................................. 12
          Aus für GTW, zu wenig Desiros ............................................................................. 13

          Droht der Einstieg zum Problem zu werden? ......................................................... 15
          Wegfall von Zugverbindungen in Thüringen ........................................................... 17

          120 Jahre Horlofftalbahn ...................................................................................... 19
          Mitfahrerbank Laubach eingeweiht ........................................................................ 23
          DeinBus steigt in den Bus-Nahverkehr ein ............................................................. 24
          Obere Lahntalbahn: Stundentakt jetzt auch am Samstag ........................................ 26
          Güterverkehr der Westerwaldbahn endet nach knapp 105 Jahren ........................... 27

          Wird der Nullemissionsplan zum Ansporn für einen besseren Nahverkehr ............... 29
          Citybahn Wiesbaden könnte auch Biebrich erschließen .......................................... 35
          NKU zur Citybahn Wiesbaden mit deutlich positivem Ergebnis ............................... 37
          Flughafen-Regionalbahnhof wird modernisiert ....................................................... 38

          Neue Fahrkartenautomaten im RMV-Gebiet ........................................................... 39
          Neue DB Information ............................................................................................ 41

          Vor 190 Jahren wurde der Architekt Heinrich Velde geboren ................................... 43

          Streckentelegramm .............................................................................................. 45
          Schlusslicht ......................................................................................................... 50

               Titelbild: Auf der Rhönbahn ist die Regionalbahn zwischen Hettenhausen
                    und Schmalnau nach Fulda unterwegs. Foto: Stefan Sitzmann
                      Rückseite: In der Gegenrichtung nach Gersfeld ist der Zug kurz
                             vor Ried eingetroffen    Foto: Stefan Sitzmann

                                 Alle Fotos ohne Namensnennung: Jürgen Lerch

      4                                                                                       HS Nr. 110
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Pinwand

                                                         Pro Bahn & Bus e.V. ist Mitglied
Unsere Treffen vor Ort:                                  im Deutschen Bahnkunden-Verband e.V.

                                                                Regionalverband Mittelhessen
  Unsere Aktiven vor Ort:                                       Regionalleiter Jürgen Lerch
                                                                Bismarckstraße 3, 35510 Butzbach
                                                                Telefon (0 60 33) 1 60 47
  Regionalverband Nordhessen                                    mittelhessen@probahn-bus.org
  Regionalleiter Hermann Hoffmann
  Am Juliusstein 18, 34130 Kassel                               Regionalverband Rhein-Main
  Telefon und Telefax (05 61) 67 17 9                           Regionalleiter Gernot Hornik
  hhoffma@gmx.de                                                Feldgasse 5, 65510 Hünstetten
                                                                Telefon und Telefax (0 61 26) 5 76 60
  Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des                         rheinmain@probahn-bus.org
  Schienenverkehrs im Raum Marburg e.V. (AFS)
  1. Vorsitzender Michael Marinc                                Bereich Südhessen und Rheinhessen
  Stadtgasse 27, 35216 Biedenkopf                               Ansprechpartner: Wolfgang Klapdor
  Telefon: ( 0 64 61) 51 01, Fax: (0 64 61) - 92 39 71          Zeppelinstraße 16, 67578 Gimbsheim
  m.marinc@t-online.de                                          Telefon 0177 788 118 2
                                                                suedhessen@probahn-bus.org
  Regionalverband Osthessen e.V.
  Regionalleiter Stefan Sitzmann                                Zentrale, Geschäftsstelle Lauterbach
  Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach                           Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach
  Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27                         Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27
  osthessen@probahn-bus.org                                     info@probahn-bus.org

       HS Nr.110                                                                                    5
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Tipps und Infos

Mit BahnCard 50 jetzt gleiche
Ermäßigung auf Sparpreise wie
bei BC25
(jl) Mit der BahnCard 50 können jetzt Fahr-
gäste auch dann Sparpreise buchen, wenn
in der Bahnverbindung ein oder mehrere
Nahverkehrszüge enthalten sind. Bisher
konnten Sparpreise mit BahnCard 50 nur
dann gebucht werden, wenn die ganze            Hessenticket ab Januar 2018 nur
Verbindung nur Fernverkehrszüge bein-          noch mit Namen gültig
haltete.
                                               (jl) Das Hessenticket ist ab 2018 nur noch
                                               mit den eingetragenen Namen der Reisen-
RMV: Tageskarten in Frankfurt,
                                               den gültig. Bisher war ein Namenseintrag
Mainz und Wiesbaden deutlich                   auf der Fahrkarte nicht notwendig; das
günstiger                                      Hessenticket war sogar frei übertragbar. Da
(jl) Nutzer von Bus und Bahnen in Frank-       mit genutzten Hessentickets jedoch ein
furt, Wiesbaden und Mainz werden für Ta-       schwunghafter Handel getrieben wurde,
geskarten ab Januar 2018 weniger zahlen        sahen sich die Verbünde zu der neuen Re-
müssen: Der Preis sinkt in allen drei Städ-    gelung veranlasst. Also Kuli nicht verges-
ten für Erwachsene auf einheitlich 5,35        sen!
Euro, für Kinder auf 3,00 Euro. In Frank-
furt vergünstigt sich die Tageskarte für Er-
                                                        Weihnachtsgrüße
wachsene damit um 1,85 Euro. Bislang              Die Redaktion der Hessenschiene
kostet sie 7,20 Euro.                          wünscht allen Leserinnen und Lesern eine
                                               frohe Weihnachtszeit und einen guten
In Frankfurt sinkt außerdem der Preis für      Rutsch ins neue Jahr!
Einzelfahrscheine für Erwachsene um 15
Cent auf 2,75 Euro, für Kinder um 10 Cent
auf 1,55 Euro.

Durchschnittlich erhöht der RMV aber die
Preise um 1,5%. Der Anstieg soll in den
kommenden zwei Jahren in gleicher Höhe
gedeckelt werden. Während die Deutsche
Bahn ihre Preise regelmäßig zum Fahrplan-
wechsel Anfang Dezember erhöht, weicht
der RMV von diesem Schema ab: Seit
wenigen Jahren erfolgt hier die Tarifum-
stellung immer am 1. Januar.

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Nordhessen aktuell

Kleine Tarifreform des NVV:
Erstmals mit Preissenkungen – Moderate
Fahrpreiserhöhung im Durchschnitt von 1,5 %
(hh, jl) Um weiterhin die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs in Nordhessen
durch Einnahmen aus dem Verkauf von Fahrkarten auf einem konstanten Ni-
veau zu halten, hat der NVV-Aufsichtsrat in seiner letzten Sitzung erstmals eine
kleine Tarifreform mit verschiedenen Preissenkungen und zum dritten Mal
hintereinander eine moderate durchschnittliche Erhöhung aller Ticketpreise
beschlossen.
   Es wurde der Empfehlung der Ge-              NVV ein Multiticket
schäftsführung gefolgt und einer Tarifan-       für das Stadtgebiet
passung in Höhe von durchschnittlich 1,5        Kassel ein. Damit
Prozent zum 1. Januar 2018 zugestimmt.          kann der Preis ge-
Zuletzt war dies zum 1. Januar 2017 mit1,9      senkt werden und
Prozent der Fall.                               liegt ab 1. Januar bei
                                                6 Euro statt 7 Euro für
Tarifsenkungen und Änderung zum
                                                die Single-Karte und
01.01.2018 im Überblick                         bei 7,50 Euro statt 8,90 Euro in der
   Als Reaktion auf die rückläufigen Ver-       Familienvariante. So soll das Multiticket
käufe des MultiTickets im KasselPlus-ge-        wieder attraktiver werden und den negati-
biet vor allem in der Stadt Kassel führt der    ven Verkaufstrend aufhalten.
 Die Kasseler Straßenbahn auf dem derzeit baustellenbedingt gesperrten Streckenast zur alten
 VW-Werk-Schleife. Die Anbindung des großen Baunataler Arbeitgebers erfolgt ohnehin ganz
  überwiegend über die in den 1990er Jahren neu gebaute Baunatalstrecke. Foto: F. Lang

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Nordhessen aktuell

                                                              Im Stadtgebiet Kassel wird
                                                              das MultiTicket einen Euro
                                                              günstiger

                                                              werden, unabhängig davon,
                                                              welche Preisstufe sie haben.
                                                              So erhalten die Jahreskar-
                                                              tenkunden die Möglichkeit,
                                                              ihr Ticket ohne zusätzliche
                                                              Kosten im gesamten Ver-
                                               bund einzusetzen. Die im Jahr 2016 einge-
   Als weiteren Schritt innerhalb der Re-
                                               führte Jahreskarte NordhessenFreizeit, die
form gibt es zukünftig die Preisstufen 9 und
                                               diesen Nutzen gegen geringen Aufpreis
10 nicht mehr. Die Fahrkarten dieser Preis-
                                               bisher beinhaltet, hat nicht genügend Ab-
stufen erhalten den Tarif der Preisstufe 8
                                               nehmer gefunden und wird abgeschafft.
und werden so deutlich günstiger. Ziel der
Preissenkungen ist es, besonders für die          „Ziel der verschiedenen Aktivitäten ist
Kunden mit langen Verbindungen und             es“, so NVV-Geschäftsführer Wolfgang
Fahrzeiten ein gutes preisliches Angebot zu    Rausch, „den öffentlichen Nahverkehr in
machen. Der NVV verspricht sich davon,         Nordhessen mit attraktiven Angeboten -
die bestehenden Fahrgäste zu halten, aber      auch bei den Preisen - weiterzuentwickeln.
auch neue dazuzugewinnen.                      Wir begreifen unsere Fahrgäste nicht als
   Darüber hinaus erhalten alle Multi-         Einnahmequelle, sondern als echte Kun-
Tickets (Tagestickets) und Zeitkarten der      den, die wir jeden Tag mit Qualität, Kom-
Preisstufe 8 die Netzwirkung für das gesam-    fort, Service und einem guten Preis über-
te NVV-Gebiet, die es vorher erst in Preis-    zeugen wollen!“
stufe 10 gab. So profitieren Fahrgäste, die
                                                  Das Hessenticket wird nicht teurer, er-
bisher mit der Preisstufe 8 und 9 unterwegs
                                               hält aber eine andere Form der Gültigkeit.
waren, bereits mit der Preisstufe 8 von ih-
                                               Ab nächstem Jahr ist dieses Ticket nicht
rer im gesamten NVV gültigen Fahrkarte.
                                               mehr frei übertragbar. Stattdessen müssen
   Neben den Preissenkungen beim Multi-        alle mitreisenden Fahrgäste ihren Namen
Ticket in Kassel und dem Wegfall der ho-       eintragen. Hintergrund ist der teilweise
hen Tarifstufen stößt der NVV weitere          gewerbsmäßige Handel mit weitergegebe-
Tarifverbesserungen an. Alle Jahreskarten      nen Tickets. Hinweise dazu hatte es durch
inkl. JobTickets und Diakonietickets kön-      Gerichtsurteile, die Bundespolizei und
nen zukünftig ab 19 Uhr und am gesamten        Kunden gegeben. Das hat den NVV ver-
Wochenende in ganz Nordhessen genutzt          anlasst, nach einer gemeinsamen Lösung

       8                                                              HS Nr. 110
HESSEN SCHIENE - 4:ml - Pro Bahn & Bus eV
Nordhessen aktuell

             Preisbeispiele für Verbindungen der Preisstufen 9 und 10
  Schwalmstadt - Korbach, Preisstufe 10           Korbach - Kassel, Preisstufe 9
  Bad Hersfeld - Bad Wildungen, Preisstufe 10     Bebra - Kassel, Preisstufe 9
  Kassel - Schwalmstadt, Preisstufe 10            Borken – Grebenstein, Preisstufe 9

  Einzelfahrt alt 13,60 Euro, neu 11,20 Euro      Einzelfahrt alt 12,40 Euro, neu 11,20 Euro
  MultiTicket alt 28,50 Euro, neu 24,00 Euro      MultiTicket alt 26,50 Euro, neu 24,00 Euro
  Monatskarte alt 244 Euro, neu 203 Euro          Monatskarte alt 223 Euro, neu 203 Euro

mit dem RMV zu suchen, die nun ab 1.            stant zu einem Drittel aus Fahrgeldein-
Januar 2018 in Kraft tritt.                     nahmen und zu zwei Dritteln aus öffentli-
                                                chen Geldern finanziert wird und keine
   Um Nordhessen als Tourismus- und             Einbrüche bei den Fahrgelderlösen entste-
Freizeitziel weiter zu entwickeln und           hen.
besonders Wochenendgästen und Ausflüg-
lern ein attraktives Nahverkehrsticket zu          Ziel der Tarifanpassung ist es weiterhin,
bieten, wird für die Sommersaison 2018 ein      die Belastung für die Kunden so gering wie
Tourismusticket, die MeineCardMobil, ein-       möglich zu halten, obwohl die Verkehrs-
geführt. Voraussetzung dafür ist, dass die      leistungen für den NVV teurer werden.
Beherbergungsbetriebe Interesse an dem          Darüber hinaus soll vermieden werden,
neuen Angebot haben und den maxima-             dass Fahrgäste abwandern und den Indivi-
len Aufschlag von 1 Euro/pro Übernach-          dualverkehr nutzen.
tung für die kostenlose Nutzung des ÖPNV           Da der öffentliche Nahverkehr bei wei-
ihren Urlaubsgästen anbieten. In Zusam-         tem nicht kostendeckend ist - in Nordhessen
menarbeit mit dem Regionalmanagement            beträgt der entsprechende Kosten-
Nordhessen und mit Unterstützung des            deckungsgrad durch die Fahrgeldein-
Landkreises Waldeck-Frankenberg wird            nahmen 32 Prozent - besteht die Finanzie-
zunächst mit Beherbergungsbetrieben aus         rung zum einen aus Fahrgeldeinnahmen
der Region Edersee/Kellerwald über die-         und zum anderen aus Steuergeldern, die
se Möglichkeit gesprochen.                      über das Land Hessen an den NVV flie-
                                                ßen.
Hintergrundinformation zur
                                                   Dieses Verhältnis von Kosten zu Einnah-
Tarifänderung
                                                men im NVV zeigt vor allem, dass die Tarif-
   Die Tariferhöhung entspricht etwa dem        anpassung nie zur vollständigen Kosten-
Anstieg der allgemeinen Verbraucher-            deckung herangezogen wurde, sondern sie
preise, die zwischen 2016 und 2017 bei rund     dient dazu, das Verhältnis zwischen Steu-
zwei Prozent lagen. Dadurch soll erreicht       er- und Fahrgeldfinanzierung ausgewogen
werden, dass der ÖPNV in der Region kon-        zu halten.

        HS Nr. 110                                                                  9
HESSEN SCHIENE - 4:ml - Pro Bahn & Bus eV
Nordhessen aktuell

10 Jahre Tunnel für die RegioTram im
Hauptbahnhof Kassel
(hh, jl) Für Nordhessens Fahrgäste war es die wichtigste Etappe im RegioTram-
System als vor gut 10 Jahren mit dem Tunnel unter dem Kasseler Hauptbahnhof
die Verknüpfung der Stadt mit der Region Richtung Melsungen, Hofgeismar,
Wolfhagen startet. Seitdem haben mehr als 13,6 Millionen Fahrgäste die Tunnel-
durchfahrt für den Weg zur Arbeit, in die Schule, nach Hause oder auch in die
Freizeit genutzt. Und es sind im Laufe der Jahre kontinuierlich mehr geworden.
   So lag die Zahl der Tunneldurchfahrer        wicklung des ÖPNV in Nordhessen: „Mit
auf den RegioTram-Strecken Richtung             dem RegioTram-System wurde eine neue
Wolfhagen, Hofgeismar, Schwalmstadt und         Qualität des ÖPNV in Nordhessen einge-
Melsungen im Jahr 2008 noch bei 754.000,        führt: mit einem Fahrzeug umsteigefrei aus
im Jahr 2016 bei mehr als 2,4 Millionen.        der Stadt in die Region und umgekehrt. Das
Gleichzeitig stiegen die Fahrgastzahlen in      hat viele Menschen überzeugt. Und die
den letzten zehn Jahren von insgesamt 1,8       Fahrgäste haben die Erfolgsgeschichte mit-
Millionen auf voraussichtlich 5,6 Millionen     geschrieben. Dafür möchten wir uns ganz
in 2017. Damit hat sich die Fahrgastzahl seit   besonders bedanken.“
der Einführung mehr als verdreifacht.
                                                   „Durch seine Kombination von Eisen-
   Für Wolfgang Rausch, NVV-Geschäfts-          bahn und Straßenbahn verlangt das nord-
führer, spielt die Entwicklung der Regio-       hessenweit einmalige RegioTram-System
Tram eine wesentliche Rolle für die Ent-        ein spezielles Knowhow in unserer Leit-

         Seit über 10 Jahren fahren die RegioTrams nach dem Halt am Hauptbahnhof
                        durch einen Tunnel in die Kasseler Innenstadt

        10                                                            HS Nr. 110
Nordhessen aktuell

stelle, den Werkstätten und im Fahrbetrieb.    eine wichtige Rolle, um den ländlichen
Die RegioTrams sind auch deshalb und für       Raum zukünftig positiv zu entwickeln.
uns als Unternehmen eine herausfordern-        Immer mehr Kommunen begreifen eine
de Bereicherung. Gerade weil der Regio-        RegioTram-Station als Standortfaktor. So
Tram-Betrieb so anspruchsvoll ist, ist es      besteht die Möglichkeit, dass durch die
bemerkenswert, dass die RT nordhessen-         Anbindung von Kommunen an die
weit Spitzenwerte bei der Pünktlichkeit er-    RegioTram die Zahl der Einwohner kon-
reicht“, sagt KVG-Vorstand Dr. Thorsten        stant gehalten werden kann und so die Fol-
Ebert. Die KVG ist in ihrem Betriebshof        gen des demografischen Wandels gemildert
Sandershäuser Straße für Instandhaltung        werden.
und Wartung der 28 RegioTram-Züge zu-
ständig, die Betriebsleitstelle der KVG in        Für den NVV stiftet die RegioTram auch
Wilhelmshöhe koordiniert den RT-Betrieb        nordhessische Identität. Das Verkehrs-
in der Stadt Kassel. Gemeinsam mit der         system lässt die Region näher zusammen-
HLB GmbH bildet sie die RBK als Eigen-         rücken, erhöht die Attraktivität der Städte
tümerin der Fahrzeuge sowie die Regio-         und Gemeinden und verbreitert das
Tram Gesellschaft (RTG), die für den RT-       Mobilitätsangebot für die Menschen, um
Fahrbetrieb verantwortlich ist.                an den Arbeitsplatz, zur Schule oder zum
                                               Einkaufen zu kommen. Das erhöht die
    Erklärungen für die gute Bilanz gibt es    Lebensqualität in Nordhessen und trägt
einige, die auf der Hand liegen. Das attrak-   dazu bei, dass einerseits die vorhandene
tive Angebot ist bekannt, hat sich in den      Bevölkerung in der Region bleiben kann
Köpfen verfestigt. Die RT-Station spielt bei   und sich andererseits neue Einwohne-
der Wohnortwahl eine immer größere Rol-        rinnen und Einwohner niederlassen, die
le. Die RegioTram ersetzt das Zweit-Auto       Leben und Kaufkraft in die Kommunen
bzw. ein weiteres Auto muss nicht erst an-     bringen.
geschafft werden und nicht zuletzt gibt es
einen bundesweiten Trend, dass immer              „Die RegioTram ist aber auch beispiel-
mehr Menschen mit der Bahn fahren.             gebend für ein System, bei dem alles
                                               aufeinander abgestimmt werden konnte.
   Neben Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit     Strecken, Fahrzeuge, Stationen und Ange-
beeinflusst auch der Komfort die Bewer-        bot sind aus einem Guss und erfüllen so
tung der RegioTram bei den NVV-Kunden.         die Ansprüche unserer Kunden. Das ist
So verfügt die RegioTram über eine Kapa-       auch der Maßstab für unsere zukünftigen
zität von 160 Plätzen, 90 davon allein zum     Projekte,“ so Wolfgang Rausch. Der NVV
Sitzen. Die Fahrgäste haben dem Fahrzeug       plant zurzeit weitere RegioTram-Stationen,
RegioTram beim jüngsten NVV-Kunden-            um das System weiter zu komplettieren,
barometer daher erneut Bestnoten erteilt.      aber auch zu optimieren und noch mehr
                                               Fahrgästen zugänglich zu machen. Dazu
   Darüber hinaus spielt eine attraktive       gehören Melsungen-Schwarzenberg und
Anbindung durch den öffentlichen Per-          Melsungen-Süd als Stationsneubauten.
sonennahverkehr wie durch die RegioTram

        HS Nr. 110                                                              11
Nordhessen aktuell

Brilon-Stadt – Brilon-Wald – Korbach – Frankenberg – Marburg
Mehr Züge auf der Edertalbahn
(js) Nachdem in den vergangenen Monaten der Kreuzungsbahnhof Viermünden
wieder neu errichtet wurde, ergeben sich ab Fahrplanwechsel zahlreiche Ver-
besserungen, die über Marburg und Brilon hinaus gehen. Die NVV-Liniennummer
ändert sich von R42 in RB42.
   Die zweistündlich verkehrenden Takt-      fehlender Kreuzungsmöglichkeiten nur ein
züge auf der Gesamtstrecke von Marburg       Zwei-Stunden-Takt möglich. Ebenso be-
in Richtung Brilon-Wald verkehren nun zur    stand zwischen Korbach und Brilon-Wald
geraden Stunde. Bisher erfolgte die Bedie-   weitestgehend ein Zwei-Stunden-Takt.
nung zur ungeraden Stunde. Dadurch ver-
bessern sich die Anschlüsse in Brilon-Wald      Durch die Fertigstellung des Kreuzungs-
an die Linie RE 57 in Richtung Dortmund,     bahnhofs in Viermünden ist die Takt-
wodurch auf die Weiterführung der Züge       verdichtung möglich geworden. In Rich-
nach Bestwig verzichtet werden kann. Alle    tung Brilon-Stadt wird nun zwischen Mon-
Züge, die Brilon-Wald aus Marburg errei-     tag und Samstag ab 12 Uhr ein Stunden-
chen, werden nach Brilon-Stadt weiterge-     takt angeboten. An Sonntagen beginnt der
führt.                                       Stundentakt bereits zwei Stunden früher.
                                             Am Vormittag wird weiterhin ein Zwei-
   Der Zugverkehr zwischen Brilon-Stadt      Stunden-Takt angeboten. Samstag und
und Marburg/Lahn wird verdichtet. Nach-      Sonntag endet der Stundentakt nach 18
mittags verkehren die Züge täglich im        Uhr, Werktags erst nach 20 Uhr. Der letzte
Stundentakt. Bisher war auf dem Strecken-    Zug aus Marburg (Abfahrt 21.29 Uhr) er-
abschnitt Frankenberg – Korbach aufgrund     reicht Korbach täglich um 22.55 Uhr. Eini-

                                                                Seit dem
                                                                Fahrplanwechsel halten
                                                                auch in Korbach-Süd
                                                                mehr Züge

                                                                Foto: Stefan Sitzmann

       12                                                          HS Nr. 110
Nordhessen aktuell

ge Züge aus Marburg wenden allerdings         wurde und kein Fahrgast seine Mitfahrt auf
bereits in Willingen.                         dem Bahnsteig deutlich macht.

   In Richtung Marburg wird täglich ab 14        Der Schülerzug, der Marburg um 13.29
Uhr (Abfahrtszeit in Korbach) ein Stunden-    Uhr verlässt (bisherige Abfahrtszeit 13.43
takt eingeführt. Der letzte Zug verlässt      Uhr), beginnt nun bereits in Marburg-Süd
Korbach täglich um 20 Uhr und erreicht        um 13.24 Uhr. Im Hauptbahnhof besteht
Marburg um 21.23 Uhr. An Samstagen            Anschluss an die RB 94 nach Bad Laasphe
kommt ein zusätzlicher Vormittagszug zum      am selben Bahnsteig gegenüber. Der Zug
Einsatz, der um 8.39 Uhr in Willingen be-     verkehrt bis Brilon-Stadt.
ginnt, Korbach um 9 Uhr erreicht und von
dort weiter nach Marburg fährt.                  Die RB 23.230, die bisher um 18.43 Uhr
                                              in Marburg abgefahren ist, verlässt die
   Die Stationen Thalitter, Schmittlotheim    Universitätsstadt nun bereits um 18.29 Uhr,
und Ederbringhausen werden auch weiter-       wurde also in die übliche Taktzeit gescho-
hin nur im Zwei-Stunden-Takt als Bedarfs-     ben. Die Anschlüsse aus Kassel (Ankunft
halt bedient. Ebenso wird die Station Vier-   zur Minute 35) für beide Regionalbahnen
münden trotz der dort stattfindenden Zug-     sind daher ab Fahrplanwechsel nicht mehr
kreuzungen nur als Bedarfshalt bedient.       erreichbar. Die beiden Züge der Gegen-
Natürlich muss der zuerst ankommende          richtung werden aufgrund der Zugkreu-
Zug halten; der Gegenzug wird die Station     zungen in Münchhausen damit ebenfalls in
allerdings ohne Halt durchfahren, wenn        die üblichen Abfahrtszeiten der Taktzüge
kein Ausstieg beim Personal angemeldet        eingereiht.

Kurhessenbahn-Fahrzeugflotte:
Aus für GTW, zu wenige Desiros
(js, jl) Ab dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2018 sollen die vorhandenen
Triebwagen der Baureihen 628.2, 628.4 und 646 durch 27 Dieseltriebwagen der
Baureihe 642 (Desiro) ersetzt werden. Diese niederflurigen und klimatisierten
Fahrzeuge verfügen über einen geräumigen Mehrzweckbereich, neun Steckdo-
sen und sind auch für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität geeignet.
   Die Fahrzeuge werden bei der DB            Kinderwagen oder Rollstühlen, LED-Be-
Fahrzeuginstandhaltung Kassel im Auftrag      leuchtung und ein Videoüberwachungs-
der Kurhessenbahn modernisiert. Dabei         system. Einige Plätze verfügen über groß-
wird die Leistung auf 2x 315 kW gesteigert,   flächige Multifunktionstische.
ein neues Fahrgastinformationssystem ein-
gebaut, Innen- und Außenanzeigen, sowie          Dadurch bietet das Fahrzeug etwa gleich
Innen- und Außenlautsprecher installiert.     viele Sitzplätze, wie die Triebwagen der
Die Fahrzeuge verfügen über 118 Sitzplät-     Baureihe 628. Die Triebwagen der Bau-
ze und 28 Klappsitze, einen Mehrzweck-        reihe 646 verfügen lediglich über 94 Sitz-
bereich zum Abstellen von Fahrrädern,         plätze, zuzüglich einiger Klappsitze.

        HS Nr. 110                                                             13
Nordhessen aktuell

 Bei der Kurhessenbahn möchte man die Triebwagen der Baureihe 646 (GTW 2/6) los werden

    Leider werden die „neuen“ Triebwagen       die GTW durch Desiros ersetzen. Durch
zum Fahrplanwechsel noch nicht in der be-      diese geänderten Rahmenbedingungen ste-
nötigten Anzahl zur Verfügung stehen, da       hen natürlich zum Start des neuen Ver-
die Kurhessenbahn derzeit nur über eini-       kehrsvertrages nicht genügend 642 zur Ver-
ge wenige Fahrzeuge verfügt. Ursprünglich      fügung. Deshalb laufen die neun vorhan-
sollten die neun bisher vorhandenen 646        denen 646 noch weiter und werden suk-
(Typ GTW 2/6) weiterlaufen und die vier        zessive durch weitere 642 ersetzt. Aller-
Fahrzeuge von Regio Hessen, die zur Zeit       dings gab es beim Umbauprogramm Ver-
noch auf der Dreieichbahn im Einsatz sind,     zögerungen, wodurch von den 14 ursprüng-
in den Bestand der Kurhessenbahn wech-         lich geplanten 642 nicht alle modernisiert
seln. Damit wären dann 13 646 und 14 642       zur Verfügung stehen. Die Fahrzeuge wer-
im Bestand. Da die für die Dreieichbahn        den zunächst unmodernisiert fahren und
bestellten neuen Fahrzeuge vom Herstel-        nach und nach umgebaut.
ler PESA bisher nicht geliefert wurden, lau-
fen die vier 646 dort weiter und der darüber      Die Kurhessenbahn versucht deshalb,
hinaus benötigte Fahrzeugbedarf ist durch      deutschlandweit Reservefahrzeuge dieser
642 abgedeckt, die ursprünglich für die        Baureihe zu beschaffen. Bei Redaktions-
Kurhessenbahn vorgesehen waren.                schluss war unklar, bis wann alle 27 benö-
    Im Laufe des Ausschreibungsverfahrens      tigten Triebwagen zum Einsatz kommen
hat man umgeschwenkt und will jetzt auch       werden.

       14                                                            HS Nr. 110
Osthessen aktuell

Bahnsteig versus Fahrgast -
Droht der Einstieg zum Problem zu werden?
(si) Der Vorstand der Ortsgruppe Bebra der Gewerkschaft Deutscher Lokomo-
tivführer begrüßt die durch die Bundesregierung und die Deutsche Bahn vor-
gesehene Vereinheitlichung der Bahnsteighöhen, sieht jedoch auch erhebliche
Probleme bei der praktischen Anwendung.
   Patrick Rehn, Mitglied des Ortsgruppen-    96 Zentimetern findet
Vorstand: „Für den flüssigen und schnel-      man an S-Bahnstrecken
len Fahrgastwechsel im Berufsverkehr, für     in und um Frankfurt,
mobilitätseingeschränkte Fahrgäste mit        München, Stuttgart,
Rollstuhl, Rollator oder Krücken sowie für    Hamburg und Berlin.“
Reisende mit Gepäck, Kinderwagen und
Fahrrädern ist es wichtig, dass der Fußbo-       Rehn schließt zwar
den des Zuges und der Bahnsteig eine Höhe     aus, dass eine RegioTram, welche als Stra-
haben. Dies erleichtert das Aus- und Ein-     ßenbahn auch durch die Kasseler Fußgän-
steigen und hilft die Eisenbahn als Reise-    gerzone fährt, zusammen mit einer S-Bahn
mittel attraktiv zu machen.“                  an einem Bahnsteig halten wird. In Kassel-
                                              Wilhelmshöhe stehen sich InterCity und
   Die Deutsche Bahn hat in einem Grund-      RegioTram jedoch durchaus am selben
satzpapier vor einigen Monaten eine ein-      Bahnsteig gegenüber.
heitliche Höhe von 76 Zentimetern für alle
neu zu bauenden oder zu sanierenden               Rehn weiter: „Die neue Höhe von 76
Bahnsteige vorgeschlagen. In der am 10.       Zentimeter würde besonders in ländlichen
November 2017 zu Ende gegangenen              Gegenden, wo zumeist neue Fahrzeuge mit
Verkehrsministerkonferenz der Bundeslän-      einer Höhe von 55 Zentimeter unterwegs
der haben sich diese für ein abgestimmtes     sind, dazu führen, dass immer eine Stufe
Konzept zwischen Bund, Bahn und Län-          aus dem Fahrzeug auf den Bahnsteig und
dern ausgesprochen, um eventuellen Feh-       umgekehrt bewältigt werden müsste. Für
lern vorzubeugen.                             die Betreiber der Fahrzeuge, welche
                                              teilweise erst wenige Jahre alt sind, wären
   Rehn verdeutlicht dies an einem Bei-       zudem entweder teure Umbauten oder
spiel: „In Deutschland gibt es derzeit vier   sogar Neubeschaffungen notwendig.“
gängige Bahnsteighöhen, wovon schon drei
in Nord- und Osthessen zu finden sind: 38        Auch dem Vorschlag des baden-würt-
Zentimeter für jene Stationen, an denen die   tembergischen Verkehrsminister Hermann,
RegioTram hält, 55 Zentimeter, wo Nah-        sogenannte Hybrid-Bahnsteige mit unter-
verkehrszüge wie beispielsweise die cantus    schiedlichen Höhen vorzusehen, erweist
halten und 76 Zentimeter für Bahnsteige,      die GDL Bebra eine klare Absage: „Das
an denen ICE und InterCity halten wie         könnte dazu führen, dass die Bahnsteige für
beispielsweise in Bad Hersfeld, Bebra, Kas-   unterschiedliche Einstiegshöhen mehrere
sel und Fulda. Die höchsten Bahnsteige mit    hundert Meter lang sind - obwohl der Zug

        HS Nr. 110                                                             15
Osthessen aktuell

Im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe wurden mehrere Gleise durch „Hochschottern“ höher gelegt,
    damit auch die RegioTram-Fahrgäste Ein- und Aussteigen können Foto: Steven Kunz

vielleicht nur 50 oder 70 Meter lang ist. Der   noch unsanierte, teilweise mit Gras bewach-
Zug müsste dann den Abschnitt ansteuern,        sene und nur über steile Treppen erreich-
in dem die Höhe passend wäre - während          bare Bahnsteige zu finden sind, mutet da
die am Bahnsteig wartenden Fahrgäste ih-        schon wie ein Schildbürgerstreich an.“
rem Zug hinterherlaufen. Dadurch würden
sich abermals die Haltezeiten verlängern           Die Kosten für den Umbau auf die neue
und der Zug mit jedem Halt Verspätung           Höhe würden zudem indirekt durch höhe-
ansammeln.“                                     re Ticketpreise abgefangen. Rehn: „Die
                                                Inhaber der sanierten Infrastruktur gibt die
   Das Durcheinander bei den unterschied-       Baukosten an das Eisenbahnunternehmen
lichen Bahnsteighöhen im Verlauf einer          weiter, welche für den Halt an der jeweili-
Bahnfahrt wurde in den vergangenen Jah-         gen Stationen ein entsprechendes Entgelt
ren zudem deutlich reduziert. Rehn: „In         zu bezahlen hat. Diese höheren Kosten
den vergangenen Jahren wurden durch             schlagen sich wiederum im Preis einer Zug-
Bund, Länder und Bahn bereits mehrere           fahrt nieder, welche der beauftragende
Milliarden Euro in die Sanierung und Auf-       Besteller bzw. Verkehrsverbund beim Fahr-
wertung tausender Stationen gesteckt.           gast geltend machen wird.“
Hierdurch hat sich die Zahl jener Bahnstei-
ge, an denen man nicht stufenlos in den             Das Ziel, einen Bahnsteig zu finden, an
Zug gelangt erheblich reduziert. Die neuen      welchem jeder Zug – egal wie hoch oder
Bahnsteige mit 55 Zentimetern nun wieder        tief dessen Einstieg ist – halten und in den
in Frage zu stellen, während andernorts         man stufenfrei einsteigen kann wird sich

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Osthessen aktuell

zwar weitgehend, aber eben nicht überall       müssen weiterhin ein bis zwei Stufen ge-
umsetzen lassen. Rehn: „Dort, wo ein Neu-      stiegen werden.“
oder Ausbau noch aussteht, muss man
schauen, wie die Gesamtsituation der Sta-           Die GDL Bebra sieht daher die Bundes-
tionen einer Linie aussieht. Ist bereits der   länder in der Pflicht: „Diese müssen bei
größte Teil der Bahnsteige auf ein einheit-    Ausschreibung und Vergabe von Nahver-
liches Maß gebracht, wäre ein Bahnsteig        kehrsleistungen und eventuell auch kurz-
mit der neuen Höhe ein störender Faktor.       fristig darauf hinwirken, dass in allen Per-
An den großen Bahnhöhen wie Fulda,             sonenzügen stets ausreichend Zugbegleiter
Bebra, Bad Hersfeld oder Kassel muss man       an Bord sind, um dann zur Stelle zu sein,
indes schauen, ob und wie weit es möglich      wenn jemand Hilfe beim Ein- oder Aus-
ist, die Gleissituation optimieren zu kön-     steigen braucht. Diese haben im durch sie
nen. Wenn an einem Bahnsteig unter Um-         betreuten Bereich die Übersicht, wo je-
ständen nur Nahverkehrszüge mit 55 Zen-        mand eingestiegen ist, was er für Hilfe
timeter Einstiegshöhe halten, ist es unserer   braucht und wie diese am besten zu leisten
Auffassung nach unsinnig, eine Höhe von        ist.
76 Zentimetern vorzuhalten.“
                                                  Für Bahnhöfe, an denen die Reisenden
   Hierfür wären laut Rehn noch nicht          umsteigen wollen, können sie dann meist
einmal teure Neu- oder Umbauten am             entsprechende Hilfe vorbestellen. Auch für
Bahnsteig notwendig: „Die Lösung liegt im      Rollstuhlfahrer ist dank der nahezu in al-
sogenannten Hochstopfen der Gleise, wie        len Nahverkehrszügen vorhandenen Ram-
man es seinerzeit in Kassel-Wilhelmshöhe       pen und Hublifte eine Mitfahrt kein Pro-
an den Bahnsteigen 7 bis 10 praktiziert hat.   blem mehr. Ein weiterer positiver Neben-
Zur Betriebsaufnahme der RegioTram wur-        effekt: Die Kolleginnen und Kollegen sor-
den diese Gleise durch das Einbringen und      gen alleine durch ihre Anwesenheit und
Verdichten von Schotter unter und neben        Präsenz schon für Sicherheit und Sauber-
dem Gleis um knapp 20 Zentimeter ange-         keit im Zug, können die Fahrscheine kon-
hoben, zusätzlich wurde die Höhe der           trollieren und Informationen geben, und
Oberleitung angepasst. So ist es möglich,      im Störungsfall gemeinsam mit dem Lok-
dass RegioTram und InterCity am selben         führer entsprechende Maßnahmen einlei-
Bahnsteig halten können. Doch optimal ist      ten und die Fahrgäste betreuen.“
die Situation immer noch nicht, denn es

Wegfall von Zugverbindungen in Thüringen
(si) Mit dem Jahresfahrplanwechsel 2017/2018 gibt es im Schienenpersonen-
nahverkehr in Thüringen erneut Verschlechterungen. So halten am traditions-
reichen Bahnhof Oberhof keine Personenzüge mehr.
  Für die durchschnittlich noch verbliebe-     kostspielig. Daher wird der ca. 3 Kilome-
nen 150 Ein-/Aussteiger pro Tag erschie-       ter vom Bahnhof gelegene Ort Oberhof
nen notwendige Umbaumaßnahmen zu               künftig von Zella-Mehlis aus mit Bussen be-

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Osthessen aktuell

     Im Bahnhof Oberhof halten in Zukunft keine Züge mehr     Foto: Stefan Sitzmann

dient. Der inzwischen modernisierte Bahn-      chen. Standzeiten von fast einer Stunde in
hof Zella-Mehlis bekommt im Gegenzug           Buttstädt zeugen nicht gerade von optima-
den Namenszusatz „Oberhof“.                    len Fahrzeugumläufplanungen und lassen
                                               für die Zukunft des Restabschnitts der
   Mit dem Betreiberwechsel von DB             „Pfefferminzbahn“ leider nichts Gutes er-
Regio zur Erfurter Bahn endet zudem die        warten.
fahrplanmässige Personenzugbedienung
eines weiteren Teilstücks der sogenannten
„Pfefferminzbahn“ zwischen Buttstädt und
                                                     Bahnsteig der Pfefferminzbahn in
Großheringen. Nachdem schon vor über
                                                      Sömmerda Richtung Straußfurt
zehn Jahren der Zugverkehr zwischen                       Foto: Stefan Sitzmann
Straußfurt und Sömmerda abbestellt wur-
de, hat es nun einen weiteren Abschnitt
getroffen, der zuletzt von nur noch etwa 100
Fahrgästen pro Tag frequentiert wurde.

   Leider wurde auf dem nun im Insel-
betrieb bedienten Streckenabschnitt
Sömmerda-Buttstädt das Angebot nicht
aufgewertet, sondern sogar noch auf einen
Zweistundentakt (mit Ausnahme morgens)
gekürzt und Abendverbindungen gestri-

       18                                                              HS Nr. 110
Mittelhessen aktuell

Großes Bahnfest in der Wetterau
120 Jahre Horlofftalbahn
(jl) Mit einem großen Begleitprogramm wurde am 3. Oktober 2017 das Jubiläum
120 Jahre Horlofftalbahn begangen. An allen Unterwegsbahnhöfen gab es Ver-
anstaltungen. Mit drei Dampfzugfahrten Friedberg – Nidda und zurück und ei-
nem erweiterten Fahrtenangebot konnten die Besucher zwischen den Stationen
hin und her fahren. Zur Feier des Tages konnten bis auf die Dampfzugfahrten
alle weiteren Züge kostenlos genutzt werden.
    Das umfangreiche Programm, welches onen, Livemusik,
ZOV Verkehr und die Verkehrsgesellschaft Radtouren, Wande-
Oberhessen (VGO) in monatelanger Vor- rungen und Führun-
arbeit aufgestellt hatte, konnte sich sehen gen angeboten.
lassen. Die zentrale Veranstaltung mit ei-
nem offiziellem Festteil und einer kleinen    Dreimal verkehrte
Ausstellung fand im Rahmen eines Bahn- der Dampfzug der
hofsfests am Bahnhof Beienheim statt. Wei- Museumseisenbahn Hanau mit einer Lok
tere Schwerpunkte lagen an den Stationen der Baureihe 50. Mit einem LINT41 der
Friedberg, Wölfersheim-Södel, Echzell so- Hessischen Landesbahn kam ein weiteres
wie Bad Salzhausen und Nidda. Entlang der Fahrzeug auf die Horlofftalbahn, welches
Strecke wurden zahlreiche Mitmach-Akti- sonst dort nicht verkehrt. Mit weiteren

     Das Eintreffen des Dampfzugs im Bahnhof Beienheim verfolgen zahlreiche Besucher
          der Jubiläumsveranstaltung                      Foto: Stefan Sitzmann

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Mittelhessen aktuell

                                                   In einer Fotoausstellung gab es
                                                   sowohl Geschichtliches als auch
                                                   Zukunftsperspektiven der
                                                   Horlofftalbahn zu entdecken

                                                    vieler Stationen vor rund 15 Jahren
                                                    und heute zeigte. Mit Millionenauf-
                                                    wand wurden in den letzten Jahren
                                                    außer Beienheim alle Stationen von
                                                    Nidda bis Dorheim modernisiert:
                                                    Bahnsteige, Beleuchtung, Infor-
                                                    mationsvitrinen und Zuwegungen
                                                    zeigen sich in neuem Gewand. Der
                                                    Einstieg in den Zug ist heute dank
Fahrten wurde der Fahrplan verdichtet und   hoher Bahnsteige und Niederflurfahr-
die Züge oft mit einem zweiten Triebwa-     zeugen so leicht wie nie. Mit dem geplan-
gen verlängert. Dies war auch notwendig,    ten Um- und Ausbau des Bahnhofs Beien-
denn der Besucheransturm war sehr groß      heim in einen modernen Abzweigbahnhof
und ging so weit, dass gegen 15 Uhr in      (hier trennen sich die Streckenteile nach
Beienheim keine Bratwurst oder Kuchen       Nidda und Wölfersheim/Hungen) in den
mehr zu bekommen waren.                     nächsten Jahren sowie der möglichen
                                            Wiederinbetriebnahme des Streckenab-
  Am Bahnhof Beienheim gab es zahlrei-      schnitts Wölfersheim – Hungen stehen
che Informationsangebote zur Geschichte     weitere Ausbauschritte an.
und Zukunft der Horlofftalbahn. Im Bahn-
hof Beienheim hatte die VGO eine Foto-        Beim offiziellen Festakt in Beienheim be-
ausstellung eingerichtet, die den Zustand   tonte der Wetterauer Landrat Joachim
                                                  Arnold als auch Thomas Busch,
                                                  Leiter Verkehrs- und Mobilitäts-
                                                  planung beim Rhein-Main-Ver-
                                                  kehrsverbundes (RMV), dass die
                                                  Bahn in jüngster Zeit wieder stetig
                                                  an Bedeutung für die Entwicklung

                                                   v.l.n.r.: Stefan Klöppel (Leiter ZOV-
                                                   Verkehr), Kreisbeigeordnete Stephanie
                                                   Becker-Bösch, Susanne Repp
                                                   (Stadtverordnetenvorsteherin von
                                                   Nidda), Landrat Joachim Arnold,
                                                   Volker Hoffmann (Prokurist VGO)
                                                   und Uwe Sames (Stadt Hungen) vor
                                                   der Abfahrt des Sonderzuges in Nidda

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Mittelhessen aktuell

 Der Infostand von der AG
  Horlofftalbahn und Pro
     Bahn & Bus stieß auf
           großes Interesse

der Region, aber auch des
Ballungsraums Rhein-
Main gewinnt. „Wir wer-
den bis 2030 in Hessen
280 000 Einwohner mehr
haben“, erläuterte Ar-
nold. Allein die Wetterau
werde um 30 000 Bürger
wachsen. Dieser Bevölke-
rungs- und Verkehrszu-
wachs sei über die Straßen ins Rhein-Main-     eine Bahnanbindung ein wichtiger Stand-
Gebiet, die bereits jetzt an der Belastungs-   ortfaktor, der darüber entscheide, wo Neu-
grenze seien, nicht mehr abzuwickeln.          bürger sich ansiedelten.

   Thomas Busch räumte ein, dass die Still-       Diese Erfahrung konnte man auch am
legung des Streckenabschnitts Wölfersheim      gemeinsamen Infostand von Pro Bahn &
– Hungen im Jahr 2003 ein kleiner Kratzer      Bus und der Arbeitsgemeinschaft Horloff-
in der Geschichte der Bahnstrecke sei.         talbahn machen. Fast alle Besucher zeig-
Derzeit bemühe man sich um die Wieder-         ten sich interessiert an der Wiederinbetrieb-
eröffnung. Busch:“Ich bin optimistisch, dass   nahme der Strecke von Wölfersheim nach
das gelingen wird.“ Auch die übrigen Poli-     Hungen. Auch die Frage nach mehr durch-
tiker und Aufgabenträger äußerten sich         gehenden Zügen nach Frankfurt kam
ähnlich. Reichelsheims Bürgermeister           mehrmals auf. Überhaupt zeigte sich das
Bertin Bischofsberger er-
innerte daran, dass vor 40
Jahren Politik und Bürger
auf das Auto gesetzt hät-
ten und niemand an eine
solche Feier geglaubt hät-
te. „Wer hätte gedacht,
dass sich das in kürzester
Zeit dreht?“ Wie Kinder-
betreuung und Schulen sei

     Alle drei eingesetzten
 Fahrzeugtypen treffen sich
    im Bahnhof Beienheim

        HS Nr. 110                                                                21
Mittelhessen aktuell

Publikum sehr interessiert und fachkundig.   Alternative zu den überlasteten Straßen
Die Bahn wird mehr und mehr als gute         und Autobahnen gesehen und genutzt.

   Kommentar: Kehrtwende um 180 Grad
   Erstaunlich, wie sich das Bild der Bahn in der Wetterau gewandelt hat! Noch
   2003 wurde der Streckenabschnitt Wölfersheim – Hungen stillgelegt, obwohl
   schon damals die Fahrgastzahlen stiegen. „Wer fährt da noch mit“, „mit dem
   Bus können wir ein attraktiveres Angebot fahren“ waren Argumente, die
   damals noch Anhänger fanden.
      Keine 10 Jahre später haben Hungen und Wölfersheim erkannt, dass man
   nur mit dem Bus dem Bürger kein attraktives Angebot bieten kann. Während
   von Nidda durchgehende Züge nach Frankfurt fahren und die Einwohnerzah-
   len zunehmen, sieht es in Hungen schlechter aus. Mit einem Schritt-für-Schritt-
   Konzept geht man die Reaktivierung an. Die Kommunen Wölfersheim und
   Hungen kauften 2011 die stillgelegte Bahnstrecke. Der Bahnhof Beienheim
   wird zum modernen Abzweigbahnhof umgebaut. Im Bahnhof Hungen wurde
   für die Strecke nach Wölfersheim bei der Modernisierung schon ein eigener
   Bahnsteig vorgesehen.
      Innerhalb weniger Jahre hat sich die Meinung für die Bahn gedreht und
   man hatte in Beienheim das Gefühl, es hätte nie die Zeiten gegeben, wo die
   Bahn von vielen für ein Auslaufmodell erklärt wurde. Getragen wird dieses
   „Pro Bahn“ aber immer mehr von weiten Teilen der Bevölkerung, die erkannt
   haben, dass sie trotz mehr Straßen doch jeden Tag im Stau stehen und eine
   moderne Bahn eine gute Alternative für viele ist.
      In der Wetterau hat man mit vielen kleinen Schritten bei der Horlofftalbahn
   schon einiges erreicht: Zahlreiche Haltestellen wurden modernisiert, der
   Fahrplan, teilweise im Halbstundentakt, wurde ausgedehnt in die Abend-
   stunden, seit letztem Jahr fahren auch am Sonntag auf allen Streckenteilen
   wieder Züge. Jetzt geht es daran, den stillgelegten Teil wieder ans Netz zu
   bringen und in Zukunft mit mehr durchgehenden Zügen nach Frankfurt ein
   attraktives Angebot zu schaffen.
      Ohne das über fast 20 Jahre ausdauernde Engagement der Arbeitsgemein-
   schaft Horlofftalbahn mit ihrer von Bahnsachverstand geprägten Öffentlich-
   keits- und Lobbyarbeit wäre die Reaktivierung der Strecke von der Tagesord-
   nung der Politik im Kreis und den Anliegerkommunen Wölfersheim und
   Hungen verschwunden - nun rückt sie in greifbare Nähe!
      Jürgen Lerch

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Mittelhessen aktuell

Mitfahrerbank Laubach eingeweiht
(hl) Da der ÖPNV auf dem Land weit ausgedünnt sei, wurde im Landkreis Gie-
ßen die erste kreisweite Mitfahrerstation eingerichtet, so eine hiesige Tageszei-
tung. In der gesamten Großgemeinde Laubach wurden insgesamt 35 Stationen
eingerichtet.
   Die sogenannten „Mitfahrerbänke“ be-      mitnimmt. Die Fahrtziele sind nicht nur auf
finden sich im Wesentlichen an den Bus-      die Ortsteile bzw. Kerngemeinde ausgerich-
haltestellen der Ortsausgänge und in der     tet, sondern treten in direkte Konkurrenz
Stadt an weiteren markanten Punkten. Die     zu den vorhandenen Buslinien und ALT-
Stationen der „Mitfahrerbänke“ sind an       Verkehren. Die Fahrt ist für den Nutzer
einem blauen Schild mit „Anhalterdau-        immer kostenlos.
men“ erkennbar und weisen klappbare
Schilder der Hauptfahrtrichtungen aus.          Das Hessisches Ministerium für Wirt-
Befinden sich die Stationen an keiner Bus-   schaft, Verkehr und Landesentwicklung
haltestelle, so wurden den Schildern noch    fördert über das „Integrierte Kommunale
jeweils eine Bank beigestellt.               Entwicklungskonzept“ (IKEK) unter ande-
                                             rem ÖPNV, Bürgerbus, Schülerverkehr
   Zur Nutzung der „Mitfahrerbank“ be-       und alternative Bedienformen. Von dieser
gibt man sich an diese Station, klappt das   inLaubach eingerichteten alternativen
Schild in die gewünschte Hauptfahrtrich-     Bedienform gelangt man mit den dort aus-
tung und wartet, bis ein PKW anhält und      gewiesenen Hauptfahrzielen nach: Gießen
                                                       und Schotten (Linie 372),
                                                       Hungen (Linie 363) und Grün-
                                                       berg (Linie GI 74 und ALT-GI
                                                       74). Dabei sind sicherlich keine
                                                       Förderimpulse für den Linien-
                                                       ÖPNV, sondern das Gegenteil
                                                       zu erwarten. So bleibt es abzu-
                                                       warten, wann Linienverkehr
                                                       mangels Nachfrage ausgedünnt
                                                       wird und der Personenkreis, der
                                                       auf planbare Verbindungen an-
                                                       gewiesen ist (z. B. Schüler,
                                                       AZUBI`s, Berufstätige), das
                                                       Nachsehen haben.

                                                       Erst passendes Zielschild
                                                       aufklappen, dann warten:
                                                       Mitfahrerbank im Laubacher
                                                       Industriegebiet
                                                       Foto: Horst Lorenz

        HS Nr. 110                                                            23
Mittelhessen aktuell

Friedberg / Bad Nauheim
DeinBus steigt in den Bus-Nahverkehr ein
(jl) Das Fernbusunternehmen DeinBus steigt in den Nahverkehr ein: Ab dem
Fahrplanwechsel im Dezember 2017 übernimmt DeinBus das Linienbündel
Friedberg - Bad Nauheim. Der Wechsel zum neuen Betreiber erfolgt dabei mit
einem Jahr Verspätung, denn die das Linienbündel ausschreibende ZOV Ver-
kehr hatte die Buslinien zunächst an einen Konkurrenten vergeben, obwohl
DeinBus das günstigste Angebot abgab.
   ZOV Verkehr hatte argumentiert,              fahrer verließen das Unternehmen oft vor-
DeinBus könne keine bei der Ausschrei-          zeitig, wenn sie einen neuen Arbeitgeber
bung geforderte ÖPNV-Referenzen vorle-          gefunden hatten. In der Folge standen nicht
gen. ZOV Verkehr ist hier ein gebranntes        mehr genug Busfahrer zur Verfügung, um
Kind, hatte der vorhergehende Betreiber,        den Busbetrieb aufrecht erhalten zu kön-
die Verkehrsgesellschaft Mittelhessen           nen. Ein Notfahrplan mit vermindertem
(VM), das Linienbündel zum Dezember             Fahrtenangebot wurde eingerichtet.
2016 vorzeitig zurückgegeben. Deren Bus-

Nach den Problemen in den vergangenen Jahren hoffen alle Beteiligten auf einen guten Start mit
  DeinBus (von links nach rechts): Friedbergs erster Stadtrat Dirk Antkowiak, Stefan Klöppel
  (ZOV-Verkehr), Alexander Kuhr und Walter Schüzenhofer (DeinBus), Armin Klein (VGO),
             Fahrdienstleiter Vasili Andreadis und Christian Janisch (DeinBus).

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Mittelhessen aktuell

     Ein DeinBus am 12.
  Dezember 2017 in Bad
 Nauheim, drei Tage nach
       Betriebsaufnahme

   Mit dem bei der Aus-
schreibung zweitplat-
zierten Busverkehr Hes-
sen (BVH) sah ZOV-Ver-
kehr scheinbar einen
verlässlicheren Partner
als DeinBus und vergab
das Linienbündel an die
Bahntochter. Diese Ent-
scheidung bestätigte das
Regierungspräsidium Darmstadt im De-            damit von den übrigen Busunternehmen
zember 2016 vorläufig. DeinBus ging vor         nicht absetzen.
Gericht und siegte in zwei Instanzen, zuletzt
beim Oberlandesgericht Frankfurt. Das              Bei einem Pressetermin am 9. Novem-
OLG schloss sich der Meinung der vorhe-         ber in Friedberg stellten Walter Schüt-
rigen Instanz an, dass es sich „beim Fern-      zenhöfer und Alexander Kuhr, Geschäfts-
linienverkehr (Paragraph 42 Personen-           führer bei DeinBus, in Aussicht, dass es
beförderungsgesetz) um eine Unterart des        beim Übergang auf den neuen Betreiber
Linienverkehrs handele“ und damit als           zu keinen großen Problemen kommen
Referenz anzuerkennen sei.                      wird. 14 der 18 Fahrer werden vom bishe-
                                                rigen Betreiber übernommen. Das Unter-
    So übernimmt DeinBus im Dezember            nehmen zahlt Tariflohn und schließt mit
2017 von der Busverkehr Hessen den Be-          den Mitarbeitern unbefristete Arbeitsver-
trieb auf den Linien FB-10, FB-30 sowie FB-     träge. In Friedberg entsteht ein Betriebs-
31 bis FB-36. Neben Friedberg und Bad           hof, auf dem ein Fahrmeister und ein
Nauheim werden Rosbach, Friedrichsdorf,         Mechatroniker arbeiten werden.
Ober-Mörlen und mit einzelnen Fahrten
Usingen angefahren. Eingesetzt werden 13           Geschäftsführer Kuhr teilte auf Nachfra-
eigene Busse der DeinBus Verkehrs-GmbH          ge gegenüber der Hessenschiene mit, dass
sowie drei Busse des Subunternehmers            sich das Unternehmen langfristig im Nah-
Ohly & Weber aus Neu Anspach. Entgegen          verkehr etablieren möchte, da der Fernver-
dem bisherigen DeinBus-Design werden            kehrsmarkt sehr unbeständig sei. Deshalb
die Linienbusse in der von der Verkehrs-        nehme man auch an weiteren Nahverkehrs-
gesellschaft Oberhessen geforderten Aus-        ausschreibungen teil. Der Nahverkehrs-
führung (hellgrau mit rotem Streifen unten      vertrag in Friedberg läuft neun Jahre bis
an der Fahrzeugseite) verkehren und sich        Dezember 2026.

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Mittelhessen aktuell

Obere Lahntalbahn:
Stundentakt jetzt auch am Samstag
(js) Auf der Gesamtstrecke Marburg – Erndtebrück wird ein täglicher Zwei-Stun-
den-Takt angeboten, der von Montag bis Samstag zwischen Marburg und Bad
Laasphe zu einem Stundentakt verdichtet wird. Montags bis Samstags wird ein
zusätzlicher Zug eingesetzt, der Bad Laasphe um 19.33 Uhr in Richtung Marburg
verlässt.
   Die Ankunft in der Universitätsstadt ist   reicht wird. Im Hauptbahnhof bestehen
um 20:29 Uhr wodurch der Anschluss an         Umsteigemöglichkeiten von der RB 42 aus
den RE 98 nach Frankfurt um 20:35 Uhr         Korbach und vom RE 30 aus Kassel. Die
erreicht werden kann. An Samstagen wird       Zugdichte auf der Hauptstrecke in beiden
nun ein durchgehender Stundentakt zwi-        Fahrtrichtungen während dieser Hauptver-
schen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr angeboten,       kehrszeit lässt ein Überleiten auf das
allerdings wird die erste Abfahrt in          Gegengleis mit anschließendem Fahrt-
Marburg erst um 8:24 Uhr erfolgen. Um         richtungswechsel in Marburg-Süd für die
die Anschlüsse an die Linie RB 93 von Sie-    Rückfahrt ebenfalls nicht zu. Da der
gen sicherzustellen, verkehren alle Züge ab   Regionalbahn ein Regionalexpress auf der
Erndtebrück eine Minute später, also          Hauptstrecke folgt, muss diese schnellst-
jeweils eine Minute nach der vollen Stun-     möglich das Hauptgleis verlassen. Für ei-
de.                                           nen Fahrtrichtungswechsel, bei dem der
                                              Lokführer in den anderen Führerstand
  Für Schüler und Berufspendler verkehrt      wechseln muss, werden etwa vier Minu-
der Zug aus Bad Laasphe, der den Bahn-        ten benötigt. Jedoch wird die Trasse
hof Marburg um 7:29 Uhr erreicht, weiter      unterdessen von einem nordwärts fahren-
nach Marburg-Süd, dass um 7:41 Uhr er-        den IC belegt.

                                                             Fährt jetzt am Samstag
                                                             häufiger: Die Obere
                                                             Lahntalbahn, im Bild in
                                                             Friedensdorf

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Mittelhessen aktuell

Güterverkehr der Westerwaldbahn GmbH
endet nach knapp 105 Jahren
(hpg) Der 9. Januar 1913 war ein denkwürdiger Tag für das Gebhardshainer
Land im Landkreis Altenkirchen, denn an diesem Tag wurde die lang ersehnte
Eisenbahnstrecke von Scheuerfeld zur Grube Bindweide und bis zum damali-
gen Endpunkt Nauroth für den Personen- und Güterverkehr in Betrieb genom-
men.
    Ab dem 1. August 1914 ging die Betriebs-   folgte am 11. Dezember, da noch 21 bela-
führung auf den Kreis Altenkirchen über,       dene Wagen in Kreuztal standen. Aller-
der Anfang 1911 über 30 Jahre geschlosse-      dings wurden am selben Tag auch erstmals
ne Betriebsvertrag mit einem Berliner Un-      Wagen über Limburg zugestellt. Die über
ternehmen wurde gegen eine Abstands-           den Güterbahnhof Gremberg nach Kob-
zahlung gekündigt. Der Güterverkehr ent-       lenz-Lützel zulaufenden Wagen mit Stahl-
wickelte sich gut und mit dem Bau einer        Coils wurden dort von einer Streckendiesel-
„nichtöffentlichen Privatanschlußbahn“         lok der DB Cargo (Class 66) übernommen
konnte das Streckennetz um weitere 15          und über Limburg in den Abendstunden
Kilometer verlängert und zusätzliche Be-       nach Montabaur überführt. Am jeweils fol-
triebe angeschlossen werden. Obwohl der        genden Morgen plant DB Cargo die Zu-
Personenverkehr bereits 1943 auf Triebwa-      stellung über Siershahn nach Selters mit
gen und 1960 auf Omnibusse umgestellt          Dieselloks aus dem Tonverkehr. Die Werk-
worden war, fuhren Güterzüge auf der so-       lok von Schütz soll anschließend die Zu-
genannten Stammstrecke noch bis Ende           stellung der Wagengruppe in Siershahn
Juli 2017.                                     zum dortigen Werksteil von Schütz über-
                                               nehmen und danach im Werk Selters die
   Mit der Entscheidung des Kreistages
                                               Rangieraufgaben durchführen.
Altenkirchen, den Kooperationsvertrag mit
DB Cargo zum Jahresende 2017 zu kündi-            Das Personal für die Werklok von Schütz
gen und für die im Eigentum des Kreises        stellt ab Januar 2018 DB Cargo, derzeit er-
befindliche Infrastruktur zwischen Alten-      folgen die notwendigen Ausbildungen.
kirchen und Selters das förmliche Verfah-      Momentan wird geprüft, ob die technische
ren zur Stilllegung einzuleiten, endete
zum Fahrplanwechsel auch der Güterver-
kehr auf der Strecke Altenkirchen–Sel-
ters. Die letzte Zustellung eines Güter-
zuges mit den Lokomotiven der Weba er-

      Am 8. Dezember 2017 fuhr der letzte
     fahrplanmäßige Güterzug der Wester-
    waldbahn auf der seit 2005 dem Unter-
    nehmen gehörenden Strecke von Selters
   nach Altenkirchen. Foto: Marko Lauten

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