HESSEN SCHIENE - 4:ml - Pro Bahn & Bus eV
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HESSEN SCHIENE Nr. 110 Januar - März 2018 • Mehr Züge zum Fahrplanwechsel • Jubiläum 120 Jahre Horlofftalbahn • Spezial: Schienenverkehr in/um Wiesbaden ZKZ 04032 D: 2,80 Euro 4:ml
Seite 2 Karikatur: Jürgen Janson Impressum Herausgeber Pro Bahn & Bus e.V. Erhältlich bei den Bahnhofsbuchhandlungen Bad Kreuznach, Bad Nauheim, Darmstadt Hbf, Frankfurt Redaktionell Friedrich Lang (M) Hbf, Frankfurt (M) Süd, Frankfurt (M) Höchst, verantwortlich hessenschiene@probahn-bus.org Friedberg (Hessen), Fulda, Gießen, Göttingen, Hanau Layout Jürgen Lerch Hbf, Kassel Hbf, Kassel-Wilhelmshöhe, Limburg, Koblenz Hbf, Mainz Hbf, Marburg, Offenbach (M) Hbf, Kontakt Bahnhofstraße 102 Rüsselsheim, Wiesbaden Hbf 36341 Lauterbach Tel. & Fax (06641) 6 27 27 Abonnement: Acht Ausgaben 18,00 Euro info@probahn-bus.org (Deutschland); 26,00 Euro (Ausland / Luftpost). www.probahn-bus.org Der Bezug ist für Mitglieder von Pro Bahn & Bus AG Gießen VR 3732 kostenfrei. Druck Druckhaus Gratzfeld, Butzbach Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8 vom 1. Dez. 2010 Auflage 1400 Exemplare Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmi- Mitarbeiter dieser Ausgabe: Hermann Hoffmann, gung des Herausgebers. Der Herausgeber ist Friedrich Lang, Jürgen Lerch, Hans-Peter Günther, berechtigt, veröffentlichte Beiträge in eigenen Jürgen Schmied, Andreas Christopher, Oliver gedruckten und elektronischen Produkten zu Günther, Lars Kühnemund, Horst Lorenz verwenden und eine Nutzung Dritten zu gestatten. Eine Verwertung urheberrechtlich geschützter Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 25.02.2018 Beiträge, Abbildungen etc. ist unzulässig, soweit sich Erscheinungsweise: vierteljährlich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. 2 HS Nr. 110
Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Leser, um Bahnprojekte wird heute genauso gestritten wie um andere Großprojekte. Das ist Ausdruck einer jahrzehntelang praktizierten Abkehr vom Obrigkeitsprinzip und Hinweis auf das Wachsen einer gefestigten Demokratie. Und doch ist es nötig, auf die vielfach miserable Qualität der Auseinandersetzung hinzuweisen. Getrieben werden die Proteste meistens von persönlicher Betroffenheit. Oft geht es um Lärm, seltener um andere Emissionsarten. Das ist in Ordnung, niemand muss sich nach Jahrzehnten des exzessiven Ausbaus von Verkehrswegen eine Autobahn oder eine Bahnstrecke ohne ausreichenden Schallschutz vor das Fenster setzen lassen. Problematisch wird es, wenn mit allen Mitteln eine Fundamentalopposition herbei- argumentiert wird, weil man ein von allen Seiten akzeptiertes Projekt am liebsten ganz verhindern möchte. Da kommen schnell Halb- oder Unwahrheiten ins Spiel. So be- schwören z.B. die Gegner des viergleisigen Ausbaus der Main-Weser-Bahn Frankfurt – Friedberg gerne den angeblichen Anstieg des Güterverkehrs herauf, wohl wissend, dass der Knoten Frankfurt kaum weitere Güterzüge verkraftet und traditionell die Um- gehungsstrecke Friedberg – Hanau für diese Verkehrsart am stärksten genutzt wird. Flott wird dann mal eine völlig neue Bahn entlang der A5 ins Spiel gebracht, die angeblich dem System Schiene nutze und Güterzugfahrten ermögliche. Nun zeigt der Blick auf eine Landkarte, dass die A5 an kaum einer Stelle natürlichen Flusstälern folgt. Selbst da, wo parallel ausreichend Platz bestanden hätte, wurde die Fernstraße an den Berghängen entlang trassiert. Übrigens ein Umstand, der auch dem PKW- und besonders dem LKW- Verkehr vielfach Probleme bereitet. Aber genau diese Trasse soll sich für Schienen- Güterfernverkehr eignen – glaubt man den Gegnern der viergleisigen Main-Weser-Bahn. Oder es wird der akkubetriebene Elektrobus ins Gespräch gebracht, wenn es darum geht, eine Schienenstrecke vor der eigenen Haustür zu verhindern. In Sachen E-Mobili- tät auf der Straße stehen wir heute etwa da, wo die Fluggerätkonstrukteure an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert standen. Damals wurde die Frage diskutiert, ob dem Prinzip „leichter als Luft“ oder „schwerer als Luft“ die Zukunft gehört. Heute geht es um Dinge wie „Brennstoffzelle als Alternative“ oder „in motion-charging“, worunter beim E- Bus vor allem die Aufladung unter der bewährten Oberleitung zu verstehen ist. E-Bus klingt nach E-Mobilität, und die ist momentan hip, vor allem in der Politik. Aktuell wird der E-Bus von einzelnen Politikern des Lumdatals ins Gespräch gebracht, verbunden mit dem absurden Vorschlag, die Schienen der Bahn durch ein Asphaltband zu ersetzen. Auch Pro Bahn & Bus besteht zu einem Großteil aus interessierten Laien. Durch lange Beschäftigung mit komplexen Themen rund um Bahn und Bus ist aber einiges an Wissen entstanden. Initiativen, die sich primär um Lärmschutz kümmern, könnten davon profitieren, wenn sie zur Zusammenarbeit bereit wären. Viele von ihnen verbrei- ten aber lieber kaum erprobte Rezepte zur angeblich besseren Gestaltung des Massen- verkehrs – und untergraben so ihre eigene Glaubwürdigkeit. Wolfgang Klapdor, Vorsitzender Pro Bahn & Bus e.V. HS Nr. 110 3
Buchfahrplan Pinwand ................................................................................................................ 4 Tipps und Infos ...................................................................................................... 6 NVV: Erstmals mit Preissenkungen ......................................................................... 7 10 Jahre Tunnel für die RegioTram im Hauptbahnhof Kassel .................................. 10 Mehr Züge auf der Edertalbahn ............................................................................. 12 Aus für GTW, zu wenig Desiros ............................................................................. 13 Droht der Einstieg zum Problem zu werden? ......................................................... 15 Wegfall von Zugverbindungen in Thüringen ........................................................... 17 120 Jahre Horlofftalbahn ...................................................................................... 19 Mitfahrerbank Laubach eingeweiht ........................................................................ 23 DeinBus steigt in den Bus-Nahverkehr ein ............................................................. 24 Obere Lahntalbahn: Stundentakt jetzt auch am Samstag ........................................ 26 Güterverkehr der Westerwaldbahn endet nach knapp 105 Jahren ........................... 27 Wird der Nullemissionsplan zum Ansporn für einen besseren Nahverkehr ............... 29 Citybahn Wiesbaden könnte auch Biebrich erschließen .......................................... 35 NKU zur Citybahn Wiesbaden mit deutlich positivem Ergebnis ............................... 37 Flughafen-Regionalbahnhof wird modernisiert ....................................................... 38 Neue Fahrkartenautomaten im RMV-Gebiet ........................................................... 39 Neue DB Information ............................................................................................ 41 Vor 190 Jahren wurde der Architekt Heinrich Velde geboren ................................... 43 Streckentelegramm .............................................................................................. 45 Schlusslicht ......................................................................................................... 50 Titelbild: Auf der Rhönbahn ist die Regionalbahn zwischen Hettenhausen und Schmalnau nach Fulda unterwegs. Foto: Stefan Sitzmann Rückseite: In der Gegenrichtung nach Gersfeld ist der Zug kurz vor Ried eingetroffen Foto: Stefan Sitzmann Alle Fotos ohne Namensnennung: Jürgen Lerch 4 HS Nr. 110
Pinwand Pro Bahn & Bus e.V. ist Mitglied Unsere Treffen vor Ort: im Deutschen Bahnkunden-Verband e.V. Regionalverband Mittelhessen Unsere Aktiven vor Ort: Regionalleiter Jürgen Lerch Bismarckstraße 3, 35510 Butzbach Telefon (0 60 33) 1 60 47 Regionalverband Nordhessen mittelhessen@probahn-bus.org Regionalleiter Hermann Hoffmann Am Juliusstein 18, 34130 Kassel Regionalverband Rhein-Main Telefon und Telefax (05 61) 67 17 9 Regionalleiter Gernot Hornik hhoffma@gmx.de Feldgasse 5, 65510 Hünstetten Telefon und Telefax (0 61 26) 5 76 60 Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des rheinmain@probahn-bus.org Schienenverkehrs im Raum Marburg e.V. (AFS) 1. Vorsitzender Michael Marinc Bereich Südhessen und Rheinhessen Stadtgasse 27, 35216 Biedenkopf Ansprechpartner: Wolfgang Klapdor Telefon: ( 0 64 61) 51 01, Fax: (0 64 61) - 92 39 71 Zeppelinstraße 16, 67578 Gimbsheim m.marinc@t-online.de Telefon 0177 788 118 2 suedhessen@probahn-bus.org Regionalverband Osthessen e.V. Regionalleiter Stefan Sitzmann Zentrale, Geschäftsstelle Lauterbach Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach Bahnhofstraße 102, 36341 Lauterbach Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27 Telefon und Telefax (0 66 41) 6 27 27 osthessen@probahn-bus.org info@probahn-bus.org HS Nr.110 5
Tipps und Infos Mit BahnCard 50 jetzt gleiche Ermäßigung auf Sparpreise wie bei BC25 (jl) Mit der BahnCard 50 können jetzt Fahr- gäste auch dann Sparpreise buchen, wenn in der Bahnverbindung ein oder mehrere Nahverkehrszüge enthalten sind. Bisher konnten Sparpreise mit BahnCard 50 nur dann gebucht werden, wenn die ganze Hessenticket ab Januar 2018 nur Verbindung nur Fernverkehrszüge bein- noch mit Namen gültig haltete. (jl) Das Hessenticket ist ab 2018 nur noch mit den eingetragenen Namen der Reisen- RMV: Tageskarten in Frankfurt, den gültig. Bisher war ein Namenseintrag Mainz und Wiesbaden deutlich auf der Fahrkarte nicht notwendig; das günstiger Hessenticket war sogar frei übertragbar. Da (jl) Nutzer von Bus und Bahnen in Frank- mit genutzten Hessentickets jedoch ein furt, Wiesbaden und Mainz werden für Ta- schwunghafter Handel getrieben wurde, geskarten ab Januar 2018 weniger zahlen sahen sich die Verbünde zu der neuen Re- müssen: Der Preis sinkt in allen drei Städ- gelung veranlasst. Also Kuli nicht verges- ten für Erwachsene auf einheitlich 5,35 sen! Euro, für Kinder auf 3,00 Euro. In Frank- furt vergünstigt sich die Tageskarte für Er- Weihnachtsgrüße wachsene damit um 1,85 Euro. Bislang Die Redaktion der Hessenschiene kostet sie 7,20 Euro. wünscht allen Leserinnen und Lesern eine frohe Weihnachtszeit und einen guten In Frankfurt sinkt außerdem der Preis für Rutsch ins neue Jahr! Einzelfahrscheine für Erwachsene um 15 Cent auf 2,75 Euro, für Kinder um 10 Cent auf 1,55 Euro. Durchschnittlich erhöht der RMV aber die Preise um 1,5%. Der Anstieg soll in den kommenden zwei Jahren in gleicher Höhe gedeckelt werden. Während die Deutsche Bahn ihre Preise regelmäßig zum Fahrplan- wechsel Anfang Dezember erhöht, weicht der RMV von diesem Schema ab: Seit wenigen Jahren erfolgt hier die Tarifum- stellung immer am 1. Januar. 6 HS Nr. 110
Nordhessen aktuell Kleine Tarifreform des NVV: Erstmals mit Preissenkungen – Moderate Fahrpreiserhöhung im Durchschnitt von 1,5 % (hh, jl) Um weiterhin die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs in Nordhessen durch Einnahmen aus dem Verkauf von Fahrkarten auf einem konstanten Ni- veau zu halten, hat der NVV-Aufsichtsrat in seiner letzten Sitzung erstmals eine kleine Tarifreform mit verschiedenen Preissenkungen und zum dritten Mal hintereinander eine moderate durchschnittliche Erhöhung aller Ticketpreise beschlossen. Es wurde der Empfehlung der Ge- NVV ein Multiticket schäftsführung gefolgt und einer Tarifan- für das Stadtgebiet passung in Höhe von durchschnittlich 1,5 Kassel ein. Damit Prozent zum 1. Januar 2018 zugestimmt. kann der Preis ge- Zuletzt war dies zum 1. Januar 2017 mit1,9 senkt werden und Prozent der Fall. liegt ab 1. Januar bei 6 Euro statt 7 Euro für Tarifsenkungen und Änderung zum die Single-Karte und 01.01.2018 im Überblick bei 7,50 Euro statt 8,90 Euro in der Als Reaktion auf die rückläufigen Ver- Familienvariante. So soll das Multiticket käufe des MultiTickets im KasselPlus-ge- wieder attraktiver werden und den negati- biet vor allem in der Stadt Kassel führt der ven Verkaufstrend aufhalten. Die Kasseler Straßenbahn auf dem derzeit baustellenbedingt gesperrten Streckenast zur alten VW-Werk-Schleife. Die Anbindung des großen Baunataler Arbeitgebers erfolgt ohnehin ganz überwiegend über die in den 1990er Jahren neu gebaute Baunatalstrecke. Foto: F. Lang HS Nr. 110 7
Nordhessen aktuell Im Stadtgebiet Kassel wird das MultiTicket einen Euro günstiger werden, unabhängig davon, welche Preisstufe sie haben. So erhalten die Jahreskar- tenkunden die Möglichkeit, ihr Ticket ohne zusätzliche Kosten im gesamten Ver- bund einzusetzen. Die im Jahr 2016 einge- Als weiteren Schritt innerhalb der Re- führte Jahreskarte NordhessenFreizeit, die form gibt es zukünftig die Preisstufen 9 und diesen Nutzen gegen geringen Aufpreis 10 nicht mehr. Die Fahrkarten dieser Preis- bisher beinhaltet, hat nicht genügend Ab- stufen erhalten den Tarif der Preisstufe 8 nehmer gefunden und wird abgeschafft. und werden so deutlich günstiger. Ziel der Preissenkungen ist es, besonders für die „Ziel der verschiedenen Aktivitäten ist Kunden mit langen Verbindungen und es“, so NVV-Geschäftsführer Wolfgang Fahrzeiten ein gutes preisliches Angebot zu Rausch, „den öffentlichen Nahverkehr in machen. Der NVV verspricht sich davon, Nordhessen mit attraktiven Angeboten - die bestehenden Fahrgäste zu halten, aber auch bei den Preisen - weiterzuentwickeln. auch neue dazuzugewinnen. Wir begreifen unsere Fahrgäste nicht als Darüber hinaus erhalten alle Multi- Einnahmequelle, sondern als echte Kun- Tickets (Tagestickets) und Zeitkarten der den, die wir jeden Tag mit Qualität, Kom- Preisstufe 8 die Netzwirkung für das gesam- fort, Service und einem guten Preis über- te NVV-Gebiet, die es vorher erst in Preis- zeugen wollen!“ stufe 10 gab. So profitieren Fahrgäste, die Das Hessenticket wird nicht teurer, er- bisher mit der Preisstufe 8 und 9 unterwegs hält aber eine andere Form der Gültigkeit. waren, bereits mit der Preisstufe 8 von ih- Ab nächstem Jahr ist dieses Ticket nicht rer im gesamten NVV gültigen Fahrkarte. mehr frei übertragbar. Stattdessen müssen Neben den Preissenkungen beim Multi- alle mitreisenden Fahrgäste ihren Namen Ticket in Kassel und dem Wegfall der ho- eintragen. Hintergrund ist der teilweise hen Tarifstufen stößt der NVV weitere gewerbsmäßige Handel mit weitergegebe- Tarifverbesserungen an. Alle Jahreskarten nen Tickets. Hinweise dazu hatte es durch inkl. JobTickets und Diakonietickets kön- Gerichtsurteile, die Bundespolizei und nen zukünftig ab 19 Uhr und am gesamten Kunden gegeben. Das hat den NVV ver- Wochenende in ganz Nordhessen genutzt anlasst, nach einer gemeinsamen Lösung 8 HS Nr. 110
Nordhessen aktuell Preisbeispiele für Verbindungen der Preisstufen 9 und 10 Schwalmstadt - Korbach, Preisstufe 10 Korbach - Kassel, Preisstufe 9 Bad Hersfeld - Bad Wildungen, Preisstufe 10 Bebra - Kassel, Preisstufe 9 Kassel - Schwalmstadt, Preisstufe 10 Borken – Grebenstein, Preisstufe 9 Einzelfahrt alt 13,60 Euro, neu 11,20 Euro Einzelfahrt alt 12,40 Euro, neu 11,20 Euro MultiTicket alt 28,50 Euro, neu 24,00 Euro MultiTicket alt 26,50 Euro, neu 24,00 Euro Monatskarte alt 244 Euro, neu 203 Euro Monatskarte alt 223 Euro, neu 203 Euro mit dem RMV zu suchen, die nun ab 1. stant zu einem Drittel aus Fahrgeldein- Januar 2018 in Kraft tritt. nahmen und zu zwei Dritteln aus öffentli- chen Geldern finanziert wird und keine Um Nordhessen als Tourismus- und Einbrüche bei den Fahrgelderlösen entste- Freizeitziel weiter zu entwickeln und hen. besonders Wochenendgästen und Ausflüg- lern ein attraktives Nahverkehrsticket zu Ziel der Tarifanpassung ist es weiterhin, bieten, wird für die Sommersaison 2018 ein die Belastung für die Kunden so gering wie Tourismusticket, die MeineCardMobil, ein- möglich zu halten, obwohl die Verkehrs- geführt. Voraussetzung dafür ist, dass die leistungen für den NVV teurer werden. Beherbergungsbetriebe Interesse an dem Darüber hinaus soll vermieden werden, neuen Angebot haben und den maxima- dass Fahrgäste abwandern und den Indivi- len Aufschlag von 1 Euro/pro Übernach- dualverkehr nutzen. tung für die kostenlose Nutzung des ÖPNV Da der öffentliche Nahverkehr bei wei- ihren Urlaubsgästen anbieten. In Zusam- tem nicht kostendeckend ist - in Nordhessen menarbeit mit dem Regionalmanagement beträgt der entsprechende Kosten- Nordhessen und mit Unterstützung des deckungsgrad durch die Fahrgeldein- Landkreises Waldeck-Frankenberg wird nahmen 32 Prozent - besteht die Finanzie- zunächst mit Beherbergungsbetrieben aus rung zum einen aus Fahrgeldeinnahmen der Region Edersee/Kellerwald über die- und zum anderen aus Steuergeldern, die se Möglichkeit gesprochen. über das Land Hessen an den NVV flie- ßen. Hintergrundinformation zur Dieses Verhältnis von Kosten zu Einnah- Tarifänderung men im NVV zeigt vor allem, dass die Tarif- Die Tariferhöhung entspricht etwa dem anpassung nie zur vollständigen Kosten- Anstieg der allgemeinen Verbraucher- deckung herangezogen wurde, sondern sie preise, die zwischen 2016 und 2017 bei rund dient dazu, das Verhältnis zwischen Steu- zwei Prozent lagen. Dadurch soll erreicht er- und Fahrgeldfinanzierung ausgewogen werden, dass der ÖPNV in der Region kon- zu halten. HS Nr. 110 9
Nordhessen aktuell 10 Jahre Tunnel für die RegioTram im Hauptbahnhof Kassel (hh, jl) Für Nordhessens Fahrgäste war es die wichtigste Etappe im RegioTram- System als vor gut 10 Jahren mit dem Tunnel unter dem Kasseler Hauptbahnhof die Verknüpfung der Stadt mit der Region Richtung Melsungen, Hofgeismar, Wolfhagen startet. Seitdem haben mehr als 13,6 Millionen Fahrgäste die Tunnel- durchfahrt für den Weg zur Arbeit, in die Schule, nach Hause oder auch in die Freizeit genutzt. Und es sind im Laufe der Jahre kontinuierlich mehr geworden. So lag die Zahl der Tunneldurchfahrer wicklung des ÖPNV in Nordhessen: „Mit auf den RegioTram-Strecken Richtung dem RegioTram-System wurde eine neue Wolfhagen, Hofgeismar, Schwalmstadt und Qualität des ÖPNV in Nordhessen einge- Melsungen im Jahr 2008 noch bei 754.000, führt: mit einem Fahrzeug umsteigefrei aus im Jahr 2016 bei mehr als 2,4 Millionen. der Stadt in die Region und umgekehrt. Das Gleichzeitig stiegen die Fahrgastzahlen in hat viele Menschen überzeugt. Und die den letzten zehn Jahren von insgesamt 1,8 Fahrgäste haben die Erfolgsgeschichte mit- Millionen auf voraussichtlich 5,6 Millionen geschrieben. Dafür möchten wir uns ganz in 2017. Damit hat sich die Fahrgastzahl seit besonders bedanken.“ der Einführung mehr als verdreifacht. „Durch seine Kombination von Eisen- Für Wolfgang Rausch, NVV-Geschäfts- bahn und Straßenbahn verlangt das nord- führer, spielt die Entwicklung der Regio- hessenweit einmalige RegioTram-System Tram eine wesentliche Rolle für die Ent- ein spezielles Knowhow in unserer Leit- Seit über 10 Jahren fahren die RegioTrams nach dem Halt am Hauptbahnhof durch einen Tunnel in die Kasseler Innenstadt 10 HS Nr. 110
Nordhessen aktuell stelle, den Werkstätten und im Fahrbetrieb. eine wichtige Rolle, um den ländlichen Die RegioTrams sind auch deshalb und für Raum zukünftig positiv zu entwickeln. uns als Unternehmen eine herausfordern- Immer mehr Kommunen begreifen eine de Bereicherung. Gerade weil der Regio- RegioTram-Station als Standortfaktor. So Tram-Betrieb so anspruchsvoll ist, ist es besteht die Möglichkeit, dass durch die bemerkenswert, dass die RT nordhessen- Anbindung von Kommunen an die weit Spitzenwerte bei der Pünktlichkeit er- RegioTram die Zahl der Einwohner kon- reicht“, sagt KVG-Vorstand Dr. Thorsten stant gehalten werden kann und so die Fol- Ebert. Die KVG ist in ihrem Betriebshof gen des demografischen Wandels gemildert Sandershäuser Straße für Instandhaltung werden. und Wartung der 28 RegioTram-Züge zu- ständig, die Betriebsleitstelle der KVG in Für den NVV stiftet die RegioTram auch Wilhelmshöhe koordiniert den RT-Betrieb nordhessische Identität. Das Verkehrs- in der Stadt Kassel. Gemeinsam mit der system lässt die Region näher zusammen- HLB GmbH bildet sie die RBK als Eigen- rücken, erhöht die Attraktivität der Städte tümerin der Fahrzeuge sowie die Regio- und Gemeinden und verbreitert das Tram Gesellschaft (RTG), die für den RT- Mobilitätsangebot für die Menschen, um Fahrbetrieb verantwortlich ist. an den Arbeitsplatz, zur Schule oder zum Einkaufen zu kommen. Das erhöht die Erklärungen für die gute Bilanz gibt es Lebensqualität in Nordhessen und trägt einige, die auf der Hand liegen. Das attrak- dazu bei, dass einerseits die vorhandene tive Angebot ist bekannt, hat sich in den Bevölkerung in der Region bleiben kann Köpfen verfestigt. Die RT-Station spielt bei und sich andererseits neue Einwohne- der Wohnortwahl eine immer größere Rol- rinnen und Einwohner niederlassen, die le. Die RegioTram ersetzt das Zweit-Auto Leben und Kaufkraft in die Kommunen bzw. ein weiteres Auto muss nicht erst an- bringen. geschafft werden und nicht zuletzt gibt es einen bundesweiten Trend, dass immer „Die RegioTram ist aber auch beispiel- mehr Menschen mit der Bahn fahren. gebend für ein System, bei dem alles aufeinander abgestimmt werden konnte. Neben Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit Strecken, Fahrzeuge, Stationen und Ange- beeinflusst auch der Komfort die Bewer- bot sind aus einem Guss und erfüllen so tung der RegioTram bei den NVV-Kunden. die Ansprüche unserer Kunden. Das ist So verfügt die RegioTram über eine Kapa- auch der Maßstab für unsere zukünftigen zität von 160 Plätzen, 90 davon allein zum Projekte,“ so Wolfgang Rausch. Der NVV Sitzen. Die Fahrgäste haben dem Fahrzeug plant zurzeit weitere RegioTram-Stationen, RegioTram beim jüngsten NVV-Kunden- um das System weiter zu komplettieren, barometer daher erneut Bestnoten erteilt. aber auch zu optimieren und noch mehr Fahrgästen zugänglich zu machen. Dazu Darüber hinaus spielt eine attraktive gehören Melsungen-Schwarzenberg und Anbindung durch den öffentlichen Per- Melsungen-Süd als Stationsneubauten. sonennahverkehr wie durch die RegioTram HS Nr. 110 11
Nordhessen aktuell Brilon-Stadt – Brilon-Wald – Korbach – Frankenberg – Marburg Mehr Züge auf der Edertalbahn (js) Nachdem in den vergangenen Monaten der Kreuzungsbahnhof Viermünden wieder neu errichtet wurde, ergeben sich ab Fahrplanwechsel zahlreiche Ver- besserungen, die über Marburg und Brilon hinaus gehen. Die NVV-Liniennummer ändert sich von R42 in RB42. Die zweistündlich verkehrenden Takt- fehlender Kreuzungsmöglichkeiten nur ein züge auf der Gesamtstrecke von Marburg Zwei-Stunden-Takt möglich. Ebenso be- in Richtung Brilon-Wald verkehren nun zur stand zwischen Korbach und Brilon-Wald geraden Stunde. Bisher erfolgte die Bedie- weitestgehend ein Zwei-Stunden-Takt. nung zur ungeraden Stunde. Dadurch ver- bessern sich die Anschlüsse in Brilon-Wald Durch die Fertigstellung des Kreuzungs- an die Linie RE 57 in Richtung Dortmund, bahnhofs in Viermünden ist die Takt- wodurch auf die Weiterführung der Züge verdichtung möglich geworden. In Rich- nach Bestwig verzichtet werden kann. Alle tung Brilon-Stadt wird nun zwischen Mon- Züge, die Brilon-Wald aus Marburg errei- tag und Samstag ab 12 Uhr ein Stunden- chen, werden nach Brilon-Stadt weiterge- takt angeboten. An Sonntagen beginnt der führt. Stundentakt bereits zwei Stunden früher. Am Vormittag wird weiterhin ein Zwei- Der Zugverkehr zwischen Brilon-Stadt Stunden-Takt angeboten. Samstag und und Marburg/Lahn wird verdichtet. Nach- Sonntag endet der Stundentakt nach 18 mittags verkehren die Züge täglich im Uhr, Werktags erst nach 20 Uhr. Der letzte Stundentakt. Bisher war auf dem Strecken- Zug aus Marburg (Abfahrt 21.29 Uhr) er- abschnitt Frankenberg – Korbach aufgrund reicht Korbach täglich um 22.55 Uhr. Eini- Seit dem Fahrplanwechsel halten auch in Korbach-Süd mehr Züge Foto: Stefan Sitzmann 12 HS Nr. 110
Nordhessen aktuell ge Züge aus Marburg wenden allerdings wurde und kein Fahrgast seine Mitfahrt auf bereits in Willingen. dem Bahnsteig deutlich macht. In Richtung Marburg wird täglich ab 14 Der Schülerzug, der Marburg um 13.29 Uhr (Abfahrtszeit in Korbach) ein Stunden- Uhr verlässt (bisherige Abfahrtszeit 13.43 takt eingeführt. Der letzte Zug verlässt Uhr), beginnt nun bereits in Marburg-Süd Korbach täglich um 20 Uhr und erreicht um 13.24 Uhr. Im Hauptbahnhof besteht Marburg um 21.23 Uhr. An Samstagen Anschluss an die RB 94 nach Bad Laasphe kommt ein zusätzlicher Vormittagszug zum am selben Bahnsteig gegenüber. Der Zug Einsatz, der um 8.39 Uhr in Willingen be- verkehrt bis Brilon-Stadt. ginnt, Korbach um 9 Uhr erreicht und von dort weiter nach Marburg fährt. Die RB 23.230, die bisher um 18.43 Uhr in Marburg abgefahren ist, verlässt die Die Stationen Thalitter, Schmittlotheim Universitätsstadt nun bereits um 18.29 Uhr, und Ederbringhausen werden auch weiter- wurde also in die übliche Taktzeit gescho- hin nur im Zwei-Stunden-Takt als Bedarfs- ben. Die Anschlüsse aus Kassel (Ankunft halt bedient. Ebenso wird die Station Vier- zur Minute 35) für beide Regionalbahnen münden trotz der dort stattfindenden Zug- sind daher ab Fahrplanwechsel nicht mehr kreuzungen nur als Bedarfshalt bedient. erreichbar. Die beiden Züge der Gegen- Natürlich muss der zuerst ankommende richtung werden aufgrund der Zugkreu- Zug halten; der Gegenzug wird die Station zungen in Münchhausen damit ebenfalls in allerdings ohne Halt durchfahren, wenn die üblichen Abfahrtszeiten der Taktzüge kein Ausstieg beim Personal angemeldet eingereiht. Kurhessenbahn-Fahrzeugflotte: Aus für GTW, zu wenige Desiros (js, jl) Ab dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2018 sollen die vorhandenen Triebwagen der Baureihen 628.2, 628.4 und 646 durch 27 Dieseltriebwagen der Baureihe 642 (Desiro) ersetzt werden. Diese niederflurigen und klimatisierten Fahrzeuge verfügen über einen geräumigen Mehrzweckbereich, neun Steckdo- sen und sind auch für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität geeignet. Die Fahrzeuge werden bei der DB Kinderwagen oder Rollstühlen, LED-Be- Fahrzeuginstandhaltung Kassel im Auftrag leuchtung und ein Videoüberwachungs- der Kurhessenbahn modernisiert. Dabei system. Einige Plätze verfügen über groß- wird die Leistung auf 2x 315 kW gesteigert, flächige Multifunktionstische. ein neues Fahrgastinformationssystem ein- gebaut, Innen- und Außenanzeigen, sowie Dadurch bietet das Fahrzeug etwa gleich Innen- und Außenlautsprecher installiert. viele Sitzplätze, wie die Triebwagen der Die Fahrzeuge verfügen über 118 Sitzplät- Baureihe 628. Die Triebwagen der Bau- ze und 28 Klappsitze, einen Mehrzweck- reihe 646 verfügen lediglich über 94 Sitz- bereich zum Abstellen von Fahrrädern, plätze, zuzüglich einiger Klappsitze. HS Nr. 110 13
Nordhessen aktuell Bei der Kurhessenbahn möchte man die Triebwagen der Baureihe 646 (GTW 2/6) los werden Leider werden die „neuen“ Triebwagen die GTW durch Desiros ersetzen. Durch zum Fahrplanwechsel noch nicht in der be- diese geänderten Rahmenbedingungen ste- nötigten Anzahl zur Verfügung stehen, da hen natürlich zum Start des neuen Ver- die Kurhessenbahn derzeit nur über eini- kehrsvertrages nicht genügend 642 zur Ver- ge wenige Fahrzeuge verfügt. Ursprünglich fügung. Deshalb laufen die neun vorhan- sollten die neun bisher vorhandenen 646 denen 646 noch weiter und werden suk- (Typ GTW 2/6) weiterlaufen und die vier zessive durch weitere 642 ersetzt. Aller- Fahrzeuge von Regio Hessen, die zur Zeit dings gab es beim Umbauprogramm Ver- noch auf der Dreieichbahn im Einsatz sind, zögerungen, wodurch von den 14 ursprüng- in den Bestand der Kurhessenbahn wech- lich geplanten 642 nicht alle modernisiert seln. Damit wären dann 13 646 und 14 642 zur Verfügung stehen. Die Fahrzeuge wer- im Bestand. Da die für die Dreieichbahn den zunächst unmodernisiert fahren und bestellten neuen Fahrzeuge vom Herstel- nach und nach umgebaut. ler PESA bisher nicht geliefert wurden, lau- fen die vier 646 dort weiter und der darüber Die Kurhessenbahn versucht deshalb, hinaus benötigte Fahrzeugbedarf ist durch deutschlandweit Reservefahrzeuge dieser 642 abgedeckt, die ursprünglich für die Baureihe zu beschaffen. Bei Redaktions- Kurhessenbahn vorgesehen waren. schluss war unklar, bis wann alle 27 benö- Im Laufe des Ausschreibungsverfahrens tigten Triebwagen zum Einsatz kommen hat man umgeschwenkt und will jetzt auch werden. 14 HS Nr. 110
Osthessen aktuell Bahnsteig versus Fahrgast - Droht der Einstieg zum Problem zu werden? (si) Der Vorstand der Ortsgruppe Bebra der Gewerkschaft Deutscher Lokomo- tivführer begrüßt die durch die Bundesregierung und die Deutsche Bahn vor- gesehene Vereinheitlichung der Bahnsteighöhen, sieht jedoch auch erhebliche Probleme bei der praktischen Anwendung. Patrick Rehn, Mitglied des Ortsgruppen- 96 Zentimetern findet Vorstand: „Für den flüssigen und schnel- man an S-Bahnstrecken len Fahrgastwechsel im Berufsverkehr, für in und um Frankfurt, mobilitätseingeschränkte Fahrgäste mit München, Stuttgart, Rollstuhl, Rollator oder Krücken sowie für Hamburg und Berlin.“ Reisende mit Gepäck, Kinderwagen und Fahrrädern ist es wichtig, dass der Fußbo- Rehn schließt zwar den des Zuges und der Bahnsteig eine Höhe aus, dass eine RegioTram, welche als Stra- haben. Dies erleichtert das Aus- und Ein- ßenbahn auch durch die Kasseler Fußgän- steigen und hilft die Eisenbahn als Reise- gerzone fährt, zusammen mit einer S-Bahn mittel attraktiv zu machen.“ an einem Bahnsteig halten wird. In Kassel- Wilhelmshöhe stehen sich InterCity und Die Deutsche Bahn hat in einem Grund- RegioTram jedoch durchaus am selben satzpapier vor einigen Monaten eine ein- Bahnsteig gegenüber. heitliche Höhe von 76 Zentimetern für alle neu zu bauenden oder zu sanierenden Rehn weiter: „Die neue Höhe von 76 Bahnsteige vorgeschlagen. In der am 10. Zentimeter würde besonders in ländlichen November 2017 zu Ende gegangenen Gegenden, wo zumeist neue Fahrzeuge mit Verkehrsministerkonferenz der Bundeslän- einer Höhe von 55 Zentimeter unterwegs der haben sich diese für ein abgestimmtes sind, dazu führen, dass immer eine Stufe Konzept zwischen Bund, Bahn und Län- aus dem Fahrzeug auf den Bahnsteig und dern ausgesprochen, um eventuellen Feh- umgekehrt bewältigt werden müsste. Für lern vorzubeugen. die Betreiber der Fahrzeuge, welche teilweise erst wenige Jahre alt sind, wären Rehn verdeutlicht dies an einem Bei- zudem entweder teure Umbauten oder spiel: „In Deutschland gibt es derzeit vier sogar Neubeschaffungen notwendig.“ gängige Bahnsteighöhen, wovon schon drei in Nord- und Osthessen zu finden sind: 38 Auch dem Vorschlag des baden-würt- Zentimeter für jene Stationen, an denen die tembergischen Verkehrsminister Hermann, RegioTram hält, 55 Zentimeter, wo Nah- sogenannte Hybrid-Bahnsteige mit unter- verkehrszüge wie beispielsweise die cantus schiedlichen Höhen vorzusehen, erweist halten und 76 Zentimeter für Bahnsteige, die GDL Bebra eine klare Absage: „Das an denen ICE und InterCity halten wie könnte dazu führen, dass die Bahnsteige für beispielsweise in Bad Hersfeld, Bebra, Kas- unterschiedliche Einstiegshöhen mehrere sel und Fulda. Die höchsten Bahnsteige mit hundert Meter lang sind - obwohl der Zug HS Nr. 110 15
Osthessen aktuell Im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe wurden mehrere Gleise durch „Hochschottern“ höher gelegt, damit auch die RegioTram-Fahrgäste Ein- und Aussteigen können Foto: Steven Kunz vielleicht nur 50 oder 70 Meter lang ist. Der noch unsanierte, teilweise mit Gras bewach- Zug müsste dann den Abschnitt ansteuern, sene und nur über steile Treppen erreich- in dem die Höhe passend wäre - während bare Bahnsteige zu finden sind, mutet da die am Bahnsteig wartenden Fahrgäste ih- schon wie ein Schildbürgerstreich an.“ rem Zug hinterherlaufen. Dadurch würden sich abermals die Haltezeiten verlängern Die Kosten für den Umbau auf die neue und der Zug mit jedem Halt Verspätung Höhe würden zudem indirekt durch höhe- ansammeln.“ re Ticketpreise abgefangen. Rehn: „Die Inhaber der sanierten Infrastruktur gibt die Das Durcheinander bei den unterschied- Baukosten an das Eisenbahnunternehmen lichen Bahnsteighöhen im Verlauf einer weiter, welche für den Halt an der jeweili- Bahnfahrt wurde in den vergangenen Jah- gen Stationen ein entsprechendes Entgelt ren zudem deutlich reduziert. Rehn: „In zu bezahlen hat. Diese höheren Kosten den vergangenen Jahren wurden durch schlagen sich wiederum im Preis einer Zug- Bund, Länder und Bahn bereits mehrere fahrt nieder, welche der beauftragende Milliarden Euro in die Sanierung und Auf- Besteller bzw. Verkehrsverbund beim Fahr- wertung tausender Stationen gesteckt. gast geltend machen wird.“ Hierdurch hat sich die Zahl jener Bahnstei- ge, an denen man nicht stufenlos in den Das Ziel, einen Bahnsteig zu finden, an Zug gelangt erheblich reduziert. Die neuen welchem jeder Zug – egal wie hoch oder Bahnsteige mit 55 Zentimetern nun wieder tief dessen Einstieg ist – halten und in den in Frage zu stellen, während andernorts man stufenfrei einsteigen kann wird sich 16 HS Nr. 110
Osthessen aktuell zwar weitgehend, aber eben nicht überall müssen weiterhin ein bis zwei Stufen ge- umsetzen lassen. Rehn: „Dort, wo ein Neu- stiegen werden.“ oder Ausbau noch aussteht, muss man schauen, wie die Gesamtsituation der Sta- Die GDL Bebra sieht daher die Bundes- tionen einer Linie aussieht. Ist bereits der länder in der Pflicht: „Diese müssen bei größte Teil der Bahnsteige auf ein einheit- Ausschreibung und Vergabe von Nahver- liches Maß gebracht, wäre ein Bahnsteig kehrsleistungen und eventuell auch kurz- mit der neuen Höhe ein störender Faktor. fristig darauf hinwirken, dass in allen Per- An den großen Bahnhöhen wie Fulda, sonenzügen stets ausreichend Zugbegleiter Bebra, Bad Hersfeld oder Kassel muss man an Bord sind, um dann zur Stelle zu sein, indes schauen, ob und wie weit es möglich wenn jemand Hilfe beim Ein- oder Aus- ist, die Gleissituation optimieren zu kön- steigen braucht. Diese haben im durch sie nen. Wenn an einem Bahnsteig unter Um- betreuten Bereich die Übersicht, wo je- ständen nur Nahverkehrszüge mit 55 Zen- mand eingestiegen ist, was er für Hilfe timeter Einstiegshöhe halten, ist es unserer braucht und wie diese am besten zu leisten Auffassung nach unsinnig, eine Höhe von ist. 76 Zentimetern vorzuhalten.“ Für Bahnhöfe, an denen die Reisenden Hierfür wären laut Rehn noch nicht umsteigen wollen, können sie dann meist einmal teure Neu- oder Umbauten am entsprechende Hilfe vorbestellen. Auch für Bahnsteig notwendig: „Die Lösung liegt im Rollstuhlfahrer ist dank der nahezu in al- sogenannten Hochstopfen der Gleise, wie len Nahverkehrszügen vorhandenen Ram- man es seinerzeit in Kassel-Wilhelmshöhe pen und Hublifte eine Mitfahrt kein Pro- an den Bahnsteigen 7 bis 10 praktiziert hat. blem mehr. Ein weiterer positiver Neben- Zur Betriebsaufnahme der RegioTram wur- effekt: Die Kolleginnen und Kollegen sor- den diese Gleise durch das Einbringen und gen alleine durch ihre Anwesenheit und Verdichten von Schotter unter und neben Präsenz schon für Sicherheit und Sauber- dem Gleis um knapp 20 Zentimeter ange- keit im Zug, können die Fahrscheine kon- hoben, zusätzlich wurde die Höhe der trollieren und Informationen geben, und Oberleitung angepasst. So ist es möglich, im Störungsfall gemeinsam mit dem Lok- dass RegioTram und InterCity am selben führer entsprechende Maßnahmen einlei- Bahnsteig halten können. Doch optimal ist ten und die Fahrgäste betreuen.“ die Situation immer noch nicht, denn es Wegfall von Zugverbindungen in Thüringen (si) Mit dem Jahresfahrplanwechsel 2017/2018 gibt es im Schienenpersonen- nahverkehr in Thüringen erneut Verschlechterungen. So halten am traditions- reichen Bahnhof Oberhof keine Personenzüge mehr. Für die durchschnittlich noch verbliebe- kostspielig. Daher wird der ca. 3 Kilome- nen 150 Ein-/Aussteiger pro Tag erschie- ter vom Bahnhof gelegene Ort Oberhof nen notwendige Umbaumaßnahmen zu künftig von Zella-Mehlis aus mit Bussen be- HS Nr. 110 17
Osthessen aktuell Im Bahnhof Oberhof halten in Zukunft keine Züge mehr Foto: Stefan Sitzmann dient. Der inzwischen modernisierte Bahn- chen. Standzeiten von fast einer Stunde in hof Zella-Mehlis bekommt im Gegenzug Buttstädt zeugen nicht gerade von optima- den Namenszusatz „Oberhof“. len Fahrzeugumläufplanungen und lassen für die Zukunft des Restabschnitts der Mit dem Betreiberwechsel von DB „Pfefferminzbahn“ leider nichts Gutes er- Regio zur Erfurter Bahn endet zudem die warten. fahrplanmässige Personenzugbedienung eines weiteren Teilstücks der sogenannten „Pfefferminzbahn“ zwischen Buttstädt und Bahnsteig der Pfefferminzbahn in Großheringen. Nachdem schon vor über Sömmerda Richtung Straußfurt zehn Jahren der Zugverkehr zwischen Foto: Stefan Sitzmann Straußfurt und Sömmerda abbestellt wur- de, hat es nun einen weiteren Abschnitt getroffen, der zuletzt von nur noch etwa 100 Fahrgästen pro Tag frequentiert wurde. Leider wurde auf dem nun im Insel- betrieb bedienten Streckenabschnitt Sömmerda-Buttstädt das Angebot nicht aufgewertet, sondern sogar noch auf einen Zweistundentakt (mit Ausnahme morgens) gekürzt und Abendverbindungen gestri- 18 HS Nr. 110
Mittelhessen aktuell Großes Bahnfest in der Wetterau 120 Jahre Horlofftalbahn (jl) Mit einem großen Begleitprogramm wurde am 3. Oktober 2017 das Jubiläum 120 Jahre Horlofftalbahn begangen. An allen Unterwegsbahnhöfen gab es Ver- anstaltungen. Mit drei Dampfzugfahrten Friedberg – Nidda und zurück und ei- nem erweiterten Fahrtenangebot konnten die Besucher zwischen den Stationen hin und her fahren. Zur Feier des Tages konnten bis auf die Dampfzugfahrten alle weiteren Züge kostenlos genutzt werden. Das umfangreiche Programm, welches onen, Livemusik, ZOV Verkehr und die Verkehrsgesellschaft Radtouren, Wande- Oberhessen (VGO) in monatelanger Vor- rungen und Führun- arbeit aufgestellt hatte, konnte sich sehen gen angeboten. lassen. Die zentrale Veranstaltung mit ei- nem offiziellem Festteil und einer kleinen Dreimal verkehrte Ausstellung fand im Rahmen eines Bahn- der Dampfzug der hofsfests am Bahnhof Beienheim statt. Wei- Museumseisenbahn Hanau mit einer Lok tere Schwerpunkte lagen an den Stationen der Baureihe 50. Mit einem LINT41 der Friedberg, Wölfersheim-Södel, Echzell so- Hessischen Landesbahn kam ein weiteres wie Bad Salzhausen und Nidda. Entlang der Fahrzeug auf die Horlofftalbahn, welches Strecke wurden zahlreiche Mitmach-Akti- sonst dort nicht verkehrt. Mit weiteren Das Eintreffen des Dampfzugs im Bahnhof Beienheim verfolgen zahlreiche Besucher der Jubiläumsveranstaltung Foto: Stefan Sitzmann HS Nr. 110 19
Mittelhessen aktuell In einer Fotoausstellung gab es sowohl Geschichtliches als auch Zukunftsperspektiven der Horlofftalbahn zu entdecken vieler Stationen vor rund 15 Jahren und heute zeigte. Mit Millionenauf- wand wurden in den letzten Jahren außer Beienheim alle Stationen von Nidda bis Dorheim modernisiert: Bahnsteige, Beleuchtung, Infor- mationsvitrinen und Zuwegungen zeigen sich in neuem Gewand. Der Einstieg in den Zug ist heute dank Fahrten wurde der Fahrplan verdichtet und hoher Bahnsteige und Niederflurfahr- die Züge oft mit einem zweiten Triebwa- zeugen so leicht wie nie. Mit dem geplan- gen verlängert. Dies war auch notwendig, ten Um- und Ausbau des Bahnhofs Beien- denn der Besucheransturm war sehr groß heim in einen modernen Abzweigbahnhof und ging so weit, dass gegen 15 Uhr in (hier trennen sich die Streckenteile nach Beienheim keine Bratwurst oder Kuchen Nidda und Wölfersheim/Hungen) in den mehr zu bekommen waren. nächsten Jahren sowie der möglichen Wiederinbetriebnahme des Streckenab- Am Bahnhof Beienheim gab es zahlrei- schnitts Wölfersheim – Hungen stehen che Informationsangebote zur Geschichte weitere Ausbauschritte an. und Zukunft der Horlofftalbahn. Im Bahn- hof Beienheim hatte die VGO eine Foto- Beim offiziellen Festakt in Beienheim be- ausstellung eingerichtet, die den Zustand tonte der Wetterauer Landrat Joachim Arnold als auch Thomas Busch, Leiter Verkehrs- und Mobilitäts- planung beim Rhein-Main-Ver- kehrsverbundes (RMV), dass die Bahn in jüngster Zeit wieder stetig an Bedeutung für die Entwicklung v.l.n.r.: Stefan Klöppel (Leiter ZOV- Verkehr), Kreisbeigeordnete Stephanie Becker-Bösch, Susanne Repp (Stadtverordnetenvorsteherin von Nidda), Landrat Joachim Arnold, Volker Hoffmann (Prokurist VGO) und Uwe Sames (Stadt Hungen) vor der Abfahrt des Sonderzuges in Nidda 20 HS Nr. 110
Mittelhessen aktuell Der Infostand von der AG Horlofftalbahn und Pro Bahn & Bus stieß auf großes Interesse der Region, aber auch des Ballungsraums Rhein- Main gewinnt. „Wir wer- den bis 2030 in Hessen 280 000 Einwohner mehr haben“, erläuterte Ar- nold. Allein die Wetterau werde um 30 000 Bürger wachsen. Dieser Bevölke- rungs- und Verkehrszu- wachs sei über die Straßen ins Rhein-Main- eine Bahnanbindung ein wichtiger Stand- Gebiet, die bereits jetzt an der Belastungs- ortfaktor, der darüber entscheide, wo Neu- grenze seien, nicht mehr abzuwickeln. bürger sich ansiedelten. Thomas Busch räumte ein, dass die Still- Diese Erfahrung konnte man auch am legung des Streckenabschnitts Wölfersheim gemeinsamen Infostand von Pro Bahn & – Hungen im Jahr 2003 ein kleiner Kratzer Bus und der Arbeitsgemeinschaft Horloff- in der Geschichte der Bahnstrecke sei. talbahn machen. Fast alle Besucher zeig- Derzeit bemühe man sich um die Wieder- ten sich interessiert an der Wiederinbetrieb- eröffnung. Busch:“Ich bin optimistisch, dass nahme der Strecke von Wölfersheim nach das gelingen wird.“ Auch die übrigen Poli- Hungen. Auch die Frage nach mehr durch- tiker und Aufgabenträger äußerten sich gehenden Zügen nach Frankfurt kam ähnlich. Reichelsheims Bürgermeister mehrmals auf. Überhaupt zeigte sich das Bertin Bischofsberger er- innerte daran, dass vor 40 Jahren Politik und Bürger auf das Auto gesetzt hät- ten und niemand an eine solche Feier geglaubt hät- te. „Wer hätte gedacht, dass sich das in kürzester Zeit dreht?“ Wie Kinder- betreuung und Schulen sei Alle drei eingesetzten Fahrzeugtypen treffen sich im Bahnhof Beienheim HS Nr. 110 21
Mittelhessen aktuell Publikum sehr interessiert und fachkundig. Alternative zu den überlasteten Straßen Die Bahn wird mehr und mehr als gute und Autobahnen gesehen und genutzt. Kommentar: Kehrtwende um 180 Grad Erstaunlich, wie sich das Bild der Bahn in der Wetterau gewandelt hat! Noch 2003 wurde der Streckenabschnitt Wölfersheim – Hungen stillgelegt, obwohl schon damals die Fahrgastzahlen stiegen. „Wer fährt da noch mit“, „mit dem Bus können wir ein attraktiveres Angebot fahren“ waren Argumente, die damals noch Anhänger fanden. Keine 10 Jahre später haben Hungen und Wölfersheim erkannt, dass man nur mit dem Bus dem Bürger kein attraktives Angebot bieten kann. Während von Nidda durchgehende Züge nach Frankfurt fahren und die Einwohnerzah- len zunehmen, sieht es in Hungen schlechter aus. Mit einem Schritt-für-Schritt- Konzept geht man die Reaktivierung an. Die Kommunen Wölfersheim und Hungen kauften 2011 die stillgelegte Bahnstrecke. Der Bahnhof Beienheim wird zum modernen Abzweigbahnhof umgebaut. Im Bahnhof Hungen wurde für die Strecke nach Wölfersheim bei der Modernisierung schon ein eigener Bahnsteig vorgesehen. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Meinung für die Bahn gedreht und man hatte in Beienheim das Gefühl, es hätte nie die Zeiten gegeben, wo die Bahn von vielen für ein Auslaufmodell erklärt wurde. Getragen wird dieses „Pro Bahn“ aber immer mehr von weiten Teilen der Bevölkerung, die erkannt haben, dass sie trotz mehr Straßen doch jeden Tag im Stau stehen und eine moderne Bahn eine gute Alternative für viele ist. In der Wetterau hat man mit vielen kleinen Schritten bei der Horlofftalbahn schon einiges erreicht: Zahlreiche Haltestellen wurden modernisiert, der Fahrplan, teilweise im Halbstundentakt, wurde ausgedehnt in die Abend- stunden, seit letztem Jahr fahren auch am Sonntag auf allen Streckenteilen wieder Züge. Jetzt geht es daran, den stillgelegten Teil wieder ans Netz zu bringen und in Zukunft mit mehr durchgehenden Zügen nach Frankfurt ein attraktives Angebot zu schaffen. Ohne das über fast 20 Jahre ausdauernde Engagement der Arbeitsgemein- schaft Horlofftalbahn mit ihrer von Bahnsachverstand geprägten Öffentlich- keits- und Lobbyarbeit wäre die Reaktivierung der Strecke von der Tagesord- nung der Politik im Kreis und den Anliegerkommunen Wölfersheim und Hungen verschwunden - nun rückt sie in greifbare Nähe! Jürgen Lerch 22 HS Nr. 110
Mittelhessen aktuell Mitfahrerbank Laubach eingeweiht (hl) Da der ÖPNV auf dem Land weit ausgedünnt sei, wurde im Landkreis Gie- ßen die erste kreisweite Mitfahrerstation eingerichtet, so eine hiesige Tageszei- tung. In der gesamten Großgemeinde Laubach wurden insgesamt 35 Stationen eingerichtet. Die sogenannten „Mitfahrerbänke“ be- mitnimmt. Die Fahrtziele sind nicht nur auf finden sich im Wesentlichen an den Bus- die Ortsteile bzw. Kerngemeinde ausgerich- haltestellen der Ortsausgänge und in der tet, sondern treten in direkte Konkurrenz Stadt an weiteren markanten Punkten. Die zu den vorhandenen Buslinien und ALT- Stationen der „Mitfahrerbänke“ sind an Verkehren. Die Fahrt ist für den Nutzer einem blauen Schild mit „Anhalterdau- immer kostenlos. men“ erkennbar und weisen klappbare Schilder der Hauptfahrtrichtungen aus. Das Hessisches Ministerium für Wirt- Befinden sich die Stationen an keiner Bus- schaft, Verkehr und Landesentwicklung haltestelle, so wurden den Schildern noch fördert über das „Integrierte Kommunale jeweils eine Bank beigestellt. Entwicklungskonzept“ (IKEK) unter ande- rem ÖPNV, Bürgerbus, Schülerverkehr Zur Nutzung der „Mitfahrerbank“ be- und alternative Bedienformen. Von dieser gibt man sich an diese Station, klappt das inLaubach eingerichteten alternativen Schild in die gewünschte Hauptfahrtrich- Bedienform gelangt man mit den dort aus- tung und wartet, bis ein PKW anhält und gewiesenen Hauptfahrzielen nach: Gießen und Schotten (Linie 372), Hungen (Linie 363) und Grün- berg (Linie GI 74 und ALT-GI 74). Dabei sind sicherlich keine Förderimpulse für den Linien- ÖPNV, sondern das Gegenteil zu erwarten. So bleibt es abzu- warten, wann Linienverkehr mangels Nachfrage ausgedünnt wird und der Personenkreis, der auf planbare Verbindungen an- gewiesen ist (z. B. Schüler, AZUBI`s, Berufstätige), das Nachsehen haben. Erst passendes Zielschild aufklappen, dann warten: Mitfahrerbank im Laubacher Industriegebiet Foto: Horst Lorenz HS Nr. 110 23
Mittelhessen aktuell Friedberg / Bad Nauheim DeinBus steigt in den Bus-Nahverkehr ein (jl) Das Fernbusunternehmen DeinBus steigt in den Nahverkehr ein: Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 übernimmt DeinBus das Linienbündel Friedberg - Bad Nauheim. Der Wechsel zum neuen Betreiber erfolgt dabei mit einem Jahr Verspätung, denn die das Linienbündel ausschreibende ZOV Ver- kehr hatte die Buslinien zunächst an einen Konkurrenten vergeben, obwohl DeinBus das günstigste Angebot abgab. ZOV Verkehr hatte argumentiert, fahrer verließen das Unternehmen oft vor- DeinBus könne keine bei der Ausschrei- zeitig, wenn sie einen neuen Arbeitgeber bung geforderte ÖPNV-Referenzen vorle- gefunden hatten. In der Folge standen nicht gen. ZOV Verkehr ist hier ein gebranntes mehr genug Busfahrer zur Verfügung, um Kind, hatte der vorhergehende Betreiber, den Busbetrieb aufrecht erhalten zu kön- die Verkehrsgesellschaft Mittelhessen nen. Ein Notfahrplan mit vermindertem (VM), das Linienbündel zum Dezember Fahrtenangebot wurde eingerichtet. 2016 vorzeitig zurückgegeben. Deren Bus- Nach den Problemen in den vergangenen Jahren hoffen alle Beteiligten auf einen guten Start mit DeinBus (von links nach rechts): Friedbergs erster Stadtrat Dirk Antkowiak, Stefan Klöppel (ZOV-Verkehr), Alexander Kuhr und Walter Schüzenhofer (DeinBus), Armin Klein (VGO), Fahrdienstleiter Vasili Andreadis und Christian Janisch (DeinBus). 24 HS Nr. 110
Mittelhessen aktuell Ein DeinBus am 12. Dezember 2017 in Bad Nauheim, drei Tage nach Betriebsaufnahme Mit dem bei der Aus- schreibung zweitplat- zierten Busverkehr Hes- sen (BVH) sah ZOV-Ver- kehr scheinbar einen verlässlicheren Partner als DeinBus und vergab das Linienbündel an die Bahntochter. Diese Ent- scheidung bestätigte das Regierungspräsidium Darmstadt im De- damit von den übrigen Busunternehmen zember 2016 vorläufig. DeinBus ging vor nicht absetzen. Gericht und siegte in zwei Instanzen, zuletzt beim Oberlandesgericht Frankfurt. Das Bei einem Pressetermin am 9. Novem- OLG schloss sich der Meinung der vorhe- ber in Friedberg stellten Walter Schüt- rigen Instanz an, dass es sich „beim Fern- zenhöfer und Alexander Kuhr, Geschäfts- linienverkehr (Paragraph 42 Personen- führer bei DeinBus, in Aussicht, dass es beförderungsgesetz) um eine Unterart des beim Übergang auf den neuen Betreiber Linienverkehrs handele“ und damit als zu keinen großen Problemen kommen Referenz anzuerkennen sei. wird. 14 der 18 Fahrer werden vom bishe- rigen Betreiber übernommen. Das Unter- So übernimmt DeinBus im Dezember nehmen zahlt Tariflohn und schließt mit 2017 von der Busverkehr Hessen den Be- den Mitarbeitern unbefristete Arbeitsver- trieb auf den Linien FB-10, FB-30 sowie FB- träge. In Friedberg entsteht ein Betriebs- 31 bis FB-36. Neben Friedberg und Bad hof, auf dem ein Fahrmeister und ein Nauheim werden Rosbach, Friedrichsdorf, Mechatroniker arbeiten werden. Ober-Mörlen und mit einzelnen Fahrten Usingen angefahren. Eingesetzt werden 13 Geschäftsführer Kuhr teilte auf Nachfra- eigene Busse der DeinBus Verkehrs-GmbH ge gegenüber der Hessenschiene mit, dass sowie drei Busse des Subunternehmers sich das Unternehmen langfristig im Nah- Ohly & Weber aus Neu Anspach. Entgegen verkehr etablieren möchte, da der Fernver- dem bisherigen DeinBus-Design werden kehrsmarkt sehr unbeständig sei. Deshalb die Linienbusse in der von der Verkehrs- nehme man auch an weiteren Nahverkehrs- gesellschaft Oberhessen geforderten Aus- ausschreibungen teil. Der Nahverkehrs- führung (hellgrau mit rotem Streifen unten vertrag in Friedberg läuft neun Jahre bis an der Fahrzeugseite) verkehren und sich Dezember 2026. HS Nr. 110 25
Mittelhessen aktuell Obere Lahntalbahn: Stundentakt jetzt auch am Samstag (js) Auf der Gesamtstrecke Marburg – Erndtebrück wird ein täglicher Zwei-Stun- den-Takt angeboten, der von Montag bis Samstag zwischen Marburg und Bad Laasphe zu einem Stundentakt verdichtet wird. Montags bis Samstags wird ein zusätzlicher Zug eingesetzt, der Bad Laasphe um 19.33 Uhr in Richtung Marburg verlässt. Die Ankunft in der Universitätsstadt ist reicht wird. Im Hauptbahnhof bestehen um 20:29 Uhr wodurch der Anschluss an Umsteigemöglichkeiten von der RB 42 aus den RE 98 nach Frankfurt um 20:35 Uhr Korbach und vom RE 30 aus Kassel. Die erreicht werden kann. An Samstagen wird Zugdichte auf der Hauptstrecke in beiden nun ein durchgehender Stundentakt zwi- Fahrtrichtungen während dieser Hauptver- schen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr angeboten, kehrszeit lässt ein Überleiten auf das allerdings wird die erste Abfahrt in Gegengleis mit anschließendem Fahrt- Marburg erst um 8:24 Uhr erfolgen. Um richtungswechsel in Marburg-Süd für die die Anschlüsse an die Linie RB 93 von Sie- Rückfahrt ebenfalls nicht zu. Da der gen sicherzustellen, verkehren alle Züge ab Regionalbahn ein Regionalexpress auf der Erndtebrück eine Minute später, also Hauptstrecke folgt, muss diese schnellst- jeweils eine Minute nach der vollen Stun- möglich das Hauptgleis verlassen. Für ei- de. nen Fahrtrichtungswechsel, bei dem der Lokführer in den anderen Führerstand Für Schüler und Berufspendler verkehrt wechseln muss, werden etwa vier Minu- der Zug aus Bad Laasphe, der den Bahn- ten benötigt. Jedoch wird die Trasse hof Marburg um 7:29 Uhr erreicht, weiter unterdessen von einem nordwärts fahren- nach Marburg-Süd, dass um 7:41 Uhr er- den IC belegt. Fährt jetzt am Samstag häufiger: Die Obere Lahntalbahn, im Bild in Friedensdorf 26 HS Nr. 110
Mittelhessen aktuell Güterverkehr der Westerwaldbahn GmbH endet nach knapp 105 Jahren (hpg) Der 9. Januar 1913 war ein denkwürdiger Tag für das Gebhardshainer Land im Landkreis Altenkirchen, denn an diesem Tag wurde die lang ersehnte Eisenbahnstrecke von Scheuerfeld zur Grube Bindweide und bis zum damali- gen Endpunkt Nauroth für den Personen- und Güterverkehr in Betrieb genom- men. Ab dem 1. August 1914 ging die Betriebs- folgte am 11. Dezember, da noch 21 bela- führung auf den Kreis Altenkirchen über, dene Wagen in Kreuztal standen. Aller- der Anfang 1911 über 30 Jahre geschlosse- dings wurden am selben Tag auch erstmals ne Betriebsvertrag mit einem Berliner Un- Wagen über Limburg zugestellt. Die über ternehmen wurde gegen eine Abstands- den Güterbahnhof Gremberg nach Kob- zahlung gekündigt. Der Güterverkehr ent- lenz-Lützel zulaufenden Wagen mit Stahl- wickelte sich gut und mit dem Bau einer Coils wurden dort von einer Streckendiesel- „nichtöffentlichen Privatanschlußbahn“ lok der DB Cargo (Class 66) übernommen konnte das Streckennetz um weitere 15 und über Limburg in den Abendstunden Kilometer verlängert und zusätzliche Be- nach Montabaur überführt. Am jeweils fol- triebe angeschlossen werden. Obwohl der genden Morgen plant DB Cargo die Zu- Personenverkehr bereits 1943 auf Triebwa- stellung über Siershahn nach Selters mit gen und 1960 auf Omnibusse umgestellt Dieselloks aus dem Tonverkehr. Die Werk- worden war, fuhren Güterzüge auf der so- lok von Schütz soll anschließend die Zu- genannten Stammstrecke noch bis Ende stellung der Wagengruppe in Siershahn Juli 2017. zum dortigen Werksteil von Schütz über- nehmen und danach im Werk Selters die Mit der Entscheidung des Kreistages Rangieraufgaben durchführen. Altenkirchen, den Kooperationsvertrag mit DB Cargo zum Jahresende 2017 zu kündi- Das Personal für die Werklok von Schütz gen und für die im Eigentum des Kreises stellt ab Januar 2018 DB Cargo, derzeit er- befindliche Infrastruktur zwischen Alten- folgen die notwendigen Ausbildungen. kirchen und Selters das förmliche Verfah- Momentan wird geprüft, ob die technische ren zur Stilllegung einzuleiten, endete zum Fahrplanwechsel auch der Güterver- kehr auf der Strecke Altenkirchen–Sel- ters. Die letzte Zustellung eines Güter- zuges mit den Lokomotiven der Weba er- Am 8. Dezember 2017 fuhr der letzte fahrplanmäßige Güterzug der Wester- waldbahn auf der seit 2005 dem Unter- nehmen gehörenden Strecke von Selters nach Altenkirchen. Foto: Marko Lauten HS Nr. 110 27
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