HIERGEBLIEBEN! Schwerpunkt: Fachkräftesicherung im Mittelstand - 1 l2011 - RKW Kompetenzzentrum

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HIERGEBLIEBEN! Schwerpunkt: Fachkräftesicherung im Mittelstand - 1 l2011 - RKW Kompetenzzentrum
ISSN — 1619-7372 — www.rkw-magazin.de

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Gastkommentar
von Rainer Brüderle
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
für das RKW Magazin 1|2011 zur Fachkräftesicherung
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Gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind der Grundstein
                                               für Wettbewerbsfähigkeit. Dies gilt für den HighTech-Standort Deutschland
                                               in besonderem Maße.

                                               Immer mehr Unternehmen haben allerdings Probleme, qualifizierte Fach-
                                               kräfte zu gewinnen. Diese bedenkliche Entwicklung betrifft insbesondere
                                               den Mittelstand. Die Engpässe sind zwar bislang auf bestimmte Regionen,
                                               Branchen und Berufe begrenzt. Doch mehren sich die Anzeichen für eine
                                               breite Fachkräftelücke: So haben nach eigenen Angaben schon heute rund
                                               20 Prozent der Unternehmen generell und 50 Prozent teilweise Probleme,
                                               passende Fachkräfte zu finden.

                                               In den mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufen fehlen bereits jetzt
                                               knapp 100.000 Fachkräfte. Diese Lücke dürfte bis zum Jahr 2020 auf ca.
                                               250.000 anwachsen. Hinzu kommen rückläufige Bewerberzahlen in der
                                               dualen Ausbildung, zu geringe Absolventenzahlen an den deutschen Hoch-
                                               schulen und alternde Belegschaften in den Unternehmen. Dieses zeigt:
                                               Fachkräfteengpässe in Deutschland sind kein konjunkturelles, sondern zu-
                                               nehmend ein strukturelles Problem.

                                               Die Lage wird sich mit dem fortschreitenden demografischen Wandel weiter
                                               verschärfen: Im Jahr 2009 standen einer Gesamtbevölkerung von 81,8 Mio.
                                               Menschen in Deutschland noch 49,6 Mio. Menschen im erwerbsfähigen
                                               Alter gegenüber. Das entspricht einem Prozentsatz von gut 60 Prozent. Bis
                                               zum Jahr 2060 wird dieser Anteil auf die Hälfte zurückgehen. Schon bis zum
                                               Jahr 2030 droht die Fachkräftelücke auf 4,4 Mio. anzuwachsen.

                                               Der Fachkräftemangel trifft besonders den Mittelstand. Anders als bei
                                               großen Unternehmen fehlen hier häufig Ressourcen und Know-how für eine
                                               systematische Personalplanung und -entwicklung. Deshalb beschäftigt sich
                                               die Mittelstandsinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Tech-
                                               nologie mit der Frage, wie der Fachkräftebedarf insbesondere bei kleinen
                                               und mittleren Unternehmen gesichert werden kann. So sind im Sinne einer
                                               umfassenden zielorientierten Strategie folgende Maßnahmen erforderlich:

Beilage zum RKW Magazin: Gastkommentar von Rainer Brüderle MdB
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3. Lebenslange Qualifizierung sicherstellen
                                                          Im Jahr 2009 wurde von den etwa 40,2 Mio. Beschäf-
                                                          tigten und Arbeitssuchenden nur knapp jeder Fünfte
                                                          beruflich weitergebildet. Gerade gering qualifizierte und
                                                          ältere Personen profitieren in noch zu geringem Maße
                                                          von Weiterbildung. Adäquate Qualifizierungsangebote
                                                          erhöhen die Attraktivität von Unternehmen. Sie können,
                                                          insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen,
                                                          entscheidend zur Mitarbeiterbindung beitragen.

Die Fachkräftesicherung ist ein zentrales
wirtschaftspolitisches Thema. Gemeinsam mit dem
RKW sind wir dafür gut aufgestellt.

1. Bildungsangebote stärken                               4. Migranten integrieren und anerkennen
Wir müssen die Ausbildungsfähigkeit junger Menschen       Über sechs Millionen Menschen mit Migrationshin-
verbessern. Bereits an den Schulen sollte Jugendlichen    tergrund verfügen über einen formalen beruflichen
frühzeitig eine berufliche Orientierung vermittelt wer-   Abschluss. Im Sinne der wirtschaftlichen und auch
den. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass sich   gesellschaftlichen Integration sind unbürokratische,
wieder deutlich mehr Studenten für mathematisch-          kürzere Verfahren zur Anerkennung dieser auslän-
naturwissenschaftliche Fächer entscheiden und die         dischen Qualifikationen sowie verbesserte Bildungs-
nötigen Bedingungen vorfinden, um ihr Studium erfolg-     chancen notwendig. Die Bundesregierung schafft daher
reich zu beenden.                                         einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Feststellung und
                                                          Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Im
2. Älteren Menschen neue berufliche Perspektiven          Zusammenhang damit richtet das Bundeswirtschafts-
eröffnen                                                  ministerium ein Informationsportal zur beruflichen
Ältere Mitarbeiter sind ein wichtiges Fachkräftereser-    Bildung ein, mit Hilfe dessen ausländische Qualifika-
voir. 2020 werden 40 Prozent aller Menschen, die dem      tionen transparent, einheitlich und schnell bewertet
Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, älter als 50 Jahre     werden können.
sein. Der Paradigmenwechsel – weg von der Frühverren-
tung, hin zu mehr Beschäftigung Älterer – muss von den
Unternehmen im eigenen Interesse vollzogen werden.

                                                                                                   www.rkw-magazin.de
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5. Frauen besser in das Erwerbsleben einbinden
Wir müssen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Es bedarf
außerdem größerer Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Wissen-
schaft, um mehr Frauen für mathematisch-technische Berufe zu gewinnen.
Die Politik sollte hier als ein Katalysator wirken. Gesetzlich geregelte Quo-
ten für Frauen in den Führungsetagen großer Unternehmen sind allerdings
nicht der richtige Weg. Aufgabe des Staates ist es, die Rahmenbedingungen
zu verbessern.

6. Zuwanderung aktiv gestalten
Wir brauchen ein modernes Zuwanderungsrecht: Die Einkommensgrenzen
für Hochqualifizierte im Aufenthaltsrecht müssen umgehend gesenkt, die
Vorrangprüfung zumindest bei Mangelberufen ausgesetzt werden. Darüber
hinaus brauchen wir ein Steuerungsinstrument wie z.B. ein Punktesystem,
das die Qualifikation und Integrationsfähigkeit stärker in den Vordergrund
stellt als bisher und gleichzeitig auch unseren längerfristigen Bedarf am Ar-
beitsmarkt ins Auge fasst.

7. Brain-Drain stoppen
Nur durch einen attraktiven Beschäftigungsstandort mit einem leistungs-
freundlichen Steuer- und Abgabensystem schaffen wir es, die Abwanderung
qualifizierter Fachkräfte ins Ausland zu stoppen und Abgewanderte zur
Rückkehr zu bewegen. Ich werde mich verstärkt dafür einsetzen, Rückkehrer
aus dem Ausland zu gewinnen. Wir brauchen in Deutschland eine Willkom-
menskultur.

Die Fachkräftesicherung ist ein zentrales wirtschaftspolitisches Thema.
Gemeinsam mit dem RKW sind wir dafür gut aufgestellt.

Ihr
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie

Beilage zum RKW Magazin: Gastkommentar von Rainer Brüderle MdB                  Bildquelle: Yuri Arcurs/ fotolia.com
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                                                            Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,
              kaum ein anderes Thema durchzieht aktuell so viele politische Debatten
              wie die Auswirkungen der demografischen Entwicklung. Sie begegnen uns
              in Rentendiskussionen, in der Bildungspolitik und nicht zuletzt auf dem Ar-
              beitsmarkt. Obwohl die Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung
              für die nächsten Jahrzehnte ebenso klar beschrieben wie unausweichlich
              sind, haben viele Unternehmen bisher weder klare Anpassungsstrategien
              entwickelt noch konkrete Maßnahmen ergriffen. Dabei wird der sich ab-
              zeichnende Rückgang des Arbeitskräftepotenzials bereits in den nächsten
              zehn Jahren den Arbeitsmarkt gravierend verändern. Schon jetzt führt er in
              den technischen Berufen und in einigen Regionen dazu, dass qualifizierte
              Mitarbeiter von den Unternehmen durch kluge Strategien angeworben und
              gehalten werden müssen. Nur wer jetzt vorsorgt, wird auch in der Zukunft
              wettbewerbsfähig bleiben können.
              Gerade der Mittelstand, der in der Konkurrenz mit Großunternehmen um
              begehrte Arbeitskräfte nur schwer mithalten kann, ist auf umsetzbare
              Handlungshilfen angewiesen. Für das RKW ist die Sicherung des Fachkräfte-
              bedarfs deshalb eines der zentralen Zukunftsthemen. Wir haben es bereits
              vor über einem Jahrzehnt aufgegriffen und kontinuierlich weiterentwickelt.
              In diesem Jahr werden wir basierend auf unseren Erfahrungen und wegen
              der steigenden Nachfrage diese Anstrengungen weiter verstärken – einge-
              bunden in die Initiative der Bundesregierung zur Fachkräftesicherung. Wir
              werden unsere Pilotprojekte, (neuen) Medien und Veranstaltungen nutzen,
              um mit Ihnen Wissen und Erfahrungen zum Thema auszutauschen.
              Mit diesem Heft stellen wir Ihnen wieder grundsätzliche Aspekte sowie
              Beispiele aus der Praxis vor und bieten Einblicke in die Arbeit des RKW.
              Ich wünsche Ihnen Freude bei der Lektüre und hoffe, dass Sie Anknüp-
              fungspunkte für Ihre Arbeit und für eine Zusammenarbeit mit dem RKW
              entdecken. Sie sind uns immer willkommen!

              Mit freundlichen Grüßen

              Ihr W. Axel Zehrfeld
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     Impressum

     RKW Magazin

     Chefredaktion:             Kathrin Großheim (V.i.S.d.P.)                Erscheinungsweise:          4 x jährlich; Auflage: 6.000
     Redaktion:                 Rabena Ahluwalia
     Artdirektion/Layout:       Claudia Weinhold                             Bildnachweise:
                                                                             Fotolia.com: Robert Kneschke (S.16-20), Yuri Arcurs (Beilage: Grußwort von
     Druck:                     H. Reuffurth GmbH                            Rainer Brüderle)
                                Philipp-Reis-Straße 6                        Photocase.com: Maspi (S.1, 50, 51), marshi (S.2 oben, 43, 45), designritter
                                63165 Mühlheim am Main                       (S.2 unten), subwaytree (S.12-15), FloKu.(S.22-24), Knipsermann (S.29),
                                                                             mathias the dread (S.33-35), svenkaiser2803 (S.36, 37), Markus Gann (S.38, 39),
                                                                             daniel.schoenen (S.41), NickDaVinci (S.46, 48), Markus Gann (S.52, 53),
     Herausgeber:                                                            grabba (S.55), g.sperling (S.56),
     W. Axel Zehrfeld, Geschäftsführer                                       Standortagentur Tübingen-Reutlingen-Zollernalb GmbH (S.26-28), DGW (S.40),
     RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der                       Zimmerei Ehrath (S.42), ConSol* Software GmbH (S.44)
     Deutschen Wirtschaft e. V.
                                                                             Das RKW ist nicht verantwortlich für die hier abgedruckten
     Kompetenzzentrum                                                        Meinungen in namentlich gekennzeichneten Artikeln und für Inhalte
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     4 Inhalt                                                                                                                           RKW Magazin 1 | 2011
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                                                                   RKW Magazin
                                                                   Inhalt

                          Blickwinkel
                          Was macht einen Arbeitgeber attraktiv?                   — 06

                          News
                          Qualifizierung für Unternehmerfrauen im Handwerk         —   08
                          Das RKW auf der Bau 2011 in München                      —   08
                          TOPJOB 2011: Attraktive Arbeitgeber ausgezeichnet        —   09
                          Dr. Peter M. Rudhart, Vorstand des RKW, im Interview     —   10

                          Titel
                          Fachkräftemangel –
                          Ein strukturelles, kein konjunktuelles Problem           — 12
                          Fachkräfte gesucht?! Aktuelle Stimmungen &Trends         — 16
                          Paradigmenwechsel im Personalmanagement                  — 22

                          Fokus
                          Standort-Marketing – Ein Vorteil im Wettbewerb
                          um Fachkräfte?                                           — 26
                          Tiefe Verbrennungen durch seichtes Employer Branding     — 29
                          Was macht einen attraktiven Arbeitgeber aus?
                          Was können kleine und mittlere Unternehmen tun?
                          – Personal entwickeln                                    —   33
                          – Mitarbeiter binden                                     —   36
                          – Arbeit verantwortungsvoll und attraktiv gestalten      —   38
                          – Mitarbeiter führen, Unternehmenskultur gestalten       —   41
                          – Gesundheit fördern                                     —   43
                          RKW vor Ort: Wie das RKW Sachsen den sächsischen
                          Mittelstand beim Kampf um die besten Köpfe unterstützt   — 47

                          Service
                          Unterstützungsleistungen der RKW Landesverbände          — 50
                          Terminkalender April bis Juni 2011                       — 52
                          Die anderen Seiten                                       — 54

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HIERGEBLIEBEN! Schwerpunkt: Fachkräftesicherung im Mittelstand - 1 l2011 - RKW Kompetenzzentrum
Was macht einen
          Arbeitgeber attraktiv?

                                              „Um die Grundlage für ein glückliches Leben zu schaffen, sollten meiner Meinung
                                              nach Job und Privatleben im Einklang sein. Ein Chef und Kollegen mit denen ich mich
                                              gut verstehe und offen reden kann, helfen mir dabei. Mein Arbeitgeber sollte meine
                                              Arbeit auch schätzen und fördern und dementsprechend entlohnen. Ich achte an-
                                              sonsten auf Weiterbildungsmöglichkeiten, da mich diese nicht nur im Beruf, sondern
                                              auch privat bereichern. Die Nähe einer Großstadt ist sehr wichtig für mich, um auch
                                              in der Zukunft flexibel zu bleiben.“
                                              Sinthuwarman Sivanathan arbeitet als Mediengestalter in einer Dekordruckerei in
                                              Arnsberg.

Wie leicht oder schwer fällt es Ihrem Unternehmen derzeit,                     Gallup Engagement Index:
neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden?
                                                                               21% der befragten Arbeitnehmer weisen keine emotionale
Quelle: Ernst & Young: Mittelstandsbarometer Januar 2011,
(n= 3000 mittelständische Unternehmen)                                         Bindung an ihr Unternehmen auf und haben quasi innerlich
                                                  Sehr schwer                  gekündigt. Lediglich 13% der Beschäftigten verfügen über
Angaben in Prozent

                                         11                                    eine hohe emotionale Bindung und sind bereit, sich freiwillig
                                                 6          Leicht
                                                                               für ihren Arbeitgeber und dessen Ziele einzusetzen.
                                                                               Insgesamt 66% weisen lediglich eine geringe emotionale

                     62                             21                         Bindung auf und leisten nur Dienst nach Vorschrift.

Eher schwer                                                                    n= 2.000 Arbeitnehmer, befragt im Oktober und November 2010

                                                            Eher leicht

6 Blickwinkel                                                                                                               RKW Magazin 1 | 2011
RKW Magazin
                                                                                                                                                                                                Blickwinkel

„Es sollte mir die Möglichkeit geboten werden, dass gestellte Aufgaben
innerhalb eines möglichst großen Handlungsspielraums gelöst werden
können – da nichts frustrierender ist, als wenn Ideen schon im Ansatz
zunichte gemacht und die Aufgaben immer wieder nach demselben
monotonen Schema bearbeitet werden müssen. Denn nur wer Spaß an seiner
Arbeit hat und sich zumindest teilweise selbst verwirklichen kann, liefert am
Ende auch ein gutes Ergebnis.“
Christian Langholz studiert Umwelttechnik an der Fachhochschule Rhein
Main in Rüsselsheim.

                                                                      „Viele Unternehmen gehen überhaupt nicht auf die privaten Bedürfnisse ihrer An-
                                                                      gestellten ein. Das habe ich selbst schon einmal erfahren. Aus diesem Grund bin ich
                                                                      sehr froh darüber, dass mir mein jetziger Arbeitgeber sehr entgegenkommt. Oftmals
                                                                      stehen bei mir und meiner Tochter private Termine an, die dann auch im Arbeitsplan
                                                                      berücksichtigt werden. Dies verdanke ich jedoch weniger dem Unternehmen selbst,
                                                                      sondern eher dem Verständnis unserer Filialleiterin, die selbst Mutter und Ehefrau
                                                                      ist.“
                                                                      Sabine Zethmeier arbeitet als Verkäuferin auf 400 Euro Basis in einem Bekleidungs-
                                                                      geschäft und ist alleinerziehende Mutter einer 10-jährigen Tochter.

Die ersten acht Merkmale guter Arbeit sind…..
1    Festes, verlässliches Einkommen................................................................................................................              92%
2    Sicherheit des Arbeitsplatzes .......................................................................................................................................................................................   88%
3    Arbeit soll Spaß machen.....................................................................................................        85%
4    Behandlung „als Mensch“ durch Vorgesetzte....................................................................................................................                          84%
5    Unbefristeste Arbeitsverhältnis ..................................................................................................................................................................................      83%
6    Förderung der Kollegialität.........................................................................................................................................................   76%
7    Gesundheitsschutz bei Arbeitsplatzgestaltung ...................................................................................................................................................                        74%
8    Arbeit soll als sinnvoll empfunden werden............................................................................................                        73%
Quelle: Was ist gute Arbeit? Anforderungen aus der Sicht von Erwerbstätigen. Berechnungen: Tatjana Fuchs, INIFES, 2006

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Qualifizierung
                                          für Unternehmerfrauen im
                                          Handwerk
Im Januar ist das Modellprojekt „zunft: Unternehmer-                 Handwerk“ ab. Auch ein EBC*L-Zertifikat (Europäischer
frauen – Kompetenz im Handwerk“ gestartet. Das RKW                   Wirtschaftsführerschein) kann erworben werden.
Kompetenzzentrum und das sefo femkom Kompetenz-                      Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und
zentrum Darmstadt entwickeln dafür in den nächsten                   Landesentwicklung fördert das Projekt aus Mitteln des
Monaten eine Blended Learning-Strategie für eine kauf-               Landes und des Europäischen Sozialfonds. Die Hand-
männische Qualifizierung für Unternehmerfrauen im                    werkskammer Rhein-Main und der Landesverband der
Handwerk – mit Zusatzmodulen in den Bereichen De-                    Unternehmerfrauen Hessen e. V. unterstützen das Vor-
mografie und Führung. Das Konzept wird anschließend                  haben.
über zwei Jahre erprobt. Die Qualifizierung schließt mit             Ansprechpartnerin im RKW Kompetenzzentrum:
dem staatlich anerkannten Abschluss „Fachkauffrau im                 Gabriele Herbert, herbert@rkw.de

                                       Das RKW auf der BAU 2011 in München

                                       Staatssekretär Jochen Homann (erste Reihe, Dritter von links) und
                                       Prof. Joaquin Diaz (erste Reihe, ganz links) im Kreis der Preisträger des
                                       Wettbewerbs „Auf IT gebaut“ © Messe München GmbH – BAU 2011

Die Rationalisierungs-Gemeinschaft „Bauwesen“ des                    Besonders zu erwähnen ist der Kongress „Nanotechnik
RKW Kompetenzzentrums (RG Bau) war zum Jahresstart                   und Bionik – Hightech in der Bauwirtschaft“ sowie die
mit zwei Messeständen auf der BAU 2011 in München ver-               Preisverleihung im Wettbewerb „Auf IT gebaut – Baube-
treten. Ein besonderes Highlight war in diesem Jahr die              rufe mit Zukunft“, die Prof. Joaquin Diaz wie jedes Jahr
Sonderausstellung „Nanotechnik und Bionik – Neues                    moderierte. Staatssekretär Jochen Homann zeichnete
Bauen zum Begreifen“ im Foyer des ICM Internationales                die diesjährigen Gewinner des Wettbewerbs aus.
Congress Center München.                                             Im Vorfeld der Preisverleihung referierte Professor
Doch nicht nur die Messestände boten Möglichkeiten,                  Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer Gesell-
sich zu informieren. Wie gewohnt, führte die RG-Bau                  schaft, zum Thema. Die Sieger des Wettbewerbs 2011
eine Reihe von Veranstaltungen zu aktuellen Themen                   präsentierten im Anschluss den Messebesuchern ihre
der Branche durch.                                                   Arbeiten.
                                                                     Weitere Informationen auf: www.aufitgebaut.de

8 News                                                                                                             RKW Magazin 1 | 2011
RKW Magazin
                                                                                                  News

TOP JOB 2011: Attraktive Arbeitgeber ausgezeichnet
                                                   Am 27. Januar prämierte die compamedia GmbH die attraktivsten Arbeitge-
                                                   ber im Mittelstand. Die Preisträger überzeugten beim bundesweiten, bran-
                                                   chenübergreifenden Unternehmensvergleich „Top Job“ mit ihrer Personal-
                                                   arbeit und Mitarbeiterorientierung. In der Größenklasse bis 100 Mitarbeiter
                                                   gewann das thüringisch-hessische Bauunternehmen Krieger + Schramm
                                                   GmbH & Co. KG.
                                                   „Die Auszeichnung basiert zu einem großen Teil auf der Meinung unserer
                                                   Mitarbeiter. Das macht uns schon stolz“, sagt Geschäftsführer Matthias
                                                   Krieger. „Außerdem wissen wir nun, was die Belegschaft über unser Arbeits-
                                                   klima denkt. Das war uns wichtig, denn nur so können wir uns als guter Ar-
                                                   beitgeber langfristig weiterentwickeln und die richtigen Maßnahmen ein-
                                                   leiten.“ Bei Krieger + Schramm wird beispielsweise das „Wir-Gefühl“ und die
                                                   Motivation unter den Mitarbeitern mit Hilfe von selbst entwickelten Team-
                                                   regeln und einer Gewinnbeteiligung gestärkt.
                                                   In den anderen Kategorien gewannen die Fujitsu Semiconductor Europe
                                                   GmbH (101 bis 500 Mitarbeiter) sowie die Phoenix Contact GmbH & Co. KG
                                                   (mehr als 500 Mitarbeiter). Insgesamt wurden 72 Unternehmen ausgezeich-
                                                   net, die nun für ein Jahr das Siegel „Top Job“ tragen dürfen.
                                                   Möchten Sie sich für die nächste Runde bewerben? Interessierte Unterneh-
                                                   men haben bis Ende Mai 2011 die Chance dazu.
                                                   Weitere Informationen auf: www.topjob.de

       Tourismus 50plus:
                                                   Lesetipp
       Anforderungen erkennen – Wünsche erfüllen

                                                   „Tourismus 50plus: Anforderungen erkennen – Wünsche erfüllen,
                                                   Ältere Gäste begeistern mit Service, Qualität und Komfort“
                                                   Anregungen, Tipps und Praxisbeispiele für die Tourismusbranche
             Ältere Gäste begeistern mit
             Service, Qualität und Komfort

        Herausgegeben von:
                                                   Die Broschüre ist im Rahmen der Bundesinitiative „Wirtschaftsfaktor Alter“
                                                   entstanden und kann ab sofort per E-Mail bestellt werden: heitzer@rkw.de
                                                   Download unter: www.rkw-kompetenzzentrum.de/publikationen

www.rkw-magazin.de                                                                                                          9
„Berufliches Wissen und Können
   sind unsere wesentlichen natürlichen
   Ressourcen.“
                                         RKW Magazin: Herr Dr. Rudhart, was haben Sie sich in
                                         Ihrer neuen Funktion vorgenommen?
                                         Rudhart: Zunächst möchte ich unser gesamtes Netz-
                                         werk, also das Kompetenzzentrum, die Landesvereine
                                         und -gesellschaften sowie das Kuratorium so weit wie
                                         möglich persönlich kennenlernen und den handelnden
                                         Personen zuhören. Dabei sollten wir auch über aktu-
                                         elle Arbeitsgebiete sprechen und gemeinsam prüfen,
                                         auf welche wir mehr oder weniger Gewicht legen und
                                         wie wir die Zusammenarbeit weiter verbessern können.
                                         Hierzu haben bereits Strategiegespräche begonnen.
                                         Außerdem liegt mir daran, die traditionell breite Träger-
                                         schaft unseres Vereins in Politik, Wirtschaft und Wis-
                                         senschaft zu stärken. Auch hierzu werden demnächst
                                         Gespräche stattfinden.

                  Dr. Peter M. Rudhart   RKW Magazin: Welche Themen und Projekte sind Ihnen
                                         besonders wichtig?
      ist seit Oktober 2010 der neue     Rudhart: Seit 2009 setzen wir bekanntlich bundesweit
                                         die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes-
Vorstandsvorsitzende des RKW e.V.        wirtschaftsministeriums um – ein erfolgreiches Modell-
                                         projekt für moderne Mittelstandsförderung, dem hof-
Er sprach mit uns über seine Pläne,      fentlich weitere folgen werden. Daneben bearbeiten wir
                                         Themen wie Ressourceneffizienz, Innovationsmanage-
            Motivation und Geschichte.   ment, Kompetenzentwicklung und Existenzgründung
                                         bzw. Nachfolge. Sie sind für den deutschen Mittelstand
                                         langfristig erfolgsentscheidend und werden größten-
                                         teils wirtschaftspolitisch unterstützt.

                                         RKW Magazin: Inwiefern ist Fachkräftesicherung ein
                                         Thema für den Mittelstand?
                                         Rudhart: Die derzeitige gute konjunkturelle Entwicklung
                                         macht erneut deutlich, dass uns ein Fachkräftemangel
                                         droht. Er gefährdet die gesamte Wirtschaft, denn be-
                                         rufliches Wissen und Können sind unsere wesentliche

  10 News                                                                          RKW Magazin 1 | 2011
RKW Magazin
                                                                                       News

natürliche Ressource. Mittelständische Unternehmen          Verbindungen zum RKW habe ich mich auf Vorschlag
haben es im Wettbewerb um dieses zunehmend rare             meines Amtsvorgängers Dr. Otmar Franz gerne zur Ver-
Gut besonders schwer. Um diesem Problem aktiv zu            fügung gestellt.
begegnen, entwickeln wir konkrete Strategien und Kon-       Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinen Kol-
zepte für die Wirtschaft und Politik und zeigen positive    leginnen und Kollegen im RKW und sehe in ihr auch eine
Beispiele erfolgreicher Fachkräftesicherung im Mittel-      Herausforderung. Schließlich sind wir kein Unterneh-
stand auf. Auch mir liegt dieses Thema aufgrund meiner      men, sondern ein Netzwerk, das auf der Plattform eines
eigenen Erfahrungen als Unternehmer besonders am            gemeinnützigen Bundesvereins ganz unterschiedliche
Herzen.                                                     Aufgaben umfasst – mit entsprechend unterschied-
                                                            lichen Organisations-, Personal- und Ressourcenstruk-
RKW Magazin: Sie sind schon lange im RKW verwurzelt,        turen. Nach meinem Verständnis wirkt der Vorstands-
waren aber bisher auch in vielen anderen Bereichen ak-      vorsitzende hier vor allem als Kommunikator – nach
tiv. Was hat Sie zu uns geführt?                            innen zielsetzend, motivierend und moderierend, nach
Rudhart: Ich erinnere mich daran, dass unser Familien-      außen als Vermittler erfolgreicher Mittelstandsförde-
unternehmen schon in den Nachkriegsjahren vermit-           rung. Wir müssen sicherstellen, dass wir unsere Auf-
telte Beratungshilfen vom RKW bekam. Im meinem Stu-         gaben trotz knapper Mittel weiterhin effizient und im
dium und bei Forschungsarbeiten zur Rationalisierung        Interesse der mittelständischen Wirtschaft erfüllen.
in Betrieben stieß ich wieder auf die drei Buchstaben.      Zugleich gilt es, das Engagement unserer Träger, insbe-
Später, in der Industrie tätig, leitete ich dann gern den   sondere die finanzielle Unterstützung durch den Bund,
internationalen Beirat des RKW, vertrat es in der Euro-     nachhaltig zu sichern.
pean Management Association und wurde Mitglied des
RKW Kuratoriums. Welches andere Industrieland hat           RKW Magazin: Was ändert sich für Sie persönlich mit
denn schon eine Einrichtung, die seit Jahrzehnten den       dieser neuen Funktion?
Mittelstand, unseren größten Arbeitgeber und wesent-        Rudhart: Mein „Unruhestand“ wird nun noch unruhiger,
lichen Innovationsmotor, erfolgreich fördert - gemein-      denn diese Aufgabe ist kaum mit den Mandaten oder
sam getragen von der Wirtschaft, den Gewerkschaften,        Ehrenämtern zu vergleichen, die viele Unternehmer im
der Wissenschaft und der Politik?                           Ruhestand noch ausüben. Sie wird Zeit und Kraft kosten.
                                                            Aber ich bin zuversichtlich und sehe das RKW auf gutem
RKW Magazin: Was hat Sie bewogen, diese Aufgabe im          Weg.
RKW zu übernehmen und wie verstehen Sie Ihre Rolle
als Vorstandsvorsitzender?
Rudhart: Ich denke, dass ein Unternehmer oder Manager
gut daran tut, nicht nur während seiner aktiven Tätig-
keit, sondern auch im Ruhestand etwas für das Gemein-
wohl zu tun. Deshalb und aufgrund meiner langjährigen

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Fachkräftemangel – Ein strukturelles,
kein konjunkturelles Problem

Brauchen wir einen „Masterplan für Fachkräftesiche-                               Jahr 2020 werden 2,5 Mio. Vollzeiterwerbstätige fehlen
rung“ oder ist der vielbeschworene Fachkräftemangel                               (McKinsey). Die Prognos AG blickt zehn Jahre weiter und
ein Mythos? Beides stimmt ein Stück weit:                                         schätzt die Fachkräftelücke bis 2030 sogar auf 5,2 Mio.
Sektoral und regional fehlen Fachkräfte, das belegen ver-                         Personen.
schiedene Studien. Sie fehlten auch 2008/2009 in der
stärksten Rezession der Nachkriegszeit. Mit dem kon-                              Das Erwerbspersonenpotenzial altert
junkturellen Aufschwung ist der Mangel an Fachkräften                             Zudem steigt das Durchschnittsalter des Erwerbsper-
erwartungsgemäß gewachsen, aber eben nicht überall.                               sonenpotenzials deutlich an, und zwar schon wesent-
Besonders schwierig ist die Situation bei den Ingeni-                             lich früher als die Schrumpfung relevant wird. Bereits
euren. 20 Prozent der Unternehmen haben generell und                              zwischen 2017 und 2024 wird die Erwerbsbevölkerung
50 Prozent teilweise Probleme bei der Besetzung offener                           jeweils zu 40 Prozent aus 30 bis 50-Jährigen beziehungs-
Stellen – über alle Qualifikations-                                                                  weise 50 bis 65-Jährigen bestehen.
niveaus hinweg (DIHK). Kleine und                                                                    Diese Anteile werden sich bis 2060
mittlere Unternehmen sind stärker                                                                    wenig verändern.
betroffen, da sie als weniger attrak-
tive Arbeitgeber gelten.                                                                            Das Qualifikationsniveau sinkt
Diesen konjunkturell bedingten Fach-                                                                Die Bedeutung einer guten Schul-
kräftemangel hat es schon immer                                                                     und Berufsausbildung für den
gegeben und wird es auch in Zukunft                                                                 Arbeitsmarkt wird in der Wissens-
geben. Einen „Masterplan“ haben                                                                     und Informationsgesellschaft immer
wir aber nötig, um dem strukturellen                                                                wichtiger. Die heute quantitativ stark
Mangel an Fachkräften zu begegnen.                                                                  besetzten mittleren und älteren Er-
Denn die Problematik wird sich in Fol-                                                              werbstätigengruppen verfügen über
ge des demografischen Wandels deutlich verschärfen.                               ein hohes Qualifikationsniveau. Doch es wird in abseh-
Die Entwicklungen sind bekannt:                                                   barer Zeit sinken: Die Bestqualifizierten kommen ins
                                                                                  Rentenalter und die folgenden geburtenschwachen
Das Erwerbspersonenpotenzial geht zurück                                          Jahrgänge sind nicht deutlich besser qualifiziert (Fuchs/
Das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland sinkt                                 Reinberg). Das wäre aber notwendig, um die quanti-
bis zum Jahr 2050 um rund 18 Mio. Personen auf etwa                               tative und qualitative Lücke auf dem Arbeitsmarkt zu
27 Mio. (IAB), und zwar beschleunigt ab 2020. Bis zum                             schließen.

12 Titel: Fachkräftesicherung – Ein strukturelles, kein konjunkturelles Problem                                             RKW Magazin 1 | 2011
RKW Magazin
                                                                               Titel

Die Bildungsanstrengungen zeigen zu geringe Erfolge
Trotz Bildungsexpansion verlassen immer noch viel zu viele Schülerinnen
und Schüler die Schule ohne Abschluss. Im Jahr 2008 waren es bundesweit
rund 65.000 (7,5 Prozent). Unter denjenigen mit Migrationshintergrund
liegt diese Zahl sogar bei gut 15 Prozent (Klemm). Die PISA-Studie bewertet
das Leistungsniveau deutscher Schüler als mittelmäßig. Etwa ein Viertel
der Schülerinnen und Schüler zeigt Leistungsniveaus, die weder den erfolg-
reichen Abschluss einer Ausbildung unterstützen noch sie zum notwen-
digen lebenslangen Lernen befähigen. Eine Folge sind geschätzte 1,5 Mil-
lionen junger Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss
(Krekel/Ulrich). Besorgniserregend ist auch die hohe Zahl von Studienab-
brechern: 21 Prozent beenden ihr Studium nicht, in den für die Industrie
wichtigen Bereichen Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften
sogar bis zu 28 Prozent (Hochschul-Informations-System HIS).

Der demografische Wandel ruft zweifelsohne große und neue Probleme auf
dem Arbeitsmarkt hervor. Sie werden umso größer ausfallen und können
den Standort Deutschland gefährden, wenn Politik, Wirtschaft, Bildung, Be-
triebe und Arbeitnehmer nicht rechtzeitig entschieden gegensteuern. Das
RKW trägt intensiv seinen Teil dazu bei.

Bildungsanstrengungen steigern
Bildung ist eines der wichtigsten Handlungsfelder – mit Blick auf die Er-
werbsbevölkerung aber auch aus Sicht der kleinen und mittleren Betriebe:
Sie rekrutieren ihre Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt oder bilden sie selber
aus. Doch sie haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre Ausbildungsplätze
zu besetzen und/oder ihre Auszubildenden zu einem erfolgreichen Ab-
schluss zu führen. Gründe hierfür sind eine geringere Arbeitgeberattraktivi-
tät und der ungebrochene Trend zur Höherqualifizierung. Die rückläufigen
Schülerzahlen tun ihr Übriges.

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Um den hohen Anforderungen an die Qualifikation genügen zu können, sind
                                                       leistungsfähige Schulabgänger gefragt, die ihre Ausbildung oder ihr Studi-
                                                       um erfolgreich abschließen und sich lebenslang weiter qualifizieren. Die
                                                       zentralen bildungspolitischen Ziele lauten:
                                                       ◼ Reduzierung der Schulabgänger ohne Schulabschluss

                                                       ◼ Verbesserung der Qualifikation und Leistungsfähigkeit der Schulabgänger

                                                       ◼ Förderung der Berufsorientierung

                                                       ◼ Qualifizierung der jungen Menschen ohne Ausbildung
                                                       ◼ Reduzierung der Ausbildungs- und Studienabbrüche sowie Unterstüt-

                                                         zung bei einer Neuorientierung
                                                       ◼ Entwicklung innovativer Fort- und Weiterbildungskonzepte

                                                       Besondere Aufmerksamkeit gebührt dabei der Integration von Kindern,
                                                       Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund.

                                                       Betriebe fachkräftesensibler machen
                                                       Unternehmen haben – unabhängig von der Bildungsfrage – viele Ansatz-
                                                       punkte, um sich einerseits attraktiver für den Arbeitsmarkt und andererseits
                                                       unabhängiger davon aufzustellen:

                                                       Personalpolitik strategisch angehen
                                                       Zu wenige Betriebe verstehen Personalpolitik als Bestandteil der Unterneh-
                                                       mensstrategie und legen sie nicht vorausschauend und langfristig an. Dies
                                                       kann aber zu personellen Engpässen führen und bringt Wettbewerbsnach-
                                                       teile mit sich (mehr dazu ab S.22). Employer Branding – die Bildung einer Ar-
                                                       beitgebermarke kann eine Strategie sein, um sich als attraktiver Arbeitgeber
                                                       zu positionieren (mehr dazu ab S.29).

                                                       Personalmarketing betreiben
                                                       Für viele erfolgreiche Mittelständler ist ihr Standort außerhalb der Ballungs-
                                                       räume ein Nachteil bei der Rekrutierung. Betonen sie aber die Vorteile des
                                                       Standorts, kann daraus eine Stärke werden (mehr dazu ab S.26). Auch Ko-
                                                       operationen mit Schulen und Hochschulen oder der Blick auf Zielgruppen
                                                       wie Ältere, Frauen und Migranten können Personalengpässe vermeiden.

14 Titel: Fachkräftesicherung – Ein strukturelles, kein konjunkturelles Problem                                      RKW Magazin 1 | 2011
Mitarbeiter binden                                                                            Lesetipps:

Personal zu gewinnen ist das Eine, Personal zu halten das Andere. Famili-                     Bundesagentur für Arbeit (2011):
                                                                                              Perspektive 2015: Fachkräfte für Deutschland
enfreundlichkeit, flexible Arbeitszeiten, Work-Life-Balance, individuelle Ent-
                                                                                              Deutscher Industrie- und
wicklungsperspektiven sind einige Ansatzpunkte für die Mitarbeiterbindung                     Handelskammertage. V. (2010):
                                                                                              „Mitarbeiter dringend gesucht!
(mehr dazu ab S.36).                                                                          Fachkräftesicherung – Herausforderung
                                                                                              der Zukunft Unternehmens“
                                                                                              Fuchs, J. / Reinberg, A. (2007):
Kompetenzmanagement aufbauen                                                                  Materialsammlung Fachkräftebedarf der
                                                                                              Wirtschaft – Zukünftiger Fachkräftemangel? –
Betriebe können und müssen künftig verstärkt das Potenzial ihrer Mitarbei-                    Demografische Effekte auf das
                                                                                              Erwerbspersonenpotenzial
ter weiterentwickeln und nutzen. Mehr Weiterbildung für alle Mitarbeiter,
                                                                                              Krekel, E.M. / Ulrich, J.G. (2009): „Jugendliche
individuelle Personalentwicklungskonzepte und eine lernförderliche Unter-                     ohne Berufsabschluss – Handlungsempfehlungen
                                                                                              für die berufliche Bildung“, Kurzgutachten für
stützungskultur sind dabei wichtige Maßnahmen (mehr dazu ab S.33).                            die Friedrich Ebert Stiftung
                                                                                              Klemm, K. (2009): „Jugendliche ohne
                                                                                              Hauptschulabschluss, Analysen – Regionalen
Auf ältere Mitarbeiter setzen                                                                 Trends – Reformansätze“, im Auftrag der
                                                                                              Bertelsmann Stiftung
Um mit alternden Belegschaften innovativ und wettbewerbsfähig sein zu
                                                                                              McKinsey & Company (2008):
können, müssen Unternehmen die besonderen Fähigkeiten und Kompe-                              „Deutschland 2020 – Zukunftsperspektiven
                                                                                              für die deutsche Wirtschaft“
tenzen älterer Mitarbeiter kennen und schätzen lernen und in den Erhalt
                                                                                              Prognos AG (2010):
ihrer Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit investieren. Gesundheitsma-                        „Prognos – Deutschland Report 2035“

nagement im Betrieb ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um Mitarbeiter lange                       Statistisches Bundesamt (2009):
                                                                                              „Bevölkerungsentwicklung in Deutschland
fit, belastbar und leistungsfähig zu halten (mehr dazu ab S.43). Die Qualifi-                 bis 2060“
zierung auch der Älteren ist ein anderer.

Das RKW ist sich bewusst, dass die Herausforderungen des demografischen
Wandels von Unternehmen einen Paradigmenwechsel verlangen. Sie müs-
sen zu einem völlig neuen Blick auf ihr Personal kommen. Wir werden sie
dabei tatkräftig unterstützen.

                     Autorin:

                     Dr. Ekaterina Kouli ist Mitglied der Geschäftsführung und Leiterin des

                     Fachbereich Kompetenzentwicklung im RKW Kompetenzzentrum.

                     kouli@rkw.de

www.rkw-magazin.de                                                                                                              15
Fachkräfte gesucht?!
Aktuelle Stimmungen & Trends

Wir haben Stellvertreter zentraler Verbände aus
unterschiedlichen Branchen nach ihrer Meinung gefragt:
Gibt es einen Mangel an Fachkräften in Ihrer Branche?
Wie wird sich die Lage in Zukunft entwickeln?
Wo sehen Sie Handlungsbedarf?

 16 Titel: Fachkräfte gesucht? – Aktuelle Stimmungen & Trends   RKW Magazin 1 | 2011
Der Technologiestandort Deutschland ist auf die Lei-
                                                               stungsfähigkeit seiner Ingenieure angewiesen. Doch
                                                               es fehlen immer mehr Ingenieure: Rund 50.000 Stel-
                                                               len konnten im Dezember 2010 nicht besetzt werden,
                                                               das sind mehr als doppelt so viele wie im Dezember
                                                               2009. Ein Ende dieser besorgniserregenden Entwick-
                                                               lung ist nicht abzusehen. Jeder fünfte Betrieb muss in
                                                               den kommenden fünf Jahren Ingenieure ersetzen, die
Dr.-Ing. Willi Fuchs                                           aus Altersgründen aus dem Unternehmen ausscheiden.
ist Direktor und geschäftsführendes                            Die nachrückenden Absolventen der Universitäten und
Mitglied des Präsidiums des Vereins                            Fachhochschulen reichen nicht aus, um dem Mangel
Deutscher Ingenieure (VDI).                                    entgegenzuwirken. Deshalb benötigen wir langfristig
                                                               ein Konzept lebenslangen Lernens und kontinuierlicher
                                                               Weiterbildung bis ins hohe Alter. Kurzfristig muss es uns
                                                               gelingen, die berufliche Mobilität von Ingenieuren zu
                                                               fördern.
                                                               Der VDI hat hierfür mit der engineerING card einen in-
                                                               ternational vergleichbaren Berufsausweis für Ingenieure
                                                               entwickelt. Oberstes Gebot bleibt aber, die technische
                                                               Bildung im eigenen Land bereits von früher Jugend an
                                                               zu stärken. Dies fördert der VDI mit Aktivitäten wie dem
                                                               VDIni-Club für Kinder bis zwölf Jahre und dem Jugend-
                                                               portal www.technik-welten.de.

Dr. Stefan Hardege
ist Arbeitsmarktexperte des Deutschen Industrie- und
Handelskammertags (DIHK).
Fachkräfteengpässe stellen für die Unternehmen                 tigung von Älteren und Frauen. Dazu ist eine bessere
zunehmend eine Herausforderung dar. Fast jedes drit-           Vereinbarkeit von Familie und Beruf nötig und flexible
te Unternehmen sieht hierin eines der größten Risiken          Arbeitszeitmodelle können einen Beitrag leisten. Insge-
für die eigene wirtschaftliche Entwicklung – vor einem         samt brauchen wir zudem eine Qualitätssteigerung im
Jahr waren es nur 16 Prozent. In der Industrie gilt dies für   Bildungssystem.
jedes vierte und im Handel für mehr als jedes fünfte Un-       Wir engagieren uns mit vielfältigen Aktivitäten im Be-
ternehmen. Besonders betroffen sind Berufe im MINT-            reich der Fachkräftesicherung. So zielt z.B. der neue Aus-
Bereich, aber auch im Gesundheitswesen. Nicht zuletzt          bildungspakt auf eine Stärkung der Ausbildungsreife.
infolge der demografischen Entwicklung wird sich das           Nicht nur im Rahmen des Jahresthemas „Gemeinsam
Problem künftig verschärfen.                                   für Fachkräfte“ bieten die IHKs vor Ort gerade für KMUs
Das hiesige Potenzial an Fachkräften muss also noch            Information, Beratung und konkrete Hilfestellungen an.
besser genutzt werden. Das betrifft z.B. die Beschäf-

www.rkw-magazin.de                                                                                                    17
Ernst Fischer                                                  Der Wettbewerb um die besten Köpfe in Hotellerie und
ist Präsident des                                              Gastronomie ist voll entbrannt. Auch wenn der Arbeits-
Deutschen Hotel- und Gaststätten-                              markt noch nicht wie Anfang der 90er Jahre leer gefegt
verbandes e.V.                                                 ist, stellen wir mit Blick auf den Ausbildungsmarkt erste
(DEHOGA Bundesverband).                                        Anzeichen für einen drohenden Fachkräftemangel fest.
                                                               Vor allem in den Saisonregionen an der Küste und im Sü-
                                                               den Deutschlands wird es schwerer, geeignete Arbeits-
                                                               kräfte insbesondere für höher qualifizierte Positionen zu
                                                               finden. Vor diesem Hintergrund zählt die Fachkräftesi-
                                                               cherung zu unseren wichtigsten Zukunftsthemen. Erfor-
                                                               derlich ist eine Gesamtstrategie von Politik, Wirtschaft
                                                               und Branche. Dazu gehört es, über Qualifizierung und
                                                               Arbeitsanreize das Potenzial von Migranten, Langzeit-
                                                               arbeitsarbeitslosen und Älteren zu nutzen sowie eine
                                                               bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewähr-
                                                               leisten. Zuwanderungsfragen müssen endlich arbeits-
                                                               marktorientiert angegangen werden. Kernaufgabe ist
                                                               allerdings die Aus- und Weiterbildung, insbesondere
                                                               im dualen System. Mit Projekten wie der „Initiative Aus-
                                                               bildungsqualität" unterstützen wir unsere Betriebe da-
                                                               bei und werden bei unserem Ausbildungsengagement
                                                               nicht nachlassen! Die Auszubildenden von heute sind
                                                               die Fachkräfte von morgen.

                                                               Schon jetzt gibt es in Deutschland viel zu wenig Lehrkräf-
                                                               te, beispielweise in bestimmten Bereichen der Berufsbil-
                                                               dung wie in Metallberufen. Auch an allgemeinbildenden
                                                               Schulen herrscht Lehrermangel. Laut OECD-Prognose
                                                               können künftig nur 60 von 100 Lehrkräften, die in Pen-
                                                               sion oder Rente gehen, durch Nachwuchspädagogen er-
                                                               setzt werden.

                                                               Die Entscheidung, mehr Lehrerinnen und Lehrer auszu-
                                                               bilden, darf nicht auf die lange Bank geschoben werden.
                                                               Allein deren Hochschul-Ausbildung dauert mindestens
                                                               vier Jahre, dann folgt das Referendariat. Ohne langfri-
                                                               stige Planung und sofortiges Handeln ist eine Notlage in

18 Titel: Fachkräfte gesucht? – Aktuelle Stimmungen & Trends                                             RKW Magazin 1 | 2011
Wolfgang Rhode
ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.

Droht der Aufschwung an fehlenden Fachkräften zu scheitern? Hoppla! Eine grobe Irreführung
angesichts von über drei Millionen Arbeitslosen und einer viel größeren Beschäftigungslücke.
Die richtige Reihenfolge lautet: Arbeitskräftemangel heute – gibt es nicht, Nachwuchs- und
Fachkräftemangel morgen – das ist keine Fata Morgana! Eine Fachkraft hat eine lange Lieferzeit
mit ca. 3,5 Jahren Ausbildung und ca. 4 Jahren Studium. Wer will, kann gegensteuern. Jetzt die
Ausbildungslücke schließen, jetzt in Qualifizierung und gute Arbeitsbedingungen investieren,
statt sich mit Leiharbeit durchwurschteln.

Der Fachkräftemangel wird hochgespielt, um Arbeitszeiten auszuweiten und Zuwanderung zu
erleichtern. Über eine sinnvolle Zuwanderung ist zu reden. Und das Problem: höhere Anforde-
rungen am Arbeitsplatz und Defizite teilweise bei Bewerbern? Das muß konkret in der Arbeits-
welt gelöst werden. Über allem steht aber die Hauptforderung: Alle im Land brauchen Zugang
zu guter (Aus-)Bildung und guter Arbeit.

Wenn Regierung und Unternehmen das verstehen, haben wir übermorgen kein Problem. Die IG
Metall ist bereit zur Mitarbeit. Zuerst müssen die Hausaufgaben in Sachen „Arbeit sicher & fair“
erledigt werden!

den Schulen vorprogrammiert. Zurzeit nehmen jährlich
rund 47.000 Studienberechtigte einen Lehramtsstudi-
engang auf (2008), rund 29.000 Studierende schließen
diesen mit der Lehramtsprüfung erfolgreich ab (2007).
Gebraucht werden jedoch mindestens 40.000 Absol-
ventinnen und Absolventen. Damit diese so schnell wie      Stephanie Odenwald
möglich auch als Lehrkräfte an den Schulen ankommen,       ist Leiterin des Vorstandsbereichs
hat die GEW ein Nachwuchs-Sofortprogramm vorgelegt.        Berufliche Bildung/
Es sieht vor, die Ausbildungsplätze im Referendariat von   Weiterbildung bei der Bildungsge-
gut 30.000 auf mindestens 39.000 zu erhöhen.               werkschaft GEW.

www.rkw-magazin.de                                                                                 19
Johanna Knüppel
                                                                 ist Referentin und Sprecherin
                                                                 des Deutschen Berufsverbands für
                                                                 Pflegeberufe e.V. (DBfK).

Eine Mitteilung des Statistischen Bundesamts im De-              In Kliniken wirkt sich der Pflegefachkraftmangel beson-
zember letzten Jahres schreckte Verantwortungsträger             ders hemmend auf die Leistungsfähigkeit von Intensiv-
auf: „Der demografische Wandel wird zu einem Perso-              stationen und OPs aus.
nalmangel bei Pflegekräften führen: Im Jahr 2025 wer-
den rund 152.000 Beschäftigte in Pflegeberufen fehlen,           Allerhöchste Priorität hat die schnelle, spürbare Ver-
um die dann zu erwartende Zahl an Krankenhauspati-               besserung der Arbeitsbedingungen im Sinne einer Ent-
entinnen und -patienten und Pflegebedürftigen versor-            lastung durch Stellenzuwachs. Nur so ist eine weitere
gen zu können.“ Der Mangel ist allerdings längst da: Es          Abwanderung heutiger Pflegender zu stoppen und der
wird immer schwerer bzw. unmöglich, freie Stellen adä-           Beruf kann wieder attraktiver werden. Pflegefachkräfte
quat zu besetzen. Kritisch ist die Lage in der Altenpflege,      müssen im Alltag wieder umsetzen können, wofür sie
hier müssen Bereiche geschlossen bzw. Pflegebedürf-              einmal angetreten sind: die ganzheitliche Versorgung
tige abgewiesen werden, weil das Fachpersonal fehlt.             hilfebedürftiger Menschen.

                                                                   Frank Dupré
                                                                   ist Vizepräsident des
                                                                   Zentralverband des Deutschen
                                                                   Baugewerbes (ZDB).

  20 Titel: Fachkräfte gesucht? – Aktuelle Stimmungen & Trends                                             RKW Magazin 1 | 2011
Das Handwerk wird zur Fachkräftesicherung seine Stär-
                                                           ken hervorheben und offensiv um Nachwuchs wer-
                                                           ben. Um Oberschüler, für die eine Ausbildung und der
Otto Kentzler                                              Aufstieg zur Führungskraft oder zum Unternehmer im
ist Präsident des Zentralverband des                       Handwerk eine Alternative zu überfüllten Hörsälen sind.
Deutschen Handwerks e. V. (ZDH).                           Um Jugendliche, die nicht in der Schule glänzen, aber in
                                                           der betrieblichen Praxis. Um junge Migranten, die in den
                                                           kleineren Einheiten des Handwerks in aller Regel schnell
                                                           integriert werden – es kommt darauf an, wo man hin-
                                                           will, nicht wo man herkommt.
                                                           Mit großem Engagement in der Berufsorientierung er-
                                                           reichen wir die Jugend: Schon früh in der schulischen
                                                           Laufbahn müssen sich unsere Meisterinnen und Mei-
                                                           ster als attraktive Ausbilder und Arbeitgeber präsentie-
                                                           ren. Die Organisation bietet Unterstützung: Mit einer
                                                           bundesweiten Image-Kampagne bringt das Handwerk
                                                           Bedeutung, Vielfalt und Modernität seiner Berufe vor
                                                           allem Jugendlichen näher.
                                                           Ganz wichtig: Unsere Betriebe werden keinen Mangel
                                                           leiden, wenn sie um die von ihnen ausgebildeten Fach-
                                                           kräfte kämpfen. Wir dürfen die guten Gesellen nicht
                                                           laufen lassen, wenn andere Wirtschaftsbereiche rufen,
                                                           sondern müssen sie halten und ihnen Perspektiven auf-
                                                           zeigen.

Auch am Baugewerbe geht die generelle Alterung des         Was zu tun ist? Die Bauwirtschaft muss ihre Bedeutung,
Erwerbspersonenpotenzials nicht vorüber: Bis zum           ihre technologische, wirtschaftliche und personalwirt-
Jahre 2020 werden 25 Prozent aller heute beschäftigten     schaftliche Leistungsfähigkeit stärker darstellen, um im
gewerblichen Arbeitnehmer altersbedingt ausscheiden.       Wettbewerb der Branchen um begehrte Fachkräfte nicht
Andererseits wird die Zahl der Lehrlinge, die in ein Ar-   das Nachsehen zu haben. Die Berufsorientierung in den
beitsverhältnis übernommen werden können, auch bei         Schulen muss einen höheren Stellenwert erhalten; da-
gleichbleibend hoher Ausbildungsleistung der Betriebe      bei darf die Bauwirtschaft nicht nur „dritte Wahl“ sein.
deutlich zurückgehen – wegen der rückläufigen Zahl der     Schließlich müssen auch die gesetzlichen Rahmenbedin-
Schulabgänger. Deshalb prognostiziere ich eine Fach-       gungen für die Ausbildung verbessert werden, nachdem
kräftelücke in der Bauwirtschaft von ca. 50.000 gewerb-    die Abschaffung der Meisterpflicht in einzelnen Zweigen
lichen Arbeitnehmern bis 2020.                             des Baugewerbes – erwartungsgemäß – für die Ausbil-
                                                           dungsbereitschaft der Betriebe kontraproduktiv war.

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Paradigmenwechsel im
Personalmanagement
Auf welche Veränderungen müssen
sich Unternehmen einstellen?

22   Titel: Paradigmenwechsel im Personalmanagement   RKW Magazin 1 | 2011
RKW Podcasts zum Thema:

                                                           www.rkw-kompetenzzentrum.de/podcast

Die Fakten, die die Entwicklungen des Arbeitsmarktes       Personalmanagement benötigt Risikomanagement
                                                           In der Folge müssen Unternehmen ihre Fachkräfte aus
beschreiben, sind längst bekannt: stetige Verringerung     Zielgruppen gewinnen, die bislang nicht im Mittelpunkt
                                                           des Interesses ihrer Personalbeschaffung standen: Äl-
der Schulabgängerzahlen, Ausscheiden der gut qualifi-      tere, gering Qualifizierte, Menschen mit Migrationshin-
                                                           tergrund, Wiedereinsteigerinnen und andere. Entspre-
zierten Generation der sogenannten „Babyboomer“ aus        chend werden sich immer mehr Unternehmen mit für
                                                           sie neuen Ansprüchen, Gewohnheiten und auch Defizi-
dem Erwerbsleben ab 2015, und die damit beschleunigte      ten auseinandersetzen müssen. Dabei werden die Be-
                                                           legschaften insgesamt heterogener und älter. Generell
Fortsetzung des bereits heute in einigen Regionen und      bedürfen die steigenden Risiken, Mitarbeiter zu verlieren
                                                           und nicht mehr ohne weiteres ersetzen zu können, be-
Branchen deutlich spürbaren Fachkräftemangels.             sonderer Aufmerksamkeit und erfordern ein für jedes
                                                           Unternehmen sehr spezifisches Risikomanagement.
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) und das        Verantwortliche Unternehmenssteuerung wird ohne
                                                           ständige Beobachtung dieser Risiken auch in kleinen und
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)       mittleren Unternehmen zukünftig kaum mehr möglich
                                                           sein.
prognostizieren für 2025 einen Fachkräftemangel von        Es gilt: In immer mehr Unternehmen wird Personal zum
                                                           limitierenden Faktor!
ca. 1,8 Mio. Erwerbstätigen – und das nicht nur in MINT-
                                                           Personalmanager müssen können UND dürfen
Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften       Wenn heute noch gefragt wird: „Welches Personal benö-
                                                           tigen wir, um unsere Unternehmensstrategie zu realisie-
und Technik), sondern generell in den mittleren Qualifi-   ren?“, könnte die Frage künftig in immer mehr Unterneh-
                                                           men lauten: „Wie können wir unsere Geschäftspolitik
kationssegmenten.                                          mit dem vorhandenen Personal ausrichten?“
                                                           Die Auswirkungen dieser Veränderungen betreffen

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nicht nur die Aufgaben der Personalverantwortlichen,        Mitarbeiterbindung und -führung
sondern auch ihre Positionierung in den Unternehmen:        Verschiedene Untersuchungen bestätigen übereinstim-
◼ Neue personalwirtschaftliche Handlungsfelder wer-         mend: Mitarbeiterführung ist DER entscheidende Bin-
   den auch für mittelständische Unternehmen bedeut-        dungsfaktor. Mitarbeiter kündigen meist eher wegen ih-
   sam und die bestehenden verändern sich.                  rem Vorgesetzten als wegen ihrer Firma. Die Ansprüche
◼ Der Personalverantwortliche entwickelt sich – auch        an die Qualität der Mitarbeiterführung steigen: Kompe-
   im Mittelstand – zum wichtigen strategischen Partner     tenzen wie Resonanz- und Dialogfähigkeit sowie Acht-
   der Unternehmensleitung sowie zum „Business Part-        samkeit treten in den Vordergrund. Instrumente, die für
   ner“ der Führungskräfte.                                 Führungskräfte individuelles Feedback organisieren und
Die Kompetenzen, die die Personalmanager dafür benö-        sie darin unterstützen, kontextbezogen an ihren Kom-
tigen, haben zwei Seiten: das „Können“ und – genauso        petenzen zu arbeiten, werden wichtig. Mängel in den
wichtig – das „Dürfen“. Das Können allein reicht für pro-   Führungskompetenzen werden zum Risikofaktor (mehr
fessionelle Personalarbeit nicht aus. Wenn das Dürfen       dazu ab S. 41).
nicht hinzukommt, bleiben auch hervorragend ausgebil-
dete Personalleiter und -referenten oft nur überzeugte      Personalbeschaffung und Arbeitgeberattraktivität
Anhänger schöner Visionen. Deshalb muss bei der in          Um qualifizierte Bewerber anzusprechen, müssen be-
vielen mittelständischen Unternehmen anstehenden            sonders mittelständische Unternehmen an ihrem guten
Neuausrichtung des Personalmanagements die Ge-              Ruf arbeiten. Dabei hängen einerseits die Verbesserung
schäftsführung für die nötige Autorisierung der Perso-      der Arbeitgeberattraktivität nach außen und anderer-
nalverantwortlichen sorgen – soweit dies nicht bereits      seits das Bindungsmanagement nach innen eng mitei-
dadurch gewährleistet ist, dass ein Geschäftsleitungs-      nander zusammen: Unternehmen mit guter Mitarbei-
mitglied die Funktion des Personalverantwortlichen          terbindung werden meist auch von außen als attraktive
ausübt.                                                     Arbeitgeber wahrgenommen. Zum Teil sind auch die
                                                            gleichen Instrumente – zum Beispiel für Mitarbeiter-
Gefragte personalwirtschaftliche Kompetenzfelder            und Kundenbefragungen – sinnvoll (mehr dazu ab S. 29).
Die folgenden Kompetenzfelder werden immer bedeut-
samer – einerseits für die Wertschöpfung und anderer-
seits für die strategische Ausrichtung von mittelstän-
dischen Unternehmen.

24 Titel: Paradigmenwechsel im Personalmanagement                                                   RKW Magazin 1 | 2011
Autor:

                                                             Dr. Thomas Hoffmann arbeitet im Fachbereich Kompetenzentwicklung

                                                             im RKW Kompetenzzentrum und ist dort verantwortlich für den Themen-

                                                             bereich Personalentwicklung.

                                                             t.hoffmann@rkw.de

Potenzial- und Personalentwicklung                           Wir unterstützen Sie
Wenn Fachkräfte zur Mangelware werden, treten für            Das RKW Kompetenzzentrum unterstützt kleine und
die Personalentwicklung neue Zielgruppen in den Vor-         mittlere Unternehmen (KMU) bei der Neuausrichtung
dergrund: Geringqualifizierte, Ältere, Wiedereinsteige-      ihres Personalmanagements durch die Entwicklung und
rinnen, Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund und           Erprobung von Lösungen in verschiedenen Projekten.
andere.                                                      Die Themen sind:
Immer mehr Unternehmen werden eine breite Palette            ◼ Moderne personalwirtschaftliche Konzepte

von – zueinander passenden und personalpolitisch be-            zur Balance von Flexibilität und Stabilität
gründeten – Angeboten und Instrumenten für die Per-          ◼ Wege zu einer demografieorientierten

sonalentwicklung und -bindung anwenden müssen:                  Personalarbeit – Identifikation und Entwicklung
von der individuellen Nachqualifizierung gering oder            unternehmensspezifischer Potenziale
gar nicht ausgebildeter Arbeitnehmer über individuali-       ◼ Informelle Kompetenzentwicklung als Ansatz

sierte Arbeitszeitmodelle bis hin zum Business Coaching         in der betrieblichen Weiterbildung
(mehr dazu ab S. 33).                                        ◼ Bildungscontrolling

                                                             ◼ „Praxis guter Personalarbeit in kleinen und

Risikomanagement                                                mittleren Unternehmen“ – ein Expertenkreis mit
Personalcontrolling wird zunehmend auch für kleine              Personalverantwortlichen
und mittlere Unternehmen relevant, um Risiken früh-          ◼ Handlungsoptionen für die betriebliche

zeitig zu diagnostizieren und gegensteuern zu können.           Personalpolitik von KMU zur Sicherung des MINT-
Kennzahlen zur Bewertung personalbezogener Risiken              Fachkräftebedarfs
sind besonders in folgenden Bereichen erforderlich:
Schlüsselkräfte, Altersstruktur, organisatorische Flexibi-
lität, Arbeitgeberattraktivität, Mitarbeiterbindung und      Interessierte Unternehmen
Potenzialentwicklung. Jedes Unternehmen braucht hier
jedoch sein individuelles Kennzahlentableau.                 können sich direkt beteiligen.
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