PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE - IN KLINIK UND PRAXIS AUSGABE 02 / 2015
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AUSGABE 02 / 2015 PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE IN KLINIK UND PRAXIS TOPIC TOPIC TOPIC PNEUMOLOGISCHER FALL Das Kind mit Das Kind mit akutem Giemen Das Kind mit akutem Stridor Schwere Dekompensation akuter Gesichtsschwellung eines Asthma bronchiale bei Muskelparese GESELLSCHAFT PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE UMWELTMEDIZIN
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Editorial 3 Liebe Kolleginnen und Kollegen, allergologische Notfallsituationen können auch bei der Suche nach entsprechender im Januar 2015 auf der Tagesordnung: sich mit unterschiedlichen Symptomen Literatur nehmen. Ernst Rietschel kom- Im Rahmen des wissenschaftlichen Pro- ankündigen. Ebenso können Symptome, mentiert passend dazu eine Neuerschei- gramms bewerteten Peter Bauer, Hagen die im Rahmen allergischer Reaktionen nung auf dem Büchermarkt und verrät, ob Ott, Frank Friedrichs und Peter Fischer auftreten, Leitsymptome anderer Erkran- sich die Anschaffung lohnt. die Leitlinien pointiert aus pädiatrischer kungen sein, an die differenzialdiagnos- Sicht. Des Weiteren wurde die wieder in- tisch gedacht werden muss. In diesem Lernen am Fall – auch dieses Mal präsen- tensive Tagung geprägt von den zahlrei- Heft wollen wir uns dieser Problematik an- tieren Jürgen Seidenberg, Deborah Adels- chen Sitzungen der Wissenschaftlichen hand von drei besonders relevanten Symp- berger und Holger Köster in gewohnter Arbeitsgruppen sowie den Sitzungen des tomen widmen: der Gesichtsschwellung, und bewährter Weise eine spannende GPA-Vorstands und der Mitgliederver- dem Giemen und dem Stridor. Neben den Kasuistik, und zwar zu einem ungewöhn- sammlung. pathophysiologischen Hintergründen zu lichen Verlauf einer gar nicht so seltenen den Symptomen führen Sie die Autoren Infektion. Lernen am Fall – dieses Ziel Auch im Namen aller Autoren dieses durch die wichtigsten Krankheitsbilder, verfolgt auch der Beitrag von Johannes Hefts wünsche ich Ihnen unterhaltsame verweisen auf relevante diagnostische Forster in der Rubrik „Fragen an den Aller- und informative Stunden mit der neuen und therapeutische Maßnahmen und auf gologen“ mit einer Antwort zum Thema Ausgabe der Pädiatrischen Allergologie in die häufigsten Differenzialdiagnosen. Da- Insektengiftallergie. In einer zweiten Fra- Klinik und Praxis. Schreiben Sie uns, was bei wurde von allen Autoren Wert auf eine ge an den Experten steht der Zeitpunkt Ihnen besonders gefallen hat, aber auch, praxisrelevante Darstellung gelegt. der 6-fach-Impfung in Bezug zur Asthma- was Sie sich wünschen. Als GPA wollen prävention im Fokus. wir den eingeschlagenen Weg der verbes- Wenngleich das Thema Energiewende serten Nutzung neuer Medien konsequent und Erneuerbare Energien schon längere Im vergangenen Jahr wurde die Leitlinie weitergehen und ausbauen – hierbei sind Zeit in den Medien prominent präsent ist, zur Allergieprävention aktualisiert und Ihre Vorschläge und Ideen herzlich will- so werden die wenigsten sich vielleicht um neue Aspekte ergänzt. Peter Fischer kommen. darüber Gedanken gemacht haben, wel- hat ihren Inhalt in auch für medizinische che umweltmedizinischen Konsequen- Laien verständliche Form transferiert und In diesem Sinne grüßt Sie zen die Umsetzung des Vorhabens nach damit erneut einen praxisorientierten El- Ihr Priv.-Doz. Dr. Christian Vogelberg sich ziehen könnte. In einem zweiteiligen ternratgeber geschaffen, der Ihnen in Ihrer Beitrag führen Sie Jürgen Leist und Tho- täglichen Arbeit sicherlich eine Hilfe sein mas Lob-Corzilius zu einem vertieften wird. Verständnis nicht nur der technischen De- Priv.-Doz. Dr. Christian Vogelberg tails von Windkraft und Solartechnologie, Abgerundet wird dieses Heft, das erst- sondern auch zu den damit verbundenen mals ausschließlich als elektronische möglichen medizinischen Folgen, nicht Zeitschrift erscheint, durch informative nur für unsere Kinder. Beiträge im Magazin, den Journal Club und der gesundheitspolitischen Rubrik. Einen vertieften Einblick in ein gleicher- Lohnenswert ist sicher auch ein Blick auf maßen spannendes wie anspruchsvolles die Homepage der GPA (www.gpau.de), Thema liefert Volker Wahns Beitrag zur auf der u.a. die neuen Leitlinien zu den Serie „Neue Immundefekte“, diesmal be- Themen Allergieprävention, Neurodermi- reits zum 13. Mal. Einen vertieften Ein- tis, spezifische Immuntherapie und Nah- Universitätsklinikum Carl Gustav Carus blick – in allergologische Zusammen- rungsmittelallergie zu finden sein werden. Klinik u. Poliklinik f. Kinder- u. Jugendmedizin Bereich Kinderpneumologie / Allergologie hänge und deren diagnostischen Mög- Diese Leitlinien standen auch auf der in- Fetscherstr. 74 | 01307 Dresden lichkeiten – möchte mancher vielleicht zwischen 9. Tagung der GPA in Höhenried
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Impressum 5 Inhalt / Impressum TOPIC WEITERE THEMEN ELTERNRATGEBER 6 Das Kind mit 22 Neue Immundefekte (13) 37 Allergie-Vorbeugung 2014 akuter Gesichtsschwellung Defekte bei CARD11, MALT1 und BCL10 – In der Notaufnahme einer Kinderklinik ist die kombinierte Immundefekte durch Störungen akute Gesichtsschwellung ohne Trauma ein sehr des Signalosoms MAGAZIN/JOURNAL CLUB häufiger Vorstellungsgrund. Meist empfinden 24 Der pneumologische Fall 41 Dr. R. Szczepanski erhält Eltern und Kinder die Schwellung als deutlich Schwere Dekompensation eines Asthma größere Gefahr als sie tatsächlich für das Kind Bundesverdienstkreuz bronchiale durch Muskelparese als darstellt. Dieser Beitrag bietet eine Übersicht über Differenzialdiagnosen und therapeutische Begleiterkrankung 42 Journal Club Optionen. Spezifisches IgE versus Haut-Prick-Test 27 Aktuelle Fragen an den Allergologen 12 Das Kind mit akutem Giemen Hobby-Imker: Hyposensibilisierung? 43 Buchrezension Giemen als Leitsymptom findet sich u. a. bei Schützt Verzögerung „Seltene und neue Allergene“ aus dem obstruktiver Bronchitis und einer Manifestation der 6-fach-Impfung vor Asthma? Dustri Verlag, München-Deisenhofen oder einer Exazerbation eines Asthmas bronchiale oder anaphylaktischer Reaktionen. Pathophysio- 30 Umweltmedizin Baustellen der Energiewende: Die Integration logie des Giemens und therapeutisches Vorgehen VERANSTALTUNGEN von Photovoltaik und Windenergie ins Stromnetz im Notfall stehen im Vordergrund dieses Beitrags. 36 Gesundheitspolitik 44 Termine 17 Das Kind mit akutem Stridor Einblick in den Stridor als Symptom tritt im Kontext verschiedener „Aufruf zum Nationalen Aktionsplan Allergie“ Erkrankungen mit funktioneller Veränderung in der oberen Atemwegsobstruktion auf; Kinder sind aufgrund ihrer anatomisch engeren Atemwege eher prädisponiert, einen Stridor zu entwickeln. Differenzialdiagnosen und entsprechende Therapien werden übersichtlich dargestellt. Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 18. Jg / Nr. 2 Herausgeber: PD Dr. med. Christian Vogelberg, Universitätsklinikum Bildnachweis: Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie Carl Gustav Carus, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden, fotolia.com: zagorodnaya, Titelseite; Boggy, S. 37; und Umweltmedizin e. V., Rathausstraße 10, christian.vogelberg@uniklinikum-dresden.de tcsaba, S. 39; | Dr. M. Gerstlauer: S. 29 unten, Foto 52072 Aachen, Tel. 02 41/98 00-4 86, privat | PD Dr. C. Grüber: S. 29 oben, Foto privat | Fax 02 41/98 00-2 59, gpa.ev@t-online.de, Ressortschriftleiter: iKOMM GmbH: S. 28 | Klinikum Oldenburg: S. 25 | www.gpau.de Dr. med. Peter J. Fischer, Schwäbisch Gmünd Dr. L. Lange: S. 8, 9 | Stadt Georgsmarienhütte: (Elternratgeber); Dr. med. Frank Friedrichs, Aachen S. 41 | PD Dr. C. Vogelberg: S. 3, Foto privat | Verlag: (Gesundheitspolitik); Dr. med. Michael Gerstlauer, Wikimedia Commons: Patrick J. Lynch, S. 14 iKOMM • Information und Kommunikation im Klinikum Augsburg, Klinik für Kinder und Jugendliche, Gesundheitswesen GmbH, Friesenstraße 14, 86156 Augsburg (Fragen an den Allergologen); Anzeigenleitung: 53175 Bonn, Tel. 02 28 /37 38 41, Fax 02 28 /37 38 40, Dr. med. Thomas Lob-Corzilius, Kinderhospital iKOMM GmbH, Albrecht Habicht. info@ikomm.info, www.ikomm.info Osnabrück, 49082 Osnabrück (Umweltmedizin); Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom Verlagsleitung: Dr. Ulrich Kümmel PD Dr. med. Hagen Ott, Kath. Kinderkrankenhaus 1. Januar 2014 Wilhelmstift, 22149 Hamburg (Pädiatrische Schriftleitung: Dermatologie), Prof. Dr. med. Jürgen Seidenberg, Erscheinungsweise: Prof. Dr. med. Albrecht Bufe, Universitätsklinik Berg- Elisabeth-Kinderkrankenhaus, 26133 Oldenburg Die Pädiatrische Allergologie in Klink und Praxis er- mannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, (Pädiatrische Pneumologie); Prof. Dr. med. Volker scheint vierteljährlich jeweils am Beginn des Quartals. Fax 0234 3024-682, albrecht.bufe@rub.de; Wahn, Charité Campus Virchow, Klinik m. S. Pädiatri- Dr. med. Armin Grübl, Kinderklinik München- Bezugspreise: sche Pneumologie und Immunologie, 13353 Berlin Schwabing, Klinik und Poliklinik f. Kinder- und Einzelheft (eJournal): 15,00 Euro, Jahresabonnement: (Pädiatrische Immunologie) Jugendmedizin der TUM, Kölner Platz 1, 42,00 Euro, Jahresabonnement für Studenten 80804 München, armin.gruebl@lrz.tum.de; Redaktion: (bei Vorlage einer Bescheinigung): 31,50 Euro PD Dr. med. Ernst Rietschel, Klinik für Kinder Dr. med. Susanne Meinrenken, Am Schäferhof 3, Layout: kippconcept gmbh, Bonn und Jugendliche der Universitätsklinik Köln, 28759 Bremen, susanne.meinrenken@sprachzeug.de Kerpener Str. 62, 50924 Köln, Fax 02 21/4 78-33 30, ISSN: 2364-3455 ernst.rietschel@uk-koeln.de;
6 Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic Notfälle in der Allergologie Das Kind mit akuter Gesichtsschwellung Lars Lange, Sunhild Gernert, St. Marien-Hospital, Bonn In der Notaufnahme einer Kinderklinik ist die akute Gesichtsschwellung ohne Trauma ein sehr häufiger Vorstellungsgrund. Für nicht trauma- tisch bedingte Gesichtsschwellungen liegt die Ursache meist in einer Urtikaria oder einem Angioödem. Eine Urtikaria kann auch im Rahmen einer Anaphylaxie auftreten; eine allergische Genese der akuten Gesichtsschwellung ist jedoch grundsätzlich eher selten – auch wenn dies häufig von den Eltern als Ursache vermutet wird. Klinik Die Urtikaria geht in bis zu 30 % der Fäl- Differenzialdiagnosen In aller Regel besteht eine große Diskre- le mit Angioödemen einher, die in diesem Neben der Urtikaria und dem deutlich sel- panz zwischen der tatsächlich bestehen- Fall einer Schwellung der tiefen Haut- teneren reinen Angioödem sind weitere den Gefährdung und dem von den Eltern schichten entsprechen, aber hinsichtlich Differenzialdiagnosen zu berücksichti- und Kindern empfundenen Bedrohungs- Dauer und Therapieansprechen der Urti- gen. Sie lassen sich in aller Regel einfach potenzial durch die Schwellung. Die ent- karia gleichzusetzen sind. anamnestisch abgrenzen: weder durch ein Angioödem oder eine Ur- tikaria bedingte Gesichtsschwellung lässt Gerade im Gesichtsbereich liegt die Kutis Liegt eine flächige Rötung und Schwel- sich anhand der jeweiligen Charakteristi- nah auf dem Schädelknochen auf, sodass lung des gesamten Gesichts und anderer ka meist einfach voneinander unterschei- eine oberflächliche Schwellung der Haut im lichtexponierter Areale vor, ist nach ver- den (s. Abb.1). Rahmen einer Urtikaria für den Patienten stärkter Sonnenexposition in den voran- beängstigende Ausmaße annehmen kann. gegangenen Stunden zu fragen. Ursache Die Urtikaria ist gekennzeichnet durch die Quaddel (Urtika). Sie ist charakterisiert durch: ❙❙ eine oberflächliche Schwellung Eine Anaphylaxie ist wahrscheinlich bei der Haut unterschiedlicher Größe, fast immer umgeben von einer ❙❙ plötzlichem Auftreten von Symptomen an der Haut (z. B. akute Urtikaria, Rötung, Angioödem, Flush, Schleimhautschwellung) zusammen mit plötzlichen ❙❙ Juckreiz oder selten auch Brennen und respiratorischen Symptomen (z. B. Atemnot, Giemen, Husten, Stridor) oder ❙❙ Flüchtigkeit, d. h. das Verschwinden plötzlichem Blutdruckabfall bzw. dessen Manifestationen (z. B. Kollaps, an der aufgetretenen Stelle binnen Herzrasen, Inkontinenz) oder 1–24 Stunden [14]. ❙❙ plötzlichem Auftreten von Symptomen an zwei oder mehr der Organsysteme Haut (z. B. akute Urtikaria, Angioödem, Flush, Schleimhautschwellung), Gast- Im Gegensatz dazu zeichnet sich das An- rointestinaltrakt (z. B. Bauchkrämpfe, Erbrechen), Atemtrakt (z. B. Atemnot, gioödem aus durch: Giemen, Husten, Stridor) oder Kreislaufsystem (z. B. Blutdruckabfall, Kollaps, ❙❙ eine plötzliche, ausgeprägte Schwel- Inkontinenz) nach einem Kontakt mit einem wahrscheinlichen Allergen oder lung der tieferen Hautschichten, Anaphylaxie-Trigger oder ❙❙ meist schmerzhafte Sensationen und ❙❙ Blutdruckabfall nach Kontakt mit einem für den betroffenen Patienten bekann- nur selten Juckreiz, ten Allergen oder einem anderen Anaphylaxie-Trigger. ❙❙ häufige Beteiligung der Schleimhäute und Mögliche klinische Diagnosekriterien einer Anaphylaxie [modifiziert nach Ring ❙❙ eine langsame Rückbildung, meist et al. 2014 [10]] nach 72 Stunden oder länger.
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic 7 Abbildung 1. Differenzialdiagnosen urtikarieller Syndrome (HAE: Hereditäres Angioödem, Erworbenes Angioödem mit C1-Esterase-Defizienz; a Bestehen einzelner Quaddeln, b Dauer der Urtikaria). Quaddeln Angioödeme > 24 h? a JA mit Quaddeln? NEIN JA NEIN Biopsie: NEIN > 6 Wochen? b Vaskulitis? JA NEIN Fragebogen / Drucktestung: Ist Druck von Bedeutung? JA Fragebogen / physikalische Tests JA NEIN Andere HAE, AAE oder Urtikaria- Physikalische Chronische Akute Druck- Urtikaria- chronische vaskulitis Urtikaria Urtikaria Urtikaria urtikaria erkrankungen Urtikaria Quelle: Zuberbier et al. 2011 [14] der Schwellung kann in diesem Fall eine Einstichs, welcher eventuell schwierig zu Urtikaria im Rahmen Dermatitis solaris („Sonnenbrand“) sein. finden sein kann. Die Abgrenzung zwi- einer Anaphylaxie? In seltenen Fällen kann die Lichtreak- schen Lokalreaktion und Superinfektion Ganz entscheidend für die weitere Thera- tion auch durch den Kontakt mit phototoxi- ist zum Zeitpunkt der Vorstellung beim pie ist es, die akute Urtikaria schnell von schen Substanzen verstärkt werden. Hier- Arzt nicht immer einfach. Lokalreaktionen einer Urtikaria im Rahmen einer Anaphyla- zu zählen Pflanzenstoffe, aber auch phar- können früher auftreten und sind schnel- xie zu unterscheiden, da sich die notwen- mazeutische Wirkstoffe, z. B. Tetrazykline. ler spontan regredient, wohingegen Super- digen therapeutischen Schritte deutlich infektionen im Sinne einer Cellulitis mit voneinander unterscheiden. Die gemein- Ist die Rötung lokal ausgeprägt und von der Zeit von Seiten der Schwellung eher same Leitlinie zum Management der einer Infiltration der Haut begleitet, sollten zunehmen. Anaphylaxie von 2014 hat eine klinische akute Kontaktekzeme erwogen werden. Definition der Anaphylaxie vorgeschlagen, Typisch ist z. B. eine Reaktion auf Kosme- Lokale Schwellungen ohne ausgeprä- die zur Abgrenzung beider Erkrankungen tika in der periorbitalen Region bei größe- gte Rötung können Hinweis auf eine In- hilfreich ist, wenn unbekannte Patienten ren Mädchen. Auch stattgehabter Kontakt fektion der Weichteile des Gesichts oder akut vorstellig werden (s. Übersicht im mit Duftstoffen oder anderen potenziellen der Kiefer sein. Mögliche Infektions- Kasten) [10]. In der Regel spricht man erst Kontaktallergenen muss erfragt werden. foci sind die Glandula parotis (z. B. dann von einer Anaphylaxie, wenn neben Hinweisend ist eine Exposition innerhalb im Rahmen einer viralen Parotits oder der Haut noch ein weiteres Organsystem der letzten 24–72 Stunden. Sialdenitis), der Kiefer in Form eines betroffen ist. odontogenen Abszesses oder die Orbita Ebenfalls lokale Schwellungen finden sich und die angrenzenden Weichteile. Hier Anamnestische Hinweise auf eine Ana- bei Insektenstichreaktionen. Hier ist eine sind etwas langsamere Entwicklung, phylaxie geben die Vorgeschichte hin- verstärkte Lokalreaktion von einer Super- Lokalbefund und klassische lokale und sichtlich bekannter Allergien und stattge- infektion abzugrenzen. Hinweisend sind systemische Zeichen einer Infektion hin- habter Reaktionen und der enge zeitliche die Anamnese sowie der Nachweis eines weisend. Zusammenhang mit einer Allergenexposi-
8 Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic tion. Unter der zeitlich engen Assoziation der Jungen und 16,2 % der Mädchen. Eine die größte Zahl der vorgestellten Kinder ist die Aufnahme von einem Allergen in- repräsentative Umfrage in Berlin bei Men- jünger als 2 Jahre, mit einer gleichmäßig nerhalb der letzten Stunde zu verstehen. schen aller Altersstufen fand eine Lebens- abnehmenden Inzidenz mit zunehmen- Dabei ist bei retardierten Medikamenten zeitprävalenz von 8,8 %, dabei 1,8 % mit dem Alter. Schwere Fälle waren selten, und reichhaltigen oder fetten Speisen chronischer Urtikaria [15]. dementsprechend mussten nur 12 von aufgrund einer verzögerten Allergenfrei- 814 Kindern wegen der Urtikaria stationär setzung sowie selten bei Anaphylaxie Verschiedene Arbeiten haben sich in den betreut werden. durch Fleisch und Innereien auch ein letzten Jahren mit den Ursachen einer späterer Symptombeginn denkbar. Neben akuten Urtikaria beschäftigt. Dabei ist es Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt der Anamnese sollte rasch nach weiteren erstaunlich, wie wenig Daten für eine der- eine britische Studie, die Kinder in Eng- Symptomen einer Anaphylaxie gesucht art häufige Erkrankung existieren [3–7, 9]. land und Griechenland vergleichend un- werden. Diese müssen ebenfalls perakut tersuchte [3]. Auch hier waren Infekte der eingesetzt haben, um Zeichen einer Ana- In einer Studie in einem italienischen All- mit Abstand häufigste identifizierbare phylaxie zu sein. Folgende typische Symp- gemeinkrankenhaus in einer Stadt mit Trigger (75 %) gefolgt von Antibiotika und tome sind zu evaluieren: 90.000 Einwohnern wurden in einem Jahr Insektenstichen. Nahrungsmittel waren ❙❙ Tiefe Atemwege (Dyspnoe, Husten, 459 Patienten mit einer akuten Urtikaria nur bei 8 von 729 Fällen relevant. Insge- verlängertes Exspirium, Giemen), in der Ambulanz vorgestellt, davon 108 samt konnte aber auch nur bei 21% der ❙❙ Obere Atemwege (plötzlich auf- unter 18 Jahren [7]. Von diesen erfüllten Fälle ein Auslöser mit einer gewissen Si- getretene Rhinitis oder Konjunktivitis, 6,3 % die Diagnosekriterien einer Ana- cherheit identifiziert werden. Ein weiteres Stridor, Schluckbeschwerden), phylaxie. Bei 30 % der Patienten bestand interessantes Ergebnis dieser Studie ist ❙❙ Gastrointestinaltrakt ein begleitendes Angioödem. In 42 % der die klare Saisonalität des Auftretens ei- (Kribbeln im Mundraum, Bauch- Fälle konnte unmittelbar ein Trigger iden- ner akuten Urtikaria mit Gipfeln im Herbst krämpfe, Erbrechen, Durchfall), tifiziert werden. Als Auslöser wurden am und Frühjahr und dem signifikanten Zu- ❙❙ Kreislaufbeschwerden (Blässe, häufigsten Medikamente vermutet (21%), sammenhang mit Temperatur und Luft- Tachykardie, erniedrigter Blutdruck), gefolgt von Insektenstichen bei 10 %, Nah- feuchtigkeit. Als Ursache wird die höhere ❙❙ Nervensystem (reduzierte Vigilanz, rungsmitteln bei 7 % und Kontakturtikaria Inzidenz von respiratorischen Infekten in Angst, „Gefühl drohenden Unheils“), bei 3 % der Fälle. Medikamente waren als diesen Monaten diskutiert. ❙❙ weitere kutane Symptome, Auslöser bei Erwachsenen häufiger als wie Kribbeln an Hand- und Fußflächen bei Kindern und Jugendlichen, wohinge- sowie Genitale. gen bei letzteren häufiger eine idiopathi- Besteht der Verdacht auf eine anaphy- sche Urtikaria diagnostiziert wurde. laktische Reaktion, sollte unverzüglich eine symptomorientierte Therapie initiiert Weitere Untersuchungen beschäftigten werden. sich ausschließlich mit akuter Urtikaria bei Kindern. Ebenfalls bei italienischen Akute Urtikaria: Kindern und Jugendlichen wurde gezeigt, Häufigkeit, Auslöser und Verlauf dass Allergien nur seltene Auslöser der Die akute Urtikaria ist eine häufige Erkran- Urtikaria waren [9]. Weitaus häufiger wa- kung. Bis zu 1,2 Vorstellungen pro Tag ren Infekte mit 30 % vor den Medikamen- in einer Krankenhausambulanz erfolgen ten mit 15 %, gefolgt von den klassischen wegen einer Urtikaria (s. Abb. 2) [7]. In allergologischen Triggern mit 10 %. Bei Deutschland konnte unlängst in großen letzteren führten die Nahrungsmittel mit Geburtskohorten gezeigt werden, dass die 6 % vor den Aeroallergenen mit rund 5 %. ungefähre jährliche Inzidenz bei 1% bei Hierbei wurde ebenso wie bei der voran- Kindern bis zum Alter von 10 Jahren liegt gegangenen Arbeit nicht differenziert, ob [2] mit leicht abnehmender Tendenz mit die Medikamente ebenfalls als Allergene zunehmendem Alter. Kumulativ bis zum fungierten oder nur Trigger einer einmali- Abbildung 2. Akute Urtikaria mit 10. Lebensjahr lag die Inzidenz bei 14,5 % gen Reaktion waren. In dieser Studie war begleitenden Angioödemen (© Lars Lange)
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic 9 allergene können neben dem Vollbild der Typisch ist hier meist eine Schwellung, Anaphylaxie auch lediglich eine Kontakt- die betont in der Augenregion auftritt, da urtikaria auslösen. Diese tritt besonders die Konjunktiven sehr empfindlich ge- häufig im Gesicht auf. Dies liegt zum genüber Stimulation durch Aeroallergene einen daran, dass bei der Nahrungsauf- sind. nahme zwangsläufig ein Kontakt zur Pe- rioralregion erfolgt. Je kleiner das Kind Ebenfalls häufig werden Medikamente ist, desto eher wird bei der Mahlzeit das als Auslöser beschrieben. In den zitierten infrage kommende Allergen im Gesicht Arbeiten wird dabei nicht unterschieden, großflächig verteilt. Zum anderen sind die auf welchem Wege die Medikamente als Schleimhäute der primäre Kontaktort mit Auslöser fungierten. Sie können tatsäch- dem Allergen. Eine Kontakturtikaria kann lich systemisch wirksame Allergene sein. bestehen, obwohl eine Toleranz gegen- Hier kommen am ehesten Antibiotika in über dem Nahrungsmittel bei gastrointes- Betracht. Hinweisend für eine allergische tinaler Aufnahme vorhanden ist. Sofortreaktion auf ein Medikament wäre eine Reaktion innerhalb einer Stunde Abbildung 3. Akute Lippenschwellung ausgelöst durch Reaktion im Rahmen einer Ein so genanntes „orales Allergie- nach der erstmaligen Einnahme des Me- IgE-vermittelten Fischallergie. (© Lars Lange) Syndrom“ kann neben dem Kribbeln auf dikaments. Wurde das Medikament be- der Zunge durchaus eine Schwellung der reits einige Tage eingenommen, ist eine Einige Publikationen zu Auslösern, Dauer Lippe beinhalten. Da sowohl bei potenziell akute Urtikaria durch eine Allergie vom und Therapie der akuten Urtikaria stam- gefährlichen primären Nahrungsmittel- Sofort-Typ sehr ungewöhnlich. In solchen men von einer Arbeitsgruppe aus Taiwan allergien, z. B. gegen Erdnuss oder Kuh- Fällen ist eher von einer infektbedingten [4, 5, 6]. In dem dort untersuchten Kollektiv milch, als auch bei meist ungefährlichen Urtikaria auszugehen. Eine allergische von über 1.000 Kindern und Jugendlichen sekundären, pollenassoziierten Nahrungs- Reaktion gegen andere Medikamente, wie betrug die mittlere Dauer einer Episode mittelallergien ein Kribbeln im Mund und Hustensäfte oder Phytotherapeutika, ist akuter Urtikaria 4–7 Tage, bei immerhin eine periorale Rötung / Schwellung als ini- denkbar, aber selten. 5 % der Patienten länger als 2 Wochen. tiales Symptom auftreten kann, ist hier Am längsten dauerten die Episoden, wenn neben der Anamnese für vorangegangene Etwas anders ist die Situation bei inhalative Allergene als Auslöser identifi- Reaktionen eine gründliche Überwachung nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID). ziert wurden, im Mittel 8,7 Tage. Weitere zumindest für eine Stunde gerechtfertigt, Diese sind als Auslöser einer Urtikaria Auslöser, die mit einem längeren Verlauf um abzuschätzen, ob sich weitere Symp- häufig beschrieben. Dabei können sie einhergingen, waren Infekte und beson- tome einer Anaphylaxie entwickeln oder ❙❙ eine bestehende chronische Urtikaria ders gastrointestinale Infekte, eine idio- ob die Symptomatik, wie bei pollenasso- exazerbieren lassen, pathische Urtikaria und Insektenstiche. ziierten Nahrungsmittelallergien üblich, ❙❙ eine isolierte Urtikaria auslösen oder Bei der detaillierten Analyse der Auslöser rasch regredient ist (s. Abb. 3). ❙❙ eine echte anaphylaktische Reaktion nach Altersgruppen zeigte sich, dass bei induzieren. Kleinkindern eher Infekte vorlagen und In den Studien zur akuten Urtikaria hat Der Mechanismus ist in aller Regel kein bei Jugendlichen eher Nahrungsmittel- sich gezeigt, dass ein häufiger Auslöser IgE-vermittelter allergischer, sondern eine allergien. Entsprechend der regionalen der Kontakt zu Aeroallergenen ist. Hier hilft Intoleranzreaktion. Diese wird ausgelöst Häufigkeit von Nahrungsmittelallergien die Anamnese weiter. Infrage kommen: durch eine Imbalance zwischen pro- und in Taiwan waren Krustentiere das weitaus ❙❙ Tierepithelien (unmittelbarer Kontakt antiinflammatorischen Mediatoren, her- häufigste auslösende Allergen. zu einem Tier), vorgerufen durch die wirkstoffbedingte ❙❙ Pollen (vorherige und begleitende Hemmung der Cyclooxygenase. Alle Studien zeigen, dass Allergene als Beschwerden, aktuell starker Pollen- Trigger der akuten Urtikaria selten sind. flug) oder In jedem Fall sollte bei Verdacht auf eine Trotzdem sollten sie als Auslöser erwo- ❙❙ Milben (Auftreten morgens nach dem echte allergische Reaktion oder eine In- gen werden. Hierbei sind verschiedene Schlafen, Kontakt mit nicht sanierter toleranzreaktion auf NSAIDs eine weitere Aspekte zu beachten: Nahrungsmittel- Umgebung, „Kissenschlachten“). Klärung vereinbart werden.
10 Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic [13]. Bei fehlendem Ansprechen kann ein Nach der Adrenalin-Gabe richtet sich die Diagnostische / Wechsel zu einem anderen Antihistamini- weitere Therapie nach den vorherrschen- therapeutische Schritte kum versucht werden, da das individuelle den Beschwerden. Bei Obstruktion der bei akuter Gesichtsschwellung: Ansprechen sehr variabel sein kann [11]. oberen Atemwege ist eine Inhalation mit Moderne, nichtsedierende Antihistami- Adrenalin notwendig, bei tiefer Atem- 1. A naphylaxie erkennen bzw. nika sind ab dem 1. (Desloratadin) bzw. wegsobstruktion sollte ein kurzwirksa- ausschließen ab dem 2. Lebensjahr (Cetirizin, Levoce- mes Betamimetikum, wie Salbutamol, 2. Obere Atemwegsobstruktion? tirizin, Loratadin) zugelassen, sodass es inhaliert werden. Danach kann der peri- 3. I nspektion der Schwellung bei akuter Urtikaria keine Indikation zur phere Venenzugang gelegt werden und und des übrigen Körpers oralen Behandlung mit dem sedierenden die Gabe des Antihistaminikums und ei- (Infektfokus?; urtikarieller Wirkstoff Dimentiden gibt. Im 1. Lebens- nes Steroids erfolgen. Dermographismus?) jahr müssen die Eltern über einen Off-la- 4. Differenzierte Anamnese bel-Einsatz aufgeklärt werden. Insektenstiche werden akut v. a. durch 5. T herapie mit oralem Anti- physikalische Maßnahmen (Kühlen) be- histaminikum und 60 Minuten Systemische Steroide spielen im Behand- handelt. Zusätzlich kann ein nichtsedie- Überwachung lungsschema der Urtikaria eine unterge- rendes Antihistaminikum gegeben wer- 6. J e nach Beschwerdebild ordnete Rolle. Sie sollten nur bei schwe- den. Bei verstärkter Lokalreaktion im weitere Therapie oder rem Befall und dann nur kurz eingesetzt Kopf- und Halsbereich nach Insekten- Entlassung werden. Möglich ist der Einsatz z. B. bei stichen sollte eine Nachbeobachtung begleitenden ausgeprägten Angioödemen erfolgen, um bei einer Verlegung der im Gesicht. Eine klare Datenlage zur Sinn- Atemwege rasch handeln zu können. Therapie haftigkeit der Ergänzung der Therapie Bei verstärkter Lokalreaktion kommen Sowohl zur Behandlung der Urtikaria als durch systemische Steroide gibt es nicht. topische Steroide und ggf. kurzfristig auch zur Behandlung der Anaphylaxie, der Sobald eine Symptomkontrolle erreicht ist, systemische Steroide zum Einsatz. Je- Insektenstiche und des weitaus seltene- sollte ausschließlich mit hoch dosierten doch muss durch Markieren des geröte- ren Angioödems existieren Leitlinien und Antihistaminika weiter behandelt werden. ten Areals und regelmäßige Kontrollen Übersichtsartikel [1, 8, 10, 14]. mindestens einmal täglich sichergestellt Auch bei reiner Kontaktallergie durch werden, dass es sich bei der Schwellung Grundsätzlich kommen in der Therapie Nahrungsmittel oder Aeroallergene wird nicht um eine beginnende bakterielle der Urtikaria v. a. nichtsedierende H1-Anti- ein nichtsedierendes Antihistaminikum Infektion nach Insektenstich handelt. histaminika zum Einsatz, die zunächst in gegeben. Ergeben sich aber Hinweise normaler Dosierung gegeben werden. Der auf eine systemische allergische Reakti- Besteht der Verdacht auf eine bakte- Wirkbeginn bei modernen Wirkstoffen wie on im Rahmen einer Anaphylaxie, sollte rielle Infektion als Ursache für die Ge- Cetirizin kann nach 30 Minuten einsetzen, der Patient nach Vorgaben der Leitlinie sichtsschwellung, wird ein systemi- die maximale Wirkung ist aber erst nach therapiert werden [10]. Bei Hinweisen für sches Antibiotikum eingesetzt, das v. a. 2–5 Stunden zu erwarten und hält bis über eine Beteiligung der oberen oder unteren bei Schwellungen der Periorbitalregion 24 Stunden an [11–13]. In Vergleichsstu- Atemwege oder des Kreislaufs ist unver- oder bei sehr jungen Kindern großzügig dien waren Cetirizin und Levocetirizin bei züglich Adrenalin i. m. zu applizieren. Dies i. v. gegeben werden sollte. Als Präpa- der Unterdrückung einer durch Histamin gilt auch für ausgeprägte gastrointes- rat sollte ein staphylokokkenwirksames induzierten Schwellung effektiver als an- tinale Beschwerden. Hauptgründe sind die Antibiotikum gewählt werden. Die Dauer dere moderne Antihistaminika [11, 12]. die schnellere Wirksamkeit im Vergleich der antibiotischen Therapie richtet sich Sehr häufig ist eine Erhöhung der Dosis zu oralen Medikamenten, die Sicherheit nach dem Rückgang des Lokalbefundes notwendig. Die Leitlinie zur Therapie der und die deutlich größere therapeutische und sollte mindestens 5 Tage betragen. Urtikaria empfiehlt eine Aufdosierung bis Breite der i. m.-Gabe im Vergleich zur ne- Bei Dermatitis solaris besteht die The- zur 4-fachen Normaldosis, allerdings bei benwirkungsreichen i. v.-Gabe. Zusätzlich rapie in Hautkühlung durch Umschläge chronischer Urtikaria. Auch bei akuter führt die Anlage eines peripheren Venen- und kühlende Cremes (z. B. Lotio alba Urtikaria ist durch eine Dosiserhöhung zugangs v. a. bei Kindern zu unnötiger Ver- aquosa). Ggf. können topische Steroide eine bessere Wirksamkeit zu erreichen zögerung der Therapie. als Milch oder Lotio eingesetzt werden.
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic 11 Gesichtsschwellungen, die durch eine 1. Klärung, ob es sich um eine beginnen- c) Bisheriger Verlauf (erstmaliges Kontaktdermatitis, z. B. durch Kosmetika, de oder bereits ablaufende Anaphy- Auftreten? Dauer des Bestehens hervorgerufen worden sind, werden mit to- laxie handelt durch rasche Unter- einzelner Effloreszenzen?) pischen Steroiden für einige Tage und Ka- suchung der anderen Effektororgane d) Potenzielle Auslöser (Kontakt zu renz des vermuteten Auslösers behandelt. (s. o.) und der Frage nach bekannter potenziellen Allergenen, Infekte, Allergie. Medikation, insbesondere NSAID, Durch ein hereditäres Angioödem beding- 2. Untersuchung auf Zeichen der oberen Insektenstiche) te Gesichtsschwellungen sollten immer Atemwegsobstruktion durch Schleim- e ) Bisherige Therapieversuche behandelt werden, da dabei ein Larynx- hautinspektion und Auskultation f) Begleiterkrankungen ödem mit Erstickungsgefahr auftreten (Dyspnoe, Stridor, Dysphonie). 6. Therapie mit einem großzügig dosier- kann. Neben einer stationären Aufnahme 3. Untersuchung der Schwellung (Lokali- ten nichtsedierendem Antihistamini- zur Überwachung der Atemwege ist un- sation, begleitende Rötung, Einstich). kum (z. B. Cetirizin) per os. verzüglich eine Therapie mit C1-Esterase- 4. Untersuchung des übrigen Integu- 7. Überwachung für mindestens 60 Mi- Inhibitor-Konzentrat i. v. oder mit Icatibant ments auf weitere urtikarielle Efflores- nuten. Bei Besserung Entlassung, s. c. einzuleiten. zenzen und hinsichtlich eines Infekt- bei Beschwerdezunahme stationäre fokus mit Prüfung des urtikariellen Überwachung. Konkrete therapeutische Schritte Dermographismus. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich fol- 5. Anamnese mit folgenden Unterpunk- Dr. med. Lars Lange, gender Vorschlag für ein konkretes Vor- ten: Dr. med. Sunhild Gernert gehen, wenn sich ein Patient mit akuter a) Beginn und Kinetik der Beschwer- St.-Marien-Hospital | Robert-Koch-Str.1 Gesichtsschwellung unter dem Bild einer den 53115 Bonn Urtikaria mit oder ohne Angioödem in der b) Juckreiz oder Schmerz an der lars.lange@marien-hospital-bonn.de Sprechstunde vorstellt (s. Übersicht S. 10): Schwellung Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur 1 Bork K, Maurer M, Bas M et al. Hereditäres Angio- episode of acute urticaria in children. Pediatr Allergy duced wheal and flare response in healthy cauca- ödem durch C1-Esterase-Inhibitor-Mangel. Allergo J Immunol 2010: 21: 1043–1051 sian and japanese volunteers. Acta Derm Venereol 2012; 21: 109–118 6 Liu TH, Lin YR, Yang KC, Chou CC, Chang YJ, 2013; 93: 286–293 2 Brüske I, Standl M, Weidinger S et al. Epidemiology Wu HP. First attack of acute urticaria in pediatric 12 Simons FER, Macmillan JL, Simons KJ. A dou- of urticaria in infants and young children in Germany emergency department. Pediatr Neonatol 2008; ble-blind, single-dose, crossover comparison of – Results from the German LISAplus and GINIplus 49: 58–64 cetirizine, terfenadine, Ioratadine, astemizole, and Birth Cohort Studies. Pediatr Allergy Immunol 2014; 7 Losappio L, Heffler E, Bussolino C et al. Acute urtica- chlorpheniramine versus placebo: Suppressive ef- 25: 36–42 ria presenting in the emergency room of a general fects on histamine-induced wheals and flares during 3 Konstantinou GN, Papadopoulos NG, hospital. Eur J Intern Med. 2014; 25:147–50 24 hours in normal subjects. J Allergy Clin Immunol Tavladaki T, Tsekoura T, Tsilimigaki A, Grattan 8 Przybilla B, Rueff F. Insect stings: clinical features 1990; 86: 540–7 CEH. Childhood acute urticaria in northern and and management. Dtsch Arztebl Int 2012; 109: 13 Tanizaki H, Nakamizo S, Nakahigashi K, Miyachi Y, southern Europe shows a similar epidemio- 238–48 Kabashima K. A double dose of Levocetirizine leads logical pattern and significant meteorological influ- 9 Ricci G, Giannetti A, Belotti T et al. Allergy is not the to better control of histamine-induced flare, wheal ences. Pediatric Allergy Immunology main trigger of urticaria in children referred to the and itch in healthy donors. Pharmacology 2013; 92: 2011: 22: 36–42 emergency room. J Eur Acad Dermatol Venereol 71–74 4 Lin YR, Liu TH, Wu TK, Chang YJ, Chou CC, Wu HP. 2010; 24: 1347–8 14 Zuberbier T, Aberer W, Brockow K et al. S3-Leitlinie Predictive factors of the duration of a first-attack 10 R ing J, Beyer K, Biedermann T et al. Guideline for Urticaria. Allergo J 2011; 20: 249–58 acute urticaria in children. Am J Emerg Med. 2011; acute therapy und management of anaphylaxis. 15 Zuberbier T, Balke M, Worm M, Maurer M. Edenhar- 29: 883–9 Allergo J Int 2014; 23: 96–112 ter G. Epidemiology of urticaria: a representative 5 Liu T-H, Lin Y-R, Yang K-C et al. Significant factors 11 S choepke N, Church MK, Maurer M. The inhibition by cross-sectional population survey. Clin Exp Dermatol associated with severity and outcome of an initial Levocetirizine and Fexofenadine of the histaminein- 2010; 35: 869–73
12 Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic Notfälle in der Allergologie Das Kind mit akutem Giemen Armin Grübl, Kinderklinik München Schwabing, München Giemen (engl. „wheezing“) bezeichnet ein kontinuierliches hochfrequentes, lang andauerndes musikalisches Nebengeräusch der tiefen Atemwege der Lunge, das durch eine Atemwegsobstruktion („Enge“) entsteht, wobei die Luftströmung trotz Verengung stark genug sein muss, um die Bronchialwände in Schwingung zu versetzen. Bei schwerster zentraler Luftwegstenose, bei starker Hypoventilation, aber auch bei Stenosen der peripheren Luftwege ist kein Giemen mehr zu hören („silent lung“). Pathophysiologie einer zusätzlich verstärkten Verengung es können aber auch Asthmaanfälle im Auskultatorisch finden wir neben dem des Bronchialasts bis hin zu einer Ver- Rahmen anaphylaktischer Reaktionen bei normalen oder dem abnormalen Atem- minderung des Luftstroms. Das dadurch Nahrungsmittelallergien oder Insekten- geräusch nach Erkrankung unterschied- bedingte vorübergehende Nachlassen giftallergien eine Rolle spielen. Auch Exa- liche Nebengeräusche pulmonaler oder der Sogwirkung bringt die Bronchialwän- zerbationen bei körperlicher und psy- pleuraler Ursache. Man unterscheidet de in Schwingung und dies erzeugt das chischer Belastung sind nicht so selten. bei der pulmonalen Genese einerseits typische Giemengeräusch („wheezing“). Häufig führt erst die Kombination einiger musikalische Nebengeräusche, wie Pfei- Anders als bei den normalen Atemgeräu- potenzieller Auslöser zu einem Asthma- fen, Giemen, Brummen in Abhängigkeit schen entsteht das Giemen also nicht anfall. von der Frequenz (hoch- bis tieffrequent), durch Luftturbulenzen, sondern durch und andererseits nichtmusikalische Ne- Schwingungen der Bronchialwände. Die Weitere zusätzliche Symptomatik bengeräusche, die feinblasig (periphere Tonhöhe ist abhängig von Dicke und Elas- Beim akuten Asthmaanfall ist das typische Rasselgeräusche (RGs)) oder auch grob- tizität, also von den Vibrationseigenschaf- Atemgeräusch bereits als „Distanz-Gie- blasig (zentrale RGs) sein können. Musi- ten des Gewebes [9] (s. Kasten). men“ ohne Stethoskop zu hören, in der kalische Nebengeräusche werden häufig Regel exspiratorisch, aber auch teilweise noch trockene Rasselgeräusche genannt, Giemen als Leitsymptom inspiratorisch. Der Patient ist meist tachy- nichtmusikalische als feuchte Rassel- Giemen als Leitsymptom einer obstrukti- dyspnoeisch, hustet meist trocken, aber geräusche bezeichnet. Die Zuordnung und ven Bronchitis findet man zum einen v. a. auch ein produktiver Husten mit zähem Nomenklatur ist in der Literatur nicht ein- beim Säugling oder jungen Kleinkind im Sekret ist möglich. Atemnot, retrosternale heitlich. Die Bezeichnung trockene oder Rahmen einer meist virusbedingten Er- Beklemmung, Schwitzen, Angst und auch feuchte RGs lassen keinen Rückschluss krankung der Atemwege, insbesondere vermehrte Agitation und massive Unru- auf die Pathophysiologie zu. Trockene durch Rhinoviren und Respiratory Syn- he sind weitere führende Leitsymptome. Rasselgeräusche, also z. B. Giemen, kön- cytial Virus (RSV). Zum anderen kommt Der ältere Patient nimmt bevorzugt eine nen auch bei abnorm hohem Flüssigkeits- Giemen v. a. bei einer Manifestation oder sitzende Haltung mit Gebrauch der akzes- gehalt der Lunge, z. B. beim Lungenödem einer Exazerbation eines Asthmas bron- sorischen Atemmuskulatur ein; Nasen- auftreten. Sogenannte feuchte Rassel- chiale vor. Hier kommen in erster Linie flügeln als vermehrte Atemarbeit findet geräusche sind auch bei trockenen Inhalationsallergene als Ursache infrage, man eher beim jüngeren Patienten. Nur Lungenveränderungen, z. B. interstitiellen Pneumopathien, auskultierbar. Kleines Experiment zur Veranschaulichung des Bernoulli-Effekts: Eine Enge in den Atemwegen bewirkt einen erhöhten Luftstrom in diesem Be- Ein kontinuierliches Pusten zwischen zwei parallel gehaltenen Papierblättern reich. Bei zunehmender Atemarbeit und zeigt die Sogwirkung und die Schwingungen der beiden Blätter. zunehmendem Luftstrom kommt es – bedingt durch eine Sogwirkung nach in- › https://www.youtube.com/watch?v=K0aPuLn76H0 nen („Venturi- oder Bernoulli-Effekt“) – zu
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic 13 Abbildung 1. Allgemeine Erstbeurteilung des kritisch kranken Kindes mit respiratorischer Störung (SPO2 pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung) Modifiziert nach Biarent et al. [1] und Demirakca et al. 2013 [2] leises Schreien oder Wimmern / Seufzen weitere Prognose, die bedrohliche Situati- ke oder einer Nasenbrille mit sofortiger beim Säugling oder einsilbige kurze ab- on zu erkennen und damit entsprechende O2-Gabe von 1– 4 l/min z. B. durch die gehackte Redensweise beim älteren Kind therapeutische Maßnahmen schnell ein- Eltern wirkt angstmildernd und ist meist sind Zeichen beginnender Erschöpfung. leiten zu können. sehr effektiv als primäre Therapieein- leitung. Eine Verminderung des Atem- Alarmsymptome einer lebensbedroh- Die erste allgemeine Beurteilung des antriebs ist dabei in der Regel nicht zu lichen Situation durch maximale Überblä- respiratorisch akut erkrankten Kindes befürchten. Die Sauerstoffsättigung soll- hung der Bronchien sind ein Abfall einer sollte am besten strukturiert nach dem te bei > 91%, besser bei > 94 % liegen. initialen Tachykardie, Hypertonie, Zya- ABCD-Schema (A: Airway, B: Breathing, C: nose und auskultatorisch nicht mehr zu Circulation; D: Disability) erfolgen (Abb. 1). Die für das Kind optimale Sitzposition hörendes Giemen oder gar nicht mehr zu nehmen ältere Kinder meist spontan ein, hörende Atemgeräusche („silent lung“) Ein Alarmzeichen einer kritischen, lebens- eine sitzende Position ist beim kreislauf- trotz vermehrter Atemarbeit. bedrohlichen Situation ist das Auftre- stabilen Patienten zu bevorzugen. Ein be- ten eines Pulsus paradoxus mit Abfall ruhigender Einfluss auf den Patienten und Respiratorische Notfälle des systolischen Blutdrucks >10 mmHg die Umgebung ist absolut anzustreben. sind im Kindesalter häufig und abgeschwächten oder aufgehobenen Geschulte Asthmapatienten sollten einge- Aufgrund geringerer respiratorischer Re- Pulsschlägen an der A. radialis bei Aus- übte Atemhilfsmaßnahmen, wie z. B. die serven und eines erhöhten Sauerstoffver- kultation der Herztöne bei Inspiration [2]. dosierte Lippenbremse, ggf. Torwartstel- brauchs führen respiratorische Einschrän- lung oder Kutschersitz anwenden, und kungen beim Kind schnell zur schweren Die Beurteilung der Oxygenierung und die dazu motiviert werden. Hypoxie und letztendlich unbehandelt je Behebung einer Oxygenierungsstörung nach Schwere und Ausmaß der respirato- sind die maßgeblichen ersten Schritte Bei allergischem Auslöser des Asthmaan- rischen Insuffizienz zum Herzkreislaufver- der Diagnostik und Therapie. Die O2-Gabe falls ist an die Entfernung bzw. räumliche sagen. Somit ist es entscheidend für die einer locker vorgehaltenen Gesichtsmas- Trennung von Patient und Allergen zu
14 Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic denken, sofern dies möglich ist. Ein Ast- gerade überarbeitet, ist aber bis zur Veröf- mit Inhalierhilfe: 2–4 (-6–8) Hübe über hmaanfall im Rahmen einer Anaphylaxie fentlichung der Neufassung noch gültig). Maske oder Mundstück verabreichen und muss entsprechend initial mit Adrenalin mit 5–10 Atemzügen, wenn möglich ruhig i. m. und weiteren Maßnahmen im Rah- In der Übersicht werden die Initialtherapie und langsam inhalieren lassen. men des Anaphylaxiemanagements be- und die Intensivierungstherapie bei man- handelt werden [6] (vgl. Topic „Gesichts- gelndem Ansprechen bei einem Status Potenzielle Nebenwirkungen sind Tachy- schwellung“ in diesem Journal). asthmaticus dargestellt. kardie, Arrhythmien, Hypertension, Zittern, Hyperaktivität, Übelkeit und Erbrechen. Therapie des Status asthmaticus Beta-2-Agonisten führen per Inhalation Der entscheidende Pfeiler der Asthmathe- zur Relaxation der glatten Muskulatur der Bei ausgeprägter Tachykardie und weite- rapie ist die Inhalation von ausreichend Atemwege. Die Dosierung beträgt je nach ren Nebenwirkungen kann auch das An- hoch dosierten Beta-2-Sympatomimetika. Alter und Symptomatik 10–20 Tropfen Sal- ticholinergikum Ipratropiumbromid per Eine Therapieeskalation ist nach dem vor- butamol-Inhalationskonzentrat (= 2,5 mg) Inhalation als Inhalationslösung mit maxi- gegebenen Algorithmus der NVL Asthma auf 2 ml NaCl 0,9 % mittels Vernebelung mal 20 gtt (= 1 ml; = 0,25 mg) auf 2 ml NaCl bronchiale vorzunehmen (www.asthma. mit Maske in Kombination mit Sauerstoff. 0,9 % unverdünnt verwendet werden, um versorgungsleitlinien.de; Kapitel 8: Algo- Sehr bewährt hat sich auch die Verwen- durch diese Kombination die Dosis des Sal- rithmus 5 und 6, Kasten 1) [7] (Die NVL wird dung eines Dosieraerosols; unbedingt butamolpräparats erniedrigen zu können. Ipratropiumbromid kann auch zusätzlich zum Einsatz kommen, um die Therapie Therapie des Status asthmaticus im Kindes- und Jugendalter zu eskalieren, z. B. 2–4 Hübe aus einem Dosieraerosol – immer mit Inhalierhilfe. Initialtherapie ❙❙ Ggf. 2–3 l/min Sauerstoff über Maske oder Nasenbrille (Ziel SaO2 > 91%) Bei schweren Verläufen und fehlendem ❙❙ Salbutamol 0,5 %: 10–20 gtt. (absolut) ad 2–3 ml NaCl 0,9 % via Vernebler p. i. Ansprechen ist ein Therapieversuch mit bzw. Salbutamol-Dosieraerosol 2–4 (8) Hübe via Spacer und Mundstück/ 2–3 (-5) ml inhalativem Suprarenin 1:1000 Maske p. i. (unverdünnt) sinnvoll. ❙❙ Prednison 100 mg rektal bzw. Prednison/Prednisolon 2 mg/kg i. v./p. o. ❙❙ Ggf. Salbutamol repetitiv/Dauerinhalation Weitere Maßnahmen bei Nichtanspre- ❙❙ Bei mangelndem Ansprechen ggf. plus Ipratropiumbromid 20 gtt. chen sind die Gabe von i. m. und i. v. (= 1 ml; = 0,25 mg) auf 2 ml NaCl 0,9 % unverdünnt oder 1 Fertiginhalat Medikamenten, wie: mit 250 µg (= 2 ml) oder 2–4 Hübe aus Dosieraerosol via Spacer und ❙❙ Adrenalin 0,01 mg/kg i. m. Mundstück/Maske p. i. (= 0,1 ml/10 kg der 1:1.000-Lösung) ❙❙ Versuch mit Suprarenin unverdünnt 3–5 ml p. i. (v. a. bei < 2. Lebensjahr) oder 1 μg/kg i. v.(= 0,1 ml/10 kg der 1:10.000-Lösung) Intensivierungstherapie bei mangelndem Ansprechen ❙❙ Terbutalin i. v./i. m./(s. c.) 0,005–0,01 ❙❙ Falls keine Besserung / SaO2 < 92 %: stationäre Aufnahme nötig mg/kg ❙❙ Wenn Inhalation nicht möglich: Adrenalin 0,01 mg/kg i. m. (= 0,1 ml/10 kg ❙❙ Theophyllin 4–6 mg/kg Startdosis der 1:1.000-Lösung) oder 1 µg/kg i. v. (= 0,1 ml/10 kg der 1:10.000-Lösung); über 20 Minuten i. v., danach DTI mit Terbutalin i. v./i. m. (s. c.) 0,005–0,01 mg/kg 0,5–1,2 mg/kg/h je nach Serumspiegel ❙❙ Theophyllin 4–6 mg/kg Loading dose über 20 Minuten i. v., danach DTI mit (Ziel 10–15 mg/dl), halbe Dosis bei 0,5–1,2 mg/kg/h je nach Serumspiegel (Ziel 10–15 mg/dl), bei Theophyl- Vortherapie mit Theophyllin lin-Vortherapie Bolusdosis halbieren ❙❙ Beta-2-Sympathomimetikum i. v. ❙❙ Beta-2-Sympathomimetikum i. v. (z. B. Reproterolhydrochlorid 1 µg/kg/min (Reproterolhydrochlorid 1 μg/kg/min i. v. für 10 Minuten, danach 0,2–2 µg/kg/min) i. v. für 10 Minuten, danach 0,2–2 μg/ ❙❙ Therapieversuch mit Magnesiumsulfat i. v. (0,1 ml/kg der 50 %igen Lösung kg/min) oder 0,5 ml/kg der 10 %igen Lösung über 20 Minuten) erwägen ❙❙ Magnesiumsulfat i. v. (0,1 ml/kg der 50 %igen Lösung oder 0,5 ml/kg der Aus: Hofmann 2012 [4] 10 %igen Lösung über 20 Minuten
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic 15 Obwohl der Wirkungseintritt von Gluko- kortikoiden erst deutlich später (frühes- Abbildung 2. Zeitliche Entwicklung obstruktiver Atemwegserkrankungen tens erst nach 1 Stunde) eintritt, hat die frühzeitige Verabreichung p. o. oder i. v. oder rektal und möglicherweise sogar in- halativ in der Notfalltherapie eines akuten Asthmaanfalls ihren Sinn. Kinder, die im Anfall früh ein Steroid verabreicht bekom- men haben, haben ein signifikant besse- res Outcome [3, 4]. Ein Nichtansprechen auf die Therapie- eskalationsmaßnahmen und kein Anstieg der O2-Sättigung trotz steigendem O2- Fluss sind ein absolutes Alarmsignal und eine Beutel-Masken-Beatmung und / oder Intubation ist einzuleiten. Die Entschei- dung dazu ist stets gut und gewissenhaft Quelle: http://www.swiss-paediatrics.org/sites/default/files/paediatrica/vol20/n3/pdf/44-51.pdf abzuwägen. Eine nichtinvasive Beatmung ist vorzuziehen, wenn dies irgendwie mög- lich ist, da aufgrund der bestehenden Lun- Adrenalin ist anzuraten. Die Inhalation allergische Asthma bronchiale („multip- genüberblähung sicher erschwerte Be- von hypertoner 3 %iger NaCl-Lösung ist le trigger wheeze“ oder „atopic wheeze“) atmungsbedingungen zu erwarten sind. ein neuer, möglicher, häufig erfolgreicher (Abb. 2). Eine respiratorische Erschöpfung ist eine Therapieansatz. Eine respiratorische Er- absolute Indikation zur Intubation und Be- schöpfung ist auch bei der Bronchiolitis Nach der Akutversorgung ist eine weitere atmung [4]. eine absolute Indikation zur Intubation Diagnostik hinsichtlich der Ursache einer und Beatmung, wenn nichtinvasive Be- akuten Bronchialobstruktion oder eines Therapie der Bronchiolitis atmungsmaßnahmen nicht mehr ausrei- Asthmaanfalls unumgänglich. Eine ge- beim Säugling chend sind [2]. naue ausführliche Anamnese, inklusive Die durch RSV (respiratory syncytial virus) Familienanamnese bezüglich einer mögli- oder andere Viren bedingte Bronchiolitis Risiko einer Therapieverzögerung chen allergischen Genese oder eines Ato- tritt v. a. innerhalb des ersten Lebens- Ein Risikofaktor hin zu einem lebensbe- pierisikos, ein Ganzkörperuntersuchungs- jahres auf und stellt in erster Linie eine drohlichen Verlauf einer akut obstrukti- status, Haut-Prick-Tests und / oder der Obstruktion der kleinen Atemwege dar. ven Lungenerkrankung mit Giemen als Nachweis spezifischer IgE-Antikörper im Anfällig sind ehemalige Frühgeborene, Leitsymptom ist eine verzögerte Initial- Serum, sowie entsprechende Lungenfunk- Kinder mit hämodynamisch wirksamen behandlung. Ein akut giemendes Kind tionsdiagnostik gehören zum Standard, Herzfehlern und Kinder in Raucherfa- soll schnell und konsequent behandelt gelegentlich ist auch eine Allergenprovo- milien. Rhinitis und leichter Husten als werden. Frühzeitige Sauerstoffgabe bei kationstestung notwendig [7]. Frühsymptome können sich schnell zu Tachydyspnoe und eine antiobstruktive quälendem Dauerhusten, Giemen und Inhalationstherapie sind dafür Mittel der Differenzialdiagnostisch sollte man bei Tachydyspnoe bis hin zur respiratori- ersten Wahl. jüngeren Kindern mit Giemen v. a. im Zu- schen Insuffizienz entwickeln. Sauerstoff- sammenhang mit plötzlicher Dyspnoe vorlage und abschwellende Nasentrop- Weitere Diagnostikschritte aus dem Schlaf heraus auch an einen gas- fen sind die Standardtherapieoptionen. und Differenzialdiagnostik troösophagealen Reflux (GÖR) denken. Beta-2-Symatikomimetikum-Inhalationen Die häufigsten Ursachen für akutes Gie- Vor allem bei jugendlichen Mädchen, aus- können die Klinik manchmal sogar ver- men im jüngeren Alter sind Virusinfek- gelöst in Stresssituationen oder auch bei schlechtern, ein Versuch der Inhalation tionen („episodic viral wheeze“) und im körperlicher Belastungssituation, kann mit verdünntem oder auch unverdünntem Kleinkind-, Schul- und Jugendalter das auch ein Vocal Cord Dysfunction Syn-
16 Pädiatrische Allergologie » 02 / 2015 » Topic higung und Anleiten zum ruhigen Atmen. beim älteren Kind und Jugendlichen Ausgewählte Differenzial- Medikamente verschlechtern eher die bei Manifestation oder Exazerbation ei- diagnosen bei akutem Giemen akute Situation [5]. nes meist allergisch bedingten Asthma im Kindesalter bronchiale auf. Mit Tachydyspnoe, Hus- Bei einer akuten exogenen allergischen ten und zunehmender Atemnot ist auch ❙❙ Virusinfektionen Alveolitis (EAA) kann neben Grippesymp- ein lebensbedrohlicher Verlauf möglich. ❙❙ allergisches Asthma bronchiale tomatik, Fieber, Dyspnoe und Husten Beruhigendes Umfeld, frühzeitige Sau- ❙❙ Gastroösophagealer Reflux nicht nur das typische „Knisterrasseln“ erstoffgabe und eine antiobstruktive In- (GÖR) imponieren, sondern eine akute Bron- halationstherapie sind die therapeuti- ❙❙ Vocal Cord Dysfunction chialobstruktion mit Giemen ist auch mög- schen Mittel der ersten Wahl. Frühzei- Syndrom (VCDS) lich [8]. Zur Diagnose führen hier neben tige Steroidgabe verbessert signifikant ❙❙ akute exogene allergische der Anamnese bezüglich des Auslösers, das klinische Outcome. Nach der Akut- Alveolitis (EAA) z. B. Taubenkot und Taubenfedern, die versorgung ist eine weitere Diagnostik ❙❙ Fremdkörperaspiration Bodyplethysmografie mit Restriktion und unumgänglich. Neben der infektiösen Entsättigung bei Laufbelastung sowie der und allergischen Ursache ist differenzi- Nachweis spezifischer IgG-Antikörper im aldiagnostisch z. B. an einen gastroöso- drom (VCDS) neben akuter Atemnot ein Serum und letztendlich ein CT des Thorax phagealen Reflux, an ein Vocal Cord giemendes Atemgeräusch „vortäuschen“ und eine Bronchiallavage weiter. Dysfunction Syndrom oder an eine (vgl. Topic „Stridor“ in diesem Journal). exogen allergische Alveolitis sowie im- Meist handelt es sich dabei um ein fortge- Bei allen differenzialdiagnostischen Über- mer an eine Fremdkörperaspiration zu leitetes Geräusch aus dem Larynxbereich. legungen in Bezug auf akutes Giemen denken. Ein Stridor ist dabei eher typisch, ebenso sollte immer die Fremdkörperaspiration Dys- oder Aphonie während der panischen mit einbezogen werden, v. a. bei einseiti- Dr. med. Armin Grübl Dyspnoeattacke, die aber lebensbedroh- gem Giemen [10]. lich imponieren kann und nicht selten zu Kinderklinik München Schwabing – Klinik und einer intensiven Asthmatherapie führt – Zusammenfassung Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, manchmal sogar bis hin zur Intubation Giemen (engl. „wheezing“) ist das Leit- Klinikum Schwabing, StKM GmbH und Klinikum Rechts der Isar (AöR) und Beatmung. Diagnosehinweisend sind symptom einer pulmonalen Obstruktion. der Technischen Universität München im akuten Anfall eher eine Hyperventilati- Atemwegsobstruktionen treten akut v. a. Kölner Platz 1 | 80804 München on und keine Sauerstoffentsättigung so- beim Säugling oder jungen Kleinkind armin.gruebl@lrz.tu-muenchen.de wie eine Symptombesserung durch Beru- im Rahmen einer Virusinfektion oder Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur 1 B iarent D, Bingham R, Eich C et al. European 5 Kenn K; Hess, Markus M. :Vocal Cord Dysfunc- Kapitel 16 Kopp M V, Lange L. Exogen Allergische Resuscitation Council guidelines for resuscitation tion: Eine wichtige Differenzialdiagnose zum Asth- Allveolitis (EAA): 297–302 2010. Section 6. Paediatric life support. Resuscitati- ma bronchiale Dtsch Ärztebl 2008; 105(41): 699 9 R enold F, Deluze C, Bachofen H. Die klinische on 2010; 81: 1364–1388 http://m.aerzteblatt.de/print/61788.htm Lungenuntersuchung. Ein Lernprogramm für Studie- 2 D emirakca S, Hinrichs B, Nicolai T. Algorithmus zum 6 M achotta A. Allergische Obstruktion der oberen rende der Medizin. Eine Zusammenarbeit der Pneu- Vorgehen beim respiratorischen Notfall. Monats- Atemwege Notfall Rettungsmed 2012; 15 (2): mologischen Abteilung des Inselspital/Universitäts- schrift Kinderheilkunde 2013; 161 (5): 429–238 123–126 spital Bern und der Abteilung für Unterrichtsmedien 3 E dmonds ML, Milan SJ, Camargo CA Jr, Pollack CV, 7 Nationale Versorgungs-Leitlinie Asthma. (AUM), Institut für Aus-, Weiter- und Fortbildung Rowe BH.Early use of inhaled corticosteroids in the Dtsch Ärzte-bl 2005; 102(40): A-2734 / B-2307 / (IAWF), Medizinische Fakultät, Universität Bern. emergency department treatment of acute asthma. C-2179 Nationale Versorgungsleitlinie Asthma, 2001 Cochrane Database Syst Rev. 2012 Dec 12; 2. Aufl., Kapitel 8, Asthma-Anfall bei Kindern http://elearning.studmed.unibe.ch/lungenauskultati- 12:CD002308. und Jugendlichen. http://www.asthma. on/html/genese_giemen.html 4 H ofmann F. Asthmaanfall und Status asthmaticus versorgungsleitlinien.de 10 Weiss M, Tomask M. Akute Fremdkörperverlegung im Kindesalter. Notfall Rettungsmed 2012; 15 (2): 8 Ott H, Kopp M V, Lange L. Kinderallergologie in Klinik der Atemwege bei Kindern. Notfall Rettungsmed 117–122 und Praxi;s Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014: 2012; 2: 111–116
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