Frauen in freien Berufen - Studie des SVFB zum unausgeschöpften Potenzial hochqualifizierter Frauen - Sotomo
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Frauen in freien Berufen Studie des SVFB zum unausgeschöpften Potenzial hochqualifizierter Frauen November 2021
1 In Kürze 3 1.1 Zu dieser Studie 3 1.2 Die wichtigsten Ergebnisse 4 2 Geschlechterdynamik bei den Hochqualifizierten 7 2.1 Zunahme hochqualifizierter Frauen 7 2.2 Markante Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung 9 2.3 Der Erwerbsbeteiligungsknick 12 3 Motive und Einstellungen 14 3.1 Wie gross die Erwerbslücke sein darf 14 3.2 Gründe für tieferen Beschäftigungsgrad 16 3.3 Was zu einer grösseren Erwerbsbeteiligung führen würde 18 3.4 Was bei der Arbeit wichtig ist 19 3.5 Faktoren für die Vereinbarkeit 21 3.6 Massnahmen für die Vereinbarkeit 23
IMPRESSUM Frauen in freien Berufen. Studie des SVFB zum unausgeschöpften Potenzial hochqualifizierter Frauen, 11/2021 Auftraggeber_in: Verband Freier Berufe SVFB Auftragnehmer_in: Sotomo, Dolderstrasse 24, 8032 Zürich. Autor_innen: Michael Hermann, Lorenz Bosshardt, Julie Craviolini
3 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential In Kürze Rund die Hälfte der Erwerbsbevölkerung mit Hochschulabschluss in der Schweiz ist heute weib- lich. Frauen mit Hochschulabschluss leisten jedoch nach wie vor deutlich weniger als die Hälfte der Arbeitsstunden. Diese Studie des Verbands der freien Berufe zeigt das Ausmass des Strukturwandels bei der hochqualifizierten Erwerbsbevölkerung in der Schweiz und untersucht die Gründe für die tiefere Erwerbs- beteiligung der Frauen. Sie zeigt Massnahmen auf, die zu einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Hochschulabschluss führen könnten und damit zur besseren Mobilisierung dieses Fachkräftepotenzials. 1.1. ZU DIESER STUDIE Der Verband der freien Berufe (SVFB) vereint unter seinem Dach verschiedenste Fachrichtungen von der Anwältin über den Physiotherapeuten oder die Ärztin bis zum Architekten und Ingenieur. Freie Berufe setzen fast immer einen Hochschulab- schluss voraus. Unter den Hochschulberufen ist der Frauenan- teil im Bereich Medizin und Gesundheit besonders gross. In diesem wichtigen Teilbereich der freien Berufe sind bereits zwei Drittel aller Erwerbspersonen Frauen. Ein anderer bedeuten- der Teilbereich der freien Berufe ist das Recht. Die rechtswis- senschaftlichen Berufe sind neben den naturwissenschaftlichen die hochqualifizierten Berufe, in denen der Frauenanteil in den letzten Jahren am stärksten gestiegen ist. Aufgrund dieser dynamischen Entwicklung hat der SVFB beschlossen, sich ver- tieft mit der Rolle der Frauen in hochqualifizierten Berufen auseinanderzusetzen. Die vom Forschungsinstitut Sotomo
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 4 durchgeführte Studie beschränkt sich dabei nicht auf die freien Berufe, sondern umfasst die gesamte Erwerbsbevölkerung mit Hochschulabschluss. Sie untersucht dabei insbesondere die Frage der Erwerbsbeteiligung der Frauen in hochqualifizierten Berufen, die noch immer deutlich tiefer ist als jene der Män- ner. Die Studie stützt sich auf zwei Quellen. Mit den Daten der schweizerische Arbeitskräfteerhebung SAKE (2010 bis 2019) wird der Geschlechter-Strukturwandel im Tertiärbereich aufgezeigt. Vertiefende Fragen zu den Gründen und Motiven – insbesondere für die tiefere Erwerbsbeteiligung – werden auf Basis einer breiten Befragung unter den Mitgliedern der Teilverbände des SVFB untersucht. An dieser Befragung haben über 5700 Personen mit Hochschulabschluss teilgenommen. 1.2. DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE Hohes Ausbildungsniveau, tiefere Erwerbsbeteiligung Zunahme hochqualifizierter Frauen: Das Ausbildungsniveau in der Schweiz steigt kontinuierlich. Diese Entwicklung ist bei Frauen jedoch weit dynamischer als bei Männern. So ist der Anteil der männlichen Erwerbsbevölkerung mit einem tertiären Bildungsabschluss zwischen 2010 und 2019 um 8 Prozentpunkte gestiegen, jener der weiblichen um 14 Prozent- punkte. Dies hat zur Folge, dass unter den Erwerbspersonen mit Hochschulabschluss (Tertiär A) heute bereits Parität zwischen den Geschlechtern besteht. Es gibt bei den 25- bis 64-Jährigen mit einem Hochschulabschluss ebenso viele Frauen wie Män- ner. Tiefere Erwerbsbeteiligung: Obwohl die Frauen heute die Hälfte des hochqualifizierten Arbeitskräftepools bilden, leisten hochqualifizierte Frauen «nur» 40 Prozent der Arbeitszeit. Der Grund liegt in ihrer tieferen Erwerbsbeteiligung: Frauen arbeiten häufiger Teilzeit oder gar nicht. Gleichheit nur bis zur Familiengründung: Auffällig ist, dass sich der Beschäftigungsgrad bei der jüngsten Altersgruppe, den 25- bis 29-Jährigen, nur minimal zwischen hochqualifizierten
5 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential Frauen und Männern unterscheidet. Erst mit Beginn der Fami- liengründungsphase öffnet sich die Erwerbsbeteiligungsschere. Der Knick im Beschäftigungsgrad der Frauen wird allerd- ings auch nach der Kleinkinderphase nicht mehr rückgängig gemacht. Mobilisierung von Fachkräftepotenzial: Weil Frauen im Schnitt einen tieferen Beschäftigungsgrad haben, führt der höhere Frauenanteil unter den Hochqualifizierten dazu, dass pro Stu- dienplatz in der späteren Berufslaufbahn weniger Arbeitsstun- den geleistet werden. Eine höhere Erwerbsbeteiligung der hochqualifizierten Frauen würde diesem Effekt entgegen- wirken und es liessen sich ohne zusätzliche Zuwanderung und entsprechende Infrastrukturkosten Fachkräfte mobilisieren. Massnahmen, die zu einer höheren Erwerbsbeteiligung der Frauen mit Hochschulabschluss führen, dienen unmittelbar der Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Schweiz. Gründe für die tiefere Erwerbsbeteiligung Problematik längerer Unterbrechungen: Die Befragung unter Hochqualifizierten zeigt: Frauen und Männer sind sich einig, dass sich längere Unterbrechungen negativ auf die Berufs- laufbahn auswirken. Die befragten Männer sind zudem der Ansicht, dass ein Erwerbspensum von über 60 Prozent nötig ist, um ihren Beruf «richtig» ausführen zu können, die hochqual- ifizierten Frauen gehen von über 50 Prozent aus. Dies zeigt: eine Erwerbsbeteiligung ohne längere Unterbrechungen bei einem substanziellen Erwerbsgrad ist bei Hochqualifizierten eine wichtige Bedingung, um den Anforderungen des Berufs gerecht zu werden. Familienfrauen und Freizeitmänner: Wenn die befragten Frauen Teilzeit arbeiten, begründen sie dies zumeist familiär, für die Teilzeit-Männer steht dagegen vermehrt das Bedürfnis nach Freizeit und Erholung im Vordergrund. Männer arbeiten weniger, weil sie das wollen, Frauen wegen der Familie und wegen ungünstiger Rahmenbedingungen. Verbeitete Unterbeschäftigung: Mehr als ein Drittel der hochqual- ifizierten teilzeitarbeitenden Frauen würden ihr Pensum er-
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 6 höhen, wenn es flexiblere und bessere Betreuungsstrukturen für Kinder geben würde. Je ein Viertel nennt bessere steuerliche Bedingungen für Zweiteinkommen bzw. finanzielle Anreize für die Fremdbetreuung von Kindern. Massnahmen für eine höhere Erwerbsbeteiligung Homeoffice als Chance: Bei den Eigenschaften des Berufs, die sich auf die Vereinbarkeit auswirken, zeigen sich kaum Ein- schätzungsunterschiede zwischen den Geschlechtern. Lange Arbeitstage, Nachtarbeit, Pikettdienste sowie unregelmässige Arbeitszeiten werden vorwiegend negativ beurteilt. Deut- liche mehr Frauen als Männer nennen jedoch flexible Ar- beitszeiten als wichtige Eigenschaft ihres Berufs. Anders als unregelmässige Arbeitszeiten, die vorgegeben sind, verbessern selbstgewählte, flexible Arbeitszeiten die Vereinbarkeit. Mehr Flexibilität entsteht auch durch Homeoffice. Die Möglichkeit von zuhause zu arbeiten, wird von 83 Prozent als positiv für die Vereinbarkeit angesehen. Massnahmen auf drei Ebenen: Es sind insbesondere die be- fragten Frauen, die grossen Handlungsbedarf für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehen. Sie setzen dabei auf drei Ebenen an: Dem Rollenverständnis zwischen Mann und Frau, den staatlichen Rahmenbedingungen, sowie beim Verständnis der Arbeitgeberschaft. 63 Prozent der befragten hochqualifizierten Frauen fänden eine Rollenverteilung zuhause hilfreich, fast ebenso viele setzen auf kostengünstigere externe Betreuungsangebote. Knapp die Hälfte würde sich durch Ganz- tagesschulen entlastet sehen sowie durch Anstrengungen von Seiten der Arbeitgeber für eine bessere Vereinbarkeit. Auch eine Einstellungssache: Die befragten Männer sehen deutlich weniger Notwendigkeit für Veränderungen zugunsten einer besseren Vereinbarkeit. Auffällig ist dabei vor allem, dass eine veränderte Rollenverteilung zuhause nur rund halb so viele Männer positiv beurteilen als Frauen. Dies zeigt die Bedeutung des Mindsets für einen Wandel und somit auch für eine Steigerung der Erwerbsbeteiligung der hochqualifizierten Frauen mit einem Hochschulabschluss.
7 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential Geschlechter- dynamik bei den Hochqualifizierten Im Rahmen der schweizerischen Arbeitskräfteerhe- bung SAKE des Bundesamts für Statistik (BFS) wer- den jährlich über 100'000 Personen befragt.1 Die SAKE erlaubt umfassende Auswertungen zur Erwerb- stätigkeit der ständigen Wohnbevölkerung. Anhand dieser Datengrundlage wird im Folgenden aufgezeigt, wie sich die Geschlechterverhältnisse in der Erwerbs- bevölkerung mit Hochschulabschluss seit 2010 ent- wickelt haben und welche Folgen dies für die Er- werbsbeteiligung hat. 2.1. ZUNAHME HOCHQUALIFIZIERTER FRAUEN Das Ausbildungsniveau in der Schweiz steigt kontinuierlich. Dies gilt jedoch für Frauen in deutlich stärkerem Ausmass als für Männer. So ist der Anteil der männlichen Erwerbs- bevölkerung mit einem tertiären Bildungsabschluss zwischen 2010 und 2019 um 8 Prozentpunkte gestiegen, jener der weib- lichen jedoch um 14 Prozentpunkte (Abb. 1). Werden nur die Personen im Erwerbsalter mit einem Hochschulabschluss (Ter- tiär A) angeschaut, ist der Anteil bei den Männern 2 von 23 auf 30 Prozent gestiegen. 1 BFS, Arbeitskräfteerhebung (SAKE) 2 Zur Stufe Tertiär A zählen Abschlüsse von Fachhochschulen, pädagogischen Hochschulen, Universitäten sowie den ETHs.
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 8 Ausbildungsniveau der Erwerbsbevölkerung (Abb. 1) SAKE 2010-2019, 25- bis 64-Jährige Frauen Männer 100% 18 19 20 22 23 23 24 25 26 26 27 Tertiärstufe A 24 25 26 28 29 28 29 30 30 (ETH, Uni, FH, PH) 75% 9 9 9 10 10 11 11 11 17 16 16 12 12 17 17 18 Tertiärstufe B 17 18 18 18 (HF, DP, FA) 50% 54 54 54 53 52 51 49 48 48 48 48 48 47 45 45 44 43 42 42 42 Sekundarstufe II 25% 18 18 17 16 14 14 14 14 13 12 12 12 12 11 11 11 11 11 11 10 Primar- Sekundarstufe I 0% 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Bei den Frauen stieg dieser Anteil von 18 auf 29 Prozent. Damit gehören heute fast ebenso viele hochqualifizierte Frauen wie Männer zur Erwerbsbevölkerung (25- bis 65-Jährige). Eine grössere Geschlechterdifferenz besteht weiterhin bei den Tertiär-B-Abschlüssen (höhere Berufsbildung). Doch auch hier hat der Anteil bei den Frauen (von 9 auf 12 %) stärker zugenommen als bei den Männern (von 17 auf 18 %) Der Frauenanteil unter den Erwerbspersonen mit Hochschula- bschluss liegt, wie gezeigt, bei nahezu 50 Prozent. Es bestehen dabei allerdings grosse Unterschiede zwischen den Fachrich- tungen. Bei den Erwerbspersonen mit einem technischen Hochschulabschluss liegt der Frauenanteil bloss bei 22 Prozent (Abb. 2). Bei den Fachbereichen Gesundheit, Bildung und Kün- ste dagegen bei rund zwei Drittel. Besonders stark zugenommen hat der Frauenanteil in den 2010er-Jahren bei den Naturwis- senschaften und dem Rechts. Dies zeigt die Heterogenität im MINT-Bereich. Während die technischen Wissenschaften noch immer sehr männlich geprägt sind, hat es bei den Naturwis- senschaften eine markante «Feminisierung» gegeben. Innerhalb von nur zehn Jahren ist der Frauenanteil bei Erwerbspersonen mit einem naturwissenschaftlichen Abschluss von 31 auf 41 Prozent gestiegen.
9 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential Entwicklung des Frauenanteils mit Tertiär-A-Abschluss (Abb. 2) SAKE 2010-2019, Frauenanteil nach Fachrichtung mit Tertiär-A-Abschluss innerhalb der Erwerbsbevölkerung (25- bis 65- Jährige) 80% 70% Gesundheit 66 Bildung und Künste 63 Geistes- und Sozialwissenschaften 60% 60 57 53 Recht 50% 48 Frauen insgesamt 44 Wirtschaftswissenschaften 42 41 40% 39 Exakte und Naturwissenschaften 31 30% 22 Technische Wissenschaften 20% 18 10% 0% 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 2.2. MARKANTE UNTERSCHIEDE IN DER ERWERBSBETEILIGUNG Die Erwerbsbevölkerung mit Hochschulabschluss in der Schweiz teilt sich heute zu gleichen Teilen auf Frauen und Män- ner auf. Dennoch besteht im durch hochqualifizierte Frauen und Männer geleisteten Arbeitsvolumen ein Geschlechterunter- schied. Dies ist eine Folge der unterschiedlichen Erwerbsbeteili- gung von Frauen und Männern. Während die Erwerbsbeteili- gung der Männer mit einem Hochschulabschluss im Durch- schnitt bei 85 Prozent liegt, hat diese bei den Frauen einen Wert von 63 Prozent (Abb. 3). Diese Prozentwerte ergeben sich aus dem durchschnittlichen Erwerbsgrad aller Personen zwischen 25 und 65 Jahren. Berücksichtigt (mit einem Wert von null)
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 10 sind dabei auch Personen, die nicht erwerbstätig sind, jedoch keine die bereits in Rente gegangen sind. Der Unterschied in der Erwerbsbeteiligung hat zur Folge, dass die hochqualifizierten Frauen nur etwas mehr als 40 Prozent des Arbeitsvolumens der Personen mit Hochschulabschluss leisten, obwohl sie fast die Hälfte der entsprechenden Erwerbsbevölkerung stellen. Erwerbsbeteiligung (Abb. 3) SAKE 2010-2019 Frauen Männer Total 90% 85 85 83 84 80% 74 73 70% 70 67 63 60% 59 55 50% 50 40% 20 0 20 1 20 2 13 20 4 20 5 20 6 20 7 18 19 20 0 20 1 20 2 20 3 20 4 15 20 6 20 7 20 8 19 20 0 11 20 2 20 3 20 4 20 5 20 6 20 7 20 8 19 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 20 20 20 20 20 20 20 Gesamt Tertiäre Die Erwerbsbeteiligung der Frauen mit Hochschulabschluss ist im Durchschnitt 8 Prozentpunkte höher als die Erwerbs- beteiligung der Frauen insgesamt (63 zu 55 Prozent). Bei den hochqualifizierten Männern besteht dagegen nur eine minimal höhere Erwerbsbeteiligung im Vergleich zu den Männern insge- samt (85 zu 84 Prozent). Im Untersuchungszeitraum zwischen 2010 und 2019 ist die Erwerbsbeteiligung der Frauen gestiegen, die der Männer ist dagegen weitgehend auf konstantem Niveau verblieben. Insgesamt hat sich die Erwerbsbeteiligung der Hochqualifizierten dennoch kaum erhöht. Dies ist eine indi-
11 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential rekte Folge der gestiegenen Frauenquoten bei den Erwerb- sperson mit Hochschulabschluss. Weil Frauen noch immer eine deutlich tiefere Erwerbsbeteiligung haben als Männer, dämpft die gestiegene Frauenquote die Erwerbsbeteiligung. Eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen mit Hochschulab- schluss wäre somit eine direkte Massnahme zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Schweiz. Sie würde dazu führen, dass pro Studienplatz in der späteren Berufslaufbahn mehr Arbeitsstunden geleistet werden. Ausserdem könnten diese Fachkräfte mobilisiert werden ohne zusätzliche Zuwanderung und entsprechende Infrastrukturkosten. Erwerbsbeteiligung nach Fachrichtung (Abb. 4) SAKE 2010, 2019 Frauen Männer Total 62 88 83 Technische Wissenschaften 69 89 84 63 88 78 Wirtschaftswissenschaften 69 88 80 Exakte und 59 85 77 Naturwissenschaften 67 87 79 62 89 73 Gesundheit 63 89 72 55 82 71 Recht 58 82 69 Geistes- und 58 79 67 Sozialwissenschaften 60 78 67 54 78 64 Bildung und Künste 57 75 63 0% 25% 50% 75% 100% 0% 25% 50% 75% 100% 0% 25% 50% 75% 100% 2010 2019 Die Erwerbsbeteiligung unterscheidet sich nach Fachrichtung der Hochqualifizierten (Abb. 4). Die insgesamt grösste Erwerb- sbeteiligung besteht bei den technischen Wissenschaften. Die tiefste im Bereich Bildung, Kunst sowie Geistes- und Sozial- wissenschaften. Besonders gross ist die Geschlechterdifferenz jedoch in den Bereichen Recht und Gesundheit. Am stärk- sten zugenommen hat die Erwerbsbeteiligung der Frauen im MINT-Bereich.
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 12 2.3. DER ERWERBSBETEILIGUNGSKNICK Die Erwerbsbeteiligung der Frauen und Männer mit einem Hochschulabschluss unterscheidet sich im Alter zwischen 25 und 29 Jahren nur geringfügig (Abb. 5). Danach öffnet sich jedoch die Schere: Während die Erwerbsbeteiligung der Män- ner zwischen 30 und 34 Jahren steigt, sinkt jene der Frauen in dieser Alterspanne. Bei den hochqualifizierten Frauen sinkt die Erwerbsbeteiligung allerdings etwas weniger stark als bei den Frauen insgesamt. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Er- werbsbeteiligungsknick, der mit der Familiengründungsphase zusammenfällt, in keiner Altersklasse wieder kompensiert wird. Erwerbsbeteiligung nach Geschlecht und Alter (Abb. 5) SAKE 2019 Frauen Männer 100% 89 90 89 88 87 80% 78 78 71 68 64 60% 60 60 60 55 40% 20% 9 4 9 4 9 4 4 9 4 9 4 9 4 4 -2 -3 -3 -4 -4 -5 -6 -2 -3 -3 -4 -4 -5 -6 25 30 35 40 45 50 55 25 30 35 40 45 50 55 Gesamt Tertiäre Auch nach der Kleinkinderphase bleibt die Erwerbsbeteiligung der hochqualifizierten Frauen vergleichsweise tief und steigt einzig zwischen 50 und 54 Jahren leicht an. Dies macht deut-
13 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential lich, dass es auch dann ein zusätzliches Beteiligungspotenzial hochqualifizierter Frauen im Erwerbsleben gibt, wenn die Kleinkindphase ausgeklammert wird. Offenbar führt eine Re- duktion der Arbeitszeit in der Familiengründungsphase jedoch dazu, dass der so eingeschlagene Pfad oftmals bis ans Ende der Berufstätigkeit beibehalten wird.
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 14 Motive und Einstellungen Der zweite Teil der Studie geht den Ursachen für die tiefere Erwerbsbeteiligung der Frauen nach und untersucht, was zu einer stärkeren Erwerbsbeteili- gung hochqualifizierter Frauen beitragen könnte. Die Auswertung stützt sich dabei auf einer bre- itgefächerten Befragung von 5789 Mitgliedern mit Hochschulabschluss der Teilverbände des SVFB.1 An dieser Befragung, an der es um spezifische Heraus- forderungen für die freien Berufe ging, wurden unter anderem eine Reihe von Fragen zur Erwerbsbeteili- gung gestellt. 3.1. WIE GROSS DIE ERWERBSLÜCKE SEIN DARF Die hochqualifizierten Befragten aus dem Bereich der freien Berufe sind sich weitgehend einig: Längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit wirken sich negativ auf die Berufslaufbahn aus (Abb. 6). Dabei unterscheiden sich die Einschätzungen zwischen Frauen und Männer nur wenig. Frauen sehen die Folgen längerer Unterbrechungen sogar noch etwas negativer als Männer. 1 Die Befragung erfolgte ausschliesslich online. Die Mitglieder wurden von ihren Teilverbänden via Newsletter und Social-Media-Kanäle aufgefordert, an der Umfrage teilzunehmen.
15 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential Unterbrechung Erwerbstätigkeit (Abb. 6) «Wie wirken sich längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit in Ihrem Beruf auf die Laufbahn Ihrer Einschätzung nach aus?» Gesamt 12 54 32 Nach Geschlecht Frauen 11 54 33 Männer 14 54 28 0% 25% 50% 75% 100% Positiv Eher positiv Gar nicht Eher negativ Negativ Nicht vollständig einig sind sich die befragten Männer und Frauen dagegen in ihrer Einschätzung, welches Erwerbspen- sum nötig sei, um den eigenen Beruf richtig ausüben zu können (Abb. 7). Die befragten Frauen gehen im Durchschnitt von 55 Prozent aus, die Männer von rund 65 Prozent. Das be- deutet, dass die Befragten insgesamt der Ansicht sind, dass ein Erwerbspensum von über 50 Prozent notwendig ist, um in den hochqualifizierten Sektoren der freien Berufe den eige- nen Beruf richtig ausüben zu können. Kleinere Teilzeitpensen genügen aus Sicht der Befragten nicht. Die unterschiedliche Ein- schätzung von Frau und Mann ist Ausdruck unterschiedlicher Berufsprofile, zeigt aber auch unterschiedliche Auffassungen von Erwerbsarbeit.
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 16 Erwerbspensum (Abb. 7) Tatsächliches Erwerbspensum: «Wie hoch ist Ihr Beschäftigungsgrad in Prozent?» Erforderliches Pensum: «Wie gross muss aus Ihrer Sicht das Arbeitspensum in Ihrem Beruf mindestens sein, damit dieser richtig ausgeübt werden kann?» Frauen Männer 105 102 100% 90 90 80 80 80% 65 66 60% 68 Tatsächliches Pensum 64 51 43 61 56 57 58 Erforderliches Pensum 50 52 40% 40 34 20% 0% 60 79 89 99 0 60 79 89 99 0 10 10 < – – – < – – – 60 80 90 60 80 90 Tatsächliches Erwerbspensum (in %) 3.2. GRÜNDE FÜR TIEFEREN BESCHÄFTIGUNGSGRAD Wie begründen es die Befragten des hochqualifizierten Beruf- sspektrums, wenn sie nicht in einem vollen Pensum arbeiten? Insgesamt stehen vor allem zwei Begründungen im Vorder- grund: Zum einen sind dies familiäre Gründe, zum anderen ist es das Bedürfnis nach Freizeit und Erholung (Abb. 8). Bei den Befragten, die weniger als 80 Prozent arbeiten, zeigen sich dabei deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während Frauen primär familiäre Gründe angeben, geht es den Männern vermehrt um Freizeit und Erholung.
17 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential Gründe, weshalb nicht höheres Pensum – nach Geschlecht (Abb. 8) «Warum ist Ihr aktuelles Erwerbsniveau nicht (noch) höher? (Mehrere Antworten möglich)» Erwerbspensum < 80 Prozent Erwerbspensum > 79 Prozent 44 70 69 75 Freizeit- und Erholungsbedürfnis 56 83 66 73 Familie / Partnerschaft 3 In Aus- / Weiterbildung 9 9 10 7 10 7 8 Fehlende finanzielle Anreize 7 11 6 7 Gesundheitssituation 0% 20% 40% 60% 80% 100% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Frauen Männer 23 Prozent der befragten Frauen sowie 18 Prozent der befragten Männer wünschen sich mehr unternehmerische Verantwortung. Welches sind die Gründe dafür, dass sie diese Verantwortung heute nicht ausüben? Fast die Hälfte von ihnen gab an, dass dies mit fehlender Förderung im Unternehmen zu tun hat (Abb. 9). Dies zeigt die wichtige Rolle der Unternehmenskul- tur für das Engagement der hochqualifizierten Arbeitskräfte. Als weiterer Grund für die nicht ausgeschöpfte Verantwor- tungsbereitschaft wird vor allem von den Frauen die fehlende Vereinbarkeit genannt. Ausserdem spielt auch hier der Aspekt der Erwerbspensums hinein: Ein Viertel der Frauen, die mehr Verantwortung übernehmen wollen, gab an, dass dazu ein höheres Pensum nötig wäre.
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 18 Gründe für nicht mehr Verantwortung (Abb. 9) «Aus welchen Gründen tragen Sie gegenwärtig nicht mehr unternehmerische Verantwortung?» 42 46 Fehlende Förderung im Unternehmen 14 Vereinbarkeit mit Familie wäre nicht gegeben 29 10 Höheres Pensum wäre erforderlich 26 22 32 Stehe am Anfang der Laufbahn 14 18 Keine entsprechende Stelle gefunden 5 10 Risiko gescheut 0% 20% 40% 60% 80% 100% Frauen Männer 3.3. WAS ZU EINER GRÖSSEREN ERWERBSBETEILIGUNG FÜHREN WÜRDE Wie gezeigt, hat der Frauenanteil bei den Erwerbspersonen mit Hochschulabschluss weiter zugenommen. Viele dieser hochqualifizierten Frauen arbeiten jedoch in einem tieferen Pen- sum als Männer mit entsprechenden Ausbildungsabschlüssen. Welche Faktoren könnten unmittelbar zu einer höheren Erwerb- sbeteiligung hochqualifizierter Frauen (und Männer) führen? Von Interesse sind dabei vor allem Personen, die weniger als 80 Prozent arbeiten. Hier fällt ein markanter Geschlechterun- terscheid auf (Abb. 10): Männer, die unter 80 Prozent arbeiten, tun dies offensichtlich unabhängig der Rahmenbedingungen. Teilzeitarbeitende Frauen dagegen gaben deutlich häufiger an, dass sie bei veränderten Rahmenbedingungen mehr arbeiten würden. Mehr als ein Drittel von ihnen gab an, das Pensum zu erhöhen, wenn es «flexiblere und bessere Betreuungsstruk- turen für Kinder» geben würde. Ein Viertel würde auf bessere steuerliche Bedingungen für Zweiteinkommen reagieren und
19 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential unmittelbar den Anstellungsgrad erhöhen. Ebenso wirksam wären finanzielle Anreize für die Fremdbetreuung von Kindern. Dies zeigt: Männer arbeiten Teilzeit, vor allem weil sie dies so wollen, bei Frauen spielen dagegen ungünstige Rahmenbedin- gungen eine wichtige Rolle. Was zur Erhöhung des Erwerbspensums beiträgt (Abb. 10) «Was würde direkt dazu beitragen, dass Sie Ihr Erwerbsniveau erhöhen? (Markieren Sie alle zutreffenden Antworten)» Erwerbspensum < 80 Prozent Erwerbspensum > 79 Prozent Mehr Flexibilität in der 9 26 15 22 Arbeitszeitgestaltung Flexiblere und bessere 9 37 13 21 Betreuungsstrukturen für Kinder Bessere steuerliche 12 10 18 Bedingungen für 25 Zweiteinkommen Finanzielle Anreize für 6 25 11 16 Fremdbetreuung der Kinder 5 15 8 14 Mehr Homeoffice möglich Grössere gesellschaftliche 5 18 3 11 Akzeptanz für Fremdbetreuung der Kinder Auftragslage / Stellenangebot 7 11 9 10 mit höherem Erwerbsniveau 0% 20% 40% 60% 0% 20% 40% 60% Frauen Männer 3.4. WAS BEI DER ARBEIT WICHTIG IST Was ist den Befragten aus dem Spektrum der freien Berufe an einer Arbeitsstelle wichtig? Auffällig ist, dass sowohl für Männer als auch für Frauen das selbstbestimmte Arbeiten an erster Stelle steht, während «festgelegte Arbeitszeiten» an let- zter Stelle zu finden ist (Abb. 11). Dies zeigt, dass ein hohes Mass an Autonomie für hochqualifizierte Personen aus den Bereichen Gesundheit, Technik sowie Wirtschaft/Recht eine
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 20 zentrale Anforderung ist. Auffällig ist, dass flexible Arbeit- szeiten insbesondere für weibliche Befragte von Bedeutung sind. Der grösste Geschlechterunterschied zeigt sich allerdings bei der Möglichkeit zur Teilzeitarbeit. Diese ist für 67 Prozent der befragten Frauen, aber nur für 34 Prozent der Männer be- deutsam. Hier wird einmal mehr das bis heute vorherrschende Mindset zum Ausdruck, dass eine Arbeitszeitreduktion zugun- sten der Familie – auch bei Hochqualifizierten – in erster Linie Frauensache sei. Relevante Stellenmerkmale (Abb. 11) «Was ist Ihnen an einer Arbeitsstelle besonders wichtig?» Selbstbestimmtes Arbeiten 86 87 Gutes menschliches Umfeld 76 84 Fachlicher Austausch 64 74 Neues Lernen 59 71 63 67 Abwechslung / Veränderung Möglichkeit zur Teilzeitarbeit 34 67 48 66 Flexible Arbeitszeiten 61 64 Fachexpertise anwenden können 52 60 Teamarbeit / geteilte Verantwortung 49 Verdienstmöglichkeiten 50 49 Gute Infrastruktur / Ausstattung 50 25 Unternehmerische Verantwortung 37 24 Führungsverantwortung 34 17 20 Aufstiegschancen 4 Festgelegte Arbeitszeiten 4 0% 20% 40% 60% 80% 100% Frauen Männer Es fällt generell auf, dass die Befragten weiche Faktoren wie ein gutes menschliches Umfeld, Abwechslung oder eben selbstbestimmtes Arbeiten weit häufiger nannten als harte
21 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential wirtschaftliche Faktoren wie Verdienstmöglichkeiten, Auf- stiegschancen und unternehmerische sowie Führungsverant- wortung. Männer nannten letzteres allerdings etwas häufiger als Frauen. 3.5. FAKTOREN FÜR DIE VEREINBARKEIT Wenn es grundsätzlich um die Vereinbarkeit von Beruf und Fam- ilie geht, gibt es eine Reihe von Faktoren, die hinderlich sind. An erster Stelle stehen für die hochqualifizierten Befragten aus dem Bereich der freien Berufe die langen Arbeitstage, die hier oftmals üblich sind (Abb. 12). Dazu kommen Nacht- und Wochenendar- beit sowie Pikett/Notfalldienste. Auswirkungen auf Vereinbarkeit (Abb. 12) «[Welche der folgenden Aspekte Ihres Berufs] wirken sich negativ auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus?», «Und was wirkt sich positiv auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus?» Teilzeitarbeit ohne weiteres möglich 91 Arbeit zuhause möglich 83 Unregelmässige Arbeitszeiten -59 19 Kein fixes Einkommen -47 Präsenzpflicht -54 Teilzeitarbeit nicht ohne weiteres möglich -65 Notfalldienste/Pikett -74 Nacht- und Wochenendarbeit -79 Stress, psychische Belastung -79 Lange Arbeitstage -88 -100% -50% 0% 50% 100% Positiv Negativ Mehrheitlich als nachteilig für die Vereinbarkeit werden auch unregelmässige Arbeitszeiten genannt. Unregelmässige Ar- beitszeiten dürfen jedoch nicht mit flexiblen Arbeitszeiten gleichgesetzt werden. Flexible Arbeitszeiten erhöhen die
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 22 Zeitautonomie und werden von zwei Drittel der befragten Frauen explizit positiv bewertet (vgl. Abb. 11). Unregelmässige Arbeitszeiten werden festgelegt und erschweren die Planung. Besonders viel Autonomie wird geschaffen, wenn Arbeit auch von zuhause aus möglich ist. 83 Prozent sehen darin einen positiven Faktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Einschätzungen unterscheiden sich nicht erheblich zwis- chen den Geschlechtern (Abb. 13). Einmal mehr wird jedoch deutlich, dass Teilzeitarbeit von Frauen als wichtiger gewertet wird als von Männern. Auswirkungen auf Vereinbarkeit (Abb. 13) «[Welche der folgenden Aspekte Ihres Berufs] wirken sich negativ auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus?», «Und was wirkt sich positiv auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus?», dargestellt ist die Bilanz Teilzeitarbeit ohne weiteres möglich 85 Arbeit zuhause möglich 74 Unregelmässige Arbeitszeiten -51 -33 Kein fixes Einkommen -53 -34 Präsenzpflicht -49 Teilzeitarbeit nicht ohne weiteres möglich -74 -49 Nacht- und Wochenendarbeit -78 Notfalldienste/Pikett -78 -69 -78-69 Stress, psychische Belastung -75 Lange Arbeitstage -85 -100% -50% 0% 50% 100% Frauen Männer
23 Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 3.6. MASSNAHMEN FÜR DIE VEREINBARKEIT Wenn es um mögliche Massnahmen für eine bessere Verein- barkeit von Beruf und Familie geht, sehen die befragten Frauen aus dem Spektrum der freien Berufe deutlich mehr Handlungs- bedarf als die Männer (Abb. 14). Dies erstaunt nicht, schliesslich geht die mangelnde Vereinbarkeit noch heute meist zu ihren Lasten. Entsprechend sind 63 Prozent der Frauen der Ansicht, dass eine geteilte Verantwortung für Haushaltsorganisation und Kinder für die bessere Vereinbarkeit hilfreich wäre. Dieser Ansicht sind jedoch nur 35 Prozent der befragten Männer. Nirgendwo ist der Einschätzungsunterschied grösser. Was würde helfen – nach Geschlecht (Abb. 14) «Was wäre Ihrer Meinung nach für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie hilfreich? (Markieren Sie alle zutref- fenden Antworten)» Geteilte Verantwortung für 35 63 Haushaltsorganisation / Kinder Kostengünstigere externe Betreuungsangebote 43 61 Einführung Ganztagesschulen 36 49 Anstrengungen von Seiten Arbeitgeber für bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und 34 48 Familie Andere gesellschaftliche Rollenbilder 24 42 Mehr finanzielle Unterstützung für Familien 34 41 Weniger Erwartungsdruck bei der 12 21 Kindererziehung Nichts davon 6 20 0% 25% 50% 75% 100% Frauen Männer Wichtig für die untersuchte Gruppe der Hochqualifizierten sind neben der internen Familienorganisation jedoch auch die staatlichen Rahmenbedingungen. Kostengünstigere externe
Hochqualifizierte Frauen – unausgeschöpftes Potential 24 Kinderbetreuung aber auch Ganztagesschulen werden oft als hilfreiche Massnahmen genannt. Immerhin 48 Prozent der befragten Frauen finden zudem, dass es mehr Anstrengungen von Seiten der Arbeitgeber für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie brauche. Die Studi- energebnisse zeigen, dass es für eine bessere Vereinbarkeit und schliesslich auch für eine grössere Ausschöpfung des Ar- beitskräftepotenzials der Hochqualifizierten in der Schweiz Anstrengungen auf drei Ebenen braucht: Gefragt sind verän- derte Rollenmuster innerhalb der Partnerschaft, verbesserte staatliche Rahmenbedingungen sowie Anstrengungen von Seiten der Arbeitgeberschaft.
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