NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München

Die Seite wird erstellt Stefan-Nikolas Kaufmann
 
WEITER LESEN
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
    Zeitschrift der LBV-Kreisgruppe München    1. Halbjahr 2017 • 2,– €
                                                       ISSN: 1614-305

                                   • Ist die Isar
                                     noch zu retten?
                                   • Interview:
                                     Manfred Siering
                                   • Alle Veranstaltungen
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
Editorial                                                1 / 2017                                                                              1

                                                                    Inhalt
                                                                    Editorial...................................................................1

                                                                    Acht Vorschläge zur Rettung
                                                                    der Isar und ihrer Natur .......................................... 2

                                                                    Die tollsten Ideen für die Münchner Isar von
                                                                    damals bis heute. Glosse zum geplanten
                                                                    Isar-Flussbad ..........................................................5

Liebe Leserin,                                                      Das LBV-Interview: Manfred Siering.......................6
lieber Leser,                                                       Die Kreisgruppe München Stadt / Land...................8

                                                                    Die Stunde der Wintervögel 2017...........................9
   unser Verbandsname LBV steht traditionell seit nun
schon 107 Jahren für den Vogelschutz. Man kann die                  Jahreshauptversammlung 2016 ...........................10
drei Buchstaben aber auch als Abkürzung für unseren                 Unterstützung durch die Rosner
Leitspruch verstehen: „Leben braucht Vielfalt.“ Diese               & Seidl-Stiftung 2016 ............................................ 11
Gewissheit ist die Antriebsfeder unserer Arbeit.
   Zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten sind wissen-              Des Pfarrers schwarze Tauben ............................12
schaftlich beschrieben. Es ist anzunehmen, dass ein                 Der Raufußkauz auf der Münchner
Vielfaches davon noch völlig unbekannt ist. Die globale             Schotterebene in der Brutsaison 2016 .................13
biologische Vielfalt scheint unermesslich. Sie ist es aber
leider nicht. Viele Arten sind inzwischen durch Lebens-             LBV bestellt den Spatz als Botschafter
raumzerstörung, Jagd und Klimawandel in ihrem Be-                   der Stadtnatur ....................................................... 14
stand bedroht. Die aktuelle Rote Liste der Weltnatur-               Starthilfe für die Neuanlage von Magerrasen ......15
schutzunion stuft ein Drittel der von ihr bewerteten Arten
als gefährdet ein. Darunter sind z. B. alle Nashornarten,           Ornithologische Naturkundliche Reisen ...............16
alle Menschenaffen und alle Großkatzen. Jede siebte                 Kurz berichtet ......................................................17
Vogelart ist gefährdet.
   Lange Jahre bestand aber zumindest die Hoffnung,                 Arbeit benachbarter Kreisgruppen .......................21
dass es den häufigen, noch nicht im Bestand gefährde-               Dachau .................................................................21
ten Arten gut geht. Der Naturschutz konzentrierte sich
deshalb auf die gefährdeten Arten. Doch seit einigen                Ebersberg .............................................................22
Jahren häufen sich jetzt die Befunde, dass auch häufi-              Erding ...................................................................23
ge Arten dramatisch in ihrem Bestand sinken. Beispiele
bei uns sind Haussperling und Stieglitz. Aber auch bei              Miesbach ..............................................................24
den Insekten belegen einzelne Studien Rückgänge der                 Naturkundliche Führungen
Biomasse um bis zu 80 Prozent – quer über alle Insek-               und Vorträge des LBV ..........................................25
tengruppen und in wenigen Jahrzehnten.
   Um diesen dramatischen Rückgang zu stoppen, ge-                  Impressum ............................................................32
nügt es nicht, einen auf Schutzgebiete beschränkten Na-
turschutz zu betreiben. In Bayern liegen 97,7 Prozent
                                                                    Landesbund für
der Fläche nicht in Naturschutzgebieten. Die Flächen-
                                                                    Vogelschutz in Bayern e.V.
nutzung auf diesem Löwenanteil Bayerns besteht größ-
tenteils aus konventioneller Land- und Forstwirtschaft,             Verband für Arten- und Biotopschutz • NABU-Partner Bayern

Siedlungen und Infrastruktur. Gerade im Raum München                Kreisgruppe München Stadt und Land
muss man feststellen, dass diese Flächennutzungen                   Klenzestraße 37, 80469 München
immer rücksichtsloser auf Kosten der Natur betrieben                Telefon: 0 89 / 20 02 70-6, Fax: 0 89 / 20 02 70-88
                                                                    E-Mail: info@lbv-muenchen.de
werden. Unsere Aufgabe ist es, Vielfalt auch in die so-
                                                                    www.lbv-muenchen.de
genannte Normallandschaft zurückbringen. Unser Ein-
satz für Wildwiesen in der Stadt, für Ackerrandstreifen,            Stammtisch
                                                                    Gasthaus Gartenstadt • Naupliastr. 2 • 81547 München
naturnahe Gärten und den Spatz ist inzwischen genau-                Jeden letzten Donnerstag des Monats ab 19 Uhr
so wichtig wie unser Kampf für die verbliebenen Schutz-             Vortragsabende
                                                                    Löwenbräukeller • Stiglmaierplatz 1 • 80335 München
gebiete und gefährdete Arten.                                       Aktuelle Termine im Veranstaltungsprogramm
   Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihre                                Naturschutzzentrum
                                                                    Klenzestr. 37, 80469 München
                                                                    Mo.–Fr. 13–18 Uhr • Tel.: 0 89 / 20 02 70-73 • Fax: 0 89 / 20 02 70-88
                                                                    Spendenkonto
                                                                    Stadtsparkasse München • Konto-Nr.: 100 107 911 • BLZ: 701 500 00
  Dr. Irene Frey-Mann, 1. Vorsitzende                               IBAN: DE40 7015 0000 0100 1079 11 • BIC: SSKMDEMM
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
Acht Vorschläge zur Rettung
der Isar und ihrer Natur
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
Isar                                                    1 / 2017                                                       3

   Naturnahe Ufer, Wegfall der Betonschwellen,
Rückkehr von Eisvogel und Wasseramsel (Titelvo-
gel dieses Heftes), europaweite Anerkennung für ein
bahnbrechendes Naturschutzprojekt – so erfolg-
reich stellte sich die Isarrenaturierung in München
noch vor wenigen Jahren dar. Inzwischen ist bei vie-
len Naturschutzfachleuten Ernüchterung eingekehrt.
   Das Wort „Renaturierung“ war für den Isarplan zwi-
schen Großhesseloher Brücke und Deutschem Muse-
um wohl zu hoch gegriffen. Anfängliche Erfolge für die
Natur sind außerdem durch die exorbitant gestiegene
Freizeitnutzung zunichte gemacht worden. Das gilt lei-
der auch für die Isarabschnitte südlich Münchens, die
ebenfalls von einzelnen Umbauten profitieren sollten.                   Komplette Rodung ohne Rücksicht auf gefähr-
Zeit also, neue praktikable Vorschläge zu machen, wie                   dete Baumarten an der Münchner Museums-
man der Isar helfen könnte.                                             insel (Februar 2015)
                                                                        Foto: Martin Hänsel

Mehr Wasser
    Restwassermenge nennt man den traurigen Wasser-
rest, der die Isar in Hochsommer und Winter noch durch-
                                                               Naturschutzgebiet Oberes Isartal
fließen darf. Siebenmal so viel Wasser bekommen die               Schutzgebiete sind gute und nützliche Einrichtungen
betonierten Seitenkanäle für die Energiegewinnung zu-          – nicht nur für die Natur, sondern auch für die Lebens-
geteilt. Bei Niedrigwasser hat man deshalb den Ein-            qualität der Menschen. Einziger Nachteil: Die Werbung,
druck, der Gebirgsfluss Isar ist nur noch ein müder Dorf-      die für solche Gebiete gemacht wird, ist katastrophal
bach. Für Fische und Wasserinsekten ist das fatal.             schlecht. Oft dringt nur der in Amtsdeutsch verfasste
Fließgeschwindigkeit und Sauerstoffgehalt sinken,              Verordnungstext an die Öffentlichkeit.
Flachwasserzonen im Uferbereich fallen trocken. Viele             Vorschlag 3: Die Behörden, die das Naturschutzge-
Kleinlebewesen und Jungfische überleben das nicht.             biet Oberes Isartal vorbereiten, sollten verstärkt auf gut
Man könnte der Isar heute ohne Energieverzicht mehr            verständliche Öffentlichkeitsarbeit setzen. Außerdem
Wasser genehmigen als früher, denn moderne Turbinen            sollten intensivere Gespräche mit Gemeinderäten und
ermöglichen bei geringeren Durchflussmengen einen              Grundstücksbesitzern geführt werden, um Vorbehalte
höheren Energieertrag.                                         diskutieren und abbauen zu können. Aber auch die
    Vorschlag 1: Die Isar sollte im gesamten Lauf mindes-      Isar-Anliegergemeinden, die das Schutzgebiet noch ab-
tens ein Drittel ihres Wassers behalten dürfen, die an-        lehnen, sollten auf die Behörden zugehen.
deren zwei Drittel kann man zur Energieerzeugung nut-
zen.                                                           Mountainbiking
                                                                  Abfahrten die Isarleiten hinunter, das Befahren klei-
Weniger Querbauwerke                                           ner Pfade im Auenbereich oder der Bau von Schanzen
   Die Isar ist eine wichtige Lebensader, die vielen Le-       und Ähnlichem im Au- oder Leitenwald machen die
bewesen vom großen Huchen bis zum winzigen schwim-             Natur der Isar kaputt. Stadt und Landkreis sind nach
menden Pflanzensamen ein Fortkommen ermöglicht.                Jahren reinen Geredes in der Pflicht, endlich die Moun-
Bleibt man im Bild, sind Wehre wie Thrombosen; sie ver-        tainbike-Route entlang beider Isarhänge zustande zu
stopfen das System und führen über kurz oder lang zum          bringen, die die Radler mit gutem ökologischem Gewis-
Kollaps des gesamten Organismus. Damit das Ökosys-             sen nutzen können.
tem Isar funktioniert, müssen langfristig alle Wehre und          Vorschlag 4: Den Mountainbikern sollte schnellstmög-
anderen Querbauwerke entweder rückgebaut oder                  lich eine Route entlang der Isar zur Verfügung gestellt
durch Seitenkanäle überbrückt werden.                          werden. Schwarze Schafe, die sich dann trotzdem nicht
   Vorschlag 2: Bei künftigen wasserbaulichen Planun-          an die Routenführung halten, müssen konsequent durch
gen müssen Wehre kritischer hinterfragt werden. Der            Bußgelder sanktioniert werden.
Rückbau muss im Vordergrund stehen. Auch noch in
das Restwasser der Isar ein Kraftwerk zu bauen, wie es         Keine Kommerzialisierung
in Baierbrunn geschehen ist, muss künftig verhindert
                                                                  Die größten 24 Biergärten in München halten über
werden.
                                                               65.000 Sitzplätze bereit. Eine ganze Reihe dieser Groß-
                                                               biergärten liegt sehr nahe an der Isar. Die Hochufer und
Am Flaucher zeigt die Isar noch ihren ursprünglichen           auennahen Uferbereiche der Isar sind dagegen noch
Charakter.                                                     weitgehend frei von kommerziellen Einrichtungen. Man
Foto: Wikimedia Commons / Rufus46                              kann kilometerweit spazieren gehen, ohne sich einmal
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
4                                                      1 / 2017                                                   Isar

         Hier haben Mountainbiker deutliche Spuren hinterlassen.                                  Foto: Manfred Siering

zwischen Stühlen und Tischen hindurchzwängen zu               sam sind Bestände der Mandel-Weide (Salix triandra),
müssen. Dadurch entsteht ein Gefühl von Freiheit, das         der Lavendel-Weide (Salix eleagnos) und der
man sonst in München nirgends mehr hat. Das sollte            Schwarz-Pappel (Populus nigra). Diese Gehölze sollten
man nicht aufs Spiel setzen. Wer verbaute und kommer-         geschützt werden. Gleichzeitig möchten aber die Was-
zialisierte Ufer lieber mag, kann ja auf die Starnberger      serbauingenieure, die für den Isarlauf zuständig sind,
Seepromenade ausweichen.                                      die Kiesbänke möglichst frei von Bewuchs halten, weil
   Vorschlag 5: Isarau und Hochufer sollten als kom-          sie einen völlig ungehinderten Hochwasserabfluss errei-
merzfreier Raum erhalten werden.                              chen wollen.
                                                                 Vorschlag 7: Man sollte vor geplanten Fällungen
Feiern und Grillen                                            einen Botaniker hinzuziehen und wertvollste Bäume und
                                                              Gebüsche schonen. Das schadet dem Hochwasserab-
   München hat 1,5 Millionen Einwohner. Im vergange-
                                                              fluss nicht.
nen Jahr zählte man 14 Millionen Gästeübernachtun-
gen. Außerdem pendeln jeden Tag über 400.000 Men-
schen nach München. Trotz dieser Zahlen gibt es               Isarplan nach Norden fortsetzen
innerhalb des Mittleren Rings keinen öffentlichen Platz,         Der Isarumbau südlich der Corneliusbrücke konnte
wo man im Freien feiern oder grillen kann – außer an          nicht alle Probleme lösen. Trotzdem war es ein wichti-
der Isar. In weiten Teilen des Stadtgebiets lässt sich        ger Schritt hin zu einem naturnäheren Fluss.
wegen der dichten Wohnbebauung daran auch nichts                 Vorschlag 8: Fortsetzung des Isarplans nach Norden.
mehr ändern.                                                  Mittelfristig sollten harte Uferverbauungen und Be-
   Vorschlag 6: Zumindest im Umfeld der neu geplanten         ton-Sohlschwellen an der gesamten Mittleren Isar von
großen Wohngebiete Freiham und München-Nordost                München bis Landshut zurückgebaut werden.
sollte auch ein großzügiger Platz zum Feiern und Gril-
                                                                 Alle lieben die Isar – wegen ihres Freizeitwertes,
len – vor allem für Jugendliche – geschaffen werden.
                                                              wegen der Natur und der Lieder und Geschichten, die
Viele Landkreisgemeinden könnten so einen Ort sogar
                                                              es über sie gibt. Und natürlich, weil es München ohne
noch in akzeptabler Nähe zum Ortszentrum einrichten.
                                                              die Isar gar nicht gäbe. Nur weil man jemanden liebt,
Ansonsten bleiben nur Appelle zum respektvollen Um-
                                                              heißt das aber nicht, dass man keine Rücksicht mehr
gang mit der Natur und die konsequente Ahndung von
                                                              nehmen muss. Ganz im Gegenteil: Liebe funktioniert nur
Vandalismus und Müllentsorgung.
                                                              in gegenseitigem Respekt. Deshalb hoffen wir bei sämt-
                                                              lichen Beteiligten auf offene Ohren für unsere Vorschlä-
Baumschutz                                                    ge, die allen Rücksicht abverlangen – auch uns Natur-
  Auf den Kiesbänken der Isar wachsen seltene und             schützern.
gefährdete Bäume und Sträucher. Besonders bedeut-                          Dr. Irene Frey-Mann, Dr. Heinz Sedlmeier
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
Isar                                                   1 / 2017                                                          5

Die tollsten Ideen für die Münchner
Isar von damals bis heute
Glosse zum geplanten Isar-Flussbad

   Münchens Geschichte ist nicht arm an großarti-             in einen bequemen und zuverlässigen Passagierdamp-
gen Ideen zur Verschönerung der Isar. Ihr krummer             fer nach München umsteigen kann.
Lauf und die unbefriedigende Lage drunt in der Au,               Die Ehre, im Jahre 1958 folgende Idee zur Umgestal-
wo sogar ein ungepflegter Birnbaum gesichtet wor-             tung der Isarauen bei Unterföhring gehabt zu haben, ge-
den sein soll, fordern kreative Köpfe in München              bührt dem Oberforstmeister Leo Freiherr von Ow. Durch
und weltweit zu immer neuen Gestaltungsvorschlä-              einen planvollen Kiesabbau sollte ein zwei Kilometer
gen heraus.                                                   langer Badesee anstatt der brachliegenden Auwälder
   Nun also ein Flussbad! Mit schwimmenden Pontons,           entstehen. Doch damit nicht genug: Durch systemati-
Sitz- und Liegeterrassen und wahrscheinlich auch mit          sche Ablagerung von Schutt und Müll würde „wie von
einem Sonnenschirmverleih, wie es sich für die nörd-          selbst“ eine Hügellandschaft zum Rodeln und Skifahren
lichste Stadt Italiens gehört. Damit steht München end-       entstehen. Eine bestechende Idee, die wahrscheinlich
gültig in einer Reihe mit New York, wo auch so ein Bad,       nur nichts wurde, weil Neider dem Freiherrn, der den
wenn auch nicht ein so schönes, geplant sein soll. East       größten Teil der Flächen besaß, die Gewinne aus Kies-
River heißt das Stadtflüsschen dort.                          abbau und Müllentsorgung missgönnten.
   Verblasst demgegenüber der Ideenreichtum vergan-              Erst Jahrzehnte später zündete wieder ein Geistes-
gener Generationen? Blicken wir einfach in der Ge-            blitz vergleichbarer Dimension: Die Idee für einen In-
schichte Münchens zurück.                                     sel-Konzertsaal wurde geboren. Es wäre wohl das –
   Schon im Jahr 1790 wollte Kurfürst Karl Theodor            nach Neuschwanstein – bedeutendste Bauwerk Bayerns
Bahnbrechendes. Mithilfe seines kongenialen Wasser-           geworden. Zerredet auch das.
baumeisters Riedl sollte ein „Strom-Directionsbau in ge-         Was lehrt uns nun die Geschichte? So viele Wage-
rader Linie“ geschaffen werden, damit die Isar endlich        mutige sind am Kleinmut ihrer Zeitgenossen geschei-
nicht mehr „vor den Thoren der Hauptstadt nur unter           tert. Irgendwann muss diese Serie ja einmal reißen,
wüsten Strecken herumwüllen muss“. Leider fiel Riedl          schließlich ist München die Hauptstadt der Kreativen –
später in Ungnade, weil er angeblich „aufs Geratewohl“        oder zumindest auf dem Weg dahin. Hochwässer, trei-
und allzu kostspielig plante.                                 bende Baumstämme, kleinliche Finanzdiskussionen und
   Unverständlicherweise erst 1918 entstand eine bril-        ein verwilderter Birnbaum werden die Neuerer deshalb
lante Planung, deren ursprünglicher Schöpfer nicht            nicht aufhalten können. Das Isar-Flussbad kommt!
mehr zu recherchieren ist. Jedenfalls stimmte der
Münchner Magistrat im Verbund mit sechs weiteren Isar-                                              Dr. Heinz Sedlmeier
städten zu. In Ismaning sollte endlich ein Hafen entste-
hen! Wo auch sonst, möchte man den Machern von da-
mals gerne in nachträglicher Bewunderung zurufen. Es          Historische Angaben und wörtliche Zitate aus:
wurde trotzdem nichts. Und beim S-Bahn-Halt in Isma-          Stankiewitz, Karl: München. Stadt der Träume. Projekte Plei-
ning fragt sich heute so mancher, warum er jetzt nicht        ten Utopien. Franz Schiermeier 2005.

Trotz vieler guter Ideen: Die Isar muss
immer noch „unter wüsten Strecken
herumwüllen“ – Hochwasser 2005.
Foto: Lehrstuhl für Wasserbau und
Wasserwirtschaft / TUM
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
6                                                            1 / 2017                                                Interview

Das LBV-Interview: Manfred Siering
   Manfred Siering, Vorsitzender der Ornithologi-                   verpflichtet, für die Wegesicherung Vorkehrungen zu
schen Gesellschaft in Bayern e. V., Stellvertretender               treffen. Sie müssten also Totholz entfernen, in dem Tau-
Vorsitzender des BUND Naturschutz München sowie                     sende von Käfer- und anderen Insektenarten – oft im
Vizepräsident der Freunde der Zoologischen Staats-                  Larvenstadium – leben. Wenn man jeden dieser Wege,
sammlung München e. V., kennt die Isar von Kindes-                  die in den letzten Jahren entstanden sind, auf diese
beinen an. Jedes Jahr stellt er in einer Vielzahl von               Weise sichern würde, müssten die verantwortlichen
Führungen, u. a. für den Landesbund für Vogel-                      Forst- und Gartenbaubehörden und die Waldbesitzer na-
schutz, Interessierten diesen einzigartigen Natur-                  hezu jedes stehende Totholz fällen.
raum vor. Er verfolgt mit Sorge, wie durch die stetig
anwachsende Freizeitnutzung die Artenvielfalt im                       Verträgt sich das mit dem Status des Oberen Isar-
Isartal bedroht wird. Unsere 1. Vorsitzende Dr. Irene               tals als europäisches Flora-Fauna-Habitat-Gebiet
Frey-Mann hat mit ihm darüber gesprochen.                           (FFH-Gebiet)?
                                                                       In FFH-Gebieten wie dem Oberen Isartal besteht ein
   Herr Siering, die Obere Isar gehört zu den letzten               Verschlechterungsverbot. Es muss immer darauf geach-
und wertvollsten Wildflusslandschaften in Deutsch-                  tet werden, dass seine schützenswerte Qualität erhal-
land. Trotzdem ist das Obere Isartal immer noch                     ten bleibt oder, falls sich die Qualität verschlechtert hat,
kein Naturschutzgebiet. Woran scheitert ein wirksa-                 sie sich auch wieder verbessern kann. Das geschieht im
mer Schutz?                                                         Isartal leider zurzeit überhaupt nicht.
   Es wundert mich selbst, dass ein wirksamer Schutz                   Die Wurzelverletzungen der Bäume sind auch nicht
für das Obere Isartal immer noch nicht zustande gekom-              das einzige Problem: Es werden Reptilien und Amphibi-
men ist. Die angrenzenden Gemeinden, also meine Hei-                en, sogar Vögel wie junge Singdrosseln totgefahren. Ich
matgemeinde Grünwald, aber auch die Gemeinde                        habe schon überfahrene Kreuzottern und eine junge
Schäftlarn, sind im Gemeinderat immer noch mit Mehr-                Schlingnatter gefunden. Die im Isartal vorkommenden
heit dagegen. Das tut mir sehr weh, weil diese Gemein-              Reptilien sind wechselwarm und sonnen sich gerne am
den ja eigentlich vom Isartal profitieren, z. B. durch die          Morgen auf den Wegen. Sie können keinesfalls recht-
Tagesgäste, die vor Ort Geld ausgeben. Da gibt es of-               zeitig fliehen, wenn ein Fahrrad mit Geschwindigkeit an-
fensichtlich Gemeinderäte, die sich nicht objektiv infor-           gefahren kommt. Auch Spitzmäuse, die wirklich schnell
mieren wollen und z. B. nach Wolfratshausen schauen,                sind, werden erwischt.
wo seit Jahrzehnten ein wunderbares Naturschutzge-                     Für die Natur ist es außerdem problematisch, dass
biet existiert, in dem kaum Einschränkungen für den Er-             auch nachts mit Scheinwerfern auf dem Helm gefahren
holungsbetrieb zu finden sind.                                      wird. Eine ökologische Vorrangfläche ist hier zum Spiel-
                                                                    platz für eine Funsportart verkommen.
   Seit 2014 sitzen Naturschutzverbände, Sportver-
bände, Grundstücksbesitzer und Behörden beim                           Das Projekt „NaturErholung Isartal im Süden von
Projekt „NaturErholung Isartal im Süden von Mün-                    München“ steht nun kurz vor dem Abschluss. Wel-
chen“ an einem Tisch, um mit dem Problem Moun-                      che konkreten Ergebnisse erwarten Sie sich davon?
tainbike umzugehen. Warum sind Mountainbiker im                     Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit dieses Arbeits-
Oberen Isartal ein Problem?                                         kreises?
   Die Mountainbiker wären eigentlich kein Problem,                    Leider hat sich nach außen hin nicht viel ergeben. Es
wenn sie auf den bestehenden Wegen geblieben wären.                 wird nach wie vor gefahren. An neuralgischen Punkten
Man muss sagen, dass der Mountainbike-Sport sehr                    wurden wenigstens vier große Schilder aufgestellt, z. B.
stark durch Werbung und Sponsoring zugenommen hat.                  an der Marienklause, an der Grünwalder Isarbrücke und
Jeder glaubt, er kann im Isartal machen, was er will.               beim Kloster Schäftlarn. Aber diese Tafeln werden kaum
Mittlerweile ist dort ein Spinnengewebe von unendlich               beachtet. Es ist auch nach Meinung vieler Radler etwas
vielen größeren oder kleineren Wegen entstanden. Da-                zu viel Text drauf, die meisten Mountainbiker fahren
durch wird der Boden verfestigt und es werden Wurzeln               daran vorbei und nehmen das Schild überhaupt nicht
durch die Zahnkränze der Fahrräder beschädigt. Man-                 wahr. Man müsste sie zur Aufmerksamkeit „zwingen“,
che Baumarten, insbesondere die Buche, sind bei Wur-                z. B. eine Schranke installieren, um sie zum Anhalten zu
zelbeschädigungen sehr empfindlich. Durch diese drin-               bringen. Es ist für mich als Naturschützer ein Drama,
gen unweigerlich Pilze ein. Danach hat selbst eine                  weil die Artenvielfalt zusehends schwindet.
mächtige Buche nur noch maximal acht Jahre zu leben.
Wenn die Mountainbiker einen neuen Weg eröffnen, der                  Seit einigen Jahren ist eine Zunahme von
immer wieder befahren wird, wird er außerdem mit der                Schlauchbootfahrten auf der Isar südlich von Mün-
Zeit breiter und muss irgendwann von den Behörden zur               chen festzustellen. Wie bewerten Sie diese Zunah-
Kenntnis genommen werden. Die Behörden sind dann                    me und ihre Auswirkung auf die Natur?
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
Interview                                                1 / 2017                                                       7

   Es gibt mittlerweile etliche kommerzielle Anbieter, die
von Tölz oder Wolfratshausen aus mit einer ganzen Ko-
lonne von Booten starten. Ob ihnen überhaupt bewusst
ist, dass sie einen einzigartigen Lebensraum nutzen und
diesen durch ihr Verhalten gefährden, weiß ich nicht.
Der Flussregenpfeifer brütet z. B. auf den Kiesbänken.
Die Leute, die dort mit ihren Booten landen, kennen sei-
nen Warnruf nicht und zertreten das Gelege. Es klärt sie
auch kaum jemand auf; die Naturschutzwacht besteht
im Landkreis Wolfratshausen aus genau zwei Isarran-
gern, die das riesige Gebiet überwachen sollen. Da be-
steht meines Erachtens auch ein Defizit von behördli-
cher Naturschutzseite.
   Außerdem sehe ich im Schlauchbootfahren auch eine
Selbstgefährdung. In der Isar liegen unter Wasser oft
verankerte tote Bäume, deren abgebrochene Äste sehr
spitz sein können. Die können schnell einmal ein Boot
aufschlitzen. Man kann in der Presse immer wieder
lesen, dass die Feuerwehr ausrücken und Leute von
Kiesbänken bergen muss.

   Immer wieder fordern Initiativen, z. B. die „Urba-
nauten“, mehr Gastronomie an der Isar. Wäre das
eine gute Möglichkeit, die Besucherströme besser
zu lenken?
   Wenn die Urbanauten da die innerstädtische Isar mei-
nen, z. B. am Deutschen Museum, dann ist es eher eine
städtebauliche Frage, ob man das genehmigt. Ich sehe
darin eine Zunahme des Rummels. Aber in den Kiesbet-
ten der Isar, am freien Fluss, sollte man wirklich nichts
zulassen.
                                                                          Dr. Irene Frey-Mann und Manfred Siering
                                                                          Foto: Susanne Lackermeier
   Welche Verhaltensregeln sollte jeder Erholung-
suchende im Oberen Isartal berücksichtigen, um die
Natur dort möglichst wenig zu stören?                           offensichtlich einer der wenigen Anwohner, die den
   Man sollte sich auf jeden Fall ruhig verhalten, man          Sachverstand dazu haben und auch die Zeit, da ich jetzt
sollte bedächtig seine Schritte setzen, nicht durchren-         im Ruhestand bin. Ich dokumentiere die Verluste und
nen oder joggen und schon gar nicht mit hoher Ge-               habe den Ehrgeiz, die Schöpfung zu erhalten und zu
schwindigkeit mountainbiken. Die Naturschützer haben            verteidigen. Ich sehe mich als Anwalt der Artenvielfalt
nichts gegen Radfahrer, die langsam fahren, die die             an der Isar; durch Führungen und Vorträge suche ich
Natur wirklich genießen oder betrachten wollen. Auch            Mitstreiter.
Schwammerlsucher gefährden die Natur nicht. Bade-
gäste sollten zu jeder Jahreszeit unbedingt an den Isar-           Wenn Sie einen Wunsch für die Isar frei hätten,
wehren die Aufstiegshilfen für Fische freihalten.               welcher wäre das?
                                                                   Ich wünsche mir, dass die Leute mehr Ehrfurcht und
   Sie sind seit Ihrer Jugend Naturschützer. Im                 Respekt vor der Natur haben, auch vor kleinen Tieren,
Kampf für die bedrohte Natur mussten Sie auch                   die sich am Boden schlängeln, die im ersten Moment
viele Niederlagen hinnehmen. Trotzdem haben Sie                 glitschig oder eklig aussehen. Ich wünsche mir, dass die
in Ihrem Engagement nie nachgelassen. Woraus                    Leute sich wieder auf ihre Wurzeln zurückbesinnen. Wir
speist sich diese Energie?                                      sind ja auch Geschöpfe, die von der Natur abhängig
   Ich liebe die Natur. Diese Liebe zur Natur oder zur Ar-      sind. Wir können die Natur nicht mit Füßen treten oder
tenvielfalt oder zu den Geheimnissen der Schöpfung –            mit unseren Geländereifen zerfahren. Die Natur gehört
wie man es auch nennen mag – ist bei mir so tief veran-         uns nicht, wir müssen sie mit ihrer Fülle und Vielfalt be-
kert, dass es mir wirklich sehr weh tut, wenn ich an eine       wahren für die nächste Generation. Ich wünsche mir,
Stelle komme, wo ein Jahr zuvor noch Leberblümchen              dass meine Mitmenschen dieses Bewusstsein entwi-
oder seltenere Pflanzen geblüht haben und man jetzt             ckeln. Davon hätte die Isar am meisten.
nur noch breitgewalzten Lehm sieht. Aus diesem
Schmerz speist sich der Ehrgeiz, etwas zu tun. Ich bin              Vielen Dank für das Gespräch.
NaturschutzReport - Ist die Isar noch zu retten? - LBV München
NaturschutzReport
8                                                          1 / 2017                                     Kreisgruppe München

Die Kreisgruppe München Stadt / Land
Vorstand der Kreisgruppe                                              Arbeitskreise
München im LBV                                                        1. Nistkästen
1. Vorsitzende                                                        Werner Reuter, Roland Schwenk, Dr. Eva Schneider
Dr. Irene Frey-Mann, Johann-Schmaus-Str. 3,                           Tel. 4 70 44 30, 0 81 02 / 8 01 09 70, 2 71 90 52
80637 München, Tel. 15 97 05 90                                       2. Fledermäuse
Stellv. Vorsitzende                                                   Dr. Irene Frey-Mann, Margarete Kistler,
Johann Leitmeier (komm. Schatzmeister)                                Tel. 15 97 05 90, 6 42 27 56, 01 77 / 6 42 27 56
Freischützstr. 17, 81927 München, Tel. 99 31 79 00                    3. Schmetterlinge
Walter Sindlinger, Schorerstr. 4,                                     Dr. Annette von Scholley-Pfab, Harald Süpfle,
81547 München, Tel./ Fax 6 97 06 43                                   Tel. 6 51 48 16, 01 78 / 3 93 13 54
                                                                      4. Naturschutzzentrum
Schatzmeisterin (Amt ruht)
                                                                      Angela Hirsch, Tel. 20 02 70 73
Angelika Stettner, Würmtalstr. 61,
81375 München, Tel. 01 72 / 8 32 14 36                                5. Messen
                                                                      Dr. Heinz Sedlmeier, Tel. 20 02 70 71
Schriftführer
Walter Sindlinger, Schorerstr. 4,                                     6. Eisvogel aktuell
81547 München, Tel./ Fax 6 97 06 43                                   Sven Hallström, Tel. 91 33 45, Fax 91 89 52

Jugend                                                                7. Natur in der Stadt
Eva Bogner, Volkartstr. 66,                                           Katharina Spannraft, Tel. 20 02 70 81
80636 München, Tel. 01 79 / 7 40 82 54                                8. Umweltbildung / BNE
                                                                      Alexandra Baumgarten, Tel. 20 02 70 82
Beisitzer
Siegfried Braun, Mainaustr. 34,                                       9. Studienreisen, Erwachsenenbildung
81243 München, Tel. 8 34 32 97                                        Werner Reuter, Dr. Eva Schneider
                                                                      Tel. 4 70 44 30, 2 71 90 52
Christine Schenkl, Stiftsbogen 144,
81375 München, Tel. 70 55 67, Fax 70 09 98 37                         10. Arten- und Biotopschutzgruppe Würmtal
                                                                      Dietlind Freyer-Zacherl, Tel. 8 57 34 91
Mitarbeiter der Geschäftsstelle                                       11. LBV-Hochschulgruppe
                                                                      Alexander Hausmann, Tel. 01 52 / 25 10 97 44
Dr. Heinz Sedlmeier (Leiter der Geschäftsstelle)
                                                                      12. Saatkrähen in München und Oberbayern
Tel. 20 02 70 71, E-Mail: h-sedlmeier@lbv.de
                                                                      Matthias Luy, Tel. 2 19 64 30 51
Dr. Sophia Engel (Stellv. Leiterin der Geschäftsstel-
                                                                      13. Ornithologie
le, Projektleitung Vogelkunde und Vogelschutz)
                                                                      Dr. Sophia Engel, Tel. 20 02 70 75
Tel. 20 02 70 75, E-Mail: s-engel@lbv.de
                                                                      14. Amphibien
Susanne Lackermeier (Verwaltung, Redaktion)
                                                                      Christian Köbele, Tel. 20 02 70 72
Tel. 2 00 27 06, E-Mail: s-lackermeier@lbv.de
Katharina Spannraft (Projektleitung Biotoppflege)
Tel. 20 02 70 81, E-Mail: k-spannraft@lbv.de                          Delegierte
Sylvia Weber (Projektleitung Artenschutz an Gebäuden)                 Edith Bachmayr, Tel. 81 23 078
Tel. 20 02 70 83, E-Mail: s-weber@lbv.de                              Herbert Bartl, Tel. 90 37 436
Alexandra Baumgarten                                                  Alicia Bilang, Tel. 35 69 546
(Projektleitung Umwelt-/Nachhaltigkeitsbildung)
                                                                      Bernd Fischer, Tel. 28 80 61 79
Tel. 20 02 70 82, E-Mail: a-baumgarten@lbv.de
                                                                      Alexander Hausmann, Tel. 0152 / 25 10 97 44
Sabine Birnbeck
                                                                      Gisela Heinz, Tel. 15 17 21
(Projekt Klimawandel und Biodiversität)
                                                                      Werner Kaufmann, Tel. 93 88 59
Tel. 20 02 70 74, E-Mail: s-birnbeck@lbv.de
                                                                      Margarete Kistler, Tel. 64 22 756, 0177 / 64 22 756
Frauke Lücke (Projekt Natur in der Stadt)
E-Mail: f-luecke@lvb.de                                               Claudia Lauscher, Tel. 70 08 84 84

Lorena Heilmaier (Projekt Spatz als Botschafter der                   Stephanie Rämisch, Tel. 66 97 23
Stadtnatur) Tel. 20 02 70 84, E-Mail: l-heilmaier@lbv.de              Horst Rehn, Tel. 64 93 011
Christian Köbele (Biotoppflege, AHP Wechselkröte)                     Werner Reuter, Tel. 47 04 430
Tel. 20 02 70 72, E-Mail: c-koebele@lbv.de                            Peter-Jürgen Schenkl, Tel. 70 55 67
Norbert Horlacher (Biotoppflege)                                      Judith Starke, Tel. 93 69 63
Tel. 01 52 / 05 85 37 24, E-Mail: n-horlacher@lbv.de                  Marianne Weber, Tel. 83 45 423
NaturschutzReport
Stunde der Wintervögel                                   1 / 2017                                                       9

Die Stunde der Wintervögel 2017
  Die Brutsaison 2016 verlief etwas schleppend,                 vier Amseln gleichzeitig. Sie notieren die höchste gleich-
viele Vögel haben spät mit der Brut begonnen. Hat               zeitig gesehene Zahl, nämlich „vier“ für die gesamte
sich das auf die Winterbestände ausgewirkt? Wie                 Stunde. Wichtig ist, dass Sie die Arten korrekt nennen,
geht es der Vogelwelt in Stadt und Landkreis? Zur               denn nicht jede „Meise“ ist eine Kohlmeise. Unsere Ar-
Beantwortung dieser Fragen bitten wir auch dieses               tensteckbriefe auf www.lbv-muenchen.de oder ein Be-
Jahr wieder um Ihre Mithilfe.                                   stimmungsbuch helfen Ihnen.
  Die Stunde der Wintervögel findet vom 6. bis 8. Ja-
nuar 2017 statt. Bitte melden Sie uns wieder Ihre Beob-         So funktioniert die Meldung
achtungen, da langfristige Zählungen wie diese Trends
                                                                   Tragen Sie Ihre Ergebnisse direkt auf unserer Ak-
aufzeigen können, die ansonsten oft zu lange unent-
                                                                tions-Homepage www.stunde-der-wintervoegel.de ein
deckt bleiben. Ihr Beitrag ist wichtig; denn je mehr Be-
                                                                oder schicken Sie uns Ihren Meldebogen per Post
obachter mitmachen, desto repräsentativer ist das Er-
                                                                (LBV-Kreisgruppe München, Klenzestraße 37, 80469
gebnis. Als Dankeschön verlosen wir hochwertige
                                                                München). Meldebögen finden Sie hier im Heft und in
Preise.
                                                                den Filialen der Hofpfisterei – außerdem besteht die
                                                                Möglichkeit zum Download von der Aktions-Homepage.
Wie zähle ich richtig?                                          Am 7. und 8. Januar sind von 10 bis 18 Uhr auch kos-
   Zählen können Sie überall im Siedlungsraum: am               tenfreie telefonische Meldungen unter 0800 / 11 57 115
Stadtrand, im Zentrum, in Gärten oder auf dem Balkon.           möglich. Ein großes Dankeschön allen Teilnehmern!
Die Beobachtungszeit beträgt eine Stunde. Notieren Sie
für jede Art die höchste gleichzeitig gesichtete Zahl, zum
Beispiel: Sie sehen einmal zwei, und dann noch einmal                                                  Dr. Sophia Engel

         Kernbeißer sind in München nicht häufig. Vielleicht haben Sie ja Glück bei Ihren Beobachtungen!
                                                                                            Foto: Dieter Hopf / LBV-Archiv
NaturschutzReport
10                                                          1 / 2017                           Jahreshauptversammlung

Jahreshauptversammlung 2016
   Am 10. Oktober begrüßte unsere 1. Vorsitzende                   vier Jahrzehnten die Treue halten und sich auf unter-
Dr. Irene Frey-Mann knapp 60 Personen zur Jahres-                  schiedlichste Art und Weise im Verband engagieren: als
hauptversammlung des LBV München, darunter Vor-                    Spatzenpatin, als Lehrkraft, die die LBV-Sammelwoche
stände, Delegierte, Aktive, Mitarbeiter, Unterstützer              an ihrer Schule organisiert, als Helfer in der Biotoppfle-
und Freunde unserer Kreisgruppe.                                   ge, bei Veranstaltungen und Kartierungen, als Kinder-
   Allen Gästen stellte sie in einem bebilderten Vortrag           gruppenleiterin oder als großzügiger Spender. Frau Dr.
die diversen Aktivitäten der Geschäftsstelle sowie der             Frey-Mann überreichte allen eine Urkunde und die Eis-
zahlreichen ehrenamtlich geführten Arbeitskreise in den            vogel-Anstecknadel in Bronze, Silber oder Gold und
vergangenen Monaten vor. Nach dem Finanzbericht des                dankte ihnen für ihre wertvolle Unterstützung.
kommissarischen Schatzmeisters Johann Leitmeier folg-                 Eine besondere Ehrung erhielt Elfriede Höchner, die
te der Bericht des Kassenprüfers Werner Kaufmann, der              nach vielen Jahren in verschiedenen Ehrenämtern mit
auf Grundlage der letzten Kassenprüfung die Entlastung             einem Blumenstrauß und einer Dankesrede verabschie-
des Vorstands empfahl. Dem kamen die anwesenden                    det wurde (siehe auch Seite 20). Nach den Ehrungen
stimmberechtigten Mitglieder nach. Anschließend ging               ließ man den Abend bei anregenden Gesprächen aus-
man zum feierlichen Teil des Abends über, der Ehrung               klingen.
von langjährigen Mitgliedern, die uns zum Teil schon seit                                            Susanne Lackermeier

         Gruppenbild aller geehrten Mitglieder v.l.n.r.: Manfred Seifert, Maria Maurer, Wilhelm Maurer, Fritz Kisl, Inge-
         borg Zöppritz, Eckhart Hermann, Andreas Mayer, Doris Keymer, Dr. Irene Frey-Mann, Barbara Krause, Ulle
         Dopheide, Cornelia Hänig, Alicia Bilang, Lorena Mietzner, Heinz Brachvogel, Manfred Siering, Klaus Bucher.
                                                                                                     Foto: Sabine Birnbeck

                   Ansprechpartner für:
      Verletzte Fledermäuse, Meldung von Quartieren
      München-Nord: Dr. Irene Frey-Mann,
                                                                       Freising: Alfons Aigner, Ismaninger Str. 84,
                                                                       85356 Freising, Tel. 0 81 61 / 9 44 93
      Johann-Schmaus-Straße 3, 80637 München,                          Interessenten für Nistkasten-Betreuung
      Tel. 0 89 / 15 97 05 90                                          Werner Reuter, Tel. 0 89 / 4 70 44 30
      München-Süd: Margarete Kistler, Arnpeck-                         Meldung von Schlupfwinkeln
      straße 7, 81545 München, Tel. 0 89 / 6 42 27 56                  von Mauersegler, Spatz & Co.
      München-Ost: Charlotte Moes, Tel. 01 74 / 3 34 19 78             Sylvia Weber, Tel. 0 89 / 20 02 70 83
NaturschutzReport
Ruth Rosner                                                 1 / 2017                                                             11

Unterstützung durch die
Rosner & Seidl-Stiftung 2016
   Auch 2016 wieder konnten sowohl die Biotoppfle-                 Wieder 1.000 neue Biotop-Forscher
ge als auch die Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung
                                                                      Auch das Umweltbildungsprojekt „Junge Biotop-For-
in München auf die Förderung von Ruth Rosner und
                                                                   scher“ wurde von ihr 2016 erneut gefördert. 1.000
ihrer Rosner & Seidl-Stiftung zählen.
                                                                   Münchner Schülern mehr ermöglichte sie damit sinnli-
   Vor allem die Biotoppflege könnte nicht so professio-
                                                                   che und zugleich lehrreiche Erlebnisse in der Natur – für
nell ihre Arbeit verrichten, wenn sie nicht bereits seit vie-
                                                                   die jungen Bewohner unserer Millionenstadt keine
len Jahren von Frau Rosner unterstützt würde. 2016
                                                                   Selbstverständlichkeit! Die Eindrücke, die die Kinder von
flossen ihre Spenden einerseits in die Instandhaltung
                                                                   den LBV-Biotopen und dem anschließenden Projekttag
des auf ökologische Mahd ausgerichteten Maschinen-
                                                                   an ihrer Schule mit nach Hause nahmen, werden sicher
parks. So gewährleisten wir die bestmögliche Pflege von
                                                                   nachwirken.
Naturschutzflächen. Andererseits konnten wir auch wie-
                                                                      Auch in ihrem Namen bedanken wir uns herzlich für
der insgesamt drei Feste und Exkursionen für unsere
                                                                   die großartige Unterstützung bei Ruth Rosner und der
freiwilligen Biotoppflegehelfer ausrichten – die ange-
                                                                   Rosner & Seidl-Stiftung.
messene Würdigung von ehrenamtlichem Engagement
liegt Frau Rosner ebenso wie uns seit jeher am Herzen.                        Katharina Spannraft, Alexandra Baumgarten

          Das ehrenamtliche Helferteam der Biotoppflege, hier beim offensichtlich vergnüglichen Ausflug im Eglinger
          Filz, sagt Danke.                                                                    Foto: Katharina Spannraft

                                   Kampagne von LBV und Sellgreen zum Handyrecycling
                                           Handys bestehen aus wertvollen Rohstoffen, die recycelt werden können.
                               Bitte nicht wegwerfen! Zusammen mit unserem Partner Sellgreen bieten wir zwei Möglichkeiten,
                                                      sich vom alten Handy zu trennen. Die Natur profitiert:
                                               • Auf der www.sellgreen.de können Sie Ihr altes Handy verkaufen
                                                             und den Ertrag dem LBV spenden oder
                                                  • Sie geben Ihr altes Handy in unserem Naturschutzzentrum,
                                            Klenzestraße 37, 80469 München ab (geöffnet Mo. – Fr., 13 – 18 Uhr).
                               Für jedes Handy erhalten wir ca. 2 € für unsere Arbeit im Arten- und Biotopschutz. Vielen Dank!
NaturschutzReport
12                                                      1 / 2017                                         Vogelporträt

Des Pfarrers schwarze Tauben
   Im Winter schließen sie sich gerne den Saat- und
den Rabenkrähen an, die in großen Schwärmen die
städtischen Parks bevölkern. Ein helles, schnalzen-
des „Kjack, kjack!“ zeigt dann an, dass Dohlen im
Schwarm der schwarzen Rabenvögel mitfliegen.
Doch außer in Winterschwärmen sieht man die tau-
bengroßen Schwarzfräcke selten in München, denn
es mangelt an Brutplätzen und Nahrung.
   Früher fanden Dohlen in fast jedem Kirchturm Nist-
möglichkeiten. So eng war die Bindung, dass sie den
kleinen Rabenvögeln den Spitznamen „des Pfarrers
Tauben“ eingetragen hat. Hoch vom Dach blickten sie
mit ihren hellgrauen Augen auf Kirchgänger und Fried-
hofsbesucher herab, ließen auch schon einmal Stöck-
chen auf die Gräber fallen und machten sich dadurch
allgemein unbeliebt. Mittlerweile sind fast alle Fenster-
öffnungen und Nischen vergittert – und die Dohlen aus
dem Münchner Stadtbild verschwunden. Das ist nicht
nur aus Gründen des Artenschutzes zu bedauern, son-
dern macht das Stadtleben auch um einiges langweili-
ger. Nur noch in Solln, an der Kirche St. Johann Baptist
und an der Apostelkirche brüten sie noch mit wenigen
Paaren erfolgreich.
                                                                        Neue Brutplätze für die Dohle im Kirchturm von
Vögel mit Sozialkompetenz                                               St. Andreas in Kirchheim bei München
                                                                        Foto: Dr. Sophia Engel
   Dohlen sind nicht gern allein, als Schwarmvögel su-
chen sie die Gesellschaft von Artgenossen oder Ver-            sichter individuell unterscheiden können. Je nach den
wandten wie Saat- und Rabenkrähen. Es wird ununter-            vorangegangenen Erfahrungen mit einer Person re-
brochen kommuniziert, gestritten und geschnäbelt; das          agierten die Dohlen bei erneuter Begegnung defensiv
Beobachten dieser Interaktionen kann ungemein unter-           oder neugierig.
haltsam sein. Gemeinsam wird nach Nahrung gesucht
und geschlafen und gemeinsam werden rasante Flug-              Neuer Wohnraum für Dohlen
spiele um Bäume und Kirchtürme aufgeführt. Auch das
                                                                  Im Landkreis München geht es den Dohlen insgesamt
Familienleben ist sehr auf Gemeinschaft ausgerichtet:
                                                               noch besser als in der Stadt. In Schäftlarn, in Dinghar-
Paare bleiben jahrelang zusammen, die Treue überdau-
                                                               ting und in Sauerlach fliegen sie noch um die Dächer
ert selbst Phasen mit schlechtem Bruterfolg, was in der
                                                               und stochern in den Wiesen nach Nahrung. Auch in
Vogelwelt selten ist. Das soziale Leben von Dohlen hat
                                                               Feldkirchen und Aschheim brüten einzelne Paare, doch
schon Konrad Lorenz zu wissenschaftlichen Beobach-
                                                               hier ist die Wohnungsnot groß. Gegen einen Turmfalken
tungen inspiriert, und noch immer ist es ein dankbares
                                                               ziehen die Dohlen in Aschheim öfters den Kürzeren. Da
Thema für Ornithologen. So fanden Forscher der Uni-
                                                               kam es gerade recht, dass der Pfarrer von St. Andreas
versitäten Cambridge und Exeter heraus, dass Dohlen
                                                               in Kirchheim ein offenes Ohr und ein großes Herz für
nicht nur Artgenossen, sondern auch menschliche Ge-
                                                               unser Anliegen hatte, ein Wohnungsbauprogramm für
                                                               Dohlen im Osten Münchens aufzulegen. Ein interessier-
                                                               ter Architekt, ein zupackender Schreiner und eine eh-
                                                               renamtliche Brutplatzbetreuerin waren mit von der Par-
                                                               tie und sorgten im Zuge der Renovierung Ende 2015
                                                               dafür, dass sechs Dohlen-Nistkästen und ein Turmfal-
                                                               ken-Kasten passgenau im Kirchturm angebracht wur-
                                                               den. Dort können die Vögel nun ungestört und mit Got-
                                                               tes Segen ihre Jungen aufziehen. Zwei Dohlenpaare
                                                               haben das Angebot schon für sich entdeckt und genutzt.
         Meistens sieht man Dohlen zu zweit, denn die          Wir sind gespannt, wann die letzten der neuen Wohnun-
         Paarbindung ist eng und dauerhaft.                    gen bezogen werden.
         Foto: Z. Tunka / LBV-Archiv                                                                 Dr. Sophia Engel
NaturschutzReport
Raufußkauz                                                1 / 2017                                                    13

Der Raufußkauz auf der Münchner
Schotterebene in der Brutsaison 2016
  Im NaturschutzReport 1/2015 stellte ich die Frage,             Die fünf großen Waldgebiete
ob der Raufußkauz auf der Münchner Schotterebe-
ne wieder im Aufwind sei. Die Frage konnte seiner-
                                                                 im Einzelnen
zeit nur unter Vorbehalt mit „Ja“ beantwortet wer-                  Im Ebersberger Forst konnten nur noch an zwei
den. Die Brutsaison 2015 bestätigte den „Aufwind“                Stellen im Forstrevier Ingelsberg singende Männchen
nicht: Die Zahl der Bruten ging im Vergleich zu 2014             verhört werden. Eine Brut entstand nicht.
von 15 auf 10 zurück. (Die Zahlen enthalten nicht die               In den Forsten südöstlich Vaterstetten wurden zwei
vom Autor nicht betreuten Gebiete Höhenkirchener                 Bruten in Schwarzspechthöhlen und drei in Nistkästen
und Deisenhofener Forst.)                                        entdeckt. Die zweite Höhlenbrut begann erst gegen den
                                                                 20. Mai in einer Höhle, in der zuvor der Schwarzspecht
                                                                 gebrütet hatte. Die früh begonnene Nistkastenbrut
Verlauf der Brutsaison 2016                                      wurde vermutlich wegen einer Störung durch den Baum-
    Sie verlief anders als in den Jahren zuvor: Die Balzak-      marder aufgegeben. Eine der beiden später begonne-
tivität zu Beginn der Saison war sehr verhalten. Von den         nen Nistkastenbruten war erfolgreich.
bekannt gewordenen Bruten wurde weniger als die Hälf-               Der Hohenbrunner Forst ist im Vergleich der kleins-
te im März begonnen, und zwar erst in der zweiten                te, aber erfolgreichste Forst auf der Schotterebene. Auf
Märzhälfte – trotz des vorangegangenen milden Win-               sechs km² fanden vier erfolgreiche Bruten mit 22 flüg-
ters. Anfang April entstand der Eindruck, als ob die             gen Jungen statt. Der Raufußkauz profitiert hier von der
Balzaktivität der Raufußkäuze schon vorüber sei. Die             Abwesenheit des Waldkauzes und des Baummarders.
späteren Bruten begannen „insgeheim“, ohne vorherige                Im Hofoldinger Forst war die Tragik der Bruten groß.
Ankündigung durch Gesangsaktivität, waren also nicht             Von drei Bruten in Schwarzspechthöhlen war nur eine
zu erwarten. Die Brutbereitschaft in den einzelnen Wald-         erfolgreich. Die beiden anderen wurden wegen Wasser-
gebieten der Schotterebene war ungewöhnlich unein-               einbruch bei Dauerregen aufgegeben. Auch von den drei
heitlich: Gut in der „Mitte“ (Hohenbrunner Forst und Ho-         Nistkastenbruten war nur eine erfolgreich. Eine fiel dem
foldinger Forst), schwächer werdend zu den „Rändern“             Marder zum Opfer, eine dritte Kastenbrut erfuhr ein ge-
im Osten und Westen hin (Ebersberger Forst und Fors-             waltsames Ende, als sich der Holzkasten aus der Ver-
tenrieder Park). Die im April und Mai begonnenen Bru-            ankerung im Trägerbaum löste und abstürzte.
ten waren mit durchschnittlich sechs Jungen erfolgrei-              Im Forstenrieder Park war nur geringe Balzaktivität
cher als die früher begonnenen Bruten. Das besonders             zu beobachten. Es konnte nur eine Brut in einer
2012 zu beklagende Missverhältnis zwischen den Zah-              Schwarzspechthöhle registriert werden, direkt benach-
len der Männchen und Weibchen bestand nicht mehr.                bart zu der im Vorjahr benutzten Höhle, die von einem
Es blieben vergleichsweise wenige Männchen unver-                Eichhörnchen belegt war.
paart. Die kontrollierten Weibchen waren alle unberingt.            Fazit: Mit zehn Bruten in Nistkästen und sechs in
                                                                 Schwarzspechthöhlen wurden insgesamt 16 Bruten
                                                                 nachgewiesen. Dieses Ergebnis ist zahlenmäßig mit
                                                                 2014 vergleichbar. Einige zusätzliche Befunde aus 2016
                                                                 (vgl. oben) legen jedoch nahe, dass sich der Aufwind für
         Zwei unterschiedlich alte Raufußkauz-Nestlinge          die Population auf der Schotterebene verstetigt hat.
         einer Sechser-Brut im Hofoldinger Forst
                                                                                                           Helmut Meyer
         Foto: Geronimo Heibl
NaturschutzReport
14                                                         1 / 2017                         Artenschutz an Gebäuden

LBV bestellt den Spatz als
Botschafter der Stadtnatur
   Durch zunehmendes Wachstum der Städte mit
Versiegelung und Überbauung artenreicher Stadt-
brachen geht die städtische Artenvielfalt zurück.
Immer mehr ehemals häufige tierische Stadtbewoh-
ner werden zur Seltenheit. Zu dieser Gruppe gehört
auch der tierische Stadtbewohner schlechthin: der
Spatz.
   Da er schon lange nicht mehr von allen Dächern
pfeift, hat ihn der LBV jetzt als „Botschafter der Stadtna-
tur“ bestellt. Der Verband erfährt dabei Unterstützung
aus dem bayerischen Staatsministerium für Umwelt und
Verbraucherschutz.

Startschuss
   Am 4. Juli 2016 startete Umweltministerin Ulrike
Scharf offiziell das Artenhilfsprojekt „Natur in der Stadt“.
Am Beispiel des Haussperlings will der LBV in seinem
Projektteil auf die bedrohliche Lage vieler typischer Vo-
gelarten der Städte aufmerksam machen. Neben der                         Dr. Norbert Schäffer und Umweltministerin Ulri-
Entwicklung von Artenschutzmodulen und deren Umset-                      ke Scharf beim Startschuss zum Projekt „Natur
zung soll ein Netzwerk von Naturschützern in den gro-                    in der Stadt“
ßen bayerischen Städten aufgebaut werden, die durch                      Foto: Dr. Sophia Engel

ihre Beratung bei Bauvorhaben und der Planung von
Grünanlagen das Überleben von Spatz und Co. in den
wachsenden bayerischen Städten sicherstellen.

                                             Sylvia Weber

  Das Tierbeobachtungshaus des LBV in Aschheim kann ganzjährig besichtigt werden, allerdings nur nach telefo­
  nischer Vereinbarung, weil das Tierbeobachtungshaus eingezäunt ist, damit sich die verschiedenen Tierarten un­
  gefährdet und ungestört in ihren Behausungen einrichten und wohlfühlen können. Tel.: 0 89 / 9 03 74 36, Herbert Bartl.
NaturschutzReport
Biotoppflege                                           1 / 2017                                                        15

Starthilfe für die Neuanlage
von Magerrasen
   Die Münchner Heiden sind Hotspots der Artenviel-
falt. Der Landesbund für Vogelschutz stellt Bürgern
und Planern nun kostenloses Samenmaterial zum
Erhalt und zur Verbreitung dieses typischen Münch-
ner Lebensraumes bereit.
   Kalkschotterheiden sind ursprüngliche Lebensräume
auf den kargen Böden der Münchner Ebene. Die dort le-
benden Pflanzen- und Tierarten kommen mit Nähr-
stoffarmut bestens zurecht und mögen es warm und tro-
cken. Zu den sogenannten Magerrasen zählend,
gehören die Heiden zu den artenreichsten Lebensräu-
men in unserer Region. Doch diese werden durch Be-
bauung und Überdüngung immer seltener. Mit dem seit
                                                                        Kiesrohboden bildet die Grundlage für Mager-
mehr als zehn Jahren laufenden LBV-Biotoppflegepro-                     rasen.
jekt sorgen wir für den Erhalt von Heideflächen in Mün-                 Foto: Frauke Lücke
chen, wie zum Beispiel auf der Langwieder und der Al-
lacher Heide.                                                 Tipps zum Gelingen
                                                                 Die Entwicklung eines Magerrasens braucht Zeit. Es
Erst Erhalt, dann Verbreitung                                 kann Wochen dauern, bis Keimlinge zu sehen sind.
   Nun geht der LBV München einen Schritt weiter und          Wichtig für das Gelingen der Ansaat ist die Pflanzzeit,
stellt Samenmaterial für die Neuanlage von Magerrasen         am besten eignet sich das späte Frühjahr. Als Unter-
oder zur Anreicherung artenarmer Magerwiesen im               grund sollte ein nährstoffarmes, kalkhaltiges Substrat
Raum München zur Verfügung. Gefördert durch das Re-           (z. B. Kiesrohboden) gewählt werden, wie es der Münch-
ferat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt          ner Schotterebene entspricht. Zudem sollte der Stand-
München, wurde Samenmaterial von LBV-Pflegeflächen            ort besonnt sein. Wer einen Magerrasen anlegt, muss
geerntet und ausgedroschen. Durch die Bereitstellung          sich auch dessen Pflegeansprüche bewusst sein. Jäten
des kostenlosen Druschguts soll die Verbreitung gebiets-      von Baumkeimlingen und eine jährliche Pflegemahd sind
heimischer Pflanzenpopulationen vorangetrieben und            nötig, um ihn zu etablieren und dauerhaft zu erhalten.
die regionale genetische Vielfalt bewahrt werden.             Sein Bild wandelt sich während der mehrjährigen Ent-
   Bedingung für den Bezug des Druschguts ist, dass           wicklungszeit ständig. Studien zeigen, dass es drei bis
die Maßnahme nicht behördlich vorgeschrieben wurde,           vier Jahre dauert, bis sich die Magerrasenarten gegen-
wie dies etwa bei Ausgleichsflächen der Fall ist. Denk-       über den Ruderalarten durchsetzen. Die Vegetationsde-
bar ist etwa die Anlage eines Magerrasens im Außenbe-         cke schließt sich erst nach einigen Jahren. Für eine
reich eines Neubauprojekts oder gar die Umwandlung            schnelle Begrünung eignet sich diese Pflanzengesell-
einer Rasenfläche im Privatgarten. Kosten entstehen le-       schaft daher nicht.
diglich für den Versand und die Vorbereitung für die
Handaussaat, das Druschgut selbst ist kostenlos.              Ihr Beitrag zur Artenvielfalt
                                                                 Wer das Experiment wagt, wird mit einem blütenrei-
 Das Druschgut enthält Samen verschiedenster Gräser           chen Mosaik belohnt, das von zahlreichen Hummeln,
 und Kräuter.                                                 Schmetterlingen und Käfern belebt wird. Durch die An-
 Foto: Gisela Heinz                                           lage eines Magerrasens unterstützen Sie den Erhalt
                                                              eines einzigartigen und gefährdeten Lebensraumes. Ar-
                                                              tenreicher geht es kaum. Schon ein paar Quadratmeter
                                                              im Garten leisten einen wertvollen Beitrag zur ökologi-
                                                              schen Vielfalt. Informationen zum Bezug des kostenlo-
                                                              sen Druschguts erhalten Sie unter Tel. 089 / 200 270 81
                                                              oder k-spannraft@lbv.de.

                                                                                                   Katharina Spannraft

                                                              Literatur: Brackel, Wolfgang v.: Neuanlage von Magerrasen.
                                                              ANLiegen Natur 34, 2010. S. 9 – 24.
NaturschutzReport
  16                                                          1 / 2017                                Naturkundliche Reisen

  Ornithologische Naturkundliche Reisen 2017
                                      Vogelwelt an der Isarmündung 31. März / 1. April 2017
                 Exkursion in die Auwälder der Isarmündung bei Moos / Plattling zur Zeit des Blaukehlchen-Gesangs.

                           Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 18. – 24. April 2017
    Reise von Husum / Arlauschleuse (Quartier) aus durch den Beltringharder Koog, das Katinger Watt, zum Westerhever Sand
                                   und nach Hallig Hooge auf Vogelbeobachtung zur Zugzeit.

                                          Nationalpark Neusiedler See 7. – 13. Mai 2017
        Reise zur besten Beobachtungszeit nach Illmitz (Quartier) durch die Gebiete am Ostufer des Neusiedler Sees (mit dem
          Fahrrad), in den ungarischen Fertö-Hansag-Nemzeti-Nationalpark sowie zum Thenauriegel am Südufer des Sees.

                                            Vogelwelt am Chiemsee 19. / 20. Mai 2017
                       Exkursion in das Naturschutzgebiet der Achemündung am Südostufer des Chiemsees.

                               Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe 28. Mai – 3. Juni 2017
  Reise von Lenzen (Quartier) aus in die Fluss- und Auenlandschaften der Elbe (teilweise mit dem Fahrrad), ins Rambower Moor,
                                 zur Wanderdüne bei Dömitz und in die Storchenstadt Rühstädt.

                                        Nationalpark Berchtesgaden 16. – 19. Juli 2017
         Exkursion durch den Zauberwald und zur legendären Hindenburglinde am Soleleitungsweg, Wanderung zur Bindalm,
        zum Hirschbichl durchs Klausbachtal, durch Wimbach-Klamm und Wimbach-Gries mit Blick auf den Watzmann und zur
                                                  Königsbachalm auf dem Jenner.

                                      Vogelschutzgebiet Unterer Inn 22. / 23. September 2017
       Exkursion durch eines der bedeutendsten Vogelschutzgebiete Mitteleuropas von Simbach/Inn, entlang der Inn-Dammwege
                                                und von Beobachtungstürmen aus.

                             Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft 1. – 7. Oktober 2017
                 Reise von Prerow / Darß aus zum Kranichzug mit Blick auf die Vogelinsel Kirr und Pramort / Zingst.

                                      Nationalpark Hainich 30. Oktober – 4. November 2017
         Reise von Kammerforst aus in die Spätherbstlandschaft der Buchenwälder des Thüringer Nationalparks, auch aus der
                                               Perspektive des Baumkronenpfades.

                             Organisation und Leitung: Werner Reuter und Dr. Eva Schneider
  Postfach 86 06 68 • 81633 München • 089 / 470 44 30 • Fax: 089 / 470 93 21 • E-Mail: wreuter@t-online.de • www.munaris.de

   Entspannt einkaufen im
 LBV-Naturschutzzentrum
                                 Klenzestraße 37, neben dem Gärtnerplatztheater, Tel.: 089 / 200 270-73
                                                                  Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 13 – 18 Uhr

                                 • Vogel- & Igelfutter
                                 • Nisthilfen und
                                   Futterhäuser
                                 • CDs und DVDs
                                 • Fachbücher
                                   und Broschüren
                                 • Geschenkartikel                                                    B. Helbig
                                 • und vieles mehr
                   Vivara
                                                                                                                              Neudo
                                                                                                                                   rff

  Wählen Sie aus 2.000 Artikeln für den Naturschutz in aller Ruhe das Passende aus.
      Ein freundliches und kompetentes Team steht Ihnen beratend zur Seite.
                          Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

TIPP!
                            Informieren Sie sich über unser umfangreiches Angebot an Nistkästen
                            für Kohlmeise, Blaumeise, Haussperling & Co. – für unsere gefiederten
                            Freunde eine Notwendigkeit, für Sie eine Freude!
NaturschutzReport
Kurz berichtet                                           1 / 2017                                                        17

   KURZ BERICHTET • KURZ BERICHTET • KURZ BERICHTET
LBV-Kreisgruppe München: ein ausgezeichneter Lernort
   Auf dem ersten nationalen Agendakongress BNE am
11. Juli 2016 in Berlin verliehen Prof. Dr. Johanna
Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung,
und Prof. Dr. Verena Metze-Mangold, Präsidentin der
Deutschen UNESCO-Kommission, die Auszeichnungen
für gute Beispiele gelebter Bildung für nachhaltige Ent-
wicklung (BNE) an Kommunen, Lernorte und Netzwer-
ke. Die LBV-Kreisgruppe München wurde in diesem
Rahmen für die vorbildliche interdisziplinäre Umsetzung                     Projektleiterin für Umwelt- und Nachhaltigkeits-
von BNE-Arbeit als Lernort ausgezeichnet. Auch, dass                        bildung Alexandra Baumgarten (2.v.l.) nimmt für
unser Arbeitsalltag zu einer nachhaltigen Entwicklung                       die KG München die Glückwünsche entgegen.
beiträgt, eine enge Zusammenarbeit mit Schulen und                          Foto: Thomas Koehler/photothek.net
anderen Bildungseinrichtungen stattfindet, der LBV
München in verschiedenen Netzwerken engagiert ist               freuen uns sehr über die Wertschätzung unserer Arbeit,
und so zur strukturellen Verankerung von BNE in                 die sich in diesem Preis widerspiegelt!
Deutschland beiträgt, führte zu der Auszeichnung. Wir                                           Alexandra Baumgarten

Gemeinsam Boden gewinnen – Projektrückblick
   Unserer Einladung, am vom Bayerischen Staatsmi-              ten Projekt teilzunehmen,
nisterium für Umwelt und Verbraucherschutz geförder-            sind erfreulich viele Men-
                                                                schen gefolgt. Vor allem die
                                                                teilnehmenden minderjährigen Flüchtlinge profitierten
                                                                von den Workshops, in denen sie manches über den
                                                                biologischen Anbau von Gemüse oder über unsere hei-
                                                                mischen Wildfrüchte und -pflanzen und deren Nutzung
                                                                lernten. Die Erfahrungen, die sie dabei sammeln konn-
                                                                ten, helfen ihnen, „Boden zu gewinnen“ und darüber hi-
                                                                naus aktiv zum Schutz des Bodens, einer für uns alle le-
                                                                benswichtigen Ressource, beizutragen. Vielen Dank an
                                                                all die Menschen, die so engagiert am Projekt mitgewirkt
                                                                haben. Übrigens finden sich einige Tipps zum Bodener-
                                                                halt, die von ihnen erarbeitet wurden, noch eine Zeit
         Nicht nur diese Pflanzen, die im Rahmen eines
                                                                lang im Netz: www.lbv-muenchen.de/natur-erleben/ge-
         Workshops angepflanzt wurden, haben dank
         des Projekts erste Wurzeln geschlagen.                 meinsam-boden-gewinnen.
         Foto: Alexandra Baumgarten                                                             Alexandra Baumgarten

Jubiläums-Herbstfest: 10 Jahre Naturkindergruppen
   Eine Dekade ist es her, dass der LBV München in Zu-          pen, ihren Eltern sowie den ehren-
sammenarbeit mit der Inhaberin der Hofpfisterei, Mar-           amtlichen GruppenleiterInnen mit
garetha Stocker, das Konzept für die LBV-Naturkinder-           einem Apfelfest. Die Besucher
gruppen entwickelte (siehe letztes Heft). Das                   konnten verschiedene Apfelsorten
zehnjährige Bestehen unserer Gruppen feierten wir im            probieren, Saft pressen, am Lager-
Schulhof der Bernaysschule gemeinsam mit Frau Sto-              feuer Bratäpfel zubereiten, Duft-
cker, Dr. Christoph Goppel vom Bayerischen Staatsmi-            säckchen füllen, leckere Apfelku-
nisterium für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulle Dop-           chen und frische Smoothies kosten
heide (als LBV-Umweltbildner damals Wegbereiter des             und erfuhren Wissenswertes über den Pfarrer Korbini-
Projekts), den Kindern und Jugendlichen unserer Grup-           an Aigner und die von ihm gezüchtete Sorte „Korbini-
                                                                ansapfel“. Zudem gab es einen Malwettbewerb; die
                                                                sechsjährige Siegerin Helen gewann einen wunderschö-
                                                                nen Apfelbaum – natürlich der Sorte Korbinian!
                                                                                                   Alexandra Baumgarten
                                                                Foto: LBV
Sie können auch lesen