Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - forumKirche
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Alleine leben Editorial Es ist gut so, wie es ist «Als Single leben» – Gehört dieses Thema Single aus Überzeugung überhaupt in ein Pfarreiblatt? Ist es nicht besser in einem Feuilleton, einem Life- stylemagazin oder einer Talkshow aufge- Es gibt immer mehr Menschen, die alleine hoben? Diese Frage bewegte uns bei der leben. Doch Single ist nicht gleich Single: Planung in der Redaktion. Der eine betrauert den Tod seiner Partne- rin, die andere hat noch nicht den Richti- Dann kamen uns die ermutigenden Worte gen gefunden, wieder ein anderer lebt in des Zweiten Vatikanischen Konzils in den Trennung. Hildegard Aepli stellte mit der Sinn: «Freude und Hoffnung, Trauer und Zeit fest, dass es gut für sie ist, alleine zu Angst der Menschen von heute, beson- leben. forumKirche sprach mit der Theo- ders der Armen und Bedrängten aller Art, login über ihre Erfahrungen, die sie auch in sind auch Freude und Hoffnung, Trauer einem kleinen Buch festhielt. und Angst der Jünger Christi» (Gaudium et Spes 1), also auch der Christen von heu- «Single – und wie?! Erfülltes Leben mit un- te. Wenn man den Statistiken Glauben erfüllten Wünschen» lautet der Titel eines schenken darf, hat die Zahl der Single- Bändchens (siehe S. 14), das Hildegard Haushalte die letzten Jahrzehnte deutlich Aepli 2012 veröffentlichte. Etwa ein Dut- zugenommen. Allein in der Schweiz gibt zend Exemplare dieser orangeroten Ausga- Weise sei ja jeder Mensch herausgefordert, es mehr als 1,3 Millionen davon – Tendenz be ziert ein Regal in ihrem Büro. Ein aufge- sein Leben eigenständig und alleine zu ver- steigend. Hinzu kommt, dass einem von räumter Schreibtisch, eine gemütliche antworten – auch Verheiratete. Ausserdem vielen Plakatwänden und fast auf jeder kleine Sitzgruppe, interessante Bilder und sieht sie im Alleinstand «eine enorme Internetseite lachende Gesichter entgegen- Accessoires verleihen dem Raum eine ein- Chance, um sich mit sich selber ausein- strahlen, die für Partnervermittlungs- ladende Atmosphäre. Hildegard Aepli arbei- anderzusetzen und sich den grossen Le- plattformen werben. Die Lebensform «Sin- tet im Pastoralamt des Bistums St. Gallen bensfragen zu öffnen». Alleinstehende Frau- gle» beschäftigt offensichtlich nicht wenige und ist als Exerzitienleiterin und geistliche en über 70 meldeten ihr zurück, dass sie Menschen, und für viele von ihnen Begleiterin tätig. Ihr natürliches Auftreten durch ihr Buch eine späte Wertschätzung scheint sie verbunden zu sein mit der und ihre offene Art machen es einem erlebt hätten. Für Singles mittleren Alters Sehnsucht nach einer gelingenden Part- leicht, in ein interessantes Gespräch mit bot es ein Aha-Erlebnis: Es ist normal und nerschaft. Also doch «Freude und Hoff- ihr zu kommen. gut, als Single zu leben! nung, Trauer und Angst» unserer Gesell- Die Idee zu ihrem Buch, so erzählt sie, sei schaft, unserer Zeit?! Also doch ein nicht von ihr gekommen. Sie wurde von den Krise und Entwicklung Thema für forumKirche?! Letzte Gewiss- Herausgebern der Ignatianischen Impulsen Mit dem Begriff «Single» könne sie sich Titelbild: Wer als Single nicht einsam sein möchte, braucht ein gutes Beziehungsnetz. Bild: Claudia Koch heit erhielt ich im Gespräch mit Hildegard angefragt. Heute sieht die 50-Jährige in ih- nicht anfreunden, bekennt Hildegard Aepli. Aepli (siehe folgende Seiten), die erzähl- rem Schreiben über das Singlesein einen Auch den Begriff «ledig» streiche sie in For- te, wie froh und dankbar viele Menschen Dienst für viele Menschen, die in einer mularen immer durch und ersetze ihn durch darauf regierten, dass sie als Alleinste- ähnlichen Situation leben. Es ist ihr ein «allein-stehend» – am liebsten in zwei Wör- hende ihre Lebensform in zwei Büchern Anliegen, dass diese Lebensform anders tern ohne Bindenstrich. «Denn dadurch öffentlich zum Thema gemacht hat. wahrgenommen wird als in ihrer Defizit- kommt das Kraftvolle in dieser Lebensform orientierung. «Ich möchte sie würdigen und besser zum Ausdruck», führt sie aus. Doch Folgender Beitrag bietet Singles die wertschätzen», stellt sie fest. In gewisser sie konnte ihr Alleinsein nicht immer so po- Möglichkeit, sich anhand eines konkreten sitiv sehen. Ganz offen und ohne Stocken Beispiels über ihre eigene Situation Ge- erzählt sie, wie sie mit 28 Jahren in eine danken zu machen und zu klären, wie sie Inhalt tiefe Krise geriet: Aufgewachsen in einer zu ihrer eigenen Lebensform stehen. Den Grossfamilie war sie als junge Frau auch anderen hilft diese Innensicht das eigene Vatikan 5 mit dem Wunsch unterwegs, einmal eine Bild vom Singlesein zu korrigieren und Aufbruchstimmung und neue Hoffnung Familie zu gründen. Es entwickelten sich auszuloten, was ihnen Alleinsein bedeutet Von Benedikt XVI. zu Franziskus immer wieder engere Beziehungen zu Män- und wie viel Alleinstand sie für sich benö- nern. «Aber immer wenn es verbindlicher tigen – auch und gerade in einer Partner- Mehr als Worte sagt ein Lied 9 wurde, ist es mir schlecht gegangen. Mir ist schaft. Der zweite Artikel beschreibt, eine Wie schön leuchtet der Morgenstern physisch schlecht geworden.» Sie musste bewährte Einrichtung, die es Alleinstehen- die Beziehungen jedes Mal abbrechen. Am Schaffhausen 13 den ermöglicht, Kontakt zu finden und Ende ihres Studiums erlebte sie dann eine Adoray – Im Lobpreis verbunden miteinander ihre Freizeit Eine Gebetsform für junge Menschen depressive Phase. «Da hat ein todernstes zu gestalten. Gespräch mit Gott stattgefunden. In dieser Kurse · Tagungen 14 Zeit ist der Gedanke in mich eingeschos- sen, dass es in meinem Leben darum ge- Missionen · Radio & TV 15 hen könne, dass ich alleine bleibe.» Nach und nach konnte sie sich auf diese neue Kalenderblatt · Zum Schluss 16 Idee einlassen, allerdings mit der Bedin- 2 forumKirche | 2-2014
Alleine leben Quelle: Kipa Hildegard Aepli hat mit ihrem Alleinsein News gerungen und dadurch neue Perspektiven ■ Viele Rückmeldungen dazubekommen. Die Umfrage unter den Gläubigen der ka- tholischen Kirche in der Schweiz zur Part- nerschafts-, Ehe- und Familienpastoral ist auf grosses Interesse gestossen. Online haben sich insgesamt 17’361 Personen gemeldet. Per Briefpost schickten rund 6000 Personen ihre Antworten. Es komme damit eine «unerwartet hohe Zahl von weit über 23’000 Antworten» zusammen, hebt die Schweizer Bischofskonferenz hervor. ■ Homosexuelle Partnerschaften Bild: Detlef Kissner Ein katholischer Bischof auf Sizilien hat sich für die staatliche Anerkennung homo- sexueller Partnerschaften ausgesprochen. Es widerspreche der christlichen Barmher- zigkeit und den universalen Menschen- gung, dass sie dann Beziehungen zu Men- nen sie nicht wusste, dass sie sich eines rechten, wenn solche Lebensgemeinschaf- schen braucht, die ihr kritisch gegenüber Tages aus ihr entwickeln würden. Hildegard ten vom Gesetz so behandelt würden, als stehen, sie aber auch mögen. «Ich wollte ja Aepli kennzeichnet eine Gradlinigkeit, die existierten sie nicht, sagte der Bischof von keine saure Gurke werden.» offen bleibt für weitere Entwicklungen. So Mazara del Vallo, Domenico Mogavero, in verschliesst sie sich auch nicht neuen Be- einem Interview. Kraft für sich selbst ziehungen gegenüber. Gerade in der Zeit, ■ Demonstration für Religionsfreiheit Mit diesem neuen Blick auf ihr Leben löste als sie an ihrem Singlebuch schrieb, pas- In Indonesien haben Zehntausende Men- sich ihre Depression damals auf. «Und ich sierte es, dass sie sich in einen Mann ver- schen für mehr religiöse Toleranz demons- wusste, sie kommt nie wieder», erzählt liebte. «Damals dachte ich: Das ist ja hirn- triert. Auf Initiative der indonesischen Re- Aepli in ihrer engagierten Art weiter. Rück- verbrannt!», erzählt Aepli. Dennoch liess gierung und mehrerer Religionsgemein- blickend versteht sie heute besser, was es sie sich auf die neue Beziehung ein und schaften seien am «Tag der religiösen Har- ihr bisher unmöglich machte, sich auf eine musste ein weiteres Mal feststellen, «dass monie» allein in der Hauptstadt Jakarta Partnerschaft einzulassen: «Meine Fähig- es nicht geht». 70’000 Menschen auf die Strasse gegan- keit, mich anderen anzupassen, ist so aus- gen. Mit den Feiern wolle die Regierung geprägt, dass ich in Gefahr bin, mich selbst Neue Projekte ein Zeichen gegen die zunehmenden Über- zu verlieren. Vielleicht ist das eine Form Gefragt danach, was sie vermisse, überlegt griffe auf religiöse Minderheiten setzen. von Behinderung oder auch von Stärke.» Hildegard Aepli zuerst lange: «Ich könnte Deswegen brauche sie das Alleinsein, um nicht sagen, was es ist.» Wenn sie einen ■ Peter Faber gewürdigt genügend Kraft für sich selbst übrigzuha- Mangel verspüre, sei das für sie eine Her- Papst Franziskus hat den neuen Heiligen ben. Sie geniesse es, wenn sie abends ausforderung, ein neues Projekt, einfach Peter Faber (1506–1546) als Vorbild für heimkomme und da niemand auf sie warte, spannend. Sie sehe sich nicht als «Arme», eine überzeugende Glaubensverkündi- auf den sie sich dann noch einlassen müs- sondern suche nach Möglichkeiten, wie sie gung gewürdigt. Der französische Jesuit se. Sie könne dann einfach nichts tun, faul die Situation umwandeln könne. Um nicht habe der weit verbreiteten Versuchung sein, an sich selber leiden, einsam sein. alleine Ferien machen zu müssen, lud sie widerstanden, die Botschaft Jesu mit «in- «Heute weiss ich: Das gehört zu mir, es tut z. B. ihre Nichten und Neffen zu Städterei- quistorischen Stockhieben» zu verbinden, mir gut, so zu leben und meine Bedürfnisse sen ein oder bezog ein Ferienhaus neben sagte Franziskus. Stattdessen habe er die nicht zu überdecken», resümiert Aepli, der Familie ihrer Schwester. An Weihnach- christliche Botschaft mit Sanftheit, Brüder- die sich als eine Frau charakterisiert, die ten zieht sie sich mit Freunden auf eine lichkeit und Liebe unter den Menschen Widerständen im Leben nicht ausweicht, Hütte zurück. Trotzdem ist das Singlesein verbreitet. sondern sie anschaut. für sie nicht immer leicht, vor allem wenn sie an Hochzeiten, Krankheitsphasen oder ■ Papst reist ins Heilige Land Eigene Fruchtbarkeit das Alter denkt. Neben einem guten Bezie- Papst Franziskus besucht vom 24. bis In dem Masse, in dem Hildegard Aepli ihre hungsnetz zur Familie und zu Freunden ist zum 26. Mai Israel, Jordanien und die Lebensform als Alleinstehende annehmen ihr das Gebet und die Beziehung zu Gott ei- Palästinensergebiete. Stationen seines konnte, wuchsen ihr neue Kräfte, eine neue ne wichtige Hilfe. Auch aus ihrer Arbeit, die dreitägigen Besuchs sind die jordanische Kreativität zu: «Ich habe gemerkt, dass sich sie mit vielen Menschen und Lebensge- Hauptstadt Amman, Bethlehem und Jeru- eine Form von Fruchtbarkeit einstellt, die sich schichten in Kontakt bringt, schöpft sie viel salem. Höhepunkt ist die Feier eines «öku- nicht in Kindern äussert, sondern in meinen Kraft. Am Wichtigsten ist für sie aber das menischen Treffens» mit dem Patriarchen Büchern oder dass ich sieben Monate lang Vertrauen, dass es genau so, wie es ist, von Konstantinopel, Bartholomaios I. zu Fuss nach Jerusalem pilgern konnte und gut ist. sowie allen Repräsentanten der in der dabei Gedichte geschrieben habe.» Sie habe Stadt vertretenen christlichen Kirchen. dabei unglaubliche Sachen entdeckt, von de- Detlef Kissner forumKirche | 2-2014 3
Alleine leben «Es war eine spannende und sinnstiftende Arbeit» 30 Jahre Einsatz für Partnersuchende und Singles Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sidentin Margot Collins. Ein stolzer Preis, ne Heiratsvermittlerin!» Sie sagte ab. Kurz wie Singles ihre Freizeit in Gesellschaft erhielt man doch keine Garantie dafür, dass darauf traf ein Brief von Helen Meier mit verbringen können. Eine davon ist der Club es überhaupt zu einer Verbindung kam. «Zu- der Bitte um ein Gespräch ein, und sie kbr, der seit 1978 Freizeitangebote und dem gab es viele schwarze Schafe, die den konnte Margot Collins im Frühjahr 1984 den- Ferien für Singles anbietet. Margot Col- Partnersuchenden das Blaue vom Himmel noch für den Job gewinnen. Der Verein wurde lins-Fäh übergibt Ende Jahr nach fast 30 versprochen haben.» Auf evangelischer Sei- nicht nur von Bauern, sondern auch von Part- Jahren die Geschäftsleitung in neue Hän- te gab es bereits seit 1938 das Pendant nersuchenden aus allen Berufssparten ge- de. Im Gespräch mit forumKirche erzählt Unterwegs zum du, und man plante gar ei- nutzt. Nebst den Freizeitanlässen mit Begeg- sie, wie aus einem Verein für partnersu- nen ökumenischen Verein, der jedoch nicht nungsmöglichkeiten gab es auch einen chende katholische Bauern ein Club für zustande kam. Zwei Bauernvertreter im Par- Briefklub, der gerne von Männern genutzt Singles wurde, die gerne ihre Freizeit oder lament unterstützten die Idee von Helen wurde. Bei den Freizeitanlässen waren und Ferien gemeinsam mit Gleichgesellten ver- Meier und gründeten 1978 den Verein kbr, sind die Frauen in der Überzahl. Ende 2003 bringen möchten. mit Helen Meier als erste Geschäftsführe- ging der Verein kbr mangels finanzieller rin. Da Meier gute Kontakte zu sozialen In- Mittel für die Geschäftsleitung in Liquidation. Bauer, ledig, sucht … Was heute eine be- stitutionen wie Fastenopfer und Caritas «Ich war zu diesem Zeitpunkt eigentlich liebte Fernsehsendung umschreibt, wäre unterhielt, waren die finanziellen Mittel und schon pensioniert», sagt Margot Collins. Ei- vor 35 Jahren ebenfalls die korrekte Be- ein Vorstand schnell beisammen. ner Mitarbeiterin zuliebe, die vor der Pension zeichnung für den katholischen Bekannt- stand, machte sie auf privater Ebene weiter. schaftsring kbr gewesen. Schon damals Keine Heiratsvermittlerin! Zwar konnte ein neuer Vorstand sowie neue war für Bauern die Suche nach einer Frau Der Hartnäckigkeit der umtriebigen Parla- finanzielle Unterstützung gefunden werden, nicht einfach. Mit der Gründung des kbr er- mentarierin ist es ebenfalls zuzuschreiben, doch das Internet wurde zur ernsthaften Kon- hielten diese – sofern sie katholisch und dass Margot Collins zum kbr stiess. «Ich kurrenz. Ende 2006 war es definitiv aus für nicht geschieden waren – eine ideale sah ein Stellengesuch in der NZZ, in dem den Verein. Margot Collins machte unbeirrt Plattform für die Partnersuche. Ins Leben eine Geschäftsleiterin für einen Verein ‹im weiter – nicht mehr für Partnersuchende, gerufen wurde der Verein von Alt-CVP-Natio- Dienste der Menschen› gesucht wurde. Ge- sondern neu für Singles, die ihre Freizeit und nalrätin Helen Meier, die sogar beim Bun- fragt waren u. a. Erfahrung im Marketing, Ferien in Gesellschaft verbringen möchten. desrat ihr Anliegen vorbrachte und sich die ich vorweisen konnte, und ich bewarb über die «Auswüchse bei den Partnerwahl- mich.» Sie erhielt einen Anruf, in dem ihr er- Keine Ruhepause geplant büros» beschwerte. «Damals sollten die öffnet wurde, dass es sich um den Verein Schaut man sich das Programm des Club Bauern rund 4000 Franken für eine Vermitt- kbr handelt und wie dessen Aufgabe aus- kbr an, so fällt die Vielfältigkeit und Ab- lung bezahlen», erzählt die scheidende Prä- sah. «Ich lachte und sagte: Ich bin doch kei- wechslung auf. Es gibt immer zahlreiche Wanderungen – dies auch deshalb, da Margot Collins selber gerne wandert – aber Bild: Claudia Koch man kann auch geführte Museumstouren, Schifffahrten oder gar Skiwochenenden ge- niessen. Woher nimmt sie die Ideen für die vielen Angebote? «Wenn man die Fühler mal ausgestreckt hat, findet sich immer et- was», sagt sie. Ausserdem können die re- gelmässigen Besucherinnen und Besucher auch gerne Vorschläge vorbringen. Rückblickend spricht Margot Collins von ei- ner sehr spannenden und sinnstiftenden Arbeit mit vielen bereichernden Begegnun- gen. Doch wird sie künftig nicht die Hände in den Schoss legen: Sie wird als Koordina- torin des Pilgerweges nach Rom dafür zu- ständig sein, Pilgernde zu beraten und über Übernachtungsmöglichkeiten Bescheid zu wissen. Claudia Koch ■ Nähere Infos: www.kbr.ch und Seite 14. Hat nach der Geschäftsleitungsübergabe nicht im Sinn, die Hände in den Schoss zu legen: Margot Collins-Fäh. 4 forumKirche | 2-2014
Vatikan Aufbruchstimmung und neue Hoffnung Vom Deutschen Benedikt XVI. zum Argentinier Franziskus Die Realität hat im Vatikan selbst kühnste Bild: KNA-Bild Spekulationen übertroffen: Zum ersten Mal seit dem Mittelalter trat ein Papst freiwillig von seinem Amt zurück. Zum ersten Mal wurde ein Lateinamerikaner an die Kirchenspitze gewählt. Und der neue Papst Franziskus bringt frischen Wind in den Vatikan. Er setzt Reformen in Gang und wird – bislang – von einer breiten Wel- le der Sympathie und Reform-Euphorie ge- tragen. Die lateinische Rücktritts-Ankündigung vom 11. Februar 2013 erschütterte nicht nur die Kirche. Sie fand viel Respekt, aber auch manches Unverständnis. Benedikt XVI. sah sich angesichts schwindender Kräfte nicht mehr in der Lage, das Amt des Pontifex Maximus auszuüben. Nach knapp acht Jah- ren ging das «deutsche» Pontifikat zu Ende. Seither lebt der emeritierte Papst weitge- Kontinuität oder Wechsel? Setzt Papst Franziskus im Vergleich zu seinem Vorgänger neue Akzente? hend zurückgezogen in seinem kleinen Kloster im Vatikan. Anders als nach dem Tod von Johannes Schon einen Monat nach der Wahl berief er dere beanstanden, dass er bis heute nur Paul II. 2005 stand die Sedisvakanz dies- einen achtköpfigen Kardinalsrat, der ihm mit einer provisorischen Regierungsmann- mal nicht im Zeichen von Kontinuität. Vorschläge für eine Kurienreform erarbeiten schaft amtiert. Manche halten seine jüng- Benedikt XVI. hatte die Kirche mit brillanten soll. Allerdings wurde bereits deutlich, dass ste Markt- und Wirtschaftskritik für zu Ansprachen und Publikationen geleitet und das Projekt «Kurienreform» nicht Monate, «links». Überhaupt sehe man im Vatikan zu den Austausch von Kirche und Zeitgeist sondern Jahre brauchen wird. viel Bergoglio und zu wenig Papst, hört man. vorangebracht. Aber es gab im Vatikan immer wieder organisatorische Pannen: Nicht allen gefällt's «Sohn der Kirche» Regensburger Rede, Streit mit Piusbrüdern, Papst Franziskus beeindruckt die Men- Neun Monate nach seiner Wahl geniesst Williamson-Affäre und «Vatileaks». Im Vor- schen mit seiner Ausstrahlung, seiner Au- Franziskus weiterhin einen Vertrauensbo- konklave forderten die Kardinäle nach- thentizität und mit seinen prägnanten, mit- nus in Medien und Öffentlichkeit. Viele sei- drücklich Abhilfe und Veränderungen in unter zugespitzten Botschaften. Seit seiner ner Anregungen werden als Reform, als Öff- der Kurie. Wahl strömen sie zu den öffentlichen nung gefeiert, auch wenn bereits seine Papstterminen. Franziskus nimmt sich für Vorgänger Ähnliches anregten. Hohe Erwar- Veränderungen die Fahrten durch das Menschenspalier tungen ranken sich um seinen Zentralbe- Im sechsten Wahlgang einigten sich am noch mehr Zeit als seine Vorgänger, er griff «Barmherzigkeit». Freilich verweist 13. März 2013 die 115 Wahlmänner über- grüsst Kranke und Behinderte, herzt Kinder. Bergoglio etwa im Zusammenhang mit ei- raschend auf den Argentinier Jorge Mario Im Vordergrund stehen für ihn der Einsatz nem Kommunionsempfang für wiederver- Bergoglio (76). Viele hatten mit einem Jün- für die Armen, das Bild einer armen Kirche, heiratete Geschiedene auf die geltenden geren gerechnet. Aber schon mit seinem das Bemühen um mehr Kollegialität und Normen der Kirche. Und er sei ein «Sohn ersten, das Protokoll sprengenden Auftritt Synodalität an der Kirchenspitze. Auch poli- der Kirche». auf der Loggia des Petersdoms gewann der tisch hat Franziskus durchaus für Aufsehen Mit seinem Lehrschreiben «Evangelii gau- neue Pontifex viele Herzen. gesorgt, etwa mit seinem Solidaritätsappell dium» hat Franziskus am Ende des Kirchen- Seither ist manches anders im Vatikan. Der auf der Flüchtlingsinsel Lampedusa. Der jahres eine Art Pontifikatsprogramm vorge- Lebens- und Arbeitsstil des neuen Papstes von ihm angesetzte Weltgebetstag für Sy- legt. Es geht ihm um eine Neuausrichtung ist von Einfachheit und Bescheidenheit rien – unmittelbar vor der drohenden US-Mi- der Kirche auf allen Ebenen. Einer Kirche, geprägt. Franziskus wohnt im Gästehaus litärintervention – fand religionsübergrei- die sich stärker den Menschen an der Peri- Santa Marta – unter vielen Menschen – fend weltweite Beachtung. Fast ein pherie zuwenden muss. Und in der das Amt und nicht im Apostolischen Palast. Er hat Heimspiel war seine erste Auslandsreise: – einschliesslich des Amtes des Papstes keinen eigenen Privatsekretär, sondern ein Zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro. und seiner Kurie – nicht Macht, sondern in Sekretariat, und er erledigt vieles selbst. In Der neue Stil an der Kirchenspitze gefällt erster Linie Dienst bedeuten soll. den ersten Amtsmonaten hat er sich in vie- freilich nicht allen. Manche halten seine len Gesprächen einen Überblick über die Messen für zu wenig feierlich, vermissen in Johannes Schidelko/Kipa ihm bislang eher fremde Kurie verschafft. den Predigten theologischen Tiefgang. An- forumKirche | 2-2014 5
Santiago de Compostela Boom auf dem Jakobsweg Immer mehr Menschen pilgern nach Santiago de Compostela Der Boom auf dem Jakobsweg nach Santi- mussten sich auf Wartezeiten von bis zu ago de Compostela ist ungebrochen. Kurz zwei Stunden einstellen. Die Schlangen Zum Jakobsweg vor Jahresende und zwei Jahrzehnte nach wanden sich weit in die vorliegende Alt- Ziel der Wallfahrt nach Santiago ist das der Erhebung zum UNESCO-Weltkulturerbe stadtgasse hinaus, was viele Pilger nach Grab des Apostels Jakobus des Älteren, ist klar: 2013 wird als eines der pilger- Wochen der Entbehrungen und Erschöp- der nach Apg 12, 1-2 von Herodes reichsten Jahre in die Geschichte einge- fung als ernüchternd empfanden – ganz Agrippa I hingerichtet wurde. Der Legen- hen. Nie zuvor trafen ausserhalb der abgesehen davon, dass die Urkundenver- de nach wurde sein Leichnam von Jeru- «Heiligen Jahre» – wenn der Jakobus-Tag teilung ein eher trockener, bürokratischer salem nach Nordwestspanien überführt (25. Juli) auf einen Sonntag fällt – so viele Vorgang ist. und dort im 9. Jahrhundert entdeckt. Pilger in der Apostelstadt im Nordwesten In den Pilgerherbergen Santiagos ging im Der Jakobsweg wird erstmals im Jahr Spaniens ein. Sommer nichts mehr. Die Stadt machte 1047 erwähnt. In einer Urkunde des den Anschein, als würde sie aus allen Näh- Hospitals von Arconada wird damit die Die Mitarbeiter im Pilgerbüro unweit der Ka- ten platzen. Wer um zwölf Uhr mittags an nordspanische Hauptverkehrsachse be- thedrale hatten alle Hände voll zu tun, um der Pilgermesse teilnehmen und einen Sitz- zeichnet. Neben Rom und Jerusalem ent- rund 215‘000 Pilgerurkunden auszustel- platz im Querschiff haben wollte, um den wickelte sich Santiago de Compostela len. Einzig im «Heiligen Jahr» 2010 kamen berühmten Weihrauchwerfer «Botafumeiro» im Mittelalter zum dritten Hauptziel der mehr Pilger an (272‘412); die Anzahl des zu sehen, war gut beraten, mindestens christlichen Pilgerreise. Vorjahres 2012 (192‘488) wurde deutlich zwei Stunden vorher einzutreffen. in den Schatten gestellt. Die «Compostela»-Zertifikate bekommen Zunahme von Pilgern aus Südkorea aus Südkorea. Bei den offiziell beurkunde- traditionell jene, die mit den Stempelfolgen Die Hauptpilgermonate auf dem Jakobsweg ten Wallfahrern entfallen etwa 85 Prozent im Pilgerausweis nachweisen können, min- spannen sich von Ostern bis Oktober. Wer auf Wanderer und 14 Prozent auf Radler. destens die letzten 100 Kilometer bis San- klimatische Unwägbarkeiten in Kauf nimmt Der geringe Rest sind Reiter und Rollstuhl- tiago gewandert oder geritten zu sein oder und sich bewusst ist, dass nur ein Teil der fahrer. Letztere müssen nach Auskunft des die letzten 200 Kilometer mit dem Fahrrad Pilgerherbergen jahresdurchgängig geöffnet Pilgerbüros keine Mindestdistanz, sondern zurückgelegt zu haben. ist, kann aber jederzeit pilgern. So trafen nur ein kleineres Stück zurückgelegt ha- im Januar 805 Pilger in Santiago de Com- ben, um die Urkunde zu erhalten. 1977 erst 31 Urkunden postela ein, im Februar 1‘382, im Novem- Die rund 215‘000 «Compostela»-Urkunden Was für eine Renaissance die Pilgerschaft ber knapp 5‘000. Bei den Herkunftslän- 2013 belegen nur einen Teil des Zulaufs auf dem Jakobsweg in den vergangenen dern der Wallfahrer bleiben die Spanier auf dem Jakobsweg. Hinzu kommen mehre- Jahrzehnten gefeiert hat, verdeutlicht der selbst mit Abstand federführend, bei den re Millionen Besucher jährlich in die Stadt Blick auf die Statistik. 1977 wurden 31 ausländischen Nationalitäten die Deut- selbst. Dabei steht das nächste «Heilige Compostela-Urkunden ausgestellt; von An- schen, Franzosen und Italiener. Auffällig in Jahr» erst wieder 2021 an. fang bis Ende der 80er-Jahre stieg die Zahl diesem Jahr war die Zunahme von Pilgern von 209 auf 5‘760. Andreas Drouve/Kipa In diesem Jahr waren die meisten Pilger Bild: Detlef Kissner einmal mehr auf dem Hauptweg unterwegs, der sich vom französischen Vorpyrenäen- Städtchen Saint-Jean-Pied-de-Port über Pamplona, Burgos und Leon über eine Län- ge von knapp 780 Kilometern bis Santiago de Compostela spannt. Eine verstärkte Zugkraft verzeichnen der sogenannte «Nordweg», der in weiten Teilen parallel zur spanischen Atlantikküste verläuft, und der «Portugiesische Weg», von der portugie- sisch-spanischen Grenze ab Tui. Ansturm auf Pilgerbüro Im Hochsommer brachen so unerwartete Lawinen von Wallfahrern über das Pilger- büro in Santiago de Compostela herein, dass kurzfristig mehrere Zusatzkräfte zur Ausgabe der Urkunden herangezogen wer- den mussten. Im Schnitt waren es – bei insgesamt fast 47‘000 Ankömmlingen im August – mehr als 1‘500 pro Tag. Diese Das Symbol der Muschel weist den Weg nach Santiago. 6 forumKirche | 2-2014
Spiritualität Kirche zum Mitmachen Kleine Christliche Gemeinschaften in der Schweiz Bild: Barbara Ludwig/Kipa Die Idee wurde nach dem Zweiten Vatika- nischen Konzil in Südafrika geboren. Spä- ter interessierten sich asiatische Bischöfe dafür – auf der Suche nach Impulsen für den Aufbau lebendiger Glaubensge- meinschaften. Heute gibt es sogenannte Kleine Christliche Gemeinschaften (KCG) auch in der Schweiz. Noch sind es wenige. Doch es tut sich was. Zum Beispiel in Zürich-Seebach, wo seit 2007 auf dem Ge- biet der Pfarrei Maria Lourdes fünf Gemeinschaften entstanden sind. Dienstagabend, kurz vor acht, im Quartier Buchwiesen in Zürich-Seebach, ältere Rei- henhäuschen mit Garten. Draussen ist es dunkel. Elf Frauen zwischen 30 und 70 sit- zen dicht gedrängt im kleinen Esszimmer von Denise Huber. Der Kristallleuchter an der Decke glitzert, darunter brennt die Ker- ze. Elf Bibeln liegen aufgeschlagen auf dem Tisch. Die KCG Buchwiesen bei einem Treffen bei Denise Huber (vierte von links). «Herzlich willkommen, Jesus», sagt eine Frau nach der Begrüssung durch Denise Im Quartier präsent Gemeinschaften daran etwas ändern? Huber, die die KCG Buchwiesen leitet. «Bei den KCG geht es darum, dass die Gläu- «Solche Gemeinschaften sind überschau- «Lass uns dein Wort verstehen», wünscht bigen Anteil haben an der Sendung des Volk barer als Pfarreien oder Seelsorgeräume. sich eine andere. Die Frauen laden Jesus Gottes. Damit wird ein Grundgedanke des Es könnte sein, dass dadurch eher wieder ein, in ihre Mitte zu kommen. Es ist der Zweiten Vatikanischen Konzils umgesetzt», Leute zur Kirche kommen. Aber ich glaube erste Schritt des sogenannten Bibelteilens, erklärt Birgitta Aicher den theologischen nicht, dass das die grosse Rettung für die das Kleine Christliche Gemeinschaften bei Aspekt der KCG. Die Theologin ist Pastoral- Kirche bringt», urteilt Aicher. Man dürfe ihren Treffen praktizieren. verantwortliche im Bistum Basel und setzt nicht die Augen davor verschliessen, dass sich als Mitglied der Asipa-Koordinations- heute weniger Menschen Interesse am Vom Bibel lesen zum Handeln gruppe (Asian Integral Pastoral Approach) Glauben hätten. Dann lesen zwei Frauen aus dem Evange- dafür ein, dass dieser spezifische pastora- lium vom kommenden Sonntag (Lk 18, 9- le Ansatz in der Schweiz bekannt wird. Die Weil sie Partizipation gross schreiben, sind 14), das die Anwesenden auf sich wirken Bildung von KCG entspricht laut Aicher ei- KCG jedoch attraktiv – zumindest für Frau- lassen, über das sie sich austauschen und ner Rückkehr zu den Wurzeln: «Durch die en, Männer machen nach den Erfahrungen von dem sie sich schliesslich – in einem Taufe haben Christen eine Würde, aber in Zürich-Seebach seltener mit. Bei den sechsten Schritt – «senden» lassen möch- auch einen Auftrag. Wir sind nicht Kirche Treffen darf jede die Leitung des Abends ten. Dabei geht es darum, herauszufinden, für die Kirche, sondern wir sind als Kirche übernehmen, sagen, was sie berührt hat «wo man unsere Hilfe in der Nachbarschaft für die Welt da.» Darum ist es wichtig, oder Vorschläge für eine mögliche «Sen- brauchen kann. Gibt es eine Frau, die ihren wachsam zu sein, offen gegenüber den dung» machen. Das Prinzip des Mitma- Mann verloren hat und die wir begleiten Menschen vor Ort. chens präge im Übrigen die ganze Pfarrei könnten? Gibt es ein Neugeborenes, das «In einem Quartier hört man ganz viel, Maria Lourdes, sagt Huber. «Man darf über- man zur Taufe begleiten kann? Kann man wenn man vernetzt ist», so Huber. Die KCG all mitwirken, zum Beispiel bei der Vorberei- jemandem beim Zügeln helfen?», erklärt Buchwiesen macht auch durch besondere tung der Ostermesse oder bei der Organi- Denise Huber. Die 45-jährige lebhafte Frau, Aktionen auf sich aufmerksam. Dieses Jahr sation der Pfarreiferien. Hier gibt es ein von Beruf Spielgruppenleiterin, macht seit beteiligte man sich zum zweiten Mal an den Gespür für die Qualitäten der Menschen, drei Jahren in der KCG Buchwiesen mit, wo Seebacher Adventsfenstern. Die Einwohner die gefördert werden. Das finde ich schön.» man sich jeden zweiten Dienstag bei je- konnten das Fenster der KCG Buchwiesen Sie selber habe schon viele Aufgaben über- mandem zu Hause trifft. Am heutigen besuchen. Es gab einen Apéro, man lernte nehmen dürfen, erzählt sie begeistert. Abend ist in der Runde die Rede von einer sich kennen. Maria Lourdes ist ein Ort, wo «man Stärken Frau aus dem Quartier, die gerade aus der in mir sieht, die ich noch gar nicht entdeckt Klinik entlassen worden ist, offenbar auch Mit KCG die Kirche retten? habe». finanzielle Probleme hat. Die Frauen disku- Religion und Kirche spielen im Alltag kaum tieren darüber, wie man ihr helfen könnte. noch eine Rolle. Können Kleine Christliche Barbara Ludwig/Kipa/Red. forumKirche | 2-2014 7
Inserate · Diverses Finanzierung von Abtreibungen Podiumsgespräch zur Volksabstimmung Am 9. Februar wird über die Frage abgestimmt, ob Schwanger- schaftsabbrüche weiterhin von der obligatorischen Kranken- versicherung bezahlt werden sollen. Die Frauenzentrale Thurgau lädt am 20. Januar zu einem Podiumsgespräch ein, das dazu beitragen soll, sich eine eigene Meinung zu bilden. Am Podiumsgespräch, das von der Journalistin Marina Winder mo- deriert wird, nehmen teil: Dr. med. Regula Steckeisen, Mitglied des Komitees «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache», Babette Sigg Frank, Präsidentin Komitee «Nein zum Angriff auf die Fristenrege- lung», PD Dr. med. Mathias Fehr, Chefarzt Frauenklinik Frauenfeld, PD Dr. Christina Aus der Au, theologische Geschäftsführerin am Zentrum für Kirchenentwicklung, Universität Zürich, und Sandra Giachetti, BENEFO-STIFTUNG; Beratungsstelle für Familienplanung, Schwangerschaft und Sexualität. Es werden zunächst die Positionen des Pro- und des Kontra-Komi- tees in je einem Kurzreferat dargestellt. Darauf folgt die Podiums- diskussion. Die Veranstaltung wird unter anderem auch vom Thurgauischen Katholischen Frauenbund TKF unterstützt. Red. ■ Das Podiumsgespräch findet am Montag, 20. Januar, um 19.15 Uhr im Pfarreiszentrum der katholischen Kirchgemeinde Weinfelden, Freiestrasse 13, statt. «Mehr sehen – Meer sehen» Bodensee-Kirchentag zum zweiten Mal in St. Gallen Informationen erhalten St. Gallen ist vom 16. bis 18. Mai 2014 zum zweiten Mal nach Wenn Sie nach der Neueinteilung der Pfarreiseiten Infor - 2006 Gastgeberstadt für den Bodensee-Kirchentag. Der regiona- mationen in Ihrer Ausgabe vermissen, haben Sie folgende le Kirchentag ist mit seinen durchschnittlich 3000 Besuchern Möglichkeiten: eine der grössten kirchlichen Veranstaltungen der gesamten Die Zeiten von Sonntagsgottesdiensten finden Sie wöchentlich Bodensee-Region. in der Samstagsausgabe der Thurgauer Zeitung. Ausserdem können Sie einzelne Gottesdienste per SMS erfragen, indem sie Unter dem Motto «Mehr sehen – Meer sehen» wollen die St. Galler den Namen des gewünschten Ortes, z. B. Weinfelden, an die Kirchen als Gastgeberinnen nicht nur aus leicht erhöhter Lage über Nummer 079 807 06 23 senden. den Bodensee schauen, sondern auch einen genauen Blick darauf Sie können sich einzelne Innenteile nach ihrem Erscheinen per werfen, wo christlicher Glaube in unserer heutigen Gesellschaft et- E-Mail gratis zusenden lassen oder eine zusätzliche gedruckte was beitragen kann, wo er nötig ist und wo er eben manchmal Ausgabe mit dem gewünschten Innenteil zum Selbstkostenpreis mehr sieht, als es der Alltag sonst zulässt. von 15 Franken pro Jahr abonnieren. Melden Sie beides bitte zu Bischof Markus Büchel und der dann neu eingesetzte Kirchenrats- Bürozeiten (Mo, Di, Do, 9.00 bis 11.30 Uhr) unserem Sekretari- präsident Pfarrer Martin Schmidt werden den Kirchentag am Frei- at, T 071 626 11 71, E-Mail: sekretariat@forumkirche.ch. tagabend mit einem Podiumsgespräch zum Motto eröffnen. Am Sämtliche Inhalte von Pfarreiseiten können wie bisher auf unse- Samstag wird der Bodensee-Kirchentag dann in der gesamten rer Webseite www.forumkirche.ch eingesehen und von dort her- St. Galler Innenstadt präsent sein, zum einen durch die Belegung untergeladen werden. aller öffentlichen Räume und Schulhäuser in der Innenstadt, zum Red. anderen durch einen Markt der Möglichkeiten, auf dem sich 50 Marktstände von kirchlichen Verbänden, Gruppen und Initiativen vom Vadiandenkmal bis zum Gallusplatz verteilen werden. NEU ienst Der Sonntag wird ganz im Zeichen verschiedener ökumenischer Gottesdienste und der abschliessenden Zentralveranstaltung in SMS-D . Gotte sdienste der Laurenzenkirche stehen. für kath urgau und in Th im ausen Eine SMS kostet Schaffh enende 25 Rappen am Wo ch Brigitta Ackermann/Red. Sende Aadorf an 079 807 06 23 ■ Infos unter www.bodensee-kirchentag.ch 8 forumKirche | 2-2014
Mehr als Worte sagt ein Lied Bild: Claudia Koch Wie bin ich doch so herzlich froh, dass Christus ist das A und O, der Anfang und das Ende. Er wird mich doch zu seinem Preis aufnehmen in das Paradeis; Drauf fass ich seine Hände. Amen, Amen. Komm, o Sonne, meine Wonne, bleib nicht lange: Deiner wart ich mit Verlangen. Katholisches Gesangbuch 194, 7. Strophe Wie schön leuchtet der Morgenstern Viele Kirchenlieder schöpfen tief aus den biblischen Quellen. In diesem Lied leiht sich der lutherische Pfarrer Philipp Nicolai (1556-1608) Motive aus Psalm 45 und aus dem Hohenlied, aus dem Propheten Jesaja und vor allem aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes (Offb). Das beginnt gleich in der ersten Zeile, denn wer ist der Morgenstern? Es ist nicht der Stern, der den Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe weist, sondern Jesus selbst. «Ich, Jesus, … bin die Wurzel und der Stamm Davids, der strahlende Morgenstern.» (Offb 22,16). Weil der Morgenstern der letzte, sehr helle Stern ist, bevor der Morgen anbricht, ist er ein Hoffnungszeichen: Die Nacht wird zu Ende gehen, auch der Tod wird nicht mehr sein. Christus, der Morgenstern, ist Trost für die Leidenden und Trauernden. Das war die Botschaft der Offenbarung an Christinnen und Christen, die im Römischen Reich unterdrückt wurden, und es war die Hoffnung Philipp Nicolais in den Tagen der Pest, die in seiner Stadt herrschte, als er das Lied dichtete und auch die Melodie schuf. Der Blick zum Morgenstern, zu Christus, der Alpha und Omega, Anfang und Ende ist (Offb 22,13), war keine Vertröstung aufs Jenseits, kein Ausweichen vor dem Diesseits, wo dieses einen Kampf um gerechtere Verhältnisse fordert. Diesen Kampf kann es gegenüber dem Tod durch die Pest nicht geben. Die Herausforderung ist eine andere: Kann der Dichter des Liedes, kann das Ich, das darin einstimmt, gegenüber dem Leiden anderer eine Haltung finden, die diesen Menschen Nähe schenkt, statt in den eigenen Ohnmachts - gefühlen zu ersticken? Für Philipp Nicolai war es der Ausblick auf den am Ende der Zeiten wiederkommenden Christus, der ihm das ermöglichte. Wieder lehnt er sich mit dem doppelten Amen und seinem Ruf an Worte aus der Offenbarung an: «Amen. Komm, Herr Jesus» (Offb 22,20). Er wartet mit Verlangen und vorweggenommener Freude, denn auch dies steht im vorletzten Vers der Bibel: «Ja, ich komme bald» (Offb 22,20). Wenn der Morgenstern aufgeht, naht der Tag. Gunda Brüske, Liturgisches Institut ■ Das Lied zum Hören: www.youtube.com/watch?v=hXtDf-0vbsQ forumKirche | 2-2014 9
Kirche Schweiz · Kirche ohne Grenzen – Spanisch Finanzielle Lasten werden neu verteilt Spenden mehr für globale Gerechtigkeit einsetzen Francisco Esteban Das katholische Hilfswerk Fastenopfer Rückgangs auszugleichen. Trotzdem seien Francisco Esteban (75), ein gebürtiger stellt weniger Geld für die Finanzierung auch Einsparungen erforderlich. Mit der Spanier, war 36 Jahre lang Organist und überregionaler Aufgaben der Kirche zur neuen Vereinbarung übernehme die RKZ Chorleiter im Seelsorgeverband Altnau- Verfügung. Im Gegensatz dazu sei eine auf gesamtschweizerischer und sprach- Güttingen-Münsterlingen. Ende 2013 ist Mehrheit der kantonalkirchlichen Organi- regionaler Ebene noch mehr finanzielle Ver- er in den Ruhestand gegangen. Kirche sationen bereit, ihre Beiträge bis 2018 um antwortung. Die drei Organisationen erin- ohne Grenzen hat mit ihm über sein jährlich drei Prozent zu erhöhen, heisst es nern daran, dass Fastenopfer seit seiner bewegtes und intensives Leben ge- in einer gemeinsamen Medienmitteilung Gründung 1962 immer schon überregiona- sprochen. der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), le Aufgaben der Kirche in der Schweiz mit- von Fastenopfer und der Römisch-Katholi- finanziert habe. Anfänglich habe das Hilfs- schen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). werk die Spenden je zur Hälfte im Ausland Herr Esteban, wann entdeckten Sie Ihr Die drei Organisationen haben kürzlich ei- und in der Schweiz eingesetzt. Damals Interesse an der Musik? ner entsprechenden Vereinbarung über ei- standen auf schweizerischer und sprach- Ich wurde 1938 in Spanien geboren. Die ne neue Lastenverteilung innerhalb der ka- regionaler Ebene noch kaum Kirchensteuer- musikalische Ausbildung begann in der Kir- tholischen Kirche Schweiz zugestimmt. mittel zur Verfügung. In der Zwischenzeit che mit sieben Jahren, in der Schule für hat sich das stark verändert. Sängerknaben der Kathedrale La Seo und Hintergrund der Vereinbarung bildet ge- der Basilika El Pilar in Zaragoza. Meine Mut- mäss Mitteilung die Neupositionierung Verlagerung der finanziellen Verant- ter hatte durch den Dorfpfarrer erfahren, von Fastenopfer im Spendenmarkt, die wortung im Inland dass es in Zaragoza einen Wettbewerb gab, angesichts eines intensiven Spenden- Seit ihrer Gründung im Jahre 1971 habe um Sängerknaben zu «rekrutieren». Sie hat wettbewerbs notwendig geworden ist. die RKZ als nationaler Zusammenschluss mich dorthin gebracht, und ich gewann. Das Hilfswerk will sich verstärkt auf den der kantonalkirchlichen Organisationen Mein Diplom als Kirchenmusiker habe ich Schwerpunkt «Globale Gerechtigkeit und schrittweise mehr finanzielle Verantwortung dann am Conservatorio de Música Pablo Armutsreduktion im Süden aus christlicher übernommen und damit Fastenopfer im Be- Sarasate in Pamplona/Spanien im Septem- Sicht» ausrichten. Dies bedinge eine mar- reich Inland entlastet. Heute finanziert das ber 1961 erworben. kante Reduktion des Beitrags für pastorale Hilfswerk noch 20 Prozent des Gesamtbe- Aufgaben in der Schweiz, so die Mitteilung. trags von rund neun Millionen Franken für Wann und warum kamen Sie in die gesamtschweizerische und sprachregionale Schweiz? Einsparungen notwendig Aufgaben. Ich kam mit 24 Jahren in die Schweiz, um Ab 1. Januar 2018 wird Fastenopfer dem- ein Lizentiat als Laientheologe an der Uni- nach 400 000 Franken für pastorale Aufga- Die neue Vereinbarung sei eine weitere versität von Freiburg zu machen. Dort habe ben der Bistümer und 400 000 Franken für Etappe der vor Jahrzehnten initiierten Verla- ich im Studentenheim Salesianum bei Got- Aufgaben auf sprachregionaler und gesamt- gerung der finanziellen Verantwortung, tesdiensten Orgel gespielt. Später landete schweizerischer Ebene einsetzen. Dies ent- heisst es in der Mitteilung weiter. Die Über- ich – durch einen glücklichen Zufall – in spreche rund einem Drittel der heute für gangszeit bis Ende 2017 wolle man nut- Frankfurt am Main als Sozialarbeiter und diese Aufgaben eingesetzten Mittel. Im zen, um die Zuständigkeiten und Finanz- Direktor eines sozial-kulturellen Zentrums Gegensatz dazu sei eine Mehrheit der kan- flüsse zwischen Fastenopfer, RKZ und den für spanischsprechende Gastarbeiter. tonalkirchlichen Organisationen bereit, ihre Bistümern weiter zu entflechten. Beiträge bis 2018 um jährlich drei Prozent Ich absolvierte ein Studium als diplomier- zu erhöhen und so einen grossen Teil des Kipa ter Sozialarbeiter an der Universität in Frankfurt und bin in diesem Beruf zehn Jah- Bild: Fastenopfer Spenden, die bei re tätig gewesen. Bei den spanischen Got- Fastenopfer eingehen, tesdiensten in der Kirche St. Leonhard in sollen noch mehr für Frankfurt am Main bot sich mir wieder die Projekt im Süden Gelegenheit, Orgel zu spielen. 1977 kam eingesetzt ich ein zweites Mal in die Schweiz. werden. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit? Damals habe ich mit meiner Frau die «Rol- len» getauscht: Sie konnte ihre alte Arbeits- stelle als Gemeindekrankenschwester in Romanshorn antreten und ich war Haus- mann – damals etwas Rares. Wir fanden in Salmsach ein Haus, in dem wir heute noch wohnen – natürlich ohne die Kinder; die sind längst ausgeflogen. 10 forumKirche | 2-2014
Kirche ohne Grenzen – Spanisch do, re, mi, fa … spricht über seinen Weg zur Musik In besonderer Erinnerung sind mir die Reli- Bild: zVg gionslager in Selva-Sedrun, in denen viel gesungen wurde und bei denen ich die Lie- der in den Gottesdiensten und am Lager- feuer mit meiner Gitarre begleitete. Gab es für Sie auch schwierige Momente? Manchmal hatte ich Mühe, während den Wintermonaten in den kalten Kirchen Güt- tingen, Altnau, Münsterlingen und Land- schlacht Orgel zu spielen. Für einen Spa- nier war es einfach zu kalt. Mühe hatte ich auch am Anfang mit der Umstellung der Musiksysteme: von do, re, mi, fa … auf C, D, E, F … und mit den Sprachen: Deutsch, Französisch, Spanisch und Latein. In den drei letztgenannten Sprachen habe ich mei- ne musikalische Ausbildung gemacht. Es Francisco Esteban: «Die Musik hat mir in meinem Leben viel Freude gegeben.» waren Herausforderungen, die mich weit gebracht haben. nicht vorstellen. Musik war für mich zwar ei- Fabiola Santi-López Bild: zVg ne Nebenbeschäftigung, sie hat mir aber Inwiefern haben Sie diese Heraus- ein gutes Gleichgewicht zwischen Arbeit Bocanegra (30) ist forderungen weitergebracht? und Familie geschenkt. in Mexiko-Stadt Die Musik hat mir in meinem Leben viel geboren und lebt Freude gegeben. Und ich hoffe, dass «mei- Interview und Übersetzung: mit ihrem Mann ne Musik» anderen auch viel Freude berei- Fabiola Santi-López Bocanegra in St. Gallen. tet hat. Ein Leben ohne Musik kann ich mir do, re, mi, fa ... ¿Cuáles han sido para usted los mayores obstáculos o dificultades a los que se ha enfrentado en Suiza? Francisco Esteban de 75 años es un español que ha sido 36 Adaptarme a la mentalidad suiza tan diferente de la española, em- años organista y director de coro en la asociación pastoral pezando por la familia de mi esposa en Glarus y como músico, Altnau-Güttingen-Münsterlingen. Él se jubiló a finales de 2013. cambio del sistema de enseñanza musical «latino» (do, re, mi, fa, Kirche ohne Grenzen se ha reunido con él y habló de su vida sol, la, si, do) al «alemán» (C, D, E, F, G, H, C) pues mi formación azarosa e intensa. musical la hice en español, en latín (gregoriano) y en francés, y luego enseñar en alemán. También el dialecto suizo, acentuado en los últimos años por mi pérdida de capacidad auditiva. Señor Esteban, ¿cómo es que llegó usted a Suiza? A los 24 años vine por primera vez a Suiza, con el fin de hacer un tí- ¿Cómo vive usted la fe en Suiza? ¿Alguna costumbre en especial tulo como teólogo laico por la Universidad de Friburgo. Ahí comencé que eche de menos de España? a tocar el órgano en los servicios religiosos. Despúes me trasladé a He pasado de una «fe heredada», tradicional, de una iglesia Frankfurt/Main como trabajador social y director de un centro socio- marcada por la dictadura franquista de 40 años, legalista, cerra- cultural de los trabajadores migrantes de habla hispana. En la Igle- da y autoreferencial, a una iglesia en actitud de búsqueda, que se sia española de St. Leonhard en Frankfurt tuve otra oportunidad de- esfuerza en hacer asequiblela enseñanza y los valores de Jesús tocar el órgano y más tarde en 1977 vine una vez más a Suiza. al hombre de hoy. A una iglesia de servicio, pues «una iglesia que no sirveno sirve para nada». (Creo que esta idea es de Leonardo ¿Qué le hizo quedarse definitivamente en Suiza? Boff). Servicio de la palabra, servicio de la liturgia, sí, pero espe- En mi profesión de asistente social no encontraba trabajo en cialmente servicio diaconal, según el programa de vida de Jesús España. Los tres hijos hicieron su escuela y profesión en Suiza. reflejado en las «obras de misericordia», y en su actitud de vida Terminé aclimatizándome y aceptando la realidad que me presen- plasmado en las «bienaventuranzas». Y no un cristianismo light, taba la vida. Los hijos antes y ahora los nietos «te atan». Acaba descafeinado, acomodado a nuestras necesidades. Para ello me uno integrándose de mente y de corazón, aceptando y amando su ha ayudado mi militancia en la HOAC: Hermandad Obrera de Ac- «segunda patria», máxime si ves que eresaceptado y querido, lo ción Católica en España (KAB: Katholische Arbeiter Bewegung); a que requiere esfuerzo por ambas partes. Si se es joven, aún se plano europeo. Echo en falta los «villancicos de Navidad», que pueden echar nuevas raíces. aún cantamos aquí en familia. forumKirche | 2-2014 11
Ordensleben Via Internet ins Kloster Gespräch mit einer 21-jährigen Kloster-Novizin Sie ist 21 Jahre alt. Mit 14 wurde «Klos- Klöster angeschaut. Beim Betrachten der tonsapotheke Münsterlingen TG machen. ter» erstmals ein Thema für sie. Mit 16 Fotos des Kapuzinerinnenklosters «Leiden Die Apotheke ist für sie auch gleichsam das sagte sie es ihren Eltern, mit 19 trat sie Christi» in Jakobsbad habe sie gespürt: Fenster zur Welt, zu anderen Menschen. ins Kapuzinerinnenkloster «Leiden Christi» «Das ist mein Kloster!» Nach einem Jahr «Früher brauchte ich mehr Zeit, um mit Men- in Jakobsbad/AI ein, nur wenige Wochen Brief- und Mail-Kontakt mit der Oberin kam schen in Kontakt zu treten. Durch das Klos- nach der Matura. Warum wählt eine junge sie für drei Tage zum Schnuppern. In jenem ter bin ich offener geworden und reifer.» Frau in einer Zeit, in der die Orden kaum Jahr hat sie auch die Matura gemacht, an- Früher – das war, als sie Angela Pustelnik noch Nachwuchs haben, diesen Weg? schliessend sei sie eingetreten. Sie ist die hiess und mit ihren Eltern und ihrer Schwes- Jüngste von zehn Schwestern. Die nächst ter in Deutschland lebte, in Bad Salzuflen, Schwester Elisabeth öffnet mir gleich selbst ältere ist 38, die Älteste 88 Jahre alt. Wie in der Nähe von Hannover. Deutsch und die Tür. Sie trägt das graue Arbeitskleid der fühlt sie sich unter Frauen, die ihre Mutter Kunst seien ihre Lieblingsfächer gewesen. Kapuzinerinnen, später wird sie für das Foto oder Grossmutter sein könnten? Die Frage Sie lernte für die Schule und ging zur Kir- den braunen Habit anziehen. Die dunkel- überrascht Schwester Elisabeth offensicht- che – Ausgang und Sport waren kaum ein blonden Haare sind unter dem weissen lich. Sie fühlt sich gleichwertig, kann auch Thema. Sie fotografiere gern, auch heute Schleier straff nach hinten gekämmt, in den eigene Ideen einbringen. Wenn sie bei- noch. Mit der Frage nach einem Beruf hat Ohrläppchen zwei leere Einstichstellen. Ihr spielsweise einen Vorschlag hat, wie man sie sich wenig beschäftigt, da sie im Inne- Gesicht ist offen, die klaren, hellblauen Au- der bettlägerigen Mitschwester die Lage ren die Klosterberufung schon gespürt hat. gen blicken mich aufmerksam an. Sie habe noch bequemer einrichten könnte, werde Krankenpflege vielleicht, ja. Das gefällt ihr den Ruf Gottes schon in jungen Jahren ge- sie ernst genommen. Auch an Gesprächs- auch hier, «dieser Kontakt mit einem Men- hört: «Im Gespräch mit Gott habe ich ge- stoff mit der Seniorin fehlt es ihr nicht: «Ich schen, selbst wenn er sich nicht mehr äus- spürt, dass er etwas ganz Besonderes mit frage sie, wie es ihr geht, erzähle von der sern kann. Man erkennt es an den Augen: mir vorhat», sagt sie mit Bestimmtheit. Was Katze, für die ich im Kloster verantwortlich Gott selbst schaut dich an und dankt dir für das Besondere ist, kann sie noch nicht sa- bin.» das, was du tust», sprudelt es aus ihr her- gen, dazu sei es noch etwas zu früh. Aber aus. es habe damit zu tun, dass sie ihm ihr gan- Reifer geworden zes Leben weihe, ihm und den Menschen Langeweile kommt bei ihr nicht auf, im An Jesus orientiert im Gebet. Gegenteil. Es ist gerade die Vielseitigkeit Vor einem Jahr wurde Schwester Elisabeth des Klosteralltags, die ihr gefällt: Sie arbei- eingekleidet. «Das war grad so, als ob man «Das ist mein Kloster!» tet in der Krankenpflege und in der Apothe- das Brautkleid anzieht», erzählt sie mit Dass sie sich dazu ein kontemplatives, ge- ke, wo sie wichtige Dinge von ihrer Mit- leuchtenden Augen. Man dürfe ruhig se- schlossenes Kloster ausgesucht hat, sei schwester lernt. Um dies zu vertiefen, wird hen, dass sie eine Schwester ist, dass sie Zufall. Sie habe im Internet verschiedene sie nächstes Jahr ein Praktikum in der Kan- zur Gemeinschaft gehört. «Ich fühle mich anders ohne Ordenskleid. Irgendwie unsicher.» Bild: Sylvia Stam Gewiss, einige ihrer Mitschüler hielten es für unvernünftig, direkt nach der Matura ins Kloster zu gehen. Andere hätten positiv reagiert: «Sie wussten, dass ich an Jesus orientiert bin. Das war schon immer so.» Ei- ne Familie zu gründen, war für sie nie The- ma, obwohl sie Kinder über alles liebe. Ent- sprechend hat sie auch nicht das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen. Und wenn sie sich verlieben würde? Einen Moment weiten sich ihre hellen Augen. Die Liebe zu Jesus sei etwas ganz anderes, sagt sie, die dieses Gefühl durchaus kennt. Irgendwie intensiver. Angst vor der Zukunft, in der sie vielleicht als letzte Schwester übrig bliebe, Schwester Elisabeth hat sie nicht. «Ich denke positiv», sagt empfindet es als Schwester Elisabeth, «habe Vertrauen in grosse Freiheit, dass Gott, dass weitere Schwestern nachkom- sie ihr Gebetsleben men werden. Und wenn ich dennoch als im Kloster intensiver Jüngste zurückbleibe, dann habe ich Gottes leben kann als Kraft auf meiner Seite!» ausserhalb. Sylvia Stam/Kipa 12 forumKirche | 2-2014
Schaffhausen Adoray – Miteinander im Lobpreis verbunden Eine Gebetsform für junge Menschen Bild: Claudia Koch Seit zwei Jahren werden in Schaffhausen zweimal monatlich Lobpreisabende für Beim Adoray wird Gott mit Gesang, Musik junge Menschen angeboten. Was hinter und Gebet gepriesen. David Hug (links) und dieser Bewegung steckt und wie sich die- sein Team freuen sich auf den Schulungstag se über die ganze Schweiz ausbreitet, er- in Schaffhausen. klärt David Hug, der in Schaffhausen für die Lobpreisabende mitverantwortlich ist. Es gibt sie mittlerweile in 13 Schweizer Städten, sie finden idealerweise am Sonn- tagabend zur selben Zeit statt und werden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen besucht. Die Rede ist von Adoray. Hinter dem englischen Wort verbirgt sich kein neu- er Musikstil, obwohl bei Adoray die Musik eine zentrale Rolle spielt. Adoray sind Lob- preisabende für junge Menschen zwischen 15 und 35 Jahren. Unter Lobpreis versteht man eine Gebetsform, bei der Gott mit Ge- sang, Musik und Gebet gepriesen wird. Da- neben gibt es auch eine Zeit der Anbetung Bild: zVg oder der Stille. Diese Art der Gebetsform brachten 2004 zwei junge Zuger aus Kana- da in die Schweiz mit. Sie wollten in Zug diese begeisternde Art des Gebets weiter- dann Ministrantenleiter und Teilnehmer an schon ein ergreifendes Gefühl, wenn gegen führen. Von Zug aus wurden schnell andere den internationalen wie auch nationalen 400 Personen ein Wochenende lang Lob- Schweizer Städte wie z. B. Luzern, Bern, Weltjugendtagen. preis und Anbetung zelebrieren, sagt Hug. Zürich und neu auch Kreuzlingen mit dem Natürlich gebe es auch Live-Musik und «Adoray-Virus» infiziert. Schulung in Schaffhausen Party, zum Schlafen komme man meist Nebst den Vorbereitungen für die Adorays nicht so viel. Auslöser Weltjugendtag ist das Team um David Hug zurzeit intensiv Seit 2012 gibt es auch in Schaffhausen mit einem Schulungstag beschäftigt. Die- Was die Anzahl der Adoray-Besucher in Lobpreisabende. «Wir besuchten zu siebt ser findet am 25. Januar in Schaffhausen Schaffhausen betrifft, so spricht Hug von 2011 den Weltjugendtag in Madrid und statt. Erwartet werden zwischen 50 bis 60 einem «up and down». «Im Moment sind es lernten dort Adoray kennen. Das wollten wir Teilnehmende. «Der Tag besteht aus Work- etwa 15 Personen, die regelmässig teilneh- unbedingt auch in Schaffhausen ausprobie- shops und Austausch», erklärt der 20-Jähri- men.» Diese tiefgläubige Gebetsform ren», sagt David Hug, der als Ansprechper- ge, der im Moment seinen Zivildienst als In- weiterzugeben ist nicht ganz einfach. Der son zuständig ist. Im Januar 2012 hätten formatiker in der Klinik St. Katharinental persönliche Glaube muss trainiert werden. sie in der Kirche St. Maria mit Adoray ge- absolviert. Ein wichtiger Bestandteil des Das Vorbereitungsteam ist sich bewusst, startet, mit von der Partie war auch Jugend- Schulungstages ist die Anwesenheit des dass junge Erwachsene wegen ihrer Arbeit bischof Marian Eleganti. Inzwischen wird in Jugendbischofs Marian Eleganti. Er wird oder Ausbildung ihr gewohntes Umfeld ver- Schaffhausen zweimal monatlich am Sonn- vormittags einen Vortrag halten und nach- lassen. Daher sind Wechsel in der Leitung tagabend Adoray gefeiert. «Zu wissen, dass mittags Fragen beantworten. Hug findet es des Adorays unumgänglich. Auch David Hug zur selben Zeit in mehreren Kirchen gleich- toll, dass der Bischof sich Zeit für die Fra- ist sich nicht sicher, wohin ihn sein beruf- zeitig Lobpreislieder gesungen werden, ist gen der Jugendlichen und jungen Erwachse- licher Weg führen wird. Unterstützt wurde ein sehr schöner Gedanke», sagt Hug. Er nen nimmt. «Die Teilnehmenden spüren, das Adoray Schaffhausen bis zum Sommer ist von Kindesbeinen an sehr verbunden dass sie mit ihren Glaubens- und Kirchen- von Marcus Scheiermann als geistlicher mit dem Glauben, ist selber Ministrant, fragen nicht allein gelassen werden.» Geübt Begleiter. Diese Aufgabe übernimmt nun werden auch die Lobpreislieder, die aus ver- das neue Seelsorgeteam um Urs Elsener. schiedensten Quellen stammen. Mit Marti- Die ideelle Unterstützung des Seelsorge- Adoray in Kreuzlingen na Gfeller, einer studierten Musikerin, kön- teams sei wichtig, auch wenn die Leitung in Auch in Kreuzlingen werden ab Januar nen sich die Teilnehmenden in der den Händen der jungen Erwachsenen liege, Lobpreisabende in der Kirche St. Stefan Lobpreisung schulen und vertiefen. sagt Hug. angeboten. Diese finden am Sonntag- abend 19.01. | 02.02. | 16.02. um Persönlichen Glauben trainieren Claudia Koch 19.30 Uhr statt. Ende Oktober, anfangs November findet je- weils ein Adoray-Festival in Zug statt. Es sei ■ Weitere Infos: www.adoray.ch forumKirche | 2-2014 13
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