Projektentwicklung Wien Hauptbahnhof - Eine gewinnbringende Symbiose

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       WIEN HAUPTBAHNHOF                                                                                2. PM-BAU SYMPOSIUM
                                                                                                               > Tagungsband 2007

     Gabler Georg

     Projektentwicklung Wien Hauptbahnhof
     Eine gewinnbringende Symbiose

                                                  Das Projekt „Wien Hauptbahnhof“ erlebte in seiner unmittelbaren Geschichte seit
                                                  Mitte der 80er Jahre einen starken Wandel von einem reinen Bahnhofsprojekt mit
                                                  starkem Fokus auf die Nahverkehrsangebote über ein Infrastrukturprojekt, wel-
                                                  ches die Anforderungen des urbanen Umfeldes berücksichtigt, zu einem Gesamt-
                                                  projekt, in welchem Bahninfrastruktur und zukunftsweisende Stadtentwicklung
                                                  eine für beide Seiten gewinnbringende Symbiose bilden.
                                                  Der Fachaufsatz „Projektentwicklung Wien Hauptbahnhof - Eine gewinnbringende
                                                  Symbiose“ beschäftigt sich mit der Entwicklung des Projektes „Wien Hauptbahn-
                                                  hof“ innerhalb der letzten 20 Jahre und bietet eine kurze Übersicht über das das
                                                  Gesamtprojekt, bestehend aus dem Bahninfrastrukturprojekt, dem Immobilienpro-
                                                  jekt und dem Projekt Städtische Infrastruktur.

     EINLEITUNG                                   Im folgenden Fachaufsatz möchte ich         Der Entwurf des neuen Südbahnhofs,
                                                  auf die Entwicklung des Projektes „Wien     der mittlerweile mit dem ehemaligen
     Das Gesamtprojekt Wien Hauptbahnhof          Hauptbahnhof“ innerhalb der letzten 20      Ostbahnhof vollkommen vereinigt wur-
     mit einer Größe von 109 ha bzw. 155 Fuß-     Jahre, eingehen – obwohl die Idee eines     de, sah als zentrales Element eine et-
     ballfeldern ist eines der anspruchvolls-     Zentralbahnhofes in Wien fast genauso       wa 40 Meter breite, 90 Meter lange und
     ten heimischen Projekte und die für Wien     alt wie die hiesige Eisenbahn selbst ist    18 Meter hohe Bahnhofshalle vor. Den
     vordringlichste Infrastrukturmaßnahme.       – und eine kurze Übersicht über das Ge-     Niveaugegebenheiten folgend, sind die
     Es geht bei diesem Projekt jedoch nicht      samtprojekt, bestehend aus dem Bahn-        Kopfgleise trotz Höhenunterschied na-
     nur um ein Bahnhofsgebäude oder um           infrastrukturprojekt, dem Immobilienpro-    he zueinander gebracht und über drei
     ein Gleisprojekt sondern um die ent-         jekt und dem Projekt Städtische Infra-      Etagen vom Vorplatz aus erschlossen
     stehende BahnhofCity als Lebensraum          struktur geben.                             worden. Die Besonderheit der beste-
     und um die Entwicklung eines gesamten                                                    henden Anlage war die Lösung der auf
     Stadtviertels – kurz gesagt geht es um                                                   vier Geschossen verteilten Verkehrs-
     die Schaffung neuer, zukunftsweisender                                                   ströme in einem Hallenbereich zusam-
     Lebensqualität.                              ENTWICKLUNG DES                             men mit der im Untergeschoss gele-
                                                  GESAMTPROJEKTES                             genen Schnellbahn.
     Einerseits wird der neue Durchgangs-         WIEN HAUPTBAHNHOF
     bahnhof die Stadt Wien mit ihren beste-                                                  Auf der Südseite der Kopfgleise des Süd-
     henden Kopfbahnhöfen zu einem Kno-                                                       und des Ostbahnhofes wurden Gleise für
     tenpunkt des transeuropäischen Schie-        HISTORISCHE BETRACHTUNG                     die Post- und Paketverladung angeglie-
     nennetzes machen, andererseits werden        DER KOPFBAHNHÖFE                            dert und mit einer L-förmigen Verladehal-
     die angrenzenden Bezirke durch die Neu-      WIEN SÜD UND WIEN OST                       le vollständig umbaut. An diese Verlade-
     gestaltung des Bahnhofsviertels sowie                                                    halle angrenzend befinden sich die Ge-
     durch den Rückbau des städtebaulich          Nach der Zerstörung des Südbahnhofes        bäude und Anlagen des Postzentrums
     brachliegenden Frachtenbahnhofes und         im 2. Weltkrieg wurde bei der Suche nach    Wien Süd, welches zwischenzeitlich ab-
     der damit einhergehenden Schaffung           einer Lösung für den Wiederaufbau des       gesiedelt wurde.
     eines attraktiven Wohn- und Büroviertels     Südbahnhofes auch die Konzeptionierung
     wesentlich aufgewertet.                      als Durchgangsbahnhof erwogen. Aus zeit-    In der Diagonale zwischen dem West-
                                                  bedingten Gründen – der rasche und kos-     kopf des Südbahnhofes und dem Süd-
     Das Stadtbild wird eine neue positive Prä-   tengünstige Wiederaufbau stand im Vor-      kopf des Ostbahnhofes befinden sich
     gung erfahren und auch die umliegenden       dergrund – sowie aufgrund der politischen   mehrere Abstellgleise der Südbahn so-
     noch zu entwickelnden bzw. vorhande-         Vorgänge in den ostösterreichischen         wie zwei Verbindungsgleise zwischen
     nen Gebiete werden von dieser Entwick-       Nachbarländern setzte sich jedoch das       Süd- und Ostbahn und der Steudeltun-
     lung positiv beeinflusst werden.             Konzept der Kopfbahnhöfe durch.             nel. Südlich davon, bis zur verlängerten
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  2. PM-BAU SYMPOSIUM                                                                           WIEN HAUPTBAHNHOF
   > Tagungsband 2007

Ghegastraße, befindet sich ein Areal, das   torisch vorgegebene Konzept der Kopf-       gleisen für die zeitsparende Abwicklung
durch eine Reihe von Gebäuden mit ver-      bahnhöfe für international verkehrende      der internationalen Fernzüge in Nord-
schiedenen bahnbezogenen Nutzungen          Züge wegen der Notwendigkeit des            Süd, Ost-West und Ost-Süd-Richtung
(Lagerhallen, Magazine, Werkstätten der     Umsteigens zu aufwändig und zeitver-        sowie um ein darunter liegendes Nah-
Brücken- und Hochbau-Bahnmeisterei)         zögernd war.                                verkehrsgeschoß mit vier Nahverkehrs-
gekennzeichnet ist.                                                                     gleisen für bestimmte Regional- und
                                            Konzept                                     S-Bahnlinien vor. Insbesondere sollten
Zwischen der verlängerten Ghegastraße,                                                  die S-Bahnlinien S7, S60 und S80 un-
der Landgutgasse und der Gudrundstra-       Grundlage der Konzeptionierung des          ter den Durchgangsbahnhof angelenkt
ße erstreckt sich der Frachtenbahnhof       Verkehrsknotenpunktes war das Wiener        werden, mit der Option der späteren
Wien-Süd.                                   Verkehrskonzept aus dem Jahr 1994,          Durchbindung und Weiterführung Rich-
                                            welches die Beibehaltung der vorhan-        tung Meidling bzw. darüber hinaus.
                                            denen Kopfbahnhöfe vor allem für die
EXPERTENVERFAHREN 1994                      innerösterreichischen Taktzüge und die      Zudem waren noch je ein Umfahrungs-
                                            Schaffung eines Durchgangsbahnhofes         gleis für den Fernverkehr und den Nah-
Ausgangslage                                für die Fernzüge (nach damaliger Planung    verkehr vorgesehen, sowie die Erwei-
                                            ca. 25 Zugpaare / Tag) vorsah. Eine Kon-    terungsmöglichkeit um zwei Gleise im
Mit dem Wettbewerb „Chancen für den         zentrierung des Personenverkehrs auf        Bereich der bestehenden Abstellgruppe
Donauraum“ im Jahr 1986 wurde die           einen „Zentralbahnhof“ wurde als nicht      geplant.
Idee eines Zentralbahnhofes Wien wie-       zweckmäßig erkannt. Diese Konzeptio-
der aufgegriffen. Der Standort Südbahn-     nierung zeigt, dass die Überlegungen zu     Aufgrund des bestehenden Postgebäu-
hof wurde durch eine Jury im Jahr 1987      einem möglichen Durchgangsbahnhof           des zwischen den beiden Kopfbahnhö-
für eingehende Untersuchungen emp-          Wien Hauptbahnhof in der Vergangen-         fen und dem geplanten Durchgangs-
fohlen. Im Weiteren wurde vor allem im      heit stark von den Prämissen zusätzlicher   bahnhof musste die Fußgängerrelati-
Hinblick auf die „Expo 95“ eine Varian-     Nahverkehrsangebote und weiterer Ver-       on an zumindest zwei Eckpunkte des
tenuntersuchung der baulichen Struktu-      bindungen von der S-Bahn-Stammstre-         Bahnhofsdreiecks gelegt werden. Be-
rierung vorgenommen. Die Öffnung des        cke zur Ostbahn geprägt waren.              dingt durch die Entwicklung der Stadt
Ostens im Jahr 1989 untermauerte das                                                    Wien entlang der Favoritenstraße und
Konzept des Durchgangsbahnhofes, da         Das Konzept des „Bahnhof Wien“ sah          der damit einhergehenden Führung der
nun für den Fernreiseverkehr in die öst-    insofern eine Erweiterung des bestehen-     U-Bahn über einen halben Kilometer
lichen Nachbarstaaten mit einer völlig      den Süd- und Ostbahnhofes um einen          vom Empfangsgebäude des Süd-/Ost-
neuen Situation zu rechnen und das his-     Durchgangsbahnhof mit vier Bahnsteig-       bahnhofes entfernt, führten zur Überle-
                                                                                        gung, den Hauptzugang zum Süd- und
                                                                                        zum Fernbahnhof an den Eckpunkt
                                                                                        „Südtiroler Platz“ zu legen.

                                                                                        Aus kommerziellen Überlegungen wur-
                                                                                        den am Bahnhof für gewerbliche Ne-
                                                                                        benbetriebe (Einkaufsmöglichkeiten,
                                                                                        Gastronomie) ca. 6.500 m2 vorgesehen.
                                                                                        Vor allem unter der Annahme des blei-
                                                                                        benden Bonus verlängerter Öffnungs-
                                                                                        zeiten sowie eines breiten Spektrums
                                                                                        war das ein wesentlicher Parameter der
                                                                                        Feasibility Studie für den Bahnhof Wien
                                                                                        (KUPA 1994).

                                                                                        Eindeutig erkennbar war der damalige
                                                                                        starke Fokus auf Parkhäuser bzw. Stell-
                                                                                        plätze. Insgesamt sollten für die Bahn-
                                                                                        hofsbenutzer 1.150 Stellplätze vorge-
Abb. 1: Übersicht Süd-, Ostbahnhof, Frachtenbahnhof Wien Süd                            sehen werden.
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       WIEN HAUPTBAHNHOF                                                                                   2. PM-BAU SYMPOSIUM
                                                                                                                   > Tagungsband 2007

                                                                                                 sowie den Sichtbezug zu den Gleisanla-
                                                                                                 gen wird die Nutzung „Bahnhof“ erlebbar.
                                                                                                 Entlang der Arsenalstraße sind in wei-
                                                                                                 teren Bearbeitungsschritten anstelle
                                                                                                 nicht genutzter Gleisanlagen Bauten
                                                                                                 für Bildung, Kultur und kommunale Ein-
                                                                                                 richtungen möglich. Die Sockelzone soll
                                                                                                 dabei für Parkanlagen, Busabstellplätze
                                                                                                 usw. Verwendung finden. Südlich des
                                                                                                 neuen Durchgangsbahnhofes (aktuelles
                                                                                                 Teilgebiet B) soll ein neues Stadtquartier
                                                                                                 mit gemischten Nutzungen entstehen,
                                                                                                 wobei die Gebäudehöhe und -dichte
                                                                                                 den örtlichen Gegebenheiten entspre-
                                                                                                 chen soll. Weiters wird die Verlänge-
                                                                                                 rung der Fußgängerzone Favoritenstra-
                                                                                                 ße bis zum Südtiroler Platz sowie die
                                                                                                 Errichtung eines Fuß- und Radweges
                                                                                                 als hochgelegter Steg zum Schweizer-
                                                                                                 garten vorgeschlagen. Für den Indivi-
                                                                                                 dualverkehr soll eine Verbindung zwi-
     Abb. 2: Modellfoto des Siegerprojekts im Expertenverfahren 1994, Arch. Theo Hotz            schen Landgutgasse und Ghegastraße
                                                                                                 in Form eines Straßentunnels zur Verfü-
     Expertenverfahren 1994                        Bauweise mit einer schrittweise Inbe-         gung stehen.“1
                                                   triebnahme einzelner Betriebe und ein
     Im Jahr 1994 wurde in Zusammenarbeit          Realisierungshorizont von etwa 10 bis         Gemäß dieses Vorschlags war geplant,
     der Österreichischen Bundesbahnen             15 Jahren ratsam.                             folgende Flächen zu entwickeln:
     mit der Stadt Wien ein Expertenver-                                                         > Öffentliche Nutzungen inkl. Ge-
     fahren zur Erlangung von Vorschlägen          Siegerprojekt von                                schäftsnutzung, Hotels und Kleinge-
     zur Errichtung eines neuen Bahnhofs-          Arch. Theo Hotz, 1995                            werbenutzung:       108.900 m² BGF
     gebäudes, unter Berücksichtigung der                                                        > Büronutzung:          70.300 m² BGF
     Durchbindung von Fernverkehrsgleisen          „Der Vorschlag sah die Errichtung eines       > Wohnnutzung (ca. 40%):
     zwischen Süd- und Ostbahn, ausge-             neuen Durchgangs- sowie eines S-Bahn-                                122.500 m² BGF
     schrieben.                                    hofes vor. Eine großzügig dimensionierte      > Gesamt:             301.700 m² BGF
                                                   mehrgeschoßige Halle mit markantem
     Das Bearbeitungsgebiet beinhaltete die        Flugdach gewährleistet optimale bahnin-
     Gesamtfläche des Südbahnhofareals             terne Umsteigewege zwischen dem Fern-         STÄDTEBAULICHES LEITBILD
     zwischen dem Wiedner Gürtel, der Arse-        reiseverkehr, dem städtischen Verkehrs-       ARCH. E. HOFFMANN /
     nalstraße, der verlängerten Ghegastra-        netz und dem regionalen S-Bahn und            BÜRO LUST, 2000
     ße, der Landgutgasse, der Laxenburger         Busliniennetz und bildet eine attraktive
     Straße und dem Südtiroler Platz, wobei        Fußgängerverbindung zwischen dem Vier-        Weitere Bearbeitung bis 2000
     der Weiterbetrieb des Postgebäudes zu-        tel und dem zehnten Bezirk. Parallel zur
     grunde gelegt wurde. Der Bereich des          Bahnhofshalle wird die Bebauungskante         Aufgrund geänderter Rahmenbedin-
     Frachtenbahnhofs Wien-Süd südlich             der Favoritenstraße durch ein Brücken-        gungen bezüglich des Hauptbahn-
     der verlängerten Ghegastraße zwischen         bauwerk mit Hotel- und Dienstleistungs-       hofes Wien wurde auf Betreiben der
     Sonnwendgasse / Gudrunstraße und              funktion als städtebauliches und architek-    Stadt Wien ein Städtebauliches Leit-
     den Gleisen der Ostbahn war damals            tonisches Zeichen weitergeführt. Durch        bild entwickelt. Durch das Büro Arch.
     noch explizit für die weitere Nutzung als     Ausräumen des bestehenden Gürtelvor-          Hoffmann wurden in Zusammenarbeit
     Frachtenbahnhof vorgesehen.                   landes wird ein großzügiger Bahnhofsvor-      mit dem Verkehrsplanungsbüro Lust
                                                   platz geschaffen, der als Busbahnhof, Ta-     unter Berücksichtigung des Wettbe-
     Im Bewusstsein um die hohen Investiti-        xivorfahrt, Kurzzeitparkplatz und Kiss- and   werbsprojektes von Architekt Theo
     onssummen erschienen eine modulare            Ride-Platz dient. Durch attraktive Zugänge    Hotz auf Basis des vom Büro Pauser
69
   2. PM-BAU SYMPOSIUM                                                                              WIEN HAUPTBAHNHOF
   > Tagungsband 2007

                       hbf. wien                                                            erstellten Gleisprojektes und unter Ein-
                                                                                            beziehung eines größeren Umfeldes,
                                                                                            stadtstrukturelle, städtebauliche und
                                                                                            architektonische Grundlagen für einen
                                                                                            Masterplan erarbeitet.

                                                                                            Das Projekt war Teil eines übergeord-
                                                                                            neten Verkehrsplanungsprojektes, wel-
                                                                                            ches die verbesserte Anbindung des
                                                                                            Flughafen Wien Schwechat an das öf-
                                                                                            fentliche Verkehrsnetz zum Ziel hatte.

                                                                                            Vor allem aus betrieblichen und bau-
                                                                                            technischen sowie aus Kostengrün-
                                                                                            den wurde das Konzept des unterir-
                                                                                            dischen Nahverkehrsgeschoßes nicht
                                                                                            mehr weiterverfolgt. Die Verbindung
                                                                                            zwischen den S-Bahnlinien der Ostsei-
                                                                                            te mit der S-Bahn-Stammstrecke bzw.
                                                                                            die Anbindung des Durchgangsbahn-
                                                                                            hofes an die S-Bahn wurde über die so
                                                                                            genannte Schweizergartenschleife (Un-
                                                                                            tertunnelung des Schweizergartens mit
                                                                                            einer optionalen zusätzlichen S-Bahn
Abb. 3: Städtebauliches Leitbild Arch. E. Hoffmann / Büro Lust und Büro Pauser              Station) und einer entsprechend ausge-
                                                                                            bauten S-Bahn Station Südtiroler Platz
                                                                                            sichergestellt.

                                                                                            Die städtebauliche Studie umfasst den
                                                                                            Bereich zwischen Wiedner Gürtel, der
                                                                                            Arsenalstraße, der verlängerten Ghega-
                                                                                            straße und der Landgutgasse.

                                                                                            Städtebauliches Konzept

                                                                                            Im Zuge der Bearbeitung zeigte sich,
                                                                                            dass bei mittel- bis langfristiger Verla-
                                                                                            gerung aller Funktionen des Ost- und
                                                                                            des Südkopfes in den Bereich des künf-
                                                                                            tigen Durchgangsbahnhofes weiter ge-
                                                                                            hende Umgestaltungsmaßnahmen rea-
                                                                                            lisierbar sind.

                                                                                            Die infolge der Verlagerung der Bahn-
                                                                                            hofsfunktionen freiwerdenden Grund-
                                                                                            flächen entlang des Wiedner Gürtels so-
                                                                                            wie der Arsenalstraße standen für neue
                                                                                            Nutzungen zur Verfügung, wobei gene-
                                                                                            rell ein Nutzungsmix angestrebt wird.
                                                                                            Die Südbahnhofhalle sollte als „Central
                                                                                            Hall“ erhalten bleiben und eine vorwie-
Abb. 4: Modellfoto Städtebauliches Leitbild Arch. E. Hoffmann / Büro Lust und Büro Pauser   gend gewerbliche Nutzung erhalten.
70
        WIEN HAUPTBAHNHOF                                                                                2. PM-BAU SYMPOSIUM
                                                                                                                > Tagungsband 2007

     Städtebauliche Leitidee war die Errichtung    „Central Hall“ mit einer Blockrandbe-       Die für Wohnungen vorgesehene Brutto-
     eines Bahnhofsviertels zwischen Wiedner       bauung zur Nutzungsintensivierung.          geschoßfläche von 137.500 m2 entspricht
     Gürtel, Arsenalstraße, verlängerter Land-                                                 somit ca. 25% der Gesamtnutzung.
     gutgasse und der Sonnwendgasse. Auf-          Auf dem Areal des Ostbahnhofes und
     grund der Rahmenbedingungen und der           der Südbahn sowie dem der Post sollte
     Funktionszusammenhänge setzte sich            eine auf die Central Hall ausgerichtete     EXPERTENVERFAHREN 2004
     das neue Bahnhofsviertel aus folgenden        Bebauung mit einer Arsenal-Passage
     Teilbereichen zusammen:                       und einer Gürtel-Passage entstehen.         Weitere Bearbeitung bis 2004
     > Hauptbahnhof Wien                           Angrenzend an den neuen Hauptbahn-
     > Bahnhofsvorplätze Nord und Süd              hof waren Hochhäuser geplant.               Umnutzung
     > Bahnhofshalle Südbahnhof                                                                Empfangshalle Südbahnhof
     > Ostbahnareal                                Der neue Hauptbahnhof Wien lag di-          Ausgehend von der Überlegung, die
     > Südbahnareal und Postgrundstück             agonal im neuen Bahnhofsviertel und         Empfangshalle des Südbahnhofes um-
     > Areal Sonnwendgasse / verlängerte           teilte dieses in eine nördliche und eine    zunutzen und als „Central Hall“ in die
        Landgutgasse                               südliche Hälfte. Das neu zu schaffende      weitere Stadtentwicklung einzubinden,
                                                   Straßennetz verknüpfte die einzelnen        wurde der Umbau der Empfangshalle als
     Die bestehende Bahnhofshalle unter-           Bereiche miteinander. Wohnungen wa-         vordringliches Projekt vorangetrieben.
     lag mit dem phasenweisen Entfall der          ren in erster Linie südlich des Durch-
     Bahnhofsfunktionen einer multifunkti-         gangsbahnhofes und im Nahbereich            In einer ersten Phase sollte die beste-
     onalen Umnutzung. Kreiert wurde eine          des Schweizergartens geplant.               hende Empfangshalle dem Stand der
                                                                                               Technik angepasst und ein Einkaufs-
                                                                                               zentrum mit ca. 15.000 m2 in der Halle
                                                                                               integriert werden. Auf der östlichen Vor-
                                                                                               platzseite des Südbahnhofes sollte ein
                                                                                               Hotel errichtet werden. Dieses Hotel war
                                                                                               als PPP-Projekt angedacht.

                                                                                               Schweizergartenschleife
                                                                                               Bedingt durch die Ausbaupläne der Stadt
                                                                                               Wien für die U-Bahnlinie U2 Richtung
                                                                                               Stadlau bzw. in das Areal des Haupt-
                                                                                               bahnhofes, verlor die An- bzw. Durch-
                                                                                               bindung der S-Bahnlinie S80 an Bedeu-
                                                                                               tung. Insofern wurde das Einschleifen
                                                                                               der S 80 in die S-Bahn Stammstrecke in
                                                                                               den weiteren Betrachtungen nicht mehr
                                                                                               vorrangig weiterverfolgt.

                                                                                               Anlagenkonfiguration
                                                                                               Ernst Basler & Partner, 10/2003
                                                                                               Folgende verkehrspolitische Maßga-
                                                                                               ben wurden einer neuen Anlagenkon-
                                                                                               figuration für den Hauptbahnhof zu
                                                                                               Grunde gelegt:
                                                                                               > Personenverkehr
                                                                                                  Der Hauptbahnhof Wien bildet ge-
                                                                                                  meinsam mit der Nahverkehrsdreh-
                                                                                                  scheibe Südtiroler Platz jenen über-
                                                                                                  geordneten Durchbinde- und Umstei-
                                                                                                  geknoten, der für die Sicherung der
     Abb. 5: Städtebauliches Leitbild Arch. E. Hoffmann / Büro Lust und Büro Pauser, Nutzun-      inneren und äußeren Erreichbarkeit
     gen und Realisierungszeiträume                                                               des Standortes Wien erforderlich ist.2
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  2. PM-BAU SYMPOSIUM                                                                            WIEN HAUPTBAHNHOF
   > Tagungsband 2007

> Güterverkehr
                      hbf. wien              Für die Dimensionierung der betriebsnot-   > Für die Durchbindung von Linien
  Zum Ausbau der Intermodalität im           wendigen Flächen und damit auch der          von der Südseite zur Ostseite im
  Knoten Wien ist die Umsetzung des          künftig nicht mehr betriebsnotwendigen       Fern-/ Nahverkehr sind insgesamt
  Güterumschlagkonzeptes für die Regi-       Flächen für das gesamte Umfeld wurde         8 Bahnsteigkanten im Richtungsbe-
  on Wien erforderlich, das die prioritäre   durch die ÖBB die Erstellung einer Anla-     trieb zweckmäßig, ergänzt um zwei
  Realisierung der Güterterminals Wien       genkonfiguration für den neuen Durch-        nördlich angeordnete separate Bahn-
  Inzersdorf und Wien Hafen Freudenau/       gangsbahnhof in Auftrag gegeben.             steigkanten für eine mögliche S80.
  Albern sowie für die zu erwartende Ent-                                               > Zwei Durchfahrgleise für unter-
  wicklung Richtung Osten das Güterter-      Als Ergebnis dieser Anlagenkonfigurati-      schiedliche Funktionen (Güterverkehr,
  minal Wien Nord-Ost vorsieht.2             on wird hier folgendes festgehalten:3        Verschubfahrten, Loküberstellfahrten,
                                                                                          etc.) sind mittig und südlich anzuord-
                                                                                          nen, deswegen kann dieser Bahnhof
                                                                                          auch ohne Inbetriebnahme anderer
                                                                                          Infrastrukturprojekte (zum Beispiel
                                                                                          Güterzugstrecke Laaer-Berg) im
                                                                                          Raum Wien seine eigene selbststän-
                                                                                          dige Wirksamkeit entfalten und
                                                                                        > die gleichzeitige vollständige Aus-
                                                                                          lagerung der Güterzugfunktionen vom
                                                                                          Bahnhof Matzleinsdorf an einen an-
                                                                                          deren Standort muss hier nicht als Aus-
                                                                                          schließungskriterium für die gesamte
                                                                                          Anlage von Wien Hbf. definiert werden;
                                                                                          hier bestehen auf der Zeitachse zeitlich
                                                                                          befristete Ausweichmöglichkeiten..

                                                                                        Aufgrund der Studien durch Ernst Basler
                                                                                        & Partner wurde zusätzlich zu den Prä-
                                                                                        missen additionaler Nahverkehrsange-
                                                                                        bote besonderer Wert auf mögliche Ra-
                                                                                        tionalisierungen sowohl im Betrieb als
                                                                                        auch auf die damit möglichen substan-
Abb. 6: Umnutzung Südbahnhof Arch. Theo Hotz 2001 / ÖBB Bahnhofsoffensive, 2002         ziellen Anlagenvereinfachungen gelegt.

                                                                                        Ferner konnten durch die Festlegung
                                                                                        der Umsetzung des Güterumschlag-
                                                                                        konzeptes auch die Grundflächen zwi-
                                                                                        schen Gudrunstraße, Sonnwendgasse
                                                                                        und Arsenalstraße (aktuelles Teilgebiet
                                                                                        C) in die städtebauliche Betrachtung
                                                                                        mit einbezogen werden.

                                                                                        Funktionale Grobplanung
                                                                                        Teilgebiet A – BahnhofCity
                                                                                        Studie von EBP Europa Bau- und
                                                                                        Projektmanagement GmbH 2003
                                                                                        Im Sinne einer Machbarkeitsstudie wur-
                                                                                        de das Büro EBP Europa Bau- und Pro-
                                                                                        jektmanagement GmbH mit der Erstel-
                                                                                        lung eines Konzeptes für das Handels-
                                                                                        und Dienstleistungszentrum als Ergän-
Abb. 7: EBP Europa Bau- und Projektmanagement GmbH., 2003                               zung zur Verkehrsstation beauftragt.
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       WIEN HAUPTBAHNHOF                                                                                 2. PM-BAU SYMPOSIUM
                                                                                                                 > Tagungsband 2007

     Als wesentliche Landmarken wurde eine        > Teilgebiet A: „BahnhofCity – Europa        se Errichtung des Gesamtprojekts er-
     Piazza mit einer Grundfläche von 4.300         Mitte“, zwischen Wiedner Gürtel,           möglichen und durch die Aufwertung
     m2 im Bereich der Kreuzung Wiedner             Arsenalstraße und dem neuen                nicht mehr betriebserforderlicher Flä-
     Gürtel / Arsenalstraße, zwei Solitärtür-       Bahnhof                                    chen und Flächen des Frachtenbahn-
     me für Büronutzung mit einer Höhe von          1. Handels und Dienstleistungszent-        hofes mit höherwertigerer Nutzung zur
     120 Metern südlich der Piazza, ein Ho-         rum mit Hotel:      120.000 m² BGF         Finanzierung des Bahnhofsprojektes
     tel mit einer Bruttogeschoßfläche von          2. Büronutzung:     280.000 m² BGF         beitragen.
     ca. 16.000 m2 im Bereich des Südtiroler        3. Aufnahmegebäude und Bahn-
     Platzes und dem eigentlichen Handels-          steigzugang                                Wesentliche Aspekte des Expertenver-
     und Dienstleistungszentrum mit einer           4. Vorplatz und Busbahnhof                 fahrens bzw. wesentliche Empfehlungen
     Gesamtfläche von 100.000 m2 BGF ent-           5. Nahverkehrsgeschoß                      der Jury waren:
     lang des Wiedner Gürtels vorgesehen.           (Südtiroler Platz)                         > Das neue Bahnhofsgebäude soll
     Das abwechslungsreiche Innenleben            > Teilgebiet B: Abschnitt Sonnwend-             durch seine Signifikanz eine eigene
     dieses Objektes mit einer Traufenhöhe          gasse, zwischen Sonnwendgasse                 Identität erhalten.
     von etwa 20 Metern wird durch den in           und Bundespost bis verlängerte             > An beiden Seiten des Bahnhofes sol-
     Längsachse des Gebäudes gelegenen,             Ghegastraße.                                  len attraktiv gestaltete, so weit wie
     glasüberdeckten mehrgeschoßigen                Mischnutzung:       120.000 m² BGF            möglich nach Westen gerückte Vor-
     Mall-Bereich mit großzügig dimensio-         > Teilgebiet C: Abschnitt Arsenal-              plätze konzipiert werden.
     nierten Aufweitungen betont.                   straße - Gudrunstraße, Südlich Teil-       > Auf die Verbindungsqualität zwisch-
                                                    gebiet B zwischen Sonnwendgasse,              en der nördlichen und der südlichen
     Letter of Intent 10/2003                       Gudrunstraße und Arsenalstraße.               Seite des Bahnhofes wird großer
     Für die im Zuge der Errichtung des neu-        Wohnnutzung und Gewerbe:                      Wert gelegt (Dialog mit den umge-
     en Durchgangsbahnhofes nicht mehr                                  490.000 m² BGF            bende Bezirken).
     betriebsnotwendigen Flächen (siehe           > Teilgebiet D: Abschnitt Margareten         > Die Schaffung eines eigenen Nah-
     oben) wurde mit der Stadt Wien und             Gürtel – Laxenburgerstraße, zwi-              verkehrsgeschoßes und das Ein-
     dem Bundesministerium für Verkehr, In-         schen Margareten Gürtel, Landgut-             schleifen der S80 in die S-Bahn
     novation und Technologie im Jahr 2003          gasse und Laxenburgerstraße.                  Stammstrecke wird nicht mehr weit-
     ein „Letter of Intent“ (LoI) mit folgenden     Wohnnutzung:         70.000 m² BGF            erverfolgt.
     Zielsetzungen unterzeichnet:                                                              > Unterhalb des Gleiskörpers sind
                                                  > Gesamt:             1.080.000 m² BGF          aus Sicherheitsgründen keine Gara-
     „… Grundgedanke ist der Ersatz der                                                           gen oder Busterminals sowie keine
     beiden Kopfbahnhöfe Süd- und Ost-            Expertenverfahren 2004                          großen Handelsflächen (Akzeptanz
     bahn durch einen Durchgangsbahnhof                                                           von Investoren und der Realisier-
     (Bahnhof Wien – Europa Mitte) und eine       Das städtebauliche Leitbild sowie die           barkeit in PPP-Modellen) vorzuseh-
     bessere Verknüpfung von Nahverkehrs-         oben genannten neuerlich veränderten            en. Der Gleiskörper ist beidseitig frei
     angeboten am Südtiroler Platz. Mit der       Rahmenbedingungen bilden die Grundla-           zu halten bzw. dort eine Verkehrser-
     Konzentration der beiden bestehenden         ge eines zweistufigen, internationalen Ex-      schließung zu planen.
     Kopfbahnhöfe und einer damit einherge-       pertenverfahrens, welches im Jahr 2004       > Die bauliche Verbindung von Bahn-
     henden Verlagerung bzw. Neuorganisati-       ausgelobt wurde. Neben den beiden Un-           hof und Handels- und Dienstleis-
     on zusammenhängender Funktionalitäten        terzeichnenden des LoI, den ÖBB und der         tungszentrum in Form einer mehrge-
     werden Liegenschaften im Ausmaß von          Stadt Wien, beteiligte sich auch die Post       schossigen Bahnhofshalle im Bereich
     rund 55 ha nicht betriebsnotwendig. Für      AG am gegenständlichen Verfahren. Für           des nördlichen Bahnsteigzugangs ist
     diese Liegenschaften sollen wirtschaft-      die Durchführung des Verfahrens wurden          von großer Bedeutung. Das Handels-
     lich sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten ge-     zehn Architektenteams eingeladen.               und Dienstleistungszentrum soll auf
     funden, in einem Masterplan (städtebau-                                                      den Flächen am Wiedner Gürtel an-
     liche Studie) dargestellt und schließlich    Gegenstand des Verfahrens ist die Erstel-       geordnet werden.
     die rechtlichen Voraussetzungen mit Flä-     lung eines Masterplanes, der die Grund-      > Eine Einzelhandels-Verkaufsfläche von
     chenwidmungs- und Bebauungsbestim-           lage für die zukünftige Flächenwidmung          ca. 25.000 m2 erscheint realisierbar.
     mungen geschaffen werden. …“ 4               im Entwicklungsgebiet bilden soll.           > Die Überbauung des Gleiskörpers mit
                                                                                                  Bauvolumen ist nicht vorgesehen.
     Das Planungsgebiet wird in vier Teilbe-      Das dem Expertenverfahren zu Grunde          > Die Erhaltung des alten Bahnhofsge-
     reiche geteilt:                              liegende Konzept sollte eine schrittwei-        bäudes wird nicht mehr gefordert.
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  2. PM-BAU SYMPOSIUM                                                                          WIEN HAUPTBAHNHOF
   > Tagungsband 2007

                      hbf. wien
> Das Grundstück der Bundespost soll        Erfordernisse in der Überarbeitung ge-    am Südtiroler Platz und an der Sonn-
  in der Gesamtbetrachtung bearbeitet       genüber den Ausformulierungen in den      wendgasse. Die Bahnanlagen selbst
  werden, es muss jedoch davon aus-         eingereichten Projekten Vorrang haben.    werden durch insgesamt 11 Hochhäu-
  gegangen werden, dass dieses län-                                                   ser mit Höhen von 56 Meter, 60 Meter
  gerfristig nicht zur Verfügung steht.     Masterplan von Arch. Theo Hotz/           bzw. einem Hochhaus an der Gürtel-
> Die etappenweise Realisierung muss        Hoffmann und A. Wimmer 2004               front mit bis zu 100 Metern flankiert.
  gewährleistet sein.
> Eigentumsverhältnisse und Grenzen         Am 17. Dezember 2004 wurde der Mas-       Die Seiten des nördlichen Quartiers wer-
  (Post und ÖBB) sind zu berücksich-        terplan „Bahnhof Wien – Europa Mit-       den durch den neu gestalteten Abschnitt
  tigen. Eine unabhängige Realisier-        te“ durch den Wiener Gemeinderat be-      des Wiedner Gürtels, den Baublöcken
  barkeit ist zu gewährleisten              schlossen.                                an der Arsenalstraße, der verlängerten
> Die Relation der Hochhäuser am                                                      Ghegastraße und die zum Gürtel durch-
  Standort AB/Post zum Belvedere            Der Masterplan unterteilt das Stadtent-   gezogene Sonnwendgasse definiert.
  und zum Schweizer Garten ist zu           wicklungsgebiet in zwei wesentliche Be-
  berücksichtigen.                          reiche, das nördliche und das südliche.   Das südliche Quartier wird durch den zen-
                                                                                      tralen Park mit einer Fläche von ca. 8 ha so-
Durch die Fachjury wurde beschlossen,       Das nördliche Quartier stellt annähernd   wie der umschließenden Wohnbebauung
dass die beiden Projekte Hotz/Hoffmann      ein Quadrat mit Seitenlängen von rund     geprägt. Durch die Lage und Ausprägung
und Wimmer für die weitere Bearbeitung      500 Meter dar, in dessen Diagonale        wird die ideale Voraussetzung für hochwer-
mit dem Ziel der Entwicklung eines ge-      der neue Hauptbahnhof Wien liegt. Der     tiges Wohnen am Park geschaffen.
meinsamen Projektes ausgewählt wer-         Bahnhof selbst ist als Verbindungse-
den. Dieser weiteren Bearbeitung sind auf   lement zwischen dem nördlichen und        Den Anschluss zwischen der Wohnbebau-
der Grundlage der beiden vorliegenden       dem südlichen Bahnhofsviertel konzi-      ung an der Ostseite des Parks zum Bahn-
Entwürfe die „Zielsetzung und Erforder-     piert, wobei eine Gleichwertigkeit der    gelände bilden Büro- und Gewerbegebiete,
nisse“, die gemeinsam und konsensual        Nord- und Südflanke angestrebt wird.      die eine Pufferfunktion wahrnehmen.
von der Jury formuliert wurden, zugrunde    Die beiden Bahnhofsvorplätze prägen
zu legen, wobei die Zielsetzungen und       das Erscheinungsbild des Bahnhofs         Ergänzend zu den im LoI definierten
                                                                                      Flächen kommen noch die Gebäude
                                                                                      auf dem Areal der Post mit einer Fläche
                                                                                      von 143.000 m2 BGF hinzu. Die zu ent-
                                                                                      wickelnde Gesamtfläche beträgt somit
                                                                                      gemäß Masterplan 1.224.000 m2 BGF.
                                                                                      Dies entspricht einer mittleren Geschoß-
                                                                                      flächenzahl bezogen auf das Bruttobau-
                                                                                      land von ca. 2,1. Der Anteil an Woh-
                                                                                      nungen (ca. 550.000 m2 unter Berück-
                                                                                      sichtigung der Auflagen des Gemeinde-
                                                                                      rats) beträgt 45%.

                                                                                      Mit dem vorliegenden Masterplan be-
                                                                                      steht die Möglichkeit, fast im Herzen der
                                                                                      Metropole Wien, nicht nur einen attrak-
                                                                                      tiven, internationalen Bahnknoten son-
                                                                                      dern auch eine zusätzliche erste Adresse
                                                                                      für die Wirtschaft, den Handel und das
                                                                                      Wohnen zu schaffen.

                                                                                      FLÄCHENWIDMUNGSPLAN

                                                                                      Basierend auf dem Masterplan wurde
Abb. 8: Masterplan von Arch. Theo Hotz / Hoffmann und A. Wimmer 2004                  im Folgenden der Flächenwidmungs-
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        WIEN HAUPTBAHNHOF                                                                          2. PM-BAU SYMPOSIUM
                                                                                                           > Tagungsband 2007

     plan erstellt und am 15. Dezember         neu zu entwickeln. Für dieses Areal ist   verkehrsdrehkreuz geschaffen, an dem
     2006 durch den Wiener Gemeinderat         ebenfalls ein Expertenverfahren mit       erstmals in der Bundeshauptstadt Zü-
     beschlossen.                              der Zielsetzung der Erstellung eines      ge unkompliziert aus allen Richtungen
                                               Masterplanes vorgesehen. Aus diesem       kommend in alle Richtungen verbunden
     Gemäß dem Beschluss des Master-           Grund wurde die in den ursprünglichen     werden können. Durch diese hochleis-
     planes durch den Wiener Gemeinde-         Planungen vorgesehene Blockrandbe-        tungsfähige Nord-Süd- und Ost-West-
     rat wurde im vorliegenden Flächenwid-     bauung an der Laxenburgerstraße bei       Verbindung wird der Bahnhof zur wich-
     mungsplan das Einkaufszentrum auf         der Flächenwidmung nicht mehr be-         tigsten Drehscheibe für den internatio-
     20.000 m2 begrenzt. Ferner wurden         rücksichtigt.                             nalen und nationalen Reiseverkehr und
     die Auflagen der Schaffung von 25%                                                  zu einem zentralen Knotenpunkt im
     Wohnanteil im Teilgebiet A (einschließ-                                             transeuropäischen Schienennetz.
     lich Post) sowie die Sicherstellung der
     Verträglichkeit der Hochhäuser mit dem    DER HAUPTBAHNHOF WIEN                     Der neue Hauptbahnhof Wien wird auf
     Belvedere, als Teil des Weltkulturer-     WIRD REALISIERT                           dem Gelände zwischen dem derzeitigen
     bes, umgesetzt sowie Anpassungen an                                                 Südbahnhof und dem Südtiroler Platz
     den Stand der Planung des Gleispro-                                                 errichtet. Das neue Bahnhofsgebäude
     jektes und diverse Detailadaptierungen    PROJEKTÜBERSICHT                          wird hell und barrierefrei gestaltet und
     durchgeführt.                             BAHNINFRASTRUKTUR                         bietet neben den über Rolltreppen und
                                                                                         Lifte erreichbaren zehn Bahnsteigen ein
     Bedingt durch die Festlegung, auf dem     Das Bahninfrastrukturprojekt umfasst      breites Angebot an Einkaufsmöglich-
     Gelände des ehemaligen Stückgut-          neben dem Neubau des Bahnhofs-            keiten und Gastronomie. Auf 20.000 m2
     umschlag-Bahnhofes Matzleinsdorf          gebäudes (Verkehrsstation) auch eine      Fläche über zwei Etagen werden rund
     sämtliche technischen Bahnbetriebs-       Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die im      100 Geschäfte zum Einkaufen einla-
     anlagen für die ÖBB-Traktion (Loko-       unmittelbaren Zusammenhang mit dem        den. Unterhalb der Bahnflächen soll ei-
     motiven-Garagen) und die ÖBB-Tech-        Bahnbetrieb stehen.                       ne Garage für mehr als 600 Autos ent-
     nische Services (Wartung von Wag-                                                   stehen, die die heutige Parkgarage am
     gons) zu konzentrieren, ergibt sich die   Verkehrsstation                           Gürtel ersetzen wird. Visueller Blickfang
     Möglichkeit, das gesamte Quartier zwi-                                              des Bahnhofes wird ein großes, modern
     schen Landgutgasse und Laxenburger        Mit dem neuen Hauptbahnhof als            gestaltetes Dach, das die Bahnsteige
     Straße mit einer Fläche von ca. 8 ha      Durchgangsbahnhof wird ein Schienen-      überspannt und trockenes Ein- und
                                                                                         Umsteigen auch bei nassem Wetter si-
                                                                                         cherstellt. Durch den Betrieb im Rich-
                                                                                         tungsverkehr wird ein Umsteigen am
                                                                                         Bahnsteig ermöglicht.

                                                                                         Südtirolerplatz

                                                                                         Die direkte Verbindung zur U-Bahn und
                                                                                         S-Bahn erfolgt vom Bahnhofsgebäude
                                                                                         über eine neue, unterirdische Passa-
                                                                                         ge. Im Bereich der Straßenbahnlinie 18
                                                                                         wird eine neue Verteilerhalle geschaf-
                                                                                         fen, in welcher durch großflächige Öff-
                                                                                         nungen in den Seitenwänden für natür-
                                                                                         liches Licht und gemeinsam mit den
                                                                                         Geschäften für ein angenehmes Ambi-
                                                                                         ente gesorgt wird. Insgesamt entsteht
                                                                                         am Südtiroler Platz ein intermodularer
                                                                                         Verkehrsknoten für Bahn-, S Bahn-, U-
                                                                                         Bahn-, Straßenbahn-, Bus- sowie In-
                                                                                         dividualverkehr und Anschluss an den
     Abb. 9: Modellfoto Teilgebiet A und B                                               Flughafen Wien.
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  2. PM-BAU SYMPOSIUM                                                                           WIEN HAUPTBAHNHOF
   > Tagungsband 2007

                       hbf. wien
Das Projekt „Umbau Südtiroler Platz“          triebliche Standorte (Traktion, Tech-     Bedienstete neu errichtet. Gleichzei-
wurde Anfang Juni begonnen und soll           nische Services und Personenverkehr)      tig erfolgen eine Modernisierung der
vor dem Baubeginn der Verkehrsstation         im Rahmen eines neuen Standortkon-        Anlagen und die Schaffung von War-
Ende 2009 abgeschlossen werden.               zepts geordnet und örtlich im Bereich     tungsmöglichkeiten für die bereits be-
                                              des heutigen Frachtenbahnhofs Matz-       stellten railjet-Garnituren.
Technische Betriebsanlagen                    leinsdorf konzentriert. Dort werden
Matzleinsdorf                                 eine zentrale Wartungshalle, Lokab-       Gleisanlagen
                                              stellplätze, eine Dieseltankstelle, der
Im Raum Wien werden unter Ausnut-             Standort des Hilfszugs sowie ein Bü-      Auf eine Gesamtlänge von etwa 5 km
zung vorhandener Synergieeffekte be-          rogebäude mit Parkplätzen für ÖBB-        werden zwischen Bahnhof Meidling
                                                                                        und der Gudrunstraße die Gleisanlagen
                                                                                        einschließlich des Unterbaus und der
                                                                                        Kunstbauten (Brücken, Stützwände,
                                                                                        etc.) erneuert. Insgesamt werden ca.
                                                                                        100 km Gleise neu verlegt, 300 Weichen
                                                                                        versetzt und ca. 30.000 m2 Brücken neu
                                                                                        errichtet.

                                                                                        Im Bereich Gudrunstraße wird eine mo-
                                                                                        derne, leistungsstarke Anlage für Au-
                                                                                        tos im Reisezug geschaffen. Zur Um-
                                                                                        setzung des Richtungsbetriebes ist es
                                                                                        erforderlich, im Bereich des Gürtels ein
                                                                                        Überwerfungsbauwerk (Brücke) und im
                                                                                        Bereich der Arsenalstraße ein Unterwer-
                                                                                        fungsbauwerk (Tunnel) herzustellen.

                                                                                        PROJEKTÜBERSICHT
                                                                                        IMMOBILIENPROJEKT

Abb. 10: Visualisierung Bahnhof und Bahnhof-City (nördlicher Bahnhofsvorplatz)          Im Gegensatz zu vergleichbaren Pro-
                                                                                        jekten in Deutschland, werden die
                                                                                        Teilbaugebiete im neuen Stadtent-
                                                                                        wicklungsgebiet durch die ÖBB selbst
                                                                                        – konkret durch die ÖBB Immobilien-
                                                                                        management GmbH – entwickelt und
                                                                                        verwertet. Entgegen der Annahmen des
                                                                                        Expertenverfahrens sind eine Trennung
                                                                                        und unabhängige Realisierung der
                                                                                        Grundstücke der Post und der ÖBB
                                                                                        nicht mehr relevant, da die ÖBB die
                                                                                        ehemaligen Postgrundstücke strate-
                                                                                        gisch erwerben konnten.

                                                                                        Derzeit befindet man sich mit einem
                                                                                        strategischen Key-Investor für ein be-
                                                                                        deutendes Grundstück im Teilgebiet A
                                                                                        in abschließenden Verhandlungen.

                                                                                        Im Teilbaugebiet C sollen vorrangig ge-
Abb. 11: Technische Betriebsanlagen Matzleinsdorf                                       förderte Wohnungen verwirklicht wer-
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        WIEN HAUPTBAHNHOF                                                                                                     2. PM-BAU SYMPOSIUM
                                                                                                                                     > Tagungsband 2007

     den, während im Teilbaugebiet A auf der                            Realisierungsterminplan                     setzung der Verkehrsstation als auch der
     Seite zum Schweizer Garten frei finan-                                                                         angrenzenden Hochbauten ermöglicht
     zierte Wohnungen entstehen sollen.                                 Wesentlicher Aspekt des Realisierungs-      und eine Eröffnung des neuen Bahn-
                                                                        konzeptes des Gesamtprojektes war           hofes nach nur 3,5 Jahren erzielt.
                                                                        die Überlegung, den Südast zwischen
     PROJEKTÜBERSICHT                                                   Bahnhof Meidling und dem Südbahnhof
     STÄDTISCHE INFRASTRUKTUR                                           in der Realisierungsphase zu sperren
                                                                        und den Bahnsteig des Ostastes zu ver-      SCHLUSSBEMERKUNG
     Die Stadt Wien hat als Beitrag zum Ge-                             kürzen. In dieser Zeit dient der Bahnhof
     samtprojekt die Errichtung der gesamt-                             Meidling als Ersatz für den Südbahnhof      Mit Genehmigung des Rahmenplans
     en städtischen Infrastrukturmaßnahmen                              und auch als Haltestation für die Fernzü-   2007-2012 durch das BMVIT und mit
     innerhalb des neuen Stadtteiles über-                              ge der Ostbahn.                             Investitionsbeschluss der Organe der
     nommen. Diese Infrastrukturmaßnahmen                                                                           ÖBB steht das Projekt „Wien Haupt-
     umfassen zum einen die technische Infra-                           Durch dieses Konzept wird eine be-          bahnhof“ als eines der größten Entwick-
     struktureinrichtungen wie öffentliche Stra-                        schleunigte Realisierung sowohl der Um-     lungsprojekte der Gegenwart endgültig
     ßen und Plätze inklusive aller Verkehrs-
     angelegenheiten, insgesamt ca. 5 km
     Straße und 8,8 ha Parkanlagen, sowie die
     Ver- und Entsorgungseinrichtungen im öf-
     fentlichen Straßennetz. Zum anderen wird
     durch die Stadt Wien mit dem Bau des
     neunen Typus des „Campus“ (gemein-
     same Betreuung von Kinder zwischen 0
     – 10 Jahren) und einer Hauptschule die
     soziale Infrastruktur sichergestellt.

      2006    • Beginn der Planung
              • Strategische Umweltprüfung
              • Baubeginn Busbahnhof Waldmanngründe

      2007    •   Baubeginn S-Bahnstation Südtiroler Platz
              •   Umweltverträglichkeitsprüfung für das Gleisprojekt,
                  das Städtebauvorhaben und das Straßenprojekt

      2008    • Baubeginn U1-Passage am Südtiroler Platz
              • Architekturwettbewerbe für Investorenprojekte
              • Erste Freimachungen im Entwicklungsgebiet

      2009    • Fertigstellung der S-Bahnstation am Südtiroler Platz
              • Baubeginn des Gleisprojektes
              • Baubeginn der Bahnhof-City, des Einkaufszent-
                rums und der Wohnsiedlung

      2011/   • erste Züge rollen, Teilinbetriebnahme
       2012   • Adaptierung Gürtel
              • Fertigstellung erster Büro- und Wohnbauten

      2013    •   Eröffnung Hauptbahnhof
              •   Fertigstellung des Einkaufszentrums, der Garage
                  und der Bahnhof-City

      2015    •   Fertigstellung des gesamtes Gleisprojektes
              •   Vollbetrieb

     Abb. 13: Realisierungsterminplan                                   Abb. 12: Gesamtübersichtsplan
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  2. PM-BAU SYMPOSIUM                            WIEN HAUPTBAHNHOF
   > Tagungsband 2007

                    hbf. wien
vor der Realisierung. Das Gesamtpro-
jekt – eine Symbiose von Bahninfra-
struktur und Stadtentwicklung – bedeu-
tet zukunftsweisende Lebensqualität,
nicht nur für Wien.                 22

                                         Quellenhinweise:

                                             1
                                         >   Text der Beurteilung 1994/1995
                                             2
                                         >   MA 18. Masterplan Verkehr Wien – Po-
                                           sitionspapier, Wien 2002
                                         > 3 Ernst Basler und Partner, Zürich 2003
                                         > 4 ÖBB, Stadt Wien, BMVIT – Letter of
                                           Intent, Wien 2003
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