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558 CONTROLLING-SCHWERPUNKT Dipl.-Kfm. Johannes Seefried, MBA, ist wis- Business Partnering durch indivi- senschaftlicher Mitar- beiter des Hilti Lab for Integrated Performance duelles Kompetenzmanagement – Management am Lehr- stuhl für Controlling/ Performance Manage- Ausgestaltung der Rolle des ment der Universität St. Gallen. Performance Managements am Beispiel von Hilti Mag. Rer. Soc. Oec. Johannes Seefried, Franz Wirnsperger, Jens Schulte und Klaus Möller Franz Wirnsperger ist Direktor des Hilti Lab for Integrated Perfor- mance Management am Business Partner sind heutzutage in vielen Unternehmensbereichen anzu- Lehrstuhl für Control- treffen. Der Beitrag befasst sich mit dem Business Partner im Bereich des ling/Performance Management der Uni- Performance Management, beschreibt anhand eines Kompetenzmodells versität St. Gallen. die Sicht der Wissenschaft und gibt Einblicke in die praktische Ausgestal- tung der Rolle am Beispiel der Firma Hilti. ........................................................ del bei den Kompetenzen fokussiert. In 1. Handlungsfelder eines Finance Abschnitt drei geben wir einen knappen Dr. Jens Schulte ist als Business Partners Überblick über den Stand der Forschung Executive Vice Presi- ........................................................ dent Finance & Control- und Anwendung im Bereich Kompeten- ling verantwortlich für Zahlreiche Publikationen, Vorträge und zen und Kompetenzmanagement. In Ab- Finanzen weltweit bei Berater fordern vom Controlling einen der Hilti Gruppe, Liech- schnitt vier werden der Fallstudienpart- tenstein. Wandel von einem reinen Zahlenliefe- ner und dessen Wandel in der finanziel- ranten zu einem Business Partner. Ähn- len Steuerung eingeführt, in den das liche Forderungen finden sich auch in Kompetenzmodell eingebettet ist. Dieses anderen Disziplinen, wie Informatik, wird in Abschnitt fünf konkretisiert. Der Marketing oder Personal. Insofern kann Beitrag schließt mit einem Ausblick auf durchaus von einem Trend gesprochen die Nutzung von derartigen Kompetenz- werden, ob dieser nur temporär im Sinne modellen, um gezielt Mitarbeiter zum Prof. Dr. Klaus Möller ist einer Mode ist, bleibt noch abzuwarten. Business Partner zu qualifizieren. Inhaber des Lehrstuhls Grundsätzlich ist eine solche Forderung für Controlling/Perfor- ........................................................ mance Management an schnell nachvollziehbar, geht sie doch mit der Universität St. Gal- einer Ausweitung der Anforderungen an 2. Veränderung der Rolle des len. Controller einher, was für den Partner Controllings ........................................................ des Controllings (das Management) nützlich und für das Controlling selbst Auf die Entwicklung des Controllings aufgabenerweiternd, und damit potenzi- blickend ist ein Wandel der Aufgaben ell interessant wäre. Unklar bleibt bei den und Verantwortungen des Controllers im meisten Forderungen allerdings, was das Laufe der Zeit zu erkennen (vgl. Abb. 1). genaue Profil eines solchen Business Dominierten in der Anfangszeit des Con- Partners im Controlling ist, was seine trollings noch stärker die zahlen- und Rolle, Erwartungen, Leistungen etc. sind. rechnungswesenorientierten Aufgaben, Damit gehen viele Forderungen nur we- ist in neuerer Zeit ein deutlicher Wandel nig über die Platzierung eines neuen Be- hin zu mehr Entscheidungsunterstützung griffs hinaus und überlassen es dem Le- zu konstatieren (vgl. Fischer et al., 2015, ser, Zuhörer oder Anwender, dies selbst S. 45 ff.). Entsprechende Überlegungen zu konkretisieren. Im Folgenden soll da- wurden bereits frühzeitig angestellt und her der Begriff des Finance Business Part- führten zur Differenzierung von ver- Stichwörter ners anhand eines Kompetenzmodells schiedenen Rollen des Controllings: Re- 䊏 Business Partner aus Sicht der Wissenschaft und in der gistrator, Navigator und Innovator (vgl. 䊏 Finanzorganisation praktischen Anwendung konkretisiert Küpper et al., 1990, S. 286). Moderne In- 䊏 Kompetenzen werden. Der Beitrag ist dazu wie folgt formationstechnologien wie Enterprise 䊏 Performance Management aufgebaut: In Abschnitt zwei wird zuerst Resource Planning-Systeme und neuer- 䊏 Rollenbild die Veränderung der Rolle der Finanz- dings auch Big Data und Analytics-An- funktion beschrieben und auf den Wan- wendungen beschleunigen diesen Wan- CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
Business Partnering durch individuelles Kompetenzmanagement – Ausgestaltung der Rolle des Performance Managements am Beispiel von Hilti 559 Rollenverständnis Aufgabeninhalte - (proaktiver) Ideengeber und Business Treiber für das Management Partner role making - Sicherstellung des Fit zwischen Organisation und Steuerung Entwicklung der Aufgaben (reaktive) Optimierung und Navigator - Entscheidungsunterstützung - Strategieimplementierung - Planung Reporter - (Standard-) Berichtswesen role taking und Kommentierung - Kostenrechnung Technischer Experte - Kalkulation Number Cruncher - Konsolidierung / Jahresabschluss zeitliche Entwicklung Grad der Unterstützung/ Substitution durch IT Abb. 1: Verständnis und Aufgaben des Controllings im Zeitablauf del. Weber/Schäffer (2013) berichten pra- funktion kann ihre Rolle zunehmend Aufgaben geht einher mit sich ändernden xisbezogen von einer Entwicklung des selbst gestalten (role making), muss dies Kompetenzanforderungen an die Mitar- Controllers vom Erbsenzähler zum Busi- aber auch aktiv tun, da viele der traditio- beiter des Finanzbereichs. Deren zukünf- ness Partner, der durch externe und un- nellen Aufgaben zunehmend durch IT er- tige Rolle als Business Partner kann nur ternehmensinterne Einflüsse getrieben setzt werden. verankert werden, wenn ihre erfolgskriti- wird. Auch Gleich/Lauber (2013) diag- schen Kompetenzen verbessert oder auf- Betont werden muss, dass das „Basisver- nostizieren einen solchen Wandel und gebaut werden können (vgl. Göttling et ständnis“ des Controllings als techni- differenzieren die Ausprägungen Analyst, al., 2013, S. 45). Im Folgenden soll daher scher Experte und zuverlässiger Zahlen- Kontrolleur, Business Partner und Chan- zunächst der Begriff der Kompetenzen lieferant weiterhin Bestand hat und einen ge Agent. herausgearbeitet werden. Teil der Rolle des Controllings ausmacht. Es lässt sich zusammenfassen, dass das Die neuen Aufgaben sind als Zusatz zu ........................................................ Controlling-Verständnis mit einer Aus- sehen, die die Rolle erweitern, aber nicht prägung des Controllers beginnt, der völlig verändern. Insofern beinhaltet ein 3. Kompetenzen und Kompetenz- einen starken Fokus auf Zahlen legt und Business Partner durchaus auch die zu- management ........................................................ verlässlicher Zahlenlieferant oder techni- vor genannten Rollen, allerdings nun in scher Experte ist. Neben dem reinen Be- geringeren Anteilen. Empirische Studien Unter Kompetenz ist eine Selbstorganisa- reitstellen von Zahlenmaterial entwickel- zeigen, dass sich bei einem Business Part- tionsdisposition zu verstehen, d. h. das te sich der Controller in einer zweiten ner-Verständnis der Anteil an transaktio- Vermögen in Problem- und Entschei- Stufe zu einem (vertrauensvollen) Be- nalen Abwicklungsaufgaben, die durch dungssituationen proaktiv und eigen- richterstatter weiter, dessen Aufgabenbe- Finance Factories oder Shared Service ständig zu handeln, sowie grundsätzlich reich in der managementgerechten und Centers übernommen werden, verringert gezeigtes Verhalten, das durch persön- zuverlässigen Aufbereitung von Zahlen (vgl. Sorensen, 2009, S. 1279). Entschei- liche Orientierung und Motivation er- und Berichten lag. Mit dem Anstieg der dungs- und Gestaltungsmöglichkeiten gänzt wird und damit über reines Wissen betrieblichen Komplexität durch wach- für den Finanzbereich bestehen insbe- hinausgeht (vgl. Erpenbeck/Rosenstiel, sende Organisationsgrößen, Globalisie- sondere im Bereich des Performance Ma- 2003, S. XV). Kompetenzen stellen dem- rung etc. kamen zusätzliche Steuerungs- nagements, da dies die größten organisa- nach eine Kombination aus Wissen, Fer- aufgaben hinzu und die Rolle des Con- tionalen Freiheitsgrade aufweist (vgl. tigkeiten und Qualifikationen dar, er- trollers als Entscheidungsunterstützer Möller et al., 2015, S. 74). Entsprechend gänzt um Regeln, Werte und Normen etablierte sich. In der jüngeren Zeit kom- ist in diesem Bereich die Transformation (vgl. Abb. 2). Wenn eine Person als kom- men nun verstärkt strategische Aufgaben der Finanzfunktion und des Rollenver- petent erachtet wird, besitzt sie automa- hinzu und eine stärkere Mitverantwor- ständnisses am stärksten und die Not- tisch die zur Ausführung der Tätigkeit tung des Controllers für Entscheidungen, wendigkeit für einen strukturierten Wan- geforderten Qualifikationen, das Wissen die sich im Verständnis des Business del am höchsten (vgl. Goretzki/Weber, und auch die dazugehörigen Fertigkeiten Partners manifestiert. Die Controlling- 2012, S. 25 ff.). Dieser Wandel in den (vgl. Heyse, 2007, S. 23). Merkmale der 27. Jahrgang 2015, Heft 10
560 KOMPETENZEN IM CONTROLLING CONTROLLING-SCHWERPUNKT zeugt und für Handlungen begeistert werden können. Über die starke Verhal- tensorientierung kann der Business Part- ner aktiv auf die Leistung des Unterneh- mens einwirken. Dabei handelt er stets Regeln proaktiv und mit einer starken Leistungs- orientierung. Ein Großteil der Aufgaben Werte des Business Partners liegt in der Bera- tungsfunktion. Damit arbeitet er täglich mit Menschen zusammen, was eine aus- geprägte soziale Kompetenz erfordert. Wissen i.e.s. Qualifi- Kompetenzen ........................................................ Fertigkeiten kationen 4. Performance Management und Business Partner-Verständnis bei Hilti ........................................................ Im Folgenden soll anhand des Business Partner-Kompetenzmodells der Wandel Normen der Finanzfunktion und die Konkretisie- rung der Erwartungen an diese Rolle über ein solches Modell anhand der kon- kreten Umsetzung bei dem Unternehmen Hilti aufgezeigt werden. Die Umsetzung war eingebettet in einen Wandel des Abb. 2: Der Kompetenzbegriff (in Anlehnung an Erpenbeck/Rosenstiel, 2003, S. XII) Steuerungsmodells, der knapp beleuchtet werden soll. Kompetenz sind Subjektgebundenheit tung und werden auch im weiteren Ver- und Entwicklungsfähigkeit, welche eine lauf genutzt. Die Hilti AG mit Sitz in Liechtenstein ist auf die Person zugeschnittene Entwick- ein global tätiger Hersteller von Spezial- Kompetenzen können dabei unterschied- werkzeugen und Befestigungstechnik für lung ermöglichen (vgl. Kaufhold, 2006, lichen Kompetenzgruppen, sog. Kompe- das Baugeschäft. Mit rund 22.000 Mitar- S. 24). tenzdimensionen, zugeordnet werden. beitern in mehr als 120 Ländern erzielte Die Messung der Kompetenzen kann da- Bei Betrachtung der in der Literatur häu- Hilti in 2014 einen Umsatz von 4,5 Mrd. bei mittels quantitativer, qualitativer und fig verwendeten Kompetenzdimensionen Schweizer Franken. Zwei Drittel der Mit- hybrider Verfahren erfolgen (vgl. Erpen- fachlich, methodisch, persönlich und so- arbeiter sind im Direktvertrieb und im beck/Hasebrook, 2013, S. 372; Erpenbeck, zial (vgl. Erpenbeck/Rosenstiel, 2003, S. Engineering unmittelbar für den Kunden 2009, S. 30 f.). Bei qualitativen Verfahren XVII) können einzelne Kompetenzen tätig. 1941 als Familienunternehmen ge- werden durch systematische Gesprächs- hervorgehoben werden, die für den Busi- gründet, hat sich Hilti seither zum Welt- führung Kompetenzen ermittelt, indem ness Partner als Treiber des Performance konzern entwickelt. Nach einem Going Methoden und besprochene Themen do- Managements ausschlaggebend sind. Um Private hält der Martin Hilti Familien kumentiert werden. Hierzu kann eine die Gestaltung und Koordination der Trust seit 2003 alle Aktien und Partizipa- Kompetenzbilanz verwendet werden, bei Steuerungspraktiken einer Organisation tionsscheine der Hilti AG. der, abgeleitet aus geschilderten Verhal- voranzutreiben, sind fachliche Kompe- tensweisen und Lebenserfahrungen, tenzen wie umfangreiche Geschäfts- Das im Folgenden geschilderte Kompe- Kompetenzen bilanziert werden. Quanti- kenntnisse und ein Verständnis des un- tenzmodell war ein Teil eines tiefgreifen- tative Methoden hingegen sind Tests, Ra- ternehmenseigenen Wertschöpfungspro- den Wandels in der Unternehmenssteue- tings oder Modellrechnungen. Diese Ver- zesses erforderlich. Dabei benötigt der rung, der sich über rund zehn Jahre voll- fahren bauen meist auf einem Kompe- Business Partner neben analytischen Fä- zog (vgl. Möller et al., 2015). Neben dem tenzmodell auf und schließen aus Hand- higkeiten eine ausgeprägte Fähigkeit zu Setzen einheitlicher Prozess-Standards lungsergebnissen auf implizite Verhal- strategischem und konzeptionellen Den- durch eine Harmonisierung der Daten- tensvoraussetzungen. Hybride Verfahren ken, um Sachverhalte einer Diskussion basis und IT-Systeme wurde ein System kombinieren beide Verfahren. Notwendig ganzheitlich zu erfassen. So kann er der selbstadjustierenden, relativen Ziel- für die Anwendung eines Verfahrens ist Denkanstöße liefern und konstruktive setzung eingeführt sowie ein damit ver- mindestens die Definition eines eindeuti- Spannungen schaffen, um festgefahrene bundenes Anreiz- und Incentivesystem gen Kompetenzbegriffs und eines ein- Verhaltensmuster und Prozesse kritisch für das Management aller Profit Center heitlichen Kompetenzverständnisses. zu hinterfragen. Neben diesen methodi- der Hilti Gruppe geschaffen. In Kombina- Aufgrund der schwierigen interpersona- schen Kompetenzen liegt eine weitere tion mit dem Einsatz einer Balanced len Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Stärke des Business Partners in einer ef- Scorecard und der Anwendung eines Rol- qualitativen Verfahren finden quantitati- fektiven und wirkungsvollen Kommuni- ling Forecasts konnte die klassische Bud- ve Verfahren eine immer größere Verbrei- kation, bei der Gesprächspartner über- getierung ersetzt werden. Der gesamte CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
Business Partnering durch individuelles Kompetenzmanagement – Ausgestaltung der Rolle des Performance Managements am Beispiel von Hilti 561 ........................................................ Führungsprozess wurde so Schritt für den jeweiligen Kulturdimensionen zuge- Schritt von einem traditionellen „Kom- 5. Vorstellung des Finance Busi- ordnet sind. mando und Kontrolle“-Ansatz in einen ness Partner-Kompetenzmodells ........................................................ Im Bereich der internen Ausbildung wird wesentlich stärker durch Selbststeue- Aufgrund der zentralen Bedeutung der auf das Finance Business Partner-Kom- rungsmechanismen getragenen (Selbst-)- Kompetenzen wurde bei Hilti zur Unter- petenzmodell zurückgegriffen. Durch die Steuerungsprozess überführt. Der Wan- stützung der Business Partner-Funktion Abfrage der einzelnen Schlüsselkompe- del wurde dabei aktiv aus der Finanzor- ein speziell auf die Rolle des Finance tenzen ergibt sich ein detailliertes Bild ganisation getrieben und löste gleichzei- Business Partners zugeschnittenes Kom- des Entwicklungsstands einer Person, tig eine Transformation der gesamten Fi- petenzmodell entwickelt. Ausgangspunkt sodass die für die Funktion notwendigen nanzorganisation aus. Die Abschaffung war ein bereits unternehmensweit einge- Kompetenzen zielgerichtet und auf Ein- des zeitintensiven Budgetierungsprozes- setztes, generisches Kompetenzmodell der zelkompetenzbasis weiterentwickelt wer- ses und die Standardisierung von Prozes- Hilti Gruppe, welches in einigen Kompe- den können. Nachfolgend wird auszugs- sen, inklusive der Entwicklung einer tenzdimensionen, die für die Rolle des Fi- weise auf einige als besonders wichtig de- standardisierten Reporting Plattform nance Business Partners besonders rele- finierte Kompetenzen eingegangen. und der Etablierung von regionalen Sha- vant sind, weiter vertieft und konkreti- red Service Centern für die Kernprozesse So ist im Bereich der funktionalen Kom- siert wurde. Mit Hilfe des Finance Busi- der Buchhaltung, eliminierten, verein- petenz vor allem Fachwissen aus den Be- ness Partner-Kompetenzmodells wird ein fachten oder verlagerten wesentliche Auf- reichen Controlling und Performance global einheitliches und konkretes Ver- gabenbereiche der lokalen Finanzorgani- Management hervorzuheben. Der Finan- ständnis für die Aufgaben und notwendi- sation. Eine weitere Straffung der Prozes- ce Business Partner wird als Architekt gen Kompetenzen eines Business Partners se wurde für die Reduktion der Durch- und Orchestrator des Performance Ma- innerhalb der Finanzorganisation etab- laufzeit des monatlichen Konzernab- nagement-Systems gefordert. Er muss die liert (vgl. Abb. 3). Zusätzlich schafft das schlusses auf sechs Arbeitstage (inkl. aller Steuerungselemente sowie die finanziel- Modell einen konkreteren Bezugsrahmen Analysen und Managementinstrumente len Wirkungszusammenhänge innerhalb für den Personalentwicklungsprozess im auf allen Ebenen des Unternehmens) ge- des Unternehmens kennen und ist für die Finanzbereich und wird auch im Rahmen nutzt. Die freigesetzte Zeit erlaubte eine Integration des Performance Manage- von In-house Trainingsprogrammen – intensivere Auseinandersetzung mit Op- ment Prozesses sowie unterstützender der sog. Finance Academy – eingesetzt. timierungspotentialen im Geschäft. Die- Systeme im Bereich Zielsetzung, Forecas- ser Wandel wurde bei Hilti auch durch Auf der obersten Ebene des Modells sind ting, Commitment Building, und Repor- die Änderung der Bezeichnung der Funk- die Kulturdimensionen von Hilti darge- ting verantwortlich. Zur übergeordneten tion vom lokalen „Finanzleiter“ zum „Fi- stellt. Auf dieser Dimension unterschei- Orientierung wurde ein idealtypischer nance Business Partner“ bewusst unter- det sich das Business Partner-Kompe- „Performance Management Cycle“ defi- strichen. In ähnlichem Ausmaß wandelte tenzmodell nicht vom generischen Kom- niert, der ebenfalls Teil der standardisier- sich die Rolle der zentralen Finanzfunk- petenzmodell der Organisation. Auf der ten, und teilweise über e-learning Modu- tion. Von einer kontrollfokussierten Or- Ebene darunter wurden Kompetenzclus- le zugänglichen Trainingsmodule der „Fi- ganisation, die neben den klassischen ter eingeführt, um Kompetenzen ähn- nance Academy“ ist. Des Weiteren ist der Corporate Finance Funktionen primär licher Ausrichtung aggregiert darstellen Finance Business Partner gefordert, für mit der Bewältigung von intern fokus- zu können. Hier geht das Business Part- einen effektiven und effizienten Manage- sierten Planungszyklen beschäftigt war, ner-Kompetenzmodell in den für die ment Prozess zu sorgen, wobei ihm stan- änderte sich die Aufgabe der zentralen Fi- Business Partner-Funktion relevanten dardisierte Tools und Templates zur Ver- nanzfunktion zu einem Kompetenzzen- Dimensionen über das generische Modell fügung stehen. trum für die Gestaltung von Steuerungs- der Hilti Gruppe hinaus. Jedes Kompe- Im Bereich des Geschäftsverständnisses praktiken und -prozessen und somit zu tenzcluster besteht dann aus verschiede- ist die Kenntnis des eigenen Markts ele- einer primär auf globale Führung- und nen Schlüsselkompetenzen, die auf einer mentar. Dabei geht es über das reine Koordination ausgerichteten Funktion. Skala von 1 (beschrieben als ,nicht wirk- „Kennen“ der eigenen Kunden hinaus. sam, Notwendigkeit grundlegender Ver- Dennoch waren damit „lediglich“ die Ein guter Business Partner bringt perma- besserung‘) bis 5 (,extrem wirksam, Rol- Grundlagen für einen größeren Umfang nent einen Außenbezug ein und fördert lenbild für andere‘) anhand von Verhal- an Business Partnering-Aktivitäten der im Innenverhältnis eine kritische Ausei- tensankern, die spezifisch für die Rolle Finanzorganisation geschaffen. Die Qua- nandersetzung mit der eigenen Markt- des Finance Business Partners definiert lität des Business Partnering hängt ganz leistung im Vergleich zu den Wettbewer- sind, bewertet werden können. Der Vor- entscheidend von den Kompetenzen der bern. Er sorgt auch im Rahmen seiner teil dabei ist, dass durch Verhaltensanker Funktionsträger ab. Als organisatorisches Aufgabe als Architekt und Orchestrator ein Beispiel jeder Ausprägung auf der Fundament für den Wandel und die Ent- des gesamten Performance Management Skala gegeben wird. So kann besser ein wicklung der Kompetenzen wurde ein Prozesses dafür, dass „die Stimme des einheitliches Verständnis geschaffen wer- Business Partner-Kompetenzmodell ent- Kunden“ im angemessenen Ausmaß ge- den. Zudem wird der Unschärfe einer wickelt und erfolgreich umgesetzt, das im hört wird und als „automatisches Korrek- uneinheitlichen Interpretation vorge- folgenden Abschnitt dargestellt wird. tiv“ wirken kann. beugt. In Summe werden für die Bewer- tung 38 Schlüsselkompetenzen herange- Der Bereich der methodischen Kompe- zogen, die durch die Kompetenzcluster tenz ist bei Hilti in zwei Bereiche unter- 27. Jahrgang 2015, Heft 10
562 KOMPETENZEN IM CONTROLLING CONTROLLING-SCHWERPUNKT Kultur- Funktionale Geschäfts- Methodische ͙͙ dimensionen Kompetenz verständnis Kompetenz ͙ Kompetenz- Gespür fürs Richtung Managen von ͙͙ ͙͙ ͙͙ ͙͙ cluster ͙ Geschäft ͙ geben Veränderung ͙ ͙ Schlüssel- Markt- ͙͙ Ganzheitliche Konstruktives ͙͙ ͙͙ ͙͙ kompetenzen ͙ kenntnis ͙ Diagnose challengen ͙ ͙ Marktverständnis ʹ Kenntnis relevanter Märkte und deren Potential Verhaltens- anker 1 | nicht wirksam, Notwendigkeit Keine Erfahrung mit Hilti oder in Hilti relevantem Markt grundlegender Verbesserung Interner Fokus, kein Bewusstsein für Mitbewerbern 2 | wenig wirksam, ͙ benötigt Verbesserung 3 | wirksam, vergleichbar ͙ zu den Meisten 4 | sehr wirksam, ͙ besser als die Meisten Umfangreiche Hilti Erfahrung in einer kundennahen Tätigkeit 5 | extrem wirksam, Nachgewiesene Erfahrung in diesem Bereich Rollenvorbild für andere Ausgeprägtes Verständnis der Mitbewerber und deren Strategie Abb. 3: Schematische Darstellung eines Ausschnitts des Finance Business Partner-Kompetenzmodells von Hilti teilt. Zum einen in Kompetenzen, die die Sachverhalte aus einer anderen Perspekti- zen zu schulen und zur Anwendung zu Fähigkeit betreffen der Organisation ve zu betrachten und eingefahrene Denk- bringen, wurde ein generischer Finance Richtung zu geben, zum anderen Kom- und Verhaltensmuster sowie Prozesse zu Business Partnering-Prozess definiert, petenzen, die für das Umsetzen der ge- hinterfragen. Hierfür benötigt der Finan- der anhand von Fallstudien, die auf typi- planten Richtung erforderlich sind. Im ce Business Partner im Bereich der per- sche Hilti Geschäfts- und Entscheidungs- Zusammenhang mit der Fähigkeit, der sönlichen und sozialen Kompetenzen situationen zugeschnittenen sind, trai- Organisation Richtung zu geben, wird ähnliche Fähigkeiten wie ein guter Mana- niert werden kann (vgl. Abb. 4). vom Business Partner u. a. erwartet, ger. Das Finance Business Partner-Kom- Der Prozess des Finance Business Partne- ganzheitliche Diagnosen erstellen zu petenzmodell ist in diesen Dimensionen ring besteht aus fünf Phasen, die bei der können und nicht im Detail der finanzi- daher wieder praktisch deckungsgleich Ausübung des Business Partnering situa- ellen Analyse verhaftet zu bleiben (Stich- mit dem generellen Kompetenzmodell tiv unterschiedlich zum Einsatz kommen, wort: „analysis paralysis“), sondern z. B. der Hilti Gruppe. aber typischerweise durchlaufen werden auch die Wirkung von Steuerungsinstru- Wie an der Auswahl der erfolgskritischen sollten. Diese Prozessperspektive wird menten auf das Verhalten der Akteure im Kompetenzen zu erkennen ist, ist es vor vor allem im Zusammenhang mit der Unternehmen mit zu berücksichtigen. Im allem die fachliche und methodische Ausbildung und dabei primär zur Struk- Bereich der umsetzungsorientierten Kompetenzdimension, die die Grundlage turierung von Fallstudien zum Business Kompetenzen wird z. B. auf die Fähig- für ein erfolgreiches Finance Business Partnering verwendet. Die Fallstudien keit, Veränderungen zu managen, abge- Partnering bildet. Für die effektive An- beschreiben Entscheidungssituationen stellt. Dabei sind besonders der Mut und wendung bedarf es jedoch auch einer aus dem Unternehmensalltag entlang des die Fähigkeit, konstruktiv zu „challen- ausgeprägten Fähigkeit im Bereich der generischen Business Partnering-Prozes- gen“, gefragt. Weiter wird vom Business persönlichen und sozialen Kompetenzen. ses. Die Lösungsansätze im Rahmen der Partner in seiner Funktion als „Perfor- Fallstudien demonstrieren, wie durch die mance Driver“ eine beispielgebende Leis- Business Partnering wird bei Hilti daher Verwendung der im Finance Business tungsorientierung gefordert. als ein Prozess verstanden, der durch Partner-Kompetenzmodell beschriebe- Darüber hinaus ist es für einen Finance Training und Coaching verinnerlicht und nen Kompetenzen in der jeweiligen Ent- Business Partner oftmals notwendig, gelebt werden muss. Um die Kompeten- scheidungssituation idealtypisch gehan- CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
Business Partnering durch individuelles Kompetenzmanagement – Ausgestaltung der Rolle des Performance Managements am Beispiel von Hilti 563 Finance Business Gehör Situation Blickwinkel Lösungen Maßnahmen Partnering verschaffen erfassen erweitern erarbeiten nachhalten Wertschätzung Umfassendes und Situation in größeren Diskussionen Lösung und deren Zielsetzung durch Expertise gemeinsames Kontext einordnen zielgerichtet steuern Implementierung verschaffen Verständnis schaffen begleiten Kenntnisse und Fokussieren und Zusammenhänge Konstruktives Maßnahmen Ideales Erfahrungen Präzisieren und Auswirkungen Hinterfragen kontrollieren und Verhalten aufzeigen Objektives auf Organisation Validieren von Abweichungen Analysieren aufzeigen Entscheidungen analysieren Fehlende Falsche Lediglich Emotionale Keine Typische Delegierung Priorisierung finanzielle Bindung Dokumentation Probleme Finanzfokus Zu viele Details Betrachtung Keine Koalitions- Kein Follow-Up
564 KOMPETENZEN IM CONTROLLING CONTROLLING-SCHWERPUNKT Heyse, V., Strategien – Kompetenzanforde- rungen – Potenzialanalysen, in: Heyse, V./Er- Bahnbrechend penbeck, J. (Hrsg.), KompetenzManagement, Methoden, Vorgehen, KODE ˆ und KODE ˆ X und inspirierend. im Praxistest, Münster u. a. 2007, S. 11–179. Kaufhold, M., Kompetenz und Kompetenzer- fassung – Analyse und Beurteilung von Ver- fahren der Kompetenzerfassung, Wiesbaden 2006. Küpper, H. U./Weber, J./Zünd, A., Zum Ver- ständnis des Controllings – Thesen zur Kon- sensbildung, in: Zeitschrift für Betriebswirt- schaft, 60. Jg. (1990), H. 3, S. 281–293. Möller, K./Wirnsperger, F./Gackstatter, T., Per- formance Management – Konzept, Erfahrun- gen und Ausgestaltung einer neuen Diszi- plin, in: Controlling, 27. Jg. (2015), H. 2, S. 74–80. Sorensen, J. E., Management accountants in the United States: practitioner and academic views of recent developments, in: Chapman, C. S./Hopwood, A. G./Shields, M. D. (Hrsg.): Handbook of Management Accounting Re- search, 3. Aufl., Amsterdam 2009, S. 1271– 1296. Von Frederic Laloux. Weber, J./Schäffer, U., Vom Erbsenzähler zum 2015. VIII, 356 Seiten. Gebunden € 39,80 Business Partner, 1. Aufl., Weinheim 2013. ISBN 978-3-8006-4913-6 Literaturtipps aus dem Online-Archiv Portofrei geliefert: vahlen.de/14174799 der CONTROLLING: 䊏 Hans-Jürgen Kujath und Gero Holt- hoff, Performance Management bei Herausragend zur Organisationsentwicklung Bayer, Ausgabe 2/2015, S. 81–88. Frederic Laloux hat mit »Reinventing Organizations» 䊏 Klaus Möller, Franz Wirnsperger und das Grundlagenbuch für die integrale Organisati- Thomas Gackstatter, Performance Ma- nagement – Konzept, Erfahrungen und onsentwicklung verfasst. Ausgestaltung einer neuen Disziplin, Ausgabe 2/2015, S. 74–80. Die Schwerpunkte 䊏 Jörg Kampmeyer, Franz Wirnsperger Das erste Kapitel des Buches gibt einen Überblick und Klaus Möller, Finanzielle Führung bei Hilti, Ausgabe 4–572013, S. 265– über die historische Entwicklung von Organisations- 268. paradigmen, bevor im zweiten Kapitel Strukturen, die Praxis und die Kultur von Organisationen, die ein erfüllendes und selbstbestimmtes Handeln der Menschen ermöglichen, vorgestellt werden. Auf die Bedingungen, Hindernisse sowie Herausforde- rungen bei der Entwicklung dieser evolutionären Organisationen wird in Kapitel 3 eingegangen. Hier entwirft Frederic Laloux einen Leitfaden für den Weg hin zu einer ganzheitlich orientierten und sinn- stiftenden Organisation. Erhältlich im Buchhandel oder bei: vahlen.de | Verlag Franz Vahlen GmbH 80791 München | bestellung@vahlen.de | Preise inkl. MwSt. | 164360 CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
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