Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung - Rahmenprogramm empirische ...

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Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung - Rahmenprogramm empirische ...
Rahmenprogramm
empirische Bildungsforschung
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Inhaltsverzeichnis

1       Bildungs- und forschungspolitische Herausforderungen                                                                                                             2

2       Ziele des Rahmenprogramms empirische Bildungsforschung                                                                                                           4
2.1 Erkenntnisse in neuen Feldern gewinnen – Wissensbasis für Bildungspraxis und -politik stärken ............6

2.2 Kooperation von Forschung und Praxis fördern ....................................................................................................6

2.3 Das Bildungswesen verbessern – Innovationen durch Forschung voranbringen ...........................................7

2.4 Exzellente Bildungsforschung strukturell weiter ausbauen ...............................................................................7

3       Handlungsfelder                                                                                                                                                  8
3.1 Bildungsgerechtigkeit verbessern – individuelle Potenziale erkennen und entwickeln ...............................9

3.2 Mit Vielfalt umgehen und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken .......................................................... 12

3.3 Qualität im Bildungswesen fördern ...................................................................................................................... 14

3.4 Technologische Entwicklungen im Bildungsgeschehen gestalten und nutzen ........................................... 16

Interview mit Mitgliedern des Begleitgremiums zum Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung ............. 18

4       Struktur, Instrumente und Organisation                                                                                                                        22
4.1 Strukturförderung in der Bildungsforschung fortsetzen .................................................................................. 23

4.2 Flexibel auf Herausforderungen reagieren: partizipative Weiterentwicklung des Rahmenprogramms...... 24

4.3 Qualitätssicherung und Evaluation ....................................................................................................................... 26

4.4 Förderinstrumente ................................................................................................................................................... 27

5       Mittelvolumen und Laufzeit                                                                                                                                    28

6       Vernetzung mit anderen Programmen und Förderschwerpunkten                                                                                                     30
6.1 Forschungs- und Innovationsförderung des BMBF ........................................................................................... 31

6.2 Forschungsförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ................................................................... 35

Impressum                                                                                                                                                             37
Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung - Rahmenprogramm empirische ...
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1 Bildungs- und forschungspolitische
  Herausforderungen
Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung - Rahmenprogramm empirische ...
1 | BILDUNGS- UND FORSCHUNGSPOLITISCHE HERAUSFORDERUNGEN                                                          3

Wir stehen heute vor großen und neuen Herausforde-
rungen: der Digitalisierung fast aller Lebensbereiche,
der voranschreitenden Globalisierung, den demogra-
fischen Veränderungen, der Sicherung unserer demo-
kratischen Werte. Diesen Herausforderungen muss
sich auch das Bildungssystem stellen, denn Bildung ist
unerlässlich für ein selbstbestimmtes Leben. Sie beein-
flusst die Lebenschancen jedes Menschen ebenso wie
seine Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe.
Damit sind gelingende Bildungsprozesse auch eine
Grundbedingung für jede demokratische Gesellschaft.
Sie sind ein Schlüssel für Wachstum, Wohlstand und
eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Unser
Ziel ist deshalb, das Bildungssystem so zu fördern,
dass es die Herausforderungen unserer Zeit annimmt
und allen, die in Deutschland leben, bestmögliche          Mit der demografischen Entwicklung stellt sich die
Bildungschancen eröffnet – unabhängig von Herkunft,        Frage, welche Herausforderungen eine alternde Ge-
Geschlecht, sozialem Status, religiöser oder sexueller     sellschaft mit sich bringt und wie gesellschaftliche und
Orientierung.                                              berufliche Teilhabe für alle über eine lange Lebens-
                                                           spanne hinweg gewährleistet werden kann. Auch für
Die Bundesregierung stellt sich diesen Herausfor-          regionale Disparitäten bedarf es geeigneter Lösungen
derungen. Das Bundesministerium für Bildung und            – ob in strukturschwachen Regionen oder den sozialen
Forschung (BMBF) hat die Aufgabe, die Bildungsprozes-      Brennpunkten der Ballungsräume. Die Vielfalt inner-
se in unserem Land über den gesamten Lebensverlauf         halb der Gesellschaft wächst und stellt neue Anforde-
hinweg bestmöglich zu unterstützen. Um dieses Ziel         rungen an ein friedliches und gerechtes gesellschaft-
zu erreichen, müssen immer wieder die Bedingungen          liches Miteinander.
geklärt werden, die diese Bildungsprozesse optimal för-
dern. Dazu brauchen wir eine exzellente Bildungsfor-       Das BMBF setzt seine erfolgreiche Forschungsförde-
schung. Sie schafft die Wissensgrundlagen für rationale    rung deshalb mit dem Rahmenprogramm empirische
Entscheidungen in Bildungspolitik und Bildungspraxis.      Bildungsforschung seit 2017 fort – zehn Jahre nach
Daher beschränkt sich Bildungsforschung nicht darauf,      dem Beginn des ersten Rahmenprogramms. Das neue
Beschreibungs- und Erklärungswissen zu erzeugen,           Rahmenprogramm bildet ein organisatorisches Dach,
sondern erarbeitet auch Handlungs- und Verände-            unter dem die Bildungsforschung optimale Bedingun-
rungswissen, das das vielfältige Erfahrungswissen          gen finden soll.
der Praktikerinnen und Praktiker erweitern kann.
                                                           Kernstück des Programms ist die Orientierung an den
Globalisierung und Digitalisierung lassen die Bedeu-       aktuellen bildungspolitischen Herausforderungen.
tung von Bildung für Innovation, für technologischen       Die Forschungsergebnisse sollen noch stärker genutzt
Fortschritt, aber auch für gesellschaftliche Integration   werden, um diese Herausforderungen in Bildungskon-
weiter wachsen. In der Arbeitswelt werden Beschäftigte     texten zu bewältigen. Dafür werden die Gegenstands-
gesucht, die hohe fachliche Qualifikationen und die        bereiche der geförderten Forschungsvorhaben ebenso
Fähigkeit zu Flexibilität, Kooperation und Kommuni-        erweitert wie die methodischen Herangehensweisen.
kation mitbringen. Der rasante digitale Wandel betrifft    Innovations-, Implementations- und Transferforschung
nicht nur den beruflichen und privaten Alltag der          rücken stärker in den Mittelpunkt. Auch der Dialog und
Erwachsenen, sondern zunehmend auch die Lebens-            die Zusammenarbeit von Forschung mit Bildungspraxis
wirklichkeit von Kindern und Jugendlichen.                 und Bildungspolitik sollen ausgeweitet werden. Die
                                                           einzelnen Themen werden in Förderbekanntmachun-
                                                           gen konkretisiert.
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2 Ziele des Rahmenprogramms empirische
  Bildungsforschung
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2 | ZIELE DES RAHMENPROGRAMMS EMPIRISCHE BILDUNGSFORSCHUNG                                                        5

Das erste Rahmenprogramm zur Förderung der empi-           gesellschaftliche Orientierung der Forschungsförderung
rischen Bildungsforschung hat seit 2007 entscheidend       über die gesamte Laufzeit zu gewährleisten. Das BMBF
dazu beigetragen, die empirische Bildungsforschung         steht im fortlaufenden Dialog mit Vertreterinnen und
in Deutschland zu etablieren: Es gibt eine deutliche       Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung,
Zunahme an Lehrstühlen mit dem Schwerpunkt                 Bildungspraxis und Zivilgesellschaft, um die Themen-
empirische Bildungsforschung, und auch die Zahl hoch       setzungen, die Instrumente und die erwartete Wirkung
qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und           der Fördermaßnahmen zu prüfen und – wenn nötig –
-wissenschaftler ist angestiegen. Die Verstetigung des     anzupassen.
Nationalen Bildungspanels (National Educational Panel
Study, NEPS) als eigenständiges Institut in der Leibniz-
Gemeinschaft ist ein Beleg für die erfolgreiche Förde-
rung der Forschungsinfrastruktur in der empirischen
Bildungsforschung. Dadurch ist eine Datenbasis für die
Analyse von Bildungsverläufen geschaffen worden, die
auch im internationalen Vergleich herausragt.

Die empirische Bildungsforschung in Deutschland
konnte ihre internationale Sichtbarkeit steigern und ist
interdisziplinärer geworden. Die Vorhaben der bisheri-
gen Forschungsbereiche – wie Professionalisierung des
pädagogischen Personals, Steuerung im Bildungssys-
tem, Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten,
Chancengerechtigkeit und Teilhabe sowie verschiedene
Schwerpunkte zur sprachlichen Bildung – weisen eine
große Bandbreite auf. Erarbeitet wurden dabei um-
fangreiches Beschreibungs-, Erklärungs- und Hand-
lungswissen, aber auch konkrete Handreichungen für
die Bildungspraxis, vor allem für den Schulbereich.
Das neue Programm wird diese erfolgreichen Ansätze
weiterverfolgen und fortentwickeln. Es bleibt an den       Das Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung
hohen methodischen Qualitätsstandards einer evi-           verfolgt folgende forschungspolitische Ziele:
denzbasierten, empirisch-wissenschaftlichen For-
schung ausgerichtet.                                          Erkenntnisse vertiefen und in neuen Feldern
                                                              gewinnen – Wissensbasis für Bildungspraxis und
Forschung im Rahmenprogramm empirische Bil-                   -politik stärken
dungsforschung untersucht Voraussetzungen, Be-                Kooperation von Forschung und Praxis fördern
dingungen und Prozesse von Bildung sowie Wirkun-              Innovationen zur Verbesserung des Bildungswe-
gen von Bildungsangeboten. Sie führt zu empirisch             sens durch Forschung voranbringen
gesicherten, verallgemeinerbaren Erkenntnissen und            exzellente Bildungsforschung strukturell ausbauen
macht sie der Bildungspolitik und der Bildungspraxis
zugänglich. Sie verknüpft exzellente Grundlagenfor-
schung mit anwendungsorientierter Forschung und            Diese Ziele werden in Förderrichtlinien zu einzel-
zeichnet sich durch ihre Problemlösungsorientierung        nen Forschungsschwerpunkten konkretisiert. Diese
aus. Das setzt den Dialog mit Expertinnen und Exper-       Schwerpunkte spezifizieren den jeweiligen Zuwen-
ten und relevanten Akteurinnen und Akteuren aus            dungszweck, den Gegenstand beziehungsweise die
Bildungspraxis, -politik und -administration voraus.       Themen der Förderung und die Adressatinnen und
                                                           Adressaten.
Das Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung
zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität aus, um die
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2.1 Erkenntnisse in neuen Feldern
gewinnen – Wissensbasis für
Bildungspraxis und -politik stärken

Die Forschungsförderung geht künftig über den bis-
herigen Fokus auf den schulischen Bereich hinaus und
erfasst alle Bildungsetappen und -prozesse über die
gesamte Bildungsbiografie. Einige Schwerpunkte der
bisherigen Forschung werden vertiefend weitergeführt.

Die Forschung zu aktuellen gesellschaftlichen Pro-
blemlagen und ihren Implikationen für die Bildung
wird weiter gestärkt. Dazu gehören Fragestellungen,
die mit der Fortsetzung der Bildungsexpansion und der
Reduzierung der Anzahl Geringqualifizierter zusam-
menhängen. Im Mittelpunkt stehen auch der Abbau
sozialer und regionaler Disparitäten, der Umgang mit
zunehmender Heterogenität in Bildungseinrichtungen
und die Chancen und Risiken der Digitalisierung in der
Bildung. Darüber hinaus sind strukturelle Rahmen-
bedingungen im Bildungssystem und in Bildungs-            Schließlich werden Forschungsfragen stärker berück-
einrichtungen Gegenstand der Forschungsförderung.         sichtigt, die sich mit dem Transfer und der Implemen-
Besondere Beachtung erhalten die jeweiligen Schnitt-      tation wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse in die
stellen zwischen den Bildungseinrichtungen, den           Bildungspraxis befassen.
Teilsystemen des Bildungswesens und zwischen den
Bildungsetappen.
                                                          2.2 Kooperation von Forschung und
Im Bildungswesen trifft eine Vielzahl unterschiedlicher   Praxis fördern
Interessen und Entwicklungen aufeinander. Politische
Institutionen und Bildungspraxis benötigen eine solide    Damit der Transfer wissenschaftlich fundierten
empirische Wissensbasis, um Entscheidungen sachge-        Handlungs- und Veränderungswissens in die Praxis
recht treffen zu können. Die Bildungsforschung liefert    noch besser gelingt, sollen alle relevanten Gruppen
dafür nicht nur umfangreiches Grundlagenwissen,           einbezogen werden: Erzieherinnen und Erzieher, Lehr-
sondern kann durch theoretisch fundierte und empi-        kräfte, Ausbilderinnen und Ausbilder, Verantwortliche
risch geprüfte Modelle auch zur Weiterentwicklung der     in Bildungsadministration und Bildungspolitik und
Praxis beitragen.                                         Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft. Im
                                                          Rahmenprogramm werden geeignete Instrumente
Bildungsforschung kann dabei helfen, die Möglichkei-      entwickelt, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
ten und Grenzen politischer und praktischer Gestal-       So wird eine strukturierte Kommunikation und
tung aufzuzeigen. Sie liefert Erkenntnisse darüber,       Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis auf
welche Faktoren Innovations- und Gestaltungsprozes-       Ebene der Programmsteuerung eingerichtet. Bei der
se begünstigen, warum intendierte Wirkungen zuwei-        Steuerung der Förderschwerpunkte werden Koope-
len ausbleiben und worauf unerwünschte Begleiter-         rationen unterstützt, die bestehende Netzwerke der
scheinungen zurückzuführen sind. Bei der Vermittlung,     Bildungspraxis einbeziehen. Denn Politik, Verwaltung,
Nutzung und Interpretation dieser Erkenntnisse            Bildungseinrichtungen und das pädagogische Personal
müssen auch die Bedarfe der verschiedenen beteiligten     tragen gemeinsam die Verantwortung für die Qualität
Akteurinnen und Akteure sowie deren unterschiedli-        von Bildung.
che Interessenlagen berücksichtigt werden.
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                                                            Bildungseinrichtungen, die Kooperation und Kom-
                                                            munikation. Auf Personengruppen wie Leitungen,
                                                            Lehrpersonal und Lernende kommen neue Aufgaben
                                                            und Zuständigkeiten zu. Zugleich gilt es aus bildungs-
                                                            politischer Sicht, Bewährtes zu identifizieren. Das
                                                            wissenschaftlich gestützte Festhalten an erfolgreichen
                                                            Handlungsroutinen („Best Practice“) und Strukturen ist
                                                            für die Gestaltung des Bildungswesens ebenso relevant
                                                            wie die Frage nach dem Verbesserungsbedarf und nach
                                                            dem Beschreiten neuer Wege.

                                                            Die Ergebnisse der Bildungsforschung kommen nicht
                                                            nur der Bildungspolitik zugute. Von den Erkenntnissen
                                                            profitieren auch forschungs- und innovationspolitische
                                                            Ansätze wie die Hightech-Strategie der Bundesregie-
                                                            rung oder das Zehn-Punkte-Programm „Vorfahrt für
                                                            den Mittelstand“ des BMBF. Diese Strategien sollen
                                                            dazu beitragen, den Fachkräfte- und Qualifikations-
                                                            bedarf der Wirtschaft zu decken. Mit ihren Ergebnissen
                                                            kann die Bildungsforschung somit die Innovations-
                                                            fähigkeit Deutschlands erhöhen.
2.3 Das Bildungswesen verbessern –
Innovationen durch Forschung                                2.4 Exzellente Bildungsforschung
voranbringen                                                strukturell weiter ausbauen
Dem Rahmenprogramm empirische Bildungsfor-                  Nur die Ergebnisse einer exzellenten Forschung haben
schung liegt ein weiter Innovationsbegriff zugrunde,        das Potenzial, das Bildungssystem voranzubringen und
der für das BMBF auch in anderen Forschungs- und            Bildungsprozesse zu verbessern. Die grundlagen- und
Förderbereichen maßgeblich ist. Er schließt soziale In-     die anwendungsorientierte Forschung müssen hohen
novationen ein und berücksichtigt die Zivilgesellschaft     Qualitätskriterien für wissenschaftliches Arbeiten ge-
als wichtige Akteurin in Innovationsprozessen.              nügen und auch international sichtbar und anschluss-
                                                            fähig an den aktuellen Forschungsstand sein.
Das Gelingen sozialer Innovation setzt wissenschaftlichen
Erkenntniszuwachs und praktische Erfahrungen voraus.        Das Rahmenprogramm knüpft an die Ergebnisse seines
Innovationsprozesse verlaufen in der Regel nicht linear     Vorgängers an und setzt die Strukturentwicklung in
von der Grundlagenforschung über angewandte For-            der Bildungsforschung fort. Das gilt vor allem für den
schung bis hin zur Umsetzung. Sie sind komplex, und ihr     weiteren Ausbau der Informations- und Forschungs-
Erfolg ist abhängig von den Kontextbedingungen. Das gilt    infrastrukturen, die Förderung des wissenschaftlichen
gerade im Bildungssystem, in dem vielfältige Rückkopp-      Nachwuchses und die Unterstützung der internatio-
lungen zwischen den Teilprozessen sowie den Institutio-     nalen Zusammenarbeit. Vielfalt und Breite der in der
nen und handelnden Personen notwendig sind. Dafür die       Bildungsforschung bearbeiteten Themen erfordern
geeigneten Formate und Organisationsformen zu finden        unterschiedliche bildungswissenschaftliche sowie
ist Bestandteil bildungspolitischer Innovationen.           inter- und transdisziplinäre Zugänge. Angesprochen
                                                            sind die Erziehungswissenschaften, die Psychologie,
Die Digitalisierung im Bildungsgeschehen ist dafür          die Allgemeine Didaktik und die Fachdidaktiken, die
ein gutes Beispiel: Sie beschränkt sich nicht auf neue      Soziologie, die Politik-, Wirtschafts- und Verwaltungs-
technische Lösungen, sondern geht einher mit einem          wissenschaften, die Neurowissenschaften sowie je nach
Bedarf an neuen Formen für die Organisation in den          Themenfeld auch weitere Disziplinen.
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3 Handlungsfelder
3 | HANDLUNGSFELDER                                                                                                        9

Aus den genannten bildungs- und forschungspoliti-              Zusammenhang in den Blick genommen. Und schließ-
schen Zielsetzungen ergeben sich vier zentrale Hand-           lich geht es um die Kompetenzen des pädagogischen
lungsfelder für die Forschungsförderung:                       Personals und die pädagogisch-didaktischen Praktiken,
                                                               die auf die unmittelbare Gestaltung von Bildungsange-
   Bildungsgerechtigkeit verbessern – individuelle             boten zielen.
   Potenziale erkennen und entwickeln
   mit Vielfalt umgehen und gesellschaftlichen Zu-             Dieses Modell wird auch für die Strukturierung der
   sammenhalt stärken                                          Handlungsfelder angewandt. Für bestimmte Frage-
   Qualität im Bildungswesen fördern                           stellungen ist es unerlässlich, Untersuchungen auf
   technologische Entwicklungen im Bildungsbereich             mehreren Ebenen anzusiedeln, um relevante Bedin-
   gestalten und nutzen                                        gungsfaktoren, Wechselwirkungen und Effektketten
                                                               ausmachen zu können.
Innerhalb dieser Handlungsfelder werden jeweils For-
schungsschwerpunkte gefördert. Die Handlungsfelder
weisen untereinander vielfältige Berührungspunkte auf.         3.1 Bildungsgerechtigkeit verbessern –
                                                               individuelle Potenziale erkennen
In der empirischen Bildungsforschung hat es sich be-           und entwickeln
währt, Bildung als Mehrebenensystem zu betrachten.
Auf der Mikroebene wird zum Beispiel die Förderung             Bildungsgerechtigkeit muss Ziel und Maßstab der
des Individuums mit seinen Ausgangsbedingungen be-             Bildungspolitik in einer demokratischen Gesellschaft
trachtet. Auf der Mesoebene steht die Verbesserung des         sein. Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft,
institutionellen Rahmens von Bildungsangeboten und             Chancen auf Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg
-gelegenheiten im Mittelpunkt. Dazu gehören neben              ist in Deutschland zwar nicht mehr so stark wie noch
Bildungseinrichtungen auch andere wichtige Bildungs-           vor zehn Jahren; das zeigen unter anderem die neueren
und Lernorte je für sich und an den Schnittstellen zur         PISA-Studien. Dennoch ist der Einfluss der sozialen
institutionalisierten Bildung (zum Beispiel Betriebe,          Herkunft weiterhin groß. Mehr Bildungsgerechtigkeit
Familien und Freundeskreise sowie Vereine oder kul-            bleibt deshalb eine zentrale politische und gesellschaft-
turelle Aktivitäten). Auf der Makroebene werden die            liche Aufgabe.
Strukturen des Bildungssystems im gesellschaftlichen

 „Kultur macht stark“ zur Förderung von Kindern und Jugendlichen

 Die soziale Herkunft wirkt sich nach wie vor auf den Bildungserfolg aus. Mehr als jedes vierte Kind in Deutschland
 wächst in schwierigen sozialen oder finanziellen Verhältnissen oder in einem bildungsfernen Umfeld auf. Bildungsge-
 rechtigkeit und damit die gezielte Förderung von bildungsbenachteiligten Kindern und Jugendlichen ist ein wichtiges
 Ziel der Bundesregierung.
 Deshalb hat das BMBF das Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ gestartet. Mit dem Programm wer-
 den außerschulische Maßnahmen der kulturellen Bildung für bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche zwischen
 3 und 18 Jahren gefördert. Außerschulische kulturelle Bildung trägt in besonderem Maße zur Persönlichkeitsentwick-
 lung bei und stärkt soziale Kompetenzen.
 Mindestens drei Partner entwickeln in Bündnissen für Bildung Maßnahmen, die von zivilgesellschaftlichen Akteuren, ge-
 stützt durch ehrenamtliches Engagement, vor Ort umgesetzt werden. So werden bürgerschaftliche Netzwerke initiiert und
 gefördert. Bis Ende 2017 haben fast 600.000 Kinder und Jugendliche in mehr als 7.000 lokalen Bündnissen an rund 17.000
 Projekten teilgenommen. Das erfolgreiche Programm „Kultur macht stark“ wird bis Ende 2022 fortgesetzt. Bis dahin stellt
 das BMBF bis zu 250 Millionen Euro bereit und leistet damit einen wichtigen Beitrag, um den Zusammenhang zwischen
 sozialer Herkunft und Bildungserfolg abzuschwächen.
 Die begleitende Bildungsforschung ist hierbei ein wichtiger Faktor für Qualitätssicherung und Innovationen und soll
 daher zukünftig ein fester Bestandteil des Programms sein.
10                                                         RAHMENPROGRAMM EMPIRISCHE BILDUNGSFORSCHUNG

Bildungschancen sind individuelle Lebenschancen          Übergänge an den Schnittstellen der einzelnen Bil-
und eröffnen die Möglichkeit zu einer selbstbestimm-     dungsetappen und -institutionen. Forschung kann dazu
ten und selbstbewussten gesellschaftlichen Teilhabe.     beitragen, Konzepte und Modelle für eine individuell
Chancengerechtigkeit heißt nicht, allen die gleichen     und flexibel gestaltete Bildungsbiografie zu entwickeln,
Leistungspotenziale zuzusprechen. Vielmehr soll jeder    die sozialen Aufstieg und Integration ermöglicht.
Mensch seinen Fähigkeiten entsprechend gefördert
werden und Chancen auf Bildungsbeteiligung unab-         Die Chancen, unterschiedliche Bildungs- und Karriere-
hängig von seiner sozialen Herkunft erhalten.            wege zu wählen, können die Menschen nur nutzen,
                                                         wenn sie die eigenen Fähigkeiten und die bestehen-
Die Forschung kann dazu beitragen, die Bedingungen       den Bildungsangebote kennen. Auch in den Familien
für Chancengerechtigkeit besser zu verstehen und         braucht es die notwendigen Kompetenzen, um die
geeignete Maßnahmen und Instrumente zu entwi-            eigene Bildungsbiografie vorausschauend, realistisch
ckeln. Fragen des Zugangs zu Bildungsangeboten, der      und selbstbestimmt gestalten zu können.
Durchlässigkeit sowie der Förderung über alle Bil-
dungsetappen hinweg sind dabei ebenso wichtig wie        Dies ist in der sich rasch verändernden Arbeitswelt
informelle Angebote – etwa in den Familien – und ihre    von entscheidender Bedeutung. Einmal erworbene
Schnittstellen zur formalen Bildung.                     Wissensbestände und Fähigkeiten tragen nicht mehr
                                                         für das gesamte Erwerbsleben. Auch die Möglichkeit,
Förderung über alle Bildungsetappen hinweg               aktiv und selbstbestimmt am gesellschaftlichen, kultu-
In den verschiedenen Lebensphasen und in allen Bil-      rellen und politischen Leben teilzuhaben, ist davon ab-
dungsetappen – von der frühkindlichen Bildung bis zur    hängig. Im Zuge der demografischen Entwicklung mit
Erwachsenenbildung – sollen Fragen der Entfaltung        einem steigenden Anteil älterer Menschen gewinnen
und Entwicklung individueller Potenziale Gegenstand      Fragen der individuellen und institutionellen Gestal-
der Förderung sein.                                      tung lebenslangen Lernens zunehmend an Bedeutung.
                                                         Das gilt nicht nur für das Erwerbsleben, sondern für die
Bildungsgerechtigkeit setzt voraus, dass die Rahmen-     persönliche Lebensplanung insgesamt.
bedingungen und Erfordernisse für die Qualitätsent-
wicklung der Bildungs- und Betreuungsangebote in der     Der Forschung kommt die Aufgabe zu, Antworten auf
frühkindlichen Bildung wissenschaftlich untersucht       viele damit verbundene Fragen zu finden: Wie können
werden. Mit Blick auf Bildung im Lebensverlauf richtet   die Kompetenzen, die zur selbstbestimmten Planung
sich die Forschungsförderung auf das Management der      der eigenen Bildungsbiografie benötigt werden, ge-
                                                         fördert werden? Wie müssen Beratungs- und Unter-
                                                         stützungsangebote aussehen, um die Bildungs- und
                                                         Berufswahl bestmöglich zu unterstützen? Welche Rolle
                                                         spielen Bildungseinrichtungen und Lehrkräfte dabei,
                                                         und unter welchen Rahmenbedingungen können die
                                                         Akteurinnen und Akteure über alle Bildungsetappen
                                                         hinweg optimal kooperieren?

                                                         Individuelle Potenziale erkennen und entwickeln
                                                         Die Förderung individueller Potenziale ist Teil der bil-
                                                         dungspolitischen Ziele des Rahmenprogramms. Ebenso
                                                         wichtig ist es, Freiräume zu schaffen, in denen neue
                                                         Interessen und Potenziale angeregt und entwickelt wer-
                                                         den können. Im Rahmen individueller Förderung geht
                                                         es darum, jede und jeden den eigenen Voraussetzungen
                                                         entsprechend zu unterstützen. Gleichzeitig gilt es, die
                                                         gemeinsame Kommunikation unter den Lernenden im
                                                         Blick zu behalten.
3 | HANDLUNGSFELDER                                                                                                    11

                                                              Im Bereich der Entwicklungsstörungen schulischer
                                                              Fertigkeiten soll an die bisherigen Ergebnisse des
                                                              Förderschwerpunktes angeknüpft werden. Neue Un-
                                                              tersuchungen beziehen sich auf den Zusammenhang
                                                              zwischen Entwicklungsstörungen schulischer Fertig-
                                                              keiten – beispielsweise Dyslexie oder Dyskalkulie – mit
                                                              weiteren individuellen Dispositionen der Kinder – bei-
                                                              spielsweise psychosoziale Belastungen – und darauf ab-
                                                              gestimmte fachbezogene Förderangebote. Eine wichtige
                                                              Weiterentwicklung ist die Erweiterung der Forschungs-
                                                              förderung auf das Jugend- und Erwachsenenalter.

                                                              Gesellschaftliche Teilhabe eröffnen
                                                              Das Bildungswesen hat gemeinsam mit der Familie die
                                                              Aufgabe, jeder und jedem die Fähigkeiten und Kom-
                                                              petenzen zu vermitteln, aktiv und selbstbestimmt am
                                                              gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und
                                                              politischen Leben teilzuhaben. Eine wichtige Rolle
                                                              spielt dabei neben der Kultur- und Wertebildung auch
Eine geeignete Balance von individuellem und gemeinsa-        die sprachliche Bildung. Ohne gute Sprachkenntnisse
mem Lernen kann nur gelingen, wenn das pädagogische           sind Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe
Personal über gute diagnostische Kompetenzen verfügt.         kaum vorstellbar. Umso bedenklicher ist daher die Tat-
Außerdem bedarf es erprobter Diagnose- und Förderin-          sache, dass zahlreiche Studien bei vielen Kindern und
strumente. Im Rahmenprogramm empirische Bildungs-             Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund
forschung hat die Forschung zur Diagnostik und zur            deutliche Sprachdefizite festgestellt haben. Wie kann
Förderung individueller Potenziale deshalb einen hohen        der Erwerb der deutschen Sprache gefördert werden
Stellenwert. Ziel ist es, Instrumente für die Unterstützung   und wie die Mehrsprachigkeit? Hierzu besteht weiter-
von Lernenden unterschiedlicher Bildungsetappen zu            hin Forschungsbedarf.
entwickeln und in ihren Wirkungen zu erforschen. Eine
wichtige Rolle spielt dabei der Austausch mit Expertin-       Eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe ist die sprach-
nen und Experten der Bildungspraxis.                          liche Bildung neu Zugewanderter, und zwar von der
                                                              frühkindlichen Bildung bis hin zur Erwachsenen- und
Auch für die Förderung leistungsstarker und potenziell        Weiterbildung. Daher widmet sich ein Schwerpunkt
besonders leistungsfähiger Schülerinnen und Schüler           im Rahmenprogramm den Bedingungen für das
sind fachspezifische Diagnose- und Förderansätze zu           Erlernen von Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache.
entwickeln. Internationale Vergleichsstudien zeigen,          Im Fokus stehen dabei die Entwicklung geeigneter
dass in Deutschland die Potenziale dieser Spitzen-            diagnostischer Instrumente zur Feststellung des För-
gruppe noch nicht hinreichend gefördert werden. Hier          derbedarfs und die damit verbundene Qualifizierung
besteht Handlungsbedarf, da wir auf die Ideen, Krea-          der Fachkräfte. Die Forschung kann dabei anknüpfen
tivität und Leistungsbereitschaft von Spitzenkräften          an die Ergebnisse der Förderschwerpunkte „Sprach-
angewiesen sind. Im Rahmenprogramm sollen daher               diagnostik/Sprachförderung“ und „Sprachliche Bildung
Forschungsvorhaben gefördert werden, die Verbesse-            und Mehrsprachigkeit“.
rungen anstreben bei der Qualität von Beratungs- und
Förderangeboten, der Diagnosekompetenz von Lehren-            Neben der Sprache spielt die kulturelle Bildung für die
den und der Motivation und Kompetenzentwicklung               gesellschaftliche Teilhabe eine wichtige Rolle. Sie bietet
von Lernenden. Diese Forschung wird die gemeinsame            dem einzelnen Menschen die Chance, sich im Medium
Bund-Länder-Initiative zur Förderung leistungsstarker         der Künste mit sich selbst und seiner Umwelt ausein-
und potenziell besonders leistungsfähiger Schülerin-          anderzusetzen. Eine erste, im Jahr 2015 veröffentlichte
nen und Schüler unterstützen und ergänzen.                    Förderrichtlinie zielt darauf, Fragen der kulturellen
12                                                           RAHMENPROGRAMM EMPIRISCHE BILDUNGSFORSCHUNG

Bildung auf eine tragfähige bildungswissenschaftliche      Deshalb müssen die Potenziale des guten Miteinanders
Grundlage zu stellen. Die künftige Forschungsförderung     von Menschen unterschiedlicher Herkunft gestärkt,
in diesem Bereich soll Fragen zu neuen Herausforde-        Risiken identifiziert und institutionelle und systemi-
rungen in diesem Bereich in den Blick nehmen, vor          sche Voraussetzungen berücksichtigt werden. Hierin
allem solche, die durch die Digitalisierung entstehen.     liegt eine wichtige Bedingung für ein gelingendes
Gleiches gilt für mögliche Wirkungen kultureller Bil-      demokratisches Gemeinwesen.
dung auf kognitive und nicht kognitive Kompetenzen.
                                                           Mit Vielfalt umgehen
Gesellschaftliche Teilhabe ist abhängig von äußeren        Wie pädagogisches Handeln bei zunehmender Vielfalt
Rahmenbedingungen wie dem Zugang zu qualitativ             erfolgreich gestaltet werden kann, gehört zu den wich-
hochwertigen Bildungsangeboten, etwa in der früh-          tigen Fragen, die im Rahmenprogramm aufgegriffen
kindlichen Bildung oder der schulischen Ganztags-          werden. Einen Schwerpunkt bildet die Forschung zum
betreuung. Eine wichtige Rolle spielen auch regionale      Umgang mit Heterogenität in Bildungseinrichtungen,
Bildungslandschaften und sozialräumliche Unterschie-       in der Unterrichtsgestaltung, in konkreten Lehr-Lern-
de zwischen Stadt und Land. Forschung kann dazu            Situationen und in Lerngruppen. Ein Fokus liegt auf
beitragen, diese Zusammenhänge besser zu verstehen         der Weiterentwicklung und Evaluation fachdidak-
und Lösungsmöglichkeiten für den Ausgleich von Dis-        tischer Konzepte, die individualisiertes Lernen und
paritäten zu entwickeln. Dies gilt es weiterzuverfolgen    Lernen in Gemeinschaft verbinden. Die Rolle pädago-
und auszubauen.                                            gischer Fachkräfte und die für ihre Arbeit notwendigen
                                                           Kompetenzen sind ebenfalls zentrale Themen.
Grundvoraussetzung für Teilhabe ist das Aufwachsen
ohne körperliche und psychische Gewalt. Um den             Der Umgang mit Vielfalt ist immer auch danach zu
Schutz von Kindern und Jugendlichen zu verbessern,         bewerten, wie es in Bildungseinrichtungen gelingt, die
fördert das BMBF daher die Erforschung struktureller,      Potenziale aller Lernenden zu fördern und die Lern-
personaler und interaktionaler Bedingungsfaktoren
sexualisierter Gewalt in pädagogischen Kontexten so-
wie die Evaluation und Weiterentwicklung präventiver        Qualifizierung von Fachkräften für
pädagogischer Konzepte, Strategien und Materialien.         inklusive Bildung

                                                            Inklusive Bildung ist eines der zentralen Anliegen der
3.2 Mit Vielfalt umgehen und                                Bildungspolitik. Gemeinsame Lehr-Lern-Prozesse von
gesellschaftlichen Zusammenhalt                             Menschen mit unterschiedlichen Lern- und Leistungs-
stärken                                                     voraussetzungen bilden die Grundlage für persönliche
                                                            Entwicklung, soziale Teilhabe und einen gleichberech-
Die Vielfalt in unserer Gesellschaft nimmt weiter zu.       tigten Zugang zum Arbeitsleben.
Menschen in Deutschland unterscheiden sich durch
ihre ethnische, kulturelle und soziale Herkunft, ihre       Im Jahr 2009 hat Deutschland die Konvention der
Lebensentwürfe und Lernwege sowie ihre psychoso-            Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit
ziale und kognitive Entwicklung. Globalisierung und         Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention)
Digitalisierung begünstigen die weitere Ausdifferenzie-     ratifiziert. Damit haben wir uns verpflichtet, ein inklu-
rung von Interessen, Anschauungen, Bedürfnissen und         sives Bildungssystem auf allen Ebenen zu gewährleis-
Fähigkeiten, tragen aber auch zur sozialen Interaktion      ten. Menschen mit Behinderungen sollen jederzeit
und Integration bei.                                        einen gleichberechtigten Zugang zu qualitativ hoch-
                                                            wertiger Bildung erhalten.
Auch das Bildungssystem ist von zunehmender Diver-          Damit inklusive Bildung in der Praxis gelingt, hat das
sität geprägt. Es steht vor der schwierigen Aufgabe, bei    BMBF 2016 die Förderlinie „Qualifizierung der pädagogi-
allen Unterschieden jede und jeden Einzelnen best-          schen Fachkräfte für inklusive Bildung“ gestartet. Geför-
möglich individuell zu fördern, ohne dabei die notwen-      dert werden 21 Einzelprojekte und 18 Verbundprojekte.
digen Gemeinsamkeiten aus den Augen zu verlieren.
3 | HANDLUNGSFELDER                                                                                              13

gemeinschaft zu stärken, zum Beispiel in einer Schul-       Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken
oder Berufsschulklasse, einer Kita-Gruppe, einer Sport-,    Im Licht der wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt ha-
Theater- oder Tanzgruppe. Zu berücksichtigen sind da-       ben Chancengerechtigkeit und die Entwicklung eines
bei neben den Interaktionen in Lehr-Lern-Situationen        demokratischen Werteverständnisses einen besonde-
auch die Konstellationen in verschiedenen Lernum-           ren Stellenwert.
welten, inklusive regionaler Bildungslandschaften, und
die Wechselwirkungen zwischen außerinstitutionellen         Neue Forschungsschwerpunkte in diesem Feld sind
und informellen Bildungsorten. Das integrative Poten-       die interkulturelle Bildung und Wertevermittlung,
zial, das sich durch den Einsatz digitaler Medien ergibt,   einschließlich der Frage nach der Entwicklung von
spielt dabei ebenfalls eine wichtige Rolle.                 Werthaltungen, weiterhin die Suche nach fördernden
                                                            und hemmenden Faktoren für interkulturelle Ver-
Fortgeführt wird der Forschungsschwerpunkt zur              ständigungsprozesse. Demokratieverständnis, Tole-
Inklusion. Inklusive Bildung – verstanden als gemein-       ranz und gegenseitige Verständigung setzen in einer
samer Lehr-Lern-Prozess von Menschen mit unter-             Gesellschaft, die durch Vielfalt gekennzeichnet ist,
schiedlichen Lern- und Leistungsvoraussetzungen – ist       einen mit Anstrengung und Engagement verbundenen
eines der zentralen Anliegen der Bildungspolitik. Dabei     Lernprozess voraus – sowohl aufseiten derer, die zu
sind auch die exkludierenden Mechanismen der Gesell-        uns kommen, als auch aufseiten der aufnehmenden
schaft in den Blick zu nehmen. Die Forschungsförde-         Gesellschaft. Es geht um das demokratische Selbst-
rung des BMBF konzentriert sich zunächst auf die Qua-       verständnis, das Lernen und Einüben demokratischer
lifizierung des pädagogischen Personals für inklusive       Verfahrensweisen, gesellschaftliches Engagement und
Bildungsprozesse über alle Bildungsbereiche hinweg:         die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Das
Wissen, Kompetenz und Handeln des pädagogischen             Rahmenprogramm bietet die Möglichkeit, die hier-
Personals bilden die zentralen Voraussetzungen für          für notwendigen individuellen und institutionellen
die Lernerfolge von Lernenden mit und ohne Behin-           Rahmenbedingungen zu untersuchen und geeignete
derungen. Im Fokus stehen Fragen zur Diagnostik und         Konzepte für Bildungsprozesse zu entwickeln.
weitere Themen aus dem Bereich inklusiver Bildung
inner- und außerhalb schulischer Kontexte.
14                                                          RAHMENPROGRAMM EMPIRISCHE BILDUNGSFORSCHUNG

3.3 Qualität im Bildungswesen                             Strukturen und Rahmenbedingungen, nach Quali-
fördern                                                   tätssicherungsmaßnahmen und Qualitätsentwicklung
                                                          sowie nach den Möglichkeiten der Zusammenarbeit.
Deutschland steht mit anderen Ländern Europas             Auch sollten Erkenntnisse darüber gewonnen werden,
und der Welt im Wettbewerb um die Entwicklung zu-         wie sich erworbene Bildung für den einzelnen Men-
kunftsweisender und arbeitsplatzschaffender Produkte,     schen und für die Gesellschaft auszahlt. Hier spielen
Dienstleistungen und Technologien. Unternehmen            monetäre Erträge ebenso eine Rolle wie die Art und die
konkurrieren weltweit um gut ausgebildete Beschäftig-     Höhe nicht monetärer Erträge von Bildung – und dies
te. Bildungsstand und Qualifikation der Absolventin-      über alle Qualifizierungswege und Bildungsetappen
nen und Absolventen der Bildungseinrichtungen sind        hinweg. Es geht unter anderem auch um das Verhält-
mitbestimmend für die Attraktivität des Wirtschafts-      nis von Bildung und Gesundheit, um gesellschaftliche
standorts und ein Schlüssel für den wirtschaftlichen      Teilhabe, Wertorientierungen und Familienbildung.
Erfolg im internationalen Wettbewerb. Bildungssys-
teme sind nicht mehr nur mittelbar – aufgrund ihrer       Qualität auf organisationaler Ebene
Bedeutung für den Erfolg von Wirtschaft – ein wichti-     Die meisten Konzepte der Qualitätsentwicklung und
ger Faktor im internationalen Wettbewerb. Die Qualität    Qualitätssicherung setzen auf der Ebene der Institu-
von Bildungssystemen ist selbst zum Gegenstand            tionen und Organisationen im Bildungsbereich an.
weltweiter Konkurrenz geworden.                           Ins Blickfeld der Forschung rücken daher vor allem
                                                          das Bildungsmanagement, das Leitungshandeln sowie
Eine Qualitätsentwicklung im Bildungssystem ist auch      Konzepte für die Organisations- und Personalentwick-
notwendig, um die zentralen gesellschaftlichen Her-       lung in Bildungseinrichtungen im Kontext von Indivi-
ausforderungen zu bewältigen, wie sie in den übrigen      dualisierung und regionaler Entwicklung. Ein wichtiges
Handlungsfeldern skizziert sind. Qualitätsentwicklung     Thema für Bildungspolitik und Bildungsforschung ist
muss auf allen Ebenen – Mikro-, Meso- und Makroebe-       die Begleitung von Bildungseinrichtungen in sozial
ne – und in allen Bildungsetappen ansetzen.               herausfordernden Lagen, beispielsweise in Stadtteilen
                                                          mit hoher Arbeitslosigkeit, einem hohen Anteil von
In den vergangenen 15 Jahren wurde vor allem in der
schulischen Bildung eine Reihe von Maßnahmen zur
Sicherung der Qualität entwickelt und erprobt sowie
neue Steuerungsinstrumente eingeführt. Sie zeigen,
dass es nicht nur eine Vielfalt von Qualitätsperspekti-
ven und -kriterien gibt, sondern auch offene Fragen,
die durch wissenschaftliche Forschung zu klären sind.

Qualität auf Systemebene
Auf Makroebene soll erforscht werden, wie sich
qualitätssichernde Maßnahmen – wie Gesetze, Regu-
lierungen, bildungspolitische Vorgaben und Steue-
rungsmechanismen – auf das Gesamtsystem Bildung
auswirken. Von Interesse sind auch die wechselseitigen
Abhängigkeiten zwischen den Handlungsebenen, die
Handlungsmuster der rahmensetzenden Akteurin-
nen und Akteure und die Frage, was hohe Qualität in
der Bildung im Detail kennzeichnet. Die Rolle neuer
Bildungsanbieter im Bildungssystem insgesamt sowie
in bildungsökonomischer, bildungsgeografischer, so-
ziologischer und ordnungspolitischer Hinsicht soll im
Rahmenprogramm ebenfalls erforscht werden. Im Vor-
dergrund stehen Fragen nach der Wirkung bestehender
3 | HANDLUNGSFELDER                                                                                                     15

 Qualitätsentwicklung für gute Bildung in der frühen Kindheit

 Die Forschung im Bereich der frühen Bildung ergänzt den quantitativen Ausbau der Kindertageseinrichtungen. Denn
 nur qualitativ hochwertige frühe Bildung trägt nachhaltig zur Bildungsteilhabe von Kindern bei. Das BMBF hat deshalb
 schon vor einigen Jahren begonnen, die Qualität der frühen Bildung zu fördern. Die Aufnahme der Förderrichtlinie
 „Qualitätsentwicklung für gute Bildung in der frühen Kindheit“ in das Rahmenprogramm für empirische Bildungsfor-
 schung zeigt: Die Bildung von Kindern unter 6 Jahren genießt einen vergleichbaren Stellenwert wie die Bildung ab dem
 Schulalter.
 Die Projekte der Förderrichtlinie sollen dabei helfen, Kindertageseinrichtungen auf ihre künftigen Aufgaben vorzube-
 reiten. Forschungsschwerpunkte bilden zum Beispiel das pädagogische Handeln der Erzieherinnen und Erzieher, die
 Rolle der Kita-Leitungen bei der Personalentwicklung oder die Interaktion aller beteiligten Akteure.

Familien mit Migrationshintergrund und schwacher              sammenarbeit über die Unterrichts- beziehungsweise
Infrastruktur. Hier kann an die Ergebnisse aus dem            Lernprozesse hinaus: Wie lässt sich eine gute Koopera-
Forschungsschwerpunkt „Steuerung im Bildungssys-              tion pädagogischer Fachkräfte mit den Eltern gestal-
tem“ angeknüpft werden. Angesichts der gewachsenen            ten? Wie werden Fachkräfte auf die Arbeit in multi-
Eigenverantwortlichkeit von Bildungsinstitutionen geht        professionellen Teams vorbereitet, und wie können
es zudem darum, geeignete Konzepte zum Management             Forschungsergebnisse aus der Bildungsforschung in
von Bildungsinstitutionen zu entwickeln.                      der pädagogischen Praxis umgesetzt werden? Darüber
                                                              hinaus widmet sich die Forschung auch den Chancen
Qualität auf Ebene des Personals in Bildungs­                 kooperativer Weiterbildungskonzepte für pädagogi-
einrichtungen                                                 sches Personal, zum Beispiel in Learning Communities.
Die Qualität im Bildungswesen hängt maßgeblich ab von         Soweit sich diese Fragen auf die Handlungskompetenz
der Professionalität des pädagogischen Personals und der      von Lehrerinnen und Lehrern beziehen, können die
Fachkräfte im schulischen und außerschulischen Bereich.       Schnittstellen zur Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Mit den gesellschaftlichen Herausforderungen wachsen          für eine Vernetzung genutzt werden.
die Anforderungen an die Kompetenzen des Personals
in Bildungseinrichtungen und Betrieben. Offene Fragen         Qualität auf Ebene der pädagogisch­didaktischen
sind zum einen Konzeptionen der Aus- und Weiterbil-           Praktiken
dung pädagogischer Fachkräfte in den unterschiedlichen        Die empirische Forschung im schulischen Bereich hat
Bildungsetappen. Zum anderen sollten Kompetenzen              erkannt, wie wichtig die Unterrichtsqualität für die
des pädagogischen Personals als zentrale Voraussetzun-        Lernwirksamkeit ist. Dasselbe gilt für die pädagogisch-
gen für die Lernerfolge der verschiedenen Gruppen von         didaktischen Praktiken in anderen Bildungseinrich-
Lernenden untersucht werden. Ein Anknüpfungspunkt             tungen und in Betrieben. Entscheidend sind nicht die
ist der Förderschwerpunkt „Qualifizierung der pädago-         äußere Organisation von Lerngruppen und die Sozial-
gischen Fachkräfte für inklusive Bildung“. Er unterstützt     formen, sondern Lernendenorientierung, kognitive
die Untersuchung der Entwicklungsbedingungen für              Aktivierung und andere Kriterien für Unterrichtsqua-
professionelle Kompetenzen des pädagogischen Perso-           lität. Die Umsetzung und Beachtung solcher Quali-
nals für inklusiven Unterricht.                               tätskriterien sind auf allen Ebenen von Bedeutung: für
                                                              das pädagogische Personal, die Bildungseinrichtungen
Weitere Forschungsthemen auf dem Gebiet der pro-              (Verankerung in den Organisationen) und das Bil-
fessionellen Handlungskompetenz sind die Diagnose-            dungssystem insgesamt.
und Fachkompetenzen, die Rolle der nicht kognitiven
Kompetenzen in Lehr-Lern-Prozessen sowie der                  Für eine Umsetzung dieser Qualitätskriterien in die
Umgang mit fachübergreifenden beruflichen Anforde-            Praxis fehlen in vielen Kontexten und Fächern noch
rungen. Ferner geht es um geeignete Formen der Zu-            geeignete Modelle. Im ersten Rahmenprogramm
16                                                                RAHMENPROGRAMM EMPIRISCHE BILDUNGSFORSCHUNG

waren Themen der Didaktik und Fachdidaktik bislang             ist es, junge Menschen frühzeitig auf diese neuen
nicht Gegenstand systematischer Forschungsför-                 Herausforderungen vorzubereiten. Sie sollen im-
derung. Im neuen Rahmenprogramm empirische                     stande sein, sich den verändernden Anforderungen
Bildungsforschung besteht nun die Möglichkeit, fach-           einer immer stärker digitalisierten Arbeitswelt zu
und themenbezogene Modelle (weiter) zu entwickeln,             stellen und verantwortungsvoll mit den technischen
um pädagogisch-didaktische Praktiken zu verbessern.            Möglichkeiten umzugehen. Die Aufgabe für jeden
Unter welchen Bedingungen die Modelle und Prakti-              einzelnen Menschen besteht nicht allein darin, mit
ken erfolgreich angewandt werden und welche Wir-               der Entwicklung Schritt zu halten, sondern auch die
kungen sie dabei erzielen, soll systematisch untersucht        Prozesse zu verstehen und mitzugestalten.
werden.
                                                               Technologische Neuerungen und digitale Medien
                                                               haben das Potenzial, die Qualität im Bildungswesen zu
3.4 Technologische Entwicklungen                               verbessern. Das BMBF hat mit der „Strategie Bildungs-
im Bildungsgeschehen gestalten                                 offensive für die digitale Wissensgesellschaft“ einen
und nutzen                                                     umfassenden Handlungsrahmen für das gesamte
                                                               Bildungssystem vorgelegt und damit an die „Digitale
Der rasante technologische Wandel bringt zahlreiche            Agenda 2014–2017“ der Bundesregierung angeknüpft.
grundlegende Veränderungen mit sich, zum Beispiel              Gleichzeitig verfolgen die Bundesländer die Strategie
neue digitale Lehr-Lern-Formate, Infrastrukturinno-            „Bildung in der digitalen Welt“, die vor allem auf Schu-
vationen in den Informations- und Kommunikations-              len, berufliche Schulen und Hochschulen ausgerichtet
technologien und eine zunehmende Automatisierung.              ist. Beide Strategien zeigen auch neue Forschungsbe-
Er beeinflusst die Art und Weise, wie Menschen in              darfe auf, etwa in Bezug auf geeignete Rahmenbedin-
Deutschland leben, lernen und arbeiten. Vor allem die          gungen, damit Schulentwicklung hin zu einer umfas-
Arbeitswelt erfährt durch die Digitalisierung einen            send angelegten digitalen Bildung gelingen kann.
Wandel, der zu völlig neuen Kompetenzprofilen bei
den Beschäftigten führt.                                       Darüber hinaus bedürfen Bildungspraxis und -politik
                                                               Antworten auf weitere Fragen: Inwieweit verändert der
Für das Bildungssystem ergeben sich aus dieser                 technologische Wandel das Rezeptions- und Produkti-
Entwicklung tief greifende Veränderungen und                   onsverhalten? Welche Folgen ergeben sich daraus für
Herausforderungen. Für jede Etappe braucht es neue             das Lernverhalten, für Lernstrategien und Lernprozes-
Antworten: in Kitas, Schulen und Hochschulen, in               se? Erkenntnisse in diesen Bereichen sind erforderlich,
der beruflichen Aus- und Weiterbildung und bei                 um angemessen auf Veränderungen im Bildungsge-
Bildungsangeboten für Senioren. Besonders wichtig              schehen reagieren zu können.

 Digitalisierung im Bildungsbereich

 Mit dem Förderschwerpunkt „Digitalisierung im Bildungsbereich“ unterstützt das BMBF die Umsetzung der Strategie
 „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“. Im Mittelpunkt stehen dabei zunächst grundsätzliche Fragen zu
 den Wirkungen von Digitalisierungsprozessen und den Anforderungen an ihre Implementierung. Darüber hinaus soll die
 Entwicklung und Erprobung von Konzepten gefördert werden, die auf die Gestaltung von Veränderungsprozessen im
 Bildungswesen unter den Bedingungen der Digitalisierung zielen.
 In dem Förderschwerpunkt werden vor allem interdisziplinäre Projekte unterstützt. Hierbei ist ausdrücklich die Betei-
 ligung von Fachgebieten und Disziplinen gewünscht, die den Kanon der üblichen Disziplinen der Bildungsforschung
 erweitern, wie zum Beispiel Medienwissenschaften, Organisationssoziologie oder Informatik. Eine enge Zusammen-
 arbeit mit der Bildungspraxis und mit anderen Institutionen des Bildungssystems auf den verschiedenen Ebenen
 des Forschungsprozesses wird unterstützt. Der Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis soll Bestandteil der
 Vorhaben sein.
3 | HANDLUNGSFELDER                                                                                             17

Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen
Jeder Mensch soll aus den neuen technologischen
Möglichkeiten Gewinn für seinen individuellen
Bildungsprozess ziehen. Aus bildungspolitischer Per-
spektive sind Forschungsvorhaben zu fördern, die zur
Erreichung dieses Ziels beitragen. Neben der Erfor-
schung der notwendigen Kompetenzen und Fähig-
keiten gilt es, den sinnvollen Einsatz digitaler Medien
in Lehr-Lern-Prozessen auszuloten. Wissenschaftlich
fundierte pädagogische Konzepte sind erforderlich,
um digital gestützte Bildung in allen Altersstufen zu
ermöglichen und neue Technologien in bestehende
Lernumgebungen zu integrieren. Ein zentrales Thema
ist der Einsatz digitaler Medien für die individuelle
Förderung, einschließlich der Gefahren der Vereinze-
lung im Lernprozess durch hoch individualisierte
Lösungen. Weitere Themen sind neue Wege in der
Kompetenzdiagnostik, digitale Lehr-Lern-Konzepte
für Gruppen und die Frage nach generellen Vorteilen
digitaler Lernumgebungen gegenüber traditionellen
Lernmedien.

Im Rahmenprogramm wird deshalb Forschung zu                nimmt die digitale Bildung im Bereich der beruflichen
neuen Konzepten in der Medienbildung gefördert.            Aus- und Weiterbildung ein. Digitales Lernen wird
Wie wird anwendungsbezogenes Grundlagenwissen              alltäglicher Bestandteil in der beruflichen Bildung
generiert? Unter welchen Bedingungen setzt man             sein. Diesen Veränderungsprozess voranzutreiben
welche Medien didaktisch sinnvoll und wirksam ein?         und zugleich qualitativ hochwertig zu gestalten ist
In diesen Zusammenhang gehört auch die Frage nach          Ziel der Digitalen Agenda der Bundesregierung. Die
Art und Umfang des digitalen Medieneinsatzes, um den       beruflichen Schulen sind wichtig für die Sozialisierung
verschiedenen Altersstufen gerecht zu werden.              junger Menschen, gerade auch hinsichtlich ihrer Lern-
                                                           gewohnheiten und Lernmethoden. Bislang vermitteln
Bildungspraxis benötigt Erkenntnisse über neue             nur wenige berufliche Schulen konsequent digitale
Anforderungen an die Qualifizierung des pädagogi-          Kompetenzen.
schen Personals. Das Augenmerk gilt den Potenzialen,
die sich durch die Neuen Medien und Technologien           Selbstbewussten Umgang mit digitalen Medien
im Rahmen individualisierter Lernumgebungen und            stärken
aus selbst gesteuerten Lernprozessen ergeben. Um das       Welche Kompetenzen sind nötig, um sich in der Infor-
Lernen in unterschiedlichen Lernumgebungen besser          mationsflut zurechtzufinden, die über Neue Medien ver-
zu verstehen und optimieren zu können, wird auch           breitet wird? Wie lässt sich Wichtiges von Unwichtigem
Forschung gefördert, die sich auf das Analysieren und      unterscheiden, und wie beurteilt man die Zuverlässigkeit
Auswerten von großen Datenmengen über Lernende             und Qualität von Informationen und ihren Quellen?
beim Lernen mit Neuen Medien beziehen (Learning            Hier eröffnen sich durch das Rahmenprogramm neue
Analytics).                                                Untersuchungsfelder. Die Bildungsforschung kann wert-
                                                           volle Hinweise zu Aufnahme- und Auswahlprozessen
Wie sich digital gestützte Lehr-Lern-Formate in            von Informationen geben und geeignete Konzepte für
formalen Bildungszusammenhängen verbreiten und             Lernende entwickeln. Auch sozialräumliche Disparitäten
etablieren, ist ebenfalls von Interesse. Im Fokus stehen   oder geschlechterspezifische Fragen werden in diesem
hier Struktur- und Organisationsfragen sowie geeigne-      Zusammenhang näher zu untersuchen sein.
te Formen der Implementation. Eine besondere Rolle
18                                                          RAHMENPROGRAMM EMPIRISCHE BILDUNGSFORSCHUNG

Interview mit Mitgliedern des Begleitgremiums zum
Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung

Ein zukunftsfähiges Bildungssystem und bestmög-           Klein: Metropolen wie Köln sind wachsende Millio-
liche Bildungschancen für alle – dieses bildungspoli-     nenstädte. Wir wissen, dass der enorme Zuwachs von
tische Anliegen durch exzellente Bildungsforschung        Menschen in allen Altersgruppen großen Einfluss
zu unterstützen ist das Ziel des Rahmenprogramms          auf den Ausbau der Bildungsinfrastruktur hat. Hinzu
empirische Bildungsforschung. Es ist entstanden           kommt die Zuwanderung. Die Städte sehen sich in der
in Zusammenarbeit mit erfahrenen Vertreterinnen           Verantwortung gegenüber allen Kindern und Jugend-
und Vertretern aus Bildungsforschung, -praxis und         lichen und natürlich auch deren Familien, eine gute
-verwaltung. Im Interview erklären vier Mitglieder des    Bildung anzubieten und eine Willkommenskultur zu
programmbegleitenden Gremiums aus unterschied-            eröffnen. Ziel ist es, die zugewanderten Kinder und
licher Perspektive, wie gute Bildung zukünftig ausse-     Jugendlichen möglichst zügig in Regeleinrichtungen
hen sollte und was Bildungsforschung hierzu bei-          zu versorgen und präventive Angebote für diese Ziel-
tragen kann: der Bildungsexperte im Land Hamburg          gruppe zu erweitern.
Norbert Maritzen, die Kölner Bildungsdezernentin
Dr. Agnes Klein, der Bildungsforscher Prof. Dr. Hans      Wassmuth: Der Bundeselternrat wünscht sich gute
Anand Pant und Stephan Wassmuth, der die Stimme           und gesunde Bildungseinrichtungen. Die Bildungs-
der Eltern bundesweit vertritt.                           einrichtungen sollten nicht nur gut erreichbar sein,
                                                          sondern auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten
Welche gesellschaftlichen Herausforderungen               ausgestattet sein. Hier wünschen wir uns eine Berufs-
sehen Sie aus Ihrer Perspektive im Bildungs­              und Schulentwicklungsplanung über die kommunalen
bereich?                                                  Grenzen hinaus.
Maritzen: Die entscheidenden Weichen für die Bil-
dungsbiografie von Kindern werden sehr früh gestellt,     Wie können bzw. sollten das Bildungssystem
schon vor der Schule. Doch die Bildungspolitik zieht      und die Bildungseinrichtungen diesen Heraus­
erst sehr spät Konsequenzen aus dieser Einsicht. Wenn     forderungen begegnen?
mit der Devise „Niemand darf verloren gehen“ der          Klein: Es gibt ein paar Themen, die für uns handlungs-
Fokus bisher auf dem schulischen Bereich lag, gerät aus   leitend sind. Dazu gehören der bedarfsgerechte Ausbau
dem Blick, dass schon in den Institutionen der früh-      der Kindertageseinrichtungen und natürlich auch
kindlichen Bildung konsequent Strukturen geboten          die qualitative Weiterentwicklung im Kita-Bereich.
werden müssen, die zweierlei erlauben: erstens Kinder     Beispielsweise bezogen auf die Sprachförderung und die
im Erwerb der geistigen und emotionalen „Werkzeuge“       Förderung der Herkunftssprache. Ein weiterer Punkt ist
zu unterstützen, mit denen sie sich ihre Welt neugierig   die Ganztagsbetreuung im schulischen Bereich, die wir
und angstfrei erschließen können; zweitens zu erken-      weiter ausbauen müssen. Auf der Qualitätsebene ist der
nen, wenn die dafür individuellen Voraussetzungen der     Einsatz digitaler Medien ein wichtiges Thema. Wir als
Kinder beeinträchtigt oder gefährdet sind, und gezielt    Schul- und Bildungsträger müssen der Verpflichtung
zu intervenieren.                                         nachkommen, den allgemeinen Stand der Technik zur
                                                          Verfügung zu stellen. Da haben wir eine gemeinsame
                                                          Bildungsverantwortung mit dem Land, einerseits bezo-
                                                          gen auf die Infrastruktur und andererseits bezüglich
                                                          der Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern.
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