Rauchen kostet Zähne Tabakentwöhnung in der zahnärztlichen Praxis
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Wissenschaft und Fortbildung BZB Juli/August 12 61 Rauchen kostet Zähne Tabakentwöhnung in der zahnärztlichen Praxis E i n B e i t r a g v o n D r. m e d . d e n t . H o l g e r G e h r i g M . S c . , K a n d e l , u n d D r. m e d . A n d r e a s J ä h n e , F r e i b u r g Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungs- zentrums aus dem Jahr 2009 waren im Jahr 2006 30 Prozent der erwachsenen Deutschen Raucher. Gerade in der Mundhöhle sind die Auswirkungen des Rauchens – von Zahnverfärbungen und Mundschleimhauterkrankungen bis zu Parodon- titis und Periimplantitis – deutlich sichtbar und die Behandlungskonsequenzen unmittelbar. Der Zahnarzt sieht seine Patienten regelmäßig und ist daher prädestiniert, eine Tabakberatung und -entwöhnung durchzuführen. Mithilfe einer struk- turierten Therapie und konkreten Anleitungen zur Gesprächsführung kann dies einfach und zeiteffek- tiv gelingen. Tabakinduzierte Erkrankungen Tabakrauch gilt als wichtigster ätiologischer Fak- tor für die Entwicklung der chronisch-obstruktiven Abb. 2a und b: Tiefe Zahnfleischtaschen bei Parodontitis Lungenerkrankung und von Lungenkrebs sowie als wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung der allem bei Rauchern auf und gilt als Krebsvorstufe. koronaren Herzkrankheit, von Schlaganfall und Die Abbildung 1 zeigt eine histologisch gesicherte von verschiedenen Krebsarten (Fagerström 2002, Leukoplakie am weichen Gaumen eines starken U.S. Department of Health and Human Services Rauchers. 2004). Tabakkonsum schädigt auch die Mund- und Zahngesundheit auf vielfältige Weise. Weitläufig Rauchen und Parodontalerkrankungen bekannt sind die direkten Folgen des Tabakrauchs Tabakkonsum gilt aber auch als signifikanter Risiko- auf die Mundschleimhaut, wie Krebs in der Mund- faktor für die Entstehung und das Fortschreiten ei- höhle und im Rachen. Typische Veränderungen der ner Parodontitis (Laxman und Annaji 2008, Rivera- Mundschleimhaut sind auch Pigmentierungen, ent- Hidalgo 2003) (Abb. 2a und b). Die Odds Ratio für zündliche Veränderungen und Keratinisierungs- die Entwicklung einer chronischen Parodontitis be- störungen (Bengel 2003). Die Leukoplakie tritt vor trägt dabei nach einer Metaanalyse von Papapa- nou (1996) 2,82. Dies bedeutet, dass die Chance, eine chronische Parodontitis zu entwickeln, bei Rau- chern fast dreimal so hoch ist wie bei Nichtrau- chern (Abb. 3a). Stärkere Raucher (> 10 Zigaretten pro Tag) tragen ein noch höheres Risiko (Tonetti 1998). Aber auch das Passivrauchen birgt ein er- höhtes Risiko für die Etablierung einer chronischen Parodontitis (Nishida et al. 2006). Raucher mit ei- nem Il-1 Polymorphismus weisen deutlich größere Attachmentverluste und Sulkussondierungstiefen auf (McGuire und Nunn 1999). Im Vergleich zu Nicht- rauchern findet man bei Rauchern mit Parodonti- tis reduzierte klinische Entzündungszeichen (Haffa- Abb. 1: Leukoplakie am weichen Gaumen eines starken Rauchers jee und Socransky 2001). Daher sind bei Rauchern
62 BZB Juli/August 12 Wissenschaft und Fortbildung die Alarmzeichen einer beginnenden Parodonti- tis, wie Zahnfleischbluten, geringer ausgeprägt als bei Nichtrauchern. Dieses Phänomen wird von rauchenden Patienten häufig fehlinterpretiert. Rauchen und Periimplantitis Auch an einem Implantat kann es wie bei einem natürlichen Zahn zu einer Entzündung der umge- benden Gewebe kommen. Bei der Periimplantitis ist auch der ortsständige Knochen betroffen, was Abb. 3a und b: Knochenabbau bei Parodontitis und Periimplantitis zu einem kompletten Verlust des für den Patien- ten kostenintensiven Implantates führen kann. Ta- Tabakentwöhnung – eine Aufgabe des zahn- bakkonsum gilt als signifikanter Risikofaktor für ärztlichen Teams die Entstehung einer Periimplantitis (Heitz-May- Um das Problem der tabakassoziierten Erkrankun- field 2008). Die Abbildung 3b zeigt zwei schon ge- gen mit all ihren Folgen zu bekämpfen, beschlossen lockerte Implantate bei einem starken Raucher mit die Mitgliedsstaaten der WHO im Jahr 2003 ein- einem für eine Periimplantitis typischen Knochen- stimmig eine Rahmenkonvention zur Tabakkon- abbau. trolle (Framework Convention on Tobacco Control, WHO 2004). Im Jahr 2004 ratifizierte Deutschland Negativer Einfluss des Rauchens auf die Therapie diese Konvention, sie trat 2005 in Kraft (Bätzing Auch Raucher profitieren von einer nicht chirurgi- 2009). Für den zahnmedizinischen Bereich ist der schen oder chirurgischen Therapie der Parodon- Artikel 14 der Konvention von Bedeutung (Ayo-Yu- titis. Nach Johnson und Guthmiller (2007) sind al- suf 2005). Danach sollten von den Vertragsparteien lerdings die Verbesserungen der klinischen Para- Angebote zur Tabakentwöhnung in die nationalen meter um 25 bis 50 Prozent schlechter als bei Gesundheitsprogramme aufgenommen werden. Nichtrauchern. Es gibt deutliche Hinweise, dass Auf europäischer Ebene gab es bereits im Jahr 1997 bei Rauchern signifikant mehr Frühverluste bei eine Konsensuskonferenz der „EU-Working Group Implantaten auftreten. Grund hierfür scheint die on Tobacco and Oral Health“ in Kopenhagen (Le- mangelhafte oder fehlende Osseointegration zu garth und Reibel 1998). Ein Ziel war, dass europäi- sein (Palma-Carrio et al. 2011). Zudem kann es bei schen Zahnärzten ihre Rolle in der Prävention und Rauchern nach Zahnextraktionen und zahnärztli- Therapie tabakinduzierter Erkrankungen bewusst chen chirurgischen Routineeingriffen zu einer ver- gemacht werden sollte. Dabei wurde auch auf die zögerten Wundheilung kommen (Balaji 2008). Bedeutung der Rauchstoppberatung durch Zahn- ärzte hingewiesen. Nutzen eines Rauchstopps In Deutschland gab der Drogen- und Suchtrat im In einer prospektiven Studie untersuchten Preshaw Jahr 2008 Empfehlungen an die Drogenbeauftragte et al. (2005) den Effekt eines Rauchstopps auf die der Bundesregierung für ein „Nationales Aktions- nicht chirurgische Parodontitistherapie über einen programm zur Tabakprävention“. Darin enthalten Zeitraum von zwölf Monaten. Im Vergleich zu Pa- war die Strategieempfehlung, dass die Ärzteschaft tienten mit chronischer Parodontitis, die rauchten zur „systematischen Beratung und (Kurz-)Interven- oder intermittierende „Aufhörer“ waren, wurde bei tion zur Raucherberatung“ qualifiziert werden sollte. Patienten nach einem Rauchstopp ein statistisch Die Bundeszahnärztekammer formulierte im Jahr signifikant größerer Rückgang der Taschentiefen 2004 „Mundgesundheitsziele für Deutschland – festgestellt. Es gibt somit hinreichend Evidenz, dass 2020“, die auf den „Global Goals for Oral Health“ Rauchen mit Parodontalerkrankungen assoziiert der FDI aus dem Jahr 2003 basierten (Hobdell et al. ist. Ein Rauchstopp führt nach Hilgers und Kinane 2003). Zahnärzte sollten dabei die Patienten auch (2004) zu einer Verbesserung der allgemeinen und über die Folgen des Rauchens aufklären und eine der parodontalen Gesundheit. Zahnärzte sollten Beratung zur Raucherentwöhnung anbieten. daher ihre Patienten über die Folgen des Rauchens Im Jahr 2008 wurde ein erneutes „Konsensusdoku- und den Nutzen eines Rauchstopps aufklären und, ment des 2. Europäischen Workshops über die Prä- wenn möglich, eine Beratung zur Rauchentwöh- vention und den Ausstieg aus dem Tabakkonsum nung anbieten. für das zahnmedizinische Praxisteam“ verabschie-
Wissenschaft und Fortbildung BZB Juli/August 12 63 det (Ramseier et al. 2010). Dabei wurde festgestellt, als fünf Prozent der Fälle für die nächsten zwölf Mo- dass das zahnärztliche Team bei der Hilfe zur Tabak- nate erfolgreich (Andreas et al. 2006). Schon der entwöhnung gegenüber rauchenden Patienten in ärztliche Rat, mit dem Rauchen aufzuhören, be- der Verantwortung steht. Gleichzeitig wurde gefor- sitzt nach neueren Studienergebnissen eine wich- dert, dass Kenntnisse in der Tabakentwöhnung in tige Initialwirkung für die Rauchstoppmotivation die Ausbildung der zahnärztlichen Fachkräfte inte- und die tatsächliche Rauchabstinenz der Patienten griert werden sollen. Im Jahr 2009 wurde auf dem (Mäkinen und Alenius 2010, Stead et al. 2007). „1st European workshop on periodontal education“ in zwei Konsensuspapieren gefordert, dass Raucher- Der Zahnarzt als Therapeut? entwöhnung sowohl im klinischen (Sanz und Meyle Obwohl 84 Prozent der deutschen Zahnärzte Rau- 2010) als auch im postgraduiertem Studium (Van cherberatung für „sehr wichtig oder wichtig“ halten, der Velden und Sanz 2010) gelehrt werden soll. gibt es bisher verschiedene Hindernisse wie Zeit- mangel und fehlende Kenntnisse, um eine Raucher- Verantwortung der Zahnärzte entwöhnungstherapie anzubieten (Gehrig 2010). Die Patienten gehen überwiegend regelmäßig zum Um diese Barrieren für die Durchführung von Rau- Zahnarzt. Aus diesem Grund ist das zahnärztliche cherentwöhnungen zu beseitigen, haben wir eine Team prädestiniert, eine Beratung zum Tabakkon- einfache und effektive Basistherapie zur Tabakent- sum und zur Tabakentwöhnung durchzuführen wöhnung entwickelt. Sie ermöglicht es Zahnärzten, (Micheelis und Reiter 2006, Casals Peidró et al. mit einem relativ geringen Zeitaufwand aufhörwil- 2008, Tomar 2001, Gehrig 2010). In einer bundes- ligen Rauchern den Ausstieg aus der Sucht zu er- weiten Umfrage unter 1127 niedergelassenen Zahn- leichtern. ärzten wurde festgestellt, dass die Zahnärzte sich Eine genaue Anleitung zu dieser Therapie mit Bei- zu einem großen Teil ihrer Verantwortung bei der spielen zur Gesprächsführung und Arbeitsmate- Tabakberatung und -entwöhnung ihrer Patienten rialien für Arzt und Patient findet sich in „Einfach bewusst sind (Gehrig 2010). Bisher wird aber rou- Erfolgreich Rauchfrei – Ein Leitfaden für die zahn- tinemäßig in deutschen Zahnarztpraxen weder ei- ärztliche Praxis. Tabakentwöhnung in einfachen ne Raucheranamnese noch eine Raucherberatung Schritten“. Im Folgenden wird die Therapie im oder -entwöhnung durchgeführt. Die Umfrage ergab Detail vorgestellt. aber eine große Bereitschaft für eine entsprechende Weiterbildung. Die Universität Freiburg setzte ent- Das Konzept: Einfach, erfolgreich, rauchfrei sprechende Forderungen bereits um und hat im Unser Therapieansatz beruht auf einer einfachen, Masterstudiengang „Parodontologie und Periim- strukturierten Beratung durch den Zahnarzt in plantäre Therapie“ einen Kurs mit dem im Folgen- Kombination mit medikamentöser Unterstützung. den beschriebenen Konzept zur strukturierten Ta- Diese Kombination bekämpft die psychische und bakentwöhnung integriert. Eine Vorlesung zu die- körperliche Abhängigkeit gleichermaßen und wird sem Thema gibt es für die Freiburger Studierenden derzeit als die effektivste Therapie in der Tabak- der Zahnheilkunde im zweiten klinischen Semester. entwöhnung angesehen (Fiore et al. 2008). Die Therapiedauer beträgt etwa drei Monate. In Tabakabhängige Patienten benötigen Hilfe diesem Zeitraum, der die kritischen Phasen der Etwa die Hälfte der Raucher ist anhand klinischer Vorbereitung, Entwöhnung und Stabilisierung ab- Kriterien tabakabhängig (Hughes et al. 2006), die deckt, werden bis zu fünf kurze Beratungstermine Abhängigkeit ist körperlich und psychisch. Ob- durchgeführt. Diese enthalten ein vorbereitendes wohl die überwältigende Mehrheit der Raucher (80 Gespräch, drei feste Kontrolltermine sowie ein Ab- bis 90 %) prinzipiell das Rauchen aufgeben oder schlussgespräch (Abb. 4). Bei Problemen oder Rück- zumindest ihren Zigarettenkonsum reduzieren will fallgefahr wird der Patient aufgefordert, von sich (Andreas et al. 2006), ist aufgrund der Abhängig- aus den Arzt zu kontaktieren. Gemäß einer Meta- keitsentwicklung nur eine Minderheit der Raucher analyse zur Effektivität von Beratungsintensität in der Lage, das Rauchen langfristig aufzugeben und -frequenz, erhöhen bereits zwei bis drei kurze (Breitling et al. 2009). Etwa 30 Prozent der Raucher Gespräche mit dem Patienten die Abstinenzrate unternehmen innerhalb eines Jahres mindestens ei- deutlich (Fiore 2008). nen ernsthaften Versuch, das Rauchen einzustellen. Die medikamentöse Unterstützung erfolgt durch the- Dieser ist ohne Unterstützung allerdings in weniger rapeutisches Nikotin. Durch die ausreichend hoch
64 BZB Juli/August 12 Wissenschaft und Fortbildung in Angriff genommen werden. Durch drei einfache Screening-Fragen können unter allen rauchenden Patienten diejenigen mit hoher Aufhörmotivation identifiziert werden. Die Fragen und mögliche Re- aktionen der Patienten sind in Abbildung 5 darge- stellt. Die Beratung: Mitarbeiter einbeziehen Ziel der Beratung ist es, den Patienten durch kurze Interventionen auf den Rauchstopp vorzubereiten, Abb. 4: Therapieschema „Einfach erfolgreich rauchfrei“: Die kritische Zeit in der den Entwöhnungsprozess zu unterstützen und die Tabakentwöhnung wird durch bis zu fünf kurze Termine abgedeckt. erreichte Rauchfreiheit dauerhaft zu stabilisieren (Tab. 1). Die einzelnen Therapieschritte sind in dosierte Nikotinsubstitution während der etwa drei- unserem Leitfaden strukturiert aufbereitet und mit monatigen Entwöhnungsphase werden nach dem konkreten Gesprächsempfehlungen hinterlegt. Die Rauchstopp Entzugssymptome und Rauchverlan- Gespräche führt der Zahnarzt oder ins Programm gen wirksam reduziert. Die Nikotinersatztherapie eingewiesene Mitarbeiter. Die Kontrollen können gilt als effizient und sicher (Andreas et al. 2009, auch telefonisch erfolgen. AWMF 2004, Fiore et al. 2008, Stead et al. 2008). Als Das erste Therapiegespräch dient der Planung des Basismedikation dient das Nikotinpflaster, das ge- Rauchstopps. Wir arbeiten mit der Schlusspunkt- mäß bisherigem Rauchkonsum dosiert wird. Bei methode. Das heißt, dass der erste rauchfreie Tag hohem Rauchkonsum oder starken Entzugssymp- innerhalb der nächsten zwei Wochen festgesetzt tomen beim letzten Rauchstoppversuch können wird. Um dem Patienten die Angst vor Entzugs- zusätzlich zum Nikotinpflaster auch schneller wir- erscheinungen zu nehmen, ist neben der Verstär- kende Nikotinpräparate (Kaugummi, Lutschtab- kung der Motivation zum Rauchstopp die Verord- lette oder Inhaler) eingesetzt werden. Alle Nikotin- nung und Anwendung der begleitenden Medika- präparate sind rezeptfrei erhältlich. Trotzdem emp- tion ein wichtiges Ziel für dieses wenige Minuten fehlen wir dringend eine Verordnung auf zum Bei- dauernde Gespräch. spiel privatärztlichem Rezept, was die Compliance Nach dem Rauchstopp sind in der einmonatigen wesentlich erhöht. Entwöhnungsphase drei begleitende Kontrollter- Einfache Entscheidungshilfen im Leitfaden ermög- mine (3, 14 und 28 Tage nach Rauchstopp) vorge- lichen es dem Zahnarzt, schnell die individuelle sehen, die auch durch Mitarbeiter oder telefonisch medikamentöse Therapie für seinen Patienten zu durchgeführt werden können. In dieser Phase ist finden. Die Höhe des Rauchkonsums und der Grad es wichtig, dem Patienten Gelegenheit zum Erfah- der Tabakabhängigkeit sind die beiden wichtigsten rungsbericht zu geben und ihm Mut zu machen. Kriterien. Vor dem Start: Motivierte Patienten erkennen Wir empfehlen allen Praxen, grundsätzlich bei al- len Patienten den Rauchstatus zu erfassen. Bereits in den Anamnesebogen können zum Beispiel Fragen zum Rauchen und zur Höhe des Konsums integriert werden. Nur so kann vor Behandlungsbeginn das Rauchen als Risikofaktor erkannt und entsprechend eingeschätzt werden (Gehrig 2010). In die Therapie sollten jedoch zunächst nur aufhörbereite Patien- ten eingeschlossen werden, bei denen mit begrenz- tem Aufwand gute Therapieerfolge erzielt werden können. So lässt sich die neu in der Praxis einge- führte Raucherentwöhnungsbehandlung erproben. Mit zunehmender Sicherheit in der Therapie bei Abb. 5: Durch drei einfache Screening-Fragen können unter allen rauchenden Arzt und Team können später auch „härtere Fälle“ Patienten diejenigen mit hoher Aufhörmotivation identifiziert werden.
Wissenschaft und Fortbildung BZB Juli/August 12 65 Die Beratung – Schritt für Schritt Abrechnungstipps zur Tabakentwöhnung Planen des Entwöhnen und Abschließen der Eine strukturierte Tabakentwöhnung findet sich als Rauchstopps Stabilisieren Therapie Leistungsbeschreibung weder im BEMA noch in Termin 1 Termine 2–4 Termin 5 der GOZ oder in der GOÄ. Sie ist zurzeit eine reine Raucheranamnese Rauchfreiheit erfragen Rauchfreiheit erfragen (Konsum, Loben!!! Loben!!! Privatleistung. Ist der Patient an einer strukturier- Abhängigkeit) Neustart? ten Tabakentwöhnung interessiert, so wird er über Medikation auswählen Medikation prüfen Medikation anpassen den Programmablauf und die Kosten der Behand- (gemäß Rauchkonsum) und ggf. anpassen bzw. beenden Tipp: Hoch genug, Nicht zu früh beenden! lung aufgeklärt. Für die fünf Termine können als lange genug! Honorar, je nach tatsächlichem Zeitaufwand, ins- Rauchstopptag fest- Therapieverlauf be- Therapierückschau: gesamt 150 bis 200 Euro angesetzt werden. Hier legen: Ruhigen Zeit- sprechen: positive Ver- Was war gut? punkt wählen! änderungen, Probleme Wie geht es weiter? empfehlen wir eine analoge Berechnung nach § 6 Bewältigungsstrategien Umgang mit Aus- (1) der aktuellen GOZ. Selbstverständlich muss mit für den rauchfreien rutschern oder Rück- dem Patienten vor Beginn der Therapie eine ent- Alltag besprechen: fällen besprechen: sprechende schriftliche Vereinbarung getroffen wer- Der „Rauchfrei-Pass“ Entkatastrophisieren, für den Patienten Mut machen! den. Die weiteren Kosten für die notwendige, drei- hilft dabei! monatige Medikation mit Nikotinpräparaten be- Beratung durch den Beratung durch Zahn- Beratung durch den tragen knapp 200 Euro und müssen ebenfalls vom Zahnarzt arzt oder Mitarbeiter Zahnarzt (auch telefonisch) (auch telefonisch) Patienten übernommen werden. Doch das lohnt Dauer 15 Minuten Dauer ca. Dauer ca. 10 Minuten sich – ein Durchschnittsraucher mit 20 Zigaretten 5–10 Minuten täglich verraucht in drei Monaten bereits 450 Euro. Tab. 1: Ablaufschema der Tabakentwöhnung Erste Ergebnisse einer Praxisstudie Wichtige Themen sind die Rückfallprophylaxe, In einer bundesweiten, nicht interventionellen Stu- zum Beispiel der Umgang mit kritischen Situa- die wurde das Konzept zunächst für die hausärzt- tionen (Bewältigungsstrategien, Alternativen) so- liche Praxis evaluiert. Die aktuell vorliegenden Zwi- wie die medikamentöse Unterstützung, die je nach schenergebnisse, die vor Kurzem auf dem 13. Kon- Bedarf angepasst werden sollte. Ein vorgefertig- gress für Suchtmedizin in München vorgestellt wur- ter (Telefon-)Leitfaden hilft, keine wichtigen The- den, zeigen, dass das Konzept eine hohe Akzeptanz men zu vergessen. Bei einem Rückfall liegt der bei Ärzten und Patienten hat und leicht in den Pra- Fokus auf dem „Entkatastrophisieren“ der Situa- xisalltag zu integrieren ist. Durch das sorgfältige tion. Die Tabakabhängigkeit ist eine chronische Screening der aufhörwilligen Raucher ist die Abs- Erkrankung und viele Patienten benötigen daher tinenzrate hoch (Jähne et al. 2012). mehr als einen Anlauf, um dauerhaft rauchfrei zu werden. Der kostenfreie Leitfaden mit Gesprächsempfeh- Am Ende der Stabilisierungsphase nach zwölf lungen und Patientenmaterialien („Rauchfrei-Pass“) Wochen wird die erzielte Rauchfreiheit „gefeiert“ kann per Fax unter 09134 7073214 oder online (Loben! Loben! Loben!) und weitere Tipps zur Auf- unter www.einfach-erfolgreich-rauchfrei.de bestellt rechterhaltung derselben besprochen. Bei kleine- werden. ren oder auch größeren Rückschlägen wird zu- Korrespondenzadresse: sammen mit dem Patienten die Bereitschaft für Dr. med. dent. Holger Gehrig M.Sc. einen neuen Versuch erörtert. Jeder Rauchstopp- Bismarckstraße 26, 76870 Kandel versuch eines Patienten, auch ein zunächst erfolg- info@zahnarzt-dr-gehrig.de loser, sollte gewürdigt werden. Literatur bei den Verfassern Welche Erfolge können erzielt werden? Wie bei jeder anderen Therapie ist es auch bei ei- Die Autoren bieten Tagesseminare für die Umsetzung ner Suchterkrankung unrealistisch, eine hundert- des Konzepts in der eigenen Praxis an. Entsprechend den prozentige Erfolgsquote zu erwarten. Mit ärztli- Richtlinien der BZÄK werden die Veranstaltungen mit bis cher und medikamentöser Unterstützung ist eine zu 9 Fortbildungspunkten akkreditiert. Weitere Infor- dauerhafte Rauchfreiheit etwa bei 30 Prozent der mationen und Termine unter www.einfach-erfolgreich- tabakabhängigen Patienten möglich (Fiore et al. rauchfrei.de 2008).
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