Integrationskonzept für die Stadt Singen - Februar 2021
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Inhalt 1 Ziel des Konzeptes und zentrale Erkenntnisse ..........................................................................4 2 Entwicklungsprozess .................................................................................................................7 3 Handlungsfelder der Integrationsarbeit ..................................................................................12 3.1 Handlungsfeld: Sprache........................................................................................................13 3.1.1 Sprachlernangebote ................................................................................................................ 13 3.1.2 Beratung und Begleitung im Kontext der Sprachförderung .................................................. 15 3.1.3 Ehrenamtliche Sprach- und Kulturmittler*innen ................................................................... 15 3.1.4 Netzwerke im Handlungsfeld Sprache.................................................................................... 16 3.2 Handlungsfeld: Arbeit ..........................................................................................................17 3.2.1 Arbeitsmarktzugang................................................................................................................. 18 3.2.2 Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen ............................................................. 19 3.2.3 Berufliche Orientierung und Qualifizierung ........................................................................... 20 3.2.4 Beratung und Begleitung im Arbeitskontext .......................................................................... 20 3.2.5 Netzwerke im Handlungsfeld Arbeit ....................................................................................... 21 3.3 Handlungsfeld: Bildung ........................................................................................................21 3.3.1 Übergreifende Bildungsthemen .............................................................................................. 22 3.3.2 Schulbezogene Kinder- und Jugendbildung ........................................................................... 22 3.3.3 Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung.................................................................. 23 3.3.4 Familienbildung und Erwachsenenbildung ............................................................................ 24 3.3.5 Außerschulische Kinder- und Jugendbildung ......................................................................... 26 3.4 Handlungsfeld: Wohnen .......................................................................................................26 3.4.1 Zugang zu Wohnraum ............................................................................................................. 27 3.4.2 Das Wohnen selbst .................................................................................................................. 29 3.4.3 Das Miteinander im Quartier .................................................................................................. 30 3.4.4 Gemeinschaftsunterkünfte- und Anschlussunterbringungsunterkünfte.............................. 31 3.5 Handlungsfeld: Interkulturelles Miteinander .......................................................................32 3.5.1 Interkulturelle Öffnung der Stadtverwaltung und ihrer Einrichtungen ................................ 33 3.5.2 Interkultureller Austausch ....................................................................................................... 34 3.5.3 Abbildung der Kultur der Volksgruppen der Sinti und Roma und Jenischen........................ 35 3.5.4 Interreligiöser Austausch und kultur-/religionssensible Pflege ............................................ 36 3.5.5 Engagement und Ehrenamt .................................................................................................... 38 3.5.6 Teilhabe von Frauen ................................................................................................................ 39 3.5.7 Integration durch Sport ........................................................................................................... 40 3.5.8 Politische Partizipation von Migrant*innen ........................................................................... 41 4 Schlussbetrachtung und Ausblick ............................................................................................44 2
Definitionen Migrant*innen: Die Bezeichnung Migrant*innen bezieht sich auf Personen, die nicht auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik, sondern im Ausland geboren und im Laufe ihres Lebens nach Deutschland eingewandert sind. Somit umfasst diese Personengruppe Menschen mit eigener Mig- rationserfahrung.1 Menschen mit Migrationshintergrund/-geschichte: Die Personengruppe der Menschen mit Migrationshintergrund umfasst nach statistischer Definition in Deutschland lebende Auslän- der*innen, eingebürgerte Deutsche, die nach 1949 in die Bundesrepublik eingewandert sind, so- wie in Deutschland geborene Kinder mit deutschem Pass, bei denen sich der Migrationshinter- grund von mindestens einem Elternteil ableitet.2 Geflüchtete*r: Der Begriff Geflüchtete*r wird als Alternativbegriff für „Flüchtlinge“ verwendet, weil damit die als kleinmachend und teils abwertend empfundene Endung „-ling“ umgangen wird. Da es sich im Vergleich zum Begriff „Flüchtling“ um keinen rechtlichen Begriff handelt, ist er vielfältig einsetzbar und beschreibt damit auch Menschen, die geflüchtet sein können, aber keinen offiziellen Flüchtlingsstatus haben.3 Migrantenorganisationen: Migrantenorganisationen sind als Verbände zu verstehen, deren Mitglieder zu einem großen Teil Personen mit Migrationsbiografie sind und häufig sowohl ent- wicklungs- als auch integrationspolitisch aktiv sind, sich aber auch kulturellen, unternehmeri- schen, religiösen und weiteren Zielen widmen. Migrantenorganisationen sind demnach zentrale Akteur*innen im Bereich der gesellschaftlichen Teilhabe und der Integrationsarbeit. 4 Interkulturelle Öffnung: IKÖ ist als ein Prozess der Organisationsentwicklung zu verstehen. Die- ser Entwicklungsprozess bezieht sich auf die Umgestaltung aller relevanten Ebenen einer Organi- sation, sodass sich ihre Funktionsweise auf die Realität einer Migrationsgesellschaft ausrichtet. Die zentrale Aufgabe ist hierbei der Abbau von Zugangsbarrieren für Migrant*innen zu verschiedenen Dienstleistungen wie Bildung, Kultur und sozialen Diensten. 5 Quartiersansatz/Quartierskonzept: Im Rahmen von Quartierskonzepten werden soziale Räume geschaffen, in denen der Grundsatz verfolgt wird, die Lebensbedingungen der im Quartier lebenden Menschen zu verbessern. Es werden insbesondere die Öffnung des Zugangs zu Ressour- cen, die Schaffung neuer Ressourcen und die Abschaffung von Zugangsbarrieren verfolgt.6 Intersektionalität: Der Begriff Intersektionalität meint die Überschneidung und Wechselwirkung mehrerer Formen von Diskriminierung bei einer Person.7 Interkulturelle Kompetenz: Interkulturelle Kompetenz beschreibt die Fähigkeit, mit anderen Menschen kultursensibel kommunizieren und interagieren zu können. Dabei ist vor allem die kulturelle Selbstreflexion wichtig, um die eigene kulturelle Wahrnehmung, Kommunikation aber auch die eigenen Vorurteile wahrnehmen zu können.8 1 Der Neue deutschen Medienmacher e.V. (NdM) (2020): NdM-Glossar 2020 2 Statistisches Bundesamt (2020): Personen mit Migrationshintergrund 3 Der Neue deutschen Medienmacher e.V. (NdM) (2020): NdM-Glossar 2020 4 Bundeszentrale für politische Bildung (2020): Kurzdossier 2013 5 P. Mecheril et al. (2010): Migrationspädagogik 6 M. Burmester et al. (2020): Die Wirkungsdebatte in der Quartiersarbeit 7 Duden (2020) 3
1 Ziel des Konzeptes und zentrale Erkenntnisse Die Geschichte Singens und ihrer Gesellschaft ist eng verbunden mit Zuwanderung, die seit „Die Integration von Menschen aus anderen mehr als 100 Jahren die Industriestadt prägt. Ländern und Kulturen hat in der Stadt Sin- gen eine lange Tradition und einen ganz be- Gerade in den letzten Jahren hat sich das sonderen Stellenwert. Seit der Ansiedlung Stadtbild weiter verändert, ist vielfältiger ge- großer Industriebetriebe Ende des 19. Jahr- worden und wird durch unterschiedlichste hunderts hat die Stadt Singen viel Erfahrung Kulturen beeinflusst. Mit ihrer Offenheit sor- damit. Mittlerweile hat jeder zweite Mitbür- gen viele Singener Bürger*innen und zahlrei- ger*in unserer Stadt einen Migrationshin- che Organisationen gemeinsam mit der Stadt- tergrund. Menschen aus über 100 Nationen verwaltung dafür, dass gleichberechtigte Teil- bereichern mit ihrer Tatkraft, ihren Kompe- habemöglichkeiten für zugewanderte Men- tenzen und auch mit ihren Kulturen die Ge- schen entstehen. So wird Vielfalt als Bereiche- meinschaft der Stadt Singen.“ rung für das Zusammenleben verstanden und Auszug aus der Homepage „Integration in Sin- ein wertschätzender, respektvoller Umgang gen“ (www.integration-in-singen.de) in der Begegnung möglich. Die Rahmenbedin- gungen der Integrationsarbeit haben sich in den letzten Jahren dabei weiter verändert. sive Diskussion zur Ausrichtung der Integrati- Auch die Anforderungen an die Verwaltung onsarbeit auch dazu geführt, dass weitere Ini- haben sich gewandelt und der Bedarf an eine tiativen, wie z.B. die Etablierung des Verein zielgerichtete, abgestimmte Arbeit ist weiter inSi e.V. oder die Erstellung einer umfassen- gestiegen. Gleichzeitig haben wertvolle Maß- den Homepage als Informationsquelle, Auf- nahmen und zahlreiche Projekte der vergan- wind erfahren haben. genen Jahre dazu beigetragen, dass das An- Inspiriert vom Integrationskonzept des Land- kommen in Singen gut gelingt. Viele relevante kreises Konstanz, sind im Entstehen des Ent- Stellen sind miteinander vernetzt und haben wurfs zahlreiche Ideen für Singen konkreti- sich und ihr Angebot durch Erfahrungen der siert worden, um auf explizite Anliegen einzu- letzten Jahre weiterentwickelt, damit Integra- gehen. Die folgenden Bausteine wurden da- tion als aktiver Prozess gelebt wird und Integ- bei umgesetzt: rationsarbeit zu einem vielfältigen Miteinan- Einrichtung einer Steuerungsgruppe der in allen Lebensbereichen beiträgt. zum Projektstart Vor diesem Hintergrund hat sich die Stadt im Bedarfserhebung, bestehend aus In- Frühjahr 2018 zum Ziel gesetzt, den Stand der terviews, Onlineumfrage und Fokus- Integrationsarbeit zu prüfen, Bedürfnisse von gruppen-Gesprächen zugewanderten Menschen in verschiedenen Abstimmung mit der Fachbereichslei- Handlungsfeldern zu ermitteln und bedarfs- ter*innenkonferenz gerechte Maßnahmen für die gemeinsame Akteurskonferenz zur Präsentation Umsetzung in Singen zu entwickeln. und Bearbeitung der Ergebnisse In einem partizipativen Prozess ist über zwei Jahre der vorliegende Entwurf entstanden. Austausch in einer erweiterten Runde Dabei hat der Entwicklungsprozess eingehend zur Ausrichtung der Integrationsarbeit Raum für den Austausch von Ideen und Per- Pandemiebedingte Anpassung des spektiven gegeben. Gleichzeitig hat die inten- Entwicklungsprozesses 4
Entwicklung des Ist-Stand in fünf aus- Zentrale Erkenntnisse gewählten Handlungsfeldern: Spra- Mit Blick auf den Gesamtprozess lassen sich che, Arbeit, Bildung, Wohnen sowie die nachstehenden Erkenntnisse zusammen- Interkulturelles Miteinander fassen: Entwicklung von Oberzielen aus den Prozessergebnissen und den Impul- 1. Integration nimmt Einfluss auf alle Le- sen des Beteiligungsprozesses bensbereiche und wird daher als Virtuelle Arbeitsphase mit Expert*in- Querschnittsthema verstanden. Um nen zur Ergänzung von Maßnahmen bei einem Integrationskonzept hand- Verschriftlichung des Arbeitsentwurfs lungsfähig zu bleiben, wurden Berei- und Präsentation in den Gremien che formuliert, die zwar nicht trenn- scharf voneinander zu verstehen sind, Der Entwicklungsprozess wird in Kapitel 2 aus- aber in denen konkrete, umsetzungs- führlich dargestellt. fähige Maßnahmen im Rahmen des Prozesses definiert werden konnten. 1 Integrationskonferenz 2. Zahlreiche Maßnahmen werden vor 2 Umfragen (online und telefonisch) dem Hintergrund der bestehenden 5 Handlungsfelder, bearbeitet während der gesetzlichen Regelungen bereits um- Konferenz und weiteren virtuellen Sitzun- gesetzt. Der vorliegende Konzeptent- gen 6 (virtuelle) Treffen der Steuerungsgruppe wurf hat sich zum Ziel gesetzt, insbe- 32 Expert*innen sondere Gestaltungsspielräume zu 6 Fokusgruppengespräche identifizieren, um die Integrationsar- 23 Telefoninterviews beit qualitativ und nachhaltig zu ver- 20 Mitarbeiter*innen in der Strategieklau- bessern. sur Verwaltungsleitung 3. Der umfassende Beteiligungsprozess 142 Singener Bürger*innen, die an der In- und die zahlreichen Impulse aus der tegrationskonferenz teilgenommen haben Singener Stadtgesellschaft haben die 124 Personen / Organisationen als Teilneh- Dokumentation des Ist-Standes und mende der Online-Befragung die Entwicklung von Zielen und Maß- nahmen erst möglich gemacht. Die Der vorliegende Entwurf ist durch seine stär- oftmals kritische Auseinandersetzung ker operative Ausrichtung insbesondere eine hat zu einer intensiven Reflexion der umfassende Darstellung dessen, was in Sin- künftigen Arbeit geführt, die positiv gen bereits geleistet wird (Wo stehen wir?) auf das Miteinander wirken soll. sowie von definierten Zielen und Maßnahmen 4. Das Konzept hält die Situation in Sin- zur Erreichung dieser (Wo wollen wir hin?). gen fest und bildet die Basis für die Die Stadtverwaltung sowie der Gemeinderat nächsten Schritte: Während sich die sind an diesem Schlüsselmoment eingeladen, Integrationsarbeit stetig weiterentwi- die Vorlage zu kommentieren. Das Konzept ist ckelt und durch die Ideen der Beteilig- damit die Grundlage für weitere wichtige Dis- ten gestaltet wird, so soll auch das kussionen zur weiteren zielgerichteten Ge- Konzept mitwachsen und – wenn not- staltung der Integrationsarbeit und zur künfti- wendig – angepasst werden. Hierfür gen Verteilung von Verantwortlichkeiten bei soll der Prozess fortgesetzt und auf der Umsetzung. dem Erreichten aufbauen. 5
Prozessdesign 6
2 Entwicklungsprozess Im Frühjahr 2018 hat sich die Stadt Singen 1. Projektstart zum Ziel gesetzt, ein Konzept zu erstellen, um der Integrationsarbeit in Singen einen Rah- Mit Beginn des Projektes wurde im Frühjahr men zu geben. Das vorliegende Konzept ist 2018 das Vorhaben im Ausschuss für Familie, das Ergebnis eines rund zweijährigen Prozes- Soziales und Ordnung erstmalig präsentiert ses. Es wurde gemeinsam mit Vertreter*in- und eine Steuerungs-gruppe eingerichtet. Die nen der Stadtverwaltung, der Zielgruppe des Mitglieder der Steuerungsgruppe, bestehend Konzeptes sowie weiteren engagierten haupt- aus Bürgermeisterin Ute Seifried, Fachbe- und ehrenamtlichen Akteur*innen der Integ- reichsleiter für Jugend, Soziales und Ordnung, rationsarbeit erstellt. Ebenso wie Integration Torsten Kalb und dem Integrationsbeauftrag- als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstan- ten Stefan Schlagowsky-Molkenthin, waren den wird, so waren Repräsentant*innen aus federführend verantwortlich für die Pro- zahlreichen Themen- und Lebensbereichen in zessumsetzung und die Steuerung operativer den Erstellungsprozess eingeladen ihre Er- Anpassungen im Laufe der Projektlaufzeit. In kenntnisse und Empfehlungen beizutragen. regelmäßigen Abstimmungen vor Ort, telefo- Das Konzept knüpft damit an einen reichhalti- nisch und virtuell wurde das Projekt feinge- gen Erfahrungsschatz an, insbesondere seit plant und Meilensteine festgelegt, relevante 2014, als mit der Einrichtung des Referats für Berichte geteilt, Ergebnisse reflektiert und Integration und der Gründung des Helferkrei- Ableitungen getroffen sowie weitere Prozess- ses Asyl in Singen (HAsyliS) Meilensteine in schritte mit relevanten Akteur*innen geplant. der Gestaltung der Integrationsarbeit ge- schaffen wurden. Eine Vielzahl von Aktivitä- 2. Bedarfsanalyse ten und Maßnahmen wurden seit dieser Zeit auf den Weg gebracht und mit den steigen- Für eine erste Übersicht der Ausgangslage den Anforderungen weiterentwickelt. Mit wurden in der Analysephase drei Instrumente dem nun vorliegenden Entwurf ist der Dialog eingesetzt, um lokale Angebote, Bedarfe und für eine zielgerichtete und bedarfsgerechte Anforderungen an ein Integrationskonzept zu Integrationsarbeit neu angestoßen worden. erheben: Im Juni und Juli 2018 konnten erste Mit den Zwischenergebnissen der verschiede- Informationen durch eine telefonische, leitfa- nen Projektbausteine wurde das Konzept ste- dengestützte Befragung von 23 ausgewählten tig weiterentwickelt und angepasst. Zum Ab- Expert*innen der Integrationslandschaft aus schluss präsentiert es einen Überblick über verschiedenen Handlungsbereichen doku- bestehende Angebote sowie rahmengebende mentiert werden. Ziele in ausgewählten Handlungsfeldern und Daran anschließend waren 124 Einzelperso- zukünftige Maßnahmen auf operativer nen, Initiativen und Organisationen eingela- Ebene, um aktuelle Bedarfslücken zu füllen den, über eine Online-Befragung im Septem- und sich den Zielen anzunähern. ber 2018 Einschätzungen zu verschiedenen 7
Integrationsbereichen abzugeben. An der Bereich Positiv Entwicklungsfeld Umfrage beteiligten sich vor allem ehrenamt- Sprache Vielfältiges Kursange- Planung, Flexibilität, Inhalt liche Akteur*innen, Vertreter*innen der bot; Zusammenarbeit und Qualität der Sprachkurse; Kommunalverwaltung, von Bildungseinrich- der Sprachschulen; Anwendung des Gelernten; Engagement der Eh- Angebote für höhere Qualifi- tungen sowie der Arbeitsvermittlung. Die renamtlichen kationen Mehrheit der Befragten (70%) führt demnach Arbeit Arbeit der Singener Förderung kleiner, wirksamer selbst Integrationsmaßnahmen für einen Allianz; Vernetzung Projekte zur Integration in breiten Personenkreis durch, vor allem in den der Angebote; Arbeit den Arbeitsmarkt; Schaffung Bereichen Sprache (65%), Bildung (60%) und des Jobcenters, AA, langfristiger Perspektiven ge- Arbeit (48%). Im Kern der Umfrage stand die ABH und inSi e.V. meinsam mit Arbeitgeber*in- Reflexion von ausgewählten Handlungsfel- nen dern und spezifischen lokalen Bedarfen, ange- Bildung Umfangreiche Ange- Angebote für Kinder und Ju- bote; qualifiziertes gendliche; Verfügbarkeit von lehnt an das Integrationskonzept des Land- Personal Personal; Unterstützung für kreises Konstanz: Auszubildende; Förderung der Sprache außerschulischen Bildung; Arbeit Schulung von Lehrpersonal Lebens- Initiativen für Wohn- Bedarf an bezahlbaren, alter- Lebensqualität (Wohnen, Gesundheit, qualität raum; kultursensible nativen Wohnkonzepten; de- Sicherheit) (Wohnen, Pflege als Modellpro- zentrale Unterbringung; Auf- Ehrenamt Gesund- jekt; Zusammenarbeit klärung von Geflüchteten Vereine (Sport und Freizeit) heit, Si- vor Ort zwischen (Werte) und Bevölkerung; Kultur cherheit) Stadt und Polizei Hilfsangebote und Austausch Öffentlichkeitsarbeit Ehrenamt Hohes Engagement Dauerhafte Nutzung der An- des Verein inSi e.V.; gebote; Gewinnung von Mig- Interkulturelle Öffnung breite Struktur, enga- rant*innen für ehrenamtliche In jedem Handlungsfeld konnten Umfragen- gierte Einzelpersonen; Arbeit, Anerkennung und Öf- Teilnehmende positive Beobachtungen, künf- zahlreiche Angebote fentlichkeitsarbeit tige Entwicklungsfelder und Erwartungen an in der Stadt; Unter- stützung von Trä- die Stadt Singen formulieren. Dabei erhielt die ger*innen Mehrheit der Handlungsfelder eine positive Vereine Starkes Engagement Bekanntheit der Angebote; Bewertung und konstruktive Ideen für die (Sport und von Vereinen in der Zugang zu und Öffnung der Verbesserung des Angebots. Lediglich beim Freizeit) Integrationsarbeit Vereine; Einbeziehung in Ab- Thema „Wohnen“ wird ein überdurchschnitt- durch gemeinsame stimmung; alternative Ange- lich großer Handlungsbedarf wahrgenom- Aktivitäten; breites bote men. Sportangebot Gerade die Nennungen zur Etablierung eines Kultur Umfangreiches, viel- Interkultureller Austausch / breiten, vielfältigen Angebots für Familien, fältiges Kulturange- Formate; Förderung; Kosten bot; Ausbau Informa- der Angebote / Zugang; Nicht- Schüler*innen und Kinder, das hohe Engage- tionen und Aktionen Nutzung (z.B. Museen) ment und die Zusammenarbeit von relevan- Öffentlich- Neue Internetauf- Zentrale Integrationswebseite ten Organisationen und Einzelpersonen ste- keitsarbeit tritte, Pressearbeit hen stellvertretend für das große Bemühen und Aktionen und das Erreichte in Singen, vor allem seit Interkultu- Bemühen der Mitar- Zurückhaltung in der Gesell- 2014. relle Öff- beitenden von öffent- schaft; Repräsentanz von Obwohl bei den Telefongesprächen wie auch nung lichen und privaten Menschen mit Migrationshin- in der Umfrage zwischen verschiedenen Ziel- Organisationen tergrund in Strukturen; Ver- ständnis von Verwaltung oder gruppen für ein Integrationskonzept mit Organisation; Transparenz 8 und Fortbildungen
Flucht- und Migrationsgeschichte differen- „Je älter der Verein, desto deutlicher die Er- ziert wurde, konzentrierten sich die häufigs- innerung, dass es früher mehr Kontakt und ten Aussagen auf das Thema Flucht, damit Unterstützung gegeben hat.“ verbundene Hindernisse, Bedarfe und Hand- lungsempfehlungen. Vereinzelt gab es Vor- Zitat aus einem Fokusgruppen-Gespräch schläge, wie Minderheitengruppierungen und EU-Ausländer*innen unterstützt werden kön- Die Rückmeldungen unterstreichen vor allem nen. die Bedeutung der seit vielen Jahrzenten akti- Seit der unmittelbaren Versorgung von Ge- ven Vereine und ihrer Bindungswirkung inner- flüchteten seit 2015 beschreiben die Befrag- halb ihrer Gemeinschaften sowie die Unter- ten eine Veränderung von Unterstützungsbe- stützung, die Zuwander*innen eigeninitiativ darfen. Insbesondere bei Behördengängen entgegengebracht wird. Gleichzeitig besteht und Anträgen wird vermehrt Aufklärung und auch hier der Wunsch nach einem engeren Begleitung nachgefragt. Gleichzeitig wurde Kontakt zur Stadt für die Schaffung eines in- die Notwendigkeit für Integration auch auf terkulturellen Miteinanders und zum Aus- der gesellschaftlichen und kulturellen Ebene tausch über Unterstützungsbedarfe. für die Schaffung eines interkulturellen Mitei- Die Gesamtauswertung wurde in einer Sit- nanders wahrgenommen. Insbesondere wer- zung der Steuerungsgruppe besprochen und den hier Möglichkeiten für Begegnung und darauf aufbauend die Akteurskonferenz kon- Teilhabe betont, um der Befürchtung von Iso- zipiert. Gerade die Einbindung von Migran- lation und parallelgesellschaftlichen Entwick- tenvereinen hat eine besondere Dynamik und lungen entgegenzuwirken. ein hohes Interesse geschaffen, bei einem ge- meinsamen, partizipativen Austausch in einen vertiefenden Dialog zu kommen. „Nicht über, sondern mit Zugewanderten sprechen“ 3. Akteurskonferenz Die Bedarfserhebung und die weiteren Schritte wurden im Rahmen der Fachbe- Mit gitt der Bedarfserhebung als Grundlage, wur- reichsleiterkonferenz im September 2018 the- den Singener Bürger*innen im Mai 2019 zur matisiert. Unter Vorsitz von Oberbürgermeis- Akteurskonferenz eingeladen. Die Konferenz ter Bernd Häusler konnten in der Diskussion bildet angesichts der hohen Beteiligung im weitere Impulse, Expertise und Anmerkungen Prozess einen Meilenstein. Nach der Begrü- zu den nächsten Schritten aufgenommen ßung durch den Oberbürgermeister und die werden. Zentral war dabei das Anliegen nicht Bürgermeisterin, erhielten die Teilnehmen- über, sondern mit der Zielgruppe des Konzep- den eine Übersicht zur Integrationsarbeit und tes zu sprechen. Vor diesem Hintergrund wie das künftige Konzept daran anknüpfen wurde die Bedarfserhebung um ein drittes In- wird. Danach bestand die Möglichkeit, in fünf strument erweitert: Mit der Durchführung Themenbereichen Erfahrungen auszutau- von sechs Fokusgruppen-Gesprächen mit lo- schen, Ergebnisse aus der Analyse vertiefend kalen Migrantenorganisationen zwischen De- zu diskutieren und Lösungsideen gemeinsam zember 2018 und März 2019, sollte das Ziel zu entwickeln. Die Berichte wurden aus den verfolgt werden, Erfahrungen zu dokumentie- Ergebnissen der Umfragen und der Beobach- ren und Ideen für ein besseres „Ankommen“ tung nach dem höchsten Diskussionsbedarf aufzunehmen. definiert: 9
Sprache 2. Was soll die Integrationsarbeit in Bildung Singen idealerweise erreichen? Arbeit 3. Welche Werte und Prinzipien sollen Lebensqualität in Singen die Integrationsarbeit in Singen prä- Bürgerschaftliches Engagement und gen? Partizipation Im Verlaufe des Workshops wurden vielfältige In den Arbeitsgruppen wurde zunächst fest- Perspektiven zur Gestaltung der Stadtgesell- gehalten, welche positiven Entwicklungen schaft in Singen ausgetauscht. Nach intensi- und Beispiele bereits vorliegen. Daran an- ven Diskussionen zu einem übergeordneten schließend wurde diskutiert, was im Hand- Verständnis und möglichen Zielen einigten lungsfeld optimiert werden sollte. Die dritte sich die Teilnehmenden auf das weitere Vor- Arbeitsfrage, wie Vernetzung und Kommuni- gehen: Demnach sollten Kleingruppen Ober- kation im Handlungsfeld besser gelingen ziele für einzelne Handlungsfelder entwickeln kann, bot dabei die Gelegenheit mehr Trans- und einen Vorschlag für eine Ausrichtung des parenz über bestehende Kooperationen zu Konzeptes formulieren. Diese Ideen sind in schaffen und Potenziale für eine bessere Zu- den vorliegenden Entwurf eingeflossen. sammenarbeit zu identifizieren. Auch bei der In einer anschließenden Reflexion der Steue- Konferenz wurde die Möglichkeit genutzt in- rungsgruppe wurde deutlich, dass das Kon- formell neue Kontakte zu knüpfen. zept einen stärker operativen Charakter er- Die zahlreichen wertvollen Hinweise und Ver- halten sollte. Gleichzeitig setzt es sich intensi- besserungsvorschläge wurden im Nachgang ver mit dem insbesondere während der Ak- ausgewertet und mit der Steuerungsgruppe teurskonferenz wiederholt betonten Bedarf reflektiert. Aus der Erhebung des Ist-Standes nach Abstimmung von relevanten Akteur*in- (Wo stehen wir heute?), ergab sich folglich die nen und Transparenz über Angebote und Frage, wie die Integrationsarbeit in Singen Netzwerke auseinander. künftig ausgestaltet werden soll (Wo wollen wir hin?). Für einen Austausch zu einem Ge- Pandemiebedingte Anpassungen samtverständnis kamen daher Vertreter*in- nen der Fachämter und weiterer Organisatio- Vor dem Hintergrund der ab März 2020 prä- nen zu einem strategischen Workshop zusam- genden Einschränkungen aller Arbeitsberei- men. che und dem Ausfall von Präsenzformaten wurde auch das Projekt konzeptionell ange- passt. Für die angedachten Planungstreffen 4. Strategieklausur zur Schärfung eines bedarfsorientierten Maß- Aufbauend auf den bisherigen Auswertungen nahmenplans wurde im Sommer 2020 eine di- war die Strategieklausur im Januar 2020 mit gitale Alternative entwickelt. Somit bildete dem Interesse verbunden, Impulse für ein der Schub der Digitalisierung im Krisenjahr für rahmengebendes Gesamtverständnis der das Konzept auch eine große Chance, den Be- künftigen Integrationsarbeit aufzunehmen. teiligungsprozess wieder aufzunehmen und Dabei wurden in zwei Arbeitsgruppen die einen gemeinsamen Abschluss zu finden. nachstehenden Fragen diskutiert: 1. Was ist unsere Motivation, als Stadt 5. Virtuelle Planungstreffen Singen Integrationsarbeit zu betrei- ben? Der virtuellen Arbeitsphase im November 2020 ist eine umfassende konzeptionelle und 10
inhaltliche Vorbereitung vorangegangen: Für Termine Teilnehmende die fünf einstündigen Zoom-Gespräche wurde HF Sprache Bürgermeisterin, Stabsstelle In- das Ziel definiert den Gesamtüberblick in den 11.11.2020, 14Uhr tegration, Abteilung Schulen Handlungsfeldern abschließend zu bewerten und Bildung, Abteilung Kinderta- gesbetreuung, Volkshochschule, und zu ergänzen. Deutsche Angestellten Akade- Hierfür wurden aus den bisherigen Prozesser- mie, inSi e.V., IMAP gebnissen eine Auswahl an Oberzielen abge- HF Bildung Bürgermeisterin, Stabsstelle In- leitet, entwickelt und den Handlungsfeldern 11.11.2020, 15Uhr tegration, Fachbereichsleiter Bil- vorangestellt. Gleichzeitig wurde der aktuelle dung, Abteilung Schulen und Bil- Stand in den Handlungsfeldern durch Au- dung, Abteilung Schulsozialar- tor*innen verschriftlicht und ausgewählten beit, Abteilung Kinder und Ju- Expert*innen für die virtuelle Diskussion zur gend, Fachstelle Kinder und Fa- milien, Abteilung Kindertagesbe- Verfügung gestellt. Diese Arbeitstreffen fan- treuung, IMAP den wie nebenstehend beschrieben statt. HF Arbeit Bürgermeisterin, Stabsstelle In- Die fachlichen Diskussionen und Ergänzungen 11.11.2020, 16Uhr tegration, Singener Allianz, Job- im Nachgang haben das umfassende Arbeits- center, AWO Projektleitung ergebnis damit nochmals qualitativ verbes- „Bleiben mit Arbeit“, IMAP sert. Die daraus entstandenen Ergebnisse HF Interkulturelles Bürgermeisterin, Stabsstelle In- werden ab Kapitel 3 dargestellt. Miteinander tegration, Abteilung Zentrale 18.11.2020, 13Uhr Verwaltung, Abteilung Öffent- lichkeitsarbeit, Abteilung Perso- 6. Verschriftlichung & Vorlage nal und Organisation, Personal- rat, Abteilung Sport, Bäder und Aus der intensiven Arbeitsphase, der qualita- Verwaltung, Arbeitsgemein- tiven Prüfung und einer sprachlichen Überar- schaft Christlicher Kirchen, inSi beitung ist das vorliegende Konzept entstan- e.V., IMAP den, das am 11. März 2021 dem Ausschuss für HF Wohnen Bürgermeisterin, Stabsstelle In- Familie, Soziales und Ordnung des Singener 18.11.2020, 14Uhr tegration, Fachbereichsleiter Ju- Gemeinderates zur Diskussion und zum Be- gend/Soziales/Ordnung, Migra- schluss vorgelegt wird. Danach beginnt die tionsberatung für Erwachsene, inSi e.V., IMAP Umsetzungsphase. Angesichts der Vielzahl der festgehaltenen Ziele und vorgeschlage- Umsetzung mit einem Monitoringprozess be- nen Maßnahmen in allen fünf Handlungsfel- gleiten, um das Erreichen von Meilensteinen dern gilt es, mit Blick auf die zur Verfügung und Zielen zu evaluieren und um bei mögli- stehenden Kapazitäten wichtige Ziele zu prio- chen Störungen im Umsetzungsprozess früh- risieren und die entsprechenden Maßnahmen zeitig nachsteuern zu können. Dem Ausschuss zu koordinieren. Eine Koordinierungsgruppe für Familie, Soziales und Ordnung soll regel- mit entsprechenden Expert*innen soll die mäßig über den Prozess der Umsetzung be- richtet werden. 11
3 Handlungsfelder der Integrationsarbeit Dadurch entstand im Prozess jeweils zunächst „Integration ist eine Querschnittsaufgabe, ein detaillierter Überblick über die Ausgangs- die alle Bereiche des städtischen Lebens be- trifft.“ situation im Handlungsbereich, wobei sowohl eine Zusammenfassung der Aktivitäten, Ange- bote und wichtigsten Akteur*innen entstand, Ausgehend von diesem Grundverständnis, aber auch Herausforderungen und aktuelle wurde in Singen die Integrationsarbeit als ein Themen und Schwierigkeiten angesprochen Thema näher beleuchtet, das alle Bereiche werden konnten. Durch die Festlegung von des gesellschaftlichen Lebens und somit auch Oberzielen wurden anschließend Zielvorga- alle Aufgabenfelder der städtischen Verwal- ben der Integrationsarbeit im jeweiligen tung betrifft. Um in der Komplexität und Viel- Handlungsfeld definiert. Im nächsten Schritt fältigkeit des Themenbereichs Integration wurden daraus konkrete Handlungsziele und, dennoch handlungsfähig zu bleiben und an dort wo möglich, auch Maßnahmen abgelei- konkreten Bedarfen arbeiten zu können, wur- tet. Dabei ist zu betonen, dass auch die be- den in einem partizipativen Prozess fünf schriebenen Ausgangssituationen sowie ab- Handlungsfelder der Integrationsarbeit in Sin- geleiteten Ziele und Maßnahmen eine Mo- gen definiert: Sprache, Bildung, Arbeit, Woh- mentaufnahme darstellen. So wurde in den nen und Interkulturelles Miteinander. Diese Themenforen beispielsweise immer wieder Handlungsfelder sind nicht trennscharf vonei- deutlich, wie sehr aktuelle Entwicklungen, wie nander zu verstehen, sondern bilden vielmehr die Corona-Pandemie, auf alle Bereiche der eine Grundstruktur, in welcher die einzelnen Integrationsarbeit Einfluss nehmen, und hier Bereiche ineinandergreifen, sich gegenseitig einerseits wichtige Aufgaben erschweren, an- beeinflussen und stetig weiterentwickeln. dererseits aber auch Entwicklungen, wie den Ausbau digitaler Strukturen, beispielsweise im Bereich der Sprachförderung, vorantrei- ben. In der folgenden Darstellung werden für jedes Handlungsfeld nach einer kurzen Einleitung Oberziele (Was nehmen wir uns vor?) zusam- mengefasst. Anschließend wird für jedes Handlungsfeld in gesonderten Themenberei- chen jeweils eine Zusammenfassung des Ist- Standes (Wo stehen wir?) gegeben und kon- Auf Basis des Grundgerüsts der fünf Hand- krete Handlungsziele (Wo wollen wir hin?) lungsfelder, wurden Expert*innen eingela- und Maßnahmen (Wie wollen wir das errei- den, innerhalb von Themenforen wichtige Er- chen?) vorgestellt. fahrungen und Erkenntnisse in ihrem jeweili- gen Expert*innenbereich zu diskutieren. 12
3.1 Handlungsfeld: Sprache Der Erwerb und sichere Gebrauch der deut- wanderter Menschen und auch jener, die be- schen Sprache hat zweifelsohne eine Schlüs- reits über einen längeren Zeitraum in selfunktion für die gesellschaftliche Integra- Deutschland leben, wird in Singen als eine tion und Teilhabe. wichtige Aufgabe anerkannt. Aus diesem Die Beherrschung der deutschen Sprache ist Grund wird die Sprache auch als gesondertes eine Voraussetzung dafür, viele weitere Handlungsfeld behandelt und nimmt einen Schritte auf dem Weg zu einer erfolgreichen besonderen Stellenwert im Integrationskon- Integration überhaupt gehen zu können. Auf zept der Stadt Singen ein. Es werden dabei die dem Arbeitsmarkt, in der Schule, bei der folgenden Themenbereiche genauer betrach- Wohnungssuche, im Sportverein oder beim tet: Gespräch mit der*dem Nachbar*in – ohne Sprachlernangebote ausreichende Sprachkenntnisse stehen für Beratung und Begleitung zugewanderte Menschen teilweise unüber- Ehrenamtliche Sprachmittler*innen windbare Hürden der gesellschaftlichen Teil- Netzwerke habe im Weg. Die Sprachförderung neuzuge- Das nehmen wir uns im Handlungsfeld Sprache vor: Wir möchten erreichen, dass das Angebot an Sprachkursen für zugewanderte Menschen in Sin- gen transparent und bedarfsorientiert ausgerichtet ist. Wir nehmen uns vor, Möglichkeiten zur Begegnung und zum Austausch zu schaffen, um die Sprachanwendung im Alltag zu fördern und so gesellschaftliche Partizipation zu stärken. In Kooperation mit Sprachkursträger*innen und ehrenamtlichen Kursanbieter*innen, möchten wir die Sprachkursangebote kontinuierlich mit Blick auf Bedarfe weiterentwickeln. In unseren Kindertageseinrichtungen werden Kinder in ihrem Alltag beim Erwerb der Sprache un- terstützt und gefördert. Wir möchten erreichen, dass alle am Sprachlernprozess beteiligten Akteur*innen konkurrenzfrei miteinander arbeiten, um eine objektive Sprachstandsermittlung, optimale Beratung, zielgenaue Kurszuweisung und kontinuierliche Begleitung, auch nach Kursabbrüchen, zu gewährleisten. 3.1.1 Sprachlernangebote Wo stehen wir? In der Stadt Singen gibt es zahlreiche Mög- kurse und kursträgereigene Angebote. Er- lichkeiten zum Spracherwerb für zugewan- gänzt werden die Kurse in der eigenen Mut- derte Menschen. Dazu zählen die Integrati- tersprache. Im Zuge der Corona-Pandemie onskurse, die VwV Deutschkurse, berufsbe- sind zudem auch digitale Sprachlernange- zogenen Sprachkurse nach Deutschsprach- bote, als Ergänzung oder Ersatz für Präsenz- förderverordnung, die Alphabetisierungs- kurse, wichtig geworden. Für die kindliche Sprachförderung ist das bis 2022 geförderte 13
Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ an 18 Sin- Ebenfalls wird die kindliche Sprachförde- gener Einrichtungen zentraler Bestandteil rung durch Sprachkurse von Honorarkräften der alltagsintegrierten und kultursensitiven in Kitas und Eltern-Talks vorangetrieben. Sprachbildung, ebenso wie das städtische Die Sprachlernangebote der Integrations- Sprachbildungskonzept (SMAILE) für Kitas. kurs- und Weiterbildungsträger*innen so- Darüber hinaus nutzen die Kindertagesein- wie von Kitas und Schulen werden ergänzt richtungen die Möglichkeiten im Rahmen durch ehrenamtliche Sprachkurse des Ver- des Landesprogramms "Kolibri" zur intensi- eins inSi e.V. ven Förderung von Kindern mit zusätzli- chem Sprachförderbedarf. Wo wollen wir hin? Wie wollen wir das erreichen? Bedarfsgerechte Optimierung des Angebotsspektrums Die Zusammenarbeit der Steuerungsgruppe Deutsch Singen im Hinblick auf bestimmte Zielgruppen und deren Be- festigen. darfe (beispielsweise Frauenintegrationskurse mit Kin- In engem und regelmäßigem Austausch mit der Steuerungs- derbetreuung, Zweitschriftlerner*innenkurse, Ju- gruppe Deutsch Singen eine gemeinsame Bedarfsermittlung gendintegrationskurse, Elternintegrationskurse oder erstellen, Kursteilnahmeerfolge ermitteln und zentral fest- Langsamlerner*innenkurse). halten. Ausbau des Angebots von Kursen mit Kinderbetreu- Auf Basis der Bedarfsermittlung eine fortlaufende Optimie- ung. rung der Kursangebote und Erweiterungen des Ange- botsspektrums vorantreiben. Ausbau der ehrenamtlichen Sprachlernangebote als Miteinbeziehen von Ehrenamtlichen bei Online-Sprachlern- Stützkurse und zur Prüfungsvorbereitung. angeboten. Optimierung der Zusammenarbeit von Ehrenamtli- Unterstützung von Migrantenorganisationen bei der Organi- chen mit hauptamtlichen Kursträger*innen. sation von muttersprachlichen Kursen. Ausbau der Angebotsvielfalt von muttersprachlichen Kursen. Erreichung einer übersichtlichen Darstellung aller Eine vollständige, laufend aktualisierte, Liste der Sprach- Sprachlernangebote in Singen. kursangebote erstellen durch Aufnahme noch fehlender An- gebote in die bewährte wöchentliche Liste der Stabsstelle Integration und in Abstimmung mit der Steuerungsgruppe Deutsch Singen. Integration der Liste in die neue „Homepage Integration“ mit Einrichtung eines Suchanfragen-Tools. Weiterführung und Sicherung der Finanzierung der Erhaltung der Stellen der zusätzlichen Fachkräfte in den Sprach-Kitas. KiTas und der Stelle der Fachberatung auch nach 2022. Weiterführung der Begleitung der Einrichtungen bei Zusätzliche Personalstellen für quantitative und qualitative ihrer kultursensitiven Entwicklung mit Unterstützung Verbesserung des Angebots. durch das Bundesprogramm, das bis 2022 gesichert Sprachkenntnisse, die bei Fachkräften in verschiedenen und ab 2023 verstetigt werden soll. Kitas vorhanden sind, übergreifend nutzen. Ausweitung des Sprach-Kita Konzepts auf alle anderen Vermehrt gemeinsame Fort- und Weiterbildungen für Fach- Kitas. kräfte in Schulen und Kitas, z.B. zur Entwicklung einer ge- meinsamen Haltung und eines gemeinsamen Verständnisses Durchgängiges Sprachbildung von der Kita bis zur der Sprachbildung und Förderung. Schule. Intensivere Elternarbeit in Kitas und Schulen. Bedarfsgerechte Optimierung von und Sicherung der Ausbau der Nutzung von Online-Tools und Lernplattformen Zugangsvoraussetzungen für Online-Sprachlernange- zur Ergänzung des Präsenzunterrichts. bote. Auch nach Pandemiezeiten, als wichtige Mög- Bereitstellung mobiler Endgeräte für Teilnehmende der eh- lichkeit des Sprachförderung für bestimmte Zielgrup- renamtlichen Sprachkurse. pen (beispielsweise Schichtarbeiter*innen). Eigenkostenanteile für Sprachkurse als eine Zugangs- Bedarfsprüfung einer Unterstützung, gegebenenfalls durch hürde reduzieren. inSi e.V. 14
Finanzierung über inSi e.V.: Budget für Übernahme von Ei- genkostenanteilen für Mitglieder. Übersetzung der Informationsmaterialien für den Sozialpass Singen und Anstoßen einer Diskussion über die Erweiterung des Berechtigtenkreises. Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Kitas und Entwicklung einer systematischen Zusammenarbeit im Hin- Grundschulen zur Förderung der durchgängigen blick auf grundlegende Fragen der Bildungsbiographie, Kon- Sprachbildung. tinuität und Weiterführung der Sprachbildung, Einbeziehung der Herkunftssprache, Sprachdiagnose und weiterer The- men. Bildung von professionellen Lerngemeinschaften. 3.1.2 Beratung und Begleitung im Kontext der Sprachförderung Wo stehen wir? Das Beratungs- und Begleitungsangebot im Migrationsberatung für Erwachsene, der Ju- Bereich der Sprachförderung in Singen ist gendmigrationsdienst, die Beratung durch vielfältig. Dazu zählen die Sprachkursbera- das Integrationsmanagement und zahlrei- tung der Integrationskursträger*innen, die che ehrenamtliche Beratungs- und Beglei- tungsangebote. Wo wollen wir hin? Wie wollen wir das erreichen? Optimale Beratung für alle Sprachlern-Interessierten. In der Steuerungsgruppe Deutsch Singen soll eine Bera- Bessere Berücksichtigung der individuellen Lernfähig- tungs- und Weiterleitungsstruktur erarbeitet werden, um keiten und Kenntnisstände. individuelle, passgenaue Angebote der Kursträger*innen vermitteln zu können. Bessere Begleitung der Kursteilnehmenden bei Schwierigkeiten. Die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Sprachkurshel- fer*innen soll verbessert werden, um zu ehrenamtlichen Verringerung von Sprachlern-Abbrüchen. Sprachlernangeboten beraten zu können und gegebe- Aktivierung und Stärkung der Eigeninitiative der nenfalls ehrenamtliche Sprachpat*innen an die Seite zu Sprachlerninteressierten (im Sinne des Grundsatzes stellen. „Fördern und Fordern“). Zentrale, objektive Sprachstandsermittlung. In der Steuerungsgruppe Deutsch Singen sollen die Not- wendigkeit und die Möglichkeiten der Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Sprachstandsermittlungen ge- prüft werden, auf Basis welcher Personen zu haupt- und ehrenamtlichen Kursangeboten weitervermittelt werden können. 3.1.3 Ehrenamtliche Sprach- und Kulturmittler*innen Wo stehen wir? Viele zugewanderte Menschen, die Verstän- amtliche Sprach- und Kulturmittler*innen- digungsprobleme haben, nehmen das Ange- dienste können hier fachkundige Unterstüt- bot von medizinischen, sozialen oder päda- zungen anbieten. Der Landkreis Konstanz gogischen Einrichtungen nicht wahr. Dabei und die Stadt Konstanz haben schon 2006 in spielen nicht nur sprachliche Fähigkeiten, einem gemeinsamen Kooperationsprojekt sondern auch kulturell bedingte unter- einen ehrenamtlichen Sprachmittler*innen- schiedliche Sichtweisen eine Rolle. Ehren- dienst aufgebaut, der im gesamten Land- 15
kreis Konstanz von hauptamtlichen Einrich- ler*innen des Konstanzer Sprachmittler*in- tungen in Anspruch genommen werden nen-Pools in der Stadt Singen. Hingegen kann. In Singen wird dieses landkreisweite wird der Bedarf geäußert, den landkreiswei- Angebot kaum beansprucht bzw. kommt es ten ehrenamtlichen Sprachmittler*innen- nur selten zu Einsätzen der 160 Sprachmitt- Pool durch den Aufbau eines eigenen Singe- ner Sprachmittler*innen-Pools zu ergänzen. Wo wollen wir hin? Wie wollen wir das erreichen? Einrichtung eines allgemeinen ehrenamtlichen Sprach- Aufbau eines zentralen ehrenamtlichen Sprachmittler*in- mittler*innen-Pools in Singen. nen-Pools als gemeinsames Projekt der Stabsstelle In- tegration mit inSi e.V. und in Abstimmung und Zusam- menarbeit mit dem ehrenamtlichen Sprachmittler*innen- Pool des Landkreises Konstanz und mit dem ehrenamtli- chen Sprachmittler*innen-Pool der Familienberatungen. Stärkung und Ausbau des ehrenamtlichen Sprachmitt- Unterstützung der ehrenamtlichen Sprachmittler*innen ler*innen-Pools der Familienberatungen. des Sprachmittler*innen-Pools der Familienberatungen durch Fortbildungen und finanzielle Aufwandsentschädi- gungen. Kooperationsvereinbarung mit inSi e.V. zur gemeinsamen Akquise weiterer ehrenamtlicher Sprachmittler*innen. 3.1.4 Netzwerke im Handlungsfeld Sprache Wo stehen wir? Mit dem Zuwanderungsgesetz von 2005 Zuletzt kamen in Singener BAMF Runden über wurde vom Bundesamt für Migration und 30 Vertreter*innen verschiedener Einrichtun- Flüchtlinge BAMF das umfassende und diffe- gen zusammen, deren Mitarbeiter*innen als renzierte Konzept der Integrationskurse um- Akteur*innen der Integrationsarbeit aktiv wa- gesetzt. Gleichzeitig wurden Beratungen für ren. Darum haben wir in Singen mit Blick auf Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ein- Best-Practice-Beispiele anderer Städte bereits geführt: Migrationsberatung für Erwachsene den Weg eingeschlagen, die BAMF Runde zu (MBE) und Jugendmigrationsdienst (JMD), die entlasten und ein „Netzwerk Integration Sin- insbesondere zur Teilnahme am Integrations- gen“ zu etablieren, das ohne den BAMF Reko kurs beraten und die Integrationskurse aktiv zusammenkommt. Die BAMF Runde Singen besuchen, um ihre weitergehenden Bera- kann sich zusammen mit den Kursträger*in- tungsangebote anzubieten. Das BAMF hat so- nen und Migrationsberatungen stärker auf genannte Regionalkoordinator*innen (Reko) die jeweiligen verwaltungsintensiven Neure- zu regelmäßigen Netzwerktreffen in die Kom- gulierungen der Integrationskurse fokussie- munen entsendet. Diese sogenannten BAMF ren. Runden wurden in vielen Städten Deutsch- Im Netzwerk Integration Singen reicht der Fo- lands die ersten zentralen Netzwerktreffen al- kus auf die Herausforderungen der Integra- ler Akteur*innen der Integrationsarbeit vor tion vor Ort weit über das reine Integrations- Ort. Diese BAMF Runden wurden in den Städ- kursgeschehen hinaus. ten zunehmend größer und durch die Vielzahl Der „Steuerungsgruppe Deutsch Singen“ der Teilnehmer*innen überfrachtet. So auch (SDS) gehören neben Vertreter*innen der In- in Singen. tegrationskursträger*innen und der Migrati- 16
onsberatungen auch Vertreter*innen der In- genannte „Stützkurse“ und Prüfungsvorberei- tegrationsmanager*innen und Organisa- tungskurse an, die das Angebot der Integrati- tor*innen der ehrenamtlichen Sprachkurse onskursträger*innen ergänzen. von inSi e.V. an. Die SDS stimmt die Planungen Auf Landkreisebene wird ein Treffen mit dem des Integrationskursangebots in Singen un- BAMF Reko vom Amt für Migration und In- tereinander ab und optimiert die Zuleitung tegration (AMI) organisiert (AMI Netzwerk der Interessent*innen in den passenden Sprache), bei dem landkreisweite Optimie- Sprachkurs (auch der Mitanbieter*innen). Die rungen der Integrationskursangebote und Ko- Organisator*innen der ehrenamtlichen operationen mit Akteur*innen der Integrati- Sprachkursangebote von inSi e.V. bieten so- onsarbeit im Zentrum stehen. Wo wollen wir hin? Wie wollen wir das erreichen? Entlastung der BAMF-Runde Singen und Etablierung Fortsetzung des eingeschlagenen Weges der Trennung des Netzwerk Integration Singen. von BAMF Runde Singen und Netzwerk Integration Sin- gen. Unterstützung der Etablierung des Netzwerk Integration Singen. Optimierung der Zusammenarbeit in Abstimmung mit Eine Kooperationsvereinbarung mit allen teilnehmenden allen Singener Akteur*innen im Handlungsfeld Spra- Akteur*innen in der Steuerungsgruppe Deutsch Singen che zur fortlaufenden gemeinsamen Planung und Ab- schließen. stimmung von Kursangeboten sowie zum Ausbau von Gegebenenfalls eine gemeinsame Datenschutzerklärung Beratungen und Begleitungen von Sprachlerninteres- erarbeiten, um notwendigen Datenaustausch zu ermögli- sierten. chen. Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Kitas und Erweiterung der Steuerungsgruppe Deutsch Singen. Grundschulen zur Förderung der durchgängigen Sprachbildung. 3.2 Handlungsfeld: Arbeit Ein Arbeitsplatz und die Partizipation am Ar- rationshintergrund8,9. Bei einer intersektio- beitsleben sind wichtige Voraussetzungen, nalen Betrachtung zeigt sich, dass das Risiko nicht nur für die individuelle Lebensgestal- von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein für tung, sondern auch für gesellschaftliche manche Gruppen besonders hoch ist, bei- Partizipation. Die Eingliederung in den Ar- spielsweise für muslimische Frauen, die ein beitsmarkt gehört somit zu den klassischen Kopftuch tragen10. Die Ursachen dafür sind Themenbereichen der Integration. Dabei vielfältig und reichen von fehlenden Zu- gibt es starke Hinweise darauf, dass Men- gangsvoraussetzungen, sprachlichen Hür- schen mit Migrationsgeschichte nach wie den oder Schwierigkeiten bei der Anerken- vor häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen nung von Berufs- und Bildungsabschlüssen sind und geringere Chancen auf dem Ar- beitsmarkt haben als Menschen ohne Mig- 8 Statistisches Bundesamt (2020): Ergebnisse des Mikrozensus 2019 10 Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2010): Diskriminierung auf- 9 Zahlen für Januar 2020, Institut für Arbeitsmarkt und Berufsfor- grund der islamischen Religionszugehörigkeit im Kontext Arbeitsle- schung: Zuwanderungsmonitor März 2020 ben – Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen 17
bis hin zu Diskriminierungen bei der Jobver- Das nehmen wir uns im Handlungsfeld mittlung und auf dem Arbeitsmarkt11,12. Zu- Arbeit vor: sätzlich zeigt sich, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt Wir streben an, dass die in der Stadt Sin- vor allem die in Deutschland lebenden aus- gen lebenden erwerbsfähigen Menschen ländischen Staatsangehörigen besonders mit Zuwanderungsgeschichte einen hart treffen13. Die Stadt Singen hat schon gleichberechtigten Zugang zum Arbeits- längst erkannt, dass die Verbesserung der markt haben und dauerhaft und entspre- Integration von Menschen mit Zuwande- chend ihrer Fähigkeiten in diesen inte- rungsgeschichte in den Ausbildungs- und griert sind. Arbeitsmarkt und das Erkennen, Fördern Wir möchten erreichen, dass die Ak- teur*innen der Integrationsarbeit im und Nutzen der Potentiale, sowohl von Neu- Handlungsfeld Arbeit in der Stadt Singen zugewanderten als auch von Menschen mit gut vernetzt und ihre Beratungs- und Qua- Migrationsgeschichte, die bereits länger in lifizierungsangebote transparent und Singen leben, eine wichtige Aufgabe der übersichtlich dargestellt sowie unterei- Stadtverwaltung ist. Im Folgenden werden nander gut verzahnt sind. diese Themenbereiche genauer betrachtet: Wir möchten erreichen, dass die in der Stadt Singen aktiven Migrantenorganisati- Arbeitsmarktzugang onen eine Schlüsselrolle in ehrenamtlichen Anerkennung von Berufs- und Bildungs- Beratungs- und Begleitungsprozessen bei abschlüssen der Arbeitsmarktintegration einnehmen. Berufliche Orientierung und Qualifizie- Wir nehmen uns vor, dass die Stadtver- rung waltung Singen als Arbeitgeber*in mit gu- Beratung und Begleitung im Arbeitskon- tem Beispiel vorangeht und somit aktiv zu text einer besseren Arbeitsmarktintegration Netzwerke und Akteur*innen von Zugewanderten beiträgt. 3.2.1 Arbeitsmarktzugang Wo stehen wir? Die Arbeitsmarktintegration von Menschen Der Einstieg in den Arbeitsmarkt erfolgt in der mit Migrationshintergrund ist ein wichtiges Regel über vergleichsweise gering entlohnte Thema im öffentlichen Diskurs in Deutsch- Arbeitsverhältnisse, häufig unterhalb der ei- land. Ob und wie schnell Zugewanderte und genen Qualifikation, oder über Arbeitsver- deren Nachkommen am Arbeitsmarkt Fuß hältnisse mit unsicheren Beschäftigungsper- fassen, beeinflusst maßgeblich den Prozess spektiven wie Leiharbeit oder befristete Be- ihrer gesellschaftlichen Integration und ihre schäftigung. Während viele Migrant*innen in Chancen auf soziale und wirtschaftliche Teil- den ersten Jahren nach ihrer Zuwanderung habe. Schwierigkeiten haben, eine Beschäftigung zu 11 Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (2017): Presse- 12 Koopmans/Veit/Yemane (2018): Ethnische Hierarchien in der Be- mitteilung vom 8. September 2017, "Besser Schneider oder Schmidt werberauswahl: Ein Feldexperiment zu den Ursachen von Arbeits- heißen" marktdiskriminierung 13 Zahlen für Dezember 2020, Institut für Arbeitsmarkt und Berufs- forschung: Zuwanderungsmonitor Dezember 2020 18
finden, steigt der Anteil der Erwerbstätigen unter ihnen deutlich mit zunehmender Auf- enthaltsdauer. Wo wollen wir hin? Wie wollen wir das erreichen? Sensibilisierung von Arbeitgeber*innen und Unterneh- Organisation von Informations- und Diskussionsveranstal- mer*innen für die Chancen und Potentiale von Men- tungen der Singener Allianz in Kooperation mit Singen aktiv schen mit Migrationshintergrund. zum Thema kulturelle Vielfalt in Unternehmen. Unterstützung von Arbeitgeber*innen bei der Anstel- Kulturelle Vielfalt in Unternehmen im Rahmen einer Image- lung von Zuwander*innen und der interkulturellen kampagne als Wirtschaftsfaktor bewerben. Öffnung der Betriebe. Netzwerktreffen mit der Handwerker*innenrunde veranstal- ten. Netzwerktreffen mit Pflegeeinrichtungen veranstalten. Einen Überblick über die Situation von Menschen mit Unter Berücksichtigung von Datenschutzbezogenen Regula- Migrationsgeschichte in Singen bekommen. rien mit dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit in den regelmäßigen Austausch treten und die Abbildung entspre- chender Zahlen verabreden. Unterstützungsangebote für besonders betroffene Beratungsangebote mit speziellem Genderansatz erweitern. Zielgruppen schaffen, beispielsweise für familiär stark Die Informationen zu Sozialen Leistungen im Rahmen des eingebundene Frauen mit Migrationsgeschichte. Gute-Kita-Gesetzes, die im Handbuch Singener Wegwei- ser beschrieben sind, in mehrere Sprachen übersetzen, um über die Möglichkeiten von Befreiung der Kinderbetreu- ungskosten zu informieren und dadurch für Eltern das Auf- nehmen einer Arbeitstätigkeit zu erleichtern. 3.2.2 Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen Wo stehen wir? Die Reglementierung vieler Berufe und die deutlich, sondern auch ihre Verdienste, so- fehlende Vergleichbarkeit ausländischer dass eingewanderte Arbeitskräfte zum Niveau Berufsqualifikationen erschweren die Integra- der Einheimischen aufschließen. Trotz der po- tion von Migrant*innen in den deutschen Ar- sitiven Effekte beantragen nicht alle Mig- beitsmarkt. Die Anerkennung im Ausland er- rant*innen eine Anerkennung. Die Gründe worbener beruflicher Abschlüsse kann dem dafür sind vielschichtig und deuten unter an- entgegenwirken: Sie erhöht nicht nur die Be- derem auf Hindernisse beim Anerkennungs- schäftigungschancen von Migrant*innen verfahren hin. Wo wollen wir hin? Wie wollen wir das erreichen? Koordinierte Erhebung der mitgebrachten und in Eine enge Zusammenarbeit der Singener Akteur*innen im Deutschland erworbenen beruflichen Qualifikationen Handlungsfeld Arbeit mit der dezentralen Anerkennungsbe- sowie Kompetenzen für alle arbeitsuchenden Zuge- ratung im Landkreis vorantreiben. wanderten in Singen. Eine frühe Kompetenzerfassung einrichten. Zügige Anerkennung von ausländischen Berufs- und Zuständigkeiten, Regelungen und Kompetenzen für die An- Bildungsabschlüssen und/oder Gleichsetzung mit ent- erkennung ausländischer Bildungsabschlüsse transparent sprechenden deutschen Äquivalenten. machen und bündeln. Durch persönliche Begleitung den Zugang zur Anerkennung für Fachkräfte erleichtern. Muttersprachliche Anerkennungsberatung anbieten. 19
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