Russland im globalen Wasserstoff-Wettlauf - Einleitung

 
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Russland im globalen Wasserstoff-Wettlauf - Einleitung
NR. 48 JUNI 2021                            Einleitung

Russland im globalen Wasserstoff-Wettlauf
Überlegungen zur deutsch-russischen Wasserstoffkooperation
Yana Zabanova / Kirsten Westphal

Im Oktober 2020 hat Russland eine Roadmap für die Wasserstoffentwicklung verab-
schiedet, ein umfassendes Konzept wird in Kürze erwartet. Auch wenn Russland dem
vielgepriesenen Wasserstoff (H2) nach wie vor skeptisch gegenübersteht, will es seinen
Erdgasreichtum nutzen, um ein führender Exporteur auch von H2 zu werden. Dabei
sieht es Deutschland als wichtigen potentiellen Partner. Da Russland bisher keine am-
bitionierte Dekarbonisierungsagenda hat, ist die große Herausforderung, die Wasser-
stoffproduktion in erster Linie für den Export und ohne nennenswerte Binnennach-
frage zu stimulieren. Obwohl sich Russlands politische Beziehungen zum Westen
stetig verschlechtern, bleibt die Kooperation bei erneuerbaren Energien und bei H2
einer der wenigen vielversprechenden Bereiche. Diese Zusammenarbeit könnte signi-
fikant zur Entwicklung der H2-Wertschöpfungsketten in beiden Ländern beitragen.

Angesichts des rasant wachsenden globalen        und Russlands Potential in diesem Sektor
Interesses an H2 wird der Export in Russland     erläuterte. Seitdem ist Wasserstoff zum
heiß diskutiert. Das von der Regierung finan-    Thema hochrangiger Konferenzen und
zierte EnergyNet Infrastructure Centre, das      Foren, runder Tische in der Duma und un-
die technologische Führungsrolle russischer      zähliger Medienartikel geworden. Laut
Unternehmen auf dem Energiemarkt för-            Deutschlands Nationaler Wasserstoffstrate-
dern soll, veröffentlichte Ende 2018 einen       gie vom Juni 2020 wird es große Mengen
Bericht. Darin wird Russland aufgefordert,       importieren müssen. Das verlieh Russlands
schnell zu handeln, um seinen Anteil am          Ambitionen noch mehr Auftrieb, Wasser-
zukünftigen globalen Wasserstoffmarkt zu         stoffexporteur zu werden und damit seine
sichern. In mehreren Pilotprojekten sollen       Position als Energielieferant auch in Zeiten
die vorhandenen freien Kapazitäten des           der Energietransformation zu erhalten.
russischen Stromerzeugungssystem genutzt
werden, um aus Kern- oder Wasserenergie
zu wettbewerbsfähigen Kosten sauberen            Wasserstoffpolitik in Russland
Wasserstoff für den Export zu produzieren.
Im Jahr 2019 verfasste das Skolkovo Energy       Im Jahr 2020 verabschiedete Russland zwei
Centre eine detaillierte Studie, in der es die   politische Dokumente, in denen es seine
neuesten internationalen Entwicklungen           Wasserstoff-Pläne umreißt. Das erste ist die
Energiestrategie vom Juni 2020 für den Zeit-     kommen sind halbherzig und laufen darauf
                 raum bis 2035. Darin erklärt die russische       hinaus, dass die Emissionen bis 2030 um
                 Führung, dass Kohlenwasserstoffe wichtig         30% gegenüber 1990 reduziert werden. Da
                 bleiben, setzt sich aber auch zum Ziel,          sie nach Auflösung der UdSSR 1991 stark
                 Russland zu einem der weltweit führenden         gesunken sind, wurde dieses Ziel bereits
                 Produzenten und Exporteure von Wasser-           erreicht. 2018 betrugen sie nur noch 52%
                 stoff zu machen. Die Exportziele liegen bei      des Niveaus von 1990. Selbst das klima-
                 200 000 Tonnen bis 2024 und 2 Millionen          freundlichste Szenario im Entwurf der Stra-
                 Tonnen bis 2035. Zwar heißt es in der Stra-      tegie für eine CO2-arme Entwicklung hätte
                 tegie auch, die Inlandsnachfrage nach            zur Folge, dass die Emissionen gegenüber
                 Wasserstoff müsse stimuliert werden, etwa        heute in absoluten Zahlen wieder steigen.
                 im Transportsektor und für die Energie-             In Russlands aktuellen politischen Doku-
                 speicherung. Trotzdem ist eine klare Export-     menten fehlt grüner, also aus erneuerbaren
                 orientierung unverkennbar.                       Energien erzeugter Wasserstoff, obwohl er
                    Das zweite Dokument, die Roadmap für          im neuen Konzept wahrscheinlich erwähnt
                 die Wasserstoffentwicklung bis 2024, wurde       werden wird. Russland verfügt derzeit über
                 im Oktober 2020 verabschiedet. Die Konzer-       begrenzte Wind- und Solarinstallationen
                 ne Gazprom und Rosatom sollen die Haupt-         mit insgesamt unter 3 GW Leistung, die
                 rolle dabei spielen, die Ziele der Energie-      weniger als 1% des gesamten Stroms erzeu-
                 strategie zu erfüllen. Laut Roadmap verfügt      gen. Untersucht wird, inwieweit große Was-
                 Russland über Wettbewerbsvorteile bei Was-       serkraft (die installierte Kapazität liegt bei
                 serstoff in den Bereichen technologisches        49 GW) für die Produktion erneuerbaren
                 Know-how, Forschung und Entwicklung              Wasserstoffs geeignet ist. Zwar gibt es zur-
                 (F&E) sowie bei der vorhandenen Ressour-         zeit keine grünen Wasserstoffprojekte in
                 cenbasis, Überkapazitäten im Energieerzeu-       Russland, aber einige Unternehmen haben
                 gungssystem, einer ausgebauten Transport-        Interesse bekundet. Enel Russia baut derzeit
                 infrastruktur und der geographischen Nähe        einen 201-MW-Windpark auf der Kola-Halb-
                 zu Großverbrauchern. Zudem werden in             insel im Gebiet Murmansk, der im Dezem-
                 der Roadmap erste Schritte für die Wasser-       ber 2021 fertiggestellt sein soll. Zusammen
                 stoffentwicklung skizziert.                      mit Rusnano, Russlands großer Institution
                    Ein detailliertes H2-Konzept ist in Arbeit,   für Innovationsentwicklung, will Enel
                 aber Berichten zufolge wird darin eine stra-     Russia in diesem Windpark jährlich 12 000
                 tegische Zusammenarbeit mit Deutschland,         Tonnen grünen Wasserstoff für den Export
                 Frankreich, Japan und Südkorea angepeilt.        in die EU produzieren. Allerdings gibt es bei
                 Laut Konzeptentwurf wird Russland bis            diesem Pilotprojekt viele Unwägbarkeiten,
                 2050 schätzungsweise 7,9 bis 33,4 Millionen      von den Kosten für diesen Wasserstoff bis
                 Tonnen Wasserstoff jährlich exportieren          hin zu den verfügbaren Transportwegen,
                 und damit bis zu 100 Milliarden Dollar           denn in der Oblast Murmansk existieren
                 einnehmen. Russische Experten diskutieren        keine Gaspipelines.
                 lebhaft über den Kurs der Wasserstoffpoli-
                 tik und die richtige Balance zwischen Ex-
                 porten, Inlandsnachfrage und Entwicklung         Schlüsselakteure in Russlands
                 der Wasserstofftechnologie. Viele mahnen,        Wasserstoff-Entwicklungsplänen
                 der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft im
                 eigenen Land sei unerlässlich, um ein füh-       Gazprom
                 render Exporteur zu werden.                      Weil die Nachfrage nach Erdgas in der EU
                    Allerdings ist die Wasserstoffentwicklung     wohl sinken wird, könnte der Export von
                 in Russland (noch) nicht Teil einer wirk-        CO2-armem Wasserstoff, hergestellt aus Erd-
                 lichen Dekarbonisierungspolitik. Russland        gas, ein neues Geschäftsmodell für Gazprom
                 hat keine CO2-Regulierung eingeführt. Seine      sein. Der Konzern ist schon ein bedeutender
                 Verpflichtungen gemäß dem Pariser Ab-            Produzent solchen »grauen« Wasserstoffs.

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Mit Dampf-Methan-Reformierung (SMR)                 Stattdessen hat die Gazprom-Führung
erzeugt Gazprom rund 360 000 Tonnen pro          ihre klare Präferenz geäußert, Wasserstoff
Jahr. Bei diesem Prozess gelangen große          vor Ort in Europa in der Nähe großer indu-
Mengen CO2 in die Atmosphäre. Das Unter-         strieller Verbraucher zu erzeugen. Beim
nehmen hat begonnen, bei der EU aktiv für        Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum im
einen technologieoffenen Ansatz für Wasser-      Dezember 2020 schlug Alexander Ishkov
stoff zu werben, der sich auf die gesamten       von Gazprom vor, eine Wasserstoffproduk-
CO2-Emissionen konzentriert, anstatt nur         tionsanlage in Norddeutschland zu bauen,
auf erneuerbaren Wasserstoff zu setzen.          an der Anlandungsstelle von Nord Stream 1
    Eine Herausforderung für Gazprom wird        und Nord Stream 2, wo Wasserstoff aus rus-
sein, skalierbare und wirtschaftliche Wege       sischem Gas entweder mittels SMR mit CCUS
zu finden, um den CO2-Fußabdruck seiner          oder Methanpyrolyse hergestellt werden
Wasserstoffproduktion zu reduzieren –            würde. Ende 2020 kündigte Gazprom die
sei es durch Abscheidung, Nutzung und            Gründung eines neuen Unternehmens (Gaz-
Speicherung von Kohlenstoff (CCUS) oder          prom Hydrogen) an, das für die Weiterent-
durch Methanpyrolyse. Gazprom kooperiert         wicklung des Wasserstoffgeschäfts verant-
mit der Polytechnischen Universität Tomsk        wortlich sein wird. Nun muss Gazprom
bei der Weiterentwicklung der letztgenann-       seinen Worten auch Taten folgen lassen.
ten Technologie, doch bis zur Marktreife
ist es noch ein langer Weg. International        Rosatom
werden jedoch mehrere Formen der Methan-         Rosatoms Wasserstoff-Pläne genießen in
pyrolyse entwickelt, zum Beispiel vom            Europa bisher nur wenig Aufmerksamkeit,
Karlsruher Institut für Technologie in Zu-       obwohl das Unternehmen die Wasserstoff-
sammenarbeit mit Wintershall Dea.                entwicklung 2018 als Priorität in seine F&E-
    Oft wird argumentiert, Russlands riesiges,   Politik aufgenommen hat und mehrere
von Gazprom kontrolliertes Netz an Gas-          Pilotprojekte durchführt. Als staatlicher
pipelines verschaffe dem Land einen Vorteil      russischer Atomkonzern ist es an der gesam-
als potentieller Wasserstoffexporteur. Im        ten Wasserstoff-Lieferkette interessiert. In
Oktober 2019 sagte James Watson, General-        den nächsten Jahren will Rosatom Wasser-
sekretär des europäischen Branchenver-           stofftechnologien anbieten und auch Elek-
bands Eurogas, dass die Gaspipeline Nord         trolyseure, die Russland vorerst importiert,
Stream 2 nach ihrer Fertigstellung poten-        selbst produzieren. Im April 2021 unter-
tiell bis zu 80% Wasserstoff transportieren      zeichnete Rosatom eine Vereinbarung mit
könne. Doch Vertreter von Gazprom äußer-         dem französischen Stromgiganten Électrici-
ten sich offen skeptisch über den Transport      té de France (EDF) über die Zusammenarbeit
von Wasserstoff oder Wasserstoff-Methan-         bei CO2-armen Wasserstoffprojekten in den
Gemischen durch ihre Gaspipelines. Laut          Bereichen Verkehr und industrielle De-
dem Konzern wurden keine Studien durch-          karbonisierung in Russland und Europa.
geführt, um festzustellen, in welchem Um-           Rosatoms Vorschlag, H2 mit Kernenergie
fang und zu welchen Kosten die Infrastruk-       zu erzeugen, baut auf der bisherigen jähr-
tur für den Transport von Wasserstoff            lichen Herstellung von 4 200 Tonnen auf.
genutzt werden könnte und welcher Anteil         Rosatom könnte den Auslastungsgrad
der Beimischung möglich ist, ohne eine           seiner Kernkraftwerke erhöhen, von denen
Versprödung zu riskieren. Zwar schlug das        einige unter ihrer Kapazität arbeiten, zum
Ministerium für wirtschaftliche Entwick-         Beispiel das Kernkraftwerk Kola im Gebiet
lung im April 2021 vor, allen unabhängi-         Murmansk. Wichtig ist jedoch, dass Rosa-
gen Wasserstoffproduzenten Zugang zum            tom Technologieoffenheit beibehält: Sein
Gastransportsystem zu gewähren. Dieser           F&E-Programm umfasst ein breites Spek-
Vorschlag wird aber wohl auf heftigen            trum an Methoden zur Wasserstofferzeu-
Widerstand stoßen.                               gung, einschließlich Elektrolyse, SMR mit
                                                 CCUS und gasgekühlte Hochtemperatur-

                                                                                                SWP-Aktuell 48
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reaktoren (HTGR). Rosatom ist außerdem         die Absicht signalisiert, sich an der Wasser-
                 ein bedeutender Akteur auf dem russischen      stoffentwicklung in Russland zu beteiligen.
                 Windmarkt, verfügt über 360 MW Kapazi-         Im Januar 2021 unterzeichneten Novatek
                 täten zur Stromerzeugung und könnte            und der Energieversorger Uniper eine Ab-
                 damit zukünftig auch grünen Wasserstoff        sichtserklärung über die Lieferung von
                 herstellen.                                    blauem und grünem Wasserstoff an Uni-
                    Gegenwärtig erstellt Rosatom Machbar-       pers Kraftwerke in Russland und Europa.
                 keitsstudien für zwei H2-Projekte auf der      Außerdem plant Novatek, etwa 2,2 Millio-
                 fernöstlichen Insel Sachalin, die zum ersten   nen Tonnen kohlenstoffarmes Ammoniak,
                 Wasserstoff-Cluster in Russland werden soll.   der aktuell das wichtigste Derivat von Was-
                 Das erste Projekt zum Einsatz von Wasser-      serstoff ist, in seinem LNG-Hafen Sabetta
                 stoff im Schienenverkehr wird in Zusam-        auf der sibirischen Halbinsel Jamal zu pro-
                 menarbeit mit den Russischen Eisenbahnen       duzieren. Darüber hinaus erwägt Novatek,
                 (RZD), Transmashholding (einer Maschinen-      seine geplante LNG-Anlage am Fluss Ob auf
                 bauholding) und der Regionalregierung der      die Erzeugung sauberen Ammoniaks umzu-
                 Oblast Sachalin durchgeführt. Bis 2025 sol-    stellen, das wie LNG per Tanker transpor-
                 len sieben Vorort-Wasserstoffzüge in Betrieb   tiert werden kann. So wäre Novatek nicht
                 genommen werden, bis 2030 dann 13 wei-         auf Gazproms Pipelinesystem angewiesen.
                 tere. Rosatom soll hierfür Wasserstoff pro-
                 duzieren und eine Infrastruktur für die        H2-Technologie-Cluster
                 Wasserstoffbetankung auf der Insel schaf-      Russlands Tradition bei der Wasserstoff-
                 fen. Das zweite Projekt hat zum Ziel, CO2-     forschung reicht bis in die Sowjetzeit zu-
                 armen Wasserstoff nach Japan zu exportie-      rück. Mehrere Universitäten forschen an
                 ren. Im September 2019 unterzeichnete          Wasserstofftechnologien, die von Energie-
                 Rusatom Overseas, eine Tochtergesellschaft     speichersystemen über wasserstoffbetriebe-
                 von Rosatom, ein Kooperationsabkommen          ne Drohnen und Autos bis hin zu neuen
                 mit dem japanischen Ministerium für Wirt-      Produktionsmethoden wie Methanpyrolyse
                 schaft, Handel und Industrie. Gegenstand       reichen. Ein Großteil dieser F&E ist jedoch
                 des Abkommens ist eine Machbarkeitsstudie      sehr spezialisiert und abgeschottet, der
                 zum Export von verflüssigtem Wasserstoff       Marktreifegrad ist niedrig, und die Ver-
                 aus Russland nach Japan. Die Ergebnisse        marktung bleibt eine Herausforderung.
                 der Studie sollen bis Sommer 2021 vorlie-         Im November 2020 schlossen sich, initi-
                 gen. Zusätzlich einigte sich Rosatom im        iert von der Polytechnischen Universität
                 April 2021 mit dem führenden französi-         Tomsk, sechs renommierte technische Uni-
                 schen Industriegasunternehmen Air Liquide      versitäten in Russland zusammen, um das
                 und der Regionalregierung von Sachalin         sogenannte Technological Hydrogen Valley
                 auf ein Memorandum of Understanding            zu gründen. Dieses Forschungscluster soll
                 (MoU). Auch darin wurde eine Machbarkeits-     Synergien in der Forschung schaffen und
                 studie vereinbart, diesmal über die groß-      Kooperationen mit wichtigen Wirtschafts-
                 technische Produktion (jährlich 30- bis        akteuren aufbauen, darunter Rosatom,
                 100 000 Tonnen) von blauem Wasserstoff,        Gazprom, Severstal, Gazprom Neft und
                 der erzeugt wird wie der graue, aber ohne      Sibur. Auch will das Konsortium die inter-
                 das meiste CO2 in die Atmosphäre gelangen      nationale Zusammenarbeit ausweiten.
                 zu lassen. Dies wäre das größte CO2-arme          AFK Sistema, ein führender Privatinve-
                 Wasserstoffproduktionsprojekt in Russland.     stor in der russischen Wirtschaft, möchte
                                                                gemeinsam mit dem Institut für Probleme
                 Novatek                                        der chemischen Physik in Tschernogolowka
                 Obwohl nicht explizit in der Wasserstoff-      dort ein gesamtrussisches Wissenschafts-
                 Roadmap erwähnt, hat Novatek, ein un-          und Technologiezentrum für H2 gründen.
                 abhängiges Gasunternehmen und ein füh-         Es würde eine Produktionsstätte für die
                 render Hersteller von Flüssigerdgas (LNG),     Entwicklung von Produktprototypen (ein-

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schließlich H2-Brennstoffzellen und H2-          Verwendung von Methan-Wasserstoff-
Speicherlösungen) umfassen und damit auf         Gemischen für Fahrzeuge.
die Kommerzialisierung der Wasserstoff-              Das Arktis-Cluster soll das Potential der
forschung in Russland hinarbeiten.               Wasserstoffnutzung zur Energiespeiche-
                                                 rung in abgelegenen und isolierten Gebie-
                                                 ten ausloten. Ein großer Teil des dünn
Erste Initiativen für eine                       besiedelten arktischen Gebiets ist vom natio-
Wasserstoffwirtschaft in Russland                nalen Stromnetz isoliert und wird mit ex-
                                                 trem teurem, umweltschädlichem Diesel ver-
Regionale Wasserstoff-Cluster                    sorgt. Diese Region würde am unmittelbar-
Das EnergyNet-Expertenzentrum hat vorge-         sten vom Wechsel zu sauberer Energie pro-
schlagen, drei regionale H2-Cluster in Russ-     fitieren. Jakutien hat mehrere Hybridkraft-
land zu schaffen: im Fernen Osten (Sacha-        werke (Diesel plus erneuerbare Energien)
lin), im Nordwesten (St. Petersburg) und in      installiert und arbeitet nun an einem Pilot-
der Arktis.                                      projekt mit der Moskauer Technischen Uni-
   Das Sachalin-Cluster ist am weitesten fort-   versität Bauman, um erneuerbaren Wasser-
geschritten. Im April 2021 unterzeichneten       stoff zur Energiespeicherung zu nutzen. Als
Rosatom, die Regierung Sachalins und das         weiteres Pilotprojekt ist die kohlenstofffreie
russische Föderale Ministerium für die Ent-      internationale arktische Forschungsstation
wicklung des Fernen Ostens und der Arktis        Snezhinka (Schneeflocke) vorgesehen. Sie
eine offizielle Kooperationsvereinbarung.        soll 2023 eröffnet werden und wasserstoff-
Sachalin, deren Gouverneur Valery Lima-          basierte Lösungen für die Energiespeiche-
renko hochrangige Positionen bei Rosatom         rung und den Transport erforschen.
innehatte, soll Standort für Rosatoms Pro-
jekte werden, zum Beispiel die Erkundung         H2 in der Industrie
des Exports von verflüssigtem Wasserstoff        Wegen der fehlenden nationalen CO2-Regu-
nach Japan. Mit ihm sollen bis 2030 maxi-        lierung hat sich die Idee, sauberen Wasser-
mal 40% des japanischen Bedarfs gedeckt          stoff zur Dekarbonisierung der Industrie zu
und auch andere asiatisch-pazifische Länder      verwenden, in Russland noch nicht durch-
versorgt werden. Auf Sachalin könnte die         gesetzt. Der zurzeit diskutierte Gesetzesent-
Verwendung von Wasserstoff und Wasser-           wurf zur Begrenzung von Treibhausgasemis-
stoff-Methan-Gemischen getestet werden,          sionen wurde durch den Druck von Indu-
etwa bei der schweren Bergbauausrüstung          striekonzernen zahnlos gemacht: Er sieht
und beim Personentransport. Künftig könn-        nur die freiwillige Berichterstattung großer
te Sachalin auch grünen Wasserstoff aus          Emittenten über CO2-Emissionen vor und
Windenergie produzieren. Schließlich ist         enthält keine restriktiven Maßnahmen.
Sachalin die erste russische Region, die CO2-       Dennoch wird sich die Verschärfung der
Neutralität anstrebt (bis 2025). Sie wurde als   internationalen Klimapolitik auf Russlands
Testgebiet für CO2-Handelsmechanismen            exportorientierte Firmen auswirken. Einige
ausgewählt, die in den kommenden Jahren          von ihnen, vor allem in der Metallindustrie,
in Russland eingeführt werden könnten.           beginnen Schritte zu unternehmen, um
   Das nordwestliche Cluster in St. Peters-      ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Der
burg wird auf den Export von Wasserstoff         russische Aluminiumgigant Rusal hat
ausgerichtet sein, der durch Elektrolyse im      »Allow« eingeführt, seine eigene Marke von
Wasserkraftwerk Leningradskaya erzeugt           »grünem Aluminium« mit einem Kohlen-
wird, aber auch auf den Einsatz von Wasser-      stoff-Fußabdruck von weniger als 4 Tonnen
stoff zur Dekarbonisierung bestimmter            CO2 pro Tonne. Es wird mit Energie aus
industrieller Prozesse und des Transports.       großen sibirischen Wasserkraftwerken her-
Dazu gehören die Direktreduktion von             gestellt. Die Nachfrage dürfte in den kom-
Eisenerz in der Stahlindustrie, der Einsatz      menden Jahren steigen. Ein weiteres viel-
von H2 in der Zementproduktion und die           versprechendes Beispiel ist der Stahlprodu-

                                                                                                  SWP-Aktuell 48
                                                                                                      Juni 2021

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zent NLMK, der mit Air Liquide zusammen-          men bei Wasserstofftechnologien wie Brenn-
                 arbeitet, um seine Wasserstoffanlagen zu          stoffzellen und Energiespeicherlösungen. Es
                 entwickeln und den CO2-Fußabdruck seines          erhielt eine Finanzierung von der Russian
                 Stahls zu verringern. Im Januar 2021 unter-       Venture Company und arbeitet eng mit dem
                 zeichnete NLMK außerdem eine Absichts-            Institut für Probleme der chemischen Phy-
                 erklärung mit Novatek, bei kohlenstoff-           sik zusammen. InEnergy kooperiert mit
                 armen Technologien, CCUS und der Nutzung          dem russischen Lkw-Hersteller KAMAZ, um
                 von Wasserstoff als sauberem Brennstoff in        Prototypen von Wasserstoffbussen zu ent-
                 industriellen Prozessen zu kooperieren.           wickeln. Einer davon soll im Herbst vorge-
                    Russische Firmen verfolgen aufmerksam          stellt werden. KAMAZ, das bereits Lithium-
                 die Entwicklungen rund um den Carbon              Ionen-Elektrobusse baut, hat wasserstoff-
                 Border Adjustment Mechanism (CBAM) der            betriebene Busse und Lkw in sein F&E-Pro-
                 EU, der darauf abzielt, CO2-Importzölle zu        gramm aufgenommen.
                 erheben, um unfairen Wettbewerb zu ver-              Zudem hat die wohlhabende Moskauer
                 hindern. In Russland wird er weithin als          Stadtverkehrsbehörde, die viel in eine elek-
                 eine der größten Bedrohungen für seine            trische Busflotte investiert, Interesse an
                 CO2-intensive Wirtschaft angesehen. Laut          Wasserstoffbussen gezeigt. Rosatom und
                 einer oft zitierten Prognose der Wirtschafts-     Transmashholding, die ein Joint Venture
                 prüfungsgesellschaft KPMG wird Russland           zur Förderung von Wasserstoff-Mobilitäts-
                 durch den Mechanismus bis zum Jahr 2030           lösungen planen, hoffen darauf, an der Um-
                 bis zu 50,6 Milliarden Euro verlieren. Sobald     setzung dieser Vision mitwirken zu können.
                 seine endgültige Ausgestaltung feststeht,            Schwierig bleibt jedoch, eine Infrastruk-
                 werden russische Firmen der Chemie-,              tur für die Wasserstoffbetankung zu schaf-
                 Metall- und Petrochemieindustrie sich ver-        fen. Heute gibt es in Russland nur eine
                 stärkt bemühen, den CO2-Fußabdruck ihrer          einzige H2-Tankstelle, in Tschernogolowka.
                 Produkte zu reduzieren. Wasserstoff könnte        Eine positive Initiative ist die geplante Auto-
                 eine der Lösungen dabei werden, neben er-         bahnstrecke Moskau-Kasan, die mit Wasser-
                 neuerbaren Energien, CCUS und Investitio-         stofftankstellen ausgerüstet werden soll.
                 nen in Wälder als Kohlenstoffsenken. Dies            Dennoch bleibt der Wettbewerb zwi-
                 könnte Firmen aus Deutschland und der EU          schen den Technologien ein Problem. Ande-
                 die Chance eröffnen, Russland mit Techno-         re Formen der Mobilität sind besser sichtbar
                 logien und Know-how bei der industriellen         und großzügiger finanziert. Eine davon ist
                 Dekarbonisierung zu unterstützen.                 das staatliche Programm zur Förderung von
                                                                   Erdgas als Kraftstoff für Fahrzeuge. Es wird
                 H2 im Transport                                   von der Gazprom-Tochter Gazprom Gazo-
                 Der Verkehrssektor wird aus mehreren              motornoye Toplivo betrieben.
                 Gründen zur ersten Nische der Wasserstoff-
                 technologie werden: Es gibt aufstrebende
                 russische Technologieanbieter, konkrete           Gründe und Perspektiven deutsch-
                 Pilotprojekte (wie den Sachalin-Wasserstoff-      russischer Zusammenarbeit
                 zug) und ein Interesse bei Investoren. Zudem
                 existiert ein Vorzeigeprojekt, die wasserstoff-   Angesichts der Sicherheitskrise zwischen
                 betriebene Straßenbahn in St. Petersburg,         Russland und dem Westen ist jede weiter-
                 die das Staatliche Forschungszentrum Kry-         gehende Zusammenarbeit mit Russland
                 lov 2020 entwickelte. Auch Präsident Putin        zwangsläufig umstritten. Falls der politi-
                 hat jüngst die Bedeutung des öffentlichen         sche Wille dazu besteht, ist aber nachhalti-
                 Nahverkehrs auf Wasserstoffbasis betont           ge Energie einer der wenigen vielverspre-
                 und dazu aufgerufen, bis 2023 die Produk-         chenden und für beide Seiten vorteilhaften
                 tion von Wasserstoffbussen zu starten.            Bereiche. Außerdem ist es ohnehin not-
                     InEnergy, ein 2015 gegründetes Start-up,      wendig, die Auswirkungen des CBAM und
                 ist Russlands fortschrittlichstes Unterneh-

SWP-Aktuell 48
Juni 2021

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der Dekarbonisierung auf den bestehenden       bilaterale Zusammenarbeit in Wirtschaft,
Energiehandel zu managen.                      Technologie und Wissenschaft fördern.
   Die für Energie zuständigen Ministerien         Russland bleibt geographisch Nachbar
Deutschlands und Russlands haben am            und absehbar Rohstofflieferant, etwa von
20. April 2021 eine Absichtserklärung zur      Platin und Iridium für Elektrolyseure. Um
Zusammenarbeit bei den erneuerbaren            das klimaneutrale Europa zu verwirklichen,
Energien unterzeichnet. Die Vorteile der       ist es außerdem wichtig, sich des »grünen
Kooperation liegen nicht nur im poten-         Paradoxons« bewusst zu sein: Hört Europa
tiellen Zugang zu CO2-armem H2, sondern        auf, Kohlenwasserstoffe aus Russland zu
auch in der Öffnung eines Marktes für deut-    importieren, bleiben diese Ressourcen nicht
sche Wasserstofftechnologien. Deutschland      im Boden, sondern werden günstig an rasch
könnte eine herausragende, strategisch         wachsende asiatische Volkswirtschaften
bedeutsame Rolle dabei spielen, Russland       verkauft. Das bringt keinen Nettogewinn
bei dessen Anpassung an ein dekarbonisie-      für das globale Klima. Besser wäre es, Erdgas
rendes Europa zu begleiten. Eine deutsch-      für einen Übergangszeitraum zu nutzen.
russische Wasserstoffpartnerschaft könnte      Kooperieren könnte man bei der Produk-
sich als entscheidend bei Erforschung, Inno-   tion von CO2-armem Wasserstoff mit CCUS
vation und Skalierung von Technologien         und türkisem, also durch Pyrolyse erzeug-
erweisen. Deutschlands Entscheidung, H2        tem Wasserstoff sowie bei Methanleckagen.
stärker in den bilateralen Energiebeziehun-        Auf dem Papier spricht einiges für eine
gen mit Russland zu gewichten und ein          H2-Partnerschaft zwischen Deutschland und
Wasserstoffbüro in Moskau zu eröffnen,         Russland. Dazu gehört die bestehende Gas-
sind entsprechende Schritte.                   infrastruktur mit parallelen Leitungssträn-
   Um auf eine dekarbonisierte Zukunft         gen, die einen allmählichen Ausstieg aus
hinzuarbeiten, müssen Wege gefunden            dem Gastransport und die Umnutzung die-
werden, große Öl- und Gasexporteure bei        ser Leitungen und Kompressoren für Wasser-
der Neuausrichtung ihrer ölbasierten Wachs-    stoff ermöglichen. Ebenfalls zu nennen sind
tumsmodelle zu unterstützen. Da die EU         langjährige Joint-Ventures von Energie-
der wichtigste Markt für Russlands Öl und      unternehmen sowie die enge technologi-
Gas ist, bildet ihre Dekarbonisierungsagenda   sche und wissenschaftliche Kooperation.
eine ernsthafte Herausforderung für Russ-          Die angespannten politischen Beziehun-
lands Wirtschaftsmodell und Rentenwirt-        gen bleiben freilich ein großes Hindernis.
schaft. In einer dekarbonisierten Energie-     Darüber hinaus bestehen Hürden, die von
welt wird nicht die Extraktion, sondern die    beiden Seiten angegangen werden müssen.
Konversion von Energie eine größere Rolle      Erstens wäre da das Henne-Ei-Problem, das
spielen. Technologien und Know-how wer-        die Wasserstoffentwicklung weltweit betrifft,
den wichtiger. Dadurch entstehen andere        nämlich: Wie, wann und wofür sollen Wert-
Geschäftsmodelle und völlig neue Wert-         schöpfungsketten und dann auch noch der
schöpfungsketten, die auf der Verfügbarkeit    Transport verändert oder neu geschaffen
von Technologien und deren jeweiligen          werden, wenn weder Nachfrage noch Ange-
Innovations- und Lebenszyklen beruhen.         bot gesichert sind? Bislang haben langfristi-
Diese Transformation wird Gewinner und         ge Verträge über die vertikal integrierte
Verlierer hervorbringen. Während sinkende      Wertschöpfungskette mit preisgebundenen
Renten aus Öl und Gas die russischen Eliten    Verträgen geholfen, solche Hürden zu über-
treffen werden, kann die Transformation        winden. Vor dem Hintergrund neuer EU-
für viele Unternehmen auch Anreize zur         Regularien müssen Mechanismen konzi-
Modernisierung schaffen. Die deutsch-russi-    piert werden, um Angebot und Nachfrage
sche Kooperation trüge dazu bei, den Ener-     verlässlich aufeinander abzustimmen, die
giesektor umzubauen und Russland eine          Preisdifferenz zu grauem Wasserstoff und
neue Funktion in der Energiewelt zu geben.     alternativen Brennstoffen zu überbrücken
Das würde auch die zukunftsgerichtete          und den Transport zu sichern.

                                                                                               SWP-Aktuell 48
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Die zweite Herausforderung betrifft die                     nen, wenn die umkämpfte Nord Stream 2
                               Farbenlehre. Der deutsche politische Dis-                      (teilweise) für Wasserstoff umgewidmet und
                               kurs konzentriert sich auf die »Farben« des                    zu einem Teil eines neuen Wasserstoff-
                               Wasserstoffs statt auf den CO2-Fußabdruck                      Technologie-Röhren-Deals gemacht würde.
                               der verschiedenen Erzeugungsmethoden.                          Solch ein Abkommen müsste aber zuvor
                               Dies bildet eine freiwillige Begrenzung im                     europäisch verankert werden.
                               Vergleich zu vielen anderen Ländern. Es
                               gibt aber zahlreiche gute Gründe, den CO2-
                               Abdruck und die Schwellenwerte der EU-                         Fazit
                               Taxonomie als Referenzpunkte zu nehmen,
© Stiftung Wissenschaft        um konsistent und transparent zu sein.                         Russland signalisiert sein Interesse, in den
und Politik, 2021              Russland erwägt eine breite Palette von                        globalen Wasserstoffwettlauf einzusteigen.
Alle Rechte vorbehalten        Wasserstoffproduktionsmethoden, ein-                           Es sieht sich als zukünftiger Wasserstoff-
                               schließlich der Erzeugung in großen Wasser-                    lieferant für Deutschland und den asiatisch-
Das Aktuell gibt die Auf-
                               und Kernkraftwerken. Diesen Ansatz teilt es                    pazifischen Raum. Allerdings geht die Ent-
fassung der Autorinnen
wieder.                        mit vielen seiner potentiellen Partner wie                     wicklung zu einem wichtigen Wasserstoff-
                               Frankreich, Südkorea und Japan. Während                        exporteur Hand in Hand mit dem Aufbau
In der Online-Version dieser   klar ist, dass Deutschlands Förderprogramm                     einer Wasserstoffwirtschaft in Russland
Publikation sind Verweise      für langfristige und marktbasierte Importe                     selbst. Will es sich seinen Platz sichern,
auf SWP-Schriften und
                               (H2 Global) ausschließlich grünen Wasser-                      kommt es nicht umhin, eine ehrgeizigere
wichtige Quellen anklickbar.
                               stoff unterstützen wird, ist der großskalige                   Dekarbonisierungspolitik zu betreiben.
SWP-Aktuells werden intern     Import und Verbrauch anderer Arten von                         Auch kann Russland nicht davon ausgehen,
einem Begutachtungsverfah-     CO2-armem Wasserstoff noch offen.                              dass es ein unverzichtbarer Wasserstoff-
ren, einem Faktencheck und        Das dritte Hindernis ist die kritische Hal-                 lieferant für die EU bleiben wird. H2 schafft
einem Lektorat unterzogen.     tung gegenüber CCUS in Deutschland. Was-                       die Option, sich seine Partner zu wählen.
Weitere Informationen
                               serstoff hierzulande vor Ort zu produzieren                    Der Wettlauf um Wasserstoff verschärft
zur Qualitätssicherung der
SWP finden Sie auf der SWP-    hat Vor- und Nachteile. Einerseits würde es                    sich, Regierungen und Unternehmen inve-
Website unter https://www.     Deutschland ermöglichen, seinen Wasser-                        stieren große Summen. Deswegen muss
swp-berlin.org/ueber-uns/      stoffbedarf schnell und flexibel zu decken                     Russland ein Risiko eingehen und den poli-
qualitaetssicherung/           und Schlüsseltechnologien weiterzuent-                         tischen Willen und die Ressourcen aufbrin-
                               wickeln. Andererseits würde es – im Falle                      gen, um sich seinen Anteil am zukünftigen
SWP
Stiftung Wissenschaft und
                               von blauem Wasserstoff – den Aufbau                            Wasserstoffmarkt zu sichern.
Politik                        eines CO2-Netzes, von Speichern oder von                          Was Deutschland betrifft, sollte es den
Deutsches Institut für         beidem erfordern. Das muss in Deutschland                      CO2-Gehalt von Wasserstoff zum Haupt-
Internationale Politik und     diskutiert werden.                                             kriterium machen oder zumindest klar
Sicherheit                        In Russland wiederum haben sich die                         benennen, welcher H2 zur Anwendung
                               Erfahrungen mit dem Wandel der EU-Regu-                        kommen darf, um Sicherheit für potentielle
Ludwigkirchplatz 3–4
10719 Berlin                   lierungen eingebrannt. Ist aber der politi-                    Investoren zu schaffen. Gut durchdachte
Telefon +49 30 880 07-0        sche Wille vorhanden, nachhaltiger Energie                     Pilotprojekte sind in diesem frühen Stadi-
Fax +49 30 880 07-100          Vorrang einzuräumen und gegenseitige                           um entscheidend. Außerdem ist die indu-
www.swp-berlin.org             Barrieren zu überwinden, ließen sich große                     strielle Dekarbonisierung in Russland ein
swp@swp-berlin.org
                               Projekte über die gesamte Wertschöpfungs-                      ungenutzter und vielversprechender Bereich
ISSN (Print) 1611-6364
                               kette hinweg umsetzen, um Vertrauen wie-                       der bilateralen Zusammenarbeit, der weit-
ISSN (Online) 2747-5018        derherzustellen. Die Bausteine sind offen-                     aus größere Aufmerksamkeit verdient.
doi: 10.18449/2021A48          sichtlich. Es ist keine Frage der technischen
                               Machbarkeit, sondern der wirtschaftlichen
(Deutsche Übersetzung von      und politischen Prioritätensetzung. Ein
SWP Comment 34/2021)
                               klimaneutrales Europa hat viel zu gewin-

                               Yana Zabanova ist Gastwissenschaftlerin und Dr. Kirsten Westphal ist Leiterin des Projekts »Geopolitics of Hydrogen« in der
                               Forschungsgruppe Globale Fragen. Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt gefördert.

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      Juni 2021

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