Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich

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Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Kanton Zürich

Schulblatt
Bildungsdirektion

                                 3/2021

                          Corona-­
                    Sonderausgabe
                       Grosses Engagement
                       für Gastro-Lernende
Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Die Projektwoche
                       Food
    und das Dossier zu
                      unter
     Waste finden Sie
                        h/
      www.swissmilk.c
              schule

                                             PROJEKTWOCHE
                                         «FRISCH AUF DEN TISCH»
                                         Wochenplan für den Unterricht
                                          Ihre Schülerinnen und Schüler erfahren Spannen-
                                          des rund um die Produktion, die Verarbeitung und
                                          den Konsum landwirtschaftlicher Erzeugnisse aller
                                          Art, mit einem besonderen Fokus auf Milch und
                                          Milchprodukte.

Unterrichtsmaterial und                                                          Flexibel und modular
Vorbereitungshilfen                                                              Die Materialien und Hilfen
Die Inhalte sind auf die Lehrplanziele                                           der Projektwoche «Frisch
der Zyklen 1 bis 3 abgestimmt. Pro                                               auf den Tisch» sind modu-
Zyklus und Wochentag steht online                                                lar einsetzbar, sei es für
unter www.swissmilk.ch/schule eine                                               Einzellektionen, Werkstatt-
Auswahl an Unterrichtsmaterialien                                                unterricht oder Exkursionstage.
und Vorbereitungshilfen zur                                                      Die Organisation und Durchführung
Verfügung.                                                                       der Projektwoche obliegt den Lehr-
                                                                                 personen selbst.

                                                                                                             Food Waste für den Zyklus 3
                                    Mit allen Sinnen lernen                                                  und WAH
                                    Die Schülerinnen und Schüler                                             Was lässt sich dagegen tun?
                                    erhalten Einblicke in das Leben und                                      Gehen Sie mit Ihrer Klasse die-
                                    Arbeiten von Bauernfamilien. Sie erfahren,                               ser Frage auf den Grund. Bei
                                    wie landwirtschaftliche Produkte erzeugt                                 Swissmilk finden Sie ein Dossier
                                    und verarbeitet werden, welche Nährstoffe                                für drei Doppellektionen mit
                                    sie enthalten und wie man sie haltbar                                    Arbeitsblättern, einem Lehrfilm,
                                    macht. Die Schülerinnen und Schüler ver-                                 Rezepten und vielen weiterfüh-
                                    kosten die Produkte, experimentieren und                                 renden Informationen.
                                    kochen oder backen damit.
Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Magazin                                             Corona-Sonderausgabe

5                                                  12                                                      26
Vorwort                                             Auffangort Schule                                      Projekt «Burg-Lädeli»
Bildungsdirektorin                                  Die Allgemeine Berufs­                                 Kreativität statt Corona-Blues
Silvia Steiner                                      schule Zürich bietet Gastro-
                                                    Lernenden Praxiserfahrung                              28
6                                                   und Beratung                                           Corona-Chronologie
Persönlich                                                                                                 Testen, Impfen, Lockern
Joël Hubers Faszination                            16
für Algorithmen                                     Freiwillige Kurse                                      30
                                                    Wo lernende Restaurations-                             In Kürze
9                                                   fachleute letzte Lücken                                Informationen
Meine Schulzeit                                     schliessen                                             aus allen Stufen
Josef Widler, Präsident der
kantonalen Ärztegesellschaft                       18
                                                    «Gastro Porto»
                                                    Umfassendes Sofort-­                                   35
                                                    Programm von Berufs­                                   Amtliches
                                                    verbänden und Kanton
                                                                                                           44
                                                    22                                                     schule & kultur
                                                    Im Gespräch
                                                    Andres Meerstetter vom                                 46
                                                    MBA über die Auswirkungen                              Agenda
                                                    der Pandemie auf die Berufs-
                                                    bildung

                                                    24
                                                    Auswärtseinsatz
                                                    In der Krise übernehmen
                                                    die Lernenden den Betrieb

                                                                                                                                                                  Corona-Sonderausgabe

Wichtige Adressen                                                   Impressum Nr. 3/2021, Corona-Sonderausgabe, 25.6.2021
Bildungsdirektion: www.zh.ch/bi Generalsekretariat: 043 259 23 09   Herausgeberin: Bildungsdirektion Kanton Zürich, Walcheplatz 2, 8090 Zürich Erscheinungs­
Bildungsplanung: 043 259 53 50 Volksschulamt: 043 259 22 51         weise: fünfmal jährlich, 136. Jahrgang, Auflage: 19 000 Ex. Redaktion: jacqueline.olivier@
                  ­ erufsbildungsamt: 043 259 78 51 Amt für Ju-
­ ittelschul- und B                                                 bi.zh.ch, 043 259 23 07; marianne.koller@bi.zh.ch, 043 259 23 94; Sekretariat schulblatt@
                                                                                                                                                                  Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

M
gend und Berufsberatung: 043 259 96 01 Lehrmittel­verlag Zürich:    bi.zh.ch, 043 259 23 09 Abonnement: Lehr­personen einer öffentlichen Schule im Kanton
044 465 85 85 Fachstelle für Schulbeurteilung: 043 259 79 00 Bil-   Zürich können das «­Schulblatt» in ihrem S  ­ chulhaus g
                                                                                                                           ­ ratis beziehen (Bestellwunsch an
dungsratsbeschlüsse: www.zh.ch/bi > Bildungsrat Regierungsrats­     Schulleitung). Bestellung des «Schulblatts» an Privat­adresse s­ owie Abonne­ment weiterer
beschlüsse: www.zh.ch > Organisation > Regierungsrat > Aufgaben     Interessierter: ­
                                                                                    abonnemente@staempfli.com, 031 300 62 52 (Fr. 40.– pro Jahr) O     ­ nline:
und Beschlüsse                                                      www.zh.ch/schulblatt G ­ estaltung: www.bueroz.ch Druck: www.staempfli.com ­Inserate:
                                                                    mediavermarktung@staempfli.com, 031 300 63 87 Re­
                                                                    ­                                                         daktions- und Inserateschluss
Titelbild: Hannes Heinzer                                           nächste Aus­gabe: 23.9.2021 Das ­nächste «Schulblatt» erscheint am: 22.10.2021

Weiterbildungsangebote
Unter den nachfolgenden Links finden Sie zahlreiche Schulungs- und Weiterbildungsangebote für Lehrpersonen, Fachlehrpersonen, Schulbehörden und Schul­
leitende: Volksschulamt: www.zh.ch/bi > Volksschulamt > Aus- und Weiterbildungen Pädagogische Hochschule Zürich: www.phzh.ch > Weiterbildung Unter-
strass.edu: www.unterstrass.edu UZH/ETH Zürich: www.webpalette.ch > Sekundarstufe II > Gymnasium > UZH und ETH Zürich, Maturitätsschulen HfH – Inter-
kantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich: www.hfh.ch > Weiterbildung ZAL – Zürcher Arbeits­gemeinschaft für Weiterbildung der Lehrpersonen
des ­Kantons Zürich: www.zal.ch > Kurse EB Zürich, Kantonale Berufsschule für W     ­ eiterbildung: www.eb-zuerich.ch ZHAW Zürcher Hochschule für
­Angewandte Wissenschaften, Soziale Arbeit: www.zhaw.ch/sozialearbeit > Weiterbildung > Weiterbildung nach Thema > Kindheit, Jugend und Familie
                                                                                                                                                                  3
Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Vorwort

                                                     Mit viel Einsatz
                                                  für die Lernenden

Liebe Lehrerinnen und Lehrer,
liebe Schulleiterinnen und
Schulleiter, liebe Mitarbeitende
der Schulen

Noch hat das Coronavirus uns nicht los­
gelassen. Die 16 Monate seit Ausbruch
der Pandemie waren mit erheblichen An-
strengungen verbunden und haben Sie
alle viel Kraft gekostet. Dass nun das
sprichwörtliche Licht am Ende des Tun-
nels allmählich sichtbar wird, dazu trägt
auch die Möglichkeit des Impfens bei, von
der viele von Ihnen sicher bereits Ge-
brauch gemacht haben. Dass wir unsere
Freiheiten damit Stück für Stück zurück-
erlangen, freut mich enorm. Gleichzeitig
wächst meine Zuversicht, dass wir dieses
Virus künftig werden in Schach halten
können.
    Blicken wir dereinst auf diese ausser-
gewöhnliche Zeit zurück, darf etwas kei-
nesfalls vergessen gehen: In den Schulen,     doch gerade jetzt sind sie ausserordentlich    Die wirtschaftlichen und gesellschaftli-
den Ausbildungsbetrieben und den Fami-        wichtig, denn sie können das Vertrauen         chen Langzeitfolgen der Pandemie sind
lien wurde während der Pandemie Beein-        der Jungen in die Zukunft der Branche          heute noch nicht absehbar. Zumindest
druckendes geleistet und gleichzeitig viel    nachhaltig stärken. Die Programme be-          kurzfristig müssen wir wohl in der Gast-
Positives bewirkt – und das trotz generel-    zeugen aber auch, mit welcher Entschlos-       ronomie und Hotellerie, aber auch in der
ler Einschränkungen, Verboten, Schlies­       senheit Berufsfachschulen und Ausbil-          Fitness- und der Eventbranche aufgrund
sungen, Abstands- und Hygieneregeln.          dungsverantwortliche sich ins Zeug gelegt      der temporären Betriebsschliessungen mit
    Ich denke unter anderem an die            haben.                                         einem tieferen Lehrstellenangebot rech-
Gastro­branche, der die «Schulblatt»-Re-          Ein solches Engagement zugunsten           nen. Im Allgemeinen aber ist die Lehr­
daktion in dieser Ausgabe einen Schwer-       der Lernenden ist gerade in der gegen-         stellensituation stabil, und auch die Zahl
punkt widmet. Wie Sie wissen, war das         wärtigen Krise nicht selbstverständlich.       der arbeitslosen Lehrabsolventinnen und
Gastgewerbe von den Auswirkungen der          Der schwierigen Situation geschuldet ist       Lehrabsolventen ist heute tiefer als zwi-
Corona-Massnahmen besonders stark be-         auch, dass sich Lernende teilweise allein      schen 2015 und 2019. Voraussichtlich star-
troffen – mit teilweise existenziellen Fol-   gelassen fühlten. Lernende sind nicht für      ten auch in diesem Jahr wieder zwei von
gen. Auch die Ausbildung unzähliger Ler-      sich selbst verantwortlich. Sie stehen unter   drei Jugendlichen mit einer beruflichen
nender war durch die Schliessung der          dem Schutz und der Führung des zustän-         Grundbildung ins Arbeitsleben – ein un-
Restaurants und Hotels gefährdet. In die-     digen Lehrbetriebs. Gerade in Krisenzei-       trüglicher Beleg dafür, dass dieser Weg
ser schwierigen Situation ergriffen die       ten sollten sich die Ausbildnerinnen und       weiterhin als aussichtsreich gilt. Für mich
                                                                                                                                           Schulblatt Kanton Zürich 3/2021 Magazin

Zürcher Branchenverbände die Initiative       Ausbildner ganz besonders auch um jene         als Bildungsdirektorin wiederum ist dies
und lancierten gemeinsam mit dem Kan-         kümmern, die am jüngsten, unerfahrens-         Motivation und Antrieb dafür, heute und
ton Zürich «Gastro Porto», ein bemer-         ten und damit am verletzlichsten sind.         in Zukunft dafür zu sorgen, dass Ler­
kenswertes Sofort-Programm, das sich an           Dramatisch ist die Situation dennoch       nende die besten Lern- und Arbeitsbedin-
die rund 500 Gastro-Lernenden im letzten      nicht. Im Kanton Zürich gibt es zahlreiche     gungen vorfinden – und zwar unter allen
Lehrjahr richtet.                             Lehrbetriebe, die sich während der Corona­     Umständen. Vergessen wir nicht: Unsere
    Unbürokratisch reagiert hat auch die      pandemie vorbildlich um ihren Firmen-          Lernenden sind die Fachkräfte von mor-
Allgemeine Berufsschule Zürich. In einem      nachwuchs gekümmert haben und immer            gen – wir alle sind auf sie angewiesen.
speziellen Kursprogramm engagieren sich       noch kümmern. Ihnen allen möchte ich
Lehrpersonen gemeinsam mit Berufs­            an dieser Stelle herzlich danken für den
bildnern. Ziel ist es, die Gastro-Lernen-     geleisteten Einsatz! Indem sie gemein-
den während der Krise möglichst gut zu        sam mit den Berufsfachschulen den Ju-          Herzliche Grüsse
begleiten und Wissenslücken rund um           gendlichen eine umfassende, solide Be-         Silvia Steiner, Bildungsdirektorin
Schule und Berufslehre zu schliessen.         rufsausbildung ermöglichen, tragen sie
    Derartige Initiativen sind selbstver-     zum hervorragenden Ruf unseres dualen
ständlich zu allen Zeiten willkommen,         Bildungssystems wesentlich bei.
                                                                                                                                           5
Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Persönlich                                                                                                                     schon als junger Kantischüler gelungen

       Matur? Olympiade!
                                                                                                                                      war. Entsprechend gehört er nun, im drit-
                                                                                                                                      ten Jahr, zu den erfahrensten Teilneh-
                                                                                                                                      mern. Auch darum steckt er sich hohe
                                                                                                                                      Ziele für seine letzte Teilnahme an der

       Seine Mitschüler an der Kantonsschule                                                                                          internationalen Informatik-Olympiade.
                                                                                                                                      Bronze und Silber hat er aus vergangenen
       Freudenberg lernen für die Matur.                                                                                              Jahren schon in der Tasche, nun möchte er
                                                                                                                                      Gold gewinnen. Er wäre erst der zweite
       Joël Huber verfolgt gleichzeitig ein                                                                                           Schweizer überhaupt, dem dies gelingt.

       weiteres grosses Ziel: Gold an der inter­                                                                                      «Ich bin ein ehrgeiziger Mensch», sagt er
                                                                                                                                      über sich. «Erreiche ich mein Ziel nicht,
       nationalen Informatik-Olympiade.                                                                                               bin ich zwar sicher ein paar Tage lang ent-
                                                                                                                                      täuscht. Aber ich muss mir nicht vorwer-
       Text: Andres Eberhard Foto: Stephan Rappo                                                                                      fen, es nicht versucht zu haben.» Die erste
                                                                                                                                      Hürde hat er gerade erst mit Bravour ge-
                                                                                                                                      nommen: Am Final der Schweizer Austra-
                                                                                                                                      gung holte er eine Goldmedaille und er-
                                                                                                                                      reichte die höchste Punktzahl.
                                                                                                                                          Was genau passiert da eigentlich auf
                                          Nur auf den ersten Blick wirkt er wie ein    matikwettbewerbe. Entweder sitzt er dann       dem Bildschirm, auf den die Teilnehmen-
                                          gewöhnlicher Teenager: Die langen blon-      an seinem Pult, mit Computer, Laptop und       den während der Wettbewerbe an zwei
                                          den Haare zusammengebunden, oben             einem Whiteboard, und löst Aufgaben aus        aufeinanderfolgenden Tagen während je-
                                          Hoodie, unten Jeans, um den Hals ein         vergangenen Jahren. Manchmal läuft er          weils fünf Stunden starren? Joël Huber
                                          grosser Kopfhörer. Was er denn höre? Joël    auch denkend durch die Wohnung oder            erklärt, dass drei algorithmische Aufga-
                                          Hubers Antwort macht klar, dass er eben      jubelnd aus dem Zimmer (wenn er eine           ben gelöst werden müssten. Zunächst gel-
                                          kein ganz so typischer Altersgenosse ist.    Lösung gefunden hat). Oder aber er trifft      te es, die Lösung für das Problem mathe-
                                          «Debussy, Schubert. Klassische Musik zwi-    sich mit Gleichgesinnten, um gemeinsam         matisch herzuleiten. Diese müsse dann in
                                          schen Romantik und Moderne. Das ist be-      an Problemen zu tüfteln.                       einem zweiten Schritt programmiert wer-
                                          ruhigend. Und interessant. Da werden Ge-         Das Bild des Informatik-Nerds, der         den. «Schliesslich prüft die Jury, ob das
                                          schichten in musikalischer Form erzählt.»    den ganzen Tag im Dunkeln sitzt, die           geschriebene Programm die richtige Lö-
                                              Noch spannender als die Frage, wel-      Storen unten, die Luft dick und rund­          sung ausgibt, und verteilt auf dieser Basis
                                          che Musik in seine Ohren dringt, ist jene,   herum leere Pizzaschachteln, stört ihn         Punkte.»
                                          was im Kopf des 19-Jährigen vorgeht. Joël    nicht gross – auch wenn vieles davon
                                          Huber ist nämlich der schweizweit beste      nicht stimme. Korrigieren will er vor allem    Musik machen und komponieren
                                          Gymnasiast in Informatik. Zweimal ge-        eines: «Wir sind eine sehr offene Gemein-      Und die Schule? Immer wieder fehlte Joël
                                          wann er schon das Finale der Schweizer       schaft. Wenn ich unangemeldet bei einem        Huber wegen der Teilnahme an Wettbe-
                                          Ausscheidung für die Informatik-Olym­        befreundeten Informatiker vorbeigehe, ist      werben; die Kantonsschule Freudenberg
                                          piade an der Universität Bern. Und auch      die Chance gross, dass ich bleiben kann.»      erlaubte ihm die Absenzen stets grosszü-
                                          an diversen internationalen Wettbewer-       Auch beim persönlichen Treffen auf der         gig. In diesen Tagen legt er seine Matur ab.
                                          ben holte er schon Medaillen. «Für mich      Terrasse eines Restaurants an seinem           Wenig überraschend ist Mathematik sein
                                          sind kreative, kluge Algorithmen eine        Wohnort Thalwil wirkt Joël Huber gesprä-       stärkstes Fach, Prüfungsnoten unter einer
                                          Form von Schönheit», sagt er. «Mithilfe      chig, offen, sympathisch – auf jeden Fall      6 waren in seiner Parade­disziplin eher die
                                          von genialen Ideen fallen scheinbar hoch-    alles andere als ein introvertierter Nerd.     Ausnahme. Und in seiner Maturarbeit er-
                                          komplexe Aufgaben in sich zusammen.»             Joël Huber interessiert sich auch für      klärte er, wie Quantencomputer funktio-
                                              Ein Beispiel für einen solchen klugen    die Welt, für andere Kulturen. «Es ist         nieren. Aber auch sonst war Joël Huber
                                          Algorithmus ist das sogenannte Shortest      schön, dass mir mein Hobby Reisen er-          stets ein guter Schüler mit Noten kaum je
                                          Path Problem. «Wenn wir auf Google Maps      möglicht», sagt er. So führten ihn die Wett-   unter einer 5.
                                          den Weg von A nach B suchen, errechnet       bewerbe und Lager schon nach Aserbaid-              Während seine Mitschüler für die
                                          ein Algorithmus den schnellsten Weg.»        schan, in die Slowakei, nach Tschechien        ­Matur büffeln, trainiert er auch noch für
                                          Die meisten würden sich lediglich für das    und Ungarn. «Zudem treffe ich da auf            sein anderes grosses Ziel: Die kommende
                                          Resultat interessieren, ihn hingegen inte-   Leute, welche dieselbe Faszination ha-          internationale Olympiade fällt genau in
                                          ressiere, was dahintersteckt. «Ich möchte    ben.» Auch Singapur, Russland, Ägypten          die Zeit zwischen schriftlichen und münd-
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021 Magazin

                                          den Dingen auf den Grund gehen», sagt er.    und Rumänien hätte er beinahe besuchen          lichen Prüfungen. Danach wird er ein
                                                                                       können. Wegen der Coronapandemie fan-           Zwischenjahr einlegen, wegen Corona
                                          Feilen an jedem Detail                       den letztes Jahr jedoch alle Wettbewerbe        und der Militärpflicht sind die Pläne noch
                                          Wenn Joël Huber tüftelt, rechnet und pro-    virtuell statt. Das gemeinsame Erlebnis im      nicht konkret. Wenn möglich wolle er in
                                          grammiert, dann vergisst er alles rund-      Team liessen sich die jungen Informatik-        dieser Zeit auch etwas Musik komponie-
                                          herum. Manchmal sogar das Essen. Wenn        talente deswegen aber nicht nehmen. Für         ren, seine zweite Leidenschaft. Joël Huber
                                          es darauf ankommt, also bei Prüfungen        das internationale Turnier «Romanian            spielt akustische Gitarre und singt. Auch
                                          und an Wettbewerben, legt er deshalb je-     Masters» mietete das sechsköpfige               das Saxofon beherrscht er.
                                          weils ein paar Nüsse und Trockenfrüchte      Schweizer Team zuletzt eine Ferienwoh-              Was nach dem Zwischenjahr kommt,
                                          bereit, dazu ein Milchgetränk. «Es ist wie   nung – die beiden Leiter kochten, damit         sei offen. «Aber es ist schon klar, dass Ma-
                                          im Spitzensport», sagt er. «Man versucht,    sich die vier jungen Teilnehmer auf den         thematik und Informatik weiterhin eine
                                          an jedem Detail zu feilen.»                  Wettbewerb konzentrieren konnten.               Rolle spielen werden.» Er liebäugelt mit
                                              Seit etwa zwei Jahren, als er sein           An Wettbewerben im Ausland antre-           einem Mathe-Studium in Cambridge oder
                                          beson­deres Talent und seine Faszination     ten darf, wer sich zuvor an der Schweizer       an der ETH. Seine Medaillen an interna­
                                          für Mathematik und Informatik erkannte,      Ausscheidung qualifizieren konnte. Joël         tionalen Wettbewerben dürften ihm den
                                          trainiert Joël Huber akribisch für Infor-    Huber war einer der wenigen, dem dies           Zugang erleichtern. 
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Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021 Magazin

«Für mich sind kreative,
­kluge Algorithmen eine Form
 von Schönheit», sagt Noch-
 Gymnasiast Joël Huber, der
 an der ­internationalen Infor-
matik-Olympiade von diesem
Sommer Gold gewinnen will.
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Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Sportbroschüre
                                                  Präzis und weit werfen
                                                  Unterrichtsvorhaben für die 4. Klasse                                                                       Weitere Sportbroschüren
                                                                                                                                                              für die Primarstufe
                                                                                                                                                              online erhältlich unter
                                                                                                                                                              shop.lmvz.ch

                                                                                                                                                                                   N EU !
                                                                      Entdeckt die Kraft der Sonne!
                                                                      Über die Bildungsplattform «Linie-e» von Energie Zukunft Schweiz bietet ewz
                                                                      das Schulmodul «Solarenergie» im Klassenzimmer an.
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

                                  Zürcher Schulklassen der 4.-9. Klasse können das                                           Weitere Informationen und Anmeldung unter                                  :

                                  Schulmodul «Solarenergie» buchen – kostenlos!
                                  Zugelassen sind Schulklassen, welche vorgängig
                                                                                                                             www.linie-e.ch/ewz
                                  den Energie- und Klimaunterricht von Pusch                                                 T +41 61 500 1 8 70
                                  besucht haben.                                                                             info@linie-e.ch
                                  Die Besucher- und Bildungsplattform «Linie-e» von Energie Zukunft Schweiz (www.energiezukunftschweiz.ch) organisiert spannende Führungen und Schulangebote zu erneuerbarer
                                  Energie und Trinkwasser. Die Angebote werden ermöglicht durch:
8
Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
Welche Schulreise ist Ihnen speziell in                                                                              Meine Schulzeit

                                                  «Schönschreiben
Erinnerung und warum?
An die Schulreisen mag ich mich nicht er-
innern. In besonderer Erinnerung ist mir

                                                 habe ich bis heute
aber unser Klassenlager in Gais geblie-
ben. Unser Lehrer, Herr Schittli, war Bür-
ger von Gais und zeigte uns seine Heimat.

                                                     nicht gelernt»
Bereits die Anreise mit der St. Gallen-
Gais-Appenzell-Altstätten-Bahn war ein
Erlebnis. Langsam schlich sie den grünen
Hügeln entlang. Kaum im Ferienheim an-
gekommen, führte uns unser Lehrer ans                                                Fünf Fragen an Josef Widler,
knapp einen Kilometer entfernte Gäbris-
Seeli. Diese kleine Exkursion fand im                                                   Arzt und Mitte-Politiker
Rahmen des Schulfaches «Realien» statt.
Was zu lernen war, weiss ich nicht mehr,
aber dieses idyllische Seelein hat mir
unglaublich gut gefallen und ist mir in
­
bester Erinnerung geblieben. Auf dem
Rückweg zum Schulheim zog sich unser
Lehrer eine Meniskusläsion zu. So unter-             Was haben Sie in der Schule
nahm die Lagerbegleiterin mit uns die           fürs Leben gelernt?
geplanten Ausflüge und Wanderungen.             Lesen, schreiben, rechnen und mich
Wenn das Ziel mit einem Bähnlein zu er-         durchzusetzen.
reichen war, erwartete uns dort jeweils              Was hat Ihnen in der Schule gar
unser havarierter Lehrer.                       nicht gefallen?
    Welche Lehrperson werden Sie                In der ersten Klasse konnte ich wegen ei-
nie vergessen?                                  nes geplatzten Blinddarmes mit anschlies­
Keine der Lehrpersonen habe ich verges-         senden Komplikationen während eines
sen. In der ersten bis dritten Klasse im        ganzen Trimesters die Schule nicht besu-
Schulhaus Bachtobel war Frau Hefti mei-         chen. In dieser Zeit lernten meine Gspän-
                                                                                                   Josef Widler
ne Lehrerin. Sie fuhr einen VW Käfer, an        li lesen und schreiben. So musste ich mich         arbeitet als Haus-
dem mich besonders die «Zeiger», die            während vieler Jahre mit Deutschnoten              arzt in Zürich Altstetten.
                                                                                                   Seit sechs Jahren präsidiert er die kantonale
Vorgänger der Blinker, beeindruckten.           zwischen 3–4 und 4 begnügen. Erst kurz             Ärztegesellschaft. Während fünf Jahren
    Welches war Ihr liebstes Fach               vor meinem Eintritt ins Gymnasium in               sass er für die CVP im Stadtparlament, seit
                                                                                                   August 2015 politisiert er im Kantonsrat.
und weshalb?                                    Engelberg habe ich die Orthografie und             Er wuchs in Zürich als ältestes von fünf
Rechnen habe ich geliebt, war ich doch          das Aufsatzschreiben einigermassen in              Kindern auf. Seit seinem sechsten Lebens-
mit Maresli immer im Kampf um den ers-          den Griff bekommen. Schönschreiben                 jahr wohnt er im Friesenberg-Quartier.
                                                                                                   Der 67-Jährige ist verheiratet, hat drei
ten Platz beim Wettrechnen.                     habe ich übrigens bis heute nicht gelernt.         ­erwachsene Kinder und drei Enkelkinder.

Bildungs-Slang
Ruedi Widmer, Cartoonist, interpretiert Begriffe aus Bildung und Schule – diesmal: Lesekompetenz
                                                                                                                                                   Schulblatt Kanton Zürich 3/2021 Magazin
                                                                                                                                                   9
Schulblatt3/2021 Corona-Sonderausgabe - Grosses Engagement für Gastro-Lernende - Kanton Zürich
10   Schulblatt Kanton Zürich 3/2021   Corona-Sonderausgabe
Sonderausgabe

     Grosses
­Engagement
  für Gastro-
   Lernende
 Das Gastgewerbe ist von der Pandemie besonders
 hart getroffen worden. Wie geht es den Lernenden
    in dieser Branche und was wurde getan, um sie
       aufzufangen? Einblicke in Berufsfachschule,
     Ausbildungszentrum und Lehrbetriebe zeigen:
     Gehandelt wurde auf verschiedenen Ebenen –
               unkompliziert und oft Hand in Hand.
         Fotos: Hannes Heinzer hat in freiwilligen Kursen der Allgemeinen Berufsschule Zürich fotografiert.

                                                                                                        Corona-Sonderausgabe
                                                                                                        Schulblatt Kanton Zürich 3/2021
                                                                                                        11
Auffangort Schule

      Sich auf die
      e
      ­ igenen Möglich-
      keiten besinnen
      Die monatelangen Restaurantschliessungen
      verunsicherten viele Lernende in der
      Gastro-­Branche. Das bekam die Allgemeine
      ­Berufsschule Zürich zu spüren und stellte
       deshalb ein Förderkursprogramm zu­sam-
       men. Darin engagierten sich Lehr­personen
       gemeinsam mit Berufsbildnern, um die
       Jugendlichen aufzufangen.
      Text: Jacqueline Olivier

                                  Wer den Weg zur Schulküche im Unter­         fikationsverfahren (QV) für das eidgenös-    Ball noch so gerne auf. «Im Moment geht
                                  geschoss der Allgemeinen Berufsschule        sische Berufsattest (EBA) vorbereiten.       es darum, alles zu unternehmen, damit
                                  Zürich (ABZ) finden will, verlässt sich am       Die Möglichkeit einer solchen General­   unsere Lernenden in dieser schwierigen
                                  besten auf Ohr und Nase. Das Scheppern       probe bietet die ABZ den EBA-Lernenden       Zeit eine Perspektive haben», sagt Rek­
                                  von Töpfen und Pfannen, das Surren von       jedes Jahr an – unabhängig von Corona.       torin Meta Studinger. «Die Jugendlichen
                                  Handmixern und das Stakkato von ha-          Doch infolge der Pandemie hat man das        dürfen wegen Corona keine Nachteile
                                  ckenden Messern auf Schneidebrettern         freiwillige Kursangebot für die Absol­       ­erfahren.»
                                                                                                                                 Die ABZ ist die einzige Schule im
                                                                                                                             Kanton für Lernende der Gastronomie
                                                                                                                             und der Hotellerie, Schulleitung und
Corona-Sonderausgabe

                                        «Die Jugendlichen dürfen wegen                                                       Lehrpersonen wissen also, wie arg es die
                                                                                                                             Branche zurzeit durchschüttelt. Und sie
                                       Corona keine Nachteile erfahren.»                                                     spüren, wie wichtig der Lernort Schule
                                                                                                                             deshalb für die jungen Leute ist. «Der Be-
                                                                     Meta Studinger
                                                                                                                             treuungsaufwand ist grösser geworden»,
                                                                                                                             stellt Regina Brunner, Prorektorin und
                                                                                                                             Abteilungsleiterin Gastronomie und Ho-
                                                                                                                             tellerie, fest, «die Lernenden kommen mit
                                  weisen den Weg. Auch zieht ein unver-        ventinnen und Absolventen einer zwei-         ganz anderen Fragen auf uns zu.» Viele
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

                                  kennbarer Duft durch den langen Kor­         jährigen Lehre im Gastronomiebereich          verlören in dieser Krise Sicherheit und
                                  ridor – nach gebratenem Fleisch, gedüns-     ausgebaut. Und parallel dazu Kurse für        Halt. Das Fehlen eines strukturierten
                                  tetem Gemüse und einem Hauch von             Lernende der dreijährigen Grundbildung        Tagesablaufs, vermehrte Konflikte zu
                                                                                                                             ­
                                  Vanille.                                     mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis         Hause, weil man infolge von Homeoffice
                                      Mitten in den Frühlingsferien herrscht   (EFZ) auf die Beine gestellt.                 und Lockdown enger zusammenrücken
                                  hier unten an diesem Vormittag Ende                                                        müsse, die Angst um Lehrstelle und Zu-
                                  April Hochbetrieb. Acht junge Leute im       Grösserer Betreuungsaufwand                   kunft s­ eien nur einige der Probleme, die
                                  professionellen Arbeitstenü der Köche        Die Initiative ergriffen hatte ein Ausbil-    die Lernenden in dieser Zeit beschäftig-
                                  sind hochkonzentriert am Werk, schnip-       dungsverantwortlicher, der mit seinem         ten. Jenen, die während der monatelan­-
                                  seln, pürieren, rühren und brutzeln. Es      Anliegen, etwas für die von der Krise be-     gen Schliessung der Restaurants nicht ar-
                                  sind lernende Küchenangestellte, die sich    sonders betroffenen Lernenden zu tun, an      beiten konnten, fehlten die Kontakte und
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                                  mit einem letzten Probelauf auf ihr Quali-   die ABZ herantrat. Dort nahm man den          der Austausch im Betrieb, ergänzt Meta
Studinger, die Lehrerinnen und Lehrer        fen, um ihren Lernenden Praxiserfahrun-        digitale Plattform für Fragen der Lernen-
seien folglich als Ansprechpersonen ver-     gen in anderer Form zu ermöglichen.            den zum QV aufgebaut und betreut.
stärkt gefordert. «Darum ist uns der             Die Sorgen in der Branche dürften              An der Schule hat man noch auf ei-
Präsenz­unterricht in den Gastro-Klassen     vorerst andauern. Am 19. April konnte die      ner anderen Ebene auf die Krise reagiert:
so wichtig, gerade den Schwächeren unter     Aus­sen­gastronomie zwar wieder öffnen,        Um auf die vermehrten privaten oder psy-
den Lernenden gibt er Boden unter den        doch das seither mehrheitlich nasskalte        chischen Probleme der Lernenden einge-
Füs­sen.»                                    Wetter spielt den Gastwirten nicht in die      hen zu können, wurde neben dem bereits
                                             Karten. Zudem verfügt nicht jedes Res-         bestehenden internen Beratungsangebot
Alternative Übungsmöglichkeiten              taurant über einen Garten oder eine Ter-       SOS ABZ, das von einer Gruppe Lehr­
Den Lehrpersonen windet die Rek­     torin   rasse. Und für die Lernenden sei die feh-      personen betrieben wird, die Fachstelle
                                                                                                                                          Corona-Sonderausgabe

denn auch ein grosses Kränzchen. «Sie        lende Praxis der vergangenen Monate so         Kabel ins Haus geholt. Seither wechseln
haben in den vergangenen Monaten viel        kurz vor der Abschlussprüfung nicht mehr       sich zwei Sozialarbeiter in den vormittäg-
geleistet – sowohl im Unterricht als auch    so einfach aufzuholen, erklärt die Rekto-      lichen Sprechstunden ab, zu den übrigen
in den zusätzlichen Förderkursen.» Viele     rin. «Sie sind deshalb dankbar, kostenlos      Zeiten sind sie telefonisch oder per Mail
hätten sehr schnell nach dem Lockdown        weitere Kurse besuchen zu dürfen.»             erreichbar. Eine solche Anlaufstelle sei
damit begonnen, die praktischen Sequen-          Neben den acht Lernenden, die heute        für Lernende in besonders schwierigen
zen im Unterricht auszubauen, um die Ju-     in der Schulküche der ABZ aktiv sind, be-      Situationen eine grosse Hilfe, gleichzeitig
gendlichen etwas aufzufangen. Und die        suchten gestern sechs den gleichen Kurs.       bedeute sie eine Entlastung für die Lehr-
Fachgruppenleitenden seien sofort bereit     Insgesamt ein Drittel aller Küchen­            personen, die aber nach wie vor die ersten
                                                                                                                                          Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

gewesen, ergänzende Kurse und Angebo-        angestellten, die demnächst das QV ab­         Kontaktpersonen seien für ihre Schüle-
te zu installieren.                          solvieren werden. «Wir arbeiten in klei-       rinnen und Schüler.
    Auch viele Berufsbildnerinnen und        nen Gruppen», sagt Meta Studinger, «so
Berufsbildner hätten sich ins Zeug gelegt,   können die Lernenden optimal gefördert         Detailliertes Protokoll
um mit den Lernenden in Kontakt zu blei-     werden.» Dabei ist das Angebot der ABZ         Mittlerweile ist der Geruch aus der Küche
ben und ihnen Übungsmöglichkeiten zu         nicht das einzige. Im Ausbildungszentrum       intensiver geworden, die Geräuschkulisse
bieten, sagt Regina Brunner. Einige arbei-   Wädenswil wurde von den Zürcher Bran-          lauter. Die Anspannung ist gestiegen, die
teten ausserdem an der Schule gemein-        chenverbänden und dem Kanton Zürich            Lernenden eilen vermehrt hastig zwi-
sam mit den Lehrpersonen in den frei­        das Kursprogramm «Gastro Porto» einge-         schen Herd und Ofen hin und her oder
willigen Kursen zusammen oder hätten         richtet (siehe Artikel Seite 18) – ebenfalls   rennen, wenn sie am anderen Ende des
trotz eigener Sorgen um ihre berufliche      in kurzer Zeit und mit viel Elan, wie Meta     Raums noch ein Gewürz oder ein Küchen­
                                                                                                                                          13

Existenz selbst Projekte ins Leben geru-     Studinger betont. Die ABZ hat dort eine        utensil holen müssen. Eine junge Frau 
flambiert gerade das Fleisch in der Pfan-     auffangen. «Wir möchten den Lernenden        Am deutlichsten sei dies nach dem ers-
                                  ne und weicht im ersten Moment erschro-       darüber hinaus auch ein Erfolgserlebnis      ten Lockdown im Frühling 2020 zu spüren
                                  cken zurück vor der selbst entfachten         ermöglichen», fügt Andrea Hanselmann         gewesen, von dem auch die Schulen der
                                  Stichflamme. Schräg hinter ihr kratzt ein     hinzu, «damit sie motiviert ans QV gehen     Sekundarstufe II drei Monate lang betrof-
                                  junger Mann an seinem Arbeitstisch die        können.»                                     fen waren. «Gleichzeitig war es nach die-
                                  Samen aus einer Vanillestange. Nicht                                                       ser langen Zeit teilweise schwierig, die
                                  mehr lange, und die Vorspeise muss «ge-       Wieder Küchenluft atmen                      Jugendlichen abzuholen.»
                                  schickt» werden – so heisst es im Fach­       Zwei Tage später sind am selben Ort zwölf         Neben Marcel Merlo sind an diesem
                                  jargon, wenn der fertig angerichtete Teller   angehende Köchinnen und Köche EFZ            Nachmittag auch zwei Berufsbildner in der
                                  die Küche verlässt und zum Gast an den        zugange. Auch sie wollen sich probehalber    Küche im Einsatz. Ein dritter leitet den
                                  Tisch gebracht wird.                          noch einmal den Herausforderungen stel-      Kurs. Er sei eingesprungen, sagt Thomas
                                       Heute sind die Kursleiter, die beiden    len, die sie am Qualifikationsverfahren      Bissegger. Das Restaurant, in dem er bis-
                                  Fachlehrer Roland Menzi und Andrea            erwarten. Seit letztem Herbst haben sie      lang arbeitete, hat vor Kurzem den Be-
                                  Hanselmann, die Gäste. Sie haben bereits      auf Basis der vorgegebenen Waren­körbe       trieb eingestellt; nun habe er Zeit. Zudem
                                  die Arbeit der Lernenden beobachtet, ih-      drei Gerichte eines Fünf-Gang-­Menüs –       hat er Erfahrung in der Ausbildung und
                                  nen aber auch noch einmal den einen           kalte Vorspeise, Suppe und ein Fischge-      ist als Experte an Prüfungen in der höhe-
                                  oder anderen Kunstgriff gezeigt. Nun be-      richt – kreiert, die Abläufe minutiös ge-    ren Berufsbildung tätig. Und er findet das
                                  gutachten sie die Speisen optisch, foto­      plant und das Resultat laufend verfeinert.   Engagement der ABZ schlicht unterstüt-
                                  grafieren und probieren sie. Alle ihre Ein-   Das ist ihre Kür. Der Hauptgang und das      zenswert. Trotzdem meint er: «Die fehlen-
                                  drücke halten sie in einem detaillierten      Dessert bilden den Pflichtteil, sie müssen   de Praxis der Lernenden in diesen Kursen
                                  Protokoll mit Bildern zu jedem Arbeits-       genauen Vorgaben entsprechen.                vollständig aufzuholen, ist kaum möglich.
                                  schritt fest. Diese Dokumentation soll den        In den ersten Kursen, erzählt Fach-      Aber gerade jene, die nun abschliessen,
                                  Lernenden aufzeigen, was sie beherrschen,     gruppenleiter Marcel Merlo, habe man         können eine gewisse Routine und Selbst-
                                  woran sie noch arbeiten oder worauf sie       sich diesen Pflichtgerichten gewidmet,       sicherheit erlangen.»
                                  an der Prüfung besonders achten sollten.      um sich danach den drei «Warenkorb-
                                  «Die Unterschiede zwischen den Lernen-        Gerichten», wie die offizielle Bezeichnung   Unterstützung bei Stellensuche
                                  den sind gross», sagt Roland Menzi, «die      lautet, zuzuwenden. «Viele Lernende          Doch wie geht es für die jungen Leute
                                  einen haben seit Mitte Dezember nicht         nutzten die Chance und besuchten mög-        weiter? Für ABZ-Rektorin Meta Studinger
                                  mehr gearbeitet, andere sind von ihren        lichst alle Kurse. Es ist schön, die Fort-   ist klar, dass selbst die sehnsüchtig er­
                                  Berufsbildnern regelmässig zum Kochen         schritte zu sehen, die sie in dieser Zeit    wartete Wiedereröffnung der Gastrono-
                                  in den Betrieb geholt worden.» Nicht          gemacht haben.» Die jungen Leute seien       mie nicht ohne Anschlussprobleme von-
                                  ­wenige EBA-Lernende arbeiten in Spital-      dankbar gewesen für das Angebot der          stattengehen wird. Da sind zum einen die
                                   oder Heimküchen und waren vom Lock-          Schule. «Zu Beginn sagten mir einige, es     Schutzmassnahmen, die eine Reduktion
                                   down nicht betroffen. Teilnehmen dürfen      sei gut, wieder einmal Küchenluft zu at-     der Gästezahlen zur Folge haben, zum
                                   sie an den Kursen natürlich trotzdem. Je-    men.» Auch im Unterricht merke er, wie       ­anderen bleibt die epidemiologische Lage
                                   den und jede müsse man nun individuell       gern die Lernenden in die Schule kämen.       ungewiss, ist Planbarkeit nach wie vor
                                                                                                                              nicht gegeben. Auch die Schule bekommt
                                                                                                                              die angespannte Situation in der Branche
                                    Drei Lernende erzählen                                                                    zu spüren: «Im kommenden Schuljahr
                                    Kristian Cebic lernt Koch in einer Firmenkantine. Dort wurde das Angebot infolge          werden wir, wenn man von den aktuellen
                                    des ersten Lockdowns und der Verschiebung eines Grossteils der Mitarbeitenden             Anmeldezahlen ausgeht, merklich weni-
                                    ins Homeoffice auf kalte Küche reduziert. «Ich konnte nur noch Salate und                 ger Lernende im Bereich Gastronomie
                                    Sandwiches zubereiten», erzählt der junge Mann. Im November durfte er ins                 haben.» Die Zahl der Lehrstellen sei zwar
                                    ­Restaurant Waldmannsburg in Dübendorf wechseln, wo er am Projekt «Burg-                  intakt, aber die Rekrutierung in dieser
                                     Lädeli» teilnahm (siehe Artikel Seite 26). Seit Ende März ist er zurück in seinem        Branche gestalte sich momentan schwie-
                                     Lehrbetrieb. Daneben besuchte er alle freiwilligen Kurse an der ABZ und zwei             rig. Die Rektorin ist dennoch zuversicht-
                                     am Ausbildungszentrum Wädenswil. Er fühle sich nun viel sicherer im Hinblick             lich, dass sich das Gastgewerbe wieder
                                     auf das Qualifikationsverfahren, sagt er. Froh ist er auch, dass er im Betrieb           erholen werde, wenn die Pandemie über-
Corona-Sonderausgabe

                                     ­bleiben kann, bis die Rekrutenschule beginnt. Anschliessend möchte er ein oder          wunden sei. «Es handelt sich um eine ak-
                                      zwei Jahre À-la-carte-Erfahrungen sammeln in einem Restaurant.                          tive und innovative Branche.» Inzwischen
                                      So weit voraus plant Léonie Pierson noch nicht. Sie habe in ihrem Lehrbetrieb           plant die Schulleitung bereits ein weite-
                                      keinerlei Möglichkeiten gehabt, um zu arbeiten, sagt sie, die sich ebenfalls auf        res Kursangebot für EBA-Lernende nach
                                      das EFZ vorbereitet. «Und ich bin immer noch in Kurzarbeit.» Zu Hause zu üben,          dem QV, die noch keine Anschlusslösung
                                      sei für sie finanziell schwierig, sie wohne nicht mehr bei den Eltern. Einmal war       haben. «Wir werden sie bei der Stellen­
                                      sie schon in Wädenswil, heute hat sie am letzten Kurs an der ABZ teilgenommen.          suche und bei den Bewerbungen unter-
                                      «Einige Gerichte habe ich heute das erste Mal gekocht und gesehen, wie lange            stützen. Viele EBA-Lernende haben nicht
                                      ich wofür brauche.» Dennoch hat sie Angst vor dem Arbeitstempo an der                   die nötigen Ressourcen, sich gleichzeitig
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

                                      ­Prüfung. «Mir fehlt total die Routine.» Ihr Chef habe ihr nun aber zugesichert,        auf die Prüfungen vorzubereiten und eine
                                       mit ihr noch einmal «alles durchzukochen».                                             Stelle zu finden.»
                                       Andrew Sui Zong Theos Lehrbetrieb ist seit Mitte Dezember geschlossen. Seit-                Das eine oder andere von dem, was
                                       her konnte er einmal pro Monat in der Restaurantküche mit seinem Berufs­               man in den letzten Monaten der Not ge-
                                       bildner probekochen. «Am Anfang fand ich es noch cool, nicht arbeiten zu müs-          horchend an Förderangeboten aufgebaut
                                       sen, aber mit der Zeit wurde es langweilig.» Weil Kochen seine Leidenschaft ist,       hat, möchte Meta Studinger nach Corona
                                       hat der EBA-Lernende stattdessen jeden Tag seine Familie zu Hause mit seinem           beibehalten, in anderer Form vielleicht
                                       kulinarischen Können beglückt. Zudem hat er sämtliche möglichen Kurse an der           oder mit gewissen Anpassungen. «Zurzeit
                                       ABZ besucht. Darum ist er überzeugt, das QV «ganz gut zu schaffen. Ich muss            besinnen wir uns vermehrt auf unsere ei-
                                       nur noch etwas besser planen.» Und er weiss auch schon, wie es danach für ihn          genen Möglichkeiten», sagt sie, «weil wir
                                       weitergeht: mit der verkürzten EFZ-Lehre in seinem Lehrbetrieb. [jo]                   es müssen. Ich sehe darin aber durchaus
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                                                                                                                              einen Gewinn der Krise.» 
15   Schulblatt Kanton Zürich 3/2021   Corona-Sonderausgabe
Freiwillige Kurse                                                                                                         Nachdruck, sei es zentral, jede Aufgabe

      Der letzte Schliff
                                                                                                                                genau zu lesen und umzusetzen. Sonst
                                                                                                                                verschenke man wertvolle Punkte. Mit ih-
                                                                                                                                rer Aufgabenstellung machte sie deshalb

      vor den Prüfungen
                                                                                                                                die Probe aufs Exempel.

                                                                                                                                Es fehlt die Routine
                                                                                                                                Anders als die überbetrieblichen Kurse,

      Der tägliche Kontakt mit den Gästen                                                                                       die trotz Pandemie stattgefunden haben,
                                                                                                                                stand der Betrieb in vielen Restaurants
      ist das A und O für Restaurationsfachleute.                                                                               in den letzten Monaten still. Wie hart die

      Während der Lockdowns fehlte er vielen                                                                                    Krise das Gastgewerbe trifft, weiss Clau-
                                                                                                                                dia Dünner aus eigener Erfahrung, denn
      der Lernenden – und damit auch ein                                                                                        nach langjähriger Verbandstätigkeit – zu-
                                                                                                                                letzt war sie bis Juli 2016 Geschäftsführe-
      Stück Berufserfahrung. In freiwilligen                                                                                    rin des Berufsverbands Restauration – ar-

      Kursen der Allgemeinen Berufsschule                                                                                       beitet sie heute selbst wieder im Service.
                                                                                                                                Während des Lockdowns habe ihr Betrieb
      Zürich konnten sie Versäumtes nachholen.                                                                                  jeweils am Wochenende Take-away-Ge-
                                                                                                                                richte angeboten. «Nicht, weil dies ren-
      Text: Jacqueline Olivier                                                                                                  tiert hätte, sondern um für die Lernen-
                                                                                                                                den eine Möglichkeit zu schaffen, etwas
                                                                                                                                Praxiserfahrung zu sammeln.» Auch an-
                                                                                                                                dere Ausbildungsbetriebe hätten gehan-
                                                                                                                                delt. «Es gab welche, die ihre Lernenden
                                                                                                                                regelmässig ins Lokal holten, um mit ih-
                                                                                                                                nen gewisse Techniken zu trainieren, an-
                                                                                                                                dere gaben Material zum Üben mit nach
                                                                                                                                Hause.» Nicht alle Lehrbetriebe hätten
                                                                                                                                jedoch solche Massnahmen getroffen, um
                                                                                                                                ihre Auszubildenden zu unterstützen.
                                                                                                                                       Die Unsicherheit vieler Lernender
                                                                                                                                ist jedenfalls gross, namentlich in den
                                  Ein weisses Tischtuch, akkurat platzierte       Sorgfältig legen sie das Tischtuch auf, da-   Abschlussklassen. Elena Siegrist ist die
                                                                                                                                ­
                                  Gedecke, kunstvoll gefaltete Servietten –       bei achten sie genau darauf, in welche        Nervosität kurz vor den Prüfungen anzu-
                                  der erste Eindruck zählt für den Restau-        Richtung die Bergfalte zeigt – immer in       merken. Zwar lernt sie in einem Hotel­
                                  rantgast. Das Aufdecken bildet denn auch        jene, aus der die Gäste auf den Tisch zuge-   restaurant in der Stadt, und Hotels durf-
                                  den Auftakt im heutigen Kurs im Demo-           hen. Als Nächstes werden Stoffser­vietten     ten während des jüngsten Lockdowns
                                  Restaurant der Allgemeinen Berufsschule         zu kunstvollen Gebilden geformt, etwa zu      offen bleiben. Doch mangelte es vielen an
                                  Zürich (ABZ). Die fünf angehenden Res-          einem Fächer, einer Lilie oder einem Dop-     Gästen. «Ich bin in den letzten Monaten
                                  taurationsfachfrauen und -männer, die           pelstern. Um ihr Können unter Beweis zu       viel herumgestanden», erzählt die junge
                                  daran teilnehmen, stehen unmittelbar vor        stellen, müssen die Lernenden je zwei         Frau, «hätte ich mehr zu tun gehabt,
                                  ihren Abschlussprüfungen, dem sogenann­         verschiedene Varianten falten. Dann ho-       ­würde ich mich jetzt sicherer fühlen.» Er-
                                  ten Qualifikationsverfahren (QV). Der           len sie Besteck und Gläser sowie einen         schwerend kam für sie hinzu, dass ihr
                                  praktische Teil wird dabei den Anfang           kleinen Teller für Brot und Butter samt        ­Berufsbildner Ende 2020 gekündigt hatte
                                  machen; umso wichtiger ist es für die           Messer, polieren sie und arrangieren alles      und der Betrieb die Stelle aufgrund der
                                  Lernenden, noch einmal alles durchzu-
                                  ­                                               fein säuberlich auf dem Tisch. Symmetrie        Krise nicht neu besetzte. «Da niemand
                                  spielen, worin sie demnächst vor den prü-       lautet das Zauberwort. Die meisten stellen      von den anderen Mitarbeitenden die Ver-
Corona-Sonderausgabe

                                  fenden Blicken der Expertinnen und Ex-          drei Gläser in unterschiedlicher Grösse         antwortung für mich und meine Unter-
                                  perten bestehen müssen.                         rechts oberhalb der Messerspitze hin.           stiftin übernehmen wollte, waren dann
                                                                                  Einzig auf Elena Siegrists* Tisch sind es       alle etwas für uns zuständig, aber nie-
                                  Aufgabe genau lesen                             lediglich zwei. Das verunsichert die Kolle-     mand richtig.»
                                  Es ist ein freiwilliger Kurs, den die Schule    gin, die am nächsten Tisch hantiert. Sie
                                  anbietet, und er ist Teil der Förderkurse,      fragt nach, eine dritte Lernende schaltet     Backoffice statt Kundenkontakt
                                  welche die ABZ infolge der Corona-Krise         sich in die Diskussion ein: zwei oder drei    Besser ist es Mattia Romeo ergangen, der
                                  für Lernende in der Gastronomie­branche         Gläser?                                       ebenfalls in einem Hotel arbeitet – in ei-
                                  ins Leben gerufen hat. Auf dem Programm             Schliesslich meldet sich Claudia Dün-     nem Haus im Luxussegment. Da sei trotz
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

                                  standen in den letzten Wochen Themen            ner zu Wort: «Die Aufgabe lautet ‹Inter­      Corona meistens viel los gewesen, sagt er,
                                  wie Verkauf oder Fertigung, also die Bera-      nationales Grundgedeck›. Dazu gehören         man habe sich auch gut um ihn geküm-
                                  tung des Gastes und die Zube­reitung klei-      wie viele Gläser?» Die Mehrheit ist für       mert. Nur: Er selbst ist Asthmatiker und
                                  ner kalter Speisen etwa für Apéros oder         drei. So habe man im überbetrieblichen        galt deshalb zunächst als Risikoperson.
                                  den ersten Gang. Heute nun geht es um           Kurs (ÜK) immer gedeckt. Tatsächlich          Zu seinem Schutz wurde er deshalb im
                                  den letzten Schliff vor dem QV. Fachlehre-      sind es aber nur zwei, ein Weisswein- und     letzten Frühjahr erst einmal krankge-
                                  rin Claudia Dünner hat rund 35 Jahre Be-        ein Rotweinglas. Am QV werden die Ler-        schrieben, ab Juli 2020 dann im Backoffice
                                  rufserfahrung und weiss, wo­    rauf es an-     nenden dieses Grundgedeck jedoch mit          eingesetzt, wo er keinen Kundenkontakt
                                  kommt. Etwa beim Herrichten des Tisches.        einem Wasserglas ergänzen müssen. Des-        hatte und Aufgaben übernahm, die nicht
                                  Internationales Grundgedeck für zwei            halb üben sie dies schon im ÜK so. Clau-      zum Kern seiner Ausbildung gehören.
                                  Personen lautet die Aufgabe. Die fünf jun-      dia Dünner geht es heute aber um etwas        Mattia Romeo wird deshalb eine soge-
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                                  gen Leute machen sich an die ­        Arbeit.   anderes: An der Prüfung, sagt sie mit         nannte Betriebsprüfung ablegen, das
praktische QV also nicht wie üblich im        fungsstoff sei schliesslich bekannt. «Mit    Für den «Käseservice» dürfen die Ler-
Ausbildungszentrum Wädenswil, sondern         dem Serviettenfalten beispielsweise fan-     nenden endlich einmal selbst Platz neh-
in seinem Lehrbetrieb absolvieren, wo         gen sie schon im ersten Lehrjahr an,         men. Dieser Teil wird mithilfe des Lehr-
man auf seine besondere Situation Rück-       ebenso wissen sie, dass sie an der Prüfung   buchs repetiert. Reihum erklären die
sicht nehmen kann.                            verschiedene Vorspeisen vor dem Gast,        Kursteilnehmenden die Eigenschaften ei-
    Für Stephanie Vonlanthens* Lehrbe-        also dem Experten oder der Expertin, zu-     nes Käses: Handelt es sich um einen Hart-,
trieb wiederum waren die finanziellen         bereiten müssen, etwa ein Beefsteak Tatar    einen Weich-, einen Blauschimmelkäse?
Einbussen infolge der Pandemie irgend-        oder einen Crevettencocktail.» Doch die      Wo kommt er her und wie rezent oder
wann nicht mehr tragbar. Das Hotel im         Zutaten dafür müssten sie kaufen, ausser-    mild ist er? Wichtig zu wissen für Res­
Herzen der Stadt Zürich musste schlies­       dem ist daheim niemand, der sie korri-       taurationsfachleute ist überdies, welcher
sen und wurde von der Eigentümerfami-         giert oder ihnen hilfreiche Tipps gibt.      Käse wie geschnitten wird. Auch das
                                                                                                                                        Corona-Sonderausgabe

lie verkauft. Für die Lernende im dritten                                                  Tranchieren eines Entrecôte double oder
Ausbildungsjahr ein herber Schlag. Zwar       Unter strenger Beobachtung                   eines Lammracks wird Teil der Prüfung
wurde sie nicht entlassen, aber sie habe      Ganz anders an diesem Kursnachmittag.        sein und deshalb am Schluss des Nach-
lange nicht arbeiten können, sagt sie. Nach   Die Fachlehrerin lässt nichts durchgehen.    mittags noch kurz besprochen. Anschlies­
dem Besitzerwechsel hat der Betrieb in        Sie beobachtet genau, wie die jungen Leute   send bleibt Zeit für Fragen, während sich
den vergangenen Wochen nun wieder et-         die Sauce für den Cocktail anrühren, in      jene, die mögen, am Tatar und am Cre­
was Fahrt aufgenommen, dies aber mit          welcher Reihenfolge sie die Zutaten bei-     vettencocktail gütlich tun. Schnell kommt
vorderhand wenig Personal. Also musste        mischen, welches Besteck sie verwenden       das Gespräch auf Corona und die teil­
Stephanie Vonlanthen wieder mit anpa-         und wo sie es danach hinlegen. Hört sie      weise schwierigen Situationen der Ler-
                                                                                                                                        Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

cken, was sie daran hinderte, von den För-    einen Löffel gegen die Innenwand der         nenden in ihren Betrieben. Aber ebenso
derkursen der ABZ oder des Programms          Glasschüssel schlagen, moniert sie dies      auf Zukunftspläne. So will Mattia Romeo
«Gastro Porto» (siehe Artikel Seite 18)       sofort. So etwas geht vor dem Gast gar       gleich nach dem QV eine zweite Ausbil-
profitieren zu können. Doch am heutigen       nicht. Und beim Schöpfen die Schüssel        dung im technischen Bereich beginnen.
Kurs durfte sie teilnehmen und kann so        in die Hand zu nehmen, ist ebenfalls ab-     Den Vertrag hierfür hat er bereits in der
noch das eine oder andere Routinemanko        solut tabu, das macht Claudia Dünner         Tasche – bestandenes QV vorausgesetzt.
wettmachen.                                   ­unmissverständlich klar. Genauso fordert    Und Elena Siegrist und Stephanie Von­
    Die drei Geschichten zeigen, mit wel-      sie die Lernenden auf, sich vorab genau     lanthen streben beide eine Berufsmatur
chen Herausforderungen viele Lernende          zu überlegen, wie viele Löffel sie brau-    und ein Fachstudium an. Auf welchem
in der Coronakrise zu kämpfen haben.           chen werden, um das Tatar zuzubereiten.     Gebiet, das lassen sie noch offen. 
Natürlich hätten sie auch zu Hause üben        «Auch das wird vom Experten bewertet –
                                                                                                                                        17

können, sagt Claudia D  ­ ünner, der Prü-      das ist Betriebswirtschaft.»                * Name geändert
«Gastro Porto»                      Hotellerie und Gastronomie gehören zu

                                  Ein sicherer
                                                                      den Branchen, die von der Coronapande-
                                                                      mie am ärgsten gebeutelt werden. Restau-
                                                                      rants durften lange Zeit gar keine Gäste

                                  Hafen für
                                                                      bedienen, viele Hotels standen fast leer.
                                                                      Dieser Kriechgang respektive Stillstand
                                                                      hatte nicht nur wirtschaftliche Auswir-

                                  die Lernenden
                                                                      kungen, sondern beeinträchtigt auch die
                                                                      Ausbildung des Nachwuchses. Ohne Gäs-
                                                                      te fehlte den Lernenden die wichtigste
                                                                      Gelegenheit, um zu arbeiten und zu ler-
Corona-Sonderausgabe

                                  Im Projekt «Gastro Porto» haben     nen. Mit verschiedenen Massnahmen
                                                                      wurde versucht, die negativen Folgen zu
                                  Lernende aus allen Gastgewerbe-     mildern. Der Bund beschloss etwa, dass

                                  berufen die Gelegenheit erhalten,
                                                                      für Berufsbildnerinnen und Berufsbild-
                                                                      ner sowie für Lernende auch dann Kurz-

                                  in Kursen die mangelnde Praxis zu   arbeitsentschädigung bezahlt wird, wenn
                                                                      sie zu Ausbildungszwecken tätig sind. Da-
                                  kompensieren und das Qualifika­     neben gab es vielfältige Initiativen von

                                  tionsverfahren vorzubereiten.       einzelnen Betrieben und von Verbänden,
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

                                                                      teilweise in Zusammenarbeit mit der öf-

                                  Das Angebot wurde rege genutzt.     fentlichen Hand.
                                                                          In diese Kategorie gehört das Projekt
                                  Text: Andreas Minder                «Gastro Porto». Angeregt wurde es durch
                                                                      Berufsinspektor Marcus Schmid vom Mit-
                                                                      telschul- und Berufsbildungsamt (MBA),
                                                                      der das Gastgewer be seit über 20 Jahren
                                                                      betreut. «Es ist eine dynamische Branche,
                                                                      in der aber auch gewisse Herausforderun-
                                                                      gen bestehen», sagt er. Das Berufsfeld wei-
                                                                      se im Vergleich zu anderen Branchen häu-
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                                                                      figer Neugründungen, Betriebsschlies­sun-
gen und eine höhere Fluktuation bei           Geschäftsführer Daniel Villiger. «Das war    und Personalrestaurants, die von der Krise
den Arbeitnehmenden auf. Unabhängig           aber gut machbar.» Die regulären ÜK          wenig oder gar nicht betroffen waren.
von der Coronavirus-Pandemie wird des-        starteten morgens um 8 Uhr mit dem the-           Paul Nussbaumer, der Präsident von
halb seit einem Jahr das Projekt «CoBe»       oretischen Teil. Wenn die Teilnehmenden      Hotel & Gastro formation Zürich, freut sich
(Coaching durch Betreuung) für Berufs-        um 10 Uhr zu den praktischen Arbeiten in     ebenfalls, dass das Angebot auf Anklang
bildnersupport in Ausbildungsbetrieben        Küchen und Bars wechselten, übernah-         stiess. Ihm ist besonders aufgefallen, dass
der Gastronomieberufe im Kanton Zürich        men die «Gastro Porto»-Gruppen die frei      sich die Lernenden meist selbst angemel-
vorbereitet. Starten wird es diesen Som-      gewordenen Schulzimmer. Waren die ÜK-        det haben und nicht der Betrieb. «Berüh-
mer. Bei einer «CoBe Gastro»-Sitzung im       Teilnehmenden am Mittag mit der Pra-         rend war, wie viele sich dafür bedankt
letzten Dezember schlug Schmid vor, ein       xis durch, tauschten sie mit den «Gastro     ­haben, dass sie kommen durften.» Es sei-
zusätzliches Projekt ins Leben zu rufen,      Porto»-Lernenden wieder die Plätze. «Die      en alle voll des Lobes gewesen – bis auf
                                                                                                                                         Corona-Sonderausgabe

und zwar sofort. «Es brennt jetzt für die     Räume waren zu 100 Prozent belegt», sagt      einen Punkt: dass die Kurse bis abends
Betriebe und die Lernenden», argumen-         Villiger. Damit auch genügend Lehrper­        um 8 Uhr dauerten, sagt Nussbaumer mit
tierte er. Sein Anliegen stiess auf offene    sonen zur Verfügung standen, wurden           einem Lachen. Die Kurse am WäBi waren
Ohren. «Gastro Porto» wurde lanciert.         Freelancer engagiert.                         für die Lernenden gratis. 80 Prozent der
Porto, italienisch für Hafen, steht deshalb       Es wurden zwei Kurstypen angebo-          Kosten übernimmt der Bund, je 10 Pro-
im Namen, weil das Projekt den Lernen-        ten: Intensivkurse für Lernende aus dem       zent die Branchenverbände Gastro Zürich
den einen sicheren Hafen bieten wollte.       ersten und zweiten Lehrjahr, die fünf Tage    und Hotellerie Zürich.
Es wurde im Januar innert dreier Wochen       dauerten, und eintägige Kurse, die auf das
auf die Beine gestellt.                       Qualifikationsverfahren (QV) vorbereite-     Ein Puzzlestein von vielen
                                                                                                                                         Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

                                              ten. Insgesamt standen 62 Kurse auf dem      Ein weiteres Element von Gastro Porto
Volles Haus                                   Programm – für alle Gastgewerbeberufe.       war ein Supportdesk, der von der All­
Der Kern von «Gastro Porto» sind Kurse,       Sie entsprachen einem Bedürfnis, wie die     gemeinen Berufsschule Zürich (ABZ)
die vom 22. Februar bis zum Beginn der        Zahl der Teilnehmenden zeigt. Die Inten-     betrieben wurde. Die Lernenden jedes
                                                                                           ­
Qualifikationsverfahren Anfang Mai am         sivkurse wurden von 173 Personen be-         Berufs konnten jeweils an einem be-
Ausbildungszentrum von Hotel & Gastro         sucht, die QV-Vorbereitungskurse von         stimmten Wochentag einer Fachperson
formation Zürich in Wädenswil angeboten       257. «Eine schöne Zahl», findet WäBi-        Fragen zum QV stellen. Paul Nussbaumer
wurden. Im «WäBi» finden die überbe-          Geschäftsführer Villiger. Zum Vergleich:     ist sich bewusst, dass all dies kein voll-
trieblichen Kurse (ÜK) für alle Gastro-       Rund 700 Lernende aus der Gastrobran-        ständiger Ersatz für eine «echte» Vorberei­
und Hotellerieberufe statt. Nun kamen         che absolvieren jährlich das QV. Gut die     tung im laufenden Betrieb ist. Im Rahmen
die «Gastro Porto»-Trainings dazu. «Wir       Hälfte von ihnen arbeitet in der Gemein-     von «Gastro Porto» sei jedoch alles auf
                                                                                                                                         19

sind doppelspurig gefahren», sagt WäBi-       schaftsgastronomie, also Spitälern, Heimen   die Prüfung fokussiert gewesen, während 
dies im Berufsalltag nur nebenher laufe.    nern, die sich während der letzten auf­       hängig ist. «Für die Lernenden solcher
                                  «Wir konnten etwas qualitativ sehr Wert-    reibenden Monate nicht genug um ihre          Betriebe ist es dem MBA in kurzer Zeit
                                  volles bieten.» Zudem sei das Projekt nur   Lernenden gekümmert hätten. Vereinzelt        gelungen, 200 Praktikumsplätze zu gene-
                                  ein Puzzleteil von vielen gewesen. «Man     bekam auch Berufsinspektor Schmid             rieren», sagt er. Vor allem Betriebe aus der
                                  hat sich in der Branche ganz gewaltig       ­Telefonanrufe von besorgten Eltern. «Da      Gemeinschaftsgastronomie stellten diese
                                  gegenseitig geholfen.» Überall, wo es
                                  ­                                            haben wir immer angeboten, zu interve-       Stellen zur Verfügung.
                                  ­irgendwie ging, habe man Lernende um-       nieren, was aber nie in Anspruch genom-            Das Projekt «Gastro Porto» ist wäh-
                                   platziert, auch über die Kantonsgrenzen     men worden ist.» Schmid versteht, dass       rend des QV unterbrochen. Ob es danach
                                                                                                                            weiterläuft, ist noch offen. Paul Nussbau-
                                                                                                                            mer erklärt, man werde beobachten, wie

                                       «Man hat sich in der Branche ganz                                                    sich die Lockerungsmassnahmen auf die
Corona-Sonderausgabe

                                                                                                                            Gastronomie auswirkten. «Sollte es noch
                                        gewaltig ­gegenseitig geholfen.»                                                    einmal einen Bedarf geben, machen wir
                                                                                                                            ­weiter.»
                                                                   Paul Nussbaumer
                                                                                                                                  Was am WäBi mit Sicherheit angebo-
                                                                                                                             ten werden wird, sind Schnupperlehren.
                                                                                                                             «Wir sind daran, dies vorzubereiten, um
                                  hinweg. Oder über die Berufsgrenzen         die Situation für die Berufsbildner be­        Interessierten zeigen zu können, dass die
                                  hinweg: Marcus Schmid nennt als Bei-
                                  ­                                           lastend ist. «Regelmässig mit dem Ler-         Gastronomie eine tolle Branche ist», sagt
                                  spiel lernende Restaurationsfachleute,      nenden die Lerndokumentation anzu-             Paul Nussbaumer. Viele Jugendliche seien
Schulblatt Kanton Zürich 3/2021

                                  die vorübergehend in Blumengeschäften       schauen, wäre aber für alle Beteiligten ein    angesichts der dauernden Negativschlag-
                                  gearbeitet hätten, um die Kunst der flo­    Mehrwert.»                                     zeigen verständlicherweise verunsichert.
                                  ralen Tischdekoration zu üben. In ande-                                                    Dabei seien in Zürich während der
                                  ren Betrieben übernahmen Lernende           Weitere Kurse nach Bedarf                      ­Pandemie 40 neue Restaurants aufgegan-
                                  die Verantwortung für den spärlichen        Seit dem 31. Mai sind die Innenräume von        gen, betrieben von jungen, innovativen
                                  Restbetrieb oder sie verkauften in einem    Gastro-Betrieben wieder geöffnet. Das           Leuten, die an die Zukunft glaubten.
                                  extra eingerichteten Laden selbst herge-    Schlimmste scheint überstanden zu sein.         Nussbaumer hofft, dass solche positiven
                                  stellte Produkte. Auch Take-away-Ange-      In Teilen der Branche dürfte es allerdings      Nachrichten Schulabgängerinnen und
                                  bote entstanden hie und da unter Regie      noch eine Zeit dauern, bis die Krise vorbei     -abgänger dazu bewegen werden, eine
                                  der Lernenden.                              ist. Marcus Schmid denkt vor allem an die       Lehre im Gastgewerbe zu machen. Lehr-
                                      Paul Nussbaumer weiss allerdings        Stadthotellerie, die stark vom Flughafen        verträge können noch bis Oktober abge-
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                                  auch von Berufsbilderinnen und -bild-       und von den internationalen Gästen ab-          schlossen werden. 
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