Strom Linie - Oesterreichs Energie
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Strom Linie Das Magazin zur Energiewende #1/2020 Unsere Corona- Bilanz Helden Wie sich die Wie die Mitarbeiter Corona-Krise auf der Energiewirtschaft die Energiewirtschaft die Versorgung auswirkt sichergestellt haben Studie Warum die Energiewende ohne Pumpspeicher nie funktioniert Analyse Warum Gebäude- flächen beim Ausbau der Photovoltaik alleine nicht ausreichen „Was jetzt, Frau Ministerin?“ Leonore Gewessler über Investitionen in Erneuerbare als Konjunkturpaket – und wie die Bevölkerung beim Ausbau der Infrastruktur abgeholt werden kann.
Die Stadt von morgen braucht Power. Und Menschen, die ihre Energiezukunft mitgestalten. Das ist Ingenuity for life. Energiekunden sollen künftig möglichst dann Strom verbrauchen, wenn er gerade erzeugt wird. Vollautomatisch und ohne Einbußen. In einem europaweit einzigartigen Forschungsprojekt entwickelt Siemens mit seinen Partnern und den Bewohnern der Seestadt Aspern Energielösungen für die Zukunft. Dort erzeugen smarte Gebäude erneuerbare Energie, die anhand einer intelligenten Strominfrastruktur optimal genutzt wird. Davon profitieren Mensch und Umwelt: Die Versorgungssicherheit steigt und die CO2-Emissionen sinken. Verwirklichen, worauf es ankommt. Das ist Ingenuity for life. siemens.at/ingenuityforlife
Editorial Wir gestalten die Energiewende A ls die Arbeiten zu diesem Magazin began- nen, hätten wohl nicht viele Leser beim Wort „Krise“ an eine Krankheit gedacht. Das hat sich in der Zwischenzeit grundlegend geändert. Unverändert geblieben sind aber die Herausforde- rungen, mit denen wir uns im Zuge der Energie- wende konfrontiert sehen. Auch wenn die Klima- krise deutlich schleichender voranschreitet als eine Pandemie, so werden ihre Auswirkungen unsere Gesellschaft und Wirtschaft dennoch in absehbarer Zeit treffen. Die österreichische E-Wirtschaft ist sich bei beiden Herausforderungen ihrer Verantwortung bewusst. So wie sie in der Gesundheitskrise durch weitreichende Maßnahmen die flächendeckende Sicherung der Stromversorgung gewährleistet hat, wird sie in den kommenden Monaten und Jahren den Umbau unseres Energiesystems in Angriff neh- men. Hier schließt sich ein Kreis: Die Dekarbonisie- rung unseres Energiesystems nützt nicht nur unse- rem Klima – sie schafft lokale Wertschöpfung und sichert Jobs. So kann der Umbau unseres Energie- systems zum Starter für unseren Konjunkturmotor werden. Damit dieses Projekt gelingen kann, brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen – und wir müssen die breite Öffentlichkeit davon überzeugen. Denn Energiewende bedeutet, Infrastruktur für den Umweltschutz zu errichten. Dieses Magazin, das nun zum ersten Mal in neuem Konzept und Design erscheint, will dabei seinen Beitrag leisten. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre! Leonhard Schitter Präsident Barbara Schmidt Generalsekretärin IMPRESSUM. Medieninhaber: Österreichs E-Wirtschaft, Brahmsplatz 3, 1040 Wien Herausgeber: Christian Zwittnig Redaktion: Klaus Fischer, Bernhard Fragner, Rudolf Loidl (Chefredakteur), Melanie Krenn, Ingrid Wunderlich Anzeigen: JU.connects, ju@juconnects.com Erscheinungsweise: 4-mal jährlich Druck: Ferdinand Berger & Söhne, Horn Strom Linie 01/2020 3
Strom Linie 14 Leonore Gewessler im Exklusiv-Interview: Warum sie die Corona-Krise als Chance für die Energie- wende begreift – und wie die Bevölkerung beim Ausbau der Netzinfrastruktur abgeholt werden kann. 4 Strom Linie 01/2020
Inhalt 01/2020 6 WAS SEH‘ ICH DA? BILD DES MONATS: Wie im Kraftwerk Wallsee- Mitterkirchen Energiegeschichte geschrieben wird. 38 8 BRIEFING News und Fakten 38 „WIRTSCHAFTSWACHSTUM aus der Energiewirtschaft BRAUCHT ENERGIEWENDE“ Leonhard Schitter, Präsident von 12 GRAPHEN DES MONATS Oesterreichs Energie, im Interview Die Energiewirtschaft zu den Auswirkungen der Corona- in Zahlen Krise auf die Energiewende. 14 COVERSTORY: 42 DIE STROM-MACHER WAS JETZT, FRAU MINISTERIN? Tahir Kapetanovic und Energie-, Umwelt- und Beti Trajanoska erklären ihren Technologieministerin Leonore beruflichen Alltag. Gewessler im Interview. 20 ZIEH‘ DREI FELDER VOR! Welche Maßnahmen zum Erreichen der Klimaneutralität im Jahr 2030 noch zu setzen sind. 26 WAS MACHT EIGENTLICH EIN... PEAKER? Gerhard Kampichler, Leiter 44 WAS IST EIGENTLICH EIN… Erzeugung bei der EVN AG, DIGITALER ZWILLING? erklärt Funktion und Einsatz Wie komplexe Prozesse virtuell von Spitzenlastkraftwerken. simuliert werden, erklärt Markus Matschl von der Salzburg AG. 28 DIE CORONA-HELDEN Wie die Mitarbeiter unserer 46 SAVE THE DATE! Energieversorger in den kritischsten Der Veranstaltungs- Monaten die Versorgungssicherheit kalender 2020 gewährleisteten. 56 1001 VOLT 36 WAS DIE CORONA-KRISE Die Top-Events der Energie- FÜR DIE ENERGIEWIRTSCHAFT wirtschaft mit Lisa Joham BEDEUTET Studie. Die Corona-Krise 58 WARUM IST DAS SO? konfrontiert Erzeuger und Michael Baminger von der Netzbetreiber mit Problemen, Energie AG erklärt, wie die Strom- die sogar zu Insolvenzen führen rechnung unkomplizierter könnten. werden könnte. Dossiers 49 DOSSIER I: 52 DOSSIER II: PHOTOVOLTAIK PUMPSPEICHERKRAFT Eine aktuelle Studie beweist: Pumpspeicherung ist die Um bis 2030 11 TWh Strom mit Abstand wichtigste netz- FOTO: APA PICTUREDESK zu erzeugen, braucht Österreich gebundene Speichertechnologie, eine Kombination aus Gebäude- die uns zur Verfügung steht, und Flächenanlagen. wie eine Studie beweist. Strom Linie 01/2020 5
Bild des Monats Was seh’ ich da? Ein Stück Energiegeschichte schreibt man im Kraftwerk Wallsee-Mitterkirchen. Mit viel Fingerspitzengefühl wird hier gerade der fliegende Rotor der Hauptmaschine 6, genannt „Juliana“, in den Bauch des Kraftwerks eingehoben. Seit 1968 erzeugte sie elektrische Energie, bis sie im August des Vorjahres einer Generalüber- holung unterzogen wurde. Jetzt ist die 218 Tonnen schwere Dame zurück. Vor drei Jahren wurde auch an ihren Schwestern (Rotor und Turbine 1) eine Wartung durchgeführt. Die Großrevision an Hauptma- schine 6 wurde im März abge- schlossen. VERBUND AG 6 Strom Linie 01/2020
Briefing news+fakten „Selbstverständlich, dass wir Beitrag leisten“ Ende April wurde die freiwillige Vereinbarung der Energie- wirtschaft zur Weiterbelieferung im Zahlungsverzug für zwei Monate verlängert. Auch bei Zahlungsverzug wird derzeit nie- mandem Strom, Gas oder Wärme abgedreht: Darauf haben sich die Verbände der Energie- wirtschaft als Reaktion auf die Corona-Krise in einer freiwilligen Vereinbarung im März Erste (digitale) EU-Energieministerkonferenz nach dem Höhepunkt der Corona-Krise*: Pläne für „Green Recovery“ geeinigt. Ende April wurde diese Vereinba- rung für zwei weitere Monate - bis Ende Juni Europa plant den – verlängert. Die Regelung zielt neben Pri- vatkunden auf Kleinunternehmen ab. „Die E-Wirtschaft ist für ihre Kunden auch in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Part- ner“, sagt Leonhard Schitter, Präsident von „grünen Wiederaufbau“ Oesterreichs Energie, zu der Vereinbarung, Geht es nach den europäischen Energieministern, die der Verband mit der Vereinigung öster- dann wird der Stromsektor eine wesentliche Rolle beim reichischer Elektrizitätswerke sowie dem Fachverband Gas Wärme geschlossen hat Wiederaufbau zur Bewältigung der Corona-Krise spielen, und eine Risikoaufteilung vorsieht. „Es ist wie in einem informellen Treffen Ende April selbstverständlich, dass wir in einer so überraschend deutlich wurde. umfassenden Krise schnell und unbürokra- tisch unseren Beitrag leisten“, so Schitter. Es ist ein Konsens, wie er seit Arbeit wieder anzukurbeln, soll- Monaten in der Europäischen ten wir nicht in alte, umwelt- „Auch in schwierigen Zeiten Union nicht mehr geherrscht schädliche Gewohnheiten hat: Laut Informationen des kro- zurückfallen“, sagte EU-Kom- verlässlicher Partner.“ atischen EU-Ratsvorsitzes sind missionspräsidentin Ursula von Leonhard Schitter zur freiwilligen die EU-Länder der Ansicht, dass der Leyen den Energieministern. Vereinbarung der Energiewirtschaft der Energiesektor eine zentrale Der „Green New Deal“, ein Milli- Rolle beim konjunkturellen Wie- arden-Investitionsprogramm der FOTOS: BUNDESMINISTERIUM FÜR KLIMASCHUTZ, ENERGIE AG, WIEN ENERGIE, APA PICTUREDESK deraufbau nach den Monaten EU, das bereits vor Ausbruch der des Stillstandes während der Pandemie beschlossen wurde, Corona-Krise spielen soll. Pro- sei eine „neue Wachstumsstrate- jekte zur Förderung von erneu- gie, um die Wirtschaft wettbe- erbaren Energien und ein werbsfähiger zu machen und „Mechanismus für einen gerech- unsere Lebensqualität zu verbes- ten Übergang“ zur Klimaneutra- sern“. Ebenfalls ein Thema bei lität könnten zu einer schnellen den Beratungen der Minister: und effizienten Erholung beitra- die Verletzlichkeit durch globale gen, hieß es in der ersten Video- Lieferketten für Energietechno- konferenz der EU-Energieminis- logien. „Diese ist auf EU-Ebene ter nach dem Höhepunkt der erstmals breit erkannt worden“, Corona-Krise Ende April. so Bundesministerin Leonore „Jetzt, wo wir planen, Milli- Gewessler. arden von Euro zu investieren, *im Bild: Leonore Gewessler (Bildmitte) bei der um unsere Wirtschaft und virtuellen Konferenz der EU-Energieminister 8 Strom Linie 01/2020
77% der Österreicher befürworten den Ausbau von Solaranlagen, Kleinwasserkraftwerken oder Windrädern, selbst wenn dieser in ihrem direkten Umfeld erfolgt.* *Studie des Instituts für Produktions-, Energie- und Umweltmanagement der Universität Klagenfurt und Institute for Strategic Management der Wirtschaftsuniversität Wien, 2020 ENERGIE AG Lukas Schödl: Gmunden ist sein „wichtigstes“ Kraftwerk mit einer Engpass-Leistung von 12.200 kW und einem Regel-Arbeitsvermögen von 48.000 MWh. Lukas Schödl: 26, Kraftwerksbetreuer – Fernsehstar Mit 26 Jahren ist der Elektrotech- niker, der seine Karriere als Abgeschaltet! Lehrling bei der Energie AG begonnen hat, für drei Kraft- 34 Jahre lang hat das Kohlekraftwerk Mellach Strom erzeugt werksanlagen zuständig. und Wärme für die steirische Landeshauptstadt Graz geliefert. Damit ist jetzt Schluss, die Kohle ist Geschichte, das letzte Welche Karriereschritte nach einer Lehre Kohlekraftwerk des Landes wurde Ende April abgeschaltet. in der Elektrizitätswirtschaft auch in jun- gen Jahren schon möglich sind, zeigt Lukas Schödl: Seit 2015 betreut der Traunkirch- ner selbstständig die Kraftwerksanlagen in Gmunden (Engpass-Leistung von 12.200 kW und Regel-Arbeitsvermögen von 48.000 MWh) und Steyrermühl. Außerdem „Die Corona-Krise ist er als einer der jüngsten Kraftwerksbe- treuer des Landes für das Schaukraftwerk wird uns eine Gschröff, das 1888 errichtet wurde, ordentliche Delle zuständig. Zuletzt interessierte sich auch das Fernsehen für ihn. In einem ORF-Bei- bescheren.“ trag berichtete er von seiner doch manch- Michael Strebl, Geschäftsführer mal recht einsamen Arbeit in den Kraft- Wien Energie werken – und von der Bedeutung der Stromproduktion aus natürlichen, erneuer- baren Ressourcen. Strom Linie 01/2020 9
Briefing Quick Fact: Taxonomie Mit der Definition einheitlicher europäischer Kriterien (Taxonomie) wird festgelegt, welche wirtschaftliche Tätigkeit im Energiebereich sich ab 2022 als nachhaltig im ökologischen Sinne deklarieren darf. Umstritten war zuletzt das Thema Atom und Gas. Ein hoher Anteil von nachhaltiger wirtschaftlicher Tätigkeit wird in Österreich setzt sich in Zukunft für Finanzprodukte, Finanz- instrumente und letztlich bei Firmen- Atomstrom-Frage durch bewertungen bedeutende Kapital- kostenvorteile bedeuten. Ein Entwurf für eine EU-Verordnung zur Klassifizierung als umweltfreundliche Energie wurde nach dem Widerstand Österreichs entschärft. Seit Herbst wurde in Brüssel an einem EU-Verordnungsentwurf zur Taxonomie klimafreundlicher Investitionen gearbeitet. Der Entwurf hat Auswirkungen auf die Finanzierung von Investitionsmaßnahmen: Projekte, die in Zukunft nach den neuen, EU-weit einheitlichen Kriterien als nachhaltig gelten, werden an den Finanz- und Kreditmärkten leichter Kapital finden. Unbemerkt von der Öffentlichkeit ist Ende Dezember ein Durchbruch gelun- gen: Am 17. Dezember akzeptierte das Verhandlungsteam des Europäischen Parla- ments einen Kompromissvorschlag, der die Klassifikation von Atomkraft als nach- haltiges Investment unmöglich machen dürfte. Der Kompromiss: Die EU-Kommis- sion wird zukünftig darüber entscheiden, ob Atomkraft – und auch Gas – als „Übergangstätigkeit“ auf dem Weg zur Nachhaltigkeit eingestuft werden kann. Österreich war – wie auch Deutschland – als größter Kritiker des ursprüngli- chen Entwurfes aufgetreten. „Die große Zielsetzung ist, dass dort, wo eine grüne Investition draufsteht, auch eine grüne Investition drin ist“, hieß es aus dem österreichischen Verhandlerteam. Zuletzt hat die Republik im Dezember das neue Euratom-Forschungsprogramm blockiert, weil darin Querverweise zu einer Atomenergie, die zur Erreichung der Klimaziele beiträgt, zu finden waren. Die Verordnung soll in den nächsten Wochen auch formal von Rat und Parlament Infos am Handy, wenn angenommen werden. der Strom ausfällt Seit Mitte Februar werden Kunden der Energie Steiermark bei einer Unterbre- chung der Stromversorgung auf Wunsch automatisch per SMS und Mail unmittelbar mit allen verfügbaren Informationen zur aktuellen Lage ver- sorgt. Derzeit sind über 250.000 Kun- denkontakte elektronisch verfügbar. Strompreiserhöhung FOTOS: KELAG, NETZE STEIERMARK, APA PICTUREDESK, ENERGIE BURGENLAND verschoben Der Vorarlberger Energieversorger Illwerke/VKW verschiebt die per 1. Mai angekündigte Strompreiserhöhung um drei Monate. Die Preisanpassung werde infolge der Corona-Krise erst am 1. August vorgenommen, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Für die Vorarlberger Haushalte und kleine Abriss des Atomkraftwerks Muelheim-Kaerlich im Juli 2019: Nuklearenergie nur noch Geschäftskunden bedeutet das eine „Übergangstätigkeit“ auf dem Weg zur nachhaltigen Energieerzeugung in der EU Entlastung in Höhe von rund zwei Milli- onen Euro. 10 Strom Linie 01/2020
PERSONALIA Gerhard Röthlin, bis Ende April Geschäftsführer der Vorarlberger Energienetze GmbH, ist seit Anfang Mai Vorstand der OeMAG Abwicklungsstelle für Ökostrom AG. Reparatur Danny Güthlein im Hochgebirge ist neuer Finanzvorstand des Der Kärntner Energieversorger Kelag hat im Februar Kärntner Energieversorgers die letzten Unwetterschäden am Hochspannungsnetz Kelag. Der gebürtige Chemnit- zer, bislang Finanzchef für beseitigt. Im November war in der Kreuzeckgruppe, Controlling sowie Beteili- auf 2.350 Metern Seehöhe, ein Mast einer 110-kV-Leitung gungs- und Risikomanagement wegen Sturms und Eislast umgeknickt, zwei weitere im Unternehmen, ist seit April Masten wurden beschädigt. drittes Mitglied des Führungs- gremiums. Langzeit-Vorstand Armin Wiersma wird sich zukünftig dem Ausbau der Energie erneuerbaren Energien im europäischen Ausland Burgenland sucht widmen. Ideen für alte Johann Sereinig Windradflügel löst Peter Rucker als Aufsichts- ratsvorsitzenden der Energie Der burgenländische Energiedienst- Burgenland AG ab. Rucker leister schreibt eine „Windradflügel Wiener hatte die Position aufgrund ReUse Challenge“ aus und sucht dabei nachhaltige Ideen, wie man Stadtwerke seiner Berufung in die Geschäftsführung der Burgen- ausgediente Rotorblätter weiterver- kaufen EnBW- ländischen Krankenanstalten GesmbH zurückgelegt. Serei- wenden kann. Der Hintergrund: In Anteil der EVN nig war bis zu seinem berufli- den kommenden fünf Jahren sollen chen Rückzug von 2007 bis 233 Millionen Euro in den Wind- Die Wiener Stadtwerke Hol- 2018 stellvertretender Vor- kraftausbau investiert werden – ding hat den 29-Prozent-Anteil standsvorsitzender der Ver- bund AG. darunter mehrere, in die Jahre des deutschen Energieversor- gekommene Anlagen erneuert wer- gers EnBW an der EVN gekauft. Christian Rakos den. 30 Flügel aus dem Windpark Der Wiener Energieversorger ist neuer Präsident der World Gols stehen ab Herbst und die niederösterreichische Bioenergy Association mit Sitz 2020 für die ReUse EVN sind schon zwei Jahr- in Stockholm. Er folgt dem Challenge bereit. zehnte in einer gemeinsa- Litauer Remigijus Lapinskas. Der studierte Physiker ist men Vertriebspartner- Geschäftsführer von ProPellets ReUse schaft, der „EnergieAl- Austria und war zuvor an der Challenge: lianz“, verbunden. Österreichischen Akademie Eingereicht werden Beim Verbund haben der Wissenschaften, bei können grobe der Österreichischen Energie Ideen, Skizzen, die beiden Unter- Agentur sowie dem öster- aber auch nehmen ihre Stimm- reichischen Biomasseverband konkrete rechte gebündelt. tätig. Projekte Strom Linie 01/2020 11
Graphen des Monats Stromverbrauch im Corona-Modus Stromkonsum Österreich (15-Minuten-Schnitt) vom 1. Januar bis 1. April in Megawattstunden 2500 2019 2020 2000 1500 Quelle: Bilanzgruppenkoordinatoren für Gas und Strom in Österreich, Stand: 15. Mai 2020 1000 7. Jan. 14. Jan. 21. Jan. 28. Jan. 4. Feb. 11. Feb. Europa erwacht nur langsam aus dem +1% 0% -8% +4% -2% -1% Corona-Schlaf -6% -6% -2% -1% Täglicher Stromverbrauch* -11% -11% in den Ländern Europas -16% -2% -9% im Vergleich zu einem -9% -11% -21% -8% -11% -23%-13% -8% durchschnittlichen Werktag des Monats -16% -8% -16% -11% -11% -11% im Vorjahr. -13% -11% -12% -9% -15% -15% *Werktage können -17% -13% -20% -13% in einigen Ländern -13% -1% variieren -7% -16% -10% -10% -31% -21% -18% -11% -15% -15% Quelle: Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber, Stand: 15. Mai 2020 Montag, 30. März 2020 Donnerstag, 16. April 2020 12 Strom Linie 01/2020
16. März Lockdown: Schließung von Geschäften, Bildungs-, Kultur- und Sportstätten Stromkonsum im Lockdown-Modus: Der Stromverbrauch sinkt, die üblichen Spitzen im Verbrauch während der Arbeitswochen sind nicht mehr erkennbar. 18. Feb. 25. Feb. 4. März 11. März 18. März 25. März 1. April Alles neu Andere 0,3% macht der Mai* Fossile Gase 1,6% 0% -1% Wind Energiekonsum: 161 GWh +7% 25,9% Biomasse 3,0% Erzeugung: 165 GWh -7% Erzeugung (nur Erneuerbare): -10% 161,8 GWh -15% -2% -7% Nettoexport: 4% -8% 4 GWh -10% -9% -26% *Energieverbrauch in Österreich Nicht- -23% am Beispiel des 7. Mai 2020 Erneuerbare -13% -13% -11% 1,9% -21% -20% -7% Speicherkraftwerke -14% Erneuerbare -14% 6,2% 98,1%% -14% -13% -13% Solar 5,7% Wasserkraft 48,1% Freitag, 8. Mai 2020 Pumpkraftwerke 7,7% Abfall 1,5% Strom Linie 01/2020 13
Energiepolitik Energiepolitik „Was jetzt, Frau Ministerin?“ Die ersten 100 Tage im Amt der grünen Super-Ministerin LEONORE GEWESSLER waren turbulenter, als sie es sich gewünscht hatte. Wie sie die Corona-Krise jetzt zur Chance für die Energiewende machen – und die drängenden Probleme des Netzausbaus lösen will. FOTO: APA PICTUREDESK 14 Strom Linie 01/2020
Energiepolitik Zur Person Leonore Gewessler, 43, ist seit Januar Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Technologie. Zuvor war die gebürtige Grazerin lange Jahre Geschäftsführerin der Umweltschutzorganisation Global 2000 und Gründungs- direktorin der Green European Foundation (GEF) in Brüssel. Strom Linie 01/2020 15
Energiepolitik Wenn diese Ausgabe der „Strom Linie“ erscheint, sind Sie rund 100 Tage Ministerin. Was war die größte Überraschung Ihrer ersten Amtstage? LEONORE GEWESSLER: Ich bin über- zeugt, dass wir uns alle die ersten 100 Tage sehr anders vorgestellt haben. Wir in der Regierung, aber auch die Men- schen in Österreich. Mit einer Pande- mie im Ausmaß der Corona-Krise hat niemand gerechnet – und sie hat uns alle bis aufs Äußerste gefordert. Wir haben schon einiges geschafft, aber es gibt noch vieles zu tun. Klimaschutz und sichere Arbeitsplätze – das wird Energiewende braucht alle Stakeholder: Leonore Gewessler mit den die nächste große Aufgabe. oberösterreichischen Landesräten Achleitner (links) und Steinkellner (rechts) sowie Landeshauptmann Thomas Stelzer Wie sehr verändert das tagtägliche Krisenmanagement im Zuge der Corona-Pandemie Ihren Fokus auf Ihre großen politischen Vorhaben Antwort darauf sein – denn Klima- schutz schafft Arbeitsplätze. Und „Dass der Ausbau wie das 100-Prozent-Erneuer- besonders der Ausbau der erneuerbaren der Infrastruktur baren-Ziel? Energien wird hier eine wichtige Rolle In einer Krise muss man schnell reagie- spielen. Unsere mittel- und langfristi- notwendig ist, ren, der Fokus ändert sich innerhalb gen Ziele sind wichtiger denn je. von Tagen. Eine der wichtigsten Aufga- war uns als ben war die Versorgungssicherheit – von der Energie bis zu den Lebensmit- Das ambitionierte Ziel, Österreichs Strombedarf ab 2030 zu 100 Prozent Gesellschaft, teln. Aber gerade jetzt warten viele mit erneuerbaren Energien zu selten so bewusst Herausforderungen auf uns: Wir müs- decken, erfordert eine Steigerung sen uns gegen eine Wirtschafts- und der Stromerzeugung um 27 TWh wie jetzt.“ Arbeitsmarktkrise sowie die Klimakrise pro Jahr. Wie kann dieser Ausbau stemmen. Klimaschutz muss unsere geschafft werden? Factbox Erneuerbaren- Ausbau-Gesetz (EAG) Das EAG ist ein Gesetzespaket zur FOTOS: APA PICTUREDESK, VERBUND AG, ENERGIE STEIERMARK Incentivierung des Ausbaus von erneuerbaren Energiequellen. Darin werden technologiespezifische Aus- baupfade festgelegt und auf Aus- schreibungen aufbauende Marktprä- mien und Investitionsförderungen Gewessler zu Infrastrukturausbau, Gewessler zu Versorgungs- festgeschrieben. Ziel ist es, bis 2030 Pumpspeicherkraftwerk: „In der Krise sicherheit, Gasturbine: „Wir planen, zwischen 27 und 30 Terawattstunden haben wir gesehen, welche Bedeutung die Netzreserve auf stabile Beine an Kapazitäten in erneuerbaren Ener- eine gute Infrastruktur hat.“ zu stellen.“ giequellen zu schaffen. 16 Strom Linie 01/2020
| ED12-01G | Einfach ins System integriert: transparentes Energiedaten- Management mit PC-based Control Infrastrukturausbau: Gewessler (mit EU-Verkehrskommissarin Adina Valean) auf der Baustelle des Brenner Basistunnels Für dieses Ziel werden wir alle unseren Beitrag leisten müssen. Auf Bundesebene erarbeiten wir gerade die rechtlichen und regulatorischen Rah- menbedingungen. Die Unternehmen sowie auch die Privathaushalte können dann investieren, planen, aber auch ihre Prozesse anpassen, um Strom Wärme, Wasser Luftdruck Temperatur Condition mehr Erneuerbare nutzen zu können. Extrem Gas Monitoring wichtig sind die Bundesländer, denn sie haben große Verantwortung, was die tatsächliche Nut- zung der Ressourcen aus Wind- und Sonnenener- gie betrifft. Nicht nur die notwendigen Dach- oder Freiflächen, sondern natürlich auch im direkten Kontakt mit den Gemeinden. Letztere sind vor allem im örtlichen Bereich ebenso von höchster Relevanz. Aufeinander ausreden können wir uns aber nicht, am Ende haben wir eine gemeinsame Verantwortung. Wir wollen vom Reden ins Tun kommen. www.beckhoff.at/energiedaten-management Welche Rolle sollen erneuerbare Energiege- Zur Unterstützung kostenoptimierender Energiemanagement-Systeme meinschaften in diesem Zusammenhang bietet Beckhoff mit PC-based Control die Möglichkeit, Energiedaten über spielen? Wie wichtig wird deren Rolle? ein vollständig in die Standardsteuerung integriertes Monitoring-System zu Die Energiegemeinschaften sind sehr wichtig überwachen, zu messen und zu analysieren. Spezifische I/O-Komponenten für alle Aspekte der Mobilisierung von Erneu- erlauben die hochpräzise und transparente Erfassung sämtlicher Energie- erbaren. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen daten eines Unternehmens – von der Verwaltung bis hin zu jedem Aktor in an der Energiewende teilhaben möchten. Mit jeder einzelnen Produktionsstätte. Die Aufbereitung und Analyse der Daten den Gemeinschaften geben wir Menschen, aber erfolgt über die Steuerungssoftware TwinCAT. Einsparpotenziale können auch Unternehmen die Möglichkeit, zu der so vollumfänglich ausgeschöpft und die Basis für die DIN EN ISO 50001 Energiewende aktiv beizutragen. Wir werden hergestellt werden. dieses Konzept umfassend unterstützen und auch nach der Schaffung der gesetzlichen Rah- menbedingungen weiter an der Umsetzung arbeiten. Strom Linie 01/2020 17
Energiepolitik Chronologie einer guten Tat Die lange Geschichte des Erneuerbaren-Aus- bau-Gesetzes (EAG) Eine erste Punktation des Erneuerbaren-Ausbau-Geset- zes (EAG) passierte schon im Dezember 2018 den Minister- rat. Deren Eckpfeiler: der Aus- bau von Erneuerbaren auf 50 Prozent am Gesamtenergiever- brauch bis 2030. Doch dann kam Ibiza – und die legistische Umsetzung der rechtlichen Grundlage für die Finanzierung des Ökostromausbaus stockte. Im folgenden freien Spiel der (parlamentarischen) Kräfte fand sich kein für die Über- Ich sehe das nicht so sehr als Heraus- gangsregierung umsetzungsfä- higer Kompromiss. Immerhin: „Wir alle haben forderung denn als eine äußerst sinn- Eine Allparteien-Einigung kurz vor der Nationalratswahl uns die ersten volle Aufgabe. Die Energiewirtschaft leistet hier eine sehr gute Arbeit. Denn schaffte eine Zwischenfinan- 100 Tage der unser Stromsystem ist eines der sichers- zierung zur Überbrückung bis ten der Welt. Das muss so bleiben und zum Vorliegen des Gesetzes. Regierungszeit dafür braucht es schlicht laufend eine Überarbeitung der Rahmenbedingun- Erst mit dem Amtsantritt Leo- nore Gewesslers kam wieder anders vorgestellt.“ gen. Im EAG gehen wir beispielsweise Dynamik in den Prozess. Das die Netzreserve an. Ich nehme dieses überarbeitete Gesetz (die For- Eines der wichtigsten und Thema ernst. Wir sind angetreten, um derungen der Energiewirt- dringendsten energiepolitischen Dinge zu lösen, und das geht am besten schaft lesen Sie ab Seite 20) Vorhaben der Bundesregierung im Dialog. soll noch vor dem Sommer in ist das Erneuerbaren-Ausbau- Begutachtung gehen und Gesetz (EAG). Wie ist da der Stand Ist es denkbar, dass zur Ankurbelung Anfang 2021 in Kraft treten. der Dinge? der Konjunktur Fördermaßnahmen Das Gesetz wird aktuell nach den Vor- für den Ausbau auch für die großen gaben des Regierungsprogramms konzi- Energieversorger aufgestockt piert und wir befinden uns in der werden? abschließenden Überarbeitung, bevor Dass wir nach der Krise investieren es dann in der Bundesregierung und mit müssen, ist unbestritten. Ich bin über- den Stakeholderinnen sowie Stakehol- zeugt, dass der Klimaschutz das beste dern in den Austausch geht. Die Begut- Konjunkturprogramm ist. Gerade des- FOTOS: APA PICTUREDESK, LEONORE GEWESSLER/TWITTER achtung sollte noch vor dem Sommer halb werden wir diese Investitionen starten. Wir haben ein gemeinsames klug verteilen müssen. So, dass sie den Ziel, also baue ich auch auf das gemein- Menschen Arbeit geben und der Wirt- same Engagement, dieses zu erreichen. schaft Stabilität, aber auch dem Klima- schutz nützen. Dem Ausbau der erneu- Erste Punktation im Dezember Eine Herausforderung bei diesem erbaren Energien fällt hier eine beson- 2018: Umweltministerin ambitionierten Ausbau ist die dere Rolle zu – er dient nicht nur dem Köstinger (ÖVP) und Infra- Versorgungssicherheit. Was kann Klimaschutz, sondern auch der Unab- strukturminister Hofer legten sie im Ministerrat vor die Politik leisten, den Ausbau der hängigkeit vor Energieimporten. Das Netzinfrastruktur zu unterstützen? werden wir jetzt angehen. 18 Strom Linie 01/2020
Bauen Was können die Politik und die E-Wirtschaft konkret gemeinsam tun, um die Bevölkerung braucht Strom. beim Infrastrukturausbau stärker „abzuholen“? Das betrifft nicht nur den Infrastrukturausbau. Ich denke, wir sollten das nicht so isoliert betrachten, denn es braucht Verständnis für das größere Ganze. Genau in der Krise haben wir jetzt gesehen, welche Bedeutung eine gute Inf- rastruktur und sichere Energieversorgung hat. Hier wartet eine Herausforderung auf uns – eine durchaus große. Aber dass das notwendig ist, war uns als Gesellschaft, glaube ich, selten so bewusst wie jetzt. Es ist klar, dass das ein wich- tiger Schritt nicht nur in Richtung Klimaschutz, sondern auch in Richtung sichere, saubere und heimische Energieerzeugung und damit hin zur Unabhängigkeit und Stabilität ist. Deswegen ist es mir auch so wichtig, dass wir die Chancen, die sich durch diese Veränderung bieten, gemeinsam gut nutzen. Im Regierungsprogramm ist das Vorhaben, einen „integrierten Netzinfrastrukturplan“ sowie „strategische Energieplanung“ zu ent- wickeln, festgeschrieben. Wie ist der Stand der Dinge? Geht das in Richtung koordinier- ter Kraftwerksausbau? In erster Linie soll mit dem EAG der formale Auftrag ergehen, diesen Plan zu erstellen. Den gibt es in der Form bisher nicht. Dieser Plan soll allen Beteiligten die notwendige Sicherheit geben. Das wird aber ein Prozess, in dem wir ständig den Status und den Veränderungsbedarf beobachten. Wie soll mit flexiblen thermischen Kraftwerken, die für Versorgungssicherheit noch auf lange Sicht unverzichtbar sein dürften, umgegangen werden? Wie erwähnt planen wir, die Netzreserve auf stabile Beine zu stellen. Da spielen natürlich thermische Kraftwerke eine wichtige Rolle. Durch Ökologisierungsmaßnahmen, aber auch durch die Flexibilisierung wollen wir möglichst saubere und effiziente Kraftwerke, erneuerbare Energien und Demand-Side-Management in diesen Bereich einbringen. Langfristig muss auch die Netzreserve erneuerbar funktionie- ren. Abschlussfrage: Wenn Sie mit einem Feder- strich sofort eine einzelne energiepolitische Maßnahme, die Ihnen besonders am Herzen liegt, umsetzen könnten, welche wäre das? Ein wirksames und ambitioniertes Energieeffizienzgesetz. Austrian Power Grid www.apg.at/corona-info Strom Linie 01/2020
Energiepolitik Zieh’ Wäre der Weg zu den energie- und klimapolitischen Zielen drei Österreichs ein Brett- spiel – wie würde die Bundesregierung dabei vorankommen? Felder Gar nicht schlecht, wie ein Blick auf das Arbeitsprogramm zeigt. vor! Was aus Sicht der Energiewirtschaft jetzt dringend noch getan werden muss. B arbara Schmidt im stunden (TWh) vorgesehen, von denen Homeoffice. Sie blickt elf TWh auf die Photovoltaik, zehn auf auf den Bildschirm, die Windkraft, fünf auf die Wasserkraft hinter ihr ein Fenster und eine TWh auf die Biomasse entfal- zur Terrasse, wo sich len. Im Zusammenhang mit dem in Töpfen Frühlings- geplanten kontinuierlichen Ausbau grün bemerkbar steht die Abschaffung der jährlichen macht – fast so erbaulich wie das, was Förderkontingente. An Unterstützungs- in der Energiepolitik in den letzten instrumenten sind vor allem gleitende Monaten vorangegangen ist: „Es freut Marktprämien mit 20 Jahren Laufzeit uns, dass viele der Positionen der Ener- geplant, die, soweit das sinnvoll ist, giewirtschaft in das Arbeitsprogramm mittels technologiespezifischer Aus- der türkis-grünen Koalition übernom- schreibungen vergeben werden. Das men wurden“, sagt die Generalsekretä- Subventionsvolumen wird mit einer rin von Oesterreichs Energie. „Jetzt Milliarde Euro pro Jahr über einen brauchen wir die Umsetzung.“ „Es freut uns, dass Durchrechnungszeitraum von drei Jah- FOTOS: OESTERREICHS ENERGIE, APA PICTUREDESK Hinsichtlich des „Erneuerbaren- ren gedeckelt. Ermöglichen will die Ausbau-Gesetzes“ (EAG) bekennt sich viele unserer Positionen Bundesregierung die „unkomplizierte die Bundesregierung zu dem Ziel, Beachtung fanden. Direktvermarktung“ von Strom aus Österreichs Strombedarf ab 2030 nati- Jetzt brauchen wir Eigenanlagen, „sofern das öffentliche onal bilanziell vollständig mit Öko- Netz nicht benutzt wird“. strom zu decken. Zwecks guter Plan- die Umsetzung.“ Das alles entspricht weitgehend barkeit ist eine lineare Steigerung der Barbara Schmidt, Generalsekretärin den Forderungen von Oesterreichs Produktion um insgesamt 27 Terawatt- von Oesterreichs Energie Energie, wie sie nicht zuletzt in der 20 Strom Linie 01/2020
Energiepolitik Die Mobilitäts- Der Nationalrat Endlich ist die UVP strategie der beschließt das EAG geschafft. Du beginnst Bundesregierung ist mit 2/3-Mehrheit. die Ausschreibung für weniger ambitioniert Rücke deinen Pumpspeicher. als erhofft. Gehe 4 Felder vor. Rücke 2 Felder vor. 1 Feld zurück. Die Bundesregierung Für dein innovatives beschließt eine Photovoltaikprojekt START ambitionierte Wärme- strategie samt Fördermitteln. Rücke bekommst du 100.000 € Forschungsförderung. 2 Felder vor. Rücke 3 Felder vor. In den Sümpfen Das neue Förder- Die Modernisierung des Genehmigungs- modell für Ökostrom eines Wasserkraftwerks verfahrens gibt (Marktprämien) erweist bringt 20 % mehr es vorerst kein Weiter- Nur gemeinsam: sich als gut tauglich. Rücke 8 Felder vor. kommen. Setze eine Erzeugung als geplant. Rücke 7 Felder vor. Runde aus. Das Spiel für den Weg zum 100%-Ziel Dein geplanter Windpark liegt in Dies ist ein (nicht ganz ernst ge- der Einflugschneise meintes) Würfelspiel für 2–4 Spieler, einer geschützten die insgesamt über Ökostrom- Vogelart. Gehe projekte von 27 Terawattstunden 5 Felder zurück. verfügen (Beispiel: bei 3 Spielern hat jeder 9 TWh). Dies entspricht der benötigten zusätzlichen Produk- tion, um an das Ziel – 100% erneuer- bare Energie – zu gelangen. Alle Spieler können dieses 100-Prozent-Ziel nur gemeinsam erreichen. Jeder Spieler hat eine Figur. Am Beginn stehen die Figuren aller Spieler auf dem Feld „Start“. Das Ziel des Spiels ist, mit seiner Figur ins Ziel zu kommen. Es gibt kein „Schlagen“ von Figuren. Somit können sich im Lauf des Spiels zwei oder mehrere Figuren auf einem Feld befinden. Es beginnt jener Spieler, der als Erster eine „6“ würfelt. Wer eine „1“ oder eine „6“ wirft, darf nochmals würfeln. Das Spiel endet, wenn der Spiele mehrmals, denn gewonnen hat die Gruppe, die am schnellsten am Ziel war! letzte Spieler mit seiner Figur das Feld „Ziel“ erreicht. Strom Linie 01/2020 21
Energiepolitik Mit einem Crowdfundingprojekt Die Bundesregierung finanzierst du eine führt die lang große PV-Anlage im Nu. geplante CO 2 - Rücke Bepreisung ein. Rücke 2 Felder vor. 2 Felder vor. Der VfGH weist EIn erbitterter Der genehmigte die letzte Beschwerde Projektgegner ist Bau deines Windparks gegen deine 300- plötzlich gesprächs- stößt auf erbitterten MWPV-Großanlage ab. bereit. Rücke Widerstand der Bürger. Rücke 6 Felder vor. Gehe 4 Felder zurück. 3 Felder vor. Deine Green Bonds finden reißenden Absatz und erleichtern Deine Projekt- finanzierung. Rücke 5 Felder vor. Du hast es nicht geschafft, Stakeholder ZIEL einzubinden. Öffentlicher Wider- stand gegen dein Projekt führt zu Protesten. 5 Felder retour. „Die Ankündigung der Bundes- regierung, das Starkstrom- wegerecht zu vereinfachen, wäre ein Vor- rücken um zwei bis drei Felder.“ 22 Strom Linie 01/2020
Energiepolitik auszustatten, ist zweifellos mutig. Auch den EU-rechtlich vorgegebenen „erneuerbaren Energiegemeinschaf- ten“ und „Bürgerenergiegemeinschaf- ten“ steht Oesterreichs Energie grundsätzlich aufgeschlossen gegen- über. Selbstverständlich ist auf die Bedürfnisse des sicheren Stromnetz- betriebs und die Aufrechterhaltung des fairen/gleichberechtigten Wettbe- werbs zu achten. Insgesamt bedeutet die Schaffung eines EAG aber ein ambitioniertes Vorrücken auf dem Weg zum 100-Prozent-Ziel – grob geschätzt um vier bis fünf Felder. Leonore Gewessler im Gespräch mit Leonhard Schitter: „Ziel ist, die Begutachtung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes noch vor dem Sommer zu starten.“ Lieferantenverpflichtung kontraproduktiv Da die Möglichkeiten zum Ökostrom- Broschüre „2020-2030 – Österreichs belastet als bisher und faire Rahmen- ausbau auch in Österreich nicht unbe- Energiepolitik sicher, sauber und leist- bedingungen für alle Technologien grenzt sind, ist die Steigerung der bar“ formuliert sind. Die Interessens- und Sektoren der Stromerzeugung Energieeffizienz unverzichtbar. Leider vertretung plädiert darin für „ein bietet“. sind die Pläne der Bundesregierung Incentivierungssystem für die Jahre Freilich sind noch etliche Details zur Novelle des Energieeffizienzgeset- bis 2030, das den erforderlichen Aus- offen, etwa die Gestaltung der Aus- bau der Erneuerbaren ermöglicht, die schreibungen. Das Ziel der Regierung, Stromkunden nicht wesentlich stärker eine Million Dächer mit PV-Anlagen Nicht ohne Leistbarkeit der Energie- versorgung sowie die die Opposition Versorgungssicherheit gewährleistet werden. FOTOS: OESTERREICHS ENERGIE, APA PICTUREDESK, VERFASSUNGSGERICHTSHOF, BEIGESTELLT PARLAMENTSDIREKTION/PHOTO SIMONIS Für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz braucht Die SPÖ sei sehr interes- CREDIT die Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit siert, die national bilanzi- SPÖ-Energiesprecher ell vollständige Versor- Alois Schroll: „Die Aufbringung im Nationalrat und Bundesrat und ist damit auf der Ökostrom-Fördermittel gung Österreichs mit die Stimmen der Opposition angewiesen. Ökostrom ab 2030 „mit muss fair verteilt werden.“ tauglichen Maßnahmen“ Mit der SPÖ würde das „Unsere Eckpunkte für zu erreichen. Nun müsse Auch die Ausweitung Gesetz in beiden Kam- die Neuordnung der Öko- ein Entwurf des EAG auf des Förderzeitraums von mern des Parlaments stromförderung werden den Tisch. 13 auf 20 Jahre sei über eine große Mehrheit aber ohnehin niemanden In manchen Fragen Schroll zufolge zu begrü- verfügen. Die Sozialde- überraschen: Wenn im habe das Regierungspro- ßen: „Damit sollten sich mokraten haben bereits Drei-Jahres-Schnitt jähr- gramm „Klarheit Diskussionen über allfäl- Gesprächsbereitschaft lich eine Milliarde inves- gebracht, etwa bei den lige Nachfolgetarife signalisiert, sofern von tiert werden soll, dann Ausbaupfaden und tech- weitgehend erübrigen.“ der Regierung der Dialog müssen mit diesen Mit- nologiespezifischen Zie- Allerdings müsse bei gesucht wird. teln möglichst viele Kilo- len“. Positiv sieht Schroll einem so langen Förder- Alois Schroll, der wattstunden gefördert des Weiteren, „dass die zeitraum das Fördersys- Energiesprecher der SPÖ werden und die Aufbrin- Erzeuger durch die tem klug konzipiert wer- im Nationalrat, will seine gung dieser Mittel muss Marktprämien auch mehr den, um Fehler zu ver- Verhandlungsstrategie fair verteilt werden.“ Und Verantwortung in Form meiden, wie sie sich aber verständlicherweise neben der Ökologisie- von mehr Marktnähe etwa in Deutschland noch nicht offenlegen: rung müssten auch die übernehmen müssen“. ergeben hätten. Strom Linie 01/2020 23
Energiepolitik zes nicht sehr positiv zu beurteilen. Unerfreulich ist jedenfalls, dass die „Incentivierung, Versorgungssicherheit unverzichtbar Bundesregierung weiterhin am Kon- die den Ausbau Was die Versorgungssicherheit betrifft, zept der Lieferantenverpflichtung fest- hält die Bundesregierung daran fest, hält. Dieses Modell ist in sich wider- der Erneuerbaren eine „strategische Energieplanung durch sprüchlich, weil es Energieverkäufer ermöglicht, die die Entwicklung eines integrierten Netz- zwingt, ihren eigenen Geschäftsinter- infrastrukturplans“ einzuführen, wie essen entgegenzuwirken. Stromkunden nicht dies bereits seitens des Kabinetts Kurz I Sinnvoller wäre stattdessen, Ener- wesentlich stärker vorgesehen war. Sie kündigt an, die gieeffizienz als Chance und nicht als Investitions- und Betriebssicherheit für Zwang zu begreifen. Das würde belastet und faire Reservekapazitäten sicherstellen zu wol- bedeuten, gerade auch seitens der Rahmenbedingungen len, wobei der Schwerpunkt auf der öffentlichen Hand die Energiekunden „Einbindung erneuerbarer Energieträ- umfassend zu informieren und ihr für alle Techno- ger“ liegen solle. Geplant sei auch die Bewusstsein bezüglich eines verant- logien der Strom- „Prüfung von Erleichterungen im Stark- wortungsvollen Umgangs mit Energie stromwegerecht“. zu stärken. Außerdem müsste die erzeugung bietet.“ Für Oesterreichs Energie ist und öffentliche Hand – eventuell in Auszug aus: „Österreichs Energiepolitik bleibt die Aufrechterhaltung der Versor- Zusammenarbeit mit der Energiewirt- sicher, sauber und leistbar“ gungssicherheit weiterhin oberste Prio- schaft – den Menschen zeigen, welche rität – auch unter den Bedingungen der (finanziellen) Vorteile ihnen der spar- Energiewende. Hochflexible thermische same Umgang mit wertvoller Energie Kraftwerke sind bis auf weiteres unver- bietet. Grundsätzlich muss die Steige- die Lieferantenverpflichtung zu stei- zichtbar und müssen daher entspre- rung der Energieeffizienz den Kunden gern. Zusammengefasst bedeuten die chend ökonomisch abgesichert werden. direkten Nutzen bringen. Pläne der Bundesregierung keinen Nicht zielführend ist es dagegen, großen Fortschritt, wenn nicht sogar die Kosten der Energievertriebe durch einen Rückzug um ein bis zwei Felder. Nicht ohne schaft, „die nachweislich umweltschädlich ist“ und die Wissenschaft wegen ihres Bedarfs an fossilen Energieträgern Auch wenn Forscher die Vorhaben des erheblich zu den CO2- Sozioökonomin Sigrid Stagl: CREDIT Emissionen beitrage. Im „Jetzt gilt es, Leadership Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes loben, zu zeigen.“ Gebäudesektor schließ- Verbesserungsvorschläge hätten sie parat. lich seien rechtliche und regulatorische Hinder- Laut Sigrid Stagl, der Lei- Mobilität wäre der wei- nisse für klimaverträgli- produkts zu messen, son- terin des Instituts für tere Ausbau der öffentli- che Energieträger abzu- dern auch mit anderen Sozioökonomie an der chen Verkehrsmittel sinn- bauen, etwa für die Nut- Indikatoren, etwa der Wirtschaftsuniversität voll, ebenso wie die Mög- zung von Photovoltaik- Entwicklung sozialer Wien, liege zum Klima- lichkeit, diese gratis zu anlagen auf Mehrfamili- Ungleichheit. Essenziell und Umweltschutz „das nutzen. enhäusern. seien Stagl zufolge Foren, beste Regierungspro- Als große Herausfor- Notwendig sei laut in denen Repräsentanten gramm vor, das wir je derung sieht Stagl den Stagl auch eine Abkehr aller wichtigen gesell- hatten. Jetzt gilt es, Lea- Umgang mit den Pend- von der Fixierung auf schaftlichen Gruppen dership zu zeigen und lern: Es gelte daher, wirtschaftliches Wachs- eine gemeinsame Vision das Ziel umzusetzen.“ Telearbeitsmöglichkeiten tum: Der steigende Res- der künftigen Gesell- Da die CO2-Emissio- besser auszuloten als sourcen- und Energiever- schaft entwickeln. Die nen binnen zehn Jahren bisher. Hinsichtlich der brauch erschwere das Aufgabe der Wissen- um etwa 70 Prozent zu Lebensmittelproduktion Erreichen der Klima- und schaft bestehe darin, verringern sind, sei an empfehle sich das Ende Energieziele. Wohlfahrt Wege zur Verwirklichung FOTO: BEIGESTELLT den „großen Hebeln“ der Subventionen für die sei laut Stagl nicht allein dieser Vision zu untersu- anzusetzen. Bei der konventionelle Landwirt- mittels des Bruttoinlands- chen. 24 Strom Linie 01/2020
Energiepolitik Wünschenswert wäre, eine befris- giedienstleistungen und Mobilitätslö- sowie die Verfahrensbeschleunigung tete Förderung für die heimischen sungen gesetzlich zu verankern. So unter Wahrung hoher Qualität, die im Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) ein- wäre sichergestellt, dass fossile Ener- Regierungsprogramm angekündigt zuführen, ähnlich jener, die in Deutsch- gieträger durch hochqualitative Pro- werden, können aus Sicht von Oester- land besteht. Damit wäre ein Level- dukte und Dienstleistungen auf Basis reichs Energie nur hilfreich sein. Playing-Field für österreichische Anla- umweltfreundlicher Elektrizität ersetzt Insgesamt gesehen ist die Bundesre- gen gegeben. Notwendig sind ferner werden. gierung auf dem richtigen Weg. Jetzt Anreize, um in neue Anlagen investie- Die Bundesregierung könnte damit gilt es, diesen konsequent und mutig zu ren zu können. Zu berücksichtigen ist auf dem Weg zum 100-Prozent-Ziel – beschreiten. „Die E-Wirtschaft wird sich dabei, dass wichtige thermische Kraft- und vielleicht sogar darüber hinaus weiter in die Debatten einbringen und werke im Laufe des kommenden Jahr- – weitere zwei bis drei Felder vorrü- lautstark an das Ministerium sowie an zehnts das Ende ihrer „Lebensdauer“ cken. Auch die Entbürokratisierung die Parlamentarier appellieren“, versi- erreichen werden. Umso notwendiger und Modernisierung der Verwaltung chert Generalsekretärin Schmidt. ist es daher, mit geeigneten Rahmenbe- dingungen rasch Investitionssicherheit zu bekommen. Wesentlich für die Versorgungssi- cherheit ist aber auch die Erweiterung und Ertüchtigung der Stromnetze. Her- ausfordernd sind dabei oft die überlan- gen und höchst komplexen Genehmi- gungsverfahren samt ihren Begleiter- scheinungen. Warum Forschung Deshalb ist die Ankündigung der Bundesregierung zu begrüßen, das Starkstromwegerecht zu vereinfachen. so wichtig ist Sollte die Bundesregierung ihre Pläne umsetzen, wäre das ein Vorrücken um zwei bis drei Felder. Richtiger Weg Begrüßenswert sind aus Sicht von Oes- terreichs Energie die Pläne der Bundes- regierung zur Mobilitäts- und Verkehrs- wende. Vorgesehen sind unter anderem die Erstellung einer Wärmestrategie zur vollständigen Dekarbonisierung des Wärmemarktes, Anschluss- und Lade- möglichkeiten für Elektroautos bei allen Neubauten sowie die Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), damit Photovoltaikanlagen sowie Elektrotankstellen in Mehrfamili- enwohnbauten leichter errichtet wer- Die Welt der E-Wirtschaft entwickelt sich den können. rasant. Darum unterstützt Oesterreichs All das wird von Oesterreichs Ener- Energie die Energieforschung an Öster- gie bereits seit Jahren gefordert und ist reichs Universitäten. Damit unser Land für das Gelingen der Energiewende auch in Zukunft hervorragende Techniker insgesamt unverzichtbar. Empfehlen und ideenreiche Erfinder hervorbringt – würde sich über das Regierungspro- gramm hinaus die Stärkung der Posi- vor allem, wenn es um Strom geht. tion der Verteilernetzbetreiber, die die „Enabler“ der Energiewende sind und Weil Energie in unserer Natur liegt. die Netzinfrastruktur für die E-Mobili- Informieren Sie sich auf tät bereitstellen. Österreichs E-Wirtschaft setzt sich ein. www.oesterreichsenergie.at Sinnvoll wäre auch, die Rolle der Energievertriebe als Anbieter von Ener-
Insiderwissen Druckluftspeicherkraftwerke sind ebenfalls eine spannende Möglichkeit, befinden sich allerdings eher noch im Was ist eigentlich experimentellen Stadium. Pumpspei- cherkraftwerke können bei Bedarf ein Peaker? binnen Sekunden oder weniger Minu- ten hochgefahren werden, Gasturbi- nenkraftwerke in rund 15 Minuten. Gasturbinenkraftwerke werden also dann eingesetzt, wenn die Wenn Spitzenlasten Schwankungen durch andere Kraft- Gerhard Kampichler, auftreten, müssen werkstypen rein technisch nicht aus- Leiter Erzeugung bei der geglichen werden können, oder wenn EVN AG, erklärt uns die Peaker die Kohlen aus es wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Funktion und den Einsatz dem Feuer holen. Dies ist meist nur für einige hundert Stunden im Jahr der Fall. von Peakern – und warum Der Betrieb der Gasturbinenkraft- sie eine gefährdete werke selbst ist nicht besonders kost- spielig – es handelt sich ja um relativ Spezies sind. einfache Systeme, die mit wenig bis gar keinem Personal betrieben werden P Aufgezeichnet von Bernhard Fragner können. Kosten fallen hier vor allem eaker – oder Spitzenlast- im Bereich der Maschinenabschrei- kraftwerke – dienen dazu, bungen und des Brennstoffs an. eine kurzfristig auftre- tende erhöhte Nachfrage Auf dem Rückzug im Stromnetz abzudecken. In Österreich sind die Gasturbinen- Solche Spitzen sind nichts Ungewöhn- kraftwerke leider tendenziell auf dem liches, sie tauchen jeden Tag auf, sind Rückzug, viele wurden in den vergan- normalerweise gut prognostizierbar „Neben Gas- und genen Jahren stillgelegt. Vor allem und lösen auch keinen Peaker-Einsatz weil diese Anlagen mittlerweile in die aus. Dampfkraftanlagen Jahre gekommen sind und im Ver- Klassischerweise treten Bedarfs- wie Timelkam gleich zu modernen Gas-und-Dampf- spitzen rund um die Mittagszeit auf, Kombikraftwerken einen geringeren vor allem in der kalten Jahreszeit auch werden zukünftig Wirkungsgrad aufweisen. am Abend. Im Zuge der Energiewende auch Gasturbinen- Derzeit werden in Österreich also stehen uns weitere Prognosemöglich- keine neuen Gasturbinenkraftwerke keiten zur Verfügung: etwa wann kraftwerke errichtet – die werden wir aber brau- damit zu rechnen ist, dass aus Photo- gebraucht.“ chen. Ich halte es für absolut notwen- voltaik- oder Windenergie-Anlagen dig, in neue Anlagen zu investieren. Strom eingespeist werden wird. Diese Gerhard Kampichler, Leider gibt es dafür aber derzeit kei- Prokurist und Leiter Erzeugung, vorhersehbaren Spitzen können wir nen Markt und auch kein Fördersys- EVN AG mit Mittellastkraftwerken auffangen. tem für entsprechende Anreize. Die Peaker werden erst dann Aktuell funktioniert das Peaker- benötigt, wenn es zu unvorhersehba- System mit den bestehenden Anlagen, rer Spitzenlast kommt oder Bedarfslü- aber ich befürchte, dass sich die Situa- cken zu schließen sind. In seltenen Hochfahren binnen Minuten tion verschärfen wird. Angesichts des Fällen kann das etwa passieren, wenn Als Peaker eignen sich alle Einheiten, massiven Vorantreibens des Ausbaus ein großer Verbraucher ausfällt. Häufi- die sehr schnell gestartet werden kön- der erneuerbaren Energie wird hier ger aber kommt es zu solchen Spitzen, nen. Dazu gehören etwa Gasturbinen- zumindest mittelfristig ein Gap entste- wenn Prognosen für die Erneuerbaren kraftwerke, die sehr wahrscheinlich in hen. Dieses Problem ist jedem in der nicht mit der Realität übereinstimmen. diesem Bereich immer wichtiger wer- Branche bewusst, in der Politik scheint Wenn also beispielsweise starker Wind den. Auch Pumpspeicherkraftwerke das nicht überall der Fall zu sein. vorhergesagt wird, dann aber Wind- dienen als Peaker, sie sind allerdings Thermische Kraftwerke haben derzeit stille herrscht. Oder wenn sich ein von der Wasserführung abhängig – es bekanntlich nicht das beste Image – FOTO: EVN AG strahlend heller Tag letztendlich doch gibt Zeiten, in denen die Speicher- als Peaker werden wir sie aber auch wolkenverhangen zeigt. stände hier einfach nicht ausreichen. weiterhin benötigen. 26 Strom Linie 01/2020
Peaker: Spitzenlastkraftwerke wie jenes in Timelkam können schnell hoch- und runtergefah- ren werden, um Bedarfsspitzen und -lücken auszugleichen. In Zukunft könnte ihnen noch größere Bedeutung zukommen, wenn Produktionsprognosen von Erneuerbaren nicht mit der Realität übereinstimmen. Strom Linie 01/2020 27
Versorgungssicherheit durch die Mitarbeiter immer garantiert: Die Energiewirtschaft hat früh mit massiven Sicherheits-, Hygiene- und Abschottungs- maßnahmen reagiert 28
CoronaCorona-Spezial Spezial Unsere Corona-Helden Selbst internationale Medien stellen anerkennend fest: In der Krise zeigt sich die wahre LEISTUNGSFÄHIGKEIT der österreichischen Energieversorger. Mit welchen Maßnahmen in Österreich die Versorgungssicherheit gewährleistet wurde. Internationale Schlagzeilen So renommierte Blätter wie die „New York Times“, die „Süddeutsche Zeitung“, aber auch die „NZZ“ und „die Zeit“ zeigten sich beeindruckt. FOTO: VERBUND AG Strom Linie 01/2020 29
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