SOFT MATTER MATTERS ! - EXPERIMENTIERE SELBST UND ENTDECKE EINE FASZINIERENDE MATERIALKLASSE - eusmi
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Inhaltsverzeichnis Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 HINTERGRUNDWISSEN Was ist Weiche Materie – „Soft Matter“?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4-5 House of Soft Matter – Alltagsbegegnung mit Produkten aus weicher Materie . . . . . . . . . . . 6-7 Oberflächenspannung und Tenside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8-9 Kolloide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16-17 Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24-25 Anwendungsbeispiele für Alginat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Flüssigkristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48-49 Untersuchungsmethoden für Soft Matter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54-55 EXPERIMENTE Experiment 01: Boot mit Seifenmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10-11 Experiment 02: Schnelle Seifentropfen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12-13 Experiment 03: Milch unterm Mikroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18-19 Experiment 04: Tintenwolken im Glas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20-21 Experiment 05: Milcholympiade. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22-23 Experiment 06: Gummibärchen in Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28-29 Experiment 07: Gummibärchen-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30-31 Experiment 08: Wie viel Wasser passt in eine Windel?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32-33 Experiment 09: Alginatkugeln und mehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36-38 Experiment 10: Fluffy Slime und Magischer Flummi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42-43 Experiment 11: Antistress-Ball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44-45 Experiment 12: Starke Folie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46-47 Experiment 13: Flachbildschirme – wissenschaftlich betrachtet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50-53 MINI-EXPERIMENTE Die schwimmende Büroklammer (Oberflächenspannung und Tenside) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Dispersionsfarbe (Kolloide) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Stabmagnete (Kolloide) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Entropieelastizität (Polymere). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Magisches Licht (Flüssigkristalle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 FORSCHERPROFILE Prof. Dr. Peter Lang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14-15 Dr. Barbara Gold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26-27 Dr. Wiebke Albrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34-35 Dr. Robert Göstl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40-41 Soft Matter im Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Gefahrstoff-Liste, Beszugsquellen und Experimentierhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 JuLab – mehr als ein Schülerlabor! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 EUSMI Infrastrukturkarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2
Editorial An alle Nachwuchsforscher*innen und -wissenschaftler*innen, die den Dingen gern auf den Grund gehen ... Was haben das Shampoo, das du beim Duschen verwendest, die Butter und die Marmelade auf deinem Frühstücksbrot, die Tinte in deinem Füller, die Reifen deines Fahrrads, und die Kaltschaummatratze, auf der du schläfst, gemeinsam? Sie bestehen alle aus weicher Materie (auf Englisch: Soft Matter). Das heißt, sie sind keine harten Festkörper, wie zum Beispiel ein Stein, aber sie fließen auch nicht wie eine Flüssigkeit. Wenn du etwas darüber nachdenkst, fallen dir sicher noch viele ähnliche Beispiele aus dem Alltag ein, auf die das zutrifft. Aber nicht nur viele synthetisch her- gestellte Dinge bestehen aus weicher Materie, sondern auch fast alles biologische Material, egal ob Viren und Bakterien, Pflanzen und Tiere oder der menschliche Körper. Weiche Materie ist einfach überall! Deshalb ist es sehr wichtig zu verstehen, wie Systeme aus weicher Materie auf der mikroskopischen Ebene funktionieren, sei es, um technische Produkte zu entwickeln oder zu verbessern, biologische Prozesse besser zu verstehen oder um medizinische Therapien zu entwickeln. Weltweit arbeiten sehr viele Forschende aus unterschiedlichen Fachrichtungen an diesen Aufgaben, die neben viel Wissen, Experimentierfreude und Geduld auch spezielle und oft sehr teure Messgeräte erfordern. Weil solche Instrumente aber nicht überall zur Verfügung stehen, hat das Forschungs- zentrum Jülich den Verbund EUSMI (European Soft Matter Infrastructure) gegründet. Das ist eine Gruppe von Forschungsinstituten, die solche speziellen Instrumente zur Erforschung der weichen Materie besitzen und nun anderen Forschenden erlauben, diese zu benutzen. Die Kosten für die Nutzung der Instrumente durch die Gastwissenschaftler*innen werden von der Europäischen Union im Rahmen ihres Forschungsförder- programms Horizon 2020 bezahlt. Damit es auch in Zukunft ausreichend viele Wissenschaftler*innen geben wird, die sich mit dem faszinierenden Forschungsgebiet Soft Matter beschäftigen, möchte EUSMI über das Thema informieren und dafür begeistern. Als Teil davon haben das Schülerlabor JuLab des Forschungs- zentrums Jülich und EUSMI gemeinsam diese Broschüre produziert. Auf den folgenden Seiten findest du viele Anleitungen für Experimente, die du entweder in der Schule oder sogar zu Hause durchführen kannst. Diese machen Spaß und helfen dir gleichzeitig, Dinge, die mit weicher Materie zusammenhängen und die du vielleicht schon oft im Alltag beobachtet hast, besser zu verstehen. Viel Spaß und Erfolg wünschen dir EUSMI und JuLab des Forschungszentrums Jülich
Hintergrundwissen
Was ist Weiche Materie – „Soft Matter“?
In der klassischen Chemie werden Materialien Form noch sein Volumen ändern sich.
nach ihren Aggregatzuständen klassifiziert. Es sieht so aus, als sei es ein Festkörper.
Sie werden eingeteilt in: Gießen wir aber etwas Wasser auf den
Teller, dann wird sich das Gummibärchen
• Gase
Gase, die jeden zur Verfügung stehen-
innerhalb einiger Stunden in einen bärchen
den Raum spontan ausfüllen. Sie passen
förmigen Klumpen verwandeln, der
sowohl ihre Form als auch ihr Volumen
sehr viel größer ist als
dem Gefäß an, in dem sie enthalten sind,
das ursprüngliche
auch wenn das Gefäß ein Raum, ein Ge-
Gummibärchen.
bäude oder unsere gesamte Atmosphäre
Dieses Verhal-
ist. Ein Beispiel dafür ist Luft.
ten würde eine
• Flüssigkeiten
Flüssigkeiten, die unter dem Einfluss der Stahlkugel wohl
Gravitation fließen. Das heißt, man kann kaum zeigen.
ihre Form durch sehr schwache Kräfte ver- Wir würden den
ändern, aber sie behalten ihr Volumen bei. Unterschied zwi-
Ein Beispiel dafür ist Wasser. schen einer Stahl-
kugel und einem
• Festkörper
Festkörper, die ihr Volumen und ihre Form
Gummibärchen
beibehalten, außer wenn man sie mit
auch unmittelbar
sehr großen Kräften, z. B. mit einem
erfahren, wenn wir
Hammer, bearbeitet. Ein Beispiel dafür
darauf beißen.
ist eine Stahlkugel.
Wir können in
Aber wenn wir uns genauer in unserer all-
unserer Umgebung
täglichen Umgebung umsehen, stellen wir
hunderte von Dingen
schnell fest, dass diese Einteilung stark
finden, die nicht so
vereinfacht ist. Es gibt viele Materialien und
leicht fließen wie
Dinge, die sich nicht eindeutig als Festkörper
Wasser, die aber
oder als Flüssigkeit klassifizieren lassen.
auch nicht so fest
Betrachten wir zum Beispiel Butter oder und hart sind wie
Margarine bei Raumtemperatur. Solange die ein Stein oder eine
Butter auf dem Tisch steht, behält sie Form Stahlkugel, bei
und Volumen bei, verhält sich also wie ein denen also nicht
Festkörper. Man kann sie aber ohne großen eindeutig festgelegt
Kraftaufwand mit einem Messer aufs Brot werden kann, ob es sich
streichen, was eigentlich dem Verhalten um Festkörper oder um
einer Flüssigkeit entspricht. Ist die Butter Flüssigkeiten handelt.
nun fest oder flüssig? Die Beispiele reichen
von Lebensmitteln
Oder nehmen wir ein Gummibärchen (siehe
(z. B. Marmelade,
Experiment „Gummibärchen in Wasser“ auf
Ketchup, Schlag-
Seite 28-29). Wenn wir es in der Tüte lassen
sahne) über Kos-
oder auf einen Teller legen, passiert Monate
metika (Zahnpasta,
oder Jahre lang gar nichts, weder seine
Lippenstift etc.),
4
Aggregatzustand / Festkörper / Feststoff / Flüssigkeit / Gas / Soft Matter / Weiche Materie / Reinigungsmitteln (Schmierseife, Scheuer- das heißt härter,
milch etc.) und technischen Produkten wie ist das Material und
Dichtungen oder Klebstoffe bis hin zu bio- je weniger Energie
logischen Systemen wie unserem eigenen man dazu braucht,
Körper. All diese Dinge bezeichnen wir als desto flüssigkeits-
weiche Materialien,
Materialien oder aus dem Englischen, artiger, also weicher,
Soft Matter.
Matter ist es.
Allen Soft Matter-Systemen ist gemeinsam, Für ein Soft Matter-
dass sie zu einem großen Teil Polymere
Polymere, System bedeutet das:
Kolloide, Tenside
Kolloide Tenside, Flüssigkristalle oder Um eine Polymer-
Mischungen davon, und häufig eine Flüssig- kette oder ein Kolloid
keit, wie Wasser oder Öl, enthalten (mehr daraus zu entfer-
zu diesen Begriffen erfährst du auf den ent- nen, braucht man
sprechenden Seiten mit Hintergrundwissen). zwar deutlich mehr
Energie als für ein
Um zu verstehen, warum Soft Matter weich
Wassermolekül, aber
ist, müssen wir die Energiemenge betrach-
Tausende von Malen
ten, die wir brauchen, um einen Baustein
weniger Energie, als
aus einem bestimmten Materialverbund
man benötigt, um ein
zu entfernen.
Eisenatom aus einer
Bei Gasen brauchen wir dazu überhaupt keine Stahlkugel
Energie, denn Gasatome oder -moleküle zu entfernen.
entfernen sich immer spontan voneinander,
Ob sich ein Soft
wenn sie nicht in einem Behälter einge-
Matter-System
schlossen sind. Bei Flüssigkeiten können wir
nun eher wie ein
die Bausteine, zum Beispiel Wassermole
Feststoff oder wie
küle, aus dem Material entfernen, in dem
eine Flüssigkeit
wir sie verdunsten lassen. Dies funktioniert
verhält, hängt sehr
umso besser, je höher die Temperatur ist.
stark von seiner
Das heißt, wir müssen dem Wasser auf
Zusammensetzung
jeden Fall Energie zuführen, um die Moleküle
ab. Deshalb kann man
voneinander zu trennen. Bei Festkörpern, wie
das Materialverhalten
zum Beispiel unserer Stahlkugel, gibt es nur
sehr einfach über weite
eine Möglichkeit, die Eisenatome aus dem
Bereiche variieren und
Material zu entfernen: Wir müssten die Kugel
damit für eine gewünschte
erst schmelzen und dann den flüssigen Stahl
Anwendung passgenau einstellen.
verdampfen. Es ist offensichtlich, dass dazu
Beispielsweise kann man mit fast den
sehr viel mehr Energie erforderlich ist, als man
gleichen Komponenten Pflegeprodukte
benötigt, um Wasser verdunsten zu lassen.
herstellen, die flüssig sind wie ein Spülmit-
Wir können also sagen: Je mehr Energie man tel, pastös wie eine Hautcreme oder fest wie
braucht, um einen Baustein aus einem Mate- ein Stück Seife, indem man ihr Mischungs-
rial zu entfernen, desto festkörperartiger, verhältnis ändert.
Polymere / Kolloide / Tenside / FlüssigkristalleHintergrundwissen
House of Soft Matter
Produkte aus weicher Materie – hier begegnen sie uns im Alltag...
Im Dach
Dämmmaterial
Im Arbeitszimmer
Druckertinte / R adiergummi /
Klebstoff / Flachbildschirm (S. 50-53) /
Tinte (S. 20-21) / Antistress-ball (S. 44-45)
Im Schlafzimmer
K altschaummatratze /
K abelisolationen
Im Wohnzimmer
LCD-Bildschirm (S. 50-53) /
CDs und DVDs /
Kerzen / Sofapolster
Im Garten
Sitzauflagen /
Pflanzen / Gartenschlauch In der Küche
Butter / Margarine / Marmelade / Schlagsahne /
Milch (S. 18-19 und S. 22-23) / Pudding / Kuchenteig /
Ketchup / Frischhaltefolie (S. 46-47) / Spülmittel (S. 12-13)
6Im Kinderzimmer Auf der Terrasse
Bubble tea / K augummi / Flummi / Kunststoffgiesskanne /
Wachsmalstifte / Geodreieck (S. 49) / Plastikblumenkübel /
Gummibärchen (S. 28-31) / Plastikstühle
Fluffy slime (S. 42-43) /
Wasserfarbe
Im Badezimmer
Z ahnpasta / Lippenstift / Badeperlen
mit selbstauflösenden Hüllen /
Shampoo / Segelboot (S. 10-11) /
Windeln (S. 32-33)
In der Waschküche
Scheuermilch / Schmierseife /
Waschmaschinenpods mit
selbstauflösenden Hüllen
In der Garage
Fahrradreifen / Autoreifen /
Dübel / Bremsbeläge /
Schmierfett
Im Keller
Gummistiefel / Dichtungen /
Löschschaum / Dichtsilikon /
WandfarbeHintergrundwissen
Oberflächenspannung und Tenside
Jeder, der schon einmal von einem Sprung- bei einem Luftballon braucht man Energie,
brett in ein Schwimmbecken gesprungen um die Fläche dieser Haut zu vergrößern.
ist, weiß, dass die Oberfläche von Wasser Die Energie, die man braucht, um die Ober-
ganz schön hart sein kann. Das liegt an der fläche um eine Flächeneinheit zu vergrö-
Oberflächenspannung. Wie diese entsteht
Oberflächenspannung ßern, wenn das Volumen konstant bleibt,
und wie man sie verringern kann, erklären bezeichnet man als Oberflächenspannung.
wir im Folgenden. Wenn man zum Beispiel einen Wasser-
tropfen mit einem Volumen von 0,5 Milliliter
Wassermoleküle haben ein starkes elektri-
(Radius ca. 5 Millimeter) in eine flache runde
sches Dipolmoment und wie Stabmagnete
Scheibe mit einer Höhe von 1 Mikrometer
ziehen sich auch elektrische Dipole gegen-
(1 Tausendstel Millimeter) und einer Ober-
seitig an. Weit entfernt von der Oberfläche
fläche von 1 Quadratmeter verformen will,
ist jedes Wassermolekül in allen Richtungen
braucht man eine Energie von ungefähr
von gleich vielen anderen Wassermole-
70 Millijoule. Das ist immerhin die Energie-
külen umgeben, die es in alle Richtungen
menge, die man braucht, um eine 100-Gramm-
gleich stark anziehen, wodurch sich die
Tafel Schokolade 70 Zentimeter hochzuheben.
Anziehungskräfte gegenseitig aufheben.
Es gibt aber Moleküle, die sind sehr viel
Aber an der Wasseroberfläche fehlen die
lieber an der Oberfläche als Wasser. Das
Moleküle, die nach oben ziehen. Deshalb
sind sogenannte Tenside
Tenside, auch als Amphi-
erfahren die Moleküle an der Oberfläche
phile bezeichnet. Diese Moleküle bestehen
eine resultierende Kraft, die ins Innere des
aus zwei Teilen, von denen der eine wasser-
Wasservolumens zeigt. Man könnte auch
liebend (hydrophil
hydrophil) und der andere wasser-
sagen, Wassermoleküle sind nicht gerne an
meidend (hydrophob
hydrophob) ist. Die hydrophilen
der Oberfläche, weshalb diese so klein wie
Teile sind oft ionische (elektrisch geladene)
möglich werden will. Das ist der Grund dafür,
Gruppen, während die hydrophoben Teile
dass kleine Wassermengen immer in mehr
sich wie Ölmoleküle verhalten. Wenn solche
oder weniger runden Tropfen vorliegen, denn
Tenside in Wasser gegeben werden, dann
die Kugel ist die Form mit der kleinsten Ober-
sammeln sie sich an der Oberfläche, weil sie
fläche bei gegebenem Volumen.
dort ihre hydrophoben Teile in die Luft und
Will man umgekehrt die Oberfläche vergrö- gleichzeitig die hydrophilen Teile ins Wasser
ßern, dann muss man mehr Moleküle dorthin strecken können. Das ist für beide Teile
bringen. Das kostet Energie, um die Kraft zu eine optimale Position, daher möchten die
überwinden, die ins Innere der Flüssigkeit Tenside an der Oberfläche bleiben. Folglich
zeigt. Wir können uns die Oberfläche wie wird die Tendenz der Oberfläche, sich zu ver-
eine gespannte, elastische Haut, die mög- kleinern, schwächer, und die Oberflächen-
lichst klein werden will, vorstellen. Und wie spannung sinkt damit.
8
Dipolmoment / hydrophil / hydrophob / Amphiphilie / Oberflächenspannung / Die Oberflächenspannung wird
am geringsten, wenn die Ober-
fläche komplett mit Tensiden
bedeckt ist. Aber was passiert
nun, wenn man weitere Tensid-
moleküle ins Wasser gibt? Da an
der Oberfläche kein Platz mehr
ist, lagern sich die Tenside im
Wasservolumen so zusammen,
dass ihre hydrophoben Teile auf
einander zeigen. Dadurch ent-
stehen sogenannte Mizellen. Das
sind im Prinzip kugelförmige, flüssige
Kolloide, in denen die hydrophoben Teile im Inneren
Kolloide
eine unpolare Phase bilden, die durch die nach außen zeigenden, hyd-
rophoben Teile vom Wasser getrennt wird. Diese Mizellen nehmen sehr gerne andere hydro-
phobe Substanzen, wie Öle, Fette oder andere Fremd- bzw. Schmutzpartikel in ihrem Kern
auf (siehe Abbildung). Das ist der Grund für die hauptsächliche Anwendung von Tensiden,
nämlich sauber zu machen. Tenside befinden sich in Seifen, Shampoos, Waschmitteln, Spül-
mitteln, also in allen Produkten, die zum Waschen, Putzen und Reinigen benutzt werden. Sie
werden aber auch verwendet, um eigentlich nicht wasserlösliche Substanzen, wie Öle oder
auch hydrophobe pharmazeutische Wirkstoffe, mit Wasser zu mischen. Deshalb findet man
sie auch in vielen Kosmetika oder Arzneimitteln und sogar in vielen industriell produzierten
Lebensmitteln, wie Fertigsoßen oder Sprühsahne.
ent:
Mini-Experim mer
ende Büroklam
Die schwimm htig
ge nun vorsic
lle ei n G la s mit Wasser. Le e Was se rober-
Fü
m m er fla ch so auf di e
eine Bürok la zeigt, da di
ss
da ss si e sc hwimmt. Das e trag en
fläche, ne Gewicht
pannung klei
Oberflächens op fe n eines Tensid
s
einen Tr
kann. Gib nun ser.
tel) in das Was f
(z. B. Spülmit e W irku ng des Tensids au
rt si eh st du di
Sofo
nspannung.
die Oberfläche
Tenside / KolloideExperiment 01
Boot mit Seifenmotor
Wie du ein Boot im Wasser ohne Motor bewegen kannst und
welche Kräfte dabei eine Rolle spielen, kannst du mit diesem
Versuch ausprobieren.
nötigst du:
Folgendes be altanleitung
• Papierboot-F
Papier ur- oder
• DIN A4 Blatt • Pipette (Paste
Sc ha le pi pe tte)
• Große Augentropf
• Spülmittel
• Wasser
Faltanleitung
1 Bogen Papier A4 Ecken zur Mitte falten Ränder nach oben
mittig falten
Durchführung
Eine Ecke nach vorn, Dreieck öffnen, Ecken Untere Ecken
die andere nach hinten aufeinander legen nach oben falten
1. Falte das Papierboot mit
Hilfe der Anleitung.
2. Fülle die Schale, in der das
Boot schwimmen soll, bis Ecken
zusammendrücken
zur Hälfte mit Wasser. Auseinanderziehen Fertig!
3. Setze das Boot auf das
Wasser.
4. Nimm mit der Pipette Spül-
mittelkonzentrat auf und gib
1-2 Tropfen hinter das Boot.
5. Was beobachtest du?
10
Oberflächenspannung / Tenside / AmphiphilieKräfte an Phasengrenzen Erklärung
Wasser besteht aus kleinen Teilchen, den Was-
Luft sermolekülen. Diese ziehen sich alle gegenseitig
2 an. Für Moleküle im Inneren des Wassers wirken
diese Anziehungskräfte von allen Seiten – von
oben, unten, vorne, hinten, rechts und links.
1 Die Anziehungskräfte addieren sich somit
Wasser insgesamt zu null. An der Wasseroberfläche
sind die Kräfte dagegen nicht ausgeglichen,
1 Kräfte zwischen den weil keine Anziehungskräfte nach oben
2
Molekülen gleichen sich aus. wirken. Die Moleküle an der Oberfläche
2 Kräfte zwischen den Molekülen werden deshalb alle ins Innere der Flüs-
gleichen sich nicht aus.
Die Kraft (F) wirkt nach innen.
sigkeit gezogen.
F
ung haben.
rig er e O be rflächenspann ide.
rmole ni ed Beispiel Tens
te de sh al b sagen, Wasse So lc he St offe sind zum n. Te ns ide
Man könn berfläche enthalte
ni ch t ge rne an der O n Si e si nd im Spülmittel ül e an de r
küle si nd rfl äche so kl ei W assermolek
w ill di e O be erse tzen di e ei ne n
und dadurch man umge- mplett. Sie bi
lden
ie m ög lic h werden. Wollte , m üs st e O berfläche ko lm au f de m Wasser,
w vergrößern ol ekularen Fi
äc he om t.
kehrt die O be rfl
gen, was m on lich ausbreite
r M ol ek ül e dorthin brin se de r si ch soweit wie mög
man m eh ne gewis boot
heneinheit ei er das Papier
für jede Fläc w ürde , di e man Gibt man also hint , bi ld en die
e kosten ülmittel
Menge Energi nn un g be zeichnet. ein paar Tropfen Sp si ch au sb re i-
als Ober flächenspa ie ei ne ge - ns id e ei ne n Film, der si ch
ist deshalb w Te ot vo r
Die Oberfläche t das Papierbo
ch e H au t, die möglichs tet und dabei ni ge r Ze it bedeckt
tis kleins- her schiebt. Nach ei
spannte, elas r m it de r he und
will. Die Fi gu mte Oberfläc
klein werden e Ku ge l. D ie s ist auch der Film die gesa gl ei ch stark
ten Oberfläche
ist di
ge n zu m eb t vo n al len Seiten
um Wasser be
i Re sc hi nn ein Gleich-
der Grund, war H im m el fällt. am Boot. Es herrscht da hrt
fenform vo m d die Bootsfa
Beispiel in Trop r ge w ic ht der Kräfte un
lieber an de
Stoffe, die viel ist vorbei.
Es gibt aber W as se r, weil sie eine
nd al s
Oberfläche si
irrspülen
s Te ns id fil m s beim Gesch
Ausbreitung
de s Gefäß,
Du kannst die vo m Ko ch en schmutzige n
hten. Fülle ei n rfläche werde
direkt beobac , m it W as se r. Auf der Obe en
Pfanne reste und Ölt
röpfch
am besten eine kleinen Essens
m ög lic he n ül m it te l in die Mitte
sich alle tz t ei ne n Tropfen Sp Rand
sammeln. Wen
n du je sförmig zum
se he n, da ss diese alle krei
gibst, wirst du erden.
geschoben w
des GefäßesExperiment 02
Schnelle Seifentropfen
Ein Wettrennen zwischen Wasser und Spüli...
Wer gewinnt?
nötigst du:
Folgendes be • Messzylinde
r, 50 ml
l r, 100 ml
• Bürette, 50 m • 2 Becherglä se
it Stat ivklemmen la s, 50 0 ml
• Stativ m • Becherg
• Wasser als Ab fa llg la s
• Spülmittel
• Stoppuhr
Durchführung
1. Befestige die Bürette mit den Klemmen senkrecht am Stativ und
stelle ein kleines Becherglas darunter.
2. Miss 50 ml Wasser im Messzylinder ab.
3. Fülle dieses von oben in die Bürette.
4. Öffne den Hahn der Bürette leicht, sodass die Flüssigkeit langsam
durchtropfen kann. Achte bei allen Versuchen darauf, den Hahn
möglichst gleich weit aufzudrehen.
5. Starte die Stoppuhr, sobald der Füllstand die oberste Markierung
erreicht hat.
6. Stoppe die Uhr, sobald der Füllstand die unterste Markierung
unterschritten hat und notiere dir die Zeit.
7. Versetze nun 50 ml Wasser mit einigen Tropfen Spülmittel und
wiederhole die Schritte 3-6.
8. Notiere, wie lange das Wasser mit Spülmittel gebraucht hat.
9. Vergleiche die Ergebnisse. Was stellst du fest?
12
Tenside / Kohäsion / Adhäsion / hydrophil / hydrophob / RheologieErklärung
Das Fließverhalten einer Flüssigkeit wird in
erster Linie durch die Kohäsion, d. h. den
Bindungskräften zwischen Molekülen in-
nerhalb der Flüssigkeit, bestimmt. Diese
verursachen Reibung zwischen benach-
barten Flüssigkeitsschichten, wodurch
diese schwerer aneinander vorbeiglei-
ten können, als wenn es keine Kohä-
sion gäbe. An der Grenzfläche zwischen
Wasser und der Glaswand der Bürette
tritt außerdem Adhäsion auf, d. h. Bin-
dungskräfte zwischen den Molekülen
des Wassers und denen des Glases.
Diese führen zu zusätzlicher Reibung,
die das Fließen weiter erschwert.
Spülmittel enthält Tenside, die aus
einem wasserliebenden (hydrophilen)
und einem wassermeidenden (hydro-
phoben) Teil bestehen (siehe Hinter-
grundwissen „Oberflächenspannung
und Tenside“ auf Seite 8-9). Deshalb
lagern sie sich nicht nur an der Wasser-
oberfläche, sondern auch an der Wasser-Glas-Grenzfläche an. Sie
bilden dafür eine molekulare Doppelschicht an der Glaswand, so dass die hydrophilen Teile
der ersten Schicht zum Glas zeigen und die der zweiten Schicht zum Wasser. Die hydro-
phoben Teile beider Schichten zeigen aufeinander zu. Durch diese Doppelschicht wird die
Adhäsion zwischen Glas und Wasser verringert und das Wasser kann schneller am Glas
entlangfließen. Daher gewinnt das Wasser mit Spülmittel das Rennen. Wenn du allerdings
sehr viel Spülmittel in das Wasser gibst, könnte es passieren, dass die gebildeten Mizellen
die Viskosität stark erhöhen (siehe Experiment „Milcholympiade“ auf Seite 22-23). Dann
würde wieder das Wasser gewinnen. Die Untersuchung des Fließverhaltens (Rheologie) ist
übrigens ein wichtiger Teilbereich bei der Erforschung von weicher Materie (siehe Hinter-
grundwissen „Untersuchungsmethoden für Soft Matter“ auf Seite 54-55).
nsistenz
derem die Ko
n Te ns id en wird unter an da m it di ese
Durch Zugabe
vo timiert,
Ti nt en st ra hl -Druckern op .
der Tinte von mpt
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Im Gespräch m
Lang
Prof. Dr. Peter aftler und Projektmanager EUSMnI,mit
sensch e scho
58 Jahre ⁄⁄ Wis , IBI-4 ⁄⁄ wusst
m Jülich GmbH tler werden wollte
un gs ze nt ru
Forsch nschaf
er Naturwisse
14 Jahren, dass
Berufliches
Woran forschen Sie aktuell?
Ich untersuche, wie sehr kleine Partikel, die erforsche und erkenne, die zuvor noch nie
etwa tausendmal kleiner als die Dicke eines jemand gewusst hat, die man nicht googeln
menschlichen Haares sind, sich in der Nähe kann und die in keinem Buch stehen.
von Grenzflächen verhalten, welche Kräfte
Wie sah Ihr persönlicher Weg in die
zwischen den Partikeln und der Oberfläche
Forschung aus?
wirken und wie schnell die Teilchen sich
bewegen. Das zu wissen, ist sehr wichtig, Ich kann mich kaum mehr erinnern, welche
um zu verstehen wie viele alltägliche Dinge, kindlichen Fantasien ich hatte, was ich ein-
wie z. B. Druckertinten, funktionieren und mal werden wollte. Aber spätestens als ich
verbessert werden können. Aber auch in der 14 war wurde mir klar, dass ich Naturwissen-
Biologie oder der Medizin, sind diese Frage- schaftler werden wollte, denn Physik, Mathe
stellungen sehr wichtig. Sie helfen z. B. zu und Chemie waren außer Sport die einzigen
verstehen, wie die Reizweiterleitung in Ner- Fächer, die mir in der Schule überhaupt Spaß
ven funktioniert, oder wie Viren es schaffen gemacht haben. Und sie haben mir auch
eine Zelle zu infizieren. immer wieder den Notenschnitt gerettet.
Meine Eltern konnten mit dieser Idee über-
Was macht Ihnen am meisten haupt nichts anfangen. Sie hatten einen klei-
Freude an Ihrer Arbeit? nen landwirtschaftlichen Betrieb und hatten
Zu Anfang meiner Karriere war es haupt- vielleicht sogar gehofft, dass ich den eines
sächlich die Freude daran, einfach – fast Tages übernehmen würde. Sie haben mich
schon spielerisch – Dinge auszuprobieren, und meine Geschwister aber immer unter-
um zu verstehen wie etwas funktioniert. stützt, obwohl sie nie verstanden haben, was
Heute ist es eher der Kick, den ich erfahre, ich da eigentlich tue, und obwohl es für sie
wenn ich zusammen mit meinem Team Dinge wirtschaftlich fast unmöglich war, Kinder
zum Gymnasium und gar zur Uni zu schicken.
14Wie könnte die Gesell-
schaft von Ihrer
Forschung profitieren?
Es ist fast unmöglich, diese
Frage zu beantworten, weil
ich am Verständnis natur-
wissenschaftlicher Grund-
lagen interessiert bin und
nicht an technologischen
Entwicklungen. Aber ich
glaube, dass meine Arbeit
zum stetigen Anwachsen des
vorhandenen Wissens beiträgt,
was langfristig das Leben aller
Menschen besser machen wird.
Auf welche große, wissen-
schaftliche Frage hätten Sie
gern eine Antwort?
Ich hätte gerne eine Methode,
den Energiebedarf der stetig
wachsenden Erdbevölkerung
nachhaltig zu sichern. Auf was könnten Sie in
Ihrem Leben nicht verzichten?
Grundsätzlich auf nichts, außer Nahrung und
Persönliches Wasser. Aber es würde mir schwer fallen,
ohne Bücher und andere Unterhaltungs
Wo findet man Sie am Sonntagnachmittag medien auszukommen.
um 15 Uhr / Samstagabend um 23 Uhr?
Samstagabends wird man mich meistens Bei welchen Gelegenheiten kommen
auf der Couch mit einem Buch oder vor dem Ihnen die besten Ideen?
Fernseher finden. Seit es Netflix gibt, bin ich Immer dann, wenn ich glaube überhaupt
ein Serienjunkie. Sonntags bin ich entweder nicht zu denken, sei das morgens unter der
auf dem Tennisplatz, auf einer Radtour oder Dusche oder auf einem Spaziergang, den ich
beim Wandern. schon oft gemacht habe.
Wo ist der schönste Ort für Sie Wenn Sie eine Sache auf der Welt
– außerhalb von zu Hause? verändern dürften: Was wäre das?
Ganz eindeutig das Markgräflerland, die Ich glaube, dass viele Probleme, denen wir
Gegend, in der ich aufgewachsen bin. heute gegenüberstehen, durch die Über-
bevölkerung und den entsprechenden
Was ist Ihr Lieblingsessen? Ressourcenverbrauch entstehen. Deshalb
Ich gestehe, dass ich ein Fleischfresser bin. sollte sobald wie möglich der Verbrauch den
Ein Grillabend mit Spareribs und Chicken Vorräten angepasst werden.
Wings macht mich glücklich.Hintergrundwissen
Kolloide
Kolloide sind sehr kleine Teilchen, die in
einem sogenannten Dispersionsmedium fein
verteilt sind. Generell können sowohl die Teil-
chen als auch das Dispersionsmedium alle
drei Aggregatzustände einnehmen, aber hier
beschränken wir uns auf feste Teilchen und
flüssige Tröpfchen, die in einer Flüssigkeit
verteilt sind.
Kolloide kommen in sehr unterschied-
lichen Größen vor. Der Größenbereich geht
von etwa einem Nanometer (nm), das ist
ein Millionstel eines Millimeters (mm), bis
maximal 10 Mikrometer (µm), was etwa fünf-
weiß, dass die
bis zehnmal kleiner ist als der Durchmesser
Farbe sich in
eines menschlichen Haares. Kolloide, die
zwei Teile getrennt hat.
größer als etwa 500 nm sind, kann man mit
Oben findet man einen Teil, der sehr dünn-
einem Lichtmikroskop sehen und untersu-
flüssig und fast farblos ist, während unten
chen, für kleinere Kolloide benötigt man ein
im Eimer eine zähe, dicke Masse ist. Bevor
Elektronenmikroskop.
man die Farbe verwenden kann, muss man
Nach der oben gege- sie erst einmal aufrühren. Das liegt daran,
benen Definition sind dass die kolloidalen Farbpigmente so groß
viele biologische und schwer sind, dass sie sedimentieren,
Systeme Kolloide, d. h. sich absetzen. Aber es gibt noch einen
wie z. B. rote Blut- anderen Grund. Wenn der Farbeimer zu lange
körperchen, Zellen herumsteht, dann lässt sich der untere Teil
oder Proteine in nie wieder richtig aufrühren. Das liegt daran,
ihrem jeweiligen dass alle Kolloidteilchen die Tendenz haben
Medium. Auch sich anzuziehen und Klumpen zu bilden. Der
Tröpfchenkolloide Grund dafür ist die sogenannte Van-der-
kommen in der Natur Waals-Anziehung, die wir im Folgenden ein
Waals-Anziehung
vor. So besteht zum wenig genauer betrachten wollen.
Beispiel Milch im
Kolloide bestehen aus molekularen oder
Wesentlichen aus Fetttröpfchen, die in Was-
atomaren Bausteinen, die alle ein elektrisches
ser dispergiert, das heißt fein verteilt sind.
Dipolmoment haben. Genau wie magnetische
Man kann Kolloide aber auch synthetisch
Dipole ziehen sich auch elektrische Dipole
herstellen und dabei gezielt ihre Größe und
immer an. Deshalb üben die Moleküle in einem
Form variieren. Eine klassische Anwendung
Kolloidteilchen eine attraktive, d. h. anziehende
von solchen Kolloiden ist ihre Verwendung
Kraft auf die Moleküle in den anderen Kolloid-
als Pigmente in Farben (Dispersionsfarbe),
teilchen aus und umgekehrt, was letztendlich
Lacken und Tinten.
dazu führt, dass sich alle Teilchen in einem
Wer schon mal einen Eimer mit Wandfarbe Kolloidsystem gegenseitig anziehen. Aufgrund
aufgemacht hat, der lange herumstand, dieser Van-der-Waals-Anziehung haben also
16
Van-der-Waals-Anziehung / Dipolmoment / Kolloide / Dispersion / Brownsche Bewegung / alle Kolloide die Tendenz zu aggregieren und zu Van-der-Waals-Anziehung überwiegt, aggre-
verklumpen. Es wäre natürlich fatal, wenn das gieren die Kolloide und verklumpen. Man sagt,
mit unseren roten Blutkörperchen oder den die Dispersion wird instabil.
Proteinen in unserem Organismus passieren
Eine weitere interessante Eigenschaft von
würde. Deshalb hat die Natur eine Gegenkraft
Kolloiden ist, dass sie sogenannte Brownsche
eingebaut, die wir uns am Beispiel von Pro-
Bewegungen ausführen. Die umgebenden
teinen genauer ansehen wollen. Alle Proteine
Flüssigkeitsmoleküle verpassen wegen ihrer
bestehen aus Aminosäuren, die je nach pH-
thermischen Bewegung den Kolloidteilchen
Wert positiv oder negativ geladen sind. Kurz
ständig kleine Stöße, was dazu führt, dass
gesagt, Proteine sind an ihrer Oberfläche elek-
auch die Kolloide sich bewegen und der Diffu-
trisch geladen. Da sich gleichnamige Ladun-
sion unterliegen (siehe Experiment „Tintenwol-
gen abstoßen, kommt es zu einer repulsiven,
ken im Glas“ auf Seite 20-21). Das kann man
d. h. abstoßenden Kraft zwischen den Prote
sich etwa so vorstellen, wie wenn ein sehr
inen und wir haben letztendlich einen Wettbe-
großer, schwerer Erwachsener in einem Raum
werb zwischen der Van-der-Waals-Anziehung
mit vielen kleinen Kindern steht, die um ihn
und der elektrostatischen Abstoßung.
herumtoben. Selbst wenn der Große versucht
Das gleiche Konzept kann auf alle Arten stehen zu bleiben, wird es ihm wahrscheinlich
von Kolloiden übertragen werden. Verein- nicht gelingen und er wird sich wegen der
fachend kann man sagen, dass die Kol- Stöße durch die Kleinen auf nicht vorherseh-
loide fein verteilt bleiben, wenn die elektro baren Bahnen durch den Raum bewegen.
statische Abstoßung überwiegt. Wenn die
nsfarbe
ent: Dispersio du
Mini-Experim tellen, indem
nf ac h eine Dispersion hers W asse r
ganz ei mit etw as
Du kannst dir -P ig m en te in einem Glas . Läss t du
inbl au rellfarbe
z. B. Ultramar tiefblaue Aqua ente
rrüh rs t. So erhältst du eine , sinken die meisten Pigm
ve lang steh en as se r
ne Zeit ende W
das Gemisch ei Gl as es un d da s darüber steh
des
auf den Boden
w iede r klar.
ist
nete
ent: Stabmag
Mini-Experim molekularen od
er
-Anz iehu ng zwischen den ek trisch es Dipol
aals e alle ein el
Die Van-der-W llo id s, di
teinen eine s Ko agneten ve n-ra
atomaren Baus leic ht m it zwei Stabm ne flache
moment habe
n, kannst du
St ab m ag neten in eine klei
ge einmal eine
n n, ohne dass
schaulichen. Le ne n zw ei ten dazuzulege
rsuche dann , ei um gelingen.
Schale, und ve tig an zieh en . Es wird dir ka
gegensei
die beiden sich
elektrostatische AbstoßungExperiment 03
Milch unterm Mikroskop
Schaue durchs Mikroskop und
entdecke die Geheimnisse der Milch!
nötigst du:
Folgendes be
op
• Lichtmikrosk
• Objektträge r
te
• Pasteurpipet
und w ar me Milch
• Kalte
• Wasser
• Spülmittel
Durchführung
1. Gib einen Tropfen der kalten
Milch auf den Objektträger.
2. Verdünne diesen Tropfen mit
ca. 3 Tropfen Wasser.
3. Stelle das Mikroskop auf eine 400-fache Vergrößerung
und beobachte.
4. Nun wiederhole Schritt 1-3, aber verwende diesmal warme Milch
und warmes Wasser.
5. Gib nun einen Tropfen Spülmittel hinzu und beobachte was passiert.
18
Kolloide / Emulsion / Dispersion / Brownsche Bewegung / Tenside / LecithineErklärung
Milch ist physikalisch betrachtet eine kolloidale
Emulsion von Milchfett in Wasser. Außerdem ent-
hält sie Milchzucker (Lactose), Caseine, Molkepro-
teine und geringe Anteile weiterer Stoffe, wie Mi-
neralien und Lecithine. Letztere sind natürliche
Emulgatoren, die dafür sorgen, dass das Milch-
fett in Form von kleinen Tröpfchen im Wasser
vorkommt und die Emulsion stabil bleibt. Die
weiße Farbe der Milch beruht auf der Licht-
streuung an den winzigen Fettkügelchen.
Die Fetttropfen in der Milch haben einen
-
m Lichtmikro
se lb st ka nn man unter de e B ew e-
achten, di
(Mikrometer) ar nicht beob
von 1-10 µm an skop zw t aber ein indi
rek-
Durchmesser ro sk op si ch tb ar . M
r Fe tt trop fe n is
und sind im Li
ch tm ik gung de nun nenei
M ik ro sk op , dass sie sich N ac hw ei s dafür. Gibst du die
sieht unter de
m wegen. te r ein Tensid, in
ig in al le Richtungen be Tr op fe n Sp ülmittel, also ol ek ul ar e
unregelm äß ilch be- monom
trop fe n in de r erwärmten M n M ilc h, bi ldet dieses eine r M ilc h, di e
Die Fett in der kalte äche de
bei stärker als auf der Oberfl
wegen sich da ch e B ew eg ung Schicht sb re ite t. Das Tensid bi
ldet
B ro w ns sc h au
Milch. Grund is t di e sich si ch ra kugelfö ige rm
ek ül e in der Milch, die ße rd em in der Milch üle
der Wasse rm ol i mit den au il der Fettmolek
rli ch be w egen und dabe ch M izel le n, die einen Te ie he H in te r-
unwill kü oß en, wodur nk apseln (s
m en st ilc h ei
Fetttropfen zu
sa m ch- de r M pannung d un
lls in ve rschiedene Ri dw is se n „Oberflächens -
sich diese eb en fa
erhitzte Flüssi
gkeit gr un . Dadurch wer
w eg en . Ei ne Te ns id e“ auf Seite 8-9) el et w as
tungen be von Wärme, e Tröpfchen
im Mitt
Energie in Form wn- den di sich nun sichtb
ar
enthält mehr är ke re n B ro w eg en
es si ch in einer st w e- kl ei ner und be
wel ch eshalb be d her.
ung äußert. D hneller hin un
schen Beweg tt trop fe n st ärker. Die sc
die Fe
gen sich auch zigen Wasserm
oleküle
un g de r w in
Beweg
f
des Tensids au
sk op ka nn st du die Wirkung ar Trop fe n
ikro n pa
Auch ohne M n: Gib dafür ei
O be rfl äc he der Milch sehe m it ti g au f etwas Milch
in
de r m it te lf arbe n tz te s
r Lebens it Spülmittel
bene
verschiedene t du nun ein m
ha le . Ta uc hs rb trop fe n an der
einer Sc
ei n, so ve rw irbeln die Fa
n uster.
Wattestäbche ein buntes M
be rfl äc he un d bilden dort
OExperiment 04
Tintenwolken im Glas
Mit Tinte und Wasser kannst du zauberhafte Wolken
in einem Glas erzeugen und dabei ein Grundprinzip der Bewegung
kleiner Teilchen erforschen.
nötigst du:
Folgendes be r
e • Kaltes Wasse
• Tintenpatron •W arm es W as ser
• Kl ei ne s G la s as te ur- oder
• Pipette (P
• 2 Trinkgläser Augent ro pfpi pe tte)
Durchführung
1. Schneide die Tintenpatrone vorsichtig an einem
Ende auf und fülle sie in ein kleines Glas um.
2. Fülle ein Trinkglas mit kaltem
Wasser und das andere mit
warmem Wasser.
3. Nimm etwas Tinte mit der
Pipette auf und gib je einen
Tropfen in jedes Glas. Halte
dabei die Pipette mit der
Spitze etwas ins Glas,
damit es möglichst wenige
Verwirbelungen gibt.
4. Welche Unterschiede
beobachtest du
zwischen den beiden
Gläsern?
20
Brownsche Bewegung / Diffusion / KolloideErklärung
Wasser besteht aus vielen kleinen Teil-
chen, den Molekülen. Diese Moleküle
haben eine Eigenbewegung: Sie be-
wegen sich ungerichtet hin und her.
Die Bewegung der Wassermole-
küle führt dazu, dass auch größere
Partikel, die sich in der Flüssigkeit
befinden, wie die Farbpigmente
in der Tinte, zufällig angesto-
ßen werden und sich dadurch
nn man ihnen
rm ol ek üle. Energie ka .
r W as se men zuführen
eg en . D a der Englände ef fe kt ivst en durch Erwär ar tikel
w am of fp
ebenfalls be ewegung als en sich die Fa
rbst
diese Teilchenb Daher beweg r schneller als
Robert Brown ze ic hn et m an di es e
e im w ar m en W as se
kte, be der der Ti nt
erster entdec g Aufgrund n Wasser.
B ro w ns ch e Bewegung. so die im kalte
als nn en si ch el gleich-
Brownschen B
ewegung kö
m äß ig im w en n al le Farbstoffpartik g
el der Tinte gl
eich Auch die Bewegun
Farbstoffpartik di eren bi s zu mäßig verteilt sind hört au f. Fü r
len. Sie diffun eit nicht
Wasser vertei m is ch un g. Des- innerhalb der Flüssigk er nu r so
igen Durch ung ab
einer vollständ ser unser Auge ist die Beweg
su ng m it de r Tinte im Was s di e Fa rbstoffpartikel
halb ist die Lö fä rb t, ch tb ar , bi
it gleichmäßig
bl au ge lang e si verteilt sind.
nach einiger Ze w eg t w ur de .
gl ei ch m äß ig in der Lösung
be
las nicht aktiv
obwohl das G m Sy stem zugeführ
t
eh r En er gi e de di e
Je m en si ch
hneller beweg
wird, desto sc
ch
im Prinzip au
ei ne n Te e au fgießt, ist dies ew eg un g in
Wenn du dir Ex periment zur
Teilchenb
al is ch es
ein physik
eit.
einer Flüssigk est, kannst
r de m M ik ro skop betracht
h unte fgrund
Wenn du Milc tttröpfchen au
he n, da ss si ch auch die Fe r bew eg en (siehe
du se
Be w eg un g hin und he 18-19).
der Brownsch
en op“ auf Se e
it
t „M ilc h un term Mikrosk
ExperimenExperiment 05
Milcholympiade
Welche Milch ist Sieger beim Kurzstreckenlauf?
Probiere es selbst!
nötigst du:
Folgendes be • Spülmittel
l
• Bürette, 50 m • Stoppuhr
St at ivklemmen r, 50 ml
• Stativ mit • Messzylinde
• Homogenisie
rte Milch in rg läser, 100 ml
• 2-3 Beche
n Fettstufen 500 ml
verschiedene • Becherglas,
5 % , 3,5 %)
(z. B. 0,5 % , 1, als Abfallglas
Durchführung
1. Befestige die Bürette mit den Klemmen
senkrecht am Stativ und stelle ein kleines
Becherglas darunter.
2. Miss 50 ml Milch einer Fettstufe im
Messzylinder ab.
3. Fülle diese von oben in die Bürette.
4. Öffne den Hahn der Bürette leicht,
sodass die Flüssigkeit langsam durch-
tropfen kann. Achte darauf, bei allen
Versuchen den Hahn möglichst gleich
weit aufzudrehen.
5. Starte die Stoppuhr, sobald der Füllstand die oberste Markierung
erreicht hat.
6. Stoppe die Uhr, sobald der Füllstand die unterste Markierung unterschritten
hat und notiere dir die Zeit.
7. Miss nun wieder 50 ml einer anderen Milchsorte ab und wiederhole die Schritte 3-6.
8. Miss, wie lange diese Milch gebraucht hat.
9. Teste so nacheinander alle Milchsorten und vergleiche.
10. Was stellst du fest?
11. Tipp: Spüle nach jeder Messung alle Milchreste mit warmem Wasser aus der Bürette
(kein Spülmittel verwenden).
22
Kolloide / Viskosität / Emulsion / Dispersion / RheologieFließge-
ade ist die
Erklärung ul - B ei de r Milcholympi te n ei nerseits
trac ht et eine Em ei t de r Milchsor
Milch ist phys
ikalis ch be - schw in di gk en Viskosität,
W as se r, die noch wei ig vo n ihrer jeweilig an
sion von Milc
hf et t in
d Mineralien en
t- ab hä ng s der Fläche,
ie Pr ot ei ne un an de re rs ei ts vom Einflus so di e G la s-
tere Stoffe w gt in kleinen Tr
öpfchen
e entlangfließ
en, hier al so-
M ilc hf et t lie ch de r si er w er de n
hält. Das r (siehe au An dies
der Milch vo der Bürette. ildet, in
fein verteilt in M ik ro sk op “ auf wand G re nz flä chen ausgeb
h un te rm na nn te f das
Experiment „M
ilc
rliche Emulga
toren ge n Einfluss au
. D ur ch na tü de ne n di e Wand eine
Seite 18-19) sion mehr od
er
halten hat.
bt diese Emul gel- Fließver
(Lecithine) blei er di es e Kü
lten Milchsor
ten
stabil. Je größ egen Da sich die ausgewäh
weniger lange st ei ge n si e w ch ei de n un d
en si nd , de st o schneller Fe tt un d nu r im Fe ttge halt unters le n
ch ischen aber ja bei al
erschieds zw n Glasgeräte
des Dichteunt un d bi ld en eine Rahm- die verwendete , ka nn der Unter-
Wasser nach
oben
n si nd , z. B. Milchsorten gleich sind der
einer die Küge
lc he sszeit nur an
schicht. Je kl h, de st o st ab iler ist schied in der Durchflu lig en M ilc h-
bei homogenis
ierter Milc ion der jewei
Fettkonzentrat m An te il de s ge sa m-
die Emulsion. liegen, d. h. de
di e Zä hfl üs sigkeit sorte lu m en s am Milchvolumen
.
t be ze ic hn et o te n Fe tt vo
Die Viskositä osität ist, dest entration ist
höher die Visk here Fettkonz
eines Fluids. Je f
äh ig ) is t ei ne D ur ch di e hö
ilch am höchs-
(weniger fließ n wir die Viskosität der Vollm
dickflüssiger ie l m es se peri-
unserem Bei sp e Milch im Ex
Flüssigkeit. In h. B ei M ilc h ist die ten, wodurch dies t, um au s der
t der Milc - sten brauch
die Viskositä idal en Zu sa m m en t am lä ng
Milchsorten
en ihrer kollo nd- Bürette zu laufen. Da alle
Viskosität weg de ne n B es ta
ch gleich aus-
aus verschie hen. mit bloßem Auge jedo
mensetzung te rs uc en
ers schwierig
zu un kt auf den erst
teilen besond M ilc h re su ltiert zu sehen, ist dieser Effe er su ch un g
keit von Die Unt
Die Fließfähig ch en m ol ek ul aren Kräf- Blick verblüffend. he ol og ie ) ist
s zwis ltens (R
einem Teil au elwirkungen des Fließverha ch bei
w ie Va n- de r-Waals-Wechs en de s s ei n w ic htiger Teilberei
ten, du ng rig en ie
toffbrücke n- B in üb Weicher ater M
und Wassers B es ta nd te ile. Eine der Erforschung von „U nt er su -
der gelöst en ndwisse n
Wassers und le n ab er m echanische (siehe Hintergru So ft M at te r“
größere Rolle
spie den für
ergierten Be- chungsmetho
hs el w irk un gen der disp n vo n ite 54 -5 5).
Wec laufunge auf Se
an dt ei le , z. B . durch Versch fc he n, di e
st tröp
durch die Fett
Proteinen oder im Fl ie ße n behindern.
tig be
sich gegensei
auch
st, kannst du
re tt en zu r Verfügung ha an de re
rere Bü gegen
Wenn du meh such“ direkt
m W et tl au f im „Blindver an de re n Person Milc
h
in eine
t eu ch da fü r von einer er gl äs er fü lle n,
antreten. Lass en in id en ti sche Bech t. Ve rteilt
r Fettstuf te in welchem
Glas is
verschiedene ch e M ilc hs or he ra us , wer
n, wel t dann
ohne zu wisse iln eh m en den und finde
f di e Te tte.
die Gläser au Fettgehalt ha
e M ilc h m it dem höchsten
diHintergrundwissen
Polymere
In unserem täglichen Leben begegnen uns Dieser Prozess lässt sich im Prinzip solange
Polymere auf Schritt und Tritt. Wir sind uns fortsetzen, bis alle Monomere verbraucht
dessen vielleicht nicht bewusst, weil wir sie sind. Dadurch entstehen kettenförmige
anders nennen, nämlich Plastik, Kunststoff Makromoleküle, die aus vielen Tausend bis
oder Gummi. Aber letztendlich bestehen alle vielen Millionen Monomeren bestehen. Wenn
Vertreter dieser drei Werkstoffklassen haupt- man in das Reaktionsgemisch eine kleine
sächlich aus Polymeren. Menge von Monomeren gibt, die nicht nur
zwei, sondern drei oder mehr reaktionsfähige
Das Wort Polymer ist aus dem griechischen
Gruppen tragen, dann entsteht ein dreidimen-
abgeleitet (poly = viele und meros = Teil)
sionales Netzwerk von Polymerketten. Das
und beschreibt, dass ein Polymer aus vielen
kann so weit gehen, dass nach einer Poly-
Monomeren (monos = einzel), d. h. Einzel-
merisation alle Monomere zu einem einzigen
teilen besteht. Durch sogenannte Polymeri-
gigantischen Molekül verknüpft sind.
sationsreaktionen werden kleine Bausteine,
die Monomere, zu langen kettenförmigen Der wesentliche Unterschied zwischen
Molekülen verknüpft, den Polymeren oder einfachen kettenförmigen und vernetzten
Makromolekülen. Polymeren ist ihre Löslichkeit. Ketten- oder
fadenförmige Polymere können in geeigneten
Die bekannteste Reaktion dieser Klasse ist
Lösungsmitteln vollständig aufgelöst werden.
die sogenannte Polykondensation (siehe
Dagegen können dreidimensionale Netzwerke
Abbildung). Dabei wird im ersten Schritt ein
nicht aufgelöst werden, da alle Ketten durch
Monomer, das zwei Säuregruppen trägt, mit
kovalente chemische Bindungen miteinander
einem Monomer, das zwei Alkoholfunktionen
verknüpft sind. Solche Netzwerke quellen in
hat, verestert. Dadurch entsteht ein Molekül,
geeigneten Lösungsmitteln auf und bilden
das an einem Ende eine Säuregruppe und am
sogenannte Gele (siehe z. B. das Experiment
anderen eine Alkoholgruppe hat. Diese kön-
„Wie viel Wasser passt in eine Windel?“
nen nun wieder mit einen Alkohol-Monomer
auf Seite 32-33). Lineare Polymere können
und mit einem Säure-Monomer reagieren.
dagegen keine Gele bilden, auch wenn es
Dadurch entsteht ein Molekül, das schon aus
alltägliche Produkte wie Pflegegele gibt, die
vier Monomeren besteht, und wiederum zwei
so bezeichnet werden und die lineare Poly-
reaktive Gruppen an den Enden aufweist.
mere enthalten. Das sind wissenschaftlich
betrachtet jedoch keine Gele, sondern hoch-
viskose Flüssigkeiten, die sich mit
ausreichend Flüssigkeit vollständig
verdünnen lassen (siehe Experi-
ment „Gummibärchen in Wasser“
auf Seite 28-29).
Ein wichtiges Merkmal von Polyme-
ren, mit der sich viele mechanische
Eigenschaften von Kunststoffen und
Gummis erklären lassen, ist die so-
genannte Entropieelastizität
Entropieelastizität.
24
Polymere / Monomere / Polykondensationsreaktion / Entropie / Elastizitätdie Bücher ordentlich ins Regal zu stellen,
während du das Gefühl hast, dass sie sich ganz
von alleine über dein Zimmer verteilen. Man
könnte also sagen, dass deine Bücher freiwillig
Zustände höherer Entropie einnehmen.
Tatsächlich gibt es ein Naturgesetz, das
besagt, dass alle Systeme danach streben,
ein Maximum ihrer Entropie zu erreichen.
Das ist der Zustand, in dem das System die
Dazu muss
maximale Anzahl von Möglichkeiten hat, sich
man erst mal versuchen
anzuordnen. Will man verhindern, dass ein
zu verstehen was Entropie bedeutet,
System diesen Zustand erreicht, muss man
was am einfachsten mit einem Beispiel geht:
Energie aufwenden.
Wenn man ein kurzes Regalbrett betrachtet, in
dem nur drei verschiedene Bücher Platz haben, Was hat das nun mit Polymerketten zu tun?
gibt es genau 3072 Möglichkeiten, diese Nimm einmal an, dass die Kette zwischen
Bücher in allen möglichen Drehrichtungen zwei Punkten fixiert (schwarze Punkte in der
dort einzuräumen. Das ist für diese Bücher der Abbildung) und vollständig ausgestreckt sei,
Zustand niedrigster Entropie. Wenn du aber dann gibt es nur eine einzige Anordnungs-
zulässt, dass diese Bücher sich über dein gan- möglichkeit. Wenn man die Fixierungspunkte
zes Zimmer verteilen, dann gibt es eine sehr einander annähern lässt, dann steigt die Zahl
große Zahl von Möglichkeiten sie anzuordnen. der Anordnungsmöglichkeiten und damit die
Dies ist ein Zustand viel höherer Entropie. Du Entropie der Kette sofort an (siehe Abbildung:
kannst die Entropie der Bücher noch weiter Farbig gezeigt sind im unteren Teil beispielhaft
erhöhen, wenn du zulässt, dass sie über das drei mögliche Anordnungen). Deshalb sind
ganze Haus oder darüber hinaus verteilt wer- Polymerketten gerne in einem Zustand, der
den. Wie du aber aus Erfahrung weißt, kostet einem geknäuelten Faden ähnelt und nie frei-
es dich immer wieder Mühe (d. h. Energie), willig in einem ausgestreckten Zustand.
elastizität
ent: Entropie steht, kannst
Mini-Experim au s Po lymerketten be nd
miband, das se
lb st enn du das Ba
Mit einem Gum t zu r En trop ie machen: W gie au f-
s Experimen entsprechend
e Ener
du ein einfache d da bei auch eine t und verlieren
eh st , un st re ck
langzi
die Po ly merketten ge ieder in
wendest, wer
de n n die Kett w en
en n du lo ck er lässt, gehe , w od urch sich
Entropie. W re r En tropie zurück
ihre Knäuelfo
rm mit hö he t. Das ist der
an d w ie de r zusammenzieh
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Berufliches
Woran forschen Sie aktuell?
Dazu muss ich etwas ausholen: Von 2012 bis noch nicht wusste. In meiner jetzigen Tätig-
2019 war ich in der Grundlagenforschung keit für das Bundesministerium finde ich es
tätig. Ich habe erforscht, wie man Kunststoffe toll, in aktuellen (forschungs-)politischen
selbstreparierend – ähnlich wie bei einer Fragestellungen, wie zum Beispiel dem
Wunde – und damit länger haltbar machen zukünftigen Einsatz von Künstlicher Intelli-
kann. Innerhalb dieses Themas habe ich genz in unserem Alltag, aktiv mitbestimmen
promoviert, Preise gewonnen und eigene zu dürfen, in welche Richtung Deutschland
Projekte geleitet. dabei gehen wird.
Inzwischen bin ich von der Forschung in Wie sah Ihr persönlicher Weg in die
das Bundesministerium für Bildung und Forschung aus?
Forschung gewechselt und arbeite somit
Als Jugendliche wollte ich Journalistin
für die deutsche Bundesregierung: Diese
werden. Ich wollte schon immer Infor-
legt fest, wie viel Geld für Bildung (z. B. das
mationen für Menschen aufbereiten und
BAföG) und Forschung (z. B. die Erforschung
zugänglich machen. Diese Tätigkeit war,
von Quantencomputing oder anderer For-
bzw. ist, glücklicherweise zumindest zu
schungsthemen) bereitgestellt wird. Unsere
einem Teil in meinen beiden Jobs Gegen-
Aufgabe am Ministerium ist es, zu entschei-
stand meines Berufsalltags.
den, wer wie viel von diesem Geld bekommt
und für was. Außerdem beraten wir die Ich hatte ursprünglich Physik und Mathematik
Ministerin in politischen Entscheidungen, studiert, um Wissenschaftsjournalistin zu
schreiben Reden und informieren die Öffent- werden. Naturwissenschaften waren mir
lichkeit über aktuelle Themen. in der Schule immer leichtgefallen, auch
wenn sie mich nie besonders stark fasziniert
Was macht Ihnen am meisten haben. Erst an der Universität wurde mir
Freude an Ihrer Arbeit? bewusst, dass man die meisten uns umge-
An der Grundlagenforschung ist das span- benden Funktionalitäten mit den Gesetzen
nendste, dass man jeden Tag etwas Neues der Mathematik und Physik erklären und
herausfinden kann, was die Menschheit so vorhersagen kann.
26In der Forschung versucht man, noch uner- Spieleabend oder nach einem Kochabend
klärte Effekte zu verstehen. Jetzt entscheide bei der Nachspeise.
ich mit, welche Funktionalitäten wir gerne
Wo ist der schönste Ort für Sie
besser verstehen würden und auf welchem
– außerhalb von zu Hause?
politischen und monetären Weg dieses Ziel
erreicht werden kann. Im Freien – egal ob Surfen im Meer oder
Wandern in den Bergen, ich bin einfach
Meine Eltern, die beide keine Naturwissen-
gerne in der Natur.
schaftler sind, fanden meine berufliche
Laufbahn bisher exotisch und spannend. Ich Was ist Ihr Lieblingsessen?
bin mir allerdings sicher, dass sie mit jeder Käse und Sushi, Salat – Hauptsache salzig
anderen Tätigkeit, die mich erfüllt, genauso und nicht süß!
glücklich gewesen wären.
Auf was könnten Sie in Ihrem Leben nicht
Auf welche große, wissenschaftliche Frage verzichten?
hätten Sie gern eine Antwort? Auf meine engsten Freunde und
Auf eine neurowissenschaftliche: Ich würde meine Familie.
gerne besser verstehen, was der Antrieb des
menschlichen Handelns ist, also was Men- Bei welchen Gelegenheiten kommen
schen dazu bringt, genau auf die eine und Ihnen die besten Ideen?
nicht auf eine andere Weise zu handeln. Im gedanklichen Leerlauf (z. B. beim Zug-
fahren und Joggen) nach einer Phase inten-
siven Nachdenkens.
Persönliches Wenn Sie eine Sache auf der Welt
Wo findet man Sie am Sonntagnachmittag verändern dürften: Was wäre das?
um 15 Uhr / Samstagabend um 23 Uhr? Gleiche Chancen auf Bildung und freier
Sonntagnachmittag: Beim Joggen im Park. Zugang zu Wissen für alle Menschen.
Samstagabend: Mit Freunden bei einemSie können auch lesen