SOMMERTAUGLICHKEIT IM GEBÄUDEBESTAND
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SOMMERTAUGLICHKEIT IM GEBÄUDEBESTAND F1494 Gefördert aus Mitteln der Wohnbauforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend
IMPRESSUM Arbeitsgruppe Ressourcenorientiertes Bauen Institut für Konstruktiven Ingenieurbau Universität für Bodenkultur Wien Peter Jordan Straße 82 A-1190 Wien Projektteam: Univ.Prof. Arch. DI Dr. Martin Treberspurg DI Mariam Djalili DI Dr. Ulla Ertl-Balga unter Mitwirkung von DI Wilhelm Hofbauer, Technisches Büro Hofbauer mit besonderem Dank an DI Thomas Zelger, DDI Roman Grünner, Baukanzlei Architekt Lux, energietirol, Architekt Reinberg, Winnfried Brenne Architekten, Hoppe Architekten, DI Micheal Zymek Hochschule Zit- tau/Görlitz Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Diese Broschüre wurde mit der größtmöglichen Sorgfalt erstellt und die Daten überprüft. Rundungs-, Satz- und Druckfehler können dennoch nicht ausgeschlossen werden. Wien, Februar 2011
SOMMERTAUGLICHKEIT IM GEBÄUDEBESTAND INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG ............................................... 4 2 AUSGANGSLAGE ÖSTERREICH ............................................... 5 3 STRATEGIEN ZUR VERBESSERUNG ............................................... 9 4 NACHTRÄGLICHE INTERVENTION ............................................... 24 5 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ............................................... 40 6 LITERATUR ............................................... 42 7 ABBILDUNGEN ............................................... 44
1 EINLEITUNG Ein verantwortungsvoller Umgang mit Energie und die Anpassung des Gebäudebestandes an zukünftige kli- matische Bedingungen sind notwendige Schritte um auf Ressourcenknappheit zu reagieren und Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu erreichen. In dieser Broschüre werden klimaschonende Maßnah- men und Strategien zur Erreichung behaglicher Innen- raumtemperaturen in den Sommermonaten im Gebäu- debestand aufgezeigt. Das solare, klimagerechte Bauen ist auf eine Lösungen zu finden. Dadurch wird ein ver- Reihe hierarchisch geordneter Maßnahmen antwortlicher Umgang mit Energie und eine aufgebaut. Primäre, übergeordnete Maßnah- schrittweise Umstellung auf regional verfüg- men betreffen die Raumplanung, den Städte- bare Ressourcen wirtschaftspolitisch notwen- bau und die Objektplanung und führen ohne dig. Konzepte für CO2-neutrale und ressour- die geringsten Mehrkosten zu großen Ener- censchonende Kühlstrategien, welche auch gieeinsparungen. Diese legen langfristig die nachträglich im Gebäudebestand integriert Stadtstrukturen und die Baukörperformen werden können, werden in dieser Broschü- fest und können nur durch großflächigen Ab- re anwenderfreundlich vermittelt und sol- bruch der Häuser und Wegenetze (Straßen) len dem Trend steigender Umsatzzahlen für revidiert werden. Sekundäre, nachgeordnete Kleinklimageräte entgegenwirken. Die ther- Bereiche betreffen die Gebäudeaußenfläche mische Sanierung des Gebäudebestandes ist und die Haustechnik und verursachen zur die aktuelle notwendige Maßnahme, um auf Erreichung von Energieeinsparung bauliche die Ressourcenknappheit zu reagieren und Mehrkosten, können jedoch nachträglich ver- den fossilen Energieverbrauch zu reduzieren. bessert werden.[21] Eine klimagerechte mo- Dabei muss das zukünftige Klimaänderungs- derne Architektur berücksichtigt neben der szenario berücksichtigt und geeignete Stra- Reduktion des Heizwärmebedarfes in den tegien gegen eine Überhitzung im Sommer Wintermonaten auch die Vermeidung eines implementiert werden. Kühlbedarfs in den Sommermonaten. Un- Die Broschüre soll als Hilfestellung für Bau- ter „Sommertauglichkeit“ wird ein Gebäude träger, Hausverwaltungen, PlanerInnen und verstanden, welches bei optimaler Tageslicht- interessierte Bauherren dienen und bietet ei- versorgung weitgehend vor Überhitzung und nen Überblick über die derzeitige Situation in Blendung geschützt bleibt und auch in den Österreich und Möglichkeiten der passiven heißen Sommermonaten angenehme Raum- Kühlung. temperaturen in den Innenräumen ermög- Es werden anhand ausgeführter Projekte licht, ohne erheblichen mechanischen Ener- Kühlstrategien und Konzepte für die thermi- gieaufwand. [3] sche Sanierung von Kastenfenster beschrie- Die Herausforderung für die österreichische ben. Durch diese Praxisbeispiele werden Energiezukunft ist, auf die ständig wachsende geeignete Maßnahmen im historischen Ge- Energienachfrage und die schwierige Kon- bäudebestand detailliert dargestellt. Diese be- kurrenzsituation heimischer Ressourcen zu rücksichtigen die durchschnittlichen klimati- reagieren, aber auch für die zu erwartenden schen Bedingungen in Mitteleuropa und sind Versorgungsengpässe und hohen Energie- jeweils an die gegebene Situation anzupassen. kosten durch die Knappheit der Ressourcen 4
2 AUSGANGSLAGE ÖSTERREICH Studien über die Auswirkungen des Klimawandels und Klimaänderungsszenarien konnten eine Zunahme an Kühlgradtagen in Österreich feststellen. Basierend auf statistischen Auswertungen langjähriger Messreihen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) wurde eine durchschnittliche Zunahme der Anzahl der heißen Tage pro Jahr festgestellt [18]. Dem- entsprechend steigt die Anzahl der Kühlgradtage, wo- bei dieser Trend insbesondere in tieferen Lagen stärker ausfällt. Einhergehend mit heißeren und trockeneren Perioden, wird das Thema Gebäudekühlung und Sommertauglichkeit auch in Österreich an Bedeutung gewinnen. (siehe Abb. 01) Die Überhitzung der Innenräume ist besonders für schwächere und ältere Bevölkerungsgrup- pen belastend. [11] Die Auswirkungen konn- ten direkt bei der Hitzewelle 2003 durch die erhöhte Sterblichkeitsrate bei älteren und kranken Menschen in ganz Europa festgestellt werden. [20] Somit besteht auch in den mittel- europäischen Klimazonen die Notwendigkeit sich mit dem Thema der Sommertauglich- keit und Kühlung im Neubau und Gebäude- Abb. 1: Vergleich der Entwicklung der Kühlgradttage zwischen der Jahressume bestand auseinander zu setzen und umwelt- von 1981-1990 und der Prognose für 2041-2050 freundliche Lösungen zu finden. Die Anforderungen im Wohnbau an das In- Millionen m2 Gebäudenutzfläche, während nenraumklima sind aufgrund erhöhter Kom- es im Jahr 2005 bereits 1.800 Millionen m2 fortansprüche gestiegen. Durch zunehmend waren. Die Energienachfrage dafür steigt zu- wärmer werdende Sommerperioden hat sich nehmend. Für Europa (EU 15) wird 2005 der in den letzten Jahren die Anschaffung von de- Verbrauch von Klimaanlagen mit einer Kälte- zentralen Kleinklimaanlagen in Wohnbauten leistung von mehr als 12 kW auf rund 78.000 erhöht. Basierend auf nationalen und europä- GWh geschätzt, für 2020 wird eine Nachfrage ischen Studien, wurde eine deutliche Zunah- von 115.000 GWh angenommen. [1] me der gekühlten Gebäudenutzflächen festge- Obwohl das Thema der Kühlung bisher in Ös- stellt. [1] terreich eher eine untergeordnete Stelle ein- Im Rahmen einer Studie der Austrian Ener- genommen hat, wird, wie diese Studien ver- gy Agency über den zukünftigen Kühlbedarf deutlichen, ein rasanter Anstieg erwartet. Für in Europa wurden unter anderem für die EU Österreich wird beispielsweise eine Steigerung Mitgliedstaaten (EU 15) die Anzahl und die von 296 GWh im Kyoto-Basisjahr 1990 auf in Entwicklung der klimatisierten Gebäude- etwa 700 GWh im Jahr 2020 vorausgesagt. nutzfläche bis 2020 abgeschätzt. Klimaan- Damit würden im Jahr 2020 durch Kühlung lagen mit einer Kälteleistung von mehr als in etwa 250.000 Tonnen Treibhausgasemissi- 12 kW kühlten im Jahr 1990 in Europa 540 onen in Österreich verursacht werden. [1] 5
2.1. Energiepolitische Rahmenbedingungen Abb. 3: Endenergieverbrauch nach Verwendungszweck im Jahr 2007 zur Erreichung der Kyoto-Ziele dar. Die Ziele Abb. 2: Ergebnisse der Abschätzung zu Treib-hausgas- des Kyoto-Protokolls sollten bis 2012 erreicht emissionen im Nicht-Emissionshandelsbereich (Nicht- werden. Jedoch zeigt die aktuelle Klimabi- ETS) (in Mio.t CO2e) lanz Österreichs eine deutliche Abweichung zu den vereinbarten Kyoto-Zielen. Im Jahr Ein zunehmender Einsatz von Klimaanlagen 2008 lagen die Emissionen an Treibhausgasen im Sommer führt zu Spitzenlasten des Strom- 10,8% über dem Basisjahr von 1990 und somit verbrauchs, sodass die notwendige Strompro- 23,8% über dem gesetzten Kyoto-Ziel [25]. Ein duktion aus kalorischen Kraftwerken gedeckt Zukauf von Emissionszertifikaten erschwert werden muss, die mit fossilen Energieträgern die Erreichung von zukünftigen Klimaschutz- betrieben werden. Dieser zunehmende Ver- zielen, da hierdurch keine grundlegenden, brauch bringt eine Verschärfung der bereits strukturellen Verbesserungen in Österreich bestehenden Probleme in der Energieversor- stattfinden. gung durch hohe Spitzenlasten im Sommer Die EU Klimaschutz-Ziele 2020 wurden im und führt zu weiterer Importabhängigkeit. [25] Jänner 2008 vom europäischen Parlament Ein Beispiel zeigte sich im September 2003 in vereinbart und streben europaweit folgende Italien als 57 Millionen Menschen von dem Ergebnisse an: 20% Steigerung des Anteils landesweiten Stromausfall während einer an erneuerbarer Energie, 20% Steigerung der Hitzewelle betroffen waren. Wegen der au- Energieeffizienz und 20% Reduktion an Treib- ßergewöhnlichen Hitze waren die Stromnetze hausgasen bezogen auf das Basisjahr 1990. überlastet. Dies hatte negative Auswirkungen Österreich ist entsprechend des Vorschlages auf Verkehr, Infrastruktur und Wirtschaft. dazu verpflichtet, den Anteil an erneuerbaren Die Belastung für die Umwelt durch zusätz- Energien von 23,3% im Jahr 2005 auf 34% bis liche CO2-Emmissionen und die Kältemit- zum Jahr 2020 zu erhöhen, zudem sind die telproblematik werden so weiter erhöht. Be- Treibhausgasemissionen um 16% zu redu- mühungen zur Vermeidung des Einsatzes von zieren bezogen auf das Basisjahr 2005 (ohne Kleinraumklimageräten stellen bei entspre- vom Emissionshandel betroffene Bereiche) chendem Erfolg eine wirksame Maßnahme (siehe Abb. 02 & 03). [27] 6
2.2. Einflussfaktor NutzerInnen Das NutzerInnenverhalten ist neben den bau- NutzerInnen- lichen/gebäudetechnischen und klimatischen verhalten Bedingungen ein bedeutender Faktor des sommerlichen Kühlenergieverbrauchs. Für den Menschen nimmt oberhalb der Wohl- fühltemperatur von ca. 26°C die Konzentra- tionsfähigkeit deutlich ab. Untersuchungen zeigen, dass bei Temperaturen über 28°C die Leistungskurve des Menschen auf 70% und bei 33°C auf knapp 50% sinkt. [6] In Befragun- gen wurde festgestellt, dass Fensterlüftung und Sonnenschutz falsch eingesetzt werden und ein starkes Bedürfnis bei den NutzerInnen be- steht Fenster im Sommer zu öffnen. [17] Durch die Komfortansprüche an Raumtemperatur und relativer Feuchte, durch das Lüftungsver- halten und durch die Art der Bedienung von Sonnenschutzeinrichtungen wird eine aktive Kühlung von Wohnungen vermieden oder erst notwendig. Bei passiven Systeme, die der Abb. 04: Einflussfaktoren für die thermische Behaglichkeit in Innenräumen Nutzer z.B. im Gegensatz zu einem Heizkör- per nicht sieht, nicht anfassen kann oder von nach physikalischer Größe und Umgebungs- Behaglichkeit deren Vorhandensein er möglicherweise nicht bedingungen verschieden und definiert ent- einmal weiß, hängt der Erfolg des Konzeptes sprechend den Bereich der Behaglichkeit. In in starkem Maße vom Nutzerverhalten ab. Wohnbauten ist für das Wohlbefinden der Behaglichkeit ist keine exakt messbare Grö- BewohnerInnen von denselben Parametern ße sondern setzt sich aus dem subjektiven auszugehen. Die maximal zumutbare Grenz- Empfinden einer Vielzahl äußerer Wahrneh- temperatur hängt von Kleidung und Akti- mungen zusammen (siehe Abb. 04). Neben vitätsgrad der Person, als auch der relativen normierten, physikalisch messbaren Um- Feuchte und der Luftbewegung ab. In der gebungsbedingungen (z.B. Raumlufttempe- ÖNORM B 8110-3 wird für den Nachweis der ratur, Luftfeuchtigkeit, Beleuchtungsstärke, „Vermeidung sommerlicher Überwärmung“ Geräuschpegel) bestimmen auch individu- eine maximal empfundene Raumtemperatur elle, physiologische Kriterien (z.B. Alter, Ge- von 27°C tagsüber und 25°C nachts festgelegt schlecht, Konstitution) sowie intermediäre [14]. Bedingungen (z.B. Kleidung, Tätigkeitsgrad) In einem gerichtlichen Urteil 2003 wurde für das menschliche Wohlbefinden. Es beschreibt deutsche ArbeitnehmerInnen bis zu einer Au- individuelle Erfahrungswerte, bei denen der ßentemperatur von 32°C eine Raumtempera- Mensch die Umgebungsverhältnisse als kom- tur von maximal 26°C als zumutbar festge- fortabel empfindet. [9] legt. Liegt die Außentemperatur über 32°C, so Das menschliche Wohlbefinden wird übli- muss die Innenraumtemperatur mindestens 6 cherweise durch Behaglichkeitsfelder darge- Kelvin kühler sein. Durch dieses Präzedenz- stellt. Diese sind hauptsächlich auf Arbeits- urteil des Bielefelder Landesgerichtes sind die stätten zugeschnitten und durch die ÖNORM Vermieter verpflichtet für eine behagliche In- EN ISO 7730 definiert. Diese umfassen die nenraumtemperatur auch im Sommerfall zu intermediären sowie physikalischen Fakto- sorgen und die Gebäude, wenn notwendig, ren. Das Wohlbefinden des Menschen ist je entsprechend nachzurüsten. [24] 7
2.3. Aktive Kühlsysteme Problematik Bei hohem Kühlbedarf sind passive Maß- den, sowie das Stadtbild negativ beeinflussen. konventioneller nahmen oft nicht mehr ausreichend zur Er- Im Wesentlichen kann zwischen den elek- Kühlsysteme reichung eines komfortablen Raumklimas, trisch (Kompressionskühlung) und den daher werden aktive Kühlsysteme benötigt. thermisch betriebenen Systemen (Absorp- Aktive Kühlsysteme sind Kältemaschinen, die tionskühlung) unterschieden werden. Am dem Gebäudeinneren Wärme entziehen und häufigsten werden elektrisch betriebene Käl- diese außerhalb des Hauses an die Umgebung temaschinen verwendet, die trotz ihrer hö- abführen. Diese Art von aktiven Kühlsyste- heren Betriebskosten für elektrische Energie men verursacht zusätzlichen Stromverbrauch. in den meisten Fällen durch Massenfertigung Gerade im Wohnbau werden meist mobile die kostengünstigste Kühlvariante darstellen. Kleinst-Raumklimageräte eingesetzt, welche Thermisch betriebene Systeme, auch als sola- eine schlechte Effizienz und starke Geräusch- re Kühlsysteme bezeichnet, werden nachfol- emissionen aufweisen und im Außenbereich gend beschrieben. zu einer unangenehmen Wärmequelle wer- Solare Solare Kühlsysteme zeichnen sich aus durch: Kältetechnik eingesetzt werden und auch Kühlsysteme • die Anwendbarkeit von thermischer nachträglich in bereits bestehenden Kompo- Energie als Antriebsenergie, nenten integriert werden. • geringe Betriebskosten, Solare Kühlsysteme zeichnen sich durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Anlagen- • niedrigen elektrischen Anschlussleis- teile aus: Solaranlage (Kollektorfeld), Käl- tungen und temaschine bzw. Lüftungsanlage, Speicher, • Langlebigkeit und Umweltverträglich- hydraulische Verschaltung und Regelungs- keit. komponenten (siehe Abb. 05). Als Antriebsenergie können thermische So- Der Nachteil solarer Kühlsysteme liegt in den laranlagen, Ab- oder Fernwärme und/oder noch hohen Investitionskosten, dem größe- konventionelle Erdgas oder Heizölkessel ge- ren Platzbedarf für Wärmespeicher und dem nutzt werden. Solare Kühlverfahren können zusätzlich notwendigen Backup-System. in nahezu allen Bereichen der Klima- und Der Wärmespeicher ist notwendig aufgrund der deutlichen Verschiebung zwischen ma- ximaler Sonneneinstrahlung und maximaler Wärmelasten auf Innenräume. In Wohnge- bäuden kann eventuell auf ein Backup-Sys- tem verzichtet werden. [12] Bei solaren Kühl- systemen ergibt sich der ökologische Vorteil gegenüber elektrischen Kältemaschinen erst bei solaren Deckungsraten ab ca. 70%, ist allerdings auch stark von der ökologischen Qualität des Backup-Systems abhängig. Die technische Entwicklung solarthermischer Kühlsysteme ist in den letzten Jahren fortge- schritten und an zahlreichen Pilotprojekten durchgeführt. Standardisierte Auslegungsver- Abb. 5: Schemaskizze solar unterstützter Kühlung mit geschlossener Adsorpti- fahren und Regelwerke befinden sich derzeit onskältemaschine (Nutzung der Abwärme solarthermischer Anlagen) in Ausarbeitung. [9] 8
3 STRATEGIEN ZUR VERBESSERUNG Bereits im Altertum wurden Gebäude an die örtlichen Be- sonderheiten angepasst. Die Entwicklung von ressour- censchonenden und passiven Lösungen sowie regional angepassten Konzepten zur Schaffung eines angeneh- men Innenraumklimas war eine Selbstverständlichkeit. Aus Beispielen anonymer Architektur südli- cher Länder (z.B.: anonyme Baukultur in Af- ghanistan, Ägypten, Persien, Südeuropa etc.) kann viel über den Umgang mit langen Hitze- perioden und extremen Temperaturschwan- kungen gelernt werden. (siehe Abb. 06 & 07) Erst durch die Industrialisierung und die Ver- fügbarkeit von preiswerter fossiler Energie wurde bei der Errichtung von Gebäuden kei- ne Rücksicht mehr auf die örtlich vorhande- nen klimatischen Bedingungen genommen. Stattdessen wurde das Innenraumklima auf- wendig mit viel Technik auf das erforderliche Temperaturniveau gebracht. Heute ist diese Vorgehensweise längst überholt, da Energie immer wertvoller und teurer wird. So fand in den letzten Jahren ein großer Umdenkprozess statt um den Energieverbrauch des Gebäudes während der gesamten Nutzungsdauer zu re- duzieren. Die Einflussfaktoren, die sich auf den Heiz- wärmebedarf auswirken gelten in vielen Fäl- Abb. 6: Natürliche Klimatisierung in der anonymen persischen Baukul- len auch für den Kühlbedarf. Darunter fallen tur. Durch spezielle bauliche Vorkehrungen wurden Systeme zur natürlichen Klimatisierung genutzt: zwei- oder dreiseitige Windtürme, Windkappen und folgende Faktoren: die gezielte Anordnung von Baukörpern, Grünflächen und Wasserbecken. • Einfluss des Umgebungsklimas (z.B. Städtebau, Orientierung, etc.) • Gebäudehülle (z.B. Verglasung, Trans- mission, Fassadenfarbe, etc.) • Speichermassen (z.B. Wärmespeiche- rung in Gebäuden) • Verschattung (z.B. Sonnenschutz) • Lüftung (z.B. Nachtlüftung) • interne Lasten (z.B. Tageslichtnut- zung, Personen, Geräte, Beleuchtung, Kochen, etc.) • Bepflanzung (z.B. im Außen- und Innenraum) Abb. 7: Beispiele für Windtürme 9
Funktionsprinzip der Windtürme Windtürme bilden ein traditionelles Archi- über welche die Luft strömt tritt durchVer- tekturelement im südpersischen Raum und dunstungskühlung eine weitere Abkühlung Mittleren Osten und werden in dieser tro- ein. Manchmal werden auch unterirdische cken-heißen Klimaregion für die Belüftung Wasserflächen (sogenannte „Quanate“) für und Kühlung der Gebäude eingesetzt. eine zusätzliche Kühlung genutzt. (siehe Abb. Durch die vorhandenen niedrigen Nachttem- 08-10) [5] peraturen und stark ausgeprägte Hauptwind- traditionelles „Gypsum“- richtungen kann das Prinzip der Windtürme Ornament effizient eingesetzt werden. An der windzugewandten Seite strömt die 10 cm Luft ein und kühlt sich an den Turmwänden Holz- ab. An der windabgewandten Seite verlässt verankerung die warme Luft den Turm. In der Nacht wird der Kamineffekt, der bei hohen Temperatur- unterschieden zwischen Innen- und Außen- luft einsetzt genutzt und die Gebäudemassen Querwand gekühlt. Windtürme wurden noch mit anderen Sys- temen kombiniert. Durch eine Wasserfläche, Abb. 9: Schnitt und Grundriss eines Windturmes Windturm und Fensteröffnungen Abb. 8: Die Windtürme wurden vom Iran aus in benachbarte Länder mit ähnlichen klimatischen Vorraussetzungen übernommen. Abb. 10: Windtürme und rhythmische Fensteröffnungen Die Stadtsilhouette ist durch die unterschiedlichen Höhen und Anordnungen bilden ein charakteristisches Merkmal im Stadtbild. von Windtürme und Fensteröffnungen geprägt. 10
3.1. Gebäudehülle Das Innenraumklima wird im Sommer in erheblichem Maße vom Fensterflächenanteil des Gebäudes beeinflusst. Der Kühlbedarf steigt an, je mehr Fensterfläche vorhanden ist. Die Orientierung der Fensterflächen ist aus- schlaggebend für den solaren Eintrag. (siehe Abb. 11) Auf der Südseite wirkt sich die Ein- strahlung durch die flachstehende Sonne im Winter positiv aus. Im Sommer kann durch feststehende Verschattungselemente eine Überhitzung effektiv vermieden werden. An der Ostfassade wird die Morgensonne positiv empfunden. An der Westfassade kann sich der Raum durch die ganztägige diffuse Strah- lung und die direkte Sonneneinstrahlung am Nachmittag stärker aufheizen. [8] Abb. 11: Der Entwurf für die Schutzhütte Schiestlhaus, ein Passivhaus am Hochschwab in 2.145 m Höhe, wurden nach den klimatischen Bedingungen ausgerichtet und die Orientierung der Fenster und Verschattungselemente entsprechend nach Süden ausgerichtet. Fassadenfarbe Die Fassadenoberfläche kann sich je nach Farbe bis zu 80°C aufheizen. (siehe Abb. 13) Dunkle Farben bewirken eine höhere Ober- flächentemperatur. Dadurch bildet sich eine Luft-Grenzschicht direkt vor der Fassade, de- ren Temperatur bis zu 10 K über der Umge- bungstemperatur liegen kann. Bei geöffneten Fenstern wird diese Wärme in das Gebäude eingetragen (siehe Abb. 12). Um dies zu ver- meiden ist es günstig die Zuluft von der son- nenabgewandten Fassadenseite einströmen zu lassen. [7] Abb. 12: Fassadennahe Luftgrenzschicht (links), Durch Sonnenschutz bedingte Übertemperatur der Zuluft (rechts) Abb. 13: Thermische Auswirkungen der Sonneneinstrahlung in Abhängigkeit von der Oberflächenfarbe helle Ober- fläche (links); dunkle Oberfläche (rechts) 11
Sonnenschutzgläser Durch eine selektive Beschichtung auf der lichtversorgung zu rechnen. Innenseite der äußeren Scheibe von Son- Mittels bauphysikalischer Berechnung lässt nenschutzgläsern kann viel sichtbares Licht sich die Auswirkung durch den Einsatz von durchgelassen werden. Jedoch wird ein großer Sonnenschutzgläsern bei Kastenfenster ab- Anteil der Energie im restlichen Sonnenspek- schätzen. Verglichen wurden Kastenfenster trum zurückgehalten. Durch die Reflexions- mit Einfachverglasung und mit einer Stan- eigenschaften im sichtbaren Wellenlängen- dard-Wärmeschutzverglasung, sowie mit bereich werden die farbliche Erscheinung verschiedenen am Markt angebotenen Son- und die Intensität der Spiegelung des Glases nenschutzverglasungen als Innenscheibe. bestimmt. Übliche Farbtönungen sind Blau-, Abbildung 14 veranschaulicht den Winterfall Grün-, Silber- und Grautöne. Da die Beschich- für ein Südfenster: Ein negativer äquivalen- tungen zu allen Jahreszeiten gleich wirksam ter U-Wert weist auf erhöhte solare Gewinne sind, ist im Winter mit einer Reduktion der gegenüber den auftretenden Verlusten hin. solaren Wärmeeinträge und geringerer Tages- Dabei werden bei der Standard Zweischeiben Wärmeschutzverglasung die höchsten sola- re Gewinne erzielt. Durch den Einsatz von Sonnenschutzgläsern werden die Verluste im Vergleich zu einfachverglasten Kastenfenstern deutlich reduziert. In Abbildung 15 wird der reduzierte Wär- meeintrag bei der Anwendung von Sonnen- U-äqui Süd schutzgläser durch den geringeren g-Wert dargestellt. Ein niedriger g-Wert reduziert das Risiko der sommerlichen Überwärmung. Die Varianten Kastenfenster mit Sonnen- schutzverglasung innen erreichen dabei bes- sere Werte als das Kastenfenster mit Einfach- Glastypen verglasung oder die Standard Zweischeiben Abb. 14: Vergleich des Einflusses auf den passiven Solarertrag im Winter *) Wärmeschutzverglasung. Ein ausreichender Sonnenschutz kann durch eine im allgemei- nen Zwischenraum des Kastenfensters ange- ordnete Verschattung erreicht werden. Damit kann der g-Wert des einfachverglasten Kasten- fensters halbiert werden und liegt damit nahe den Werten der Varianten mit Sonnenschutz- verglasung. Eine im Zwischenraum liegende g-Wert Verschattung bietet, bei richtiger Anwendung einen effektiven Sonnenschutz im Sommer ohne die solaren Gewinne im Winter erheb- lich zu reduzieren. Glastypen *) Anmerkung: Für die Auswertung wurde nur die Südglasflä- Abb. 15: Vergleich des Einflusses im Sommer *) che berücksichtigt und daher keine Rückschlüsse auf die Per- Legende [mit g-Wert der Verglasung]: formance des gesamten Fensters möglich. Der Rahmenanteil Sonnenschutzglas 01 [41%] Sonnenschutzglas 06 [52%] ist nicht in die Berechnungen eingeflossen. Die verwendeten Sonnenschutzglas 02 [44%] Sonnenschutzglas 07 [29%] Daten basieren auf den Klimadaten des Passivhausprojektie- Sonnenschutzglas 03 [48%] Sonnenschutzglas 08 [42%] rungspaketes für den Standort Wien mit einem Verschat- Sonnenschutzglas 04 [40%] Floatglas [76%] tungsfaktor von 0,75 und ein Strahlungsdurchgangsfaktor Sonnenschutzglas 05 [39%] Zweischeiben Wärmeschutzglas [63%] von 0,85. [Anhang A - Auswertung Sonnenschutzgläser] 12
3.2. Speichermasse Ausreichende Speichermassen ermöglichen Die Sommertauglichkeit kann insbesondere Temperaturschwankungen innerhalb eines bei leichten Baustoffen durch den Einbau von Gebäudes zu reduzieren und tragen zu einer Phasenwechselmaterialien (Phase Change thermischen Stabilisierung bei. Dies ist ab- Materials / PCM) optimiert werden. hängig von der Rohdichte und der spezifi- Tabelle 1: Wärme / Kältespeicherung von Baustoffen: schen Wärmekapazität des Materials, sowie Die Wärmekapazität stellt die potentiell vorhandene dem Wärmeeindringkoeffizienten. Schwere Speichermasse dar, die Wärmeeindringzahl gibt die Baustoffe zeichnen sich durch bessere ther- Geschwindigkeit der Wärmeaufnahme bzw. -abgabe an. mische Eigenschaften aus (siehe Tabelle 1). Wärme wird in der Speichermasse tagsüber eingelagert und kann über Nacht mittels Nachtlüftung abgeführt werden (siehe Ka- pitel „Lüftung“). Ideale Wärmespeicher sind z.B. unverkleidete Betondecken oder schwere Ziegelwände. Durch den Einsatz von ober- flächennahen schweren Materialien können Temperaturschwankungen durch die speicher- wirksame Masse gedämpft werden. Sind nur leichte, gut wärmedämmende Baustoffe vor- handen oder werden massive Bauteilschich- ten durch wärmedämmende Vorsatzschalen oder Akkustikdecken abgedeckt, vermindert sich deutlich die speicherwirksame Masse. In diesem Fall droht die Überhitzung nicht nur in den Sommermonaten, sondern auch in den Übergangszeiten Herbst und Frühling. PHASE-CHANGE-MATERIALS (PCM) PCM speichern Wärme auch in latenter Form, d.h. ohne Tem- peraturerhöhung des Materials. Bei der Wärmeaufnahme kommt es zu einer Änderung des Aggregatzustandes (latente Wärmespeicherung). Der Vorteil dieses Prozesses liegt darin, dass im Gegensatz zur sensiblen (spürbaren) Wärmeaufnahme ein Vielfaches an Energie gespeichert werden kann, ohne dass es zu einer Temperaturerhöhung des Materials kommt. Ver- fügbare PCM für den Einsatz in Gebäuden bestehen meist aus Paraffin oder einer Salzhydratlösung und sind in mikro- und makroverkapselter Form erhältlich. Mikroverkapseltes PCM steht in Form von Zuschlagstoffen für Putze und in Form von Gipskartonplatten zur Verfügung. Durch die Nachrüstung mit PCM können Spitzentemperaturen in einem Gebäude passiv gesenkt und der thermische Komfort nachhaltig verbessert werden. Da die Wärmeenergie nur gespeichert und nicht ab- geführt wird, muss sie trotzdem zu einem späteren Zeitpunkt (z.B.: durch Nachtlüftung) abgeführt werden. [12] 13
3.3. Verschattungssysteme Abb. 16:Verlauf der Sonne am 21. Dezember (blau) und 21. Juni (rot) (MEZ, Standort Wien, 48° 12´ N, 16° 22´ O) Um den Strahlungseintrag durch die Ver- innerhalb eines Kastenfensters angebracht glasung zu reduzieren, bieten sich Verschat- werden. Die einzelnen Systeme weisen je nach tungssysteme an. Damit kann flexibel auf die Geometrie des Sonnenschutzes, Ausrichtung klimatischen Bedingungen reagiert werden. der Fassade und Jahreszeit unterschiedliche In den Wintermonaten ist die Nutzung der Wirksamkeit auf. passiven Sonnenenergie durch die Vergla- Durch eine Sonnenschutzsteuerung kann sung erwünscht und führt zur Reduktion des das System automatisch auf die klimatischen Heizwärmebedarfes. Im Gegensatz dazu soll Bedingungen reagieren. Diese kann einstrah- der Wärmeeintrag durch die Verglasung im lungsgesteuert oder raumtemperaturabhän- Sommer vermieden werden. Ein Abschat- gig ausgeführt sein. Im Falle einer Steuerung tungsdiagramm, welches die Abschattung in nach Einstrahlung ergeben sich gegebenen- Abhängigkeit von der Himmelsrichtung und falls hohe Strahlungseinträge durch diffuse der geografischen Lage darstellt, kann bei der Strahlung. Bei der raumtemperaturabhängi- Auslegung von Fixverschattungen (Vordä- gen Steuerung besteht die Möglichkeit, dass cher, seitliche Elemente, Fixlamellen) helfen, sich der Sonnenschutz auch ohne direkte So- um in der Heizperiode eine maximale Be- larstrahlung schließt. Der Vorteil einer intel- sonnung zu erreichen und im Sommer eine ligenten Steuerung liegt in der Verbesserung ausreichende Beschattung zu gewährleisten. des Raumklimas im Sommer und des opti- (siehe Abb. 16). malen Einsatzes des Sonnenschutzes während Dabei hängt die Leistungsfähigkeit des Son- der Nutzungszeit. [6] nenschutzes von seiner Ausführung ab. Außen Auswahlkriterien für den Sonnenschutz sind: liegender Sonnenschutz weist eine um den • die Orientierung, Faktor 3 bis 5 höhere Effizienz auf, ist jedoch • der Fensterflächenanteil, wetterexponiert. [7] Innenliegender Sonnen- schutz hat den Vorteil, dass er witterungsun- • die Windexposition, abhängig ist und geringere Investitions- und • die Anforderung an das Tageslicht, Wartungskosten bestehen. Weiters kann der • der visuelle Komfort und Sonnenschutz zwischen zwei Scheiben bzw. • die Investitions- und Wartungskosten. 14
außenliegender Sonnenschutz Außenliegende Sonnenschutzsysteme sind am wirkungsvollsten, da die Solarstrahlung schon vor der Fassade abgefangen wird. Durch die Witterungs- und Windexposition ist mit hö- heren Investitions- und Wartungskosten zu rechnen. Es werden automatische Systeme mit individuellen Steuerungsmöglichkeiten empfohlen. Feststehender Feststehender Sonnenschutz ist für die Süd- Sonnenschutz fassade geeignet aufgrund des steilen Ein- strahlungswinkels der Sonne im Sommer. Abb. 17: feststehender Sonnenschutz Darunter fallen z.B.: Balkone, Vorsprünge, Loggien, horizontal gestellte Sonnenschutz- lamellen etc. (siehe Abb. 17, 18 & 20) Beweglicher Unter beweglichen Sonnenschutz können Sonnenschutz z.B. außenliegende Jalousien aus Aluminium, Kunststoff oder Holz, Schiebeläden, Vertikal- bzw. Horizontallamellen, perforierte Licht- lenklamellen oder außen liegende Prismen- platten gezählt werden. Durch verstellbare Jalousien im Oberlichtbe- reich wird eine gute Nutzung des Tageslichtes bei gleichzeitiger Verschattung erreicht. Ge- gebenenfalls gibt es auch Produkte mit licht- lenkender Wirkung. (siehe Abb. 19) Abb. 18: Auskragender Dachvorsprung Abb. 19: Beweglicher Sonnenschutz Legende: Sonnenstand mittags (Standort Wien, 48° 12´N, 16°,22´O: 1 - 21.6. - Sommersonnenwende (62°) 2 - 21.3. und 21.9. - Tagundnachtgleiche (42°) 3 - 21.12. - Wintersonnenwende (18°) Luftverhältnisse: Abb. 20: Bei südorientierten Fenster eignet sich ein horizontal auskragen- 4 - Fassadenaufluft der, fester Sonnenschutz (z.B. Dachüberstand, Balkonplatte etc), der mit 5 - Natürliche Raumlüftung dem Fußpunkt der Verglasung einen Winkel von 30-35° einschließt. 15
Abb. 21: Varianten für den außenliegenden Sonnenschutz Außenliegende Verschattungen sind der Wit- terung ausgesetzt und sollten langlebig und witterungsbeständig sein. Ein Beispiel für ein witterungsbeständiges Verschattungssystem findet sich beim Palmenhaus in Schönbrunn. Die angebrachten Jalousien sind eis- und sturmbeständig. (siehe Abb. 22) Einfache Wartung, Reinigung und die Ver- wendung robuster Materialien sind beim Ein- satz außenliegender Verschattungssysteme zu berücksichtigen. Textile Verschattungen für den Außenbereich sollten entsprechende Ma- terialeigenschaften (wasserabweisend, reiß- fest) aufweisen. Im Zuge der Sanierung der denkmalgeschützten Schule in der Märzstra- ße wurde ein außenliegender Sonnenschutz Abb. 22: Palmenhaus Schönbrunn gegen Überhitzung in den warmen Jahreszei- ten angebracht. Der eingesetzte Sonnenschutz zeichnet sich durch schlanke Profile aus und passt sich dezent in die historische Fassaden- gliederung ein. (siehe Abb. 23) Das Kastenfenster bringt konstruktionsbe- dingt die Möglichkeiten in vier Ebenen Ver- schattungsmaßnahmen zu treffen: • innenliegend an der Decke (horizontal mittels Vorhangschiene) • innenliegend in der Fensternische (rollen oder falten vertikal) • im Fensterkasten (rollen oder falten vertikal) • außenliegend. Abb. 23: Ansicht Schule Märzstraße nach der Sanierung 16
innenliegender Sonnenschutz Innenliegende Sonnenschutzsysteme bie- ten den Vorteil, dass sie witterungsgeschützt und windunabhängig sind. Jedoch ist die Sonnenschutzwirkung durch die Aufheizung des innenliegenden Sonnenschutzes und die Wärmeabgabe direkt in den Raum deutlich geringer. Innenliegende Sonnenschutzsysteme schir- men die eintreffende Strahlung erst im Raum- inneren ab. Um eine starke Erwärmung zu Abb. 24: Varianten für den innenliegende Sonnenschutz vermeiden sollte deshalb die eingedrungene gesetztem Material. Die Bedienung ist elekt- Strahlung möglichst gut nach außen reflek- risch oder händisch (Kugelkette oder Seil etc.) tiert werden. Es werden verschiedene Systeme möglich. (Lamellen, Rollos, etc.) für den innenliegen- den Sonnenschutz angeboten (siehe Abb. 24). Bei historischen Gebäuden sollte besonders Die Wirkung eines innenliegenden Sonnen- auf ein optisches Einfügen des Sonnenschutz- schutzes ist auch stark von den thermischen systems geachtet werden und dieses, wenn Eigenschaften der Verglasung abhängig. Da- möglich, bündig im Fenstersockel integriert bei unterscheidet sich der Durchblick und die werden. Wirkung im Raum je nach System und ein- Systeme im Scheibenzwischenraum Systeme im Verglasungszwischenraum kom- benzwischenraum muss die gesamte Scheibe binieren Wind- und Witterungsunabhän- getauscht werden. Verfügbar sind auch Syste- gigkeit mit hoher Effizienz und Variabilität. me mit öffenbarem Scheibenzwischenraum, Die Lamellen befinden sich innerhalb des dadurch ist ein Austausch der geschädigten Scheibenzwischenraums und können manu- Sonnenschutzeinrichtung möglich, ohne die ell oder elektrisch angetrieben werden. Be- gesamte Verglasung auszutauschen. Starre wegliche Systeme können Sonnenschutz und Systeme (z.B.: Bedruckung, Strukturen, licht- Blendschutz übernehmen und den Nutzerbe- streuende Schichten oder Lamellen) reduzie- dürfnissen angepasst werden. Nachteile sind ren die Durchsicht und eignen sich nur für die hohen Investitionskosten und bei Ausfall Bereiche ohne Anforderungen an den Aus- des Antriebsmotors für Lamellen im Schei- blick. [7] Energiegewinnung und Verschattung Unter Berücksichtigung des steigenden Strombedarfs und der zukünftigen Versor- gung durch überwiegend dezentrale Erzeu- gung auf Basis erneuerbarer Energien, ist ne- ben der Minimierung des Strombedarfes auch zu prüfen in welchem Umfang das Gebäude selber Strom erzeugen kann. Marktreife Pro- dukte stehen mit der Photovoltaiktechnologie in einer großen Bandbreite zur Verfügung. Verschattungselemente sind aufgrund ihrer Funktion in der Regel einer direkten Sonnen- strahlung ausgesetzt und eigenen sich beson- ders für Photovoltaikintegration. Abb. 25: Solar-Aktiv Haus von Architekturbüro Rein- berg (Quelle: Reinberg Architekten ZT GmbH) 17
3.4. Lüftung Freie bzw. natürliche Lüftungsprinzipien fin- den sich vielfach in der Natur. So nutzen bei- spielsweise Termiten bei ihren Hügelbauten die natürliche Belüftung, um eine Überhit- zung zu vermeiden. Auch historisch betrachtet ist der thermische Auftrieb eine alte Methode um Gebäudelüftung umzusetzen. Druckun- terschiede von kalter und warmer Luft führen zu einer Ausgleichsströmung, die gezielt für Abb. 26: Querlüftung: links: schwierig, rechts: richtig die Gebäudekühlung eingesetzt werden kann. Hohe Räume, wie z.B. Atrien, sind für die ef- fektive Nutzung des thermischen Auftriebs geeignet. Weitere Beispiele sind Solarkamine oder Windtürme. [9] Regelmäßiges und richtiges Lüften ist aus hy- gienischen Gründen für die Gesundheit und optimale Leistungsfähigkeit notwendig. Bei falschem Lüftungsverhalten kann es im Som- mer zu ungewollten Wärmeeinträgen kom- men und zu Überhitzung im Innenraum füh- ren. Richtiges Lüften zum richtigen Zeitpunkt kann zur Gebäudekühlung im Sommer bei- tragen. Durch Stoßlüftung am Morgen kön- nen effizient Wärmelasten abgeführt werden. Generell ist es günstig im Sommer die Zuluft Abb. 27: kontrollierte Be- und Entlüftung für Wohngebäude mit Erdkanal von sonnenabgewandten Fassadenseiten ein- strömen zu lassen oder kühle Innenhöfe zu nutzen. Mittels Querlüftung wird eine erhöh- Gebrauch eines Minimum/Maximum Thermometers für te Luftbewegung und ein zusätzlicher Behag- richtiges Lüften bei längeren Hitzeperioden lichkeitsgewinn erreicht. (siehe Abb. 26) Ein Minimum/Maximum Thermometer besteht aus zwei Die Wirksamkeit von Fensterlüftung wird miteinander verbundenen Glasröhrchen, worin sich eine von der Höhe eines Fensters bzw. der Höhen- Anzeigeflüssigkeit befindet. An jeder Röhre befinden sich differenz zweier Lüftungsöffnungen und der Temperaturskalen, welche gegengleich verlaufen. Durch ma- freien Querschnittsfläche beeinflusst. Weiters gnetisch schwimmende, farbige Stahlstäbchen wird über eine sind die Form und Größe der Öffnungsflä- bestimmte Zeitperiode die Minimal- und Maximaltempera- chen, sowie ihre Lage zueinander relevant. tur angezeigt. Mit Hilfe eines Minimum/Maximum Thermo- Kontrollierte Be- und Entlüftungsanlagen meters kann bei einer längeren Hitzeperiode die auftretende werden für eine optimale Luftqualität einge- Minimal- und Maximaltemperatur im Außenraum gemes- setzt und reduzieren Lüftungswärmeverluste sen werden, diese wird mit der gemessenen Innenraumtem- im Winter. In Kombination mit einem Erd- peratur verglichen. Am besten werden zwei Thermometer reichwärmetauscher wird das Einbringen bei einem sonnenabgewandten Fenster (jeweils eines innen weiterer thermischer Lasten in den Innen- und eines außen) angebracht. Wenn die Temperaturdifferenz raum vermieden. Die Außenluft wird zuerst zwischen minimaler Außentemperatur und Innentempera- über ein Erdreichregister geführt und gibt die tur 5 K erreicht hat, ist eine Nachtlüftung sinnvoll oder das Wärme an das umgebende Erdreich ab. [12] Ablüften der Wärme in der Früh bis ca. 9 Uhr möglich. (siehe Abb. 27) 18
In Mitteleuropa fallen die Nachttemperaturen Nachtlüftung meist unter 20°C und bieten gute Vorrausset- zungen für eine effiziente Gebäudekühlung durch Nachtlüftung. Dabei werden die kühlen Außentemperaturen genutzt, um die vorhan- denen Speichermassen zu kühlen, damit diese tagsüber die Wärme aufnehmen können. Die Vorraussetzungen für die Effizienz der Nacht- lüftung sind unverkleidete, genügend vorhan- dene Speichermassen und ausreichend große Lüftungsöffnungen, die witterungsgeschützt und einbruchsicher sein müssen. Anzustre- ben ist ein vierfacher Luftwechsel oder höher. Abb. 28: Optimal für die Nachtlüftung ist eine Quer- Die Nachtaußentemperaturen sollen mindes- lüftung - Bei der Nutzung des Innenhofes sollte darauf tens fünf bis sechs Stunden um 5 K unter- geachtet werden, dass keine wärmeabgebenden Kleinkli- halb der Innenraumtemperatur liegen. Dieser mageräte installiert sind. Richtwert ist abhängig von der angestrebten Leistungszahl des Systems. Bei niedrigen in- ternen und externen Wärmelasten (max. etwa 150 Wh/m2d) kann eine Nachtlüftung zur al- leinigen Kühlung des Gebäudes genutzt wer- den. [7] Der Vorteil der Nachtkühlung besteht in den geringeren Investitionskosten gegenüber einer Klimaanlage. Damit kann v.a. in der Übergangszeit erheblich zur Gebäudeküh- lung beigetragen werden. Allerdings ist es Abb. 29: Nachtlüftungsklappen Passivhausschule nicht möglich eine maximale Raumtempe- in Frankfurt /Main, 4a Architekten ratur bzw. definierte Kühlleistung zu garan- Beim Einsatz von Ventilatoren ist zu beach- tieren, da während heißer Perioden, beson- ten, dass es durch Nutzung eines Zuluftventi- ders bei hohen Nachttemperaturen, mit nur lators zu einer Temperaturerhöhung der Zu- geringfügiger Wärmeabfuhr zu rechnen ist. luft kommt. [12] Eine Alternative zum Betrieb Durch Lüftung über Fenster und Lüftungs- von Ventilatoren ist die Ausnutzung eines klappen kann es aufgrund ungleicher Wind- thermischen Auftriebs beispielsweise durch verhältnisse im Gebäudeumfeld zu ungleich eine Koppelung mit einem Abluftschacht. hohen Auskühlungen bzw. eventuell zur Un- terkühlung einzelner Gebäudeinnenräume Wird ein kontrolliertes Be- und Entlüftungs- und kühleren Raumtemperaturen am Morgen system (wie bei Passivhaus oder Niedrigst- kommen. Prinzipiell ist es sinnvoll Innenhöfe energiehaus) mit einer freien Nachtlüftung für die Nachtkühlung zu nutzen. Allerdings kombiniert, darf die kühle Außenluft nicht kann es durch die Installation von Klimagerä- über den Wärmetauscher geführt werden, ten durch deren zusätzliche Wärmeabgabe zu da dies sonst zu einer Erwärmung der zuge- erhöhten Temperaturen im Innenhof führen. führten Luft führt. In diesem Fall muss ein Bypass-System vorhanden sein, über das der Bei optimaler Ausführung der Nachtlüftung kühle Außenluftvolumenstrom im Sommer sind keine Ventilatoren notwendig. Für eine geführt werden kann. Dadurch ergibt sich effiziente Kühlung ist der Luftwechsel aller- auch ein geringerer Druckabfall, da der Wär- dings überlicherweise viel zu gering. metauscher umgangen wird. [7] 19
3.5. interne Lasten Interne Lasten werden meist durch die Nut- gute Alternative zu der herkömmlichen Glüh- zung des Gebäudes bestimmt und können birne. Im Gegensatz zu einer Glühlampe, wel- nur eingeschränkt beeinflusst werden. Bei der che über eine Lichtausbeute von ca. 10 lm/W Auswahl von Elektro- bzw. Haushaltsgeräten verfügt, erreichen LEDs je nach Typ zwischen sollte, neben der Rücksichtnahme auf mög- 50 bis über 100 lm/W und übersteigen die Le- lichst geringen Energieverbrauch, auch an bensdauer einer Glühlampe um den Faktor einen geringeren Wärmeeintrag durch ener- 10 bis 50. LEDs sind im Prinzip eine Punkt- gieeffiziente Geräte gedacht werden. lichtquelle und flächiges Licht wird mittels Im Sommer kann ein optimiertes Tageslicht- aufwendiger Linsen- oder Diffusortechnik er- Tageslicht konzept Kühlenergie einsparen, indem in- reicht. Die neueste Entwicklung stellt die orga- terne Lasten durch elektrische Beleuchtung nische Leuchtdiode (OLED) dar. Diese kann vermieden werden, bzw. die thermische Be- eine homogene blendfreie Grundbeleuchtung haglichkeit verbessern. Diffuses Licht ist mit im Raum übernehmen und arbeitet als Flä- ca. 120 Lumen pro Watt wesentlich energieär- chenlicht. Derzeit befindet sich diese noch in mer als direktes Licht. Die Lenkung von dif- der Entwicklung, da noch Verbesserungen im fusem Licht ist nur über kurze Strecken und Hinblick auf Lebensdauer, Größe, Lichtfarbe nicht gezielt möglich. Direktes Licht kann ge- und Kosten notwendig sind.[21] Durch gezielte Planung von direkter und in- zielt in die Raumtiefe gelenkt werden.[7] Die Wahl der Beleuchtungsmittel hat einen ent- direkter Beleuchtung kann ein Beleuchtungs- scheidenden Einfluss auf den Wärmeeintrag konzept bedarfsspezifisch umgesetzt werden. und Stromverbrauch. Die Effizienz (Lichtaus-Weiters kann durch die Gestaltung der Innen- beute) in Lumen pro Watt Anschlussleistung räume mit hellen und/oder reflektierenden unterscheidet sich zum Teil erheblich. Eine Oberflächen Beleuchtungsenergie eingespart werden. In Abhängigkeit von Material und geringere Lichtausbeute hat zugleich eine gro- ße Wärmeentwicklung mit entsprechendem Farbe werden unterschiedliche Resultate er- Einfluss auf die internen Wärmelasten eines zielt. Bei der Wahl der Verschattungssysteme Gebäudes zur Folge. ist auf eine ausreichende blendfreie Lichtlen- Lichtemittierenden Dioden (LED) bieten für kung, besonders für Arbeitsbereiche, zu ach- den Innen- und Außenraum aufgrund ihrer ten (siehe Kapitel „Verschattungssysteme“). Energieeffizienz und hohen Lebensdauer eine 3.6. Pflanzen Pflanzen spielen eine bedeutende Rolle für ge Stauden, Büsche und Gräser. Bei Menschen ein ausgeglichenes Makroklima und haben lässt sich eine Verbesserung der Wohn- und einen positiven Einfluss auf das Mikroklima Arbeitssituation teilweise physikalisch, auf je- im Gebäudeinneren. Sie spenden Schatten, den Fall jedoch psychisch, erkennen. reduzieren Schadstoffe in der Luft, dienen Bei der Pflanzung von Bäumen ist auf die zur Schallabsorption und Staubbindung und Wahl des Standortes und der Baumart (die haben auch eine kühlende Wirkung. Dieser Belaubungsdauer und Lichtdurchlässigkeit kühlende Effekt ist auf die Verdunstungskälte der Krone) zu achten. Der Standort soll die zurückzuführen, die durch die TranspirationBesonnung privater Freiflächen nicht zwangs- an der Pflanzenoberfläche entsteht. weise einschränken und im Winter die passi- Durch gezielte Bepflanzung im Außenraum ve Sonnenenergienutzung nicht behindern. wird das Klima um das Gebäude verbessert, Allerdings führt ein sommerlicher Sonnen- dazu eignen sich neben Bäumen auch niedri- schutz von Fenstern durch laubabwerfen- 20
de Bäume zu einer Reduktion der passiven Sonnenenergienutzung.[27] Als Faustregel sollten Tiefschatten- und Schattenbäume nie vor Südfassaden gepflanzt werden. Es ist von Vorteil überwiegend einheimische, an den Standort angepasste Bäume zu pflanzen. Eine Abb. 30:Wohnhausanlage Brünnerstraße weitere Möglichkeit bietet sich durch eine Fassadenbegrünung an. (siehe Abb. 30) Für der Kletterpflanzen und gegebenenfalls durch Südwände werden Kletterpflanzen empfoh- situationsgerecht angepasste Kletterhilfen len, die im Herbst ihr Laub abwerfen, für alle deutlich reduziert werden. Es gibt grundsätz- übrigen Wände ein immergrüner Bewuchs. lich zwei Arten an Möglichkeiten die Fassade Die Pflege darf bei der Fassadenbegrünung zu begrünen: Selbstklimmer oder Gerüstklet- nicht vergessen werden und benötigt anfangs terpflanzen. Durch Rankhilfen wachsen die die Anwuchspflege, dann die laufende Erhal- Pflanzen nur in bestimmten Bereichen um tungspflege, bzw. Schnittmaßnahmen. Dieser Traufschäden und zugewachsene Fenster zu Pflegeaufwand kann durch geeignete Auswahl vermeiden. 3.7. Weitere passive Kühlstrategien Ist eine zusätzliche Kühlung erforderlich so Deckenflächen. Der große Vorteil dieses Sys- sollte in erster Linie eine CO2-neutrale Mög- tems liegt in der Selbstregulierung aufgrund lichkeit gesucht werden, die überschüssige der geringen Temperaturunterschiede zwi- Wärme abzuführen. Es stehen unterschied- schen den Bauteilen und der Lufttemperatur. liche passive, hybride und aktive Techniken Die maximalen Kühllasten sind allerdings auf bereit. Passive Systeme arbeiten ohne me- ca. 40 W/m² beschränkt. chanischen Antrieb und nutzen bauliche Ge- Erdsonden und Energiepfähle: Bei diesen ge- gebenheiten zur Gebäudekühlung wie zum schlossenen Systemen wird die Temperatur Beispiel: natürliche Lüftung. Hybride Systeme des Grundwassers bzw. des Erdreichs genutzt. sind eine Kombination aus mechanischem Erdsonden können nachgerüstet werden, da Antrieb und natürlichen Wärmesenken wie sie keine statisch erforderlichen Bauteile sind. zum Bsp.: eine Bauteilaktivierung in Verbin- Das System kann mit verschiedenen Anwen- dung mit Energiepfählen. Zu den aktiven dungen gekoppelt werden (z.B.: Wärmetau- Systemen zählen Technologien wie konventi- scher der Lüftungsanlage, Wärmepumpe oder onelle Kompressionskältemaschinen oder so- Thermoaktive Bauteilsysteme) lar angetriebene Sorptionskältesysteme (siehe Kapitel 2.3. Aktive Kühlsysteme). Kühlung mit Grundwasser: Für die Nutzung der kühleren Temperatur des Grundwassers Nachfolgend werden ausgewählte Systeme kommen ein Förder- und ein Sickerbrunnen beschrieben: zum Einsatz. Der Förderbrunnen entnimmt Thermoaktive Bauteilsysteme (TBS): In dem Erdreich das Grundwasser, welches den Bauteilen werden wasserdurchflosse- dann über einen Wärmetauscher geführt wird ne Schlauchleitungen integriert und für die und über den Sickerbrunnen wieder in das Rückkühlung idealerweise eine natürliche Erdreich eingebracht wird. Dabei wird das Wärmesenke, z.B.: Erdsonden genutzt. Als Grundwasser um etwa 3 Grad erwärmt. Es thermisch aktivierte Bauteile können Fußbo- ist wichtig die geologischen Verhältnisse und den, Wand und/oder Decken genutzt werden. wenn möglich die Fließrichtung und chemi- Eine Flächenheizung im Boden weist eine ge- sche Zusammensetzung des Grundwassers zu ringere Kühlleistung auf, als eine Nutzung der kennen. 21
3.8. Beispiele EFH Pressbaum Typ: Thermoaktives Haus Einfamilienhaus Architekt: Arch. DI Dr. Martin Treberspurg Ausführung: 1995-1996 Wohnnutzfläche: 138 m² Bei diesem Einfamilienhaus, an einem Süd- hang in Pressbaum gelegen, werden Wand- und Fußbodenfläche thermisch aktiviert so- wie durch ein einfaches und kostengünstiges System im Winter zu Heizzwecken und im Sommer zur Kühlung genutzt. Abb. 31: Außenansicht Energiekonzept: • Südorientierung, • passive Nutzung der Sonnenenergie, • Sonnenkollektoren zur Warmwasser- bereitung, • Sammeln des Regenwassers für Gar- tenbewässerung, • Wintergarten zur Nutzung der pas- siven Gewinne mit innenliegender Verschattung und großzügig dimen- sionierten Lüftungsöffnungen verse- hen, • innovatives, einfaches Kühlsystem durch Umschalten des Heizkreises im Sommer. Durch das Umschalten des Heizkreislaufes während heißer Sommerperioden werden die Fußboden- bzw. Wandflächen im Keller Abb. 32: Grundriss Erdgeschoß als Wärmesenke für die oberen Geschoße bei rot markierten Wänden und Fußbo- genutzt. Es ist lediglich eine kleine Umwälz- denflächen wurde eine Bauteilaktivierung pumpe notwendig. Diese pumpt das durch eingesetzt. die hohen Raumtemperaturen warme Heiz- wasser in die Kellerflächen, wo es sich abkühlt und die Hobbyräume im Keller temperiert, um Kondensat zu vermeiden. Zusätzliche Maßnahmen (Verschattung, Nachtkühlung etc.) ermöglichen angenehme Innenraumtemperaturen im Sommer. Messtechnische Untersuchungen konnten eine erhebliche Verbesserung der Innenraum- Abb. 33: Innenliegende Verschattung temperaturen in den Sommermonaten bestä- Wintergarten tigen. [25] 22
Wollzeile Dachausbau Typ: Thermoaktives Haus mit Brunnenwas- serkühlung Dachbodenausbau Architekt: Georg W. Reinberg Ausführung 2003-2005 Wohnnutzfläche DG 430 m2 Heizwärmebedarf (HWB): 36 kWh/(m²a) Primärenergiebedarf für Heizung, Lüftung und Kühlung: 63 kWh/(m2a) Der Dachausbau, auf einem bestehenden his- torischen Haus in der Wiener Innenstadt, wird Abb. 34: Ansicht Wollzeile als Büro und Wohnung genutzt. Aufgrund der großzügigen Verglasung an drei Seiten ist der Sommerfall besonders zu beachten. Energiekonzept: • dreifach Verglasung, • kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung, • elektronisch gesteuerter außen liegen- der Sonnenschutz, • Bauteilaktivierung der Decke und des Fußbodens zum Heizen und Kühlen, • Kühlung mit Brunnenwasser Simulationen der Maßnahmen haben eine Temperatursenkung von ca. 5 K, durch die Abb. 35: Energiekonzept: Sonneneinstrahlung (links), Kühlung nachts (mitte) und Brunnenkühlung (rechts) Betonaktivierung, prognostiziert. Die Be- wohnerInnen haben eine hohe Zufriedenheit bekundet. Das Kühlkonzept besteht aus dem Zusammenspiel dreier Strategien (Nachtlüf- tung, außenliegende Verschattung und Bau- teilaktivierung) um die Temperatur auch an Spitzentagen unter 28°C zu halten. [25] Abb. 36 Sommer - Verschattungskonzept Längsschnitt Abb. 37: Ansicht Wollzeile 23
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