Soweto und das Recht auf Bildung - Afrika Süd
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
LÄNDERZEILE UN Photo Soweto und das Recht auf Bildung Mit freundlicher Unterstützung des BMZ Der Herausgeber ist für den Inhalt allein verantwortlich. 3|2016 afrika süd 19
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG Der Soweto-Aufstand – Inbegriff jugendlicher Befreiung AM 16. JUNI 1976 DEMONSTRIERTEN SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IN SOWETO, einer riesigen Township süd- westlich von Johannesburg, gegen die Einführung des Afrikaans als Prüfungssprache. Es war ein Wendepunkt des Widerstands und der staatlichen Gewalt in Südafrika. Zeitlich ist der Soweto-aufstand von 1976 zwischen der Black Unterrichts- und Prüfungssprache schlechte abschlusszeugnisse zu Consciousness-Bewegung und den großen Massenbewegungen der erhalten, die ihre geringen Berufschancen abermals schmälerten. 1980er-Jahre anzusiedeln. Seine Bedeutung liegt auch darin, dass Dagegen organisierten sie in Soweto, der damals größten township sich mit dieser Rebellion der Schüler/innen erstmals nach mehr als mit ca. 1,5 Millionen Menschen, und vielen anderen Städten ihren zehn Jahren eine Opposition zurückmeldete, die aus der Mitte der eigenen Widerstand. südafrikanischen Gesellschaft kam – und nicht aus dem Exil. Selbstorganisierte Proteste Kontexte Siiso Mxolisi ndlovu wirkte an den ersten aktionen im Frühjahr Schwarze Jugendliche, die ihr leben noch vor sich hatten, reagier- 1976 mit, noch lange vor der Eskalation im Juni. Mittlerweile ist er ten mit Widerstand auf die weiteren drastischen Beschränkungen selbst professioneller historiker, 1998 veröfentlichte er „the Soweto ihrer Zukunftsperspektiven. Die gesetzlich verankerte, diskriminie- Uprising, Countermemories of June 1976“ in Johannesburg. in die- rende Bantu Education verwehrte ihnen sowieso schon Bildungs- sen „Gegenerinnerungen“ betont er den Charakter einer zunächst und Berufschancen, die für Weiße selbstverständlich waren. Der nur auf die Einführung des afrikaans bezogenen Protestbewegung apartheidstaat gab für jeden weißen Schüler zwanzigmal mehr Geld ohne politisch-ideologische Zielrichtung. Vehement setzt er sich ge- aus als für gleichaltrige Schulbesucher aller anderen hautfarben. Die gen Vereinnahmungsversuche durch politische Organisationen zur nicht-weiße Bevölkerungsmehrheit inanzierte aber mit ihren Steu- Wehr. ern die hohen staatlichen Bildungsausgaben für junge Weiße, damit „ich erinnere mich nicht daran, dass irgendeine Befreiungsbewe- wurde deren Bildung unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern. gung, etwa die Black Consciousness-Bewegung oder das South af- Gleichzeitig war das rassistische Bildungssystem auch darauf aus- rican Student Movement (SaSM) etwas zu unseren täglichen tref- gerichtet, insbesondere der schwarzen Bevölkerung ihre Unterlegen- fen und Diskussionen beitrug. Kurz gesagt, wir als Schüler standen heit vorzuführen und als koloniales Selbstbild einzuimpfen. Da die unserem Schicksal und unseren Problemen gegenüber. nach einem Schülerinnen und Schüler so wenig wie die meisten lehrer des afri- oder zwei Monaten Bummelstreik, ohne dass sich eine lösung ab- kaans mächtig waren, fürchteten die Jugendlichen, mit dieser neuen gezeichnet hätte, beschlossen wir, oiziell einen Schulboykott zu 20 afrika süd 3|2016
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG beginnen, der Mitte Mai aning.“ (ndlovu Die friedlichen Demonstrationen eska- worden. aber ofenbar handelte es sich 1976 1998:7) lierten, als die Polizei mit großer Brutalität um eine „neuerindung“. Wie sich später he- ndlovu zitiert aus einer 1995 aufgezeich- gegen die Jugendlichen und Kinder vorging. rausstellte, waren drei tage das höchstmaß neten Stellungnahme seines früheren Klas- Bereits in den ersten tagen wurden etliche dessen, was die Bevölkerung durchhalten senkameraden Paul ndaba: „Wir wussten erschossen – zumeist auf der Flucht. Die konnte. aufgrund der sehr geringen löhne damals nicht, wofür die Befreiungsbewe- Polizeigewalt erreichte, dass der aufstand und der erst im aufbau beindlichen Ge- gungen eintraten. Wir wussten nur, dass es nach einer Woche ablaute. Dem folgten werkschaften, die über keine Streikkassen eine Organisation namens PaC gab und dass weitere Wellen der Eskalation und Repressi- verfügten, hatten die Menschen keine inan- es eine Organisation gab, die anC genannt on. Schätzungen zufolge gab es mindestens ziellen Rücklagen. wurde. Das haus des Präsidenten in Orlan- 500 Verletzte und tote, etwa 1200 Schüler/ Die aktion wird als „dritte Phase“ des do West [Stadtteil von Soweto] lag fast ge- innen wurden verhaftet, 44 Prozent waren Kampfes bezeichnet, nach den Demonstra- genüber unserer Schule. Wir wussten, dass zwischen 13 und 16 Jahren. Mancherorts war tionen der Schüler Mitte Juni und einem dieses haus herrn Mandela gehörte. Wir die hälfte der inhaftierten Mädchen. Die Streik im august, bei dem es der Polizei wussten nur, dass er verhaftet und für Ver- Schülerinnen und Schüler hatten erkannt, erstmals gelungen war, schwarze Wander- rat und solche Dinge verurteilt worden war. allein würden sie gegen die militarisierte arbeiter gegen die Bevölkerung von Soweto Wir wussten nichts über die Geschichte des Staatsmacht nicht viel ausrichten können. aufzuhetzen, was zu einem Blutbad führte. anC oder des PaC, wir wussten nur, dass Deshalb suchten sie Verbündete. Die Polizei hatte an die Wanderarbeiter als diese Organisationen irgendwo in Sambia ältere Männer appelliert, sie waren in Wohn- saßen, aber wir wussten nicht, was sie dort Bündnisse heimen kaserniert worden und lebten von machten. (...) Die BCM (Black Consciousness Da die große Mehrheit der Bewohner der Bevölkerung Sowetos getrennt. Vertreter Movement) war auch nicht da, die initiati- Sowetos in industrie und Dienstleistungs- der apartheidpolizei gaukelten ihnen vor, ve lag nur bei den Schülern selbst. (...) Wenn betrieben arbeitete, lag es nahe, sie in den außer Rand und Band geratene Jugendliche niemand diese Sache richtig stellt, dann aufstand einzubeziehen. Darum rief der wollten die soziale Ordnung umstürzen, in- wird es eines tages als tatsache gehandelt, Schülerrat von Soweto Mitte September dem die ältere Generation gezwungen wer- dass es eine initiative des anC gewesen sei.“ 1976 zu einem dreitägigen Streik auf. aller- den sollte, sich der jungen unterzuordnen. (ndlovu 1998:34 und 44) dings war dies kein normaler Streik, da die Die Wanderarbeiter, die noch stark von nor- Ein weiterer ehemaliger aktivist, njabulo arbeiter zu hause bleiben sollten, wo sie vor men des Respekts vor den alten geprägt wa- nkonyane, ließ ebenfalls im Dezember 1995 der Polizeigewalt sicherer waren als auf der ren, reagierten wie erwartet. Später konnten seine Erinnerungen von ndlovu aufzeich- Straße. Erstmals war ein sogenannter „Stay die Jugendlichen die Wanderarbeiter von ih- nen: away“ im Rahmen zivilen Widerstands in ren wirklichen Zielen überzeugen und sie in „ich erinnere mich, dass wir an dem Mor- den 1950er-Jahren erfolgreich ausprobiert großer Zahl auf ihre Seite bringen. in ihrem gen auf dem Schulplatz versammelt waren und der Rektor [Principal], herr Mahlaba, „Dass doch so viele getötet und noch mehr verwundet worden waren, entnahmen wir erst ankündigte, dass möglicherweise Schüler den Berichten im Radio später am Tage. Nomsa, meine 14-jährige Schwester, wäre um ein von anderen Schulen kommen würden und Haar eine von ihnen geworden. Etliche ihrer Schulgefährtinnen waren niedergemäht worden. es eine Demonstration geben würde. Er er- Großes Entsetzen! wartete, dass wir uns in einer disziplinierten Wut und Trauer schlugen um: „Erst recht! Apartheid muss weg!“ riefen nun auch tausende Weise verhalten würden. aber dann kamen Jüngere und zahlreiche Ältere selbst aus fernen Gegenden. Im Exil in Westdeutschland gingen die Schüler und wir machten mit. (...) Die viele von uns auf die Straße und standen mit Verbündeten vor der Botschaft des Apartheidre- Demonstration entwickelte ein Eigenleben; gimes. Wir sangen Freiheitslieder in Solidarität mit den Schülerinnen und Schülern in und um sobald wir mitmachten, konnte keiner uns Soweto. mehr etwas sagen. Sie wurde nicht geleitet. Dass wir jenen 16. Juni einst als entscheidenden Wendepunkt „auf dem langen Weg in die Die Polizei reagierte in der bekannten Wei- Freiheit“ gedenken würden, ist eines der Erlebnisse, die bestätigen, wie wichtig es ist, sich se. Wir reagierten unsererseits.” (ndlovu niemals tatenlos mit Unrecht abzufinden!“ 1998:36.) Dr. Ben Khumalo-Seegelken 3|2016 afrika süd 21
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG Streikaufruf im September 1976 sprachen sie Rollenbilder hoften sie, die inter-generatio- Generationenverhältnis die ältere Generation als „Väter und Mütter“ nelle Gewalt dieses Mal zu verhindern, was allerdings konnte der Führungsanspruch an und präsentierten sich selbst als deren ihnen in der tat gelang. des Soweto Students Representa- Kinder. Durch diesen appell an traditionelle tive Council SSRC bei der Bewoh- nerschaft Sowetos nicht ohne ember f zu ein em St ay -Away ab 13. Sept weiteres durchgesetzt werden. mit dem Aufru ud en ts’ Re pr es entative Council Der Führungsanspruch dieses to St Flugblatt des Sowe Schülerrats war auch fragil, weil 1976: h: Opera- er selbst nicht gewählt war, „Azikhwelwa on Monday“ es ge ge n di e Un terdrücker, nämlic sondern sich unter den Bedin- seines Kampf ka be tri tt nu n die dritte Phase gungen der Repression und des dafri „Das Volk von Sü ion en Rand, re ik] ! nn t – M ill Untergrunds durch Kooptati- tion azikhwelwa [St fruhr gena De m on str at ion – von Zynikern au zw isc he n Sc hülern on jeweils neu konstituierte. re letzte fort die allia nz rloren durch unse sie den Schluss, so artige Die Rassisten ve . Da ra us zo ge n iti on ell e ke ul en Daraus erklärt sich, warum in n der arbeit fern blieben ob-kieries (trad weil die Mensche ve rzü gl ich di e arbeiter auf, kn zu er m or de n –, die für Flugblättern aus dem Jahr 1976 brechen. Sie riefe n un enen Kinder und arbeitern zu i sic h zu tra ge n und damit ihre eig immer wieder die Führung erter be s holz) und Schw Schlagwafen au durch Jugendliche gerecht- che demonstrier ten. rster dazu einla- eine gerechte Sa be it ge ht , [P re mierminister] Vo t, fertigt wird. Manche aufrufe ihr zur ar n behaupte r so llt et be de nk en, dass ihr, wenn t. Vo rst er un d se ine Gangster habe sind auch mit Drohungen ge- Eltern-arbeiter, ih hon getan ha uns, euren ei- er , ab zu sc hl ac hten, wie er es sc ch , un se re eig enen Eltern, vor gen alle verbunden, die sich eu ss det, uns, eure Kind an genen Woche da zu dienten, or den. Bitte lasst es nicht zu, da eie n de r ve rg d, un s zu er m it nicht an die anweisungen dass die Schießer ihr liefert Vorster den Vorwan hmutzige und m örderische arbe zu be sc hü tze n. st ih n se in e sc nn halten. Zumindest für einen genen Kindern, en en Kinder zu erm orden – las er eien vermeiden – und das ka et zt, eu re eig we ite re Sc hi eß teil der jugendlichen akti- Vorster euch aufh ndenbock werdet . Wir wollen zu bleiben. da ss ih r zu m Sü las st, zu ha us e visten waren alle Mitglie- erledigen, ohne abbringen he n, we nn ih r euch nicht davon da nn zu tu n, we nn unse- der der älteren Generation am besten gesche nicht so eigensü chtig, dies auch r solltet euch , ab er w ir sin d en . Elt er n, ih grundsätzlich der Kollabora- re Examen schreib en getötet werd Wir wollen unse re ss e de s Po liz eihauptquartiers] ge ge n di e Un te rdrücker zu tionsbereitschaft verdäch- Vorster [Square - ad ss es vorzieht, re Brüder in John e W elt ge se tzt habt. Ein Kind, da da ss es vo rzi eh t, durch eine tig. ese art Kinder in di hen. Ein Kind, freuen, dass ihr di n un d Kr im in alität unterzuge e Elt er n in ein en Zustand Es gab ofensichtlich drei unksucht, Frustra tio lbst und sein kämpfen, als in tr Er zie hu ng zu sc hlucken, die es se ng , di e ih r ge boren habt? unterschiedliche legitima- ete en der Befre iu , als eine vergift lz auf die Soldat Kugel zu sterben . Se id ih r ni ch t sto be it. tionsstrategien für die Füh- rwerfung zwingt g nicht zur ar dauerhafter Unte rst üt zt sie au ch ! Geht am Monta e Ge - rung des aufstands durch te hr wird in di stolz seid, dann un hätten. Dieses Ja Wenn ihr auf sie Ja hr ve rlo re n rü ck - Jugendliche: ss wir ein r unterd schaudern bei de m Gedanken, da fang vom Ende de lasst euch nicht de s re pr es siven Systems, als an 1. Die ältere Generation anfang vom En de ge he n als de r wurde durch alkohol schichte ein ein Sieg, der nd e in Sü da fri ka. W Et O. Di es ist und Scheinzugeständ- erischen Zustä Schwarze in SO ög lic hk eit de s hausbesitzes für ut zu ve rg ieß en . Jetzt geht es nisse des apartheid- reits von der M en, unser Bl Vorster spricht be ler , eu re Ki nd er, uns bereit fand de r Ge fa ng en en , die während staates korrumpiert. hü EilaSSUnG , weil wir, die Sc UCatiOn, die FR , rufen unsere errungen wurde de r Ba nt U ED W ir, di e Sc hü ler Dies erklärt die mas- : die abschafung d den Sturz der Un terdrückung. um größere Siege rd en sin d, un he n. siven angrife auf die en verhaftet wo r arbeit zu ge der Demonstration en un d vo n M ontag an nicht zu n du rch staatlichen Bierhallen hause zu bleib llschaft, habe Eltern dazu auf, zu e schwarze Gese d bl eib t de r ar beit fern. Wir, di n zittern! Das Volk von in Soweto bereits am er- serem aufruf, un Un terdrücker so lle be ite r, fo lgt un tte n. Un se re ER FR Ei“ sten tag des aufstands. Eltern-ar als unsere Ke inister], laSS Un SERE KinD az ikh we lw a nichts zu verlieren RU GE R [Ju sti zm Viele Jugendliche be- Operation er Stimme: „K ist en tsc hl os se n – es ruft mit ein be it ge he n! “ trachteten die ältere Ge- Südafrika wir nicht zur ar Ki nD ER ni ch t im Stich, indem neration als entmündi- sen UnSERE „Rassisten, wir las ER M OR DE n! “ gt und entmännlicht ob-kieries rd en un se re Ki nDER nicht mit kn G! !! Di E M aC ht DEM VOlKE!!! durch den Konsum von „Wir we tERDRÜCKUn VO RS tE R! !! ni EDER Mit DER Un ng vo n zw ölf alkohol, der ihre Wi- Unser Slogan ist : WEG Mit nicht die tötu um eu ch ge kü mmert? hat er e vo n Cr oe su s derstandskraft lähmte. rster jemals , als die leut n ha t sic h di es er kriminelle Vo ur de n ni ch t hunde eingesetzt ha lu nk en ge - Wan e angeordnet? W ers Polizei- n in Carletonvill FaBRiK“ von Vorst [Minen-]arbeiter re Frau en in de r „hEinEMann- n nicht schwange streikten? Wurde ern!] tgeschlagen? t, wird sterben, Elt würgt und fast to t ni ch t, le ut e!! !! Wer es doch tu [Fahr yo Bazali Yinile! t, Bd. 5, Documen t 70 aDODa!!!! Kufaya aus: Karis, Gerhar aZKhWElWa M 22 afrika süd 3|2016
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG Flugblatt des Soweto Studen 2. Die ältere Generation wurde in die apartheid hi- ts’ Representa „an alle Väter tive Council in und Mütter, Br Englisch und Se neinsozialisiert und hat verlernt, sich zu wehren. üd er sotho, 15. Okt . 1976: städten, Städ un d Sc hw es te Die jüngere Generation ist noch nicht „vergiftet“ ten und Dörfe rn, Freunde un „Wir appellier rn in de r Republik Süda d a rb eite r, in allen Gro und ihr fällt darum der Führungsanspruch zu. en an euch, eu frika“ ß- Mischt euch ei ch dem Kampf So äußerten sich Schüler in interviews der deut- n und vereint fü r eu re eigene Befr tochter, die w euch mit uns, eiung anzusc ir an jedem W denn es sind hließen. schen Journalistin Gisela albrecht 1976, die 1977 ochenende be euer eigener allgegenwärtig er di Sohn und eure im Buch „Soweto oder der aufstand der Vorstäd- . Es gibt keine ge n. Der tod ist fü eigene 1. Soweto und Frieden und es r uns alle in de alle Schwarze w ird keinen geben, n to w nships te“ in Reinbek auf Deutsch erschienen. Darin n-townships bis wir alle fr ein. Wir müsse tr et en nu n in eine Zeit ei si nd . bezogen sich die aktivisten auf die argumenta- n allen Schüle der tRaUER um unseren Resp rn und Erwac tionen des Black Consciousness vom internali- ekt erweisen. hsenen, die vo die toten n der Polizei er 2. Wir müssen mordet wurde sierten Kolonialismus: denjenigen un n, werden und an sere Solidaritä unserer statt t zeigen, die in „Es ist ja gerade dieses Gefühl, nur ein Schwar- gefoltert wer de n Polizeizellen 3. Wir sollten den. festgehalten zer und minderwertiger zu sein, diese ideologie unsere Sympa zungen und a th ie un d U nterstützung ist es, die verhindert, dass sich politisch etwas rbeitslosigkei all den arbeite tage der arbei t hinnehmen rn zeigen, die t fernzubleibe mussten, wei lohnkür- ändert. Es gibt den Minderwertigkeitskom- n. l sie unserem 4. Wir sollen zu aufruf folgte plex immer noch, aber er verliert zunehmend sammensteh n, drei KlaGt die PO en und verein litiSChEn GEF t se in in der Forderun an Bedeutung, vor allem bei den Jüngeren. (...) anGEnEn an g: 5. WiR MÜSSEn ODER EntlaSS Wenn Sie etwas anderes beobachten, dann FREi WERDEn t Si UnSER aUFR ! E allE! steckt nicht dieser Komplex dahinter, sondern UF iSt: aUF a WEGEn DERJE ll ES , W O Ra n WiR FREUD Furcht, begründete Furcht. Und das ist etwas niGEn UnSE E haBEn, MÜ RER KinDER, SSEn WiR VER - KEinE WEih DiE DURCh PO ZiChtEn ganz anderes.“ (albrecht 1977:104). naChtSEinKÄ liZEiKUGEln - KEinE WEih U FE StaRBEn. 3. Die ältere Generation ging ein Stück des Wegs, naChtSKaRt - KEinE WEih En jetzt übernimmt die jüngere Generation den naChtSGESCh - KEinE WEih EnKE Stab und führt den Widerstand weiter. Da- naChtSPaRt - KEinE ShEB iE S raus resultiert ihr Recht auf Führung. Dies EEnBESUChE lasst uns, eure [Shebeens = to wird deutlich in folgendem Zitat eines Ober- Kinder, zum er wnshipkneip Kleider kaufen sten Mal wed en] oder anziehen er zu W eihnachten no schülers, den Gisela albrecht 1976 während . ch zu neujahr Das Jahr 1976 neue eines interviews nach der Rolle alter Men- wird in unsere dem Schweiß, Geschichte ei Bl ut und tränen ng eh en al s das JahR DES schen fragte: „Sie haben ihren teil geleistet, für unsere Be tRaUERnS, da Wir werden di freiung vergos s Jahr, in als sie noch jünger waren. ich glaube, jeder ese Solidaritä sen wurden. men und ihre t und Sympath a rbeitsplätze ve ie m it de nj enigen, die ih Mensch verliert irgendwann die Kraft wei- rloren haben, r leben und ih KEinE EinKÄ zeigen durch r Einkom- terzukämpfen, wenn er älter wird. aber UFE in DEn FO allE KlEiDER lG En DEn lÄDEn: die Jüngeren geben ihnen wieder neuen GESChÄFtE allE MÖBElG Mut.“ (albrecht 1977:100). ESChÄFtE allE alKOhO Das Dokument vom Oktober 1976 ist ein lGESChÄFtE allE SPiElWa aufruf an die gesamte Bevölkerung Süd- REnlÄDEn Wir appellier afrikas, nicht mehr nur Sowetos; der Schü- en an alle Elte aufruf Folge rn, arbeiter un zu leisten. Wir kö d Schüler und lerrat von Soweto tritt nun als Sprecher nnen im tod an alle Shebee Wir können ni kein Glück in n-Betreiber, di des Widerstands im gesamten land auf. ch t FEiERn! den. esem n.B. Eure Söhn Gleichzeitig wird das System grundsätz- e un d töchter und outs und Verr alle Schwarze ätern am Schw n Führer wer lich angegrifen. Zudem erhält neben der „VEREint Sin arzen Kampf den ausschau D ! halten nach Se Solidarität mit den Verhafteten die to- W iR StaRK“ ll- tenklage großen Stellenwert, wobei der aufruf eine Verbindung zu traditionen aus: Karis, Ger hart, Bd. 5, Doc . 72, S.583ff. herstellt. Da die getöteten Jugendlichen keine ahnen werden können, weil sie selbst noch keine nachkommen haben, die ihr Gedenken aufrechterhal- So erscheinen den christlich sozialisierten akti- ten, bezieht sich die neue Form der Gemeinschaftsbil- visten private Feiern von Weihnachten angesichts Der Autor lehrt an der dung auf lokale Vorstellungen von der Erweiterung der vielen toten unmoralisch. auch durch Konsum- Universität Duisburg- der Gesellschaft über die lebenden hinaus. indem boykott soll der Kampf fortgesetzt und den toten Ehre Essen. Zu seinen Veröf- nun alle der toten gedenken, war deren Opfer nicht erwiesen werden. im Rahmen einer nationalistischer fentlichungen zählen: umsonst. ihnen wird die Ehre des ahnenstatus zuteil, Mythenbildung wird nation als imaginierte Gemein- Jugend und Befreiungsbe- denn sie werden die „Väter und Mütter der Befrei- schaft der lebenden und der toten dargestellt. Darum wegungen im südlichen ung“. Dieser aufruf impliziert eine aufwertung der endet der aufruf folgerichtig mit der Warnung vor Afrika, Periplus, 12, 2002. Jugendlichen, woraus sich der dringliche ton und der Verrätern, denn zu solchen werden diejenigen, die den Südafrika – Geschichte umfassende Katalog der zu befolgenden Maßnahmen toten den Respekt versagen. und Gegenwart, Stuttgart erklärt. >> Christoph Marx 2012. 3|2016 afrika süd 23
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG 40 Jahre Soweto-Aufstand – Gedenken vor Ort WIE ERINNERN SICH FRÜHERE SCHÜLER AN DEN 16. JUNI 1976? Was verbinden heutige Schülerinnen und Lehrer mit dem Tag? flickr.com / keso s / cc: by-nc-nd tive zum 16. Juni 1976 an diese Schule. Für die diesjährige Erinnerungsfeier hat er frühere aktivisten als Redner eingeladen. Morris Isaacson High School auch an der Morris isaacson high School laufen die Vorbereitungen für die Gedenk- feier auf hochtouren. hier hatten die Schü- ler am 11. Juni 1976 große Pappkartons am Schultor aufgehangen, auf denen stand: „no S.B’s (Special Branch) allowed.“ Diese Spezialabteilung der Polizei war besonders gefürchtet. Vor der Schule gibt es seit 2014 ein Dokumentationszentrum, hier inden auch Veranstaltungen zur Berufsindung für Es ist Winter in Soweto. an diesem kal- monie zuhören und mit Freundinnen und Schüler statt. Die Schülerinnen und Schüler ten Morgen machen sich fröstelnde Schü- Freunden aus der theatergruppe an ihrer der Morris isaacson-Schule werden von hier lerinnen und Schüler auf den Weg zum Schule feiern. Sie betont, wie sehr sie und aus am diesjährigen Erinnerungsmarsch Unterricht. Sie müssen sich gut auf ihre viele andere Jugendliche sich über die freie teilnehmen. Er soll an Orten entlang führen, halbjahresexamen vorbereiten. heute sa- Bildung und den Zugang zu technischen wo protestierende Jugendliche erschossen gen sie: „Wir können gleichzeitig lernen und Geräten wie iPads im Unterricht freuen. wurden. Dort und bei der abschlusszeremo- kämpfen“. Damals hieß es: „Befreiung geht Gleichzeitig hält sie Partys alkoholisierter nie in Orlando West sollen kurze Reden ge- vor Bildung.“ Soweto, die South Western Jugendlicher an nationalen Feiertagen für halten werden. township, erhielt ihren namen wegen der bedenklich. relativen nähe zu Johannesburg. Es ist ein June 16 Foundation Symbol für das neue Südafrika, das sowohl Londiwe Mbhatha Frühere Schülerinnen und Schüler, die neue Prosperität als auch die alte Misere der londiwe Mbhatha ist ebenfalls 16 Jahre beim Soweto-aufstand mitgekämpft hatten, Squattersiedlungen vereint. Soweto ist ein alt und kommt aus Orlando West. ihre El- gründeten diese Stiftung, um Bewusstsein urbaner Ort großer kultureller lebendigkeit, tern kämpften 1976 beim Schülerprotest und Bildung über dieses Ereignis zu fördern, der gleichzeitig die Wunden der apartheid- mit. ihnen ging es um die Freiheit. Deshalb wie ihr Vorsitzender Mr. Seth Mazibuko be- Passgesetze in sich trägt. Soweto entwickelt beteiligt sie sich jedes Jahr am oiziellen Ge- tont. Er skizziert einen geplanten Generatio- sich ständig weiter – zusammen mit den denkmarsch durch Soweto. Sie teilt Rachels nendialog. Das Programm erstellte ein team dort lebenden Communities. Sie arbeiten Sorge über den alkoholkonsum bei Partys, der Stadt Johannesburg, der Provinzregie- gemeinsam mit der Regierung daran, die die Jugendlichen zum Verhängnis werden rung und des südafrikanischen Kirchenrats. Geschichte Sowetos mit der Welt zu teilen. – vor allem Mädchen, die dann missbraucht am 11. Juni soll im Orlando Station über die werden. Schließlich gehen etliche teenager- Verbrechen der staatlichen Maschinerie Rachel Ndimande Schwangerschaften auf sexuelle Übergrife des apartheidregimes relektiert werden. Rachel ndimande geht auf die Phefeni Se- zurück. Gleichzeitig soll darüber nachgedacht wer- nior Secondary School in der Vilakazi Street, den, wie die diskriminierenden apartheid- wo gleich zwei Friedensnobelpreisträger Naledi High School gesetze junge Menschen beeinlussten. auf wohnten: nelson Mandela und Desmond an der naledi high School wurde am 8. diese Weise sollen Südafrikaner motiviert tutu. Die Sechzehnjährige erklärt: Sie ver- Juni 1976 der erste Brief an den damaligen werden, nicht zu vergessen, woher sie kom- bindet den 16. Juni 1976 mit hector Pieter- Bildungsminister geschrieben, um gegen men, und selbst ihre Geschichte erzählen. son, dem Kind, das an dem tag von süd- afrikaans als Prüfungssprache zu demons- am geplanten Generationendialog nehmen afrikanischen Polizisten erschossen wurde. trieren. Wegen der hohen Polizeipräsenz an weiße ehemalige Soldaten, frühere Unter- Sie sollten protestierende Schüler auf dem dem tag auf dem Schulgelände begannen grundkämpfer und Familienmitglieder der- Weg zum Orlando-Stadion stoppen, die sich Schüler, Steine auf Polizeiautos zu werfen. jenigen teil, die 1976 umgebracht wurden. gegen afrikaans als Unterrichts- und Exa- hier arbeitet der engagierte lehrer tshepo >> Freedom Ngubonde menssprache wehrten. Rachel will am 16. Maphosa daran, Schülerinnen und Schüler Juni, dem nationalen tag der Jugend, den über die Geschichte der naledi high School Der Autor ist Aktivist der Khulumani Support oiziellen Reden während der Gedenkzere- zu unterrichten. Er leitet die Bildungsinitia- Group. 24 afrika süd 3|2016
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG Schreiben, um den Augenblick festzuhalten LITERARISCHER AKTIVISMUS NACH DEM SOWETO-AUFSTAND. Auf die herrschenden Bedingungen nach Soweto reagierten junge Autoren mit Schreiben. als ich in den 1980er Jahren auf der high School teenager genießen, während meine Freunde vom Exil war, lohen Freunde von mir ins Exil, um sich dort der aus für die Befreiung der heimat im Einsatz waren. Befreiungsbewegung anzuschließen und den Krieg Meine Bitte schien Maika nicht zu schockieren. im gegen die apartheid von jenseits der Gegenteil, er hieß mich Platz nehmen und hielt mir Grenzen Südafrikas aus zu füh- einen ziemlich langen Vortrag. Die längste lek- ren. Die Strategie sah vor, tion, die er mir bis dahin erteilt hatte. durch bewafneten Kampf, Deren Kernaussage lässt sich in weni- in Verbindung mit Propa- ge Worte fassen, aus dem Gedicht von ganda, gegen das System arthur nortje: „Denn manche von uns vorzugehen, das Opfer müssen die Burgen erstürmen, andere und täter gleicherma- das Geschehen deinieren.“ nortje, ein ßen entmenschlichte. aufgeweckter junger Dichter, Südafri- ich wollte in diesem kaner, wegen seiner identität verfolgt, Krieg mitkämpfen. ich starb im Exil in England: Er stammte aus musste dabei sein. der Coloured Community, galt also als Far- ich war damals noch jung, biger — war, anders formuliert, gemischtras- hatte die Provinz, in der ich zur sig — und unglücklich über diese Zuschreibung. Welt gekommen war, noch nie ver- Er loh nach England, schrieb prägnante Gedichte und lassen und brauchte ofenkundig einen Wegweiser starb irgendwann an einer Überdosis Drogen. Er war — wie komme ich raus aus meiner Provinz, über die erst 27. Grenze und von dort aus weiter? hier sei angemerkt, So traurig und tragisch seine Geschichte auch war, dass Schwarze, bedingt durch Gesetze zur Zuwande- seine Werke haben viele von uns inspiriert. „Denn rungs-Kontrolle, auf Schritt und tritt überwacht wur- manche von uns müssen die Burgen erstürmen, an- Der Autor ist Literat und den. Ein Schwarzer, egal wo er hinging, musste ein dere das Geschehen deinieren.“ Mit der Wirkkraft Journalist. oizielles ausweisdokument mit sich führen, den viel dieser Worte gewappnet hab ich meinen Schulab- geschmähten Dompas. Ohne dieses Papier war der schluss gemacht, und mir war sehr klar, wer ich war Auszug aus seinem Schwarze ein nichts, ein Geist. Wenn die Polizei ihn und welchen auftrag ich in der Welt hatte. ich zählte Vortrag über Xenophobie auf der Straße ohne dieses Dokument antraf, konnte zu denen, die dazu bestimmt waren, „das Geschehen und Rassismus in Südafri- sie ihn einsperren. zu deinieren“. ka, Herausforderungen ich war damals noch zu jung, um einen solchen Vor mir waren schon andere am Werk gewesen, die an einen Schriftsteller. ausweis zu besitzen. ich musste mich also heimlich Deinierer des Geschehens. als das Untier apartheid Mit freundlicher Geneh- bewegen, von Stadt zu Stadt, bis über die Grenze, ins sich auf die Presse stürzte und seine drakonischen Ge- migung des Autors. Fred nachbarland. Dazu aber brauchte ich fachmännischen setze es schier unmöglich machten, über die Brutalität Khumalo referierte am Rat. Und hier deutete alles auf einen Mann hin: Mai- des Systems zu berichten, stachen die Werke von Si- 18.5.2016 in der Akade- ka Pascal Gwala, den bekannten Gewerkschafter und pho Sepamla, Mongane Serote und ihresgleichen wie mie der Künste der Welt, lyriker. Er kam aus derselben township wie ich, und leuchtfeuer aus dem Dunkel der apartheid hervor. Köln. Als Übersetzerin interessanterweise hatte ich gerade meine ausbil- Diese autoren schrieben unter schwierigsten Bedin- wirkte Jutta Himmelreich. dung bei ihm angefangen. Er brachte mir bei, wie man gungen und legten Zeugnis davon ab, was in unserem Eine Veranstaltung im Gedichte schreibt und vermittelte mir ein Gespür für land geschah. ihre Worte gaben uns Kraft; sie entfach- Rahmen des literarischen literatur. ten Feuereifer in uns. Austauschprogramms Mit keinem Wort erwähnte er je, dass er Menschen nach der high School ging ich auf die Durban Uni- „Rhine-South-Africa- über die Grenze ins Exil geholfen hatte. Ja, er hat mich versity of technology und machte meinen abschluss Fellowship“, einer 2015 dazu ermuntert, revolutionäre Schriften zu lesen. aber in Journalismus und Politologie. Obwohl ich Jahre von stimmen afrikas/ er hat kein einziges Mal versucht, mich für die Unter- später meine laufbahn als Journalist begann, war mir Allerweltshaus Köln und grundbewegung zu rekrutieren. Zugegeben, ich war sehr bewusst, dass meine Berufung über das bloße Syltfoundation initiier- mit 15 der Jüngste in der Gruppe. Story-Schreiben für Zeitungen hinausging. Folglich ten Kooperation mit der Meine Freunde, die das land verlassen hatten, wa- arbeitete ich tagsüber als Journalist und war nachts Akademie der Künste der ren in meinem alter. also fasste ich mir eines tages literarischer aktivist. (...) Kunst, die nicht nur von der Welt, unterstützt von der ein herz und bat ihn, mir den Weg ins Exil zu ebnen. Brutalität erzählte, sondern über den Moment hinaus- Kunststiftung NRW. ich konnte schwerlich, so meine Rechtfertigung ihm wies. Kunst, die Opfer zu Menschen machen konnte. gegenüber, entspannt mein leben als teilnahmsloser >> Fred Khumalo Foto: Herby Sachs 3|2016 afrika süd 25
Alle Fotos: Open Stellenbosch SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG 2015: Jahr der Studierenden STUDIEREN AN DER UNIVERSITÄT STELLENBOSCH UND STUDENTENPROTESTE. Wie beides zusammengeht, erklärt Dimpho Mashile. Im Gespräch mit afrika süd stellt die Studentin der Ingenieurwissenschaften und Inisa-Stipendi- atin auch ihre kreativen Innovationen und ihr soziales Engagement vor. ich komme aus Emalaheni in Mpumalan- men des Studiums nicht mein hauptinte- met er sich dem Design von Vintage-Klei- ga, also aus dem dortigen Kohlegebiet. 2013 resse sind. Dennoch sehe ich weiterhin den dung. Seine Biographie beweist: Man kann begann ich mit meinem Studium in Stellen- Wert dieser Kompetenzen und der damit professionelle Jobs und persönliche kreative bosch. Die erster Zeit hier war für mich ein verbundenen Denkweise. Entfaltung kombinieren. Denn auch in der Kulturschock. nicht wegen des afrikaans, Für den professionellen austausch ist Berufswelt haben sich die Zeiten geändert; das spreche ich sehr ließend. Denn ich habe WomenEng wichtig, ein netzwerk kom- man hat nicht mehr sein ganzes leben lang eine afrikaans-sprachige high School be- petenter ingeneurinnen. nach dem Ba- nur einen Job. Das ist eine große Chance. Wir sucht. in den Minenstädten wohnen viele Examen möchte ich meine Kenntnisse im können unsere vielfältigen talente entfal- afrikaans-sprachige Weiße, so war ich an Finanzwesen vertiefen und einen Ma-Studi- ten und unsere Fähigkeiten in unterschied- afrikaans als Unterrichts- und alltagsspra- engang in Betriebswissenschaften absolvie- lichen Bereichen beweisen. che gewöhnt. Dennoch erlebte ich einen ren oder ein nationales Diplom in Finanzen anknüpfend an unsere Campus-aktivi- Kulturschock, weil man in Stellenbosch ge- erwerben. täten haben wir eine Vereinigung zur För- zwungen wird, auch die Kultur anzuneh- derung von Kindern gegründet, deren Eltern men, die hier mit der Sprache verbunden ist. Schon jetzt nutzen Sie Ihre wissenschaft- nicht über die inanziellen Mittel für Schul- Deshalb habe ich zunächst nichts außerhalb lichen Erkenntnisse ganz praktisch. Wie uniformen und Unterrichtsmaterial verfü- der akademischen Veranstaltungen unter- genau? gen. Uns geht es darum, den Kindern an der nommen. Zur praktischen Umsetzung meiner i- ikaya-Grundschule im township Kayaman- ich konzentrierte mich vollkommen auf nanziellen Kenntnisse habe ich mit einem di nahe Stellenbosch durch dauerhafte För- den Unterricht. im ersten Jahr wird „indus- Geschäftspartner eine kleine Business-Platt- derung ganz praktisch das lernen zu ermög- trial Engineering“ im Rahmen der ingeni- form für junge kreative Menschen aufge- lichen oder zu erleichtern. eurwissenschaften ganz breit gefächert baut. Es geht um verschiedene künstlerische Die elektronische Version unserer Busi- unterrichtet, danach spezialisieren sich die ausdrucksformen, „art is currency“ ist mein ness-Plattform heißt 1042 nach der haus- Studierenden. Es ist ein vierjähriges Pro- Motto, Second-hand-Mode meine leiden- nummer meines Geschäftspartners. Denn gramm und umfasst die Erstellung der ab- schaft. hier verbinde ich mein interesse unsere heimat, unsere herkunft prägt uns. schlussarbeit. Die vielschichtige ausbildung an Finanzen mit meinem hobby, Vintage- Die Musik, die Dinge, mit denen wir auf- bietet einem später viele Möglichkeiten. Kleidung kreativ umzugestalten und zu wuchsen. So lernte ich von meiner Mutter, Wirtschaftsingenieure/innen werden in vermarkten. auf dem Campus organisierten wie man sich mit ganz einfacher Kleidung ganz unterschiedlichen industriezweigen wir bereits eine Modenschau, wobei wir un- schön anzieht, und mit meinen Eltern teile und Unternehmen gebraucht, denn es geht sere herkunft und unser Erbe zelebrierten. ich die Begeisterung für Jazz. um die Optimierung von Unternehmensab- Dazu kooperierten wir mit neuen Studen- Künstlerische ausdrucksformen sind läufen. tenwohnheimen, wo Studierende unter- wertvoll – nicht nur materiell. Das möchte Da ich mich seit meiner Schulzeit für Ma- schiedlicher herkunft zusammenwohnen. ich anderen vermitteln. auch die Kunst- thematik begeistere, entschied ich mich im Sie heißen lll: listen, live and learn. Wir szene hat sich geändert. Bislang wurde zweiten Studienjahr für den Schwerpunkt luden auch den namibischen Modekünstler unsere alltagskunst in Museen und Gale- „Development Finance“. im ersten Jahr hat- loux ein. Er ist hauptberulich Buchhalter in rien ausgestellt; dies sind aber sehr elitäre, te ich festgestellt, dass die technischen the- einem Unternehmen, in seiner Freizeit wid- für uns verschlossene Orte. Es geht darum, 26 afrika süd 3|2016
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG dass wir unsere künstlerisch-kreative Ästhetik selbst Wir wollen in unserem eigenen land nicht mehr wertschätzen, also eine andere Sichtweise auf unsere von Orten ausgeschlossen werden. Kunst entwickeln. Wir wollen nicht mehr Dozenten zuhören, die über- haupt keine Bezüge zu afrikanischen themen oder Wie erlebten Sie die Studierenden-Proteste 2015? unseren Problemen herstellen. Den Protesten gingen kritische Diskussionen vo- Wir wollen nicht mehr koloniale Orte ertragen müs- raus. Seit Jahren wurde in vielen Studentenwohn- sen, vor allem nicht in der akademischen Welt – Uni- heimen im privaten Kreis über diskriminierende Er- versitätsgebäude, die nach Kolonialherren benannt lebnisse und entwürdigende Strukturen diskutiert. sind und nicht nach helden des Befreiungskampfes. 2015 bahnten sich die Kritik ihren Weg in öfentliche Wir wollen nicht mehr von Statuen umgeben sein, Räume, überall im land organisierten Studierende lo- die überhaupt nicht alle Südafrikaner abbilden. kale Proteste. Sie führten zur nationalen Schließung an den Studierenden-Protesten kämpften zahl- der Universitäten, anlass war die angekündigte Erhö- reiche Frauen in den vordersten Reihen. Vielerorts wa- hung der Studiengebühren um durchschnittlich zehn ren sie die wichtigsten Organisatorinnen. Sie verban- Prozent. Einige Universitäten verlangten etwas mehr, den anti-koloniale Forderungen mit der Überwindung andere etwas weniger. patriarchaler Strukturen. Sie legten Wert darauf, dass hier in Stellenbosch gab es viele Diskussionen zwi- sich inter-sektionale Bewegungen entwickelten. schen meinen Kommilitonen, sie waren unterschied- aber einige zahlten einen sehr hohen Preis, das licher Meinung. Manche Privilegierte dachten, zehn wird bei Protestbewegungen oft vergessen. Sie wur- Prozent – das sei doch wenig; einige waren sehr igno- rant. andere erklärten sich aber solidarisch mit denje- Es ist schon bemerkenswert, dass „Students of Colour“ noch immer gegen Afri- nigen, für die das Studieren aus inanziellen Gründen kaans als Unterrichtssprache kämpfen müssen. keine Selbstverständlichkeit ist. Wir „Students of Co- lour“ haben betont, dass zehn Prozent sehr wohl ein den mit großer aggression angefeindet. Manche Problem sind, weil etliche Studierende dann ihre aka- hatten akademische nachteile, andere konnten den demische ausbildung abbrechen müssten. nur eini- persönlichen Konfrontationen, dem Druck emotional ge „Students of Colour“ erhalten ein Stipendium und kaum standhalten. Sie sind daran zerbrochen, dass sie auch der Zugang zu Studienkrediten ist schwierig. nicht als vollwertige Personen gesehen wurden, dass hier in Stellenbosch kamen weitere Probleme hin- ihre Stimme, ihre hautfarbe und sie als Frauen nichts zu, so richtete sich der Studierendenprotest „Open zählten, sie ohne gleichberechtigten Bildungszugang Stellenbosch“ auch gegen die Sprachenpolitik. Denn blieben. Wir versuchten, uns gegenseitig wie eine Fa- für etliche Studierende ist afrikaans die dritte Spra- milie zu stärken, dennoch sind einige meiner Freun- che, neben ihrer Muttersprache und Englisch. Sie dinnen krank geworden. Das macht mich sehr traurig. werden in ihrem eigenen land gezwungen, Überset- inzwischen haben wir eine neue initiative gegrün- zungsgeräte zu benutzen, doch die sind langsam und det: „Black Sunday“. Wir kommen sonntags regel- haben of technische Probleme; dann verstehen die mäßig zusammen, um uns auszutauschen – auch zu Studierenden nur einen Bruchteil der Vorlesungen. Es neuen künstlerisch-kreativen ausdrucksformen, denn sollte in Südafrika keine derartige exklusive Sprachen- nicht für alle sind Demonstrationen der geeignete Pro- politik mehr geben, vor allem nicht 22 Jahre nach der testweg, für sie sind lieder, lyrik, Malerei sinnvoller. Einführung der Demokratie. inzwischen begann ein neben der gegenseitigen Ermutigung verkaufen wir Rechtsstreit über afrikaans als Unterrichtssprache, künstlerisch-kreative arbeiten und sammeln damit allerdings verlangte eine afrikaans-sprachige Studen- Geld für junge Studierende, die neu nach Stellenbosch tengruppe namens afriforum Youth die Fortsetzung kommen und langwierige Registrierungsverfahren des afrikaans. Die Debatte über die Sprachenpolitik meistern müssen. in der Zeit sitzen sie zwischen allen geht also weiter. Stühlen, dann brauchen sie konkrete Unterstützung. Rückblickend auf den aufstand der Schülerinnen Die ausrichtung auf gegenseitige Förderung, Zusam- und Schüler in Soweto 1976 ist es schon bemerkens- menarbeit und das akademische arbeiten – all das wert, dass „Students of Colour“ noch immer gegen das gehört für mich zusammen. Das ist mein Standpunkt afrikaans als Unterrichtssprache kämpfen müssen. >> Interview: Rita Schäfer. auch an diesem 16. Juni ist wieder eine Konferenz zu Studierendenbewegungen geplant. 3|2016 afrika süd 27
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG Kieran Allen Studentenproteste in Durban #FEESMUSTFALL – WIE GEHT ES WEITER IN SÜDAFRIKAS HAFENMETROPOLE AM PAZIFIK? Im Oktober 2015 erreich- ten protestierende Studierende in sieben Tagen, was in sieben Jahren Bildungspolitik nicht gelang. Die Proteste starteten in Johannesburg und breiteten sich über Kapstadt im Land aus. Schließlich gelang es in der Hauptstadt Pretoria, die Erhöhung der Studiengebühren für 2016 auszusetzen. Das gab Präsident Jacob Zuma am 23. Oktober unter Druck bekannt. Dieser beeindruckende und inspirierende fort. Die Universität KwaZulu-natal (UKZn) Prozent weiße Südafrikaner/innen. Die Erfolg war besonders darauf zurückzufüh- wurde am 1. Januar 2004 als Vereinigung aufteilung nach hautfarben ist ein noch ren, dass die Protestierenden unabhängig der indisch geprägten Universität Durban- erhaltenes soziales Konstrukt und steht wei- von verschiedenen hautfarben, ideologien Westville und der Universität von natal ge- terhin für verschiedene Realitäten. auch in und politischen Parteien gemeinsam auf die formt, zwei in der apartheid von Protesten den Vorlesungen im herbst 2015 war eine Straße gingen. #FeesMustFall und weitere geprägte institutionen, wo zum Beispiel getrennte Wahrnehmung der Proteste spür- hashtags, die durch die sozialen Medien be- der bedeutendste Black Counsciousness- bar. in einer Vorlesung, die hauptsächlich kannt wurden, sind beispielhaft für die Or- Vertreter Steve Biko studierte. Studierende von indischen und weißen Studierenden ganisation und Verbreitung der Proteste. Sie südafrikanisch-indischer herkunft an der besucht wurde, iel mir auf, wie sehr die Dis- änderten sich passend zu jeder neuen Forde- Universität Durban-Westville hatten einen kussion auf Bilder in den Medien gerichtet rung und unterstützten die Vernetzung von bedeutenden anteil an der Gründung der waren, die Gewalt und Zerstörung während Mitgliedern der sozialen Medien. Black Consciousness-Bewegung, woran der der Demonstrationen zeigten. Währenddes- Die Klausuren zum Ende des akade- Soziologe Prof. ashwin G. Desai erinnert. sen konzentrierte sich in einer Vorlesung, die mischen Jahres bedeuteten für die meisten auf den ersten Blick sah es im herbst 2015 hauptsächlich von schwarzen Studierenden Studierenden ablenkung und brachten nach aus, als sei nach dem protestreichen auftakt besucht wurde, der Diskurs auf die Bedin- dem teilerfolg zunächst Ruhe in eine Bewe- mit der ausbleibenden Studiengebührener- gungen, unter denen die Proteste zustande gung, die mit einem unglaublichen Momen- höhung alles wieder in Ordnung. Dies war kamen. Deshalb wurde hier mehr Verständ- tum ausgestattet war. aber keinesfalls der Fall, da die hohen Ge- nis für die Demonstranten gezeigt. nun, kurz vor dem 40-jährigen „Jubilä- bühren weder abgeschaft noch gesunken trotz verschiedener Wahrnehmungen um“ der Soweto-Proteste vom 16. Juni 1976, sind – höchstens unter Berücksichtigung ei- waren die Proteste zum neuen Studienjahr stellt sich die Frage, ob die Bewegung weiter ner weiter steigenden inlation. Die Gebüh- noch lange nicht beendet. in den ersten Wo- vereint für ein faireres hochschulbildungs- ren sind für den Großteil der Bevölkerung chen des Sommersemesters 2016 lammten system kämpft oder in kleinere Fraktionen immer noch unbezahlbar, und das trotz al- sie wieder auf. Diese #OutsourcingMustFall- zerfällt. ternativer Studieninanzierung. Ein Studium Proteste wurden im Januar durch Streiks des kann z.B. mit dem national Student Finan- Reinigungs- und Sicherheitspersonals der Proteste in Durban cial aid Scheme Kredit (nSFaS) inanziert UKZn ausgelöst. Es ging um geringe löhne Glaubte man den meisten Medienbe- werden. Diese Kreditform ist aber nur für der Universitätsmitarbeiter, die sich durch richten im Oktober 2015, schienen die Uni- die unterste Einkommensgruppe bestimmt. leih- und Zeitarbeit in prekären Situationen versitäten in Durban weniger in die #Fees- Zwischen Einkommensstarken und denen, beinden. im laufe der ersten Wochen be- MustFall-Proteste verwickelt zu sein. Eine die Unterstützung erhalten, bleibt also eine kamen sie immer mehr Unterstützung von gravierende Fehleinschätzung, denn Dur- Mittelschicht, die „missing middle“, die sich Studierenden und vereinten sich mit ge- bans Universitäten sind für Proteste gegen die Studiengebühren nicht leisten kann. meinsamen Forderungen. So erweiterte sich Studiengebühren oder Studentenunterkünf- der Fokus von benachteiligten Studierenden te zu Semesterbeginn und -ende bekannt. Neue Ziele, neue Allianzen und deren Familien auf die noch ärmere Dort hat Widerstand fast schon tradition, 2015 waren 68 Prozent der 43.283 in der Schicht der arbeiterinnen und arbeiter und die Demonstrationen im herbst setzten also UKZn immatrikulierten Studierenden auf die verbreitete ökonomische Ungleich- frühere Proteste unter neuen Vorzeichen schwarze, 24 Prozent indische und fünf heit. 28 afrika süd 3|2016
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG auch andere Bewegungen berücksichtigten grö- rungs- und anC-Gebäuden demonstrierten, fordert er, ßere allgemeine Schielagen. Einige Bewegungen sie sollten auch die internationalen Ratingagenturen, konzentrierten sich auf die Dekolonisierung der in- wie z.B. Moody’s, zur Rechenschaft ziehen. Denn diese stitution Universität, sie brachten die Rassismusde- übten als Botschafter der Finanzmärkte besonderen batte in Verbindung mit Ungleichheit und Privilegien. Druck auf Südafrikas Finanzminister Pravhin Gord- Vielerorts, so auch an verschiedenen Standorten der han aus, stellten die Kreditwürdigkeit des Staates in Universität KwaZulu-natal, erinnern Gebäudenamen, Zweifel und erzwangen so eine iskalische austerität. hörsäle, Gedenktafeln und Monumente noch an die Welche Meinung Bestand hat, wenn die Bewegung der apartheid. Ein studentischer aktivist meinte: „Solan- Studierenden weitere internationale aufmerksamkeit ge es 2016 mit hoher aktivität weitergeht, auch mit für globale Schielagen erreicht, wird sich zeigen. verändertem Fokus, ist das primär gut.“ Eine Studen- tin kritisierte: „Die Gebühren sind gar nicht gefallen. Studierenden- oder Jugendproteste? nichts hat sich seit 1994 geändert!“ Ob die Studierendenproteste so weit kommen wer- den, ist noch lange klar. Die extremen Proteste um Ungleichheiten #afrikaansMustFall zeigen teilweise schockierende Den hintergrund bilden die auswirkungen der trennlinien in der Gesellschaft. hier fühlten sich viele apartheid, das dokumentieren weiterhin blanke Fak- weiße afrikaaner von den schwarzen und Coloured- ten. landesweit ist der anteil der schwarzen Bevöl- Studierenden in ihrer Kultur bedroht, punktuell trafen kerung im erwerbsfähigem alter mit hochschulab- die verschiedenen Gruppen gewaltsam aufeinander. schluss von 1993 um nur 0,9 Prozent auf 1,4 Prozent Das war zwar nicht in Durban der Fall, aber dort kom- gestiegen. Der anteil südafrikanischer akademiker/ mentiert Prof. Gerard Boyce, Professor für Ökonomie innen indischer herkunft sank seit 1993 sogar um und Umweltaktivist, die Geschehnisse: „Es gibt einige 0,2 Prozent auf 5,5 Prozent. hingegen stieg der anteil interessante Entwicklungen in den ersten Momenten weißer akademiker/innen um 5,4 Prozent auf 19,6 des neuen Jahres, allerdings keine zum Besseren.“ Für Prozent. Das ist ein weiterer indikator für die fortbe- ihn spiegeln diese tendenzen zur Konfrontation einen stehende Ungleichheit in Südafrika. aktuellen trend und bilden die Spaltung innerhalb Dennoch argumentiert Prof. Damtew teferra, Pro- der südafrikanischen Gesellschaft ab. So ist es für Prof. fessor für höhere Bildung an der UKZn, aus einer is- Boyce fraglich, ob die vielerorts von anderen Bevölke- kalischen Perspektive: Wegen der Verschuldung in rungsgruppen unterstützten Studierendenproteste den meisten afrikanischen Staaten sollten deren Re- des letzten Jahres „einen grundlegenden gesellschaft- gierungen keine günstigere hochschulbildung erlau- lichen Wandel verkündeten“, ob sie also ausdruck Der Autor studierte 2015- ben. Öfentliches Geld sollte eher für die infrastruktur eines neu entstehenden Jugendbewusstseins sind. 2016 für ein Auslandsse- in den Gemeinden ausgegeben werden, z.B. für die Dies scheint die zentrale Frage zu bleiben. Sehr mester an der Universität Wasserversorgung und sanitäre anlagen. auch in wahrscheinlich werden die Proteste weitergehen. KwaZulu-Natal (UKZN) Südafrika ist das nationale Budget stark belastet. an- Spätestens Ende 2016, wenn die Regierung die Gebüh- in Durban. Er ist Mitbe- gesichts der Ungleichheit ist der Protest gegen Studi- ren für das nächste Jahr angekündigt, werden die Stu- gründer des Netzwerkes engebühren laut Prof. teferra eine „torheit“. dierenden auch national wieder vereint für ihre Ziele „Citizen of the World“. Prof. Patrick Bond, UKZn Durban und Witwaters- kämpfen. letztendlich bleiben die Kernpunkte: Solida- Es arbeitet in Südafrika, rand Universität Johannesburg, gelangt zu einen an- rität, Emanzipation und der Kampf für den fairen Zu- Simbabwe und Deutsch- deren Ergebnis. Der bekannte Kapitalismuskritiker gang zu Bildung. Dies gilt besonders für akademische land zu Flucht, Umwelt beschreibt globale Schielagen als zentrales Problem. Bildung, besteht doch ein Konsens, dass Bildung ein – und Austausch. Von den Protestierenden, die sich ursprünglich nur wenn nicht der – Weg aus weltweiten Schielagen ist. www.citizenoftheworld. gegen die Universitäten wandten, später vor Regie- >> Jorim Gerrard me 3|2016 afrika süd 29
SÜDaFRiKa: RECht aUF BilDUnG Forschen und Protestieren in Kapstadt Xola dos Santos man über die Gewalt nachdenken, die un- terdrückte schwarze Menschen in Südafrika über Jahrhunderte erlitten haben. So kann es als gerechtfertigt gelten, menschliche Exkre- mente über die Statue eines der schlimm- sten Unterdrücker schwarzer Menschen zu schütten, auch wenn man das abbrennen von Universitätsgebäuden strikt ablehnt, wie ich es tue. aktivisten/innen der RMF-Kampagne stürmten das Büro des Vize-Kanzlers der Universität, Dr. Max Price, und verlangten die Entfernung des Denkmals. Über mehre- re tage besetzten sie das Gebäude. Weil die Studierenden nicht nachgaben, stimmte der Senat dem abbau schließlich zu. inzwischen entstanden in der RMF-Kampagne Risse. Sie betrafen die Frage der Gewalt, denn einige meinten, schwarze Menschen könnten sich nur durch Gewalt Gehör verschafen. auch iCh Bin SOnWaBiSO nGCOWa und arbei- ben der kleinen individuen auswirken. Ein über homophobie wurde gestritten, zumal te an meinem Masterabschluss in Sozialan- Kind zur Welt zu bringen und groß zu zie- lesben, die anfänglich die Kampagne an- thropologie. Dieser breit gefächerte Studi- hen, ist in etlichen Fällen keine freie Wahl. führten, plötzlich verdrängt wurden. engang an der Universität Kapstadt schult Dennoch wird von jungen Müttern erwartet, in den Protesten ging es auch um man- mein kritisches Denken. Denn die hinterfra- dass sie ihr Baby stillen. Doch das ist unmög- gelnde Wohnheime und hohe Studienge- gende textlektüre, das eigenständige For- lich, wenn sie den ganzen tag nichts ge- bühren. hier solidarisierten sich viele privi- schen und relektierende Schreiben eröfnen gessen haben. Das ist keine Frage der Wahl, legierte weiße Studierende mit schwarzen mir neue horizonte. So ebne ich mir neue sondern eine Folge der armut. Dies sagt alles Kommilitonen. Erstmals wurde ihnen be- Wege für meine eigene Weiterentwicklung; über die negativen langzeitwirkungen der wusst, wie sehr diese tagtäglich in vielerlei mich begeistert das Schreiben über außerge- brutalen Gewalt des Kolonialismus und der hinsicht kämpfen müssen. noch immer wöhnliche themen. verbrecherischen apartheid, darunter leiden werden schwarze benachteiligte Studieren- Für meine Ba-abschlussarbeit habe ich die Menschen in Südafrika noch heute. de diskriminiert. in der akademischen Welt erforscht, warum Frauen Mittel zur hautauf- sind mache weiße Dozenten unwillig oder hellung benutzen. Wir alle wissen, sie sind Proteste gegen die Rhodes-Statue unfähig, uns themen verständlich zu er- gesundheitsschädigend. Ethnographische an der Universität Kapstadt – ich habe klären. Die Ende 2015 und anfang 2016 Pro- Forschung bedeutet, die Menschen an einer mich lange schwer getan, von meiner Uni- testierenden verlangten die Wiederherstel- Studie aktiv zu beteiligen. Bei mir waren es versität zu sprechen – begannen die Proteste lung der Würde schwarzer Menschen. fünf Frauen in Khayelitsha; ich habe viel Zeit öfentlich sichtbar mit der aktion #Rhodes- Der Kolonialismus ist wie mehrere Kilo mit ihnen verbracht, um von ihnen mehr MustFall (RMF-Kampagne). So schüttete Salz in der klafenden Wunde der Unter- über die Bedeutung der hautaufhellung zu Chumani Maxwele im März 2015 Fäkalien drückung, schmerzhaft für die Menschen hören. Dreh- und angelpunkt ist nicht das über die Rhodes-Statue auf dem Campus. in den überfüllten townships, symbolreich Weiß-Werden, sondern sozialer Druck und Doch der Widerstand gegen die Unterdrü- in universitären lehrbüchern, die Unterdrü- gesellschaftliche Schönheitsideale – eine ckung von afrikanern durch Europäer be- cker der Schwarzen schrieben. So sind wir in hellbraune haut. gann bereits vor Jahrhunderten kurz nach unseren fortwährenden Debatten in der So- Seitdem beschäftigen mich Fragen von deren ankunft. So brachte Chumani Maxwe- zialanthropologie stärker als je zuvor am En- Körperlichkeit, Gesellschaft und Gesundheit, le nur die tiefen Schmerzen zum ausdruck, terhaken von „race“, Reichtum und armut. auch mit Blick auf zukünftige beruliche die Generationen vor ihm erlitten hatten. >> Sonwabiso Ngcowa Möglichkeiten, etwa im Bereich interkul- Die Proteste der Studierenden weiteten sich tureller und internationaler Beziehungen. rasch aus und deckten den Kolonialismus an Der Autor studiert an der Universität Kap- Meine Masterarbeit werde ich über die er- Universitäten auf. stadt, zu seinen Publikationen zählen: Nanas sten tausend lebenstage von neugeborenen Bevor man eine aktion als respektlos ge- Liebe (2014) und 21 at 21 (2015). schreiben. So möchte ich verstehen, wie sich genüber einzelnen historischen Personen Ereignisse in dieser Zeit auf das spätere le- oder gar als gewalttätig anprangert, sollte 30 afrika süd 3|2016
Sie können auch lesen