Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention

 
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Gesundheitsförderung und Prävention | Oktober 2021                             News, Newsletter und Podcast | www.spectra-online.ch

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                                                                                                          131

       Interprofessionalität
       und koordinierte Versorgung
  2    Interprofessionalität als Puzzlestein
       gegen den Fachkräftemangel
       Um die interprofessionelle Bildung und Zusammenarbeit zu stärken, führte das Bundesamt für
       Gesundheit (BAG) von 2017 bis 2020 ein Förderprogramm durch. Welche Erkenntnisse und
       Empfehlungen sich aus vier Jahren Forschung und praktischer Umsetzung ergeben und wie die
       weitere Entwicklung aussieht, das wird in dieser spectra-Ausgabe beleuchtet.

  10   Wenn Apotheke und Hausarztpraxis
       eine Symbiose bilden
       In Chur haben in den letzten Jahren zahlreiche Hausarztpraxen geschlossen. Dem drohenden
       Engpass in der Grundversorgung begegnet Medi Porta mit einem interprofessionellen Geschäftsmo-
       dell: Die Verzahnung von Apotheke und Arztpraxis ermöglicht eine sinnvolle Verteilung der
       Aufgaben – und ein breites, dienstleistungsorientiertes Angebot für die Bevölkerung.

  11   «Wir haben keine starr getrennten
       Aufgabengebiete»
       5 Fragen an Thomas Ihde, Chefarzt Psychiatrie der Berner Oberländer Spitäler fmi AG. In der psy-
       chiatrischen Abteilung in Interlaken arbeiten verschiedene Berufsgruppen schon seit über 10 Jahren
       eng zusammen. Dabei orientiert sich die Verteilung der Aufgaben an den individuellen Bedürfnissen
       der Patientinnen und Patienten.

                                                                                       Ausgabe online lesen
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
Interprofessionalität als Puzzlestein
                      gegen den Fachkräftemangel
                      Um die interprofessionelle Bildung und Zusammenarbeit zu
                      stärken, führte das BAG von 2017 bis 2020 ein Förderpro-
                      gramm durch. Welche Erkenntnisse und Empfehlungen
                      sich aus vier Jahren Forschung und praktischer Umsetzung
                      ergeben und wie die weitere Entwicklung aussieht, das
                      wird in dieser spectra-Ausgabe beleuchtet.

                      «Interprofessionelle Bildung ist ein        besser genutzt werden. Die inter-
                      Werkzeug. Sie ist ein Werkzeug,             professionelle Zusammenarbeit
                      um Verbindungen zwischen dem                (IPZ) leistet zu beiden dieser As-
                      Bildungssystem und dem Gesund-              pekte einen wichtigen Beitrag. Stu-
                      heitsversorgungssystem zu schaf-            dien deuten darauf hin, dass IPZ
                      fen. Sie ist ein Werkzeug, um eine          die Versorgungsqualität direkt be-
                      bessere Patientenversorgung zu              einflusst, indem sie sich an den Be-
                      erreichen. Sie ist ein Werkzeug für         dürfnissen der Patientinnen und
                      die Verbesserung der Gesundheit             Patienten orientiert und die Koor-
                      der Bevölkerung.»                           dination zwischen den verschiede-
                      George E. Thibault, Institute for           nen Fachpersonen optimiert. Sie
                      Medicine of the National Academies          wirkt sich durch eine erhöhte Ar-
                      (USA)                                       beitszufriedenheit der Fachperso-
                                                                  nen auch indirekt auf die Versor-
                      Die Ursprünge des Förderpro-                gungsqualität aus, da interpro-
                      gramms «Interprofessionalität im            fessionelle Teams stärker auf Au-      Fachkräfte müssen frühzeitig lernen, eine gemeinsame Sprache zu sprechen.
                      Gesundheitswesen 2017–2020»                 genhöhe miteinander arbeiten an-       (Hinweis: Dieses Bild wurde vor der Pandemie aufgenommen.)
                      liegen in der Fachkräfteinitiative.         statt in starren Hierarchien zu
                      Denn die Frage damals (wie heute)           agieren. Dadurch verbleiben Fach-      Förderprogramm bewilligt                 auch auf die Praxis (z.B. Modelle
                      lautete: Wie können wir unser Ge-           kräfte länger im Beruf, was sich       Damit das Schweizer Gesundheits-         guter Praxis sammeln) und brachte
                      sundheitssystem im Hinblick auf             positiv auf die Kontinuität der Ver-   wesen von IPZ profitieren kann,          vielfältige Ergebnisse hervor (siehe
                      den drohenden Fachkräftemangel              sorgung und somit auf die Qualität     hat der Bundesrat ein Budget von         Box). Im Bereich Forschung wur-
                      auch in Zukunft noch bedarfsge-             der Leistungen auswirkt. IPZ trägt     drei Millionen Franken für ein ent-      den insgesamt 18 Projekte finan-
                      recht aufrechterhalten? Die Ant-            aber auch zur Effizienzsteigerung      sprechendes Förderprogramm be-           ziert, die relativ breit das Thema
                      wort: Es braucht einerseits eine            des Gesundheitssystems bei, denn       willigt, welches von 2017 bis 2020       Interprofessionalität untersuchten,
                      noch stärker auf die Patientinnen           wenn Fachpersonen koordiniert          umgesetzt wurde. Das Programm            darunter eine Kosten-Nutzen-Ana-
                      und Patienten ausgerichtete Ver-            und als Einheit agieren, können        fokussierte nicht nur auf die For-       lyse interprofessioneller Zusam-
                      sorgung. Andererseits muss das              beispielsweise Doppelspurigkeiten      schung (z.B. wissenschaftliche           menarbeit oder eine Studie zum
                      Potenzial zur Effizienzsteigerung           besser vermieden werden.               Grundlagen verbessern), sondern          Potenzial interprofessioneller Bil-

    Highlights des Förderprogramms 2017–2020
    Die Ergebnisse des Förderpro-                  der Schweiz tätigen Akteure zu fördern.     nalen Leistungserbringer bzw. Bil-           Vier Policy Briefs
    gramms bieten Bund, Kanto-                     Das Verzeichnis bleibt auch nach Ende       dungsanbieter im Gesundheitswesen.           Die wichtigsten Erkenntnisse, die im
                                                   des Förderprogramms bestehen und            Im Rahmen der Forschungsprojekte             Rahmen des Förderprogramms ge-
    nen, Gemeinden, Berufs- und                    ermöglicht Interessierten, Modelle          wurden zudem Broschüren zur frühzei-         wonnen wurden, wurden in vier Policy
    Bildungsorganisationen sowie                   nach verschiedenen Kriterien wie            tigen Intervention bei Kindern und           Briefs bereichsspezifisch zusammen-
    Leistungserbringern Instru-                    Kanton, Interventionsbereich, Beruf,        Jugendlichen zur Förderung der psy-          getragen. Ziel dieser Dokumente ist,
                                                   Setting etc. gezielt zu suchen. Interes-    chischen Gesundheit sowie ein Leitfa-        den politischen Entscheidungsträgern,
    mente, um die Interprofessio-
                                                   sierte können Modelle, Initiativen oder     den für Gesundheitsfachpersonen im           Berufsorganisationen, Bildungsverant-
    nalität im Gesundheitswesen                    Aktivitäten im Bereich der Interprofes-     Bereich widersprüchliche Einschät-           wortlichen sowie Leistungserbringern
    weiter zu stärken.                             sionalität einfach und schnell selbst-      zungen publiziert.                           eine kurze und knappe Übersicht über
                                                   ständig eintragen. Der Eintrag kann                                                      bestehende Herausforderungen und
    Forschungsprojekte                             auf Deutsch, Französisch oder Englisch      Tool zur Erfassung                           mögliche Lösungsansätze zu geben.
    Insgesamt wurden 18 Forschungspro-             erfolgen. Das BAG übernimmt die             der Interprofessionalität
    jekte finanziert, 3 aus dem Bereich            Übersetzung in die anderen Sprachen.        Wie interprofessionell ist unsere Institu-   Veranstaltungen
    Bildung, 15 aus dem Bereich Berufs-                                                        tion unterwegs? Mit dem «Schweize-           Zwei grosse Veranstaltungen wurden
    ausübung. Die dadurch erarbeiteten             Publikationen                               rischen Interprofessionalitäts-Evalua-       durchgeführt: 2018 organisierten das
    Erkenntnisse zu interprofessioneller           Im Rahmen des Förderprogramms               tionsinstrument» (kurz: SIPEI) kann in       BAG, die Schweizerische Akademie der
    Bildung und Zusammenarbeit dienen              publizierte das BAG zwei Broschüren,        einer Institution der Ist-Zustand erörtert   Medizinischen Wissenschaften (SAMW)
    als Basis für die Erarbeitung praxisrele-      die anhand erfolgreicher Beispiele          werden. Das Tool umfasst Fragebögen          und die Plattform Interprofessionalität
    vanter Massnahmen.                             zeigen, wie gelebte Interprofessionali-     für die Stufen Mitarbeitende, Vorgesetz-     die gemeinsame Tagung «Interprofessi-
                                                   tät aussehen kann, wo die Herausfor-        te sowie Patientinnen und Patienten und      onalität im Gesundheitswesen: Better
    Onlineverzeichnis                              derungen liegen und welche Chancen          kann sowohl zur Selbstevaluation als         Chronic Care» im Berner Kursaal. Im
    Modelle guter Praxis                           sich bieten. Die beiden Broschüren          auch zur Fremdevaluation angewendet          November 2021 fand die Schlusstagung
    Das Verzeichnis enthält Steckbriefe von        (erhältlich auf Deutsch, Französisch und    werden (erhältlich auf Deutsch, Franzö-      des Förderprogramms «Interprofessio-
    Modellen guter Praxis mit dem Ziel,            Italienisch) richten sich in erster Linie   sisch und Italienisch). Kontaktperson:       nalität im Gesundheitswesen» statt.
    die Sichtbarkeit und Vernetzung der in         an die lokalen, regionalen und kanto-       soeren.huwendiek@iml.unibe.ch.

2   spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
ten Akteure steigern. Das BAG rief                                                      ger Erfolgsfaktor ist hier die Aus-,
                                                                                                                                                                                                                                                                      Aus erster Hand
                                                                                                                             zu Beginn des Programms interes-                                                        Weiter- und Fortbildung. Fachleute
                                                                                                                             sierte Fachpersonen auf, Modelle                                                        im Gesundheitswesen müssen
                                                                                                                             zu präsentieren, die exemplarisch                                                       frühzeitig lernen, mit anderen Be-
                                                                                                                             zeigen, wie interprofessionelle Bil-                                                    rufsgruppen zu interagieren. Sie
                                                                                                                             dung (Interprofessional education,                                                      müssen lernen, eine gemeinsame
                                                                                                                             IPE) sowie IPZ im medizinischen                                                                                                                                            Bernadette
                                                                                                                             Alltag erfolgreich gelebt werden.                                                                                                                                          Häfliger Berger
                                                                                                                             Aufgrund des grossen Interesses                                                         «In einem Spital, in einer                                                         Leiterin
                                                                                                                             wurde ein Verzeichnis auf der                                                           Praxis, in einem Alters-                                                           Abteilung
                                                                                                                             BAG-Webseite erstellt, in dem die                                                       und Pflegeheim müssen                                                              Gesundheits-
                                                                                                                             Modelle, Aktivitäten und Tools                                                                                                                                             berufe
                                                                                                                                                                                                                     die IPE und die IPZ von
                                                                                                                             steckbriefartig vorgestellt werden.
                                                                                                                                                                                                                     der Führung gelebt und
                                                                                                                                                                                                                                                                         Die Patienten-
                                                                                                                             Mittlerweile umfasst das Verzeich-
                                                                                                                             nis fast 80 Einträge, von A wie                                                         gefördert werden. Nur so

                                                                                                                                                                                                                                                                         sicht ins Zentrum
                                                                                                                             «Aufsuchende Familienarbeit und                                                         kann Interprofessionalität
                                                                                                                             -therapie» bis Z wie «Zugehende
                                                                                                                                                                                                                     im Berufsalltag gelingen.»
                                                                                                                                                                                                                                                                         stellen
                                                                                                                             Beratung bei Demenz». Das Ver-
                                                                                                                             zeichnis wird über das Ende des
                                                                                                                             Forschungsprogramms hinaus                                                              Sprache zu sprechen, eine gemein-
                                                                                                                             weitergeführt und soll damit auch                                                       same Haltung zu entwickeln und                      Der zentrale Fokus der interprofessionellen
                                                                                                                             in Zukunft allen an der Interprofes-                                                    die Problematik der Schnittstellen                  Zusammenarbeit (IPZ) ist die Sichtweise
                                                                                                                             sionalität interessierten Akteuren                                                      zu erkennen. «Entsprechend sollen                   der Patientinnen und Patienten. Welche
                                                                                                                             ein Ideenlieferant sein. Einige die-                                                    alle Gesundheitsfachpersonen be-                    Bedürfnisse haben sie? Was für ein Be-
                                                                                                                             ser Modelle wurden in zwei Publi-                                                       reits in der Ausbildung in dieser                   handlungsziel verfolgen sie im Einzelfall?
                                                                                                                             kationen ausführlich porträtiert.                                                       Thematik geschult werden», so La-                   Inwiefern wollen und können sie in die
                                                                                                                             Sie zeigen, wie die Zusammenar-                                                         ra De Simone-Nalotto, wissen-                       Entscheidungsfindung einbezogen wer-
                                                                                                                             beit der verschiedenen Fachperso-                                                       schaftliche Projektassistentin beim                 den? Um die Menschen optimal und ganz-
                                                                                                                             nen (und darüber hinaus) gelingen                                                       BAG. Hier hat sich in den vergan-                   heitlich versorgen zu können, braucht es
                                                                                                                             kann oder wie die IPE gelebt wird.                                                      genen Jahren einiges zum Guten                      ein Umdenken. Zentrale Fragen dabei sind:
                                                                                                                                                                                                                     verändert. Aber bis die Verände-                    Was braucht der Mensch in diesem Mo-
                                                                                                                             Vier Policy Briefs                                                                      rung in der Praxis einen Effekt                     ment und was können die verschiedenen
                                                                                                                             Ein weiteres wichtiges Produkt des                                                      zeigt, braucht es Jahre, vielleicht                 Gesundheitsfachpersonen mit ihren spezi-
                                                                                                                             Programms waren die vier Policy                                                         Jahrzehnte. Im Kontext des lebens-                  fischen Fähigkeiten dazu beitragen?
dung. Trotz vieler spannender Er-                                                                                            Briefs für die Bereiche ambulante                                                       langen Lernens sollte die IPE einen
kenntnisse sind eindeutige Antwor-                                                                                           bzw. stationäre Versorgung, psy-                                                        festen Bestandteil der Weiter- bzw.                 Im Rahmen der IPZ geht es meiner Mei-
ten teilweise schwierig, da das                                                                                              chisch-somatische Nahtstelle sowie                                                      der Fortbildung werden, damit kol-                  nung nach darum, gemeinsam einen Be-
Wohlergehen eines Patienten oder                                                                                             Bildung. Jeder Policy Brief hält je-                                                    lektive Kompetenzen kontinuier-                     handlungsweg und ein Behandlungsziel
die erfolgreiche Teamarbeit in ei-                                                                                           weils kurz und knapp fest, welche                                                       lich weiterentwickelt werden (z.B.                  festzulegen und danach zu analysieren,
nem Spital sowohl von der guten                                                                                              wichtigsten Erkenntnisse aus vier                                                       im Rahmen von Inhouse-Weiterbil-                    welche Fachperson welchen Aspekt opti-
IPZ als auch von vielen weiteren                                                                                             Jahren Forschung gewonnen und                                                           dungen).                                            mal abdecken kann. Dabei dürfen nicht
Faktoren abhängt. Insofern gibt es                                                                                           welche Empfehlungen daraus ab-                                                               Eine wichtige Rolle nimmt auch                 berufsständische Überlegungen im Vorder-
zum Beispiel keine abschliessende                                                                                            geleitet werden können. «Wichtig                                                        die Führung ein, da Fortschritte                    grund stehen. Vielmehr sollen die Kennt-
Antwort auf die Frage, ob IPZ ins-                                                                                           war für uns, dass diese Empfehlun-                                                      nur möglich sind, wenn sie gewillt                  nisse und Fähigkeiten der involvierten
gesamt kostengünstiger ist, aller-                                                                                           gen gemeinsam mit Stakeholdern                                                          ist, die Interprofessionalität voran-               Fachpersonen den Ausschlag dafür geben,
dings scheinen die Kosten zumin-                                                                                             erarbeitet werden und nun als Leit-                                                     zutreiben. In einem Spital, in einer                wer welche Entscheidungen trifft und wer
dest im stationären Setting kein                                                                                             planke respektive Grundlage für                                                         Arztpraxis, in einem Alters- und                    welche Arbeiten erledigt. Nicht in Professi-
Hindernisfaktor zu sein. Wohl aber                                                                                           die weiteren Schritte dienen», so                                                       Pflegeheim müssen die IPE und die                   onen denken, sondern vom Patienten aus.
zeigen die Ergebnisse, dass in in-                                                                                           Cinzia Zeltner, wissenschaftliche                                                       IPZ von der Führung gelebt und ge-                  Gerade bei Menschen mit mehrfachen,
terprofessionellen Teams die Per-                                                                                            Mitarbeiterin beim BAG und zu-                                                          fördert werden. Nur so kann Inter-                  auch chronischen Erkrankungen ist es
sonalfluktuation tiefer ist.                                                                                                 ständige Projektleiterin.                                                               professionalität im Berufsalltag ge-                wichtig, sie nicht Krankheit für Krankheit zu
    Im zweiten Bereich, der Praxis,                                                                                              Nach vier Jahren Förderpro-                                                         lingen.                                             behandeln, sondern den Menschen im
sollten die Massnahmen des För-                                                                                              gramm stellt sich aber auch die                                                              Klar ist, dass das Thema auch                  Auge zu behalten. Wichtig dabei: Die ein-
derprogramms vor allem die Sicht-                                                                                            Frage: Was braucht es nun, um die                                                       in Zukunft eine wichtige Rolle spie-                zelnen Fachpersonen bringen jeweils auf
barkeit von Modellen guter Praxis                                                                                            IPZ im Gesundheitswesen noch                                                            len wird, denn der drohende Fach-                   Augenhöhe ihre Sichtweise mit ein, über-
und die Vernetzung der involvier-                                                                                            stärker zu verankern? Ein wichti-                                                       kräftemangel wird das Schwei-                       nehmen Verantwortung und tragen so zum
                                                                                                                                                                                                                     zer Gesundheitssystem noch auf                      gemeinsamen Behandlungserfolg bei.
                                                                                                                                                                                                                     Jahre beschäftigen und die Ergeb-
                                                                                                                                                                                                                     nisse des Förderprogramms zei-                      Für die Zukunft erhoffe ich mir, dass die
                                                                                                                                                                                                                     gen: Eine erfolgreich umgesetzte                    vielen Grundlagen, die das BAG im Rah-
                                      Patientenorientierte Gesundheitsversorgung                                                                                                                                     IPZ kann hier einen Beitrag zur                     men des Förderprogramms «Interprofessi-
                                                                                                                                                                                                                     Entlastung leisten.                                 onalität im Gesundheitswesen 2017–2020»
                                          Gelebte Interprofessionalität

                                                                                                                                                                                                                                                                         während vier Jahren erarbeitet hat, von
        Institutionelle Verankerung

                                                                                                                                                               Tarife, Vergütungssysteme
                                                                                                 Verflechtung der Bereiche

                                                                                                                                                                                                                     Kontakte:
                                                                                                                                                                                           Regelmässige Evaluation

                                                                                                                                                                                                                                                                         den verschiedenen Akteuren genutzt und
                                                                                                                                   Elektronische Hilfsmittel

                                                                                                                                                                                                                     Cinzia Zeltner und Lara De Simone-
                                                                          Gegenseitiges Wissen

                                                                                                                                                                                                                                                                         im Alltag umgesetzt werden. Das Thema
                                                                                                                                                                                                                     Nalotto, Sektion Weiterentwicklung                  IPZ wird wichtig bleiben – nicht nur für das
                                                                                                                                                                                                                     Gesundheitsberufe,                                  Schweizer Gesundheitswesen, sondern
                                                                                                                                                                                                                     interprofessionalitaet@bag.admin.ch                 auch für das BAG, etwa im Rahmen der
                                                                                                                                                                                                                                                                         Strategie 2030. In dieser vom Bundesrat
                                                                                                                                                                                                                     Link zum Förderprogramm:                            verabschiedeten Strategie stehen für uns
                                                                                                                                                                                                                     www.bag.admin.ch/fpinterprof                        vor allem zwei Ziele im Vordergrund: ei-
                                                                                                                                                                                                                                                                         nerseits das Ziel «Pflege und Finanzierung
                                                                                                                                                                                                                     Onlineverzeichnis Modelle guter                     gewährleisten», andererseits das Ziel,
        Gemeinsames Verständnis von Interprofessionalität                                                                                                                                                            Praxis:                                             «Qualität der Versorgung erhöhen». Ich
                                                                                                                                                                                                                     www.bag.admin.ch/modelle-interprof                  bin davon überzeugt, dass das Wissen und
In den Forschungsprojekten des Förderprogramms konnten sieben ge-                                                                                                                                                                                                        die Erfahrungen aus dem Förderpro-
meinsame Themenstränge identifiziert werden, welche alle auf dem Funda-                                                                                                                                                                                                  gramm zum Erreichen dieser Ziele beitra-
ment des gemeinsamen Verständnisses von Interprofessionalität aufbauen                                                                                                                                                                                                   gen können.
mit dem Ziel, die Versorgung patientenorientierter zu gestalten.

                                                                                                                                                                                                                                          spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung   3
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
Forum

    Patientensicherheit durch                                        Gemeinsam statt gegen-                                   Die Bedeutung der Inter-
    interprofessionelles                                             einander: interprofessionelles                           professionalität in der
    Simulationstraining                                              Simulationstraining im Spital                            medizinischen Simulation
                                Im komplexen und ver-                                           Die Bereitschaft und die                                  Als Rettungssanitäter
                                netzten Gesundheitssy-                                          Kompetenz zum interpro-                                   und Spezialist für medi-
                                stem von heute müssen                                           fessionellen Zusammen-                                    zinische High-Fidelity-
                                sich Teams schnell und                                          arbeiten fallen nicht vom                                 Simulationen bin ich
                                reibungslos an die sich                                         Himmel – nicht allen fällt                                von der Bedeutung der
                                ständig verändernden                                            es gleich leicht, im Team                                 interprofessionellen
                                Bedingungen in Pflege-                                          mit anderen Professionen                                  Simulation überzeugt,
                                umgebungen anpassen                                             zusammenzuarbeiten.                                       denn die Zusammenar-
                                – dort, wo Entscheidungen                                       Manchmal sprechen die                                     beit von medizinischen
                                über Leben und Tod be-                                          Personen schlicht nicht die                               und paramedizinischen
                                stimmen können. Erfreuli-                                       gleiche Sprache, haben                                    Fachpersonen in dem-
                                cherweise gewinnt die                                           schlechte Vorerfahrungen                                  selben Setting fördert
    Teamfähigkeit in der Gesundheitsfürsorge zuneh-                  gemacht oder Annahmen darüber, wie sich typische         gemeinsame Überlegungen und verbessert die
    mend an Bedeutung, seit im vergangenen Jahr die                  Vertreterinnen und Vertreter anderer Professionen        Pflegequalität.
    Notwendigkeit interprofessioneller Trainings (Inter-             verhalten. Werden die Schwierigkeiten des interpro-      FormaSim Sàrl ist ein Institut, das Weiterbildungen
    professional education, IPE) für die Förderung der               fessionellen Zusammenarbeitens nicht adressiert,         für medizinische Fachpersonen und für die Ge-
    Zusammenarbeit von Teams anerkannt wurde. Das                    sinken sowohl die Behandlungsqualität als auch die       samtbevölkerung anbietet. Seit 2019 gibt es auch
    Ausbildungssystem ist allerdings aktuell noch nicht              Arbeitszufriedenheit. Die Sozial- und Organisations-     verschiedene Simulationstrainings, von Erste-Hil-
    dafür ausgelegt, das medizinische Fachpersonal mit               psychologie liefert Ideen, wie Stereotypen, Vorurtei-    fe-Kursen für werdende Eltern bis hin zu High-Fide-
    allen erforderlichen und kritischen Kompetenzen für              len und sogenannten Intergruppenkonflikten begeg-        lity-Simulationen für Pflegefachpersonen.
    diese Teamarbeit auszustatten.                                   net werden kann:                                         Die immersiven, interaktiven und kollaborativen
    Das Centro di Simulazione (CeSi) ist ein Simulations-                                                                     Trainings von FormaSim für das Fachpersonal im
    labor, das seine Hauptaufgabe darin sieht, die inter-            1. Nicht individuell, sondern gemeinsam trainieren.      Gesundheitswesen sind darauf ausgerichtet, fach-
    professionellen Kompetenzen des medizinischen                       Beispielsweise kann interprofessionelles Zusam-       liche und nichtfachliche (CRM) Kompetenzen im
    Fachpersonals und der in Ausbildung befindlichen                    menarbeiten in der Geburtshilfe am besten trai-       Rahmen von interprofessionellen medizinischen
    Fachkräfte zu erweitern, um die Qualität der Pflege                 niert werden, wenn Geburtsmediziner und Ge-           Simulationen zu entwickeln. Sie stützen sich auf
    und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu                burtsmedizinerinnen, Hebammen,                        die Technologien und pädagogischen Mittel der
    verbessern. Das Labor bietet eine praxisorientierte                 Pflegefachpersonen und allenfalls Personen wei-       High-Fidelity- und/oder High-Intensity-Simulation
    Lern- und Lehrumgebung, in der Lernende in prak-                    terer Disziplinen (z.B. Anästhesiologie) gemein-      unter Einsatz von High-Fidelity-Manikins oder
    tischen Übungen individuell und vor allem gemein-                   sam in realitätsnaher Umgebung kritische Fälle        simulierten Patienten.
    sam trainieren können, um die operativen und sozia-                 üben und über das Zusammenarbeiten reflektie-         Unser mobiles Zentrum für medizinische Simulati-
    len Kompetenzen zu erwerben, zu verbessern und zu                   ren.                                                  onen besucht Institutionen in der ganzen Schweiz.
    bewahren, die menschliches Versagen begrenzen                    2. Das Training soll strukturiert und erfahrungsba-      Vor Ort werden dann mit modernsten Materialien
    und das klinische Risiko minimieren. Hier werden in                 siert sein, um interprofessionellen Teams zu er-      und/oder der beim Kunden vorhandenen Ausstat-
    der akademischen Ausbildung von Medizinerinnen                      möglichen, an konkreten, gemeinsamen Erfah-           tung Szenarien simuliert, in denen die Teilneh-
    und Medizinern, Pflegenden und medizinischem                        rungen zu lernen. Entscheidend ist ein wert-          menden «wie im richtigen Leben» agieren sollen.
    Fachpersonal, aber auch im Rahmen von For-                          schätzendes, klares und sicheres Trainingssetting.    Das Ziel ist, ihnen mit diesen lebensechten Simu-
    schungsprojekten verschiedene Simulationsmodali-                 3. Das gemeinsame Training soll sich durch die Aus-      lationen ein Setting zu bieten, das ihrem beruf-
    täten in einer interaktiven Lernumgebung eingesetzt,                bildungsstufen ziehen: angefangen in der Grund-       lichen Alltag möglichst nahekommt.
    um inter- und multidisziplinäre Trainings in Kliniken               ausbildung / im Studium, über die Fort- und Wei-      Die zentralen Merkmale der Simulation sind das
    zu ermöglichen.                                                     terbildung bis hin zum eigenen Faculty                Eintauchen in eine übliche Gefahrensituation, die
    Neben Ex-situ-Simulationen entwickelt und realisiert                Development. Dadurch kann eine langfristige           positive Sicht auf das Risiko (es geht um geeig-
    das CeSi auch Simulationstrainings, die direkt in                   Lernroutine etabliert werden: voneinander lernen      netes Risikomanagement und nicht um Risikover-
    klinischen Settings stattfinden. Dort werden Abläufe                anstatt sich übereinander zu ärgern.                  meidung) und eine ununterbrochene Abfolge von
    analysiert und Störungen im System sowie ver-                                                                             simulierten Situationen, die aufeinander auf-
    deckte Risiken aufgespürt, um die interdisziplinäre              Gut geführtes Simulationstraining ist evidenzbasiert     bauen.
    Performance zu verbessern. Das CeSi führt beispiels-             und bietet aufgrund seiner Praxisnähe ein ideales        Ein wesentliches Ziel der High-Fidelity-Simulation
    weise gemeinsam mit der Anästhesiologie für Er-                  Setting für interprofessionelles Lernen. Es ermög-       im Pflegebereich ist, dass die Teilnehmenden aus
    wachsene und dem Büro für Qualität und Patienten-                licht gegenseitige Perspektivenübernahme, das            Fehlern lernen können, ohne dass Patienten zu
    sicherheit des Ospedale Regionale di Bellinzona ein              Überprüfen gegenseitiger Annahmen und das Entwi-         Schaden kommen. Das zweite Ziel besteht darin,
    Pilotprojekt durch, in dessen Rahmen latente Risiken             ckeln eines gemeinsamen Verständnisses der Zu-           die eigenen medizinischen Fehler zu analysieren
    proaktiv durch Pflegepunkt-Simulationen aufgedeckt               sammenarbeit: «Was ist richtig?» anstatt «Wer hat        und zu erkennen, welche Störungen sie auslösen
    werden: Mitglieder des medizinischen Teams, darun-               recht?»                                                  können.
    ter Pflegende, Anästhesisten, Chirurginnen, Spital-                                                                       Ich erachte es für wichtig, die medizinische Simu-
                                                                     PD Dr. Michaela Kolbe, Leiterin Simulationszentrum,
    ärzte, Studierende und Technikerinnen, nehmen an                                                                          lation allgemein für alle medizinischen und para-
                                                                     Universitätsspital Zürich, michaela.kolbe@usz.ch
    Simulationen teil, in deren Verlauf sie in einer echten                                                                   medizinischen Bereiche zu entwickeln. Die medizi-
    OP-Umgebung mit geplanten kritischen Szenarien                                                                            nische Simulation sollte nicht allein bestimmten
    konfrontiert werden, um etablierte klinische Settings                                                                     Professionen wie den Sanitätern oder Bereichen
    verbessern zu können. Wichtig für eine bessere                                                                            wie der Intensivpflege oder der Anästhesie vorbe-
    Pflegeleistung in Stresssituationen ist die kritische                                                                     halten sein, sondern viel breiter eingesetzt wer-
    Betrachtung der Simulation. Sie wird von medizi-                                                                          den. Tatsächlich kann sie auch für medizinisch-
    nischen Teams unter Einsatz eines spezifischen Rah-                                                                       technische Radiologiefachpersonen sehr nützlich
    menwerks für Risiko- und Sicherheitsanalysen                                                                              sein, da auch diese Berufsgruppe in bestimmten
    durchgeführt.                                                                                                             Situationen ihres Arbeitsalltags von einer interpro-
                                                                                                                              fessionellen Simulation profitiert, die Sanitäter,
    Prof. Dr. Pier Luigi Ingrassia, Centro di Simulazione
                                                                                                                              Pflegekräfte und Radiologen einschliesst.
    (CeSi), Lugano, pierluigi.ingrassia@edu.ti.ch
                                                                                                                              Antoine Choffat, FormaSim Sàrl,
                                                                                                                              antoinechoffat@formasim.ch

4   spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
Akteure vernetzen – um die
                    Interprofessionalität zu verankern
                    Obwohl bereits zahlreiche vielversprechende Aktivitäten
                    laufen, muss die Vernetzung zwischen den Stakeholdern im
                    Bereich Bildung und Berufspraxis weiter verstärkt werden.
                    Das BAG will dies unterstützen. Denkbar sind der Aufbau
                    einer Webseite oder die Organisation von Anlässen – wie
                    etwa einem Tag der Interprofessionalität.

                    Mit dem 2020 abgeschlossenen            derten Lebensstile und die Entste-
                    Förderprogramm «Interprofessio-         hung von neuen Modellen zur
                    nalität im Gesundheitswesen» hat        Gesundheitsversorgung reagiert.
                    das BAG Forschungsprojekte und          Und die Planung geht weiter: Um
                    Massnahmen unterstützt, um in-          die bereits bestehende Zusammen-
                    terprofessionelle Ansätze in der        arbeit zwischen Studierenden der
                    schweizerischen Bildungs- und Be-       Pflege, der Ergotherapie und der
                    rufspraxis-Landschaft nachhaltig        Physiotherapie auch auf Medizin-
                    zu verankern (dies auch eine For-       studierende auszuweiten, prüft die
                    derung aus den Policy Briefs).          SUPSI aktuell eine Zusammenar-
                    Dabei ist unter anderem eine Pub-       beit mit der Universität der italieni-
                    likation entstanden, in der beispiel-   schen Schweiz (USI), die seit letz-
                    hafte berufsübergreifende Bil-          tem Jahr ein Masterstudium in
                    dungsangebote vorgestellt werden.       Medizin anbietet.
                    Dazu gehört etwa das Angebot der
                    Fachhochschule der italienischen        Miteinander, voneinander und
                    Schweiz SUPSI: Dort können Ba-          übereinander lernen
                    chelorstudierende in den Berei-         Ein anderes Beispiel aus der BAG-
                    chen Pflege, Ergotherapie und Phy-      Broschüre ist die Zürcher interpro-
                    siotherapie Module zur Förderung        fessionelle klinische Ausbildungs-
                    interprofessioneller Kompetenzen        station (ZIPAS). Seit Herbst 2019
                    gemeinsam belegen. Die Studie-          verbindet sie Studierende aus den
                    renden lernen dabei, dass eine op-      Bereichen Pflege, Medizin, Physio-
                    timale Versorgung patientenzent-        therapie und Ergotherapie mit den
                    riert ist und deshalb auf               Lernenden Fachfrau/-mann Ge-
                    ganzheitliche, integrierte Weise er-    sundheit EFZ.
                    folgt. Der eigene Beitrag zum Be-           Im Rahmen eines Praktikums
                    handlungsprozess soll sowohl auf        oder einer Unterassistenz bilden
                    die Bedürfnisse der Patientin oder      jeweils etwa sieben Lernende eine        Das BAG will die Vernetzung zwischen Stakeholdern im Bereich
                    des Patienten als auch auf die Ar-      Gruppe auf der Ausbildungsstati-         Bildung und Berufspraxis unterstützen.
                    beit der anderen Fachkräfte abge-       on. Unter Supervision eines Berufs-
                    stimmt sein.                            bildners oder einer Kaderärztin
                        Mit diesen interprofessionellen     übernehmen die Lernenden die Pa-         Teammitglied betrachtet. Die Ler-         gebote im Gesundheitswesen über-
                    Studiengängen hat die SUPSI schon       tientenversorgung – selbstständig        nenden entwickeln ein Verständnis         sichtlich aufgelistet und vorgestellt
                    im Jahr 2006 auf die soziodemo-         und gemeinsam. Dabei wird der            für die Kompetenzen und Grenzen           werden. Eine weitere Möglichkeit
                    grafische Entwicklung, die verän-       Patient oder die Patientin als           ihres eigenen Berufs und diejeni-         wäre die Organisation eines «Tages
                                                                                                     gen anderer Berufe. Kurz: Sie ler-        der Interprofessionalität», wo sich
                                                                                                     nen miteinander, voneinander,             die Stakeholder aus verschiedenen
                                                                                                     übereinander.                             Regionen direkt begegnen und
                                                                                                          Zu den Erkenntnissen des För-        voneinander lernen können.
                                                                                                     derprogramms «Interprofessiona-
                                                                                                     lität im Gesundheitswesen» gehört,        Kontakte:
                                                                                                     dass solche realitätsnahen Unter-         Cinzia Zeltner und Lara De Simone-
                                                                                                     richtsformate die besten Lerneffek-       Nalotto, Sektion Weiterentwicklung
                                                                                                     te zeigen. Aber auch, dass die Sta-       Gesundheitsberufe,
                                                                                                     keholder im Bildungsbereich noch          interprofessionalitaet@bag.admin.ch
                                                                                                     nicht optimal vernetzt sind. In Ge-
                                                                                                     sprächen mit diversen Akteuren            Link:
                                                                                                     hat das BAG im Frühjahr 2021 eru-         www.bag.admin.ch/fpinterprof
                                                                                                     iert, welche Netzwerke bereits vor-
                                                                                                     handen sind – und durch welche
                                                                                                     Vernetzungsaktivitäten sie allen-
                                                                                                     falls erweitert werden könnten.
                                                                                                          Das Fazit dieser Gespräche lau-
                                                                                                     tet, dass sich viele Bildungsinstitu-
                                                                                                     tionen regional gut koordinieren,
                                                                                                     aber dass sich viele einen stärke-
                                                                                                     ren überregionalen oder sogar na-
                                                                                                     tionalen Austausch wünschen. Ein
                                                                                                     solches schweizweites Netzwerk
                                                                                                     will das BAG fördern. Auf einer
Wird Interprofessionalität bereits im Studium erlernt, kann sie später im beruflichen Alltag         Website könnten beispielsweise al-
besser gelebt werden. (Hinweis: Dieses Bild wurde vor der Pandemie aufgenommen.)                     le interprofessionellen Bildungsan-

                                                                                                      spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung   5
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
«Im Zentrum der Interprofessionalität
steht der gegenseitige Respekt»
Wir müssen die Rollen und Aufgaben im Gesundheitswesen grundlegend überdenken. Dadurch verbessert
sich auch die Behandlungsqualität, sagt Monika Brodmann Maeder, Präsidentin des Schweizerischen Instituts
für ärztliche Weiter- und Fortbildung.

Frau Brodmann Maeder, was                   deshalb relativ rasch die Idee für       «Als ich vor 30 Jahren                Doch durch ihr Schweigen
verstehen Sie unter dem                     ein gemeinsames Weiterbildungs-                                                hätte sie das Leben des Pa-
etwas sperrigen Begriff der                 angebot auf.
                                                                                     Medizin studierte, war die            tienten riskiert?
Interprofessionalität?                                                               Ausbildung noch sehr                  Ja, genau deswegen trägt die Inter-
Für mich bedeutet der Begriff in            Wie sah dieses Angebot aus?              stark auf den eigenen                 professionalität nicht nur zu einer
erster Linie eine qualitativ hochste-       Wir haben ein Kernteam von zehn          Beruf ausgerichtet. Wir               Qualitätsverbesserung in der Be-
hende Zusammenarbeit der ver-               Instruktorinnen und Instruktoren                                               handlung und Betreuung von Pa-
schiedenen Berufsgruppen inner-             gebildet, das je zur Hälfte aus Ange-    kamen als Studierende                 tientinnen und Patienten bei, son-
halb des Gesundheitswesens.                 hörigen der Pflege und der Ärzte-        nur mit anderen Ärztin-               dern erhöht letztlich auch deren
Weiter gefasst bedeutet Interpro-           schaft bestand. In den Kursen ha-        nen und Ärzten in Kontakt.            Sicherheit.
fessionalität aber auch den Einbe-          ben wir viel mit Simulationen
                                                                                     Heute ist es normal, dass
zug von Patientinnen und Patien-            gearbeitet, also relevante Situatio-                                           Was halten Sie von der Aussa-
ten und deren Angehörigen. Denn             nen nachgestellt – mit Puppen aus        zum Beispiel auch eine                ge, dass Interprofessionalität
auch sie sind massgeblich beteiligt         Kunststoff für die Reanimation,          psychologische Psycho-                zwar die Arbeitsqualität ver-
am Genesungsprozess, der auf eine           aber auch mit Schauspielerinnen          therapeutin einer Gruppe              bessert, aber halt auch mehr
Verletzung oder eine Krankheit              und Schauspielern, wenn es etwa                                                kostet?
folgt.                                      um das Überbringen von schlech-
                                                                                     von Medizinstudierenden               Mich überzeugt diese Aussage aus
                                            ten Nachrichten ging. Im anschlies-      ihre Arbeit vorstellt.»               zwei Gründen nicht. Erstens: Wenn
Die interprofessionelle Zusam-              senden Debriefing haben wir dann                                               Sie dank einer guten Zusammenar-
menarbeit geht für Sie über                 jeweils gemeinsam analysiert, was                                              beit die Behandlungsqualität erhö-
das Fachpersonal hinaus?                    gut und was weniger gut gelaufen         sucht hat: Als sie auf dem Monitor    hen, passieren Ihnen im Schnitt
Ja, die Patientenrolle hat sich in          ist. Für uns waren diese Weiterbil-      eine schwerwiegende Rhythmus-         weniger Fehler. Dadurch reduzie-
den letzten Jahren stark gewan-             dungskurse auch eine Möglichkeit,        störung bemerkte, holte sie Luft.     ren sich auch die schweren Verse-
delt. Das lateinische Patiens, das          stereotypische und eingeschliffene       Offensichtlich war ihr erster Im-     hen mit Haftpflichtrelevanz. Des-
das Erdulden und passive Aushal-            Verhaltensmuster gemeinsam zu            puls, etwas zu sagen, doch am         halb lohnen sich die Investitionen
ten einer Krankheit beschreibt,             reflektieren – und so aufzuweichen.      Schluss liess sie es sein. Beim De-   in die Interprofessionalität länger-
trifft heute auf viele Betroffene           Wir haben zum Beispiel ein Simu-         briefing danach habe ich die Per-     fristig auch aus ökonomischer
nicht mehr zu. Früher gingen die            lationsszenario entwickelt, bei dem      son auf diesen Moment des Luftho-     Sicht, wie mehrere Studien aus den
Leute zur Ärztin, zum Arzt, wenn            die Ärztin oder der Arzt so am Pa-       lens angesprochen. Tatsächlich        USA belegen. Zweitens: Unter dem
ihnen etwas wehtat, mit der Er-             tientenbett steht, dass nur die Pfle-    hatte sie das Kammerflimmern ent-     Stichwort «Task Shifting» wird
wartung, dass die Expertin schon            gefachperson den Monitor mit der         deckt und gedacht, dass es gleich     heute – mitunter auch heiss – dis-
wisse, was zu tun sei. Heute infor-         Herzkurve im Blick hat. Noch heute       zum Herzstillstand kommt, aber sie    kutiert, welche der bisher aus-
mieren sich die Personen im Inter-          sehe ich eine Pflegefachfrau vor         hatte dem Arzt nicht dreinreden       schliesslich ärztlichen Aufgaben
net, bevor sie eine Ärztin aufsu-           mir, die den Kurs vor 20 Jahren be-      wollen.                               von anderen nichtärztlichen Ge-
chen. Das schafft völlig andere
Voraussetzungen für die Betreuung
und Behandlung. Wir müssen die
Patientinnen und Patienten abho-
len und mitentscheiden lassen,
wenn wir möchten, dass die Thera-
pien mitgetragen und auch besser
befolgt werden. Für die Gesund-
heitsfachpersonen bedeutet das,
dass wir uns nicht nur mit anderen
Berufsgruppen absprechen und
koordinieren müssen, sondern
eben auch mit Laien.

Zu Ihrer Zeit am Notfallzen-
trum des Inselspitals haben
Sie gemeinsame Weiterbil-
dungskurse für Pflegefachper-
sonen und die Ärzteschaft
organisiert. Wieso?
Den Ausschlag gegeben hat ein ge-
wisses Unbehagen der Pflegefach-
personen. Sie beklagten sich, von
den Ärzten nicht gehört und nicht
ernst genommen zu werden. Die
Pflegenden fanden auch, dass die
Qualität ihrer Arbeit darunter lei-
det. Während meiner Zeit am Insel-
spital habe ich mich im Rahmen
meiner Masterausbildung mit der
Interprofessionalität auseinander-
gesetzt. Als ich von der Unzufrie-          Durch die interprofessionelle Zusammenarbeit werden Hierarchien im Gesundheitswesen überwunden. Dadurch können Behand-
denheit der Pflegenden erfuhr, kam          lungsqualität und Behandlungssicherheit für Patientinnen und Patienten verbessert werden.

6   spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
PD Dr. med. Monika
                                                                                                                                            Brodmann Maeder

                                                                                                                                         Monika Brodmann Maeder hat
sundheitsfachleuten, zum Beispiel      flächen, denn mit der besseren
                                                                                                                                         an der Universität Basel Medizin
Apothekerinnen oder Pflegefach-        Ausbildung geht auch ein höheres
                                                                                                                                         studiert und sich daraufhin in
personen, übernommen werden            Selbstvertrauen einher. Und mit
                                                                                                                                         Innerer Medizin, Chirurgie,
könnten. Das erklärte Ziel ist dabei   dem steigenden Selbstbewusstsein
                                                                                                                                         Anästhesie und in der Neurore-
die Senkung der Gesundheitskos-        der nichtärztlichen Gesundheits-
                                                                                                                                         habilitation von Querschnittge-
ten. Aber bei diesem Thema sind        fachpersonen kommt auch der Ruf
                                                                                                                                         lähmten und Hirnverletzten
noch viele Fragen offen.               nach einer partizipativen Zusam-
                                                                                                                                         weitergebildet. Über zehn Jahre
                                       menarbeit auf Augenhöhe. Es gilt,
                                                                                                                                         lang arbeitete sie in den Ge-
Inwiefern ist Interprofessiona-        die Hierarchien im Gesundheits-
                                                                                                                                         birgsbasen der Luftrettungsor-
lität ein neues Thema im               wesen grundlegend zu überdenken
                                                                                                                                         ganisation Rega. Von 2016 bis
Gesundheitswesen?                      und die Schnittstellen zwischen
                                                                                                                                         2021 war Brodmann Maeder am
Als ich vor 30 Jahren Medizin stu-     den Fachpersonen zu beleuchten.
                                                                                 Universitären Notfallzentrum des Inselspitals Bern tätig, zuletzt als leitende Ärztin. Seit
dierte, war die Ausbildung noch        Erst mit der Thematik der Inter-
                                                                                 Februar 2021 präsidiert Brodmann Maeder das Schweizerische Institut für ärztliche
sehr stark auf den eigenen Beruf       professionalität ist dieser Prozess
                                                                                 Weiter- und Fortbildung (SIWF).
ausgerichtet. Wir kamen als Stu-       richtig in Gang gekommen.
dierende nur mit anderen Ärztin-
nen und Ärzten in Kontakt. Heute       Sie meinen, dass es in der
ist es normal, dass zum Beispiel       Interprofessionalität also auch
auch eine psychologische Psycho-       darum geht, die Medizine-                                                       stürzen, das Team im Schockraum
therapeutin einer Gruppe von Me-       rinnen und Mediziner von               «Viele Personen verbinden                wird nach wie vor von jemandem
dizinstudierenden ihre Arbeit vor-     ihrem Sockel zu stürzen?               eine Frau mit dem Pflege-                aus der Ärzteschaft und nicht von
stellt. Das dürfte es künftigen        Nein, das ist nicht das Thema. Im      beruf – und nur Männer                   einer Pflegefachperson geleitet.
Ärztinnen und Ärzten vereinfa-         Zentrum der Interprofessionalität                                               Doch kleinere Dinge haben sich ins
chen, die «Ein-Beruf-Silos» zu         stehen für mich der gegenseitige
                                                                              mit dem Arztberuf. Solche                Positive gedreht. So haben sich die
überwinden und sich in Angehöri-       Respekt und die Wertschätzung für      Stereotype sind heute                    Atmosphäre und die Art der Zu-
ge anderer Berufsgruppen hinein-       die Arbeit von Fachpersonen im         zwar überholt, aber                      sammenarbeit auf dem Notfall
zudenken. Hinzu kommt, dass sich       Gesundheitswesen mit unter-            immer noch in vielen                     spürbar verbessert, das fällt auch
in letzter Zeit viele nichtärztliche   schiedlichen beruflichen Hinter-                                                Leuten aus anderen Abteilungen
Gesundheitsberufe weiterentwi-         gründen und Perspektiven.              Köpfen präsent.»                         auf. Sogar wenn es brodelt, pflegt
ckelt und professionalisiert haben.                                                                                    das Team untereinander eine wert-
                                       Wie haben Sie diesen Respekt                                                    schätzende Kommunikation. Offen-
Wie wirkt sich diese Professio-        in den gemeinsamen Weiter-             um, explizit auf Dinge aufmerksam        bar konnten die Mitglieder des
nalisierung auf die Zusam-             bildungskursen vermittelt?             zu machen, die sonst im Team nur         Kernteams als Vorbilder wirken
menarbeit aus?                         Es ging darum, den Teilnehmen-         implizit mitschwingen. Zum Bei-          und so, indem sie die Bildungsin-
Unsere Gesellschaft hat über Gene-     den bewusst zu machen, dass alle       spiel: Es ist klar geregelt, dass im     halte aus den Kursen in die Praxis
rationen hinweg Bilder erschaffen,     Mitarbeitenden des Notfallzent-        Schockraum bei der Behandlung            einfliessen liessen, allmählich ei-
die immer noch wirkmächtig sind.       rums «Profis» sind. Und dass im        von Schwerverletzten immer eine          nen Kulturwandel einleiten.
Denken Sie etwa an das Bild der        Behandlungs- und Betreuungspro-        Oberärztin oder ein Oberarzt vom
Krankenschwester, die fürsorglich      zess verschiedene Rollen und Auf-      Notfall für die Koordination zu-         Wie schätzen Sie die künftige
zu den Patientinnen und Patienten      gaben verteilt und übernommen          ständig ist – und die Teamleitungs-      Entwicklung der Interprofessi-
schaut. Oder das Bild vom Herrn        werden müssen. Diese Verteilung        funktion übernimmt. Doch eine un-        onalität ein?
Doktor, dem Halbgott in Weiss,         muss nicht hierarchisch organi-        scheinbare Frau wird dabei               Ich bin sicher, dass sie weiterhin
dem alle anderen Personen nur zu-      siert sein, sondern sie kann auch in   häufiger übersehen als ein grosser       an Bedeutung gewinnen wird. Von
                                       einer Art Netzwerk erfolgen. Na-       Mann mit einer sonoren Stimme.           der Aufwertung der nichtärztlichen
«Es gilt, die Hierarchien              türlich braucht es eine klar defi-     Zudem spielen auch unbewusste            Berufe können wir alle profitieren.
                                       nierte Koordinationsfunktion, aber     geschlechtsspezifische Berufszu-         Allerdings wird es in nächster Zeit
im Gesundheitswesen                    auch nichtärztliche Fachpersonen       schreibungen eine Rolle: Viele Per-      zu weiteren Auseinandersetzungen
grundlegend zu überden-                können solche Rollen übernehmen.       sonen verbinden eine Frau mit            kommen, weil die Rollen und Auf-
ken und die Schnittstellen             In der Rehabilitation, wo ich vor      dem Pflegeberuf – und nur Männer         gaben der Berufsgruppen neu ge-
zwischen den Fachper-                  dem Notfall gearbeitet habe, haben     mit dem Arztberuf. Solche Stereo-        klärt werden müssen. Ausserdem
                                       zum Beispiel auch Mitarbeitende        type sind heute zwar überholt,           fehlen vielerorts noch interprofes-
sonen zu beleuchten. Erst              vom Sozialdienst oder von der Phy-     aber immer noch in vielen Köpfen         sionelle Vorbilder. Wahrscheinlich
mit der Thematik der                   siotherapie koordinative Funktio-      präsent.                                 dauert es deshalb noch eine ganze
Interprofessionalität ist              nen ausgeübt.                                                                   Weile, bis alle in ihre neuen Rollen
                                                                              Das Ziel der gemeinsamen                 hineingewachsen sind – und wirk-
dieser Prozess richtig in
                                       Es gibt Personen mit kommu-            Weiterbildungskurse war, die             lich auf Augenhöhe zusammenar-
Gang gekommen.»                        nikativen und koordinativen            Arbeitsqualität auf dem Not-             beiten.
                                       Stärken und andere, die in             fall zu verbessern. Im Rück-
                                       dieser Hinsicht weniger begabt         blick betrachtet: Haben Sie
dienen. Doch mit dem Aufkommen         sind. Inwieweit lassen sich            dieses Ziel erreicht?
von Fachhochschulen und weite-         solche Fähigkeiten erlernen?           Wir haben das Programm nicht
ren Bildungsangeboten hat die          Natürlich gibt es Leute mit einem      wissenschaftlich ausgewertet, ich
Ausbildung etwa für Pflegefach-        angeborenen Talent für kommuni-        kann Ihnen deshalb keine evidenz-
kräfte, Hebammen, Ernährungsbe-        kative und koordinative Aufgaben,      basierte Antwort geben. Trotzdem
rater, Physio- und Ergotherapeu-       aber man kann sich das auch erar-      bin ich überzeugt, dass wir Wichti-
tinnen einen Qualitätszuwachs          beiten. In unseren Weiterbildungs-     ges erreicht haben. Die Resultate
erfahren. Das sorgt für Reibungs-      kursen ging es unter anderem dar-      zeigen sich nicht in grossen Um-

                                                                                                   spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung   7
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
Das elektronische Patientendossier
erleichtert den Austausch zwischen
Fachpersonen
Ab diesem Jahr wird das elektronische Patientendossier                               bei höchste Ansprüche an den Da-       (IPAG), welche interprofessionelle
(EPD) in der Schweiz schrittweise eingeführt. Das EPD er-                            tenschutz und die Datensicherheit.     Inhalte für das EPD erarbeitet, ha-
                                                                                     Dafür sorgen das Datenschutzge-        ben gezeigt, dass Fachpersonen
leichtert den Informationsaustausch zwischen Patientinnen                            setz sowie das Bundesgesetz zum        häufig die Informationsbedürfnisse
und Patienten und Gesundheitsfachpersonen, da alle jeder-                            EPD.                                   der anderen Berufsgruppen nicht
zeit über die relevanten Informationen verfügen.                                         Bei den Gesundheitsinstitutio-     kennen. Entsprechend braucht es
                                                                                     nen ist der stationäre Bereich, also   auch Weiterbildungen, damit Ge-
                                                                                     Spitäler, Geburtshäuser, Alters- und   sundheitsfachpersonen für das
Die Einführung des elektronischen           Medikamente. Die Spitex ist dann         Pflegeheime, ab 2022 gesetzlich        EPD gerüstet sind (siehe Box).
Impfzertifikats für die Covid-Imp-          die einzige Leistungserbringerin,        verpflichtet, das EPD anzubieten.
fung macht den Nutzen der Digita-           die mit einer Medikationsliste die       Neu zugelassene Arztpraxen müs-        Kontakt:
lisierung für unser Gesundheits-            Gesamtübersicht hat. Im Notfall          sen ab 1. Januar 2022 ebenfalls ein    Catherine Bugmann, Koordinations-
system deutlich: Mithilfe einer             ruft das Spital dann die Spitex an       EPD anbieten. Bei ambulanten           und Kompetenzstelle eHealth Suisse,
sicheren, digitalen Lösung können           und fragt nach den aktuellen Me-         Dienstleistern wie Apotheken, Phy-     catherine.bugmann@e-health-
geimpfte Personen jederzeit und             dikamenten. Mit dem EPD würde            siotherapiepraxen, Spitexorganisa-     suisse.ch
überall ihren Impfstatus belegen.           sich diese Anfrage erübrigen.» Das       tionen oder Hausarztpraxen, die
Auch das EPD bringt einen gros-             Beispiel zeigt: Je mehr Personen         bereits vor 2022 zugelassen wur-       Links:
sen Mehrwert, indem Patientinnen            ein EPD eröffnen und nutzen, um-         den, ist die Teilnahme hingegen        − Überblick Stammgemeinschaf-
und Patienten sowie ihre behan-             so grösser wird der Nutzen für alle      weiterhin freiwillig.                     ten: https://tinyurl.com/4r65578
delnden Fachpersonen auf die Ge-            Beteiligten.                                                                    − Informationen zum Weiterbil-
sundheitsinformationen zugreifen                                                     Weiterentwicklung und inter-              dungsangebot der BFH:
können. Dadurch wird die Be-                Regionale Einführung                     professionelle Kommunikation              https://tinyurl.com/jxzz52xf
handlungsqualität und -effizienz            Die Einführung des EPD erfolgt re-       Das EPD wird schrittweise weiter-      − Bildungsbroschüre «eHealth-
erhöht und das Risiko von Fehlent-          gional durch neun Stammgemein-           entwickelt. Am Anfang werden vor          Themen für Gesundheitsfach-
scheiden minimiert. Heute gehen             schaften, von denen heute mit            allem Unterlagen im PDF-Format            personen»
entlang der Versorgungskette oft            emedo und CARA zwei bereits den          abgelegt, aber Vorarbeiten laufen,        https://tinyurl.com/jn76tp5j
Informationen verloren, zum Bei-            Betrieb aufgenommen haben,               damit bald auch interaktive For-
spiel bei der Schnittstelle Arztpra-        mehrere zertifiziert sind und sich       mate möglich sind. Damit können
xis–Spitex. Esther Bättig, wissen-          weitere im Zertifizierungsverfah-        Ärztinnen oder Apotheker zum
schaftliche Mitarbeiterin der               ren befinden (siehe www.patien-          Beispiel die aktuelle Medikation ih-
Spitex Schweiz, sieht etliche Vor-          tendossier.ch/anbieter). In der          rer Patientinnen und Patienten di-
teile für alle in der Behandlung in-        Schweiz wohnhafte Personen kön-          rekt im EPD anpassen.                     Interprofessionalität bereits
volvierten Akteure: «Der Hausarzt           nen selbst entscheiden, bei wel-             Das EPD fördert auch die Kom-         im Studium leben
und alle involvierten Fachärztin-           cher Stammgemeinschaft sie ein           munikation über die Berufsgrup-
nen und Fachärzte haben oft keine           EPD eröffnen möchten. Für alle           pen hinweg. Erfahrungen der In-           Die Berner Fachhochschule (Departement Ge-
Einsicht in eine Gesamtliste der            Stammgemeinschaften gelten da-           terprofessionellen Arbeitsgruppe          sundheit und Medizininformatik) hat für die
                                                                                                                               Studiengänge «Ernährung und Diätetik», «Heb-
                                                                                                                               amme», «Pflege und Physiotherapie» interpro-
                                                                                                                               fessionelle Module entwickelt. In den Modulen
                                                                                                                               «Interprofessionelle Zusammenarbeit und
                                                                                                                               eHealth», «Personenzentrierte Gesundheitsver-
                                                                                                                               sorgung» und «Gesundheitsförderung im inter-
                                                                                                                               professionellen Kontext» erwerben die Studie-
                                                                                                                               renden Kompetenzen, um untereinander und
                                                                                                                               mit Patientinnen und Patienten, Angehörigen
                                                                                                                               oder Fachpersonen ausserhalb des Gesund-
                                                                                                                               heitswesens enger zusammenzuarbeiten.

                                                                                                                               Pilotprojekt im Kanton Neuenburg

                                                                                                                               Um den grössten Nutzen für Patientinnen und
                                                                                                                               Patienten sowie Gesundheitsfachpersonen zu
                                                                                                                               generieren, lanciert die Stammgemeinschaft
                                                                                                                               «Mon Dossier Santé» des Kantons Neuenburg
                                                                                                                               ein Pilotprojekt zur koordinierten Versorgung
                                                                                                                               von Diabetespatientinnen und -patienten mit
                                                                                                                               rund 100 Dienstleistern. Dieses Projekt ermög-
                                                                                                                               licht es, das EPD vor der breiten Einführung zu
                                                                                                                               validieren und anzupassen. Jean-Gabriel Jean-
                                                                                                                               not, am Projekt teilnehmender Arzt, hebt die
                                                                                                                               Vorteile für Patientinnen und Patienten hervor:
                                                                                                                               «Ein Patient, der auf sein EPD zugreift, hat ein
                                                                                                                               besseres Verständnis für seine medizinischen
                                                                                                                               Probleme. So kann er sich aktiver um seine
Mit dem EPD haben alle in die Behandlung involvierten Fachpersonen                                                             Gesundheit kümmern.»
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8   spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
Prävention verbindet über
                 Fachgrenzen hinweg
                 Um die Gesundheit zu ver-
                 bessern und Krankheiten zu
                 verhindern oder ihr Fort-
                 schreiten zu verlangsamen,
                 kommt der Prävention in der
                 Gesundheitsversorgung
                 (PGV) eine immer grössere
                 Bedeutung zu. Es braucht
                 die interprofessionelle Zu-
                 sammenarbeit (IPZ) aller
                 Fachpersonen, um die Prä-
                 vention über die ganze Ver-
                 sorgungskette zu etablieren.

                 Das Schweizer Gesundheitswesen
                 ist qualitativ hochstehend, weist      Die PGV will Schnittstellen zwischen dem Gesundheits-, Sozial- und
                 aber im Präventionsbereich Lücken      Gemeinwesen besser aufeinander abstimmen.
                 auf. Wichtig sind in die Behandlung
                 integrierte präventive Massnah-        aufeinander abgestimmte Behand-         mit einem tabletgestützten Scree-         zu entdecken, die Betroffenen an
                 men, aufeinander abgestimmte Be-       lung und Beratung durch verschie-       ning und einer Onlineplattform, die       die richtigen Fachpersonen zu ver-
                 ratungs- und Behandlungsangebo-        dene Fachpersonen ermöglicht            bestehende psychosoziale Behand-          weisen und ihre Gesundheitskom-
                 te und ein besseres Verständnis für    nebst der konservativen Therapie        lungsangebote in Basel vernetzt. So       petenz zu stärken. Das Projekt «Ak-
                 individuelle Bedürfnisse von Pa-       der Krankheit das Ansprechen von        können bereits während den Spital-        tion Diabetes» will die IPZ während
                 tientinnen und Patienten.              Fragen zu Suchtmittelkonsum, psy-       aufenthalten ambulante Behandlun-         der Pflege von Personen mit Diabe-
                     Hier dockt die PGV an. Sie hat     chischem Wohlbefinden, Ernäh-           gen aufgegleist werden. Neben den         tesrisiko verbessern, indem es bei-
                 zum Ziel, Prävention zu stärken        rungs- und Bewegungsverhalten,          Betroffenen sollen auch die Leis-         spielsweise Referenzdokumente
                 und über die gesamte Versor-           Selbstmanagement-Kompetenzen            tungserbringer profitieren – dank         zum Management der Krankheit
                 gungskette zu etablieren: von der      oder sozialer Integration. Einer Per-   einer besseren Nutzung der Schnitt-       bereitstellt, aber auch Werkzeuge,
                 psychosozialen Beratung in der         son mit Herzerkrankung zum Bei-         stellen und der Etablierung von           die den Informationsaustausch und
                 Gemeinde über die ambulante            spiel stellt der Arzt oder die Ärztin   Netzwerkstrukturen für eine koordi-       das Empowerment der Patientin-
                 Arztpraxis bis hin zum stationären     Fragen zu Lebensumfeld oder psy-        nierte Versorgung zwischen statio-        nen und Patienten fördern.
                 Spital- und Reha-Setting. Da Ver-      chischem Befinden und involviert        närer und ambulanter Medizin.
                 sorgungsketten oft unterbrochen        Angehörige in die Behandlung.                                                     Kontakte:
                 werden, möchte die PGV Schnitt-                                                2. PRiMA                                  − Alberto Marcacci, Sektionsleiter
                 stellen zwischen dem Gesund-           So wird IPZ gelebt                      Damit ältere Menschen und Perso-            Prävention in der Gesundheitsver-
                 heits-, Sozial- und Gemeinwesen        Die IPZ ist eine wichtige Grundlage     nen mit chronischen Krankheiten,            sorgung, alberto.marcacci@bag.
                 besser aufeinander abstimmen.          für eine erfolgreiche Umsetzung der     die im Alltag medizinische und pfle-        admin.ch
                                                        PGV und steht bei zwei * von insge-     gerische Hilfe benötigen, möglichst       − Franziska Widmer Howald, Pro-
                 Individuelle Lebenssituation           samt sechs prioritären Interventi-      lange in ihrer gewohnten Umge-              jektleiterin PGV bei Gesundheits-
                 im Mittelpunkt                         onsbereichen des Konzepts Projekt-      bung bleiben können, statten ihnen          förderung Schweiz, Koordinato-
                 Mit dem biopsychosozialen Ansatz       förderung PGV ** im Fokus. Die          Advanced Practice Nurses (APN)              rin von PRiMA und SomPsyNet,
                 stellt die PGV nicht nur biologische   Projekte zur Stärkung der Präventi-     regelmässig Besuche ab. In enger            franziska.widmer@promotion
                 Faktoren der Krankheit ins Zent-       on in der Gesundheitsversorgung         Zusammenarbeit mit dem interpro-            sante.ch
                 rum, sondern das Individuum in ei-     werden durch die Stiftung Gesund-       fessionellen Behandlungsteam be-          − Raphaël Trémeaud, Projektleiter
                 ner ganzheitlichen Betrachtung. Die    heitsförderung Schweiz begleitet        sprechen APN mit Betroffenen                PGV bei Gesundheitsförderung
                                                        und gefördert. Die folgenden PGV-       Massnahmen zur Reduzierung von              Schweiz, Koordinator von Action
                                                        Projekte zeigen, wie Prozesse zwi-      Risikofaktoren oder zur Therapie            Diabète, raphael.tremeaud@
                                                        schen Gesundheits-, Sozial- und Ge-     und ermitteln so den pflegerischen          promotionsante.ch
                                                        meinwesen etabliert werden, wie         Bedarf. APN haben sich in einem
                                                        individuelle Lebenssituationen der      Masterstudium erweitertes Exper-          Prävention in der Gesundheitsver-
                                                        Patientinnen und Patienten berück-      tenwissen und Fähigkeiten zur Ent-        sorgung: www.bag.admin.ch/pgv
                                                        sichtigt und deren Gesundheits-         scheidungsfindung angeeignet und
                                                        kompetenzen gestärkt werden.            wirken als Bindeglieder zwischen          Links zu den drei Projektbeispielen:
                                                                                                Betroffenen, Angehörigen und an-          − SomPsyNet:
                                                        1. SomPsyNet                            deren Gesundheitsfachpersonen.               https://tinyurl.com/krnurr62
                                                        Patientinnen und Patienten, die auf-    Das Projekt «PRiMA – Funktion und         − PRiMA:
                                                        grund körperlicher Erkrankungen         Kosten der Advanced Practice Nur-            https://tinyurl.com/3jpttz5k
                                                        ein Spital aufsuchen, sind häufig       ses in der Primärversorgung» eva-         − Aktion Diabetes:
                                                        auch psychosozial belastet, was sich    luiert die Leistungen eingesetzter           https://tinyurl.com/44fkkp6y
                                                        negativ auf ihre Behandlung aus-        APN, identifiziert Schnittstellen und
                                                                                                                                          * (1) Schnittstellen zwischen den Syste-
                                                        wirkt. Ein sektorenübergreifendes       erarbeitet Empfehlungen.                    men und den darin tätigen Akteu-
                                                        Versorgungsnetzwerk in Basel-Stadt                                                  rinnen/Akteuren der PGV, (2) Entwick-
                                                                                                                                            lung und Implementierung von
                                                        hat zum Ziel, ihnen mit einer frühen    3. Aktion Diabetes – Gemeinsam              Gesundheitspfaden mittels Kollabora-
                                                        Identifikation die nötigen Unterstüt-   gegen Diabetes                              tion und Multiprofessionalität
                                                        zungsangebote zu vermitteln. Die        Oft wird Diabetes erst bei Kompli-        ** Gesundheitsförderung Schweiz,
                                                                                                                                            Konzept der Projektförderung Präven-
                                                        am Projekt SomPsyNet teilnehmen-        kationen diagnostiziert. Es müssen          tion in der Gesundheitsversorgung
PGV: Koordinierter Einsatz über die gesamte             den vier Spitäler und ambulanten        daher effiziente Prozesse etabliert         (PGV) 2021–2024:
Versorgungskette hinweg.                                Player nutzen ein digitales System      werden, um die Erkrankung früh              https://tinyurl.com/nexavjj9

                                                                                                 spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung   9
Spectra - Spectra - Gesundheitsförderung und Prävention
Wenn Apotheke und Hausarztpraxis
eine Symbiose bilden
In Chur haben in den letzten Jahren zahlreiche Hausarztpraxen geschlossen. Dem drohen-
den Engpass in der Grundversorgung begegnet Medi Porta mit einem interprofessionellen
Geschäftsmodell: Die Verzahnung von Apotheke und Arztpraxis ermöglicht eine sinnvolle
Verteilung der Aufgaben – und ein breites, dienstleistungsorientiertes Angebot für die Be-
völkerung.
Das Medizinische Zentrum «gleis            am Medizinischen Zentrum «gleis          können. Die beiden Praxen, die           aus. Für Mitarbeitende in der Apo-
d» in Chur liegt direkt beim Bahn-         d» fast verdoppelt. Das sei nicht zu-    hinter den Räumlichkeiten der            theke sei es bereichernd, Einblicke
hof. In den obersten drei Etagen           letzt darauf zurückzuführen, dass        Apotheke liegen, haben jeden Tag         in die Medizin zu erhalten, zum
haben Ärztinnen und Ärzte ver-             in Chur aufgrund von Pensionie-          halbstündige Reservetermine of-          Beispiel in die Auswertung von
schiedene Praxen eingerichtet. So          rungen viele Hausarztpraxen ge-          fen, die von Caratsch und ihren          Blutmesswerten aus dem Labor
weit, so normal. Doch im Erdge-            schlossen wurden. Das Bündner            Kolleginnen gebucht werden kön-          oder in die Interpretation der im
schoss befindet sich Medi Porta:           Ärztenetzwerk Grisomed warnte            nen. Dass sie die Leute bei Bedarf       EKG aufgezeichneten Herzschläge,
ein interprofessionelles Beratungs-        2015 in einer Studie vor einem           direkt weiterleiten könne, sei auch      meint Quack. Und umgekehrt pro-
und Behandlungszentrum, das in             drohenden Engpass in der medizi-         für sie vorteilhaft, meint Caratsch:     fitieren auch die Mitarbeitenden in
der Biologie wohl als Symbiose             nischen Grundversorgung. «Wir            «Denn wenn die Person zurück-            der Praxis von der Nähe zur Apo-
von Apotheke und Hausarztpraxis            wussten, dass wir mehr Anfragen          kommt, erfahre ich gleich, was           theke, denn in den vier Jahren seit
bezeichnet würde. Und das «die             erhalten würden – und dass wir           beim Gespräch mit dem Arzt be-           Beginn von Medi Porta hat sich
Vorteile einer Apotheke mit denen          mit einer weiteren Arztpraxis nur        sprochen wurde.»                         auch das gegenseitige Verständnis
einer Arztpraxis vereint», wie die         eine limitierte Anzahl von Perso-                                                 für die unterschiedlichen Philoso-
Website von Medi Porta festhält.           nen zusätzlich betreuen könnten»,        Bereichernder Austausch                  phien entwickelt. «Wir haben Pa-
    «Wir haben auf einer Fläche            sagt Quack.                              In der Symbiose sieht auch Quack         tienten vor uns, die Apothekerin-
von 170 Quadratmetern einen Ver-               So kam die Idee auf, mit einer       viele Vorteile, zum Beispiel: «Seit      nen haben Kunden vor sich», sagt
kaufsraum, Arbeitsräume für die            Apotheke zusammenzuarbeiten,             wir unsere eigenen Medikamen-            Quack. Ihm ist aufgefallen, dass mit
Apothekerinnen, zwei Behand-               die als erste Anlaufstelle die Per-      tenspezialistinnen im Haus haben,        diesem Bild des Kunden auch eine
lungszimmer für Hausärzte sowie            sonen berät – und gleich auch tri-       müssen wir Ärzte keine Pharma-           grössere Dienstleistungsorientiert-
je ein Zimmer für Röntgen und La-          agiert. «Wenn jemand zum Bei-            vertreter mehr empfangen.» Aller-        heit einhergeht. «In einer Arztpra-
bor untergebracht», sagt Chris-            spiel an einer Blasenentzündung          dings hatte sich Quack zu Beginn         xis ist es als Patient oft umständ-
toph Quack, ärztlicher Leiter von          leidet, finden wir im gemeinsamen        eine noch engere Zusammenarbeit          lich, sich Medikamente nach Hause
Medi Porta. Aus Platzgründen la-           Gespräch und dank einem hinter-          erhofft – und sich zum Beispiel vor-     liefern zu lassen. Doch für eine
gern die Medikamente der Apothe-           legten Algorithmus heraus, ob wir        gestellt, gemeinsam mit den Phar-        Apotheke ist das Standard», sagt
ke im Keller, bei Bedarf holt sie ein      Antibiotika direkt abgeben kön-          mazeutinnen den Medikamenten-            Quack.
Roboter automatisch nach oben              nen – oder ob wir die Person an          plan der Patientinnen und                     Mit dieser Dienstleistungsori-
ans Tageslicht.                            eine Ärztin oder einen Arzt ver-         Patienten besprechen zu können.          entiertheit verbunden ist auch die
                                           weisen müssen», sagt Barbara Ca-         «Doch diese Hoffnung hat sich bis-       niederschwellige und auf die indi-
Engpass in der medizinischen               ratsch, Apothekerin und Leiterin         her leider nicht erfüllt», sagt Quack.   viduellen Bedürfnisse ausgerichte-
Grundversorgung                            von Medi Porta.                          In der Realität fehlt einfach oft die    te «Beratung auf Augenhöhe», wel-
Das neue Geschäftsmodell habe                  Caratsch sagt, dass viele Perso-     Zeit für gemeinsame Gespräche.           che Medi Porta auf ihrer Webseite
sich aufgedrängt, sagt Quack. Denn         nen froh seien, ihr gesundheitli-            Dafür tauschen sich die Phar-        verspricht. Wie im Namen ange-
zwischen 2008 und 2015 hätten              ches Problem gleich vor Ort einer        ma-Assistentinnen und medizini-          deutet, stehen die Türen von Medi
sich die Hausarztkonsultationen            Ärztin oder einem Arzt zeigen zu         schen Praxis-Assistentinnen rege         Porta innerhalb der Geschäftszei-
                                                                                                                             ten auch ohne Voranmeldung allen
                                                                                                                             immer offen.
                                                                                                                                  Das Medizinische Zentrum
                                                                                                                             «gleis d» scheint aus der Not eine
                                                                                                                             Tugend gemacht zu haben. Es bie-
                                                                                                                             tet aus einer Hand das ganze Spek-
                                                                                                                             trum von der Beratung über die
                                                                                                                             Diagnostik bis zur Behandlung an.
                                                                                                                             «Dank der kompakten Verzahnung
                                                                                                                             von Apotheke und Arztpraxis kön-
                                                                                                                             nen wir die Aufgaben besser ver-
                                                                                                                             teilen – und die Menschen erhalten
                                                                                                                             genau das, was sie zu diesem Zeit-
                                                                                                                             punkt brauchen», sagt Quack.

                                                                                                                             Link:
                                                                                                                             https://www.mediporta.ch/

Im interprofessionellen Beratungs- und Behandlungszentrum Medi Porta kann man während der Öffnungszeiten
auch ohne Voranmeldung jederzeit vorbeigehen.

10 spectra 131 | Oktober 2021 | Interprofessionalität und koordinierte Versorgung
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