KLINIK JOURNAL Patienten und Mitarbeiter 04| 2019 - VOM HERZEN - Klinikum Brandenburg

 
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KLINIK JOURNAL Patienten und Mitarbeiter 04| 2019 - VOM HERZEN - Klinikum Brandenburg
KLINIK JOURNAL
                                   Das Gesundheitsjournal für
                                    Patienten und Mitarbeiter   04| 2019

                VOM HERZEN
                Rhythmusstörungen erkennen, einordnen, behandeln

Anästhesie:       Auszeit:                     Angekommen:
Ein Rückblick     Die Klinik-Clowns            Prof. Ewald und
                  im Einsatz                   Prof. Lüth
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2 | IN DIESER AUSGABE

        MEDIZIN UND FORSCHUNG     Digitalisierung als drittes Auge des Arztes. . . . . . . . . 4

                                  Der Lagerungsschwindel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

                                  Plötzlicher Herztod. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

                                  Biomonitor III gegen ­Herzrhythmusstörungen. . . . 9

                                  Die Entwicklung der modernen ­Anästhesie . . . . . . 10

                                  Praxisnahes Studium an der MHB. . . . . . . . . . . . . . 12

         MENSCHEN AM KLINIKUM     Urlaub vom (Klinik)Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

                                  Ankommen am Klinikum I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

                                  Am Klinikum wird in die Pedalen getreten. . . . . . . 16

                                  »Laufen ist tagesformabhängig«. . . . . . . . . . . . . . . 17

                                  Weihnachten am Klinikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

                        SERVICE   Diabetes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

                                  Veranstaltungskalender. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

                                  Kontakt zu den Kliniken im Überblick . . . . . . . . . . . 23

                                  Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

                                  Dr. Nikki Ulm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
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EDITORIAL | 3

Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
2019 war ein in jeglicher Hinsicht bewegtes Jahr:
So sind die Mitarbeiter der Apotheke den Wis-
senschaftlern der MHB und den Kollegen der
Pathologie in das neu errichtete Haus 11 gefolgt.
Dies haben wir mit einem Tag der offenen Tür
gemeinsam mit vielen interessierten Bürgern im
Mai gefeiert. Weitere Veranstaltungen, die uns
nachhaltig in Erinnerung geblieben sind, waren
der Tag der offenen Tür des Onkologischen Zen-
trums unter dem Motto „Verletzlichkeit ist das,
was uns verbindet“ im Oktober sowie die Herz-
woche im November.
Stolz sind wir auch auf unsere Rückkehr zum
Flächentarifvertrag als erstes kommunales
Krankenhaus im Land Brandenburg. Damit ge-
hören wir als tarifgebundenes Mitglied dem
Kommunalen Arbeitgeberverband KAV wieder
an. Für alle nichtärztlichen Mitarbeiter des Kli-
nikums bedeutet dies, dass sie ab dem 1. Januar
2020 wieder nach dem Tarifvertrag des öffentli-
chen Dienstes (TVöD) bezahlt werden. Ihr Gehalt     Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.
steigt durchschnittlich um 8 Prozent.
Besonders freuen wir uns über 50 neue Mit-          Im Namen des Klinikums
arbeiter im Bereich Pflege. Dem angestrebten        Ihre
Stellenzuwachs von 80 examinierten Pflege-
kräften bis 2021 zur Verbesserung der statio-
nären Versorgung sind wir also ein gutes Stück
näher gekommen.
Das Klinikjournal wird auch im kommenden            Gabriele Wolter, Geschäftsführerin
Jahr regelmäßig erscheinen. Hier bitten wir
Sie herzlich uns mitzuteilen, was Sie, liebe Le-
serin, lieber Leser, interessiert. Schreiben Sie
uns Ihre Anregungen, Kritik und Hinweise an
­­leserbriefe@­klinikum-brandenburg.de.
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4 | MEDIZIN UND FORSCHUNG

                      Digitalisierung als drittes Auge
                      des Arztes
                      Neue Technologien am Institut für Radiologie
                      Die Digitalisierung in der Medizin ist in v­ ollem     Digitales Post-Processing reduziert die
                      Gange und wird unser Gesundheitssystem                 Strahlen­exposition
                      grundlegend verändern. Am Beispiel der Radiolo-        Die nächsten Entwicklungsschritte in der Radio-
                      gie zeigen sich die neuen technologischen Mög-         logie kündigen sich bereits an: Zukünftig soll
                      lichkeiten besonders eindrücklich. Die Anfänge         durch Optimierungsmethoden mit sogenann-
                      des konventionellen Röntgens gehen bis ins spä-        tem Deep Learning die Bildqualität weiter ver-
                      te 19. Jahrhundert zurück. Die Entwicklung erster      bessert werden. Über digitales Post-Processing
                      Kontrastmittel ermöglichte ab den 1920er-Jahren        kann das Bildrauschen der Aufnahmen vermin-
                      erstmals eine genauere Diagnostik von bislang          dert werden, um noch mehr Details sichtbar zu
                      nicht zugänglichen Bereichen des menschlichen          machen. Dazu gibt Prof. Schreyer ein anschau-
                      Körpers mithilfe von Röntgenstrahlen.                  liches Beispiel: „Vergleichbar ist Deep Learning
                                                                             mit der Kameraleistung unserer Smartphones.
                      Mit Einführung computergestützter Techno-              Jede Generation macht bessere Bilder und be-
                      logien eröffneten Computertomografie und               nötigt dabei immer weniger Licht.“ In der medi-
                      Magnetresonanztomografie ab 1965 weitere               zinischen Anwendung ist die Optimierung dabei
                      diagnostische Möglichkeiten. Mittlerweile sind         gleichbedeutend mit einer geringeren Strahlen-
                      Röntgenuntersuchungen komplett unabhängig              exposition.
                      vom analogen Röntgenfilm, der entwickelt wer-
                      den muss. Die Digitalisierung in der Radiologie        Künstliche Intelligenz ermöglicht zudem eine
                      ist bereits Standard – beginnend bei der Patien-       umfassende Informationsverarbeitung. Beim
                      tenaufnahme über Untersuchungen bis zur Be-            Deep Learning werden neuronale Netze ange-
                      fundung. Und zukünftig wird Künstliche Intelli-        legt, die dem menschlichen Gehirn und seinem
                      genz (KI) die Ärzte noch weiter unterstützen.          Leistungsspektrum nachempfunden sind. Es ist
                                                                             möglich, Prognosen aufgrund der eingegebenen
                      „Die Radiologie ist in der Medizin die ­‚digitalste‘   Informationen zu stellen, Lösungen zu erarbei-
                      aller Disziplinen“, erklärt Prof. Dr. Andreas          ten und Entscheidungswege zu hinterfragen. Je
                      ­Schreyer, Direktor des Radiologischen Instituts       umfangreicher die Daten, desto erfolgreicher die
                       und Chefarzt am Klinikum Brandenburg. „Alle           Auswertung. Hier kommt die digitale Patienten-
                       aufgenommenen Daten werden über unser                 erfassung ins Spiel.
                       Netzwerk innerhalb des Klinikums anderen
                       Abteilungen zur Verfügung gestellt. Moderne           Digitales Patientenportal am Klinikum ­
                       Flachbild-Detektoren ermöglichen heute eine           „Um zukünftig noch besser auf die Fülle an Pa-
                       direkte Digitalisierung von Röntgenaufnahmen          tientendaten zugreifen zu können und genau-
                       und eine Verarbeitung der Rohdaten in Echtzeit.       ere Befunde zu erhalten, bauen wir gerade ein
                       Für unsere Patienten ergibt sich dadurch der          digitales Patientenportal am Klinikum auf“, ver-
                       Vorteil einer wesentlich geringeren Strahlen-         rät der Institutsdirektor. Damit lassen sich dann
                       exposition“, führt der Facharzt weiter aus. Ärz-      z.B. Untersuchungsergebnisse zu Hause herun-
                       te profitieren von der digitalen Auswertung, da       terladen. Auf gleichem Weg können Patienten
                       Diagnosen zuverlässiger und schneller gestellt        auch Befunde ans Klinikum senden, sodass die
                       werden können.                                        virtuelle Patientenakte mit weiteren Informa-
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MEDIZIN UND FORSCHUNG | 5

tionen angereichert wird. Gerade bei Notfällen     ­umor­
                                                   T      datenbanken kombinieren und können
würde sich dies als Vorteil erweisen. Das neue     das Ansprechen von Therapien wesentlich be-
Portal wird voraussichtlich im Frühjahr 2020       einflussen.“
gestartet. Der Schutz dieser sensiblen, perso-
nenbezogenen Daten hat dabei hohe Priorität.       Bei aller Digitalisierung in der Medizin und Un-
Die strengen Anforderungen der Europäischen        terstützung durch Künstliche Intelligenz – wird
Datenschutz-Grundverordnung müssen erfüllt         der Radiologe heutzutage denn überhaupt noch
werden. „Unsere Server stehen ausschließlich in    gebraucht? „Natürlich, denn der Computer ist
Deutschland und unterliegen strengen Sicher-       unser drittes Auge, das auf Fehler aufmerksam
heitsvorkehrungen. Befunde können nur mit          macht“, erläutert Schreyer. „Er weist auf Details
speziellen QR-Codes und separat verschickten       hin, die der Mensch vielleicht übersieht. Durch
Passwörtern abgerufen werden.“                     seine Erfahrung kann der Facharzt diese aus-
                                                   werten und die richtige Diagnose stellen. Also
Ein weiterer Vorteil der digitalen Vernetzung      macht der Computer den Arzt besser.“
ist der schnelle Austausch von anonymisierten                                                    GP
Untersuchungsergebnissen zwischen Fachärz-
ten. Dabei ermöglichen mobile Endgeräte wie
Tablets eine zuverlässige Kommunikation. So
lässt sich gerade bei schwierigen Fällen schnell
auf Expertenwissen in ganz Deutschland zu-
rückgreifen.
                                                      Institut für diagnostische und
Die Zukunft der Radiologie wird dreidimensional      ­inter­ventionelle Radiologie
Die Erfassung der Patientendaten bei der Unter-
suchung berücksichtigt ebenfalls dreidimensio-
                                                     Klinikdirektor
nale Informationen seiner Anatomie. Auf diese
                                                     Prof. Dr. med. A.G. Schreyer
Weise lassen sich verschiedene Prozesse im           Sekretariat
menschlichen Körper anschaulicher und detail-          (03381) 412600
lierter darstellen, was zu noch genaueren Dia-       E-Mail:radiologie@klinikum-brandenburg.de
gnosen führt. Darüber hinaus befasst sich die
aktuelle Forschung am Institut für Radiologie
mit einer strukturierten Befundung, das heißt,
ein Befund wird nicht mehr als Text gespeichert,
sondern in Checklisten erfasst, die sich über
Data Mining computergestützt auswerten las-
sen.

„Hier zeichnet sich ein gigantischer Vorteil
für die Krebsdiagnostik ab“, so Prof. S
                                      ­ chreyer.
„Die eingegebenen Daten lassen sich mit
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6 | MEDIZIN UND FORSCHUNG

                                   Der Lagerungsschwindel
                                   Eine Erkrankung, die vorwiegend ältere Patienten betrifft und der
                                   leicht entgegengewirkt werden kann

                                   Der sogenannte benigne paroxysmale Lagerungs­­      Diagnostik
                                   schwindel (BPLS) ist in der Hals-Nasen-­Ohren-      „Am Klinikum sind es pro Jahr etwa 20 bis
                                   Heilkunde, wo man mit Schwindel aller Art be-       30 Patienten, die sich dem Notdienst oder in
                                   fasst ist, eine häufige Erkrankung. Er tritt vor    der Sprechstunde mit Verdacht auf Lagerungs-
                                   allem zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr           schwindel vorstellen“, erklärt Dr. med. Birgit
                                   auf, wobei 50 Prozent mehr Frauen als Männer        Didczuneit-Sandhop, Chefärztin der Klinik für
                                   darunter leiden. Warum das so ist, ist nicht be-    HNO-Krankheiten, Gesichts- und Halschirurgie.
Hier entsteht das Problem: Die     kannt. BPLS ist jedenfalls kein Grund zur Beun-     Da es sich um keine schwere Erkrankung hande-
Bogengänge im menschlichen
Ohr sind für den Gleichgewichts-   ruhigung und gut zu behandeln.                      le, seien primär die niedergelassenen Kollegen
sinn zuständig.                                                                        zuständig. Ob BPLS vorliegt, wird mithilfe des
                                   Seine Entstehung                                    Dix-Hallpike-Manövers untersucht. Dafür wird
                                   Symptom für BPLS ist Drehschwindel, zu dem          der Patient mit 45 Prozent zur Seite gedrehtem
                                   es meist morgens beim Aufstehen kommt. Die          Kopf aus dem Sitzen rasch in die Kopfhängelage
                                   Attacken sind nur von kurzer Dauer, nach zehn       gebracht, um Aufstehen zu simulieren. Kommt
                                   Sekunden bis zu einer Minute hören sie wieder       es dabei zu Spontan- oder Kopfschüttelnystag-
                                   auf. Lagerungsschwindel entsteht im Innenohr,       mus (schnellen Bewegungen der Augen), hat
                                   unserem Gleichgewichtsorgan, genauer gesagt         sich der Verdacht bestätigt. „Dieser Test bezieht
                                   in den Bogengängen. Zu 80 Prozent ist der           sich auf den posterioren Bogengang, der hori-
                                   posteriore, sprich hintere Bogengang betroffen,     zontale wird mit dem Pagnini-McClure’s-Manö-
                                   deutlich seltener der anteriore oder der horizon-   ver überprüft“, ergänzt die Chefärztin. Hier liegt
                                   tale Bogengang. Auslöser sind als Otokonien         der Patient auf der Untersuchungsliege. Sein
                                   bezeichnete kleine Kristalle, die sich aus der      Oberkörper ist um 30 Grad angehoben. Der Kopf
                                   Macula – einer Gelmasse über den Sinneszellen       wird nun in einer schnellen Bewegung von links
                                   – gelöst haben. Bei BPLS schwimmen sie frei         und dann nach rechts gedreht. Um Lagerungs-
                                   in der Lymphe, flottieren hin und her, wodurch      schwindel ausschließen zu können, muss die
                                   eine Sogwirkung entsteht, die wiederum zu           Prüfung dreimal wiederholt werden, da Nystag-
                                   elektrischen Potenzialen führt und den Schwin-      men oft nicht auf Anhieb nachweisbar sind.
                                   del erzeugt.

                                   Mögliche Ursachen
                                   Zur Lösung der Otokonien aus der Wandung des
                                   Endolymphraums kommt es vor allem im Al-
                                   ter, weswegen in diesem Zusammenhang von
                                   einer degenerativen Ätiologie gesprochen wird.
                                   Weitere Ursachen sind Hirntraumen, Vitamin
                                   D-Mangel und längere Bettruhe; ebenfalls dis-
                                   kutiert werden verschiedene Ohroperationen.
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MEDIZIN UND FORSCHUNG | 7

Therapie                                             Medikamente gegen Lagerungsschwindel gibt
Behandelt wird Lagerungsschwindel ebenfalls          es nicht. Einzig Vitamin D wird gegeben, sollte
durch Manöver. Ziel ist es, die Otokonien aus        dessen Mangel den Drehschwindel hervorrufen.
den Bogengängen zu spülen. Geht es um den            „Ich persönlich rate davon ab, die Manöver zu
hinteren Bogengang, wird das Epley-Manöver           therapeutischen Zwecken zu Hause durchzu-
angewendet. Dafür sitzt der Patient zunächst         führen“, empfiehlt die Chefärztin. „Denn es
auf der Untersuchungsliege mit zur betroffe-         kann durchaus sein, dass die kleinen Kristalle
nen Seite gedrehtem Kopf. Aus dieser Position        von einem Bogengang in den nächsten gelan-
heraus wird der Patient in die Kopfhängelage         gen oder dass während eines Manövers etwas
gebracht, wo er einen Moment verharrt. Dann          passiert.“ Dies gilt es zu vermeiden, zumal La-
wird sein Kopf zur Mitte und wenig später zur        gerungsschwindel zwar eine Beeinträchtigung,
gesunden Seite gedreht. Anschließend begibt          aber keine ernsthafte Bedrohung darstellt.
sich der Patient in Seitenlage, ohne die Stellung
seines Kopfes zu verändern. Das heißt, dieser                                                               MA
dreht mit dem Körper mit. Aus der Seitenlage
setzt sich der Patient schließlich auf. Alternati-
ves Befreiungsmanöver ist das nach Gufoni.
                                                              Klinik für HNO-Heilkunde, Gesichts-
Muss der horizontale Bogengang von Otoko-
                                                              und Halschirurgie
nien befreit werden, bietet sich das Sémont-
oder das sogenannte Barbecue-Manöver an: In
dem Fall wird der Patient in liegender Position               Chefärztin
einmal um seine eigene Achse gedreht, wobei                   Dr. med. Birgit Didczuneit-Sandhop
der Kopf zu Beginn auf der betroffenen Sei-                   Sekretariat
te ruht. Jede Position wird so lange gehalten,                  (03381) 411700
bis der Schwindel vollständig nachgelassen                    E-Mail: hno@klinikum-brandenburg.de
hat. „Schwierig ist es, wenn mehrere Bogen-
gänge betroffen sind“, berichtet Birgit Didczu-      Unangenehm, aber nicht gefährlich: Der Lagerungsschwindel
neit-Sandhop. „Wir haben Patienten schon auf
den Kopf stellen müssen und sie anschließend
eine Vorwärtsrolle machen lassen, wobei wir die
Patienten zu zweit an den Füßen gehalten ha-
ben, um die Beschwerden zu beheben.“
                                                      © Shutterstock
KLINIK JOURNAL Patienten und Mitarbeiter 04| 2019 - VOM HERZEN - Klinikum Brandenburg
8 | MEDIZIN UND FORSCHUNG

                           Plötzlicher Herztod
                           Herzinfarktregister soll Sterbefälle in Brandenburg reduzieren
                           Herzjagen, Herzstolpern und ein plötzliches Aus-    Schwerwiegende Herzrhythmusstörungen vom
                           setzen des Herzschlags sind sogenannte Herz-        Facharzt abklären lassen
                           rhythmusstörungen, die betroffene Menschen          Gemeinsamkeit aller möglichen Ursachen für
                           beunruhigen und belasten können. Dabei ist          einen plötzlichen Herztod ist oft eine massive
                           ein Stolperherz nicht grundsätzlich kritisch oder   Herzrhythmusstörung, die schließlich zum Kreis-
                           gar lebensbedrohlich. Liegt jedoch bereits eine     laufstillstand führt. Daneben sind Druck- oder
                           Erkrankung des Herzens vor, können schwe-           Engegefühle im linken Brustbereich, Schwindel
                           re Rhythmusschwankungen einen plötzlichen           und Ohnmacht, Atemnot sowie Wassereinlage-
                           Herztod begünstigen.                                rung typische Symptome einer Herzerkrankung.
                                                                               Davon Betroffene sollten eine mögliche Erkran-
                           Um Herzpatienten in Brandenburg nachzuver-          kung unbedingt ärztlich abklären lassen.
                           folgen, wurde 2017 das Herzinfarktregister des
                           Bundeslandes ins Leben gerufen. Initiator ist die   Notarzt rufen und Leben retten durch öffent­
                           Medizinische Hochschule Brandenburg unter der       liche Defibrillatoren
                           Projektleitung von Prof. Dr. Oliver Ritter. „Ziel   Bei einem auftretenden Herzinfarkt sollte der
                           der Maßnahme ist die Reduktion der Herzin-          Notarzt verständigt werden. Über die europa-
                           farktsterblichkeit im Land Brandenburg“, erklärt    weit geltende Notrufnummer 112 kann der Ret-
                           der Chefarzt der Hochschulklinik für Kardiologie    tungsdienst gerufen werden. Bei einem Herz-
                           und Pulmologie.                                     stillstand kann das Leben Betroffener durch den
                                                                               Einsatz von Defibrillatoren gerettet werden, die
                           Sekundentod eine der häufigsten Todes­              sich in vielen öffentlichen Bereichen wie Res-
                           ursachen                                            taurants, Bahnstationen und Einkaufszentren
                           Nach Ansicht von Experten zählt der plötzliche      befinden.
                           Herztod zu den häufigsten Todesursachen in
                           Deutschland. Jährlich sind davon bis zu 200.000     Informationsveranstaltungen im Rahmen der
                           Menschen betroffen. Meist lässt sich der Sekun-     Herzwoche
                           dentod auf eine bestehende Herzerkrankung zu-       Am 20. November veranstaltete das Klinikum
                           rückführen. Zugrunde liegen können eine Koro-       wieder einen Tag der offenen Tür, um die brei-
                           nare Herzkrankheit (KHK) oder eine Schwächung       te Öffentlichkeit über Herzrhythmusstörun-
                           des Herzmuskels sowie Störungen des elektri-        gen aufzuklären. Besucher konnten sich u.a. in
Das begehbare Herzmodell   schen Reizleitungssystems.                          einem begehbaren Herzmodell informieren und
                                                                               die Präparation von Rinderherzen verfolgen. Ein
                                                                               Vortragsprogramm ging darauf ein, was es mit
                                                                               dem plötzlichen Herztod auf sich hat, wie ein
                                                                               Defibrillator funktioniert, und klärte auf über
                                                                               Herzinfarkt und Herzschwäche – die häufigsten
                                                                               Ursachen für den plötzlichen Herztod.
KLINIK JOURNAL Patienten und Mitarbeiter 04| 2019 - VOM HERZEN - Klinikum Brandenburg
MEDIZIN UND FORSCHUNG | 9

Mit Biomonitor III gegen
­Herzrhythmusstörungen
Neue Generation implantierbarer Sensoren ermöglicht präzise Überwachung
Auch wenn Herzrhythmusstörungen nicht per              Die Implantierung von Biomonitor III ist nur mit       Quelle:
se Leben bedrohen, sind sie häufige Ursache            einem minimal-invasiven Eingriff verbunden.            https://www.biotronik.com/
                                                                                                              de-de/products/­arrhythmia-
für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder das gefähr-       Über einen winzigen Schnitt in der linken Brust-       monitoring/BIOMONITORIII
liche Kammerflimmern. Jährlich ereignen sich in        seite wird er unter die Haut injiziert. Der Sensor
Deutschland etwa 240.000 Schlaganfälle, von            ist nur wenige Zentimeter groß, aber in der Lage,
denen rund 35.000 durch Vorhofflimmern ent-            hochauflösende EKG-Signale zu liefern. Darü-
stehen. Um das Risiko für einen Schlaganfall oder      ber hinaus besitzt das Gerät eine MRT-Tauglich-
plötzlichen Herztod zu minimieren, ist es wichtig,     keit: Magnetresonanztomografien können da-
die Rhythmusschwankungen frühzeitig zu erken-          her unmittelbar nach der Injektion durchgeführt
nen, einzuordnen und zu behandeln. Hierfür hat         ­werden.
das Unternehmen BIOTRONIK eine neue Generati-
on von implantierbaren Herzmonitoren entwickelt:       Aufzeichnungsgerät CardioMessenger
den Biomonitor III. Er kommt bereits vielerorts        Gekoppelt wird das Implantat mit dem Patien-
zum Einsatz, so auch im ­Klinikum Brandenburg.         tengerät CardioMessenger, der im Home Moni-
„Beim Biomonitor III handelt es sich um einen Er-      toring eingesetzt wird und die Aufzeichnung der
eignisrekorder, der unter die Haut gesetzt wird        Daten übernimmt. Das Gerät von der Größe eines
und über Monate oder Jahre hinweg den Herz-            Smartphones ist einfach zu bedienen und verfügt
rhythmus eines Patienten aufzeichnet“, erklärt         über eine Akkulaufzeit von bis zu 48 Stunden. Es
Prof. Dr. Oliver Ritter, Chefarzt der Hochschul-       ermöglicht die Übertragung von sechs EKGs pro
klinik für Kardiologie und Pulmologie. Der Sen-        Tag. Dazu Prof. Dr. Ritter: „Auf diese Weise haben
sor komme meist bei Betroffenen zum Einsatz,           wir die Herzaktivität unseres Patienten jederzeit
die unter ungeklärten Arrhythmien leiden. „Das         im Blick, ohne dass ein K­ linikaufenthalt erforder-
Gerät ermöglicht uns, die Herzaktivität unserer        lich ist.“
Patienten zu überwachen und im Notfall schnell                                                          GP
reagieren zu können.“ Der Monitor löst bei Herz-
attacken automatisch aus und beginnt mit der
Aufzeichnung. Zur Therapie eingesetzt werden
kann er jedoch nicht.

Steuerung auch mittels Smartphone-App
 Bis zu vier Jahre kann der Biomonitor III den Herz-
schlag eines Patienten verfolgen und Störungen                                                                Der ­Biomonitor III
aufzeichnen. Die Daten können telemetrisch               Zentrum für Innere Medizin I                         (Abb.: BIOTRONIK)

­direkt an den behandelnden Arzt übermittelt wer-
 den. Mithilfe einer speziellen Smartphone-App           Klinikdirektor der Hochschulklinik
 ist es möglich, dass der Betroffene die eigene          für K
                                                             ­ ardiologie und Pulmologie
                                                         Prof. Dr. med. O. Ritter
 Erkrankung dokumentiert und überprüft. Somit
                                                         Sekretariat
 erlaubt die telemedizinische Auswertung dem
                                                           (03381) 411500
 Facharzt als auch dem Herzpatienten größtmög-           E-Mail: innere.med.1@klinikum-brandenburg.de
 liche Flexibilität.
KLINIK JOURNAL Patienten und Mitarbeiter 04| 2019 - VOM HERZEN - Klinikum Brandenburg
10 | MEDIZIN UND FORSCHUNG

                                    Die Entwicklung der modernen
                                    ­Anästhesie
                                    Rückblick auf bald 175 Jahre Narkosetechnik
                                    Die Anästhesie beschreibt in der Medizin den        sachusetts General Hospital in den USA statt.
                                    Zustand der Empfindungslosigkeit und zugleich       Mittels Inhalation aus der „Bostoner Glasku-
                                    das medizinische Verfahren, das operative Ein-      gel“ narkotisierte der Zahnarzt William Thomas
                                    griffe oder eine fundierte Diagnostik ermöglicht.   Green Morton einen Patienten, der an einem
                                    Was heute in der Behandlung Routine ist, geht       außen liegenden Unterkiefertumor litt. Eingriff
                                    auf eine lange Entwicklung zurück, deren Ur-        und Verfahren gelten als die Geburtsstunde
                                    sprünge bis ins Amerika Mitte des 19. Jahrhun-      der modernen Anästhesiologie. Später erwies
                                    derts reichen. 2021 blickt die Anästhesiologie      sich auch Chloroform als wirkungsvolles Betäu-
                                    auf 175 Jahre Erfahrung zurück.                     bungsmittel. Hohen Bekanntheitsgrad erreichte
                                                                                        das Narkotikum, nachdem der britische Epide-
                                    Längst stellt die Narkosetechnik einen eigen-       miologe John Snow es 1853 Queen Victoria bei
                                    ständigen Fachbereich in Krankenhäusern dar.        der Geburt von Prinz Leopold verabreicht hatte.
                                    So auch am Klinikum Brandenburg, wo jährlich
   Paracelsus 1540. Kupferstich     insgesamt 14.000 Narkoseleistungen erbracht         Jedoch wurden Äther und Chloroform aufgrund
      von Augustin Hirschvogel      werden. Speziell ausgebildete Narkoseärzte          ihrer giftigen Dämpfe bald als gesundheitsge-
                                    kümmern sich um Patienten und führen Anäs-          fährdend eingestuft und machten den Weg frei
                                    thesien individuell, schonend und sicher durch.     für alternative Narkosemittel wie das 1727 vom
                                    „Eine weitere Aufgabe ist die Stabilisierung le-    englischen Chemiker Joseph Priestley entdeckte
                      Quellen:      benswichtiger Funktionen nach Operationen,          Stickoxid oder Lachgas. So entstand Ende des
        https://www.klinikum-­      schweren Unfällen oder Erkrankungen“, erklärt       19. Jahrhunderts durch Mischen verschiedener
 brandenburg.de/fachbereiche/
fachbereiche/anaesthesiologie­-     Dr. med. Mathias Sprenger, hiesiger Ärztlicher      Narkosegase ein Präparat, das sich durch deut-
          und-intensivtherapie      Direktor und Chefarzt für Anästhesiologie und       lich geringere Nebenwirkungen auszeichnete.
                                    Intensivtherapie.                                   Die Beigabe von Sauerstoff ermöglichte eine
     https://www.­uniklinikum-
saarland.de/de/­einrichtungen/                                                          Ausweitung der Narkosedauer, ein Vorteil bei
             kliniken_institute/­   Wegbereiter der Anästhesie                          größeren Eingriffen. Es entstanden erste Appa-
anaesthesiologie/patienteninfo/     Für die heute selbstverständliche und zuver-        raturen, die das Mischen der Gase vereinfachten
  anaesthesie/geschichte_der_
                   anaesthesie/     lässige Narkosetherapie war viel Pionierarbeit      und für weiteren Fortschritt in der Anästhesie
                                    nötig. Den Grundstein legte 1540 der Schweizer      sorgten.
      https://www.operation-­       Arzt und Alchemist Theophrast von Hohenheim
      karriere.de/karriereweg/
  medizinstudium/eine-kleine-­      – genannt Paracelsus – mit der Entdeckung des        Überdruckbeatmung und Entwicklung der
   geschichte-der-anaesthesie.      Äthers. Er versetzte Tiere in einen schlafähnli-    ­ersten „Schlafspritze“
                         html/      chen Zustand, aus dem sie schadlos erwachten.        Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die bis heute
                                    Der Einsatz des Betäubungsmittels löste die bis      populäre Überdruckbeatmung in den internatio-
                                    dahin üblichen Lokalanästhesien mit Auszügen         nalen Operationssälen eingeführt, die erstmals
                                    der Alraune-Heilpflanze oder mittels simpler         chirurgische Eingriffe am geöffneten Brustkorb
                                    Vereisung ab.                                        unter Fortführung der Narkose erlaubte. Der
                                                                                         amerikanische Chirurg Henry Harrington Janeway
                                    Die erste dokumentierte Operation unter dem          konstruierte 1910 schließlich das erste L-förmige
                                    Einfluss von Schwefeläther fand am 16. Okto-         Laryngoskop, was die Betrachtung des Kehlkopfs
                                    ber 1846, dem „Äthertag von Boston“, am Mas-         und damit den Einsatz von Tuben ermöglichte.
MEDIZIN UND FORSCHUNG | 11

Zu bahnbrechenden Veränderungen in der An-        den erstklassige Möglichkeiten, medizinische
ästhesie kam es 1932 durch die Entwicklung des    Dienstleistungen mit eingehender Forschung
Injektionsnarkotikums Hexobarbital oder Evipan    und Lehre zu verknüpfen“, so Sprenger. Ziel sei
durch den deutschen Arzt und Pharmakologen        die Stärkung der Fachabteilung und sie auf ho-
Prof. Dr. Hellmut Weese. Die sogenannte Schlaf-   hem Niveau weiterzuentwickeln.
spritze verbannte endgültig die Schrecken der                                                 GP
Narkose – nicht zu erwachen oder nicht ausrei-
chend betäubt zu sein – aus den Operationsräu-
men. Durch die Erfindung ergab sich der erste
Lehrstuhl für Anästhesie in München sowie die
Gründung der Deutschen Gesellschaft für Anäs-
thesiologie und Intensivmedizin (DGAI) 1953.

Etablierung von Fachbereichen für
­Anästhesiologie und Intensivtherapie
 Ab den 1950er-Jahren wurden zahlreiche neue
 Narkosemittel entwickelt. Präparate wie Suc-
 cinylcholin, Morphin oder Sufentanil erwiesen
 sich als wirkungsvoller und kalkulierbarer als
                                                                                                  ©Bundesarchiv, Bild 183-40602-0005

 ihre Vorgänger. 1952 wurde zudem der Facharzt
 für Narkose in die saarländische Facharztord-
 nung aufgenommen. Narkosefachabteilungen
 entstan­den zwischen 1960 und 1970 in vielen
 deutschen Kliniken.

Das Aufgabenspektrum der Narkoseärzte ­wurde
seither stetig erweitert. Heute umfasst es
neben der Anästhesie für operative und dia-       Chirurgie und Anästhesie 1956
gnostische Eingriffe wesentliche Gebiete der
Schmerztherapie. Auch Intensiv-, Notfall- und
Palliativmedizin sind wichtige Teilbereiche der
Anästhesiologie, die enge Parallelen zueinan-
der aufweisen. So lassen sich Fachkompeten-          Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie
zen bündeln – auch am Klinikum Brandenburg,
wo man sich aktiv für die Ärztegeneration von
                                                     Chefarzt
morgen einsetzt. Als Mitbegründer der Medi-
                                                     Dr. med. Mathias Sprenger
zinischen Hochschule Brandenburg Theodor             Sekretariat
Fontane bietet das Klinikum angehenden Ärz-            (03381) 411300
ten das Praktische Jahr in der Anästhesiologie       E-Mail: its@klinikum-brandenburg.de i
an. „Dadurch schaffen wir für die Studieren-
12 | MEDIZIN UND FORSCHUNG

                                 Praxisnahes Studium an der MHB
                                 Beim AGA-Day tauschen sich Fachärzte und Studenten aus

Quellen:                         Der zweite AGA-Students Day fand am 28. Sep-              Lernen am Modell
https://www.klinikum-­           tember an der Medizinischen Hochschule in                 Der diesjährige Students-Day, der von Studen-
brandenburg.de/fachbereiche/­
fachbereiche/­orthopaedie-und-   Brandenburg statt. Die Studenten trafen sich,             ten für Studenten organisiert wurde, befasste
unfallchirurgie                  um mehr über Verletzungen, Diagnostik und                 sich dieses Jahr mit der klinischen Untersuchung
                                 Therapie an Knie und Schulter zu erfahren. Die            von Schulter und Knie. Dozenten und Studenten
https://www.mhb-fontane.de/
details-zu/roland-becker.html    Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirur-           hielten Vorträge und diskutierten die häufigsten
                                 gie (AGA) der deutschsprachigen Länder wurde              Gelenkerkrankungen. Es bestand ausreichend
http://www.aga-online.ch/        1983 in der Schweiz gegründet und ist mit ca.             Zeit, um an Modellen die Grundlagen der Arth-
information/was-ist-
arthroskopie/                    5.000 Mitgliedern eine der größten internatio-            roskopie zu erlernen.
                                 nalen Gesellschaften in diesem Bereich.                   Das ist „Medizin-Erleben“ und entspricht der
http://www.aga-online.           Bereits als Student kann man aktiv in der Gesell-         Grundidee der Medizinischen Hochschule Bran-
ch/ausbildung/studenten/­
informationen/                   schaft mitarbeiten und erhält Ausbildungsmög-             denburg – ein Medizinstudium anzubieten, wel-
                                 lichkeiten, die weit über das Medizinstudium hi-          ches den medizinischen Alltag zur Grundlage für
                                 nausgehen. Ein Mentorenprogramm erlaubt den               die Ausbildung nimmt.
                                 Studenten, sich regelmäßig mit einem erfahre-             Unterstützung bei der Fortbildung erhielten die
                                 nen Kollegen auszutauschen und über das Fach,             Studenten durch erfahrene Ärzte des Zentrums
                                 aber auch die Möglichkeiten der Forschungsar-             für Orthopädie und Unfallchirurgie des Klini-
                                 beit und Berufsentwicklung zu sprechen.                   kums Brandenburg. Am Klinikum sowie an der
                                 Ziel ist es, die Wissenschaft im Bereich Ortho-           Medizinischen Hochschule Brandenburg ist Prof.
                                 pädie und Unfallchirurgie voranzutreiben und die          Dr. med. Roland Becker für das Gebiet Ortho-
                                 minimal-invasive Gelenkchirurgie in die klinische         pädie und Unfallchirurgie verantwortlich. „Auf-
                                 Praxis zu integrieren. Mittelpunkt ist der Patient,       grund der kleinen Anzahl von Studenten besteht
Studentinnen des zweiten
Semesters üben Gelenk­           dessen Gelenkerkrankungen frühzeitig erkannt              ein enges Verhältnis zwischen Studierenden und
spiegelungen am Kniegelenk       und spezialisiert behandelt werden sollen.                Professoren, was Lehre auf einem hohen Niveau
                                                                                           ermöglicht“, erklärt der Chefarzt der Klinik für
                                                                                           Orthopädie und Unfallchirurgie. Als ehemaliger
                                                                                           Präsident der AGA ist er eng mit der Organisati-
                                                                                           on verbunden und steht engagierten Studenten
                                                                                           gern als Mentor zur Verfügung.
                                                                                                                                         GP

                                                                                             Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie

                                                                                             Klinikdirektor
                                                                                             Prof. Dr. med. Roland Becker
                                                                                             Sekretariat
                                                                                               (03381) 411900
                                                                                © privat

                                                                                             E-Mail: orthopaedie@klinikum-brandenburg.de
MENSCHEN AM KLINIKUM | 13

Urlaub vom (Klinik)Alltag
Zwei Klinik-Clowns über ihre Einsätze auf der Kinderstation

„Ehe wir ein Zimmer betreten, atme ich durch,       Beispielweise wenn ein Kind schüchtern ist:
um ruhig, offen, neutral und ohne Erwartungen       „Viele von ihnen lieben Seifenblasen, damit
zu sein“, beschreibt Nicola Streifler den Mo-       geht was auf und die Patienten entspannen“,
ment, bevor sie Patienten zum ersten Mal be-        schwärmt Nicola Streifler. Aber auch der Clown
gegnet. Sie ist einer von zwölf Potsdamer Kli-      sei eine zarte Pflanze und man bräuchte eine
nik-Clowns, die seit fünf Jahren ans Städtische     starke innere Säule. „Unsere Arbeit erfordert
Klinikum kommen. „Dann ist alles andere weg.“       ein hohes Maß an Präsenz. Es so zu machen, als
Ihre und die Figuren ihrer Kollegen seien nicht     wäre es das erste Mal, ist Kunst, denn für die
ausgedacht, sondern eigene alterslose Wesen         Kinder und Jugendlichen ist es etwas Neues.“
ohne Herkunft und entwickelten sich mit. Mit        Anstrengend werde es, wenn man dies vergisst
ihrer „Hella Propella“ überraschte die 44-Jähri-    und die Einsätze zur Routine werden.
ge 2001 einen befreundeten Kommilitonen an          „Viele Fragen verhindern auch, dass Spiel ent-     Fridoline und Hella Propella
seinem Geburtstag. Clownerie war der letzte         steht“, ergänzt Julia Gotzmann. „Leere zulassen,
Baustein ihres Theaterpädagogik-Studiums, bis       es aushalten, nichts zu tun, und den Moment
dahin hatte Nicola Streifler als Therapeutin von    genießen, das ist ganz wichtig. Dann macht es
Menschen mit hirnorganisch bedingten Sprach-        umso mehr Spaß.“ Der sich dann bestenfalls auf
störungen gearbeitet. Somit hat sich für sie, die   Patienten überträgt, von denen man zum Teil
am Klinikum die Projektleitung hat, mit den Ein-    meint, dass sie aus dem Alter raus wären.
sätzen in Krankenhäusern ein Kreis geschlossen.                                                  MA
Julia Gotzmann wusste hingegen schon mit 14,
dass „Fridoline“ irgendwann ein Eigenleben füh-
ren werde. Damals las sie einen Artikel über eine
Clownschule. Ihre Ausbildung machte die Mut-
ter von zwei Kindern dann in Hamburg während
ihres Politik- und Philosophiestudiums in Leip-
zig. Zu den Potsdamer Klinik-Clowns kam sie
2013 durch ein Praktikum.
Gegründet wurde die Initiative 2008, den Verein
gibt es seit 2012. Er fußt auf einem starken eh-
renamtlichen Fundament, nur die Einsätze sind
bezahlt und werden teilweise ermöglicht durch
Kooperationen.
Viel mehr als auf der Bühne gehe es auf Sta-
tion darum, mit dem „Publikum“ in Kontakt zu
treten, erzählt Julia Gotzmann. „Wir haben kein
festes Programm, alles entsteht aus der Situa-
tion heraus. Jeder Clown hat sein eigenes Reper-
toire und da in unseren Figuren Aspekte von uns
selbst gebündelt sind, bleiben wir flexibel, kön-
nen reagieren und auf Bedürfnisse eingehen.“
14 | MENSCHEN AM KLINIKUM

                             Ankommen am Klinikum I
                             Prof. Dr. med. Christian Ewald und Prof. Dr. med. Stefan Lüth über
                             ihre ersten Jahre in Brandenburg

                             Er habe sich schnell eingelebt, sagt der eine. „Ich   war die positive Unterstützung der Geschäfts-
                             bin ein Brandenburger“ der andere. Christian          führung bei der Anschaffung neuer Geräte und
                             Ewald und Stefan Lüth sind 2016 dem Ruf der           erforderlicher Updates.“ So habe man neue
                             MHB gefolgt und leiten als Chefarzt die Klinik        OP-Techniken an Hals- und Brustwirbelsäule
                             für Neurochirurgie bzw. Gastroenterologie und         und in der Schmerztherapie etablieren können.
                             Diabetologie. Beide sagen, gut vorangekommen          „Damit haben wir die OP- und Bettenkapazität
                             zu sein, und schätzen sehr ihr engagiertes und        erweitern können.“
                             stets freundliches Team. Und sie haben Pläne.         Auch die Patientenabdeckung in der Klinik für
                                                                                   Gastroenterologie und Diabetologie steigt unter
                             Teambuilding                                          Prof. Lüth. „Die gastroenterologische Versor-
                             „Der Anfang war nicht einfach“, räumt Stefan          gung im Land ist knapp, sodass wir zunehmend
                             Lüth ein. „Anders als am UKE in Hamburg, einer        Patienten ambulant behandeln. Dafür haben wir
                             der größten und modernsten Unikliniken Euro-          den Bereich Endoskopie zur besseren Nutzung
                             pas, konnte ich nicht zwischen vielen exzellen-       umgebaut und den Aufwachraum vergrößert.“
                             ten Leuten wählen. Auch die Stagnation hier           Die Wartezeit bei einer ambulanten Darmspie-
                             war erst ungewohnt.“ Für die Klinik gab es bald       gelung beträgt derzeit beim niedergelassenen
Prof. Dr. med. Stefan Lüth   einen mit der Geschäftsführung abgestimm-             Gastroenterologen ca. sechs Monate – am Klini-
                             ten Entwicklungsplan. In die Ausbildung neuer         kum sind es etwa sechs Wochen. „Mein Ziel für
                             Mitarbeiter habe sich der Gastroenterologe zu-        2020 ist, dass Patienten aus Brandenburg maxi-
                             nächst stärker einbringen müssen. „Eingeführt         mal vier Wochen darauf warten.“ Auch Lüth und
                             haben wir einen Facharztstandard innerhalb            sein Team haben neue minimal-invasive Me-
                             täglicher Visiten. Der Behandlungsplan muss           thoden entwickelt, etwa die Mini-laparoskopie
                             morgens erstellt werden, meist durch einen der        in der Leberdiagnostik. „Wir möchten auch bei
                             vier sehr guten Oberärzte oder mich. Das muss         ‚seltenen Erkrankungen‘ und in der Diabetologie
                             sein, da bin ich stur.“                               mehr Versorgung anbieten, beide Fächer ent-
                             Christian Ewald musste zu Beginn wiederum             wickeln sich rasant und betreffen immer mehr
                             personell viel umdisponieren. „Sehr stark zurück-     Brandenburger. Als Hochschulklinikum müssen
                             geworfen hat uns der Umzug unserer Station im         wir dranbleiben, neue Behandlungsfelder auftun
                             April dieses Jahres, um die Pflegevorschriften        und den Fortschritt mit vorantreiben und aktiv
                             weiter einhalten zu können.“ Ein Team, das 20         gestalten.“
                             Jahre zusammengearbeitet hatte, wurde ausein-
                             andergerissen, was noch heute schmerze. „Neue         Zwei Säulen für exzellente Patientenversorgung
                             Schwestern müssen eingearbeitet werden, das           Für eine stetig bessere Medizin seien Forschung
                             erfordert intensive Kommunikation.“ Das Inter-        und Lehre unabdingbar: „Wir sind Hochschulkli-
                             esse an Fortbildungen sei groß, es fehle aber die     nik und ich möchte, dass wir uns als solche füh-
                             Zeit. „Und Mitarbeitern steht Freizeit zu.“           len“, so Lüth. Eine Haltung, die auch auf seine
                                                                                   Aufgaben als Hochschulkoordinator zurückgeht
                             Neue Methoden eingeführt                              – eine durch die Nachfolge auf den ehemaligen
                             Es sei gelungen, die Neurochirurgie auf ihrem         Klinikleiter Prof. Dr. med. Wilfried Pommerien
                             Niveau zu halten, fährt Ewald fort. „Wichtig          bedingte, ebenfalls anfangs ungewohnte Posi-
MENSCHEN AM KLINIKUM | 15

tion. „Das MHB-Projekt haben wir nicht gestar-
tet, nur um dem Landarztmangel entgegenzu-
wirken, auch wir Trägerkliniken brauchen guten
Nachwuchs.“ Er freut sich auf die erste Kohorte,
die im April 2020 ihr Praktisches Jahr beginnt:
„Es sind hochqualifizierte Absolventen. Wir ken-
nen uns lange und die Studenten und uns als
Gestalter verbindet der Gründerspirit. Mit ihnen
zu arbeiten wird viel Spaß machen.“
Dem Chefarzt geht es auch um Sichtbarkeit der
MHB auf Landes- bzw. Regierungsebene. „Selbst
wenn wir bei der Drittmitteleinwerbung und im
Bereich Publikationen schon recht erfolgreich
sind, haben wir als kleine Hochschule es noch
schwer“, gesteht Lüth. Dennoch sieht er die MHB
als Einstieg in eine gemeinsame Universitäts-       Prof. Dr. med. Christian Ewald
medizin Brandenburg: Er könne sich vorstellen,
dass mit Cottbus langfristig beide Projekte sta-    der Neurochirurg gemeinsam mit der Radiologie
bilisierend aneinander herangeführt werden. „Ich    mittels Bildübertragung und Telemedizin mit
wünsche mir eine vernetzte Flächenhochschule        anderen Kliniken verbessern. „Es ist ein größe-
‚Cottbus-Brandenburg‘, die allen Brandenburgern     res Projekt und in den letzten gut drei Jahren
und darüber hinaus Zugang zu einer hochspezia-      habe ich gelernt, nicht locker zu lassen, dass kei-
lisierten Universitätsmedizin ermöglicht.“          ne Zeit ist, die Hände in den Schoß zu legen, und
                                                    nicht alles gleichzeitig geht.“ Ein Beispiel dafür
Kooperationen – interdisziplinär und mit            ist die Zertifizierung als Wirbelsäulenzentrum.
anderen Häusern                                     Weiterhin die Voraussetzung dafür zu erfül-
Vernetzung hat auch für Prof. Ewald hohe Prio-      len, sei ein kontinuierlicher Prozess. „Wir müs-
rität. Genauer: die Zusammenarbeit auf perso-       sen insgesamt am Ball bleiben, die Konkurrenz
neller und technischer Ebene mit umliegenden        schläft nicht. Hier sehe ich uns aber auf einem
Kliniken, um sich bei der Patientenversorgung       guten Weg“, so das Fazit von Christian Ewald.
gegenseitig zu unterstützen. Denn hier werde
die MHB ihrem Anspruch einer medizinischen                                                         MA
Hochschule noch nicht ganz gerecht. „Ich finde
es traurig, dass Patienten verlegt werden müs-
sen, weil es für ihr Krankheitsbild keine Versor-
gungsmöglichkeit gibt“, erläutert der Chefarzt.
Etwa bei neurovaskulären Erkrankungen wie ei-
ner akuten Hirnblutung kämen viele Disziplinen
zusammen, weswegen ein intensiver institu-
tioneller Austausch wichtig sei. Diesen möchte
16 | MENSCHEN AM KLINIKUM

                      Am Klinikum wird in die
                      Pedalen getreten
                      Rietzer Einzelzeitfahren und STADTRADELN 2019
                      Jedes Jahr veranstaltet der BSC Süd 05 e.V. den
                      Havel-Rad-Cup. Er besteht aus vier Wettbewer-
                      ben, die zwischen Mai und September in und
                      um Kloster Lehnin, Brandenburg an der Havel,
                      Rhinsmühlen und Rietz stattfinden. Das Feld
                      setzt sich zusammen vor allem aus ambitionier-
                      ten Hobbyradrennfahrern aus der Region. 2018
                      musste das Rietzer Einzelzeitfahren wegen
                      Straßenbauarbeiten ausfallen. Vom Klinikum
                      dabei waren am 1. September Christian Baars
                      aus der Radiologie, der Sicherheitsbeauftragte
                      Andreas Oppermann sowie sein Sohn Tobias und
                      Dr. Mathias Sprenger.
                      Vom Rennen erfahren hat der Chefarzt und
                      Ärztliche Leiter des Interdisziplinären Aufnah-

                                                                                                                        © BSC Süd 05 e.V.
                      mezentrums von einem Freund. „Die Atmo-
                      sphäre ist toll, die Leute sind nett, das Event hat
                      was Familiäres und die Bevölkerung feuert uns
                      richtig an“, fasst er seine Eindrücke zusammen.
                      Erstmals teilgenommen am Rietzer Einzelzeit-
                      fahren hat er 2015, wobei es gar nicht einfach
                      ist, einen der 150 Startplätze – von denen ein
                      Teil für Fahrer aus Berlin reserviert ist – zu be-
                      kommen. Damals legte er die 12 Kilometer mit
                      einem 38er-Schnitt zurück, für dieses Jahr war
                      einer von 40 angestrebt. Rennradfahren war
                      früher Sprengers Ausgleich zum Rudern. Mitt-          Initiative ist es, zum einen zur Verbesserung
                      lerweile trainiert er auch im Urlaub, im Winter       des Klimas beizutragen, indem Menschen fürs
                      auf der „Rolle“ und fährt manchmal die Strecke        Umsteigen aufs Rad gewonnen werden. An-
                      vom Klinikum nach Hause mit dem Rad – im-             dererseits geht es vor allem um Spaß am und
                      merhin 80 Kilometer. Die Vorbereitung hat sich        beim Fahrradfahren. Vom 2. bis 22. September
                      gelohnt: Mathias Sprenger legte die Distanz           „erradelten“ 715 Teilnehmer aus unterschied-
                      mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von            lichen Unternehmen 121.172 Kilometer, wovon
                      41,01 km/h zurück. Am schnellsten von den Teil-       5.238 Kilometer auf das Klinikum entfielen. Der
                      nehmern des Klinikums war Sam Sandten mit             Anteil des Teams „Die Intensiven“ um Dr. Martin
                      einem Schnitt von 41,79 km/h.                         Schäfer lag bei 3.082 Kilometern. Somit wurde
                      Ebenfalls in den Monat September fiel das             das Ergebnis des letzten Jahres von 5.200 Kilo-
                      STADTRADELN, woran sich die Stadt Branden-            metern leicht übertroffen.
                      burg und gut 30 Mitarbeiter des Klinikums nach                                                    MA
                      2018 zum zweiten Mal beteiligt haben. Ziel der
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»Laufen ist tagesformabhängig«
Und es verbindet – in jeglicher Hinsicht

Gelaufen ist Ines Brade, Schwester am IAZ, seit
jeher: ob als Leistungssportlerin im Bereich Sie-
benkampf oder danach. Anfangs trainierte sie
allein und irgendwann wurden die Strecken im-
mer länger. Zum Marathon kam sie zufällig vor
etwa zehn Jahren. Damals fragte sie der Inhaber
eines Fitnessstudios, ob sie nicht mit zum VFL
Brandenburg kommen wolle, dort gäbe es eine
Laufgruppe.
Diese ist zu einer festen Größe für sie geworden:
„Das Gemeinschaftsgefühl ist schon schön.“ Sie
habe dort Freunde gefunden und über Marathon
ihren Partner kennengelernt. „Ich bin Freizeit-
sportlerin. Zweisamkeit ist mir wichtiger, als an
einem Wettbewerb teilzunehmen.“ Saisonauf-
takt sollte in diesem Jahr der Marathon in Tan-
germünde sein, ihr Freund wurde jedoch krank,                                                       © Privat
sodass das Paar zu Hause blieb. „Laufen nimmt
Zeit in Anspruch, umso besser, dass wir das
Hobby teilen. Wir trainieren zusammen und ma-         Kein Wunder: Am 7. September hat sie am
chen abends vor einem Rennen eine Pasta-Par-          Scholle-Marathon in Brandenburg teilgenom-
ty“, erzählt die Krankenschwester.                    men, drei Wochen war sie in Berlin am Start und
Dass Laufen verbindet, habe sie auch wieder           zwei Wochen später ging es in den Harz. „Unten
beim Berlin-Marathon gemerkt: „An die Atmo-           schien die Sonne, oben herrschte Nebel, Kälte
sphäre dort kommt nichts ran, all die Läufer          und Wind. Ich bin Rheumatikerin, bis ins Ziel
und vielen Leute entlang der Strecke. Ich habe        habe ich die Knochen gemerkt und hatte auf den
3 Stunden 53 gebraucht, da war ich happy“, be-        letzten drei Kilometern starke Schmerzen. Mo-
richtet sie stolz. Trotz Vorbereitung auf Asphalt     tiviert hat mich der Gedanke, dass es nur noch
habe sie zwei Tage später Muskeln und Kniege-         bergab geht und sieben Stunden bis Zielschluss
lenke noch deutlich gespürt. Leichten Muskel-         angesetzt sind.“ Am Ende reichten ihr 4 Stunden
kater habe man ja immer, weil der Körper auf          47, um anzukommen.
die Belastung nicht ausgerichtet ist, erklärt sie.    Ines Brade läuft, um sich zu bewegen, und vor
Wenn möglich, gehen sie und ihr Partner nach          allem um den Kopf vom Job freizubekommen.
einem Wettbewerb in die Sauna und benutzen            „Umgekehrt merke ich an manchen Tagen, dass
Franzbranntwein, um die Durchblutung zu för-          ich mental nicht bereit bin. Dann sage ich mir,
dern.                                                 dass ich laufen muss, und denke an den nächsten
Anstrengender als Berlin war jedoch der               Marathon.“ Das hilft. Hinterher fühlt sie sich im-
­Brocken-­Marathon, wo es bei bis zu 20 Prozent       mer gut, auch wenn sie sich noch so gequält hat.
 Steigung gut 1.100 Höhenmeter hinauf geht.
 „Mein körperliches Limit war erreicht“, so ­Brade.                                                 MA
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                                      Weihnachten am Klinikum
                                      Die Mitarbeiter lassen sich was einfallen.

                                      Erkrankungen kennen keine Feiertage und kaum        ventskalender, dessen Türen jeweils von einem
                                      einer wird sich vorstellen können, diese im Kran-   anderen Kind geöffnet werden.
                                      kenhaus zu verbringen. Daher werden Patienten,      Am Klinikum gibt es noch einen weiteren Ad-
                                      deren Krankheitsbild es zulässt, auch entlassen,    ventskalender, und zwar einen lebendigen. Die
                                      damit sie rechtzeitig zu Hause sind. Doch was ist   Idee mitgebracht hat Klinik-Seelsorgerin Felici-
                                      mit denen, die bleiben müssen? Und mit jenen,       tas Haupt aus der Madgeburger Börde, wo sie
                                      die die Patienten versorgen und den Klinikbe-       als Gemeindepfarrerin tätig war. Anstelle von
                                      trieb aufrechterhalten?                             Familien, die dort in der Vorweihnachtszeit ihre
                                      „Wir versuchen, es allen möglichst schön zu ma-     Türen für andere öffnen, geht sie jeden Tag auf
                                      chen“, erzählt Schwester Anne von der Kinder-       eine mit den Schwestern vorab vereinbarte Sta-
                                      station. Sie arbeitet seit Jahren an Weihnachten    tion. Dabei hat sie einen Servierwagen, auf dem
                                      und scheint sich auf das bevorstehende Fest zu      ein Adventskranz, ein von der Cafeteria bereit-
                                      freuen. „Ich ziehe meinen Weihnachtskittel an,      gestellter Plätzchenteller und ihr Kassetten-
                                      andere tragen Haarschmuck oder eine Weih-           rekorder stehen. Die Seelsorgerin begrüßt die
                           © Privat

                                      nachtsmütze. Aus dem Wäschelager hole ich           Patienten in ihren Zimmern und fragt, ob sie
                                      den Weihnachtsstrampler, sollte ein Kind hin-       dazukommen möchten. Denen, die nicht aufste-
Gabriele Wolter und Weihnachts-       einpassen.“ Ob es besinnlich wird, hängt davon      hen können, bietet sie an, die Tür offen zu las-
mann Marco Friebe vom KSC             ab, wie es den Patienten geht – und ihren Eltern,   sen. Dann wird gemeinsam gesungen oder Ge-
                                      die oft aufgefangen werden müssen. Es gibt Fa-      dichte werden aufgesagt. Abschließend spricht
                                      milien, die die Bescherung auf Station verlegen,    Felicitas Haupt ihren Segen und geht mit dem
                                      andere machen einen Spaziergang. „Stressig          Teller noch einmal rum. Manchmal kommt es
                                      wird es, wenn kurzfristig Entlassungen mög-         auch zu einem seelsorgerischen Gespräch, denn
                                      lich sind oder Neuaufnahmen kommen. Wir im          Weihnachten ist das Fest, das Herzen öffnet.
                                      Team sprechen ab, wer was mitbringt, wir hören
                                      Weihnachtsmusik, essen zusammen, alles ist          Chorauftritte
                                      geschmückt und die Stimmung entsprechend            Bei der Vorbereitung unterstützt sie Katja Ha-
                                      feierlich.“                                         verney, eine der Hausdamen. Sie organisiert
                                                                                          auch Auftritte verschiedener Chöre am Klinikum
                                      Advent am Klinikum                                  in den Wochen vor Weihnachten. An mehreren
                                      Stimmungsvoll sind auch die Wochen vor Weih-        Abenden kommen Mitglieder des „Volkschors“,
                                      nachten. Am Haupteingang, in der Magistra-          der Chor der Katharinenkirche sowie der etwa
                                      le und auf jeder Station steht ein dekorierter      30 Mann starke „Verein Harmonie 1894“ aus
                                      Weihnachtsbaum. An der Pforte aufgebaut sind        Wusterwitz. „Ich versuche, dass auf jeder Sta-
                                      ein Knusperhaus aus Lebkuchen, das Küchenlei-       tion einer der Chöre singt“, erklärt Katja Haver-
                                      ter Tobias Fürste und sein Team gebaut haben,       ney. „Es hört sich toll an, wenn die Stimmen auf
                                      sowie eine Winterlandschaft mit Märchenfigu-        den Stationsfluren erklingen.“ Das Repertoire
                                      ren, die Daniela Schönborn vom IAZ gebastelt        sei immer eine Mischung aus traditionellen, vor-
                                      hat. Nikolaus gab es für die kleinen Patienten      wiegend beschwingten, aber auch nachdenklich
                                      ein Tütchen mit Leckereien und gegenüber vom        stimmenden Weihnachtsliedern. „Viele bedan-
                                      Stationseingang hängt ein Schokoladenad-            ken sich. Ich glaube, dass sich Patienten und
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Mitarbeiter gleichermaßen über die kleine Un-      ohne Vollkost sind Prinzessbohnen vorgesehen,
terbrechung vom Klinikalltag freuen.“              deren Haut händisch entfernt wird, weil sie zu
                                                   fettreich ist, wie Tobias Fürste erklärt. Als Nach-
Weihnachtsmarkt für die Mitarbeiter                tisch dann Birne Helene. Für den 26. Dezember
Etwas Besonderes wird auch in diesem Jahr der      sind Wildgulasch Diana und ein leichtes Früch-
Weihnachtsmarkt am 4. und 5. Dezember ge-          tedessert, Silvester Braten und am Neujahrstag
wesen sein. Früher gab es für Klinik-Mitarbeiter   Heringssalat geplant. Heiligabend ist am Klini-
Präsentkörbe, die Küchenleiter Tobias Fürste an    kum ein offizieller Feiertag, so gibt es für die
mehreren Abend mit seinen Kinder zusammen-         Mitarbeiter einen besonderen Service: fertig zu-
gestellt hat. Ein immenser Aufwand. So kam         bereitete Entenkeule mit Soße, wahlweise Rot-
ihm 2018 die Idee eines Weihnachtsmarkts für       oder Grünkohl und Klöße für zu Hause, die bei
alle, der jedoch ungleich weniger Arbeit bedeu-    Tobias Fürste bestellt und zum Selbstkosten-
tet: Wo feiern, wer sponsert die Weihnachtsbäu-    preis abgeholt werden kann. Am Klinikum
me, wer stellt Bühne und Akustik für Livemusik,    wird also für alle(s) bestmöglich gesorgt.
wie umgehen mit Besuchern von außen? Mit der                                                       MA
Feuerwehr sind Fluchtwege abzusprechen und
zum Weihnachtsmarkt gehören Stände. Letztes
Jahr bastelte die Verwaltung auf Initiative von
Björn Saeger, Referent der Geschäftsführung,
Weihnachtssterne, die zugunsten der Sternta-
ler-Aktion verkauft wurden. Diesmal waren die
Meisterhaft Werkstätten der JVA Brandenburg
vertreten. Extra angeschafft wurden auch eine
große Pfanne sowie ein Hockerkocher für Cham-
pignonpfanne, Grünkohl, Bratwurst & Co. „2018
hat mich das große Interesse total überrascht“,
so Küchenleiter Fürste, der die Kollegen im Zen-
tral-OP mit einem Großgebinde bedenkt, da sie
nicht kommen können. „Um 14 Uhr war alles
aufgegessen, womit ich nie gerechnet habe.“ In
diesem Jahr hat es für alle gereicht.

Essen passend zum Fest
Für manche ist das Feiertagsmenü ein großes
Thema. Die Patienten am Klinikum bekommen
Heiligabend traditionell Kartoffelsalat mit Wie-
ner Würstchen und einen Schokoladenweih-
nachtsmann. Dann wird es opulent: Am Ersten
Weihnachtsfeiertag steht Entenkeule mit Rot-
kohl und Klößen auf dem Speiseplan. Für die
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                                                                                                                          ‘

                             Diabetes
                             Eine häufige Erkrankung, die gut behandelbar ist

                             Mit derzeit etwa 6,7 Millionen von Diabetes melli-   Ersterer betrifft etwa 5 Prozent der Patienten. In
                             tus-Betroffenen zählt die chronische Stoffwech-      der Regel tritt dieser Typ bis zum 30. Lebensjahr
                             selstörung zu einer der am weitesten verbreite-      auf und sieht grundsätzlich eine Behandlung mit
                             ten Erkrankungen in Deutschland. Schätzungen         Insulin vor, da das Immunsystem die Zellen zer-
                             gehen davon aus, dass bei ca. zwei Millionen         stört hat, die das blutzuckersenkende Hormon
                             Menschen die sogenannte Zuckerkrankheit              produzieren.
                             noch unentdeckt ist. Wird diese rechtzeitig dia-
                             gnostiziert und konsequent behandelt, können         Eintrittspforte Übergewicht für Diabetes Typ 2
                             Komplikationen oder schwere Folgeschäden             „Brandenburg ist mit bis zu 14 Prozent (Prignitz)
                             verhindert werden. Um eine möglichst optimale        ein Bundesland mit einem sehr hohen Anteil an
                             Therapie zu gewährleisten, bedarf es einer gut       Diabetes-Erkrankten. Dies liegt zum einen an der
                             funktionierenden Verzahnung von niedergelas-         Überalterung der Bevölkerung und andererseits
                             senen Hausärzten bzw. Internisten, diabetologi-      an der hohen Anzahl übergewichtiger Menschen“,
                             schen Schwerpunktpraxen und zertifizierten Be-       erklärt Dr. Gerhardt. Und Übergewicht ist nun mal
Leitender Oberarzt           handlungseinrichtungen wie der des Städtischen       eine wesentliche Ursache für die Entwicklung
Dr. med. Carsten ­Gerhardt   Klinikums Brandenburg, weiß Dr. med. Carsten         von Diabetes Typ 2. Hierbei produziert der Körper
                             Gerhardt, Leitender Oberarzt des Zentrums für        zwar Insulin, langfristig betrachtet jedoch nicht
                             Innere Medizin II, Abteilung Gastroenterologie       in erforderlichem Maße. Darüber hinaus können
                             und Diabetologie.                                    Organe nicht mehr ausreichend auf das Hormon
                                                                                  reagieren, was die Gabe von Medikamenten not-
                             Zwei Typen von Diabetes mellitus                     wendig macht. „Wir beobachten auch, dass im-
                             Kennzeichnend für die Stoffwechselstörung ist        mer mehr Kinder und Jugendliche von Adipositas
                             ein dauerhaft erhöhter Blutzucker, wobei vorwie-     betroffen sind“, führt der Oberarzt weiter aus. Ein
                             gend zwischen zwei Formen von Diabetes melli-        katastrophaler Trend, der mit dazu führt, dass die
                             tus unterschieden wird: Diabetes Typ 1 und Typ 2.    Diabetiker-Zahlen kontinuierlich steigen.      © Shutterstock
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