Subarachnoidalblutung: Herausforderung einer Diagnose - Krause und Pachernegg
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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Subarachnoidalblutung: Homepage: Herausforderung einer Diagnose www.kup.at/ Leber KA, Kurschel-Lackner S JNeurolNeurochirPsychiatr Gellner V, Wießpeiner U Online-Datenbank mit Autoren- Journal für Neurologie und Stichwortsuche Neurochirurgie und Psychiatrie 2008; 9 (1), 28-32 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
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Subarachnoidalblutung Subarachnoidalblutung: Herausforderung einer Diagnose K. A. Leber1, S. Kurschel-Lackner1, V. Gellner1, U. Wießpeiner2 Kurzfassung: Eine subarachnoidale Blutung (SAB) schrittes der medizinischen Möglichkeiten, nicht for early treatment (within 72 hours) of patients in wird überwiegend durch eine Ruptur eines intrakra- außer Acht zu lassen. Bei jedem dritten bis vierten good condition after SAH has been widely accepted. niellen Aneurysmas verursacht. Dabei handelt es Patienten wird eine SAB verkannt bzw. zu spät er- To achieve this goal it has become obviously impor- sich um ein akutes lebensbedrohliches Krankheits- kannt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade tant to accomplish a precise diagnosis in time. Con- bild. SAB anderer Genese haben einen ungleichen Patienten mit geringen Symptomen das höchste sidering evident data from literature, the rate of mis- Krankheitswert. Bei Patienten in gutem klinischem Potential für eine ausgezeichnete Prognose haben. interpretation of SAH cannot be disregarded, despite Zustand hat sich der Trend zu einer frühen Behand- considerable advances of medical options. In every lung (innerhalb von 72 Stunden) durchgesetzt, um die Abstract: Subarachnoid Hemorrhage – Diagnos- third or fourth patient, the occurrence of an SAH is Gefahr einer frühen Rezidivblutung zu bannen. Um tic Challenge. Subarachnoid hemorrhage (SAH) is misjudged or its diagnosis delayed. It has to be em- dieses Ziel zu erreichen, ist es von eminenter Bedeu- most likely caused by rupture of an intracranial aneu- phasized that patients, particularly with minor symp- tung, rechtzeitig eine exakte Diagnose zu stellen. Bei rysm. This represents an acute life-threatening dis- toms, exhibit the highest potential for an excellent kritischer Betrachtung zitierbarer Daten ist die Rate ease. Other causes of SAH doubtlessly have a differ- outcome. J Neurol Neurochir Psychiatr 2008; 9 von Fehlinterpretationen einer SAB, trotz allen Fort- ent meaning. To prevent early re-rupture, the trend (1): 28–32. Einleitung langfristig eine sehr gute Prognose, sodass keine spezifischen Maßnahmen zu treffen sind [4]. Die Inzidenz der Subarachnoidalblutung (SAB) wird un- gefähr mit 6 Fällen pro 100.000 Patientenjahre angegeben. Diese Zahl war über die letzten Jahre annähernd konstant. Traumatische Ursachen Anders ausgedrückt macht die SAB 3–5 % der Schlaganfälle Die traumatische SAB (tSAB) steht in unmittelbarem Zusam- (ischämisch und hämorrhagisch) aus und lässt sich meist auf menhang mit einem Trauma, begleitet meist andere traumati- eine intrakranielle Aneurysmaruptur zurückführen [1, 2]. sche Pathologien und entzieht sich gelegentlich auch der Dar- stellung (Abb. 1a). Die Gründe dafür können Knochen- und Ein gutes Ergebnis hängt nicht alleine von der Schwere der Bewegungsartefakte, niedriger Hämoglobinwert und ungün- Blutung selbst, sondern auch von einer zeitgerechten und ex- stige Schichtführung relativ zur Kopfposition sein. Das Aus- akten Diagnose sowie den entsprechenden therapeutischen maß der tSAB hängt im Wesentlichen vom Ausmaß des Trau- Maßnahmen ab. Die Gesamtmortalität bei spontaner, aneurys- mas ab. Ferner wird ihre Bedeutung kontroversiell betrachtet matischer SAB wird mit bis zu 50 % angegeben, wobei die [5, 6]. Die Prognose jedoch ist insgesamt von der Schwere des genaue präklinische Mortalität schwer zu erfassen ist. Bei Schädel-Hirn-Traumas selbst abhängig [7]. einem Drittel der Überlebenden bleibt ein beeinträchtigendes neurologisches Defizit [3]. Weit schwieriger erscheint es, die primäre Ursache – trauma- tisch oder spontan – aufzuklären. Bei einer Aneurysmaruptur kommt es nicht selten zu einer iktalen Bewusstlosigkeit, wel- Ursachen der SAB che Sekunden bis Minuten andauern kann. In diesem Moment sind Patienten verletzungsgefährdet. Aufgefundene Patienten Spontane, nicht-aneurysmatische Blutung mit äußerlichen Blessuren, Frakturen im Schädelröntgen und Die nicht-aneurysmatische, perimesenzephale Blutung ist computertomographisch nachgewiesener SAB lassen daher eine spontane SAB mit typischem Verteilungsmuster in den eine eindeutige Beurteilung schwer zu. Auch wurde beschrie- mesenzephalen Zisternen. Ausläufer bis in die basalen Zister- ben, dass ein Aneurysma durch ein Trauma selbst rupturieren nen (Cisterna ambiens, proximale Fissura lateralis) sind mög- lich, während eine Einblutung in das Ventrikelsystem un- typisch ist. In der Katheterangiographie bzw. hochauflösen- den CT-Angiographie lassen sich zusammenhängend weder ein Aneurysma noch andere Gefäßpathologien nachweisen. Als Ursache werden zu 95 % venöse Blutungen angenommen, meist im Zusammenhang mit primitiven venösen Varianten und direkter Drainage in die intrakraniellen Blutleiter. Die a b c perimesenzephale Blutung hat im natürlichen Verlauf auch Abbildung 1: a) Traumatische SAB nach Sturz vom Pferd: Minimale Blutansamm- lung im Sulcus frontalis superior links. Beachte die perikranielle Weichteilschwel- lung. b) Spontane, aneurysmatische SAB, von den basalen Zisternen ausgehend, minimale Blutauflagerung am Plexus chorioideus des 4. Ventrikels. Nachgewiesenes Aus den Univ.-Kliniken für 1Neurochirurgie und 2Radiologie, Abteilung Neuroradio- Aneurysma der A. carotis interna rechts. c) Pseudo-SAB: Patient erlitt nach Koronar- logie, Medizinische Universität Graz angiographie einen Krampfanfall. Die anschließend durchgeführte, native CT-Unter- Korrespondenzadresse: Ao. Univ.-Prof. Dr. med. Klaus Leber, Universitätsklinik für suchung zeigt ein subarachnoidales Kontrastmittelextravasat rechts, das durch eine Neurochirurgie, Medizinische Universität Graz, A-8036 Graz, Auenbruggerplatz 29; lokale Störung der Blut-Hirn-Schranke entstand. Die Neurotoxizität des nicht-ioni- E-Mail: klaus.leber@meduni-graz.at schen Kontrastmittels verursachte einen generalisierten, zerebralen Anfall. 28 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2008; 9 (1) For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
Subarachnoidalblutung Tabelle 1: Symptomatologie der SAB Tabelle 2: Einteilung der Kopfschmerzgrade nach Hunt und Hess. Mod. nach [9]. Häufigkeit 1 Leichter Kopfschmerz Vernichtungs- schlagartig 50 % – mit/ohne Meningismus kopfschmerz in Sekunden bis Minuten 50 % – kein neurologisches Defizit, alert Bewußtseinstrübung initial ~ 50 % 2 Stärkerer Kopfschmerz Übelkeit/Erbrechen initial 70 % – Meningismus – kein neurologisches Defizit, alert Meningismus entwickelt sich in Stunden, 70 % fehlt bei tiefem Koma 3 Somnolenz/Verwirrtheit/Desorientierung – mit/ohne neurologisches Defizit Neurologische Ausfälle Hirnnerven*, Hemiparese, Aphasie 30 % Zerebrale Anfälle 6–16 % 4 Sopor, neurologisches Defizit, vegetative Zeichen Fundusveränderungen retinal, (retro-) hyaloidale Blutungen 17–27 % 5 Koma, Beuge-/Strecksynergismen Verwirrtheit initiale Dominanz ~2% Warnkopfschmerz Tabelle 3: Einteilung der Kopfschmerzgrade nach dem WFNS- in Anamnese 20 % Score. Mod. nach [10]. * nicht berücksichtigt bei WFNS-Score I GCS 15 kein neurologisches Defizit II GCS 13–14 kein neurologisches Defizit kann [8]. Besonderes Augenmerk sollte gerade auf diejenigen III GCS 13–14 mit neurologischem Defizit Patienten gerichtet werden, welche posttraumatisch unerklär- IV GCS 7–12 mit/ohne neurologischem Defizit lich starke Kopfschmerzen haben und/oder einen V GCS 3–6 mit/ohne neurologischem Defizit Meningismus aufweisen [2]. GCS: Glasgow Coma Sale Spontan, aneurymatisch Medizin. Edlow und Caplan haben sich in den vergangenen Die Ruptur eines intrakraniellen Aneurysmas stellt eine Jahren mehrfach damit auseinandergesetzt, welche Ursachen schwerwiegende Erkrankung dar, wobei eine rasche, akkurate einer Missinterpretation und daher auch verzögerten Diagno- Diagnose im Vordergrund steht, um eine optimale Therapie sestellung bei spontanen aneurysmatischen SAB zugrunde zur Versorgung der Blutungsursache gewährleisten zu kön- liegen: (1) unzureichende Interpretation der klinischen Vielfalt, nen. Das gilt darüber hinaus natürlich auch für die Behand- (2) Fehleinschätzung der Aussagekraft der Computertomo- lung der krankheitsleitenden SAB. graphie (CT) und (3) unzulängliche Liquordiagnostik [1]. Der Verdacht auf eine klassische SAB ist weitgehend von den typischen klinischen Symptomen ableitbar (Tab. 1): Plötzli- Problematik der klinischen Diagnose bei cher, noch nie erlebter, heftiger Kopfschmerz, überwiegend spontaner aneurysmatischer SAB vom Nacken ausgehend. Dieser kann wie ein Blitz binnen Sekundenbruchteilen (peitschenschlagartiger Vernichtungs- Die in der Literatur beschriebene Rate an nicht erkannten kopfschmerz) eintreten oder sich auch innerhalb von Sekun- SAB bei Erstdiagnose liegt zwischen 25 und fast 50 % der den bis Minuten zu einem noch nie dagewesenen Crescendo Fälle. Bei der Mehrheit dieser Fälle (65 %) wurde die korrekte entwickeln. Das Initialereignis ist nicht selten von einer an- Diagnose erst nach einer Rezidivblutung gestellt [11–13]. fänglichen, vorübergehenden Bewusstlosigkeit oder vegeta- Vermeulen und Schull zeigten in einer großen kanadischen tiven Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen begleitet. Ein Studie, dass der Anteil an falschen Interpretationen in Nicht- Meningismus oder Nackensteifigkeit stellt ein weiteres Kar- Lehrkrankenhäusern gut doppelt so hoch war [14]. Eine Meta- dinalsymptom dar. Der posthämorrhagische Meningismus ist analyse über insgesamt 685 Patienten ergab eine Fehldiagno- nicht primär vorhanden, sondern entwickelt sich erst nach serate von 32 %, wobei das Intervall bis zur korrekten Diagno- Stunden. Ein Fehlen desselben ist ebenso möglich. se zwischen 1 und 2 Wochen lag. Bei der Hälfte dieser Fälle ließ sich ein deutlicher und ungewöhnlicher Warnkopf- Zur einheitlichen Erfassung des klinischen Zustandbildes bei schmerz retrospektiv nachweisen, welcher bereits bis zu Wo- SAB-Patienten haben die Graduierung nach Hunt und Hess chen vor dem klassischen Ereignis wahrgenommen wurde [1]. (Tab. 2) oder die Skala nach der „World Federation of Neuro- logical Surgeons“ (WFNS) (Tab. 3) breite Akzeptanz gefun- Linn et al. zeigten andererseits, dass bei jedem 5. Patienten den [9, 10]. vorangegangene, ähnliche Kopfschmerzattacken anamnes- tisch zu erheben waren [15]. Diese sogenannten Warnkopf- In Anbetracht der hohen initialen Mortalität (40–50 %) und schmerzen wurden entweder nicht erkannt oder fehlinterpre- einer Morbidität um die 30 % bei den Überlebenden liegt der tiert. Krankheitswert der SAB klar auf der Hand. Andererseits zeig- ten Hunt und Hess, dass nahezu die Hälfte aller Patienten mit Anhand dieser Beobachtungen wird deutlich, dass nicht SAB zunächst postiktal in einem guten, stabilen Zustand war immer der typische Vernichtungskopfschmerz vorliegen [9]. muss. Je nach Ausmaß der SAB wird eine Kopfschmerz- symptomatik mehr oder weniger stark angegeben. Ebenso Je geringer die Initialsymptome, desto schwieriger sind deren wird er nicht ausschließlich vom Nacken ausgehend geschil- Ursachen zu erkennen – ein allgemeines Dilemma in der dert, sondern kann durchaus auch anderswo lokalisiert sein. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2008; 9 (1) 29
Subarachnoidalblutung Tabelle 4: Ursachen möglicher Fehldiagnosen. Mod. nach [1] Die im Zusammenhang mit einer SAB auftretenden fokal- neurologischen Ausfälle sind meist Hirnnervenaffektionen in Häufigkeit Abhängigkeit der Lokalisation des Aneurysmas. Blutungen in Keine Diagnose oder spontaner Kopfschmerz 24 % das Hirnparenchym, wie sie typischerweise bei Rezidivblu- Kopfschmerz: Migräne, Spannungs- oder Clusterkopfschmerz 21 % tungen auftreten, können ebenso der Topographie entspre- Entzündung: Gehirn und/oder Hirnhäute 10 % chende Ausfälle verursachen. Desgleichen werden auch akute Infektionserkrankung: viral, Grippe, gastrointestinal 10 % Vasokonstriktionen mit begleitender Ischämie für fokale Defi- Schlaganfall: hämorrhagisch oder ischämisch 8% zite verantwortlich gemacht. Diese sind aber keineswegs Hypertensive Krise 7% Kardiovaskulär: Myokardinfarkt, Arrhythmie, Synkope 6% einem posthämorrhagischen Vasospasmus gleichzusetzen, Nebenhöhlenaffektion 6% welcher ab dem 4. Tag nach der SAB manifest wird. Zervikalsyndrom 5% Psychiatrische Ursachen, Alkoholismus, Simulation 5% Als klassisches Beispiel sei hier die Okulomotoriusparese bei Trauma 1% Ruptur eines Aneurysmas der A. communicans posterior am Rückenschmerzen 0,5 % Abgang aus der A. carotis interna erwähnt (sogenanntes para- lytisches Aneurysma). Allgemein findet sich in 10–15 % aller Die häufigsten Fehldiagnosen sind – neben gar keiner Diag- SAB-Fälle eine Okulomotoriusparese [18, 19]. Hierbei lässt nose – Migräne bzw. Cluster- oder Spannungskopfschmerz sich zumeist eine Mydriasis am betroffenen Auge feststellen. (Tab. 4). An dieser Stelle sei angemerkt, dass eine einmalige Im Gegensatz dazu wird fast die Hälfte der Okulomotorius- Kopfschmerzepisode nach internationaler Nomenklatur kei- paresen an sich durch Mikroinfarkte verursacht, wobei die neswegs in diese Richtung gedeutet werden kann [16]. Ande- pupillomotorischen Fasern meist nicht mitbetroffen sind, und rerseits wurde auch beschrieben, dass Patienten mit heftiger so die Pupillen erfahrungsgemäß isokor bleiben. In diesem Kopfschmerzattacke nur in 10 % eine nachweisbare SAB Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die WFNS Hirnnerven- aufwiesen, der Rest wurde der Kategorie „benigner Kopf- ausfälle in ihrem Scoring nicht zu den fokalen neurologischen schmerz“ zugeordnet [17]. Defiziten zählt [10]. Die posthämorrhagische Nackensteifigkeit (Meningismus) ist Ein anderes ophthalmologisches Erscheinungsbild stellt zeit- ein weiteres typisches Symptom und wird als Entzündungs- gleiche Blutungen an der Retina bzw. hinter dem Glaskörper reaktion auf Blut im Subarachnoidalraum interpretiert. Der mit unterschiedlicher Ausdehnung in beide Bereiche dar Meningismus entwickelt sich erst innerhalb eines Zeitfensters (Terson-Syndrom). Diese Blutungen können, insbesondere von 3–12 Stunden nach dem Ereignis. Dieses Symptom kann bei komatösen Patienten, ein ausschlaggebender Hinweis auf aber auch in bis zu 30 % fehlen, vor allem, wenn es sich um eine Aneurysmaruptur sein. eine nur geringe Blutung handelt oder bei tief bewusstlosen Patienten. Bei primärer Dominanz des Meningismus ist Andere SAB-Patienten wiederum weisen einen exzessiv differentialdiagnostisch an eine Meningitis bzw. Enzephalitis hohen Blutdruck, kardiale Rhythmusstörungen oder EKG- zu denken. Im Falle einer SAB wird hingegen eine Fehlinter- Veränderungen auf, sodass kardiovaskuläre Probleme bis pretation in diese Richtung bei 10 % berichtet [1]. hin zum Herzinfarkt vermutet werden. Bei 9/10 SAB-Patien- ten lassen sich solche kardialen Symptome nachweisen, Eine SAB wird in bis zu 70 % der Fälle von vegetativen bei 3 % wurde sogar ein iktaler Herzstillstand beschrieben Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen begleitet. Symptome [20, 21]. dieser Art lassen sich jedoch auch bei jedem zweiten Patienten mit sogenanntem benignem Kopfschmerz nachweisen. Bei Problematik der radiologischen Diagnose Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit einer SAB wird in 10 % der Fälle zunächst als vermeintliche Diagnose Die Computertomographie (CT) ist nach wie vor die radio- ein grippaler Infekt, eine Viruserkrankung oder eine gastro- logische Methode der Wahl zur routinemäßigen Darstellung intestinale Infektion gestellt. von akutem subarachnoidalem Blut. Bei einer akuten SAB kommt es in 6–16 % der Fälle auch zu Sobald klinisch der Verdacht einer SAB vorliegt, ist die Indi- einer kortikalen Reizung, welche sich als epileptischer Anfall kation für eine native kranielle CT-Untersuchung gegeben. manifestiert, ohne dass ein typischer Kopfschmerz dominiert Die Sensitivität der CT-Untersuchung hängt unter anderem [2]. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass von der Menge, aber auch von der Beschaffenheit des sub- zerebrale Anfälle bei einer perimesenzephalen SAB oder bei arachnoidalen Blutes selbst ab (Abb. 1b). Geringe Blutmen- benignem Vernichtungskopfschmerz nicht beschrieben wur- gen, Hämatokritwerte < 30 oder eine Hämoglobinkonzentra- den. Aus diesem Grund sollte bei solchen Anfällen der Ver- tion < 10 g% führen oft zu falsch-negativen Untersuchungs- dacht auch auf eine mögliche Aneurysmaruptur gelenkt wer- ergebnissen [1]. Bei anämischen Patienten, deren Hämatokrit den [14]. und Hämoglobinkonzentration unterschritten wird, kann sich eine akute SAB im CT isodens präsentieren. Die aneurysmati- Mitunter können auch Verwirrtheitszustände im Vordergrund sche SAB ist vorwiegend basal lokalisiert, bei geringer Aus- stehen, welche psychiatrische Hintergründe vermuten lassen. prägung kann die Nähe zur Schädelbasis wegen Aufhärtungs- Dies gilt gerade bei SAB-Patienten mit Orientierungsdefizi- artefakten falsch-negative Resultate liefern, besonders wenn ten, welche auch am Beginn einer Bewusstseinseintrübung zu bei unruhigen Patienten noch Bewegungsartefakte hinzukom- finden sind. men. 30 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2008; 9 (1)
Subarachnoidalblutung Weiteren Einfluss auf die Sensitivität des CTs nimmt auch die Laut Literaturangaben liegt die Inzidenz einer artifiziellen Zeit, welche zwischen Iktus und radiologischer Untersuchung Blutbeimengung zwischen 10 und 20 % [26–29]. Die routine- verstreicht. Mit der Zeit kommt es einerseits zur Auflösung mäßige Erfahrung des Untersuchers spielt nicht nur in der des Hämatoms und andererseits zur Auswaschung des Blutes Punktionstechnik, sondern auch in der Interpretation des Be- durch den zirkulierenden Liquor. Es zeigte sich in einer groß fundes eine große Rolle. Selbst die schonendste Punktion angelegten Studie, dass die CT-Untersuchung am Tag der Blu- kann mitunter artifiziell blutigen Liquor liefern. In der be- tung in 92 % positiv war, am 2. Tag in 86 %, am 3. Tag in 76 % kannten 3-Gläserprobe zeigt sich eine graduelle Abnahme der und nach 5 Tagen nur mehr in 58 % der Fälle die SAB nach- Blutbeimengung, wobei nicht zu wenig Substrat pro Eprou- weisbar war [22]. In weiteren Studien mit CT-Geräten der vette vorgesehen sein soll, um die Differenz ausreichend zur dritten Generation ließ sich eine noch höhere Sensitivität Darstellung zu bringen. Mancherorts läßt man auch blutigen erzielen. In diesen Untersuchungen wurde auch ersichtlich, Liquor auf einen frischen, weißen Tupfer tropfen und der dass diejenigen Patienten, welche nur geringe klinische Zei- durch Diffusion entstehende Hof wird beurteilt. Im Falle einer chen einer SAB boten, eher falsch-negative Ergebnisse in der SAB ist dieser entsprechend dem freigewordenen Blutfarb- CT-Befundung aufwiesen [23, 24]. Gerade diese Patienten stoff rötlich bis gelblich, bei artifizieller Beimengung klar. profitieren am meisten von einer akkuraten, zeitgerechten Diese beiden Methoden werden aber nur als grobe Orientie- Diagnose, welche folglich auch eine adäquate Therapie er- rungshilfen gewertet, da sie als nicht zuverlässig gelten. Ähn- möglicht. liches gilt für die D-Dimerbestimmung im Liquor [3]. Auf jeden Fall sollte auch ein sichtbar klarer Liquor labortech- Falsch-positive Resultate kann eine diffuse Hirnschwellung nisch auf mögliche andere Ursachen untersucht werden. liefern, wenn die basalen Zisternen verstreichen und es in den subarachnoidalen Gefäßen zu einem Blutstau kommt [25]. Wei- Manche Autoren empfehlen eine gleichzeitige Liquordruck- ters kann auch das Bild einer „Pseudo-SAB“ entstehen, wenn messung, da eine intrakranielle/-spinale Druckerhöhung auf zum Zeitpunkt einer Kontrastmittelapplikation (z. B. Koro- eine stattgehabte SAB schließen lasse und so differential- narangiographie) eine Störung der Blut-Hirn-Schranke vorliegt diagnostisch eine Sinusvenenthrombose abzugrenzen sei [1]. und es zu einem Kontrastmittelextravasat kommt (Abb. 1c). Der abgenommene Liquor sollte unverzüglich im Labor zen- trifugiert und ausgewertet werden. Ein schonender, händi- Wertigkeit der Lumbalpunktion und scher Transport ist hierbei vorzuziehen, um eine mechanische Problematik bei Interpretation der Erythrolyse durch Schütteln, Vibrationen etc. zu unter- drücken. Der pathophysiologisch austretende Blutfarbstoff Liquoruntersuchung (Hämolyse) und dessen Abbauprodukte sind für die soge- Die Lumbalpunktion (LP) ist in der Diagnostik der SAB seit nannte Xanthochromie des Liquors verantwortlich. Diese der breiten Verfügbarkeit der CT in den Hintergrund gerückt. werden vorwiegend von Oxyhämoglobin (rötlich, rosa) und Bei klinischem Verdacht auf eine SAB und negativer, nicht Bilirubin (gelblich) bestimmt. Oxyhämoglobin kann jedoch eindeutiger oder technisch nicht einwandfrei durchführbarer ebenso in vitro entstehen, sodass es sich auch durch längeres CT-Untersuchung ist nach wie vor die Indikation für eine LP Stehen aus artifiziellem Blut mit klarem Überstand bildet und gegeben. Von großer Bedeutung sind jedoch einige grund- so ein verfälschtes Ergebnis liefern kann. Im Gegensatz dazu legende Überlegungen, bevor man zur Punktionsnadel greift. ist die Entstehung des Bilirubins ein enzymgebundener und
Subarachnoidalblutung somit ein In-vivo-Prozess. Allerdings wird das Bilirubin Literatur: facial pain. Cephalalgia 1988; 8 (Suppl 7): 1– 96. durch UV-Strahlen weiter abgebaut, sodass bilirubinhältiger 1. Edlow JA, Caplan LR. Avoiding pitfalls in 17. Linn FHH, Wijdicks EFM, van der Graaf Y, the diagnosis of subarachnoid hemorrhage. Liquor für etwaige weitere Bestimmungen im Dunklen (Alu- N Engl J Med 2000; 342: 29–36. Weerdesteyn-van Vliet FA, Bartelds AI, van folie) aufbewahrt werden sollte. Ein Vergleich mit der Licht- Gijn J. Prospective study of sentinel head- 2. van Gijn J, Rinkel GJE. Subarachnoid ache in aneurysmal subarachnoid haemor- therapie beim Neugeborenenikterus macht diese Überlegung haemorrhage: diagnosis, causes and man- rhage. Lancet 1994; 344: 590–3. agement. Brain 2001; 124: 249–78. plausibel. 18. Sarner M, Rose F. Clinical presentation 3. Edlow JA. Diagnosis of subarachnoid of ruptured intracranial aneurysm. J Neurol hemorrhage. Neurocrit Care 2005; 2: 99–109. Neurosurg Psychiatry 1967; 30: 67–70. Bei nahezu allen Liquorproben mit der Fragestellung nach 4. Greebe P, Rinkel GJE. Life expectancy after 19. Walton J. Subarachnoid Hemorrhage. SAB lässt sich der Überstand mit dem bloßen, geübten Auge perimesencephalic subarachnoid hemor- E & S Livingstone, Edinburgh, 1956. rhage. Stroke 2007; 38: 1222–4. gegen weißen Hintergrund beurteilen [3]. 5. Eisenberg HM, Gary HE Jr, Aldrich EF, 20. Andreoli A, di Pasquale G, Pinelli G, Grazi P, Tognetti F, Testa C. Subarachnoid hemor- Saydjari C, Turner B, Foulkes MA, Jane JA, rhage: frequency and severity of cardiac Marmarou A, Marshall LF, Young HF. Initial In sehr seltenen Ausnahmen ist eine spektrophotometrische CT findings in 753 patients with severe head arrhythmias: a survey of 70 cases studied in the acute phase. Stroke 1987; 18: 558–64. Untersuchung angezeigt, bei welcher die Blutabbauprodukte injury. A report from the NIH Traumatic Coma Data Bank. J Neurosurg 1990; 73: 688–98. 21. Toussaint LG 3rd, Friedman JA, Wijdicks auch quantitativ nachgewiesen werden können. Diese Metho- EF, Piepgras DG, Pichelmann MA, McIver JI, 6. Taneda M, Kataoka K, Akai F, Asai T, de steht aber für die Routine nicht immer zur Verfügung. McClelland RL, Nichols DA, Meyer FB, Sakata I. Traumatic subarachnoid hemor- Atkinson JL. Survival of cardiac arrest after rhage as a predictable indicator of delayed aneurysmal subarachnoid hemorrhage. ischemic symptoms. J Neurosurg 1996; 84: So wie bei der CT-Untersuchung ist auch in der Liquordiagno- Neurosurgery 2005; 57: 25–31. 762–8. stik die Zeit ein wesentlicher Faktor, den es zu berücksichti- 22. Kassell NF, Torner JC, Haley EC Jr, Jane 7. Mattioli C, Beretta L, Gerevini S, Veglia F, JA, Adams HP, Kongable GL. The Interna- gen gilt. Innerhalb der ersten Minuten nach stattgehabter Citerio G, Cormio M, Stocchetti N. Traumatic tional Cooperative Study on the Timing of subarachnoid hemorrhage on the computer- Aneurysmaruptur lässt sich im Liquor noch nichts Spezifi- Aneurysm Surgery. 1. Overall management ized tomography scan obtained at admission: results. J Neurosurg 1990; 73: 18–36. sches erwarten. Nach einem Zeitintervall von Stunden bis zu a multicenter assessment of the accuracy of diagnosis and the potential impact on patient 23. Morgenstern LB, Luna-Gonzales H, Huber einer Woche können Erythrozyten nachgewiesen werden, je outcome. J Neurosurg 2003; 98: 37–42. JC Jr, Wong SS, Uthman MO, Gurian JH, Castillo PR, Shaw SG, Frankowski RF, Grotta nach Blutmenge, Verteilung und Auswascheffekt durch den 8. Sahjpaul RL, Abdulhak MM, Drake CG, JC. Worst headache and subarachnoid Hammond RR. Fatal traumatic vertebral Liquor selbst. Erst nach frühestens 4 Stunden wird der Liquor- artery aneurysm rupture. Case report. hemorrhage: prospective, modern computed tomography and spinal fluid analysis. Ann überstand xanthochrom und dies ist dann ca. 2 Wochen lang J Neurosurg 1998; 89: 822–4. Emerg Med 1998; 32: 297–304. nachweisbar. Schließlich verliert sich die Xanthochromie all- 9. Hunt WE, Hess RM. Surgical risk as re- 24. van der Wee N, Rinkel GJ, Hasan D, van lated to time of intervention in the repair of mählich wieder [3]. intracranial aneurysms. J Neurosurg 1968; Gijn J. Detection of subarachnoid haemor- 28: 14–20. rhage on early CT: is lumbar puncture still needed after a negative scan? J Neurol Mit dem Wissen über die Dynamik der Biologie des Blut- 10. Report of World Federation of Neuro- Neurosurg Psychiatry 1995; 58: 357–9. logical Surgeons Committee on a Universal abbaus im Liquor steigt auch die Sensitivität der diagnosti- Subarachnoid Hemorrhage Grading Scale. 25. van Gijn J, Kerr RS, Rinkel GJE. Sub- J Neurosurg 1988; 68: 985–6. arachnoid haemorrhage. Lancet 2007; 369: schen Beurteilung. Im Allgemeinen wird eine Latenzzeit zwi- 306–18. 11. Neil-Dwyer G, Lang D. ‘Back attack’ – schen Iktus und LP von mindestens 4–6 Stunden empfohlen. aneurysmal subarachnoid haemorrhage: 26. Xanthochromia. Lancet 1989; 2: 658–9. Die Empfehlung, sogar bis 12 Stunden mit der LP zuzuwar- death due to delayed diagnosis. J R Coll 27. Fishman R. Cerebrospinal Fluid in Diseases Physicians [Lond] 1997; 31: 49–52. of the Nervous System. 2nd ed. WB Saunders, ten, wird kontroversiell beurteilt, da das Risiko einer frühen 12. Kassell NF, Kongable GL, Torner JC, Philadelphia, 1992. Rezidivblutung einer höheren Trefferquote in der Labordiag- Adams HP Jr, Mazuz H. Delay in referral of 28. Eskey CJ, Ogilvy CS. Fluoroscopy-guided nostik gegenüber steht [25, 30]. patients with ruptured aneurysms to neuro- lumbar puncture decreased frequency of trau- surgical attention. Stroke 1985; 16: 587–90. matic tap and implications for the assess- 13. Adams HP Jr, Jergenson DD, Kassell NF, ment of CT-negative acute subarachnoid Sahs AL. Pitfalls in the recognition of sub- hemorrhage. AJNR Am J Neuroradiol 2001; arachnoid hemorrhage. JAMA 1980; 244: 22: 571–6. Schlussfolgerung 794–6. 29. Shah KH, Richard KM, Nicholas S, Edlow 14. Vermeulen MJ, Schull MJ. Missed diag- JA. Incidence of traumatic lumbar puncture. Die kritische Betrachtung von anamnestischen und klinisch- nosis of subarachnoid hemorrhage in the Acad Emerg Med 2003; 10: 151–4. neurologischen Informationen bei Patienten mit plötzlich ver- emergency department. Stroke 2007; 38: 30. van Gijn J. Slip-ups in diagnosis of sub- 1216–22. arachnoid haemorrhage. Lancet 1997; 349: nichtenden Kopfschmerzen erlaubt eine Abschätzung, ob ein 15. Linn FH, Rinkel GJ, Algra A, van Gijn J. 1492. Anhaltspunkt auf Vorliegen einer SAB gegeben ist oder ob es Headache characteristics in subarachnoid 31. Raabe A, Beck J, Berkefeld J, Deinsberger haemorrhage and benign thunderclap head- sich um eine „benigne“ Form des Kopfschmerzes handelt. Bei ache. J Neurol Neurosurg Psychiatry 1998; W, Meixensberger J, Schmiedek P, Seifert V, Steinmetz H, Unterberg A, Vajkoczy P, Werner jedem nicht sicher auszuschließenden Verdacht sollte in je- 65: 791–3. C. Empfehlungen zum Management der dem Fall eine weitere Abklärung zunächst computertomogra- 16. Classification and diagnostic criteria for aneurysmatischen Subarachnoidalblutung. headache disorders, cranial neuralgias and Zentralbl Neurochir 2005; 66: 79–91. phisch erfolgen. Bei jedem uneindeutigen radiologischen Befund, ebenso bei klinisch nahe liegendem Verdacht trotz negativer CT-Untersuchung, sollte eine sorgsame Liquordiag- nostik durchgeführt werden. Eine zweifellos sinnvolle Handhabe ist ein dem jeweiligen Ao. Univ.-Prof. Dr. Klaus A. Leber Krankenhaus angepasster Algorithmus für Notaufnahmen, Geboren 1958, dzt. Oberarzt an der Univ.-Kli- welcher fachübergreifend genehmigt und auf dem neuesten nik für Neurochirurgie, Medizinische Universi- Stand der Dinge gehalten werden sollte. tät Graz. Studienaufenthalt an der University of California, San Francisco 1986/87 (FWF- Schrödinger-Stipendium), Facharzt für Neuro- Bezüglich des Managements erlauben wir uns, auf die Emp- chirurgie seit 1992, Habilitation 1997. fehlung der „Sektion vaskuläre Neurochirurgie der Deutschen Schwerpunkte: Vaskuläre Neurochirurgie und Gesellschaft für Neurochirurgie“ zu verweisen [31]. Radiochirurgie. 32 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2008; 9 (1)
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