"Wildes Wasser - Steiler Fels" - DAS NATIONALPARK GESÄUSE MAGAZIN | Winter 17 - Zobodat
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Inhalt aus dem 2 Inhalt | Impressum 3 Vorwort Herbert Wölger 4 Landschaft im Wandel 8 Artportrait Pflanzenwespen 12 Die Seite der Landesforste 15 Borkenkäfer 18 Waldökosysteme 20 Portrait Christian Mayer 23 Weltweit einzigartig – Endemiten 24 Wildnis 28 Alm(er)leben 30 Nationalpark Partner 35 Umweltjahr 36 Umweltbildung 38 Ranger Portraits 39 Gut vertreten 40 Ökologischer Fußabdruck 41 Forscherinnen und Forschern über die Schulter schauen 42 Natur-denk-mal 44 Jugendbeirat 46 Forschungsplattform Eisenwurzen 48 Plan haben 50 park.schein 54 Stift Admont 55 Das Gsäuserl IMPRESSUM Im Gseis Nr. 29, Winter 2017 Herausgeber, Medieninhaber und für den Inhalt verantwortlich: Nationalpark Gesäuse GmbH Anschrift: A-8913 Admont, Weng 2 Telefon: +43 3613 210 00, Fax: +43 3613 210 00-18 E-Mail: office@nationalpark.co.at Internet: www.nationalpark.co.at Namentlich gekennzeichnete Beiträge liegen inhaltlich in der Verantwortung der jeweiligen Autoren. Copyright für alle Beiträge: Nationalpark Gesäuse GmbH. Nachdruck nur mit Einwilligung des Herausgebers. Layout: fuernholzer design & foto, St. Gallen. Druck: Wallig, Ennstaler Druckerei & Verlag Ges.m.b.H., Gröbming. Die Druckerei Wallig besitzt als erste Druckerei der Steiermark das Umweltzeichen. Gendergerechtes Schreiben erfordert Kompromisse. So sind die bisher üblichen Begriffe wie Nationalparkführer, Besucher etc. gleichberechtigt weiblich wie männlich zu verstehen. Titelseite: Die winterlich verschneite Hochtorgruppe und der Tamischbachturm, Fotograf: Christoph Huber Seite 2: An der Haindlmauer, Fotograf: Andreas Hollinger Rückseite: Nebel im Gseng, Fotograf: Andreas Hollinger ISSN-Nummer: 1993 - 8926 (Printausgabe) / 1993 - 9485 (Webausgabe)
Vorwort Wohin soll die Zukunftsreise gehen? Z wischen Redaktionsschluss und Dem Nationalpark Gesäuse geht es wie Drucklegung dieser Ausgabe Morgenstern. Er ist physisch im Gesäuse begeben wir uns auf eine Expedition daheim und findet eine wirkliche Heimat in das Gesäuse. Die Expedition_Heimat#1. dort, wo er sich verstanden weiß. Mit Ziel dieser Veranstaltungsreihe ist es, anderen Worten: bei all den Menschen, über unser Selbstverständnis zu reden die den Nationalpark verstehen! und über unsere Werte nachzudenken. Wohin soll die Zukunftsreise gehen? Die Nationalpark-Region muss sich Das Gesäuse als Musterregion für eine verstehen. Das heißt, ihre Stärken und besondere Art der Regionalentwicklung Qualitäten kennen, eine gemeinsame und die Expedition_Heimat als Strategie haben und diese auch dazugehörige Gesprächsplattform. Wenn umsetzen. Verstehen heißt aber auch, © Helmut Fröschl uns das langfristig gelänge! gegenseitiges Verständnis aufzubringen und eine Vertrauensbasis zwischen den „Expedition“, weil es ums Unbekannte handelnden Personen zu bauen. geht, in unserem Fall um die Zukunft. Und „Heimat“, weil es genau um diese geht. Wenn zu dieser Vertrauensbasis Aber ist das Gesäuse Heimat? Heimat ein gesundes Maß an kollektivem kann dort sein, woher wir kommen. Selbstbewusstsein, ein vernünftiges Beim Schreiben dieser Zeilen liegt das Soweit so gut! Heimat ist aber vor allem, Maß an Stolz auf das „Unsere“, gute Ergebnis der Expedition_Heimat#1 noch wo wir Gleichgesinnte finden, wo wir Ideen und Tatendrang kommen, ist den nicht vor, ich freue mich aber schon auf uns akzeptiert und sicher fühlen, wo wir Herausforderungen der Zukunft mit die Expedition_Heimat#2 im Jahr 2018. dazugehören wollen. Heimat kann ein Ort Gelassenheit zu begegnen. Denn eines ist sein, aber auch ein Gefühl. Im besten Fall klar: Wer stehen bleibt, bleibt nicht nur Ihr ist Heimat beides. Christian Morgenstern stehen, sondern fällt zurück. Herbert Wölger schrieb: „Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.“ Nationalpark Gesäuse: Weil es Sinn macht – weil es schön ist! Herzlichen Dank! Wir bedanken uns bei allen Leserinnen und Lesern, die einen Druckkostenbeitrag leisten! Dadurch kann Im Gseis auch weiterhin in gewohnter Qualität erscheinen. Diesmal senden wir es auch an die Haushalte von Hart bei Graz. Viel Freude damit! Wenn Sie unser Magazin zum ersten Mal in Händen halten und auch weiterhin beziehen möchten, reicht eine einfache Nachricht mit dem Betreff – Im Gseis Bestellung – an karin.lattacher@nationalpark.co.at Winter 2017 | Im Gseis 3
Landschaft im Wandel DANIEL KREINER Vom Weißenbachl und © Reinhard Thaller seinem weißen Gold Das Weißenbachl ist eine vom Gletscher geformte Landschaft, die von menschlicher Nutzung überprägt wurde. Nun wird sie wieder der natürlichen Entwicklung überlassen. Das Gesäuse ist reich an Steinen. Vom Gletscher zum Weißenbach weiße bis gräulich-braune Farbe an – das Dass diese Steine auch lange genutzt weiße Bachl! wurden, davon zeugen die ehemaligen Der Name Weißenbachl deutet schon Das Material, von dem der Graben erfüllt Bergbaugebiete Gseng, Langgries auf die das Gebiet besonders prägenden ist, stammt von der Verwitterung der und Weißenbachl. Vom Weißenbachl Faktoren hin: Das Wasser und die umgebenden Felskulisse: vom großen wurden die letzten Schotterhaufen Steine! Das Tal unter der Felskulisse Buchstein, über die Schafzähne zum im Lawinenablenkdamm von zwischen Buchstein und Tieflimauer Kleinen Buchstein und der Tieflimauer. Gstatterboden verbaut. Seit Ende leuchtet an sonnigen Tagen im Weiß Aber einiges davon liefern auch die ihn 2010 kann sich das Gebiet wieder der es prägenden Kalkschotter. Wenn direkt umgebenden, parallel zum Graben natürlich entwickeln. Was blieb von bei einem starken Gewitterregen das laufenden Grund- und Seitenmoränen. der ehemaligen Nutzung und wie hat sonst trockene Tal von Wassermassen Besonders schön ausgebildet ist der sich die Natur darauf eingestellt? Ein erfüllt wird, kommt Bewegung in die westlich angrenzende Moränenwall des Bilderbogen zum Landschaftswandel weitläufigen Schuttfluren. Das Gemisch Winkelriedels. Dieser stammt noch aus in einem kaum beachteten Graben im aus Wasser, feinem Kalksand und Schutt der letzten Eiszeit, als ein Lokalgletscher Nationalpark Gesäuse. in verschiedenen Größen nimmt eine vom Buchstein bis hinunter nach © Herbert Wölger © Daniel Kreiner Bei Starkregen kann sich das Trockental in einen braunen Wildbach verwandeln, der sein Tal immer wieder neu formt. 4 Nationalpark Gesäuse | Landschaft im Wandel
Landschaft im Wandel © Tamara Höbinger (Datenherkunft: BEV, Nationalpark Gesäuse, GIS Steiermark) 1954 2003 2010 Die Bildreihe zeigt die Veränderungen im zentralen Weißenbachl aufgrund der Schotterentnahme und die Weiterentwicklung drei Jahre nach deren Auflassung (2010). Gstatterboden reichte und bei seinem Katastrophale Vermurungen, wie etwa im jährlich 35.000 m3 Schutt entnommen. Zu Vor- und Rückstoß auch viel Material Küh- und Rotgraben in den späten 1970ern Spitzenzeiten sollen es bis zu 100.000 m3, verlagerte. Heute durchschneidet dieses dokumentiert, scheint es hier, wenn das sind 10.000 LKW Fuhren, gewesen Material der Weißenbach, der den Bereich überhaupt, nur in stark eingeschränktem sein. Die enormen Schotterentnahmen im meist nur unterirdisch entwässert und Umfang gegeben zu haben (KAMMERER Graben selbst, als auch der konsequente von zahlreichen Quellen aus dem größten 2007). Abbau der westlichen Hänge, haben zu Quellgebiet des Nationalparks gespeist Die Geschiebefracht des Weißenbachl- massiven Erosionserscheinungen geführt, wird. Erst unterhalb der Forststraßen- und grabens, aber v.a. das Material der wodurch auch Teile der darüber liegenden Radwegquerung tritt dieser zu Tage. Seitenmoränen vom Ende der letzten Waldgesellschaften (siehe Punkt 2), Dort jedoch bildet er mit einer durch- Eiszeit, überlagert von dolomitischem Regschuttfluren und Latschengebüsche schnittlichen Schüttung von ca. 500 l/s Witterschutt, waren das Ziel einer (siehe nordöstl. und südwestl. von Punkt die größte Quelle des Nationalparks. einträglichen Rohstoffgewinnung im 3) durch Erosion verloren gegangen sind. Die Quelle liefert also pro Sekunde den mittleren Weißenbachlgraben (siehe Im Reich der Steine konnte man durch durchschnittlichen Tagesverbrauch eines Punkt 1 am Orthofoto von 2003). Nach Steine auch reich werden – das weiße vier Personenhaushaltes! den Aufzeichnungen ab den 1970er Jahren Gold des Weißenbachl, des Langgries oder wurden über 30 Jahre lang im Schnitt des Gseng machte dies möglich. Vom Weißenbach zum weißen Gold Der Weißenbachlgraben selbst ist hochdynamisch und sein Erscheinungsbild wird von den Umlagerungen im Zuge des Abtransports der frühjährlichen Schmelzwässer bestimmt. In den 1950er Jahren, vor Beginn der Schottergewinnung im Weißenbachl, waren randliche Bereiche der eben erfüllten Talsohle von Ruhschuttfluren besiedelt (Punkt 3 auf © Harald Haseke SW Orthofoto). Ab der Verengung des Weißenbachlgrabens, etwa 600 m vor dessen Mündung in die Enns, erscheint dieser Bereich in den 1950ern noch als einheitliches Schotterband. Der Schwemmkegel in die Enns unterscheidet Mit der Entfernung von Schrottteilen und der naturnahen Gestaltung des Geländes sich in seiner Größendimension her wurde die Renaturierung des Abbaugebietes abgeschlossen. so gut wie nicht von der aktuellen Ziel der darauf folgenden Renaturierung war es, die Stabilisierung der seitlichen Ausdehnung. Daraus kann geschlossen Einhänge zu erreichen. Daher wurde der Abflussbereich in die Grabenmitte verlegt, werden, dass der Weißenbachlgraben um eine weitere Erosion der seitlichen Steilwände zu verhindern. Die verbliebenen in seinem mittleren Teil als natürlicher Schotterdeponien wurden großteils für den 2010 neu gebauten Lawinenablenkdamm Retentionsraum wirkte. in Gstatterboden verwendet. Winter 2017 | Im Gseis 5
Landschaft im Wandel © Reinhard Thaller © Harald Haseke Die Schotteraufbereitungsanlage im Weißenbachl von der Das Vergleichsbild von 2016 zeigt den zentralen Bereich des Geländekante oberhalb des Abbaus fotographiert. Abbaus sechs Jahre nach dessen Schließung. © Tamara Höbinger © Daniel Kreiner Am Vergleichsbild von 2013 sieht man, wie sich das Gelände Durch den Abbau eingetiefter Weißenbachlgraben im Jahr 2003. langsam wieder zu füllen beginnt und seitliche Anrisse stabilisiert werden. Vom Bergbau zurück zur Natur… Spinnen, Weberknechte, Kurzflügelkäfer, des Gseng, Langgries und Weißenbachl Tausendfüßler und Asseln) im Jahr 2013 kann sie sich aufgrund der Einstellung Nach Gründung des Nationalparks wurden zeigte noch Unterschiede beim Vergleich des Schotterabbaus nun wieder weiter jedoch aufgrund der Vorgaben durch die der ehemaligen Abbauflächen mit ausbreiten. Wer entlang des Radweges IUCN (Internationale Union zur Bewahrung unbeeinflussten Bereichen. Dabei wurde im Frühsommer aufmerksam die der Natur und natürlicher Ressourcen) aber bereits festgestellt, dass bei weiterer Böschungen vor der Grabenquerung die Pachtverträge mit den Unternehmen Renaturierung eine Wiederbesiedlung mit (Punkt 9) beobachtet, kann sie dort nicht mehr verlängert. Nach weiteren gefährdeten Arten aus den anliegenden finden und sich an ihrem Anblick und acht Jahren war es schließlich soweit: Bereichen sehr wahrscheinlich ist. So an ihrem süßen Nelkengeruch erfreuen. Die Schottergewinnung im Weißenbachl könnte neben der in den Schuttgräben Auch außerhalb des Nationalparks ist wurde 2010 eingestellt. häufigen Wolfsspinne (Pardosa es gelungen, dank der Steiermärkischen saturatior), bald auch wieder der seltene Landesforste, ein weiteres Vorkommen Auf den Vergleichsbildern von 2007 und Pechbraune Bartläufer (Leistus montanus) durch die Einstellung der Schuttentnahme 2016 sowie vor allem von 2003 und 2013 eine weitere Verbreitung finden. zu sichern. erkennt man sehr schön, wie sich der ehemals durch den Abbau eingetiefte Auch unser „Paradeendemit“ (Endemiten Die Entwicklung in den ehemaligen Weißenbachlgraben langsam wieder füllt = „Einheimische“ – nur kleinräumig Schotterabbaugebieten schließen nach und die unterschiedlichen Plateaus und verbreitete Pflanzen und Tiere), die den Beiträgen über das Gseng (Im Gseis Geländekanten ausgeglichen werden. Zierliche Federnelke (Dianthus plumarius Sommer 2016), das Weißenbachl (diese Beim Punkt 5 auf dem Orthofoto von ssp. blandus) kommt vor allem in den Ausgabe) in unserem nächsten Heft (Im 2003/2010 sieht man, dass dies noch tiefliegenden Schuttgräben des Gesäuses Gseis Sommer 2018) mit einem Beitrag eine Weile dauern wird. Hier erkennt man vor. Gerade auch da, wo immer wieder über das Langgries und Gseng vor allem immer noch die Steilwand (Schatten) Schotter abgebaut wurde. Hier hat sie im Hinblick auf die geomorphologischen zwischen altem und neuem Niveau des aufgrund dieser Schottergewinnung Prozesse, die die weitere Entwicklung in Grabens. Die spontane Besiedelung auf jeden Fall Lebensraum eingebüßt. diesen charakteristischen Lebensräumen dieses Lebensraumes nach dem Nicht umsonst wird daher auch der des Gesäuses prägen. Dazu schreibt Wiederauffüllen der abgebauten Terrassen „Materialabbau talnaher Schutthänge“ schon Ende der 1970er Jahre der berühmte geht jedoch sehr langsam vonstatten. Eine als Gefährdungsursache angeführt (ESSL österreichische Botaniker Univ. Prof. Dr. zoologische Untersuchung (Laufkäfer, & RABITSCH 2009). In den Lebensräumen Harald Nikelfeld (NIKLFELD 1979): 6 Nationalpark Gesäuse | Landschaft im Wandel
Landschaft im Wandel © Christian Komposch © Wolfgang Paill Der Pechbraune Bartläufer, festgehalten auf einem Foto aus dem Kalktal bei Hieflau. Wird er auch im Weißenbachl Die Uferschutt-Wolfsspinne kommt sehr häufig in den trockenen wieder auftauchen? Schuttgräben des Gesäuses vor. „Das Gesäuse: Keine andere und werden die mächtigen Schutthalden Literatur: Gebirgsgruppe der Nordöstlichen und Schuttströme abgebaut. Damit sind Kalkalpen weist auf engem Raum so z.B. auch einige der tiefergelegenen RABITSCH W., ESSL F. (2009): Endemiten ausgedehnte, bis ins Tal herabreichende Wuchsorte der relativ seltenen, in Österreich. Selten und Schützenswert. Felsbildungen auf wie die Gesäuseberge, endemischen Federnelke (Dianthus Umweltbundesamt. 924 S. deren Hauptgipfel das tief und eng plumarius subsp. blandus), die überdies eingeschnittene Ennstal (Gesäuseeingang, nur ein sehr kleines Areal in den GREIMLER J. (1997): 621 m – Wandaubrücke, 487 m) um Nordöstlichen Kalkalpen besiedelt, von Pflanzengesellschaften und 1500-1800 m überhöhen. Sowohl der Zerstörung bedroht. Vegetationsstruktur in den südlichen Kalk wie auch Dolomit ist mit dem Gesäusebergen (nordöstliche Kalkalpen, jeweils charakteristischen Relieftypus Diese Bedrohung gehört nun im Steiermark). Landesmuseum Joanneum vertreten, wobei in den Dolomitgebieten Nationalpark Gesäuse der Vergangenheit Graz. Graz, 241 S. breite Schuttströme als zusätzliches an. Die Wiederherstellung und Bewahrung Landschaftselement noch hinzutreten.“ einer möglichst hohen Naturnähe in KAMMERER H. (2007): Biotopkartierung den ehemaligen Bergbaugebieten Gesäuse. Teilbericht Kartierungsbereich Und sein Schüler, Univ. Prof. Dr. Josef ist nun innerhalb der Grenzen des Weißenbachl. Stipa. Im Auftrag der Greimler, ergänzt im Rahmen seiner Nationalparks Gesäuse das oberste Nationalpark Gesäuse GmbH. Graz, 28 S. Dissertation zu den Nutzungen dieser Ziel. Diese Entwicklung zu beobachten Schuttströme Ende der 1990er Jahre und zu erforschen ist eine zentrale NIKLFELD H. (1979): Vegetationsmuster (GREIMLER 1997): Aufgabe der Nationalpark-Forschung. Die und Arealtypen der montanen Aber auch heute noch schreiten Bedeutung der natürlichen Abläufe für die Trockenflora in den nordöstlichen Alpen. Landschaftsveränderung und Artenvielfalt unseren Besuchern näher zu Stapfia. Nr. 4. Linz, 229 S. Biotopzerstörung im Bereich der talnahen bringen und sie für die Schönheit dieser Schuttfluren fort… Vor allem in den kargen Landschaften zu begeistern, ist Seitengräben des Johnsbachtales wurden uns ein großes Anliegen. © Alexnder Maringer Die Zierliche Federnelke im Weißenbachl – es ist zu hoffen, dass sich ihre Bestände durch die natürliche Dynamik im Gebiet wieder ausweiten… Winter 2017 | Im Gseis 7
Pflanzenwespen ROMI NETZBERGER Pflanzenwespen – von bunten Fliegern © Romi Netzberger und erfolgreichen Spezialisten Obwohl viele Arten wunderschön und auffällig gefärbt sind, gehören Pflanzenwespen zu den nur wenig bekannten und erforschten Tieren. Die meisten interessierten Pioniere der Erdgeschichte allseits bekannten Bienen, Hummeln, Naturbeobachter haben wohl Feldwespen und Hornissen gehören. Die schon einmal eine der bunten und Bereits vor 240 Millionen Jahren Pflanzenwespen behielten bis heute eine hübschen Larven der Pflanzenwespen besiedelten die ersten Pflanzenwespen Reihe von ursprünglichen Merkmalen gesehen. Und fälschlicherweise als unsere Erde und entwickelten bald eine bei, die sie zu einer einzigartigen und Schmetterlingsraupe eingestuft... beeindruckende Arten- und Formenvielfalt. hoch spannenden Tiergruppe machen. Tatsächlich sehen sie den Raupen Aus einer Linie der Pflanzenwespen Ausgewachsene Pflanzenwespen sind zum Verwechseln ähnlich, können evolvierten im Laufe der Erdgeschichte auf den ersten Blick durch die fehlende jedoch bei genauerer Betrachtung die Taillenwespen, zu denen auch die Wespentaille als solche erkennbar. leicht unterschieden werden. Auf den folgenden Seiten möchte ich die spannende Gruppe der Pflanzenwespen vorstellen, die ich im Zuge meiner Bachelorarbeit im Nationalpark Gesäuse untersucht habe. Pflanzenwespen (Symphyta) Verwandtschaft: Hautflügler (Wespen, Bienen, Hornissen...) Artenzahl in Österreich: ca. 730 © Romi Netzberger Artenzahl im Gesäuse: 174 Larven: in Aussehen und Lebensweise den Schmetterlingsraupen ähnlich ausgewachsene Tiere: „Wespen ohne Wespentaille“ Körpergröße: von 2 mm bis 40 mm Die urtümlichen Schwertwespen legen ihre Eier ins absterbende Holz von Laub- und Nadelbäumen. 8 Nationalpark Gesäuse | Pflanzenwespen
Pflanzenwespen Sie besitzen keinen Stachel und im Gegensatz zu den hoch spezialisierten Bienen nur sehr einfache Mundwerkzeuge. Besonders interessant sind die Larven der Pflanzenwespen. Schmetterlingsraupe oder Pflanzenwespe? Die Larven der Pflanzenwespen und die der Schmetterlinge haben so einiges gemeinsam: Sie sind sich sowohl in ihrer Körperform als auch in ihrer Lebensweise © Romi Netzberger zum Verwechseln ähnlich. Ein Blick ins Gesicht der Tierchen verrät jedoch, was sie sind. Pflanzenwespenlarven sehen mit ihrem kugelförmigen Kopf und den zwei schwarzen Glubschaugen richtig niedlich aus. Während sich ihr Kopf auch farblich Die zwei großen schwarzen Augen auf dem kugelförmigen Kopf verraten, oft von ihrem restlichen Körper abhebt dass es sich um eine Pflanzenwespenlarve handelt. ist der Kopf der Schmetterlingsraupen in vielen Fällen abgeflacht und eher unscheinbar mit bis zu acht kleinen Augen. Spezialisten bei der Arbeit Wie auch die Schmetterlingsraupen sind die meisten Larven der Pflanzenwespen eng an ihre Futterpflanze gebunden. Die Berberitzenblattwespe (Arge berberidis) frisst nur die Blätter der Berberitze, die Wacholderblattwespe (Monoctenus juniperi) nur die Nadeln des Wacholders © Romi Netzberger und die urtümliche Farnblattwespe (Blasticotoma filiceti) saugt Pflanzensaft im Inneren von Farnblattstielen. Die Larven sind sowohl in ihrem Körperbau als auch in ihrer Biologie an das Leben auf ihrer Futterpflanze hoch angepasst. Dafür haben sie die unterschiedlichsten Die Erlenblattwespe schützt sich durch Wachsausscheidungen Überlebensstrategien entwickelt. auf ihrer Haut vor Feinden. Die Larven der Riesenholzwespe (Urocerus gigas) leben im Holz von Nadelbäumen und ernähren sich von einem symbiontischen Pilz, der von den Weibchen bei der Eiablage in das Holz mit abgegeben und dadurch verbreitet wird. Die häufige Grauweidengallblattwespe (Euura kriechbaumeri) lebt vor Räubern geschützt in ihrer Blattgalle auf der Grauweide. Sie verlässt die Galle erst am Ende ihrer Larvenentwicklung, um sich anschließend im Boden zu verpuppen. Die freilebenden Larven sorgen auf ganz andere Art und Weise für ihr Überleben. Manche Larven sind © Romi Netzberger durch ihre unauffällige grüne Färbung nicht leicht auf ihrer Futterpflanze zu erkennen. Andere wiederum trotzen ihren Feinden durch grelle Schreckfarben. Einen zusätzlichen Schutz bieten außerdem auch Haare, Dornen, Schleim und Wachsausscheidungen. Die s-förmige Schreckstellung ist eine typische Abwehrreaktion vieler Pflanzenwespenlarven. Winter 2017 | Im Gseis 9
Pflanzenwespen Besonders beeindruckende Erscheinungen sind die Larven der Springkrautblattwespe (Siobla sturmii) mit ihrem bedrohlichen Dornenkleid und die Erlenblattwespe (Eriocampa ovata), die aufgrund ihres flockig-weiß überzogenen Körpers auch Wollraupe genannt wird. Bei Larven, die in Aggregationen leben, ist die s-förmige Schreckstellung weit verbreitet. Fühlen sie sich bedroht, strecken sie ruckartig ihren Hinterleib in die Höhe und schwenken ihn warnend vor und zurück. Bei bestehender Bedrohung lassen sich die Larven blitzschnell zu Boden fallen. © Romi Netzberger An Sommertagen... ...herrscht in der Natur geschäftiges Treiben, und auch die Pflanzenwespen sind da mit von der Partie. Während Die Getreidehalmwespe auf Nektarsuche am Löwenzahn manche Arten als ausgewachsene Tiere gar keine Nahrung mehr aufnehmen, können andere Arten besonders gut bei der Nahrungssuche auf Blüten beobachtet werden. Aufgrund ihrer nur wenig spezialisierten Mundwerkzeuge, sind die geflügelten Insekten auf leicht zugängliche Nektarquellen angewiesen. Im Frühjahr besuchen sie daher sehr gerne die Blüten von Weiden, später im Jahr dann vor allem jene von Korb- und Doldenblütlern. Jedoch nicht alle blütenbesuchenden Pflanzenwespen haben es auf den Nektar abgesehen. Vor allem einige größere Arten lauern auf den © Romi Netzberger Blüten kleineren Insekten auf. Außerdem sind Blüten auch ein beliebter Ort für die Partnerfindung. Aus dem Leben einer Pflanzenwespe Einige größere Arten lauern auf Blüten kleineren Insekten auf. Ende März schlüpfen die ersten ausgewachsenen Pflanzenwespen aus ihren Kokons. Die meisten Arten haben ihre Hauptflugzeit zwischen Anfang Mai und Anfang Juli und bevorzugen feuchte, eher kühle und vegetationsreiche Lebensräume. Während ihrer kurzen Lebenszeit als ausgewachsene Tiere von einigen Tagen bis wenigen Wochen sind die Pflanzenwespen voll und ganz mit der Fortpflanzung beschäftigt. Weibchen legen in ihrem Leben bis zu 250 Eier, die sie entweder auf oder in Pflanzenstrukturen wie Blättern, Spross oder Knospen ablegen. Die künftige Futterpflanze wird vor der Eiablage sehr © Romi Netzberger genau auf ihre Qualität geprüft, indem die Weibchen die Oberfläche der Pflanze mit ihren Fühlern und ihren Mundwerkzeugen betasten. Nach zwei bis drei Wochen schlüpfen die Junglarven aus den Eiern. Die Larven verbringen die folgenden drei bis sechs Wochen damit, zu fressen und Die künftige Futterpflanze der Nachkommen wird von den Weibchen auf Qualität zu wachsen. geprüft, bevor die Eier im pflanzlichen Gewebe abgelegt werden. 10 Nationalpark Gesäuse | Pflanzenwespen
Pflanzenwespen Kurz vor der Verpuppung verlassen die ausgewachsenen Larven ihre Futterpflanze und wandern in den Boden. Dort bauen sie sich ein Erdgehäuse oder einen Kokon, in dem sie sich einspinnen und überwintern, bis im Frühjahr die nächste Generation ausgewachsener Pflanzenwespen schlüpft. Pflanzenwespen im Gesäuse Im Zuge meiner Bachelorarbeit habe © Romi Netzberger ich im Jahr 2016 die Pflanzenwespen im Gesäuse untersucht und meine Ergebnisse zu einer Artenliste von 174 Arten zusammengefasst. Dies entspricht etwa einem Viertel der für Österreich bisher nachgewiesenen Arten. Eine Das Weibchen der Breitfüßigen Birkenblattwespe legt ihre Eier entlang der Zusammenstellung der wichtigsten Mittelrippe der Blätter ab. Die jungen Larven beginnen sofort nach dem historischen Funddaten aus dem Gesäuse Schlüpfen mit ihrem typischen Lochfraß. lieferte bereits der Zoologe Herbert Franz (1908-2002). Während der Kriegsjahre hat er im Gebiet der Nordostalpen unter anderem Spinnen, Weberknechte, Käfer, Wanzen und verschiedenste Wespen gesammelt. Gemeinsam mit den Funden von Pater Gabriel Strobl (1846-1925), der vor allem rund um das Stift Admont sammlerisch tätig war, liegen für das Gesäuse historische Nachweise zu 103 Pflanzenwespenarten vor. Durch meine eigenen Untersuchungen konnten nun weitere 71 Arten für das Gesäuse nachgewiesen werden. Da sich © Romi Netzberger die ausgewachsenen Pflanzenwespen gerne tief in der dichten Vegetation versteckt halten, erweist sich ihr Nachweis oftmals als schwierig. Aus diesem Grund wurden im Jahr 2016 gemeinsam mit dem Pflanzenwespenzüchter Ewald Altenhofer vor allem die Larven der Pflanzenwespen Mit dem Fund der Gallen von Euura virilis gelang im Gesäuse ein gezielt auf ihren Futterpflanzen gesucht. Neunachweis für Österreich! Die Larven sind mithilfe von Informationen zu ihrer Futterpflanze, ihrer Fraßzeit, ihres Fraßmusters und ihres Aussehens in vielen Fällen sehr einfach und eindeutig bestimmbar. Besonders viele Arten wurden dabei auf der Rose, der Esche und auf unterschiedlichen Weidenarten gefunden. Diese Methode ermöglichte sogar einen Neunachweis für Österreich: Auf der Purpurweide wurden Gallen der Gallblattwespe Euura virilis gefunden! Der Nationalpark Gesäuse gehört auf dem Gebiet der Pflanzenwespenforschung zu den am besten untersuchten Gebieten © Romi Netzberger Österreichs. Dennoch ist für diese spannende Tiergruppe noch allerhand Forschungsbedarf gegeben. Künftige Untersuchungen sollen noch viele neue Artnachweise und spannende Erkenntnisse über die bislang unbekannte Biologie vieler Arten bringen! Es gibt noch viele offene Fragen auf dem Gebiet der Pflanzenwespenforschung. Winter 2017 | Im Gseis 11
Landesforste ANDREAS HOLZINGER „Aus Alt mach Neu“ – Erhaltung © Christian Fürnholzer forstlicher Kulturgüter durch die Steiermärkischen Landesforste Der Blick durchs „Balkonfenster des runderneuerten Gstatterbodenbauern“ auf das mächtige Buchsteinmassiv… …soll auch eine symbolische Rückschau „Gstatterbodenbauer“ noch als solitär unser Berufsjäger Christian mit Familie sein auf historische Bauten, Objekte − stehendes massives gemauertes wohnt. Ein kleiner kultivierter Landstrich wie Klausen, Holzknechtunterkünfte, Bauernhaus) und die beiden Holzbauten inmitten dichten Fichtenwaldes des wild- Almhütten und Rauchkucheln des Vorder- und Hinterreitegger, wo jetzt und waldreichen Gstatterbodner-Kessels. – und ihre Bedeutung für die Besiedelungsgeschichte und Entwick- lung der Wald- und Almwirtschaft vor ca. 120 Jahren. Wie soll man mit alten Gebäuden umgehen im Nationalpark? Werden sie noch gebraucht? Rentiert sich eine Renovierung, wenn ja, wer bezahlt den Liebhaberwert? Viele Fragen, ebenso viele Antworten und Lösungsmöglichkeiten. Eines aber ist wohl klar: Eine Kosten-Nutzen- Analyse darf bei Kulturobjekten – und das sind alte Gebäude allemal – nicht angewendet werden. Da steht eben der Bezug zur eigenen Vergangenheit, der „guten alten Zeit“ und die Verantwortung der Erhaltung historischen Kulturgutes im Vordergrund. Eigentlich ein spannender Kontrast zum „Prozessschutz“ der umgebenden Natur − oder etwa eine menschliche Ergänzung? © Ernst Kren Ein graumelierter Blick in die Vergangenheit zeigt das Gebäudeensemble des Von rührigen Händen gepflegte Felder und Wiesen – bäuerliches Leben in Gstatterbodenbauern (der harmonischer Nachbarschaft mit Wald und Jagd 12 Nationalpark Gesäuse | Landesforste
Landesforste Schon im Franciszäischen Kataster von 1824 erwähnt als „Bauer beim Jäger“, wurde dieses alte Bauernhaus in der Nachkriegszeit zu einem schmucken Jagdhaus umgebaut und beherbergte lange Jahre Gäste des Jagdpächters. Da die Jagd im Nationalpark nicht mehr verpachtet wird, dient das Wohnobjekt mit schönem Vorgarten im Herzen des Nationalparks als Unterkunft für Feriengäste und wird schrittweise renoviert. Blick in die Steinzeit der ersten Nutzungen im Gesäuse © Stefan Leitner Bekanntermaßen war die ursprüngliche Nutzung der Gesäusewälder ganz auf die Produktion von Holzkohle ausgelegt. Baumstämme wurden in triftbaren „Dreilingen“ im Hinterland des Haupttales Imposantes Bauernhaus vor imposanter Bergkulisse geschlagen und zur Schneeschmelze mit dem aufgestauten Schneewasser talwärts bis in die Enns verfrachtet, um am Hieflauer Rechen – „an der Lend“ – angelandet zu werden. Dort rauchten die vielen Kohlmeiler… © Steierm. Landesforste Zum Aufstauen des Wassers waren Klausen erforderlich, die in engen Schluchten als „Talsperre“ fungierten. Die © Ernst Kren hier abgebildete „Bruckgrabenklause“ ist wohl die berühmteste und legendärste Klause, ein Holzkunstbau mitten zwischen archaischen Felsen – heute als Modell im Großreiflinger Forstmuseum zu Reste eines Monumentes aus der Zeit Ganz auf die Köhlerei ausgerichtete bestaunen. der Trift im Gesäuse – die Bergsiedlung zwischen Sulzkar und Bruckgrabenklause Scheichegg Nicht nur museale Schaustücke, sondern auch alte Karten bezeugen die Nutzung vor ca. 125 Jahren, als die berühmte Hartelsgrabenstraße, die „erste Gebirgsforststraße des Herzogtums Steiermark“, in dreijähriger © Steierm. Landesforste © Steierm. Landesforste Bauzeit von Steinmetzmeistern aus dem altösterreichischen Friaul und Isonzogebiet gebaut wurde und genau vom „hauptgewerkschaftlichen Köhlerhaus“ ihren Anfang nahm. Von der Gebäudeinventur zur Das Köhlerhaus im Hartelsgraben Alter Viehtrempel – nur noch besiedelt Kategorisierung wird zur Erinnerung an die schwarze von Mäusen, Holzwürmern, Insekten Köhlerzeit erhalten und Fledermäusen Die aus der Inventur klar gewordene Vielzahl an Gebäuden und Objekten zwingt zur Entscheidungsfindung: Welche Abschied in Jahresraten Holzknechtunterkunft und Jagdhütte. Der Objekte sind es wert, oft mit viel Aufwand Standort war schon immer problematisch, erhalten zu werden, welche Holzgebäude Bei weit abgelegenen Objekten in der da Fließwasser in der Nähe fehlt. Das müssen abgetragen werden, weil sie im Hochlage – etwa einer aufgelassenen Originalgebäude, im Jahre 1891 errichtet Schutzgebiet wert- und nutzlos geworden Alm – muss als notwendiges Übel auch vom damaligen Jagdpächter Georg Ritter sind und Einige wieder müssen sogar der sukzessive Verfall in Kauf genommen von Aichinger, ist mit seiner Bedeutung dem Verfall preisgegeben werden, da ein werden: „Prozessschutz“ einmal anders! am Triebweg zu der Pichlmayeralm mit Abtrag mit zu hohen Kosten verbunden dem Bau der Brucksattel-Forststraße wäre – keine leichte Entscheidung Anders verhält es sich mit der stark zurückgegangen. Sie wird heuer manchmal! Brucksattelhütte, einer ehemaligen fachgerecht entsorgt – Kategorie: Abtrag! Winter 2017 | Im Gseis 13
Landesforste © Andreas Holzinger © Christian Fürnholzer © Stefan Leitner Einst mondäne Unterkunft eines adeligen Jagdherren, heute im jagdlichen Ein neues Lärchenbretterdach, eine …und ein gediegener Wohnraum sorgen Ausgedinge © Andreas Schindlbacher Haflinger-sichere Einzäunung… für wettersicheres Wohlbefinden. © Ernst Kren © Ernst Kren Kleinod im bewirtschafteten Sulzkar Die Hörandalm auf der Niederscheiben Urig und echt – die 144 Jahre alte – die Jagahittn am See – ein echter Kraftplatz Rauchkuchl Glück gehabt: Neuer Nutzungszweck – daher Kategorie: Erhaltung! Die folgenden drei gelungenen Beispiele einer moderaten Sanierung zur sinnvollen Weiterverwendung für den ruhigen und naturbegeisterten Gast im Nationalpark. © Ernst Kren © Ernst Kren Beispiel 1: Ausgangspunkt für Wanderungen auf die Ennstalerhütte oder den Tamischbachturm: Die Holzknecht- hütte auf der Hochscheibenalm. Nobel, meine Herren, sogar mit eigener Marterl mit Mariazeller Muttergottes Anschrift: Gstatterboden Nr. 34 ! und Betschemel zum kurzen Verweilen Beispiel 2: Die Jagahittn am Sulzkarsee Und das seit 1873! und zur (geistigen) Einkehr steht bereits am heurigen Sanierungsplan. Beispiel 3: Unsere Almhütte auf der gemeint sind, die an arme, verunglückte Niederscheiben, lange Jahre Seelen erinnern und zur stillen Einkehr bewirtschaftet von der weitum bekannten sowie zum Gebet mahnen! Auch ihr Sennerin Juliane Götzenbrugger, kulturhistorischer Wert ist unbestritten, die noch in der original erhaltenen, ihre bildhaft erzählten Geschichten funktionstüchtigen und offenen gemahnend. Feuerstelle, der „Rauchkuchl“ gekocht hat. Ein besonderes Flair und Und so schließt sich der Kreis vom unvergessliches, authentisches Erlebnis. kulturhistorischen Rundgang durchs Hier macht Traditionspflege noch echt Gesäuse mit dem Bergkirchlein in Sinn. Gstatterboden, welches 1962 erbaut und 2012 renoviert wurde, und schon viele Wandererherzen erfreut sowie Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd! mit seinem Glöcklein mancher armen Bergsteigerseele den Weg gewiesen hat. Das sagt der Volksmund und nimmt dabei Bezug auf das fröhlich vitale Leben der Sennerinnen, Jäger und Holzknechte nach getanem schweren Tagwerk im Sinne der Nachhaltigkeit. Mag aber auch sein, dass Das kleine Bergkirchlein zum Ruhme damit die vielen Marterln am Wegesrand des Allerhöchsten! 14 Nationalpark Gesäuse | Landesforste
Borkenkäfer ANDREAS HOLZINGER & ALEXANDER MARINGER Wer hat Angst vorm kleinen Mann? – Borkenkäfermanagement einmal © Ernst Kren anders Ganze Arbeit eines fleißigen, kleinen Käfers – in diesem Fall hatte er allerdings tausende kleine Helfer. Über ihn wurde in vielen Ausgaben unserer Zeitschrift „Im Gseis“ schon ausführlich berichtet. Die Aktivitäten des wohl wichtigsten heimischen Baumschädlings bei günstigen, warm-feuchten Wetterbedingungen können sich zu flächiger Kalamität auswachsen und da der Käfer unter Umständen in einer Vegetationsperiode drei Generationen mit Geschwisterbruten anlegen kann, wird er zum echten Forstschutzproblem! So spektakulär wie sein flächiges Auftreten, so unspektakulär der Verursacher selber: wenige Millimeter klein, behaart und eigentlich hässlich, gemeint ist: Ips typographus, der Große achtzähnige Fichtenborkenkäfer – auch „Buchdrucker“ genannt. © Josef Pennerstorfer Buchdrucker Winter 2017 | Im Gseis 15
Borkenkäfer Steckbrief und Lebensweise Mit „groß“ im wissenschaftlichen Namen dürfte wohl eher seine mögliche Wirkung gemeint sein, denn der flugfähige, mit einer dunkelbraunen Färbung gut getarnte Käfer ist auf der Baumrinde mit freiem Auge ja kaum sichtbar. Der Buchdrucker schwärmt ab April, sobald die Lufttemperatur 20 Grad Celsius und mehr erreicht hat. Das Männchen bohrt sich durch die Rinde ein. Die ca. drei Millimeter kleinen runden Bohrlöcher © Johannes Poetscher sind durch das ausgeworfene helle Bohrmehl am dunklen Stamm – allerdings nur bei Trockenheit – als feine Linien gut erkennbar. Nach der Anlage einer Rammelkammer erfolgt die Ausbildung von zwei übereinanderliegenden Muttergängen nach unten und oben, in die wechselweise Eier abgelegt werden. Die ausschlüpfenden Larven fressen ihre Gänge nach beiden Seiten etwas geschlängelt, immer breiter werdend bis zur Puppenwiege. Dort entwickelt sich dann der Jungkäfer durch einen Reifungsfraß, bevor er ausfliegt und sein erstes Opfer sucht, nämlich die möglichst nächststehende Fichte. Der Kreislauf beginnt von vorn! Da ein typisches Fraßbild auf der Innenseite der abgelösten Rinde aussieht wie ein aufgeschlagenes Buch, kam der unrühmliche Verursacher zu seinem berühmten Namen Buchdrucker. Bekämpfungsmaßnahmen durch den Forstmann Von den vier Entwicklungsstadien des Käfers – Ei, Larve, Puppe und flugfähiger Käfer – ist das sogenannte „weiße Larvenstadium“ am ehesten zur Bekämpfung geeignet, da die Larve in dieser Zeit (ca. 3-4 Wochen) durch den hohen Wassergehalt am empfindlichsten und auch nicht mobil ist. Als Fangbäume absichtlich gefällte Stämme können in diesem Stadium entrindet, gefräst oder gänzlich aus dem Wald entfernt werden. Die zeitgerecht vor der ersten Flug- und damit Verbreitungsphase des Käfers gefällten Fichten werden als „Fangbäume“ dem Käfer gleichsam als bruttaugliche Unterlage im Sinne des Wortes „zum Fraß vorgeworfen“! © Alexander Maringer Waldbauliche Käferprophylaxe: Mischwälder Die wohl wirksamste forstliche Maßnahme gegen eine flächige Verbreitung von Fraßbild des Buchdruckers Forstschädlingen ist die Förderung, Pflege und Erhaltung gut strukturierter und 16 Nationalpark Gesäuse | Borkenkäfer
Borkenkäfer gestufter Mischbestände vom Auwald findet. Auch Schwarzspechte haben in Während aber Borkenkäfer je nach im Talboden der Enns bis hinauf an die bedeutendem Umfang Borkenkäfer in Temperatur und Witterung bis zu drei Waldgrenze! ihrem Beutespektrum. Generationen pro Jahr hervorbringen, dauert die Larvalentwicklung zum Noch effizienter machen Ameisenbunt- Beispiel der Kamelhalsfliegen 2-3 Jahre. Die Gegenspieler der Borkenkäfer käfer Jagd auf Borkenkäfer. Bei diesen Ihr Potential als Gegenspieler hängt circa 10 mm großen, auffällig rot-weiß- also stark von der Anzahl der bei einem An die 3000 Larven und ausgewachsene schwarz gefärbten Käfern ernähren Ereignis bereits vorhandenen Individuen Insekten benötigt ein Specht an einem sich sowohl die erwachsenen Tiere als ab. Naturnahe und totholzreiche Wintertag als Futter. Nestlinge werden auch die Larven von verschiedensten Wälder bieten diesen Insektenarten mit 1000 Borkenkäferlarven pro Tag Borkenkäferarten. Beide bei uns eine dauerhafte Lebensgrundlage. gefüttert. Damit sind Spechte bedeutende heimische Ameisenbuntkäfer erbeuten Kommt es zu einem Borkenkäferbefall, Gegenspieler aller Borkenkäferarten, wie Borkenkäferlarven bereits in ihren Gängen werden viele Arten sich auf die dann auch des Buchdruckers. Im Fichtenwald unter der Baumrinde noch vor dem reichliche und einfach zu erbeutende ist es der dort heimische Dreizehenspecht, Schlupf. Weiters greifen Schlupfwespen, Borkenkäfernahrung stürzen. der von Sonnenauf- bis -untergang Kamelhalsfliegen und andere Insekten Massenvermehrungen können von Vögeln unermüdlich an den befallenen Fichten regulierend in eine Borkenkäferpopulation und Insekten aber nicht verhindert, herumhackt und so seine Nahrung ein. sondern nur eingedämmt werden. Die zyklische Vermehrung ist auch Teil einer Gegenstrategie, die der Große achtzähnige Fichtenborkenkäfer benötigt, um durch Masse seinen Feinden zu entrinnen und den Bestand der Population zu sichern. Das Populationswachstum des Buchdruckers und anderer, forstlich relevanter Schadinsekten wird oftmals durch kühle Witterung oder durch den Befall von Pilzen, Viren oder Parasiten beendet. Sie haben das Potential, großflächige Zusammenbrüche einer Population zu bewirken und lassen so die Zahl der befallenen Bäume wieder stark sinken. Wann hört das endlich auf? © Ernst Kren Manch ein Forstwirt würde sich wünschen, dass die Entwicklungskurve einer Buchdruckerpopulation bei Gut gemischte und strukturierte Laubmischwälder im Talboden der Enns Null endet und diese Insekten aus dem Wald verschwinden. Doch eine Entspannung ist nicht in Sicht, zumal steigende Temperaturen und monotone Fichtenforste die Entwicklung begünstigen. So muss man sich vor Augen führen, dass diese Insekten schon immer zum Wald gehörten. Borkenkäfer schaffen Lücken im Bestand, die für die Naturverjüngung und viele Arten unverzichtbar sind. Sie bereiten das Holz für Bakterien und Pilze auf und sind ein wesentlicher Teil des Kreislaufes, der neue Nährstoffe freisetzt. Borkenkäfer befallen vor allem geschwächte Bäume und bieten dadurch robusten Bäumen einen Selektionsvorteil. Standortangepasste Mischwälder besitzen in der Regel eine vielfältigere © Ernst Kren Moos- und Bodenschicht, Krautschicht und Strauchschicht. Sie sind besser gewappnet gegen Stürme, Schneebruch, Pilzbefall, Trockenheit und Insektenbefall. Herbstbunter Mischwald aus Buche, Ahorn, Eberesche, vereinzelten Fichten Dahin muss die Entwicklung gehen, wenn und Latschen bis hinauf in die Kalkschutthalden man sich für die Zukunft rüsten will. Winter 2017 | Im Gseis 17
Waldökosysteme ANDREAS HOLZINGER Herrscher am Rande der Bühne – die Bedeutung der Sträucher für © Ernst Kren Waldökosysteme Nicht wie üblich der Ödstein, heute bin Ich der Star − gestatten: Pfaffenkäppchen mein Name! Im Vergleich mit ihren hochstämmigen Sträucher und Bäume sind verholzende Verwandten oft geringer geschätzt, Gewächse, mehrjährig (manchmal bis bei forstlicher Beurteilung und zu vielen hundert Jahren), wobei wir waldbaulicher Behandlung nur „am zu den Sträuchern auch Halbsträucher Rande erwähnt“, bei jagdlichem zählen wie die Himbeere und die Ansitz wegen fehlender Sicht Brombeere, die eigentlich nicht verholzen, verwunschen! Und doch ökologisch oder Zwergsträucher, die eher als © Ernst Kren von höchster Bedeutung: gerade wegen Bodendecker in der Hochlage aber auch ihres geringen Wuchses, gerade wegen verholzen. Na gut, um irgendwie zu einer ihrer dichten Belaubung und erst Definition und Abgrenzung zu kommen, recht wegen ihrer süß-sauren, köstlich stellen wir eingangs fest: Wir beschäftigen Herbstbunter Vogelbeerstrauch im dichten schmeckenden und in vielen Fällen uns einfach mit der unteren Ebene des Latschengebüsch – flankiert von Birke, auch für den Menschen genießbaren Waldes. Felsenbirne, Holunder und Bergahorn Früchte – ganz abgesehen von ihrem in Buschform ästhetisch bunten Herbstlaub! Farb- und Formenkünstler sind sie – unsere Bekannt aus Volks- und Heilkunde, Wildsträucher! gepflegt im bäuerlichen Brauchtum „Vor Hollerstaud’n und Kranebitt’n – Systematisierung schwer und ziag i den Huat und beug mi bis zur verwirrend Mitt’n“ – dieser volkstümliche Vers weist auf zwei heimische Wunderheiler hin, Ähnlich schwer wie sich der ansprechende den Schwarzen Holunder, der von der Jäger tut mit den bockg’hackelten Blüte bis zur Beere gekostet, gekocht, Gamsgeißen oder den geißg’hackelten gebacken, entsaftet, als Mus in Teig oder Böcken ist eine Schubladisierung der sonstwie geliebt wird, ganz abgesehen © Ernst Kren verholzenden Gewächse. So geht es auch von den burschikosen Hollerpfeifchen dem Naturliebhaber mit den Sträuchern: der jungen Lausbuben, und andererseits Sind nun Bäume zu hoch gewachsene den stacheligen Wacholder, der es heuer Sträucher, oder etwa Sträucher junge immerhin zum „Baum des Jahres 2017“ und niedrige Bäume, oder beides? geschafft hat, ein Adelsprädikat, das vor Silbriggrün, aber ein bisschen Egal, jede strenge Normierung ist in ihm etwa Baumpersönlichkeiten wie der widerspenstig im Nadelkleid, der Natur unzweckmäßig. Bleiben Eibe, der Tanne, der Zirbe und der Eiche wohlschmeckend seine Beere! Der wir also bei den botanischen Fakten: zuteil wurde. Wacholder, Baum des Jahres 2017 18 Nationalpark Gesäuse | Waldökosysteme
Waldökosysteme Immerhin erfreuen seine blauen Beeren nicht nur Wild und Vögel, sondern in Form des Edelbrandes Gin so manchen Barkeeper und natürlich seine Gäste. Als © Steierm. Landesforste Zwergform ist er bis in die subalpine Stufe wichtig gegen Bodenabtrag und Erosion. © Karl Platzer Alle Sieben für den geweihten Palmbuschen Prachtvolle Blüten der Heckenrose Hundert Einflugschneisen – aber wenn Mag es auch regionale Unterschiede genießen den sonnigen Waldrand. man eine Bestimmte sucht…? geben, in der Obersteiermark sind sie in der Vorosterzeit besonders begehrt! Nein, nicht die Hasen oder deren Eier, sondern die wichtigen 7 Sträucher, die einen ordentlichen Palmbuschen erst zu dem machen, was eine Kinderhand stolz am Palmsonntag zur Weihe trägt: auf einem Haselstecken, mit Weideruten © Karl Platzer festgebunden ein bunter Ostergruß aus © Ernst Kren Palmweide, Buchs, Erika (Schneeheide), Eibenzweigen, Stechpalme und Wacholder. Meistens noch mit bunten Bändern verziert, schmücken diese Der dornige Weißdorn bildet ein dichtes Grauerlenbüsche in einer feuchte- geweihten Palmbuschen dann ganzjährig Versteck für Brutvögel. begünstigten Mulde als natürlicher Hausgärten, Felder, Wiesen oder Trauf eines Fichtenbestandes Herrgottswinkel. Eine wahrhaft heilige Aufgabe. Zurück zur Ökologie: Ein guter Wald beginnt mit einem anständigen Trauf! Wobei dessen enorme Bedeutung kaum © Ernst Kren © Karl Platzer in wenigen Worten zu beschreiben ist: Vorderhand ist ein geschlossener Trauf als Buschreihe oder Strauchgürtel ein Verdeck, Verhau, Sichtschutz für Wild, Nuancen von Grün, Gelb und Orange Vögel, Kleinsäuger nach außen ins offene vor dem herbstdunklen Hintergrund Das wechselnde Licht-Schattenmosaik Gras- und Buschland, zum anderen stämmiger Kiefern, Fichten und Lärchen der dichten Heidelbeerbüsche ist… Schutz vor Wind, Regen, Sonne und Austrocknung. Buschartige Strauchreihen mit ihrem Grünnuancen und Gelbtönen von dichten Blätterwerk, mit Dornen und Weiden, Birken, Grauerlen und schreiend Nadeln, Astgabeln und Verzweigungen orangeroten, immer im kleinsten stellen ökologische Nischen dar an der Windhauch spielenden Zitterpappeln. Grenzlinie des schützenden Waldes zur äsungsreichen Flur: als Kinderstube für viele Vogelarten, Geburtsstation für Klein aber oho! Zwergstrauchdecken Rehkitze, Rückzugsraum für Fasan und von Heidelbeere und Almrausch © Karl Platzer Rebhuhn, aber natürlich auch Lauerraum für Reineke Fuchs, den „Buschräuber“ Sie sind Lebenselixier für viele Habicht oder die nachtaktive Eule. Rauhfußhühner, dichte Heidelbeerdecken Nicht zuletzt die üppigen Blüten und und Rhododendronbüsche in lichten Hochlagenbeständen, Weidewäldern oder …optimales Äsungs- und dadurch ermöglichte Früchtepracht im Almfluren in der Kampfzone; sie kommen Deckungsangebot für die Auerhenne! Herbst attraktivieren den Lebensraum Wildstrauch: Haselnüsse in dichten flächendeckend vor: oft kniehoch, im Büscheln, orangerote Berberitzen, Sommer blutrot, im Herbst voll saftiger, Egal, ob im Auwald die seltene Tamariske dunkelblaue Ligusterbeeren, hellrote dunkler Heidelbeeren, wobei ihre Farbe oder in der Kampfzone die würzige Hagebutten der Heckenrose, Beeren von jahreszeitlich durchaus verwirrend ist: Im Preiselbeere, alle unsere Wildsträucher schwarzem und rotem Holunder, saftige Frühsommer rot, weil sie ja noch „grün“ spielen eine unverzichtbare Rolle im Himbeeren und Brombeeren, prallblaue sind, im reifen Zustand dunkelblau, um großen Konzert der Natur. Kein Wunder, Schlehenbeeren, Dolden des Schneeballes ihrem Namen „Schwarzbeeren“ gerecht dass schon Altmeister Wolfgang von und tiefrote Vogelbeeren. zu werden. Ebenso leicht verwirrend wie Goethe die übermütigen Töchter des Vogelherz – was willst du mehr? Farblich der hochsubalpine „Tannenhäher“, der am „Erlkönigs“ weiland zu klassischen Ehren ästhetisch noch gemischt mit feinsten liebsten Zirbelnüsse frisst! kommen ließ! Winter 2017 | Im Gseis 19
Gesäuse-Bilder CHRISTIAN MAYER & ANDREAS HOLLINGER Portrait des © Christian Mayer Gesäuse-Fotografen Christian Mayer Ein alter Hirsch mit Bastgeweih in Christians Revier. Ein kollegiales Zwiegespräch zwischen Beim Fotografieren brauchst du perfektes bei der Ennstaler Hütte oben ist die „Fee“, dem Berufsjäger Christian Mayer Licht, einen schönen Hintergrund, die ein weiblicher Fuchs. Drei Jahre alt, sie hat – Steiermärkische Landesforste und Farbstimmung muss zusammen passen. Junge, das sieht man ganz deutlich, aber Andreas Hollinger – Nationalpark Wobei, beim Fotografieren freut man wo der Fuchsbau ist, habe ich noch nicht Gesäuse. sich über alles was man vor die Linse entdeckt. Dort oben sind einfach zu viele bekommt. Landschaft, Stimmungen, in Möglichkeiten. meinem Fall vor allem Wildtiere… Andreas: „Portrait des Gesäuse-Fotografen Bei der Jagd – im Nationalpark sprechen Andreas: Welche Kamera verwendest du Christian Mayer“ lautet der Titel dieses wir da ja vom Wildmanagement – ist man und was sind deine Fototipps? Beitrags. Siehst du dich als Gesäuse- strengen Vorgaben unterworfen. Es Fotograf? werden nur die drei Schalenwildarten Christian: Ich verwende eine System- Gams-, Reh- und Rotwild auf Schwer- kamera mit enorm großem Zoombereich Christian: Nein, ich bin Jäger (lacht). punktbejagungsflächen und mit möglichst aber ohne Wechselobjektiv. Sie ist wenig Störungseinfluss reguliert. Und das verglichen zu Spiegelreflexkameras sehr Andreas: Warum gibt es aber von dir so auch nur überwiegend in der Jugendklasse. leicht und handlich, die habe ich immer viele gute Bilder? mit. Für meine Zwecke ist sie ideal, weil Andreas: Das ist beim Fotografieren doch sie vor allem im Telebereich mit bis zu Christian: Was ich alles fotografiert habe ganz anders. 2000 Millimeter sehr stark ist. Meine weißt ja du noch gar nicht (lacht). Ich bin Ausrüstung kann natürlich mit den Profis Berufsjäger, habe mich aber auch schon Christian: Ja, da gibt es keine Schonzeit überhaupt nicht mithalten. Ich begleite für immer für die Fotografie interessiert. Mein und keine Altersklassen. Das Besondere den Nationalpark einige Fotoführungen. „Lehrmeister“ war Huber Keil aus bei meiner Arbeit ist, dass ich das ganze Was da die Fotografen alles mitbringen, Eisenerz. Mit ihm habe ich die ersten foto- Jahr draußen bin und viele einzelne Tiere unglaublich – aber auch sehr teuer und grafischen Streifzüge gemacht – tagelang. immer wieder sehe und fotografiere. Die schwer. Meine relativ kleine Kamera kann Hubert kannte meinen Lehrherrn und kenne ich zweifelsfrei und begleite sie ich jeden Tag mitnehmen und wenn dann immer, wenn ich im Revier etwas Neues teilweise über viele Jahre. die Stimmung passt und das Licht gut ist entdeckt habe, kam Hubert und wir mache ich meine Fotos. Wenn du jeden versuchten Bilder davon zu machen. Andreas: Du kennst jedes Tier beim Tag draußen bist, kommen zwangsläufig Vornamen? über die Jahre viele gute Bilder zusammen. Andreas: Du bist also ein Jäger mit Büchse und Kamera. Christian: Bei den Hirschen haben alle ab Andreas: Dein Geheimnis? fünf Jahren einen Namen und die kann ich Christian: Ja, wobei es viel schwieriger ist, auch sicher unterscheiden. Auch einen Christian: Kein Geheimnis. Ich fotografiere ein annähernd perfektes Bild zu machen vertrauten Rehbock (den Jagatoihansi) die Tiere so, wie sie sind. Bildbearbeitung als jagdlich Erfolg zu haben. beobachte ich seit etwa sieben Jahren und lehne ich ab und mache praktisch keine. 20 Nationalpark Gesäuse | Portrait Christian Mayer
Gesäuse-Bilder © Christian Mayer © Christian Mayer Ein alter Sommergamsbock Die Fähe der Ennstaler Hütte © Christian Mayer © Christian Mayer Akelei Der Jagatoihansi © Christian Mayer © Christian Mayer Balzender Birkhahn Goldhähnchen © Christian Mayer © Christian Mayer Alpensalamander Dachs Winter 2017 | Im Gseis 21
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